Année politique Suisse 2011 : Eléments du système politique / Droits, ordre public et juridique / Datenschutz und Statistik
print
Datenschutz
Der Datenschutzbeauftragte Hanspeter Thür hatte 2009 eine Klage gegen Google Street View beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht, weil die Fotografien bei Google Street View nicht zu 100 Prozent anonymisiert seien. Dadurch, so Thür, dass Gesichter und Nummernschilder teils noch erkennbar seien, werde das Datenschutzgesetz verletzt. Es war das erste Mal, dass Google in einem Land vor Gericht gezogen wurde. Das Bundesverwaltungsgericht entschied in seinem Urteil vom 30. März 2011, dass Google Street View alle noch erkennbaren Gesichter und Nummernschilder manuell verwischen muss. Besonders strenge Auflagen gelten bei Bildern im Bereich von sensiblen Einrichtungen wie Frauenhäusern, Altersheimen und Gefängnissen. Zudem muss Google über geplante Aufnahmefahrten und Aufschaltungen der Bilder ins Netz in Lokalzeitungen informieren. Weiter sind Bilder unzulässig, welche von der Strasse aus nicht sichtbare Höfe und Gärten zeigen. Google Street View war von dem Urteil enttäuscht und kündigte an, den Rechtsspruch an das Bundesstrafgericht weiterzuziehen. Im Falle einer erneuten Niederlage drohte Google Street View mit der Abschaltung des Dienstes in der Schweiz [15].
Neben Google geriet auch Facebook ins Visier des Datenschützers. Anfang Juni 2011 hatte die Internetseite die automatische Gesichtserkennung aktiviert. Hanspeter Thür überlegte sich, dem Netzwerk selber beizutreten, um auf die Gefahren aufmerksam zu machen. Auch Apple geriet unter Druck von Datenschützern und Politik, weil die Firma Aufenthaltsorte von i-Phone-Nutzern erfasst, überträgt und aufbewahrt. Eine internationale Prozedur wurde lanciert und die Schweiz steht in Kontakt mit mehreren Staaten [16].
Eine nationale Premiere gab es in den Kantonen Schwyz, Ob- und Nidwalden. In diesen Kantonen kann sich neu jeder im Internet über den Standort von öffentlichen Kameras informieren. Diese Einrichtung wird in den kantonalen Datenschutzgesetzen gefordert [17].
Während das Bankgeheimnis bröckelt, gewinnt das Datengeheimnis an Bedeutung. Der IT-Dienstleister Green.ch baute für 50 Mio. Franken ein Rechenzentrum zur Speicherung von Daten. Das Datengeheimnis lockt die ausländische Kundschaft, die den Schutz der Privatsphäre in der Schweiz schätzt [18].
Der Rat für Persönlichkeitsschutz lancierte eine Kampagne mit dem Namen „Netla – Meine Daten gehören mir!“ Die auf drei Jahre angelegte Kampagne soll Kindern den verantwortungsvollen Umgang mit eigenen Daten im Internet lehren und kostet eine halbe Million Franken. In der Presse wurde kritisiert, dass sich der Bund in zu vielen Projekten mit zu wenig Wirkung verzettle [19].
Am 1.Juli 2011 setzte der Bundesrat eine Änderung der Verordnung zum Bundesgesetz über die Öffentlichkeit der Verwaltung (VBGÖ) in Kraft. Damit soll dem eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) mehr Zeit eingeräumt werden, um eine Schlichtung zwischen der Person, die Einsicht in amtliche Dokumente wünscht, und der Bundesbehörde, welche diese verweigert, durchzuführen [20].
Der Datenschutz in Zusammenhang mit Versicherungen wird im Teil I, 7b (Gesundheit, Sozialhilfe, Sport) behandelt; über das Postulat Amherd (cvp, VS) über die rechtliche Grundlage von Social Media berichten wir ebenfalls unten, Teil I, 8c (Medien).
 
[15] Urteil A-7040/2009; SoS, 12.5.11.
[16] NLZ, 28.6.11; BaZ, 23.4.11.
[17] NZZ, 4.3.11.
[18] AZ, 31.3.11.
[19] TG, 29.1.11.
[20] SR 152.31; NZZ, 21.4.11.