Année politique Suisse 2011 : Infrastructure, aménagement, environnement / Protection de l'environnement
 
Allgemeine Umweltpolitik
Die nicht-nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen in der Wirtschaft führte die OECD zur Erarbeitung einer Strategie für ein grünes Wirtschaftswachstum. Gleiches forderte auch ein Postulat Bourgeois (fdp, FR) für die Schweiz. In einem Bericht soll der Bundesrat mögliche Massnahmen zur Steigerung der Ökoeffizienz aufzeigen und daraus resultierende Vorteile für den Wirtschaftsstandort Schweiz und die Beschäftigungslage eruieren. Der Bundesrat hatte sich in seiner Antwort im Vorjahr dem Anliegen gegenüber offen gezeigt und der Nationalrat überwies das Postulat in der Herbstsession unter Opposition der SVP [1].
Im Februar veröffentlichte das Bundesamt für Umwelt (BAFU) gleich drei neue Studien zum Thema Grüne Wirtschaft. Eine Befragung von 1000 Personen ergab unter anderem, dass Konsumenten Umweltinformationen in ihre Kaufentscheide einfliessen lassen. Eine zweite Studie widmete sich der Frage, wie die gesamte Umweltbelastung, die ein Produkt von seiner Produktion bis zum Konsum verursacht, am besten erfasst werden kann und in welcher Form diese Information danach aufzubereiten sei, damit der Konsument eine konzise und verständliche Übersicht erhält. Auch um positive Ökosystemleistungen auszuweisen, die dann im Sinne einer Grünen Wirtschaft als Umweltinformationen in die Wohlfahrtsmessung einfliessen könnten, bräuchte man entsprechende Indikatoren. Dies war die Grundlage einer dritten Studie, welche unter anderem potentielle Messkriterien für Trinkwasserqualität, Schutz vor Naturkatastrophen und Erholungsräume vorschlägt [2].
Im Mai lancierte ein der Vereinigung Umwelt und Bevölkerung (Ecopop) nahe stehendes Komitee die Volksinitiative „Stopp der Überbevölkerung – zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen“. Das Begehren will das durch Zuwanderung bedingte Bevölkerungswachstum in der Schweiz auf 0,2% pro Jahr begrenzen. Dies unter anderem, um die Natur durch Ausbau der Infrastruktur und Zersiedelung nicht übermässig zu belasten. Zur Stabilisierung der Gesamtbevölkerung will die Initiative des Weiteren, dass mindestens 10% der für die Entwicklungshilfe zur Verfügung stehenden Gelder für Massnahmen zur freiwilligen Familienplanung eingesetzt werden. Die Initianten haben bis Anfang November 2012 Zeit, die nötigen 100 000 Unterschriften zu sammeln [3].
Mitte Jahr präsentierte das Bundesamt für Umwelt (BAFU) zusammen mit dem Bundesamt für Statistik (BFS) den neuen Bericht zum Zustand der Umwelt in der Schweiz. Positiv bewertet wurden unter anderem der Zustand des Oberflächen- und Grundwassers sowie die Luftqualität und die Altlastensanierung. Der Bericht ortet die weitgreifenden, positiven Veränderungen jedoch hauptsächlich vor der Jahrtausendwende, während er in jüngster Vergangenheit eher von einer Stabilisierung des Zustandes spricht. Als klar verfehlt bezeichnet er die Ziele im Bereich des Klimawandels und der Biodiversität. Das BAFU konstatiert, dass das im Rahmen des Kyoto-Protokolls definierte Ziel zur CO2-Reduktion von 8% im Vergleich zu1990 bis anhin nicht erreicht worden sei, was auf den gestiegenen Verbrauch von Treibstoff (+16%) und Erdgas (+68%) zurückzuführen sei. Der Biodiversitätsverlust sowie der Verlust an natürlichen Lebensräumen konnte ebenfalls nicht eingedämmt werden. Grund dafür sei insbesondere die Zersiedelung und die intensive Landwirtschaft [4].
Zur Volksinitiative „Neue Arbeitsplätze dank erneuerbaren Energien (Cleantech-Initiative)“, siehe oben, Teil I, 6a (Politique énergétique).
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Klimapolitik
In der Frühjahrssession befasste sich der Ständerat als Zweitrat mit dem indirekten Gegenvorschlag zur Initiative „für menschenfreundliche Fahrzeuge (Offroader-Initiative)“. Der bundesrätliche Entwurf, welchem der Nationalrat im Vorjahr bereits zugestimmt hatte, definiert für ab 2012 neu immatrikulierte Personenwagen einen Emissionszielwert von 130 g CO2/km, womit sich die Vorlage an den Zielwerten der EU orientiert. Die Initiative enthält keine Zielwerte, hingegen aber ein konkretes Verbot für Personenwagen, welche mehr als 250 g CO2/km ausstossen. Weiter verlangt die Initiative für Personenwagen eine Senkung des Partikel-Grenzwertes auf 2,5 mg/km sowie ein Verbot von Fahrzeugen mit einem Leergewicht von mehr als 2,2 t. Für diese Anliegen sieht der indirekte Gegenentwurf keine Bestimmungen vor. Ebenfalls keine Erwähnung in der Vorlage des Bundesrates finden Massnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit, was einer weiteren Forderung der Initianten entsprach. Diesen Aspekt wollte das Parlament jedoch im Zusammenhang mit der Behandlung der Vorlage Via Sicura angehen. Der Ständerat stimmte dem indirekten Gegenentwurf einstimmig zu, schuf jedoch eine Differenz zum Nationalrat. Auf Antrag der Kommission beschloss die kleine Kammer, dass die Erträge aus der Sanktionierung von Autoimporteuren bei Überschreitung des durchschnittlichen Zielwertes dem Infrastrukturfonds zukommen sollen. Faktisch käme dies der Umwandlung von einer Lenkungsabgabe in eine Steuer gleich. In der Differenzbereinigung blieb der Nationalrat jedoch bei seinem Standpunkt, die Gelder über die Krankenkassenprämien an die Bevölkerung zurück zu erstatten. Darauffolgend legte die ständerätliche Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK) ihrem Rat den Antrag vor, dem Nationalrat zuzustimmen. Sie begründete ihren Entscheid damit, dass mit der Version des Ständerates eine Änderung des Infrastrukturfondsgesetzes notwendig wäre, was im Rahmen des Gegenvorschlages, der per 2012 in Kraft treten sollte, nicht mehr möglich wäre. Im Rahmen der Totalrevision des CO2-Gesetzes soll dieser Vorschlag jedoch erneut eingebracht werden (siehe unten). Der Ständerat stimmte dem Kommissionsantrag zu und das Geschäft passierte die Schlussabstimmung, wo es vom Ständerat einstimmig und vom Nationalrat mit 122 zu 62 Stimmen unter geschlossener Opposition der SVP angenommen wurde [5].
In der Sommersession gab der Ständerat zudem seine Empfehlung zur Offroader-Initiative ab. Eine links-grüne Kommissionsminderheit gab sich zwar zufrieden mit dem indirekten Gegenvorschlag, welcher mit dem festgehaltenen Zielwert von durchschnittlich 130 g CO2/km sogar weiter ging als die in der Initiative enthaltene Forderung. Dennoch beantragte sie die Annahme der Initiative, welche unter anderem zusätzliche Bestimmungen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit enthalte. Der Antrag blieb jedoch chancenlos und so beschloss der Ständerat mit 32 zu 8 Voten, die Initiative dem Volk zur Ablehnung zu empfehlen. Im Nationalrat wurde die Empfehlung mit 124 zu 62 Stimmen unter vollständiger Opposition der SP und der Grünen verabschiedet. Drei Monate nach dem Parlamentsbeschluss gab das Initiativkomitee unter der Leitung von Bastien Girod (gp, ZH) den bedingten Rückzug der Initiative bekannt. Dieser erlangt seine Gültigkeit, wenn der Gegenvorschlag nach Verstreichen der Referendumsfrist in Kraft tritt. Nicht erfreut über diesen Entschluss zeigten sich die Jungsozialisten. Sie beschuldigten die Initianten, sich der Automobillobby zu fügen. Trotzdem ergriff der Verband Freier Autohandel Schweiz (VFAS) das Referendum, zog es jedoch im Oktober wieder zurück. Nach Ablauf der Anhörungsfrist zur CO2-Ausführungsverordnung hatten sich die Bedenken des Verbandes zerstreut. Der Bundesrat beschloss, den 1. Juli 2012 als Stichtag für die Autoimporteure festzulegen, womit die Änderung ein halbes Jahr später als angekündigt in Kraft treten wird. Dies wiederum erzürnte die Jungen Grünen, für welche die Aussicht auf rasche Umsetzung des Gegenvorschlages den Hauptgrund für den Rückzug der Initiative dargestellt hatte [6].
Im Berichtsjahr beriet der Ständerat als Zweitrat in einer beinahe sechsstündigen Sitzung die Totalrevision des CO2-Gesetzes. Diese soll der Volksinitiative „für ein gesundes Klima“ als indirekter Gegenvorschlag gegenübergestellt werden und die Schweizer Klimapolitik nach 2012 definieren. Die Volksinitiative setzt sich, gemessen am Wert von 1990, eine 30 prozentige Reduktion der Treibhausgasemissionen im Inland bis im Jahr 2020 zum Ziel. Nachdem Eintreten ohne Gegenantrag erfolgte, beschloss der Ständerat, Nationalrat und Bundesrat folgend, mit Artikel 3 des CO2-Gesetzes ein Reduktionsziel von 20%. Der Ständerat folgte dabei einer Minderheit Diener (glp, ZH), welche beantragte, dass die Reduktion von 20% vollständig im Inland erfolgen soll. Mit diesem Entscheid folgte die kleine Kammer dem Nationalrat, welcher diesen Zusatz im Vorjahr dem bundesrätlichen Entwurf angefügt hatte. Dieser Parlamentsbeschluss hat drastische Auswirkungen auf die Stiftung Klimarappen, welche einen Grossteil ihrer Reduktionsprojekte im Ausland tätigt. Gemäss Bundesrätin Leuthard wäre eine Anrechnung von im Ausland erfolgten Emissionsreduktionen nur noch möglich, wenn der Bundesrat das Reduktionsziel erhöhen würde, wozu er – bis zu 40% – mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf berechtigt wäre. In Anbetracht der Tatsache, dass die Schweiz ihrer Reduktionsverpflichtung im Kyoto-Protokoll nur durch den zusätzlichen Kauf von ausländischen Emissionszertifikaten nachkommen konnte (vgl. den Umweltbericht des BAFU), bedeutete die beschlossene Änderung eine grosse Herausforderung für die Schweiz. Weiter schuf die kleine Kammer gewichtige Differenzen zum Nationalrat. Auf Anraten seiner Kommission und in Übereinstimmung mit dem Bundesrat und der EU, stand der Ständerat dafür ein, dass die CO2-Emissionen von Personenwagen bis 2015 durchschnittlich auf 130 g/km zu verringern seien. Der Nationalrat hatte sich im Vorjahr für einen Wert von 150 g/km ausgesprochen, da nur ein solcher den topographischen Gegebenheiten in der Schweiz angemessen Rechnung tragen würde. Diskussionslos beschloss der Ständerat zudem, dass fossil-thermische Kraftwerke ihre CO2-Emissionen bedingungslos zu 70% im Inland zu kompensieren haben. Der Nationalrat hatte vorgesehen, dass der Anteil der Kompensation im Ausland von 30% auf 50% erhöht werden könnte. Die Idee war, faire Rahmenbedingungen für mögliche Investoren zu schaffen, falls sich zeigen sollte, dass für eine ausreichende Elektrizitätsversorgung nicht auf Gaskombikraftwerke verzichtet werden kann. Eine weitere Differenz wurde bei der CO2-Abgabe auf fossile Treibstoffe geschaffen, welche der Nationalrat im Vorjahr vollständig aus dem Gesetzesentwurf streichen wollte. Im Ständerat setzte sich mit 21 zu 16 Stimmen erneut eine links-grüne Kommissionsminderheit durch, die sich dem Bundesrat anschliessen wollte. Gemäss bundesrätlichem Entwurf könnte eine solche Abgabe zu einem Satz von höchstens CHF 120 pro Tonne CO2 erhoben werden, sofern sie sich zur Erreichung des Reduktionsziels notwendig zeigen werde. Bezüglich CO2-Abgabe auf Brennstoffen setzte sich ein Einzelantrag Hess (fdp, OW) durch. Dieser will die Brennstoffabgabe bei CHF 36 pro Tonne CO2 belassen, was 9 Rappen pro Liter Heizöl entspricht. Diese Abgabe könnte jedoch vom Bundesrat, in Abhängigkeit des Zielerreichungsgrades auf CHF 120 pro Tonne erhöht werden. Chancenlos blieb ein Minderheitsantrag, welcher eine anfängliche Abgabenhöhe von CHF 90 pro Tonne und eine mögliche Erhöhung bis auf CHF 180 vorsah. In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat den revidierten Gesetzesentwurf mit 28 zu 6 Stimmen an [7].
In der Herbstsession gelangte die Vorlage zur Differenzbereinigung in den Nationalrat. Nachdem er seinen Entscheid im Vorjahr im Rahmen des indirekten Gegenvorschlages zur Offroader-Initiative bereits auf einen durchschnittlichen CO2-Ausstoss von 130 g/km für Personenwagen revidiert hatte, war der Anschluss an den Ständerat in diesem Falle nur noch Formsache. Auf Anraten seiner Kommission, welche den Entscheid mit 15 zu 11 Stimmen gefällt hatte, hielt der Nationalrat an seiner Position zur Streichung der subsidiären Abgabe auf fossile Treibstoffe fest. Franziska Teuscher (gp, BE), die Sprecherin des zurückgezogenen Minderheitsantrages, der Zustimmung zum Ständerat gefordert hätte, kündigte jedoch an, die CO2-Abgabe mit einem parlamentarischen Vorstoss wieder einzubringen, sollte sich abzeichnen, dass die im Gesetz enthaltenen Massnahmen zur Erreichung des Reduktionsziels nicht ausreichen würden. Der zentrale Grund für den Rückzug des links-grünen Minderheitsantrages – wie auch eines weiteren Minderheitsantrages Jans (sp, BS) – war die Befürchtung, dass das Gesetz in der Schlussabstimmung wegen Opposition von SVP und FDP versenkt würde. Dies wiederum irritierte Vertreter der FDP; sie bezeichneten die gewählte Taktik als unehrlich, da einerseits am starren Inlandziel festgehalten würde, jedoch eine Massnahme, welche zu dessen Erreichung zentral wäre, somit aus dem Gesetz gestrichen würde. Des Weiteren verblieb die Differenz zum Ständerat betreffend Kompensation von CO2-Emissionen durch fossil-thermische Kraftwerke. Mit einer knappen rechts-bürgerlichen Mehrheit von 94 zu 92 Stimmen beschloss der Nationalrat, hier weiterhin dem bundesrätlichen Entwurf zu folgen, der eine Kompensation im Ausland von bis zu 50% der Emissionen erlaubt. Der Nationalrat führte auf Antrag einer Kommissionsmehrheit eine weitere Differenz ein: Sollten sich Volk und Parlament für einen Atomausstieg bis 2020 aussprechen, sollte die Möglichkeit erhalten bleiben, die im Ausland vorgenommene CO2-Reduktion sogar auf 80% zu erhöhen. In der Wintersession hatte der neu zusammengesetzte Ständerat zuerst über einen Rückweisungsantrag Freitag (fdp, GL) zu beschliessen. Der Antragssteller vertrat die Ansicht, dass das CO2-Gesetz stärker an das neue Umfeld der aufgekommenen Atomausstiegsdebatte angepasst werden müsse. Der Antrag blieb mit 30 zu 8 Stimmen jedoch chancenlos. Danach stimmte der Ständerat der Möglichkeit zur Auslandkompensation von fossil-thermischen Kraftwerken zu, sprach sich jedoch für die Streichung des vom Nationalrat in der Herbstsession eingeführten Zusatzes aus. Auch bei der CO2-Abgabe auf Treibstoffe stimmte der Ständerat der grossen Kammer zu. Ausschlaggebend dafür war die Befürchtung, dass gegen eine Treibstoffabgabe das Referendum ergriffen werden könnte. Der Nationalrat sah stattdessen einen Kompensationsaufschlag auf Treibstoffe bis maximal 5 Rappen vor, womit sich auch der Ständerat einverstanden zeigte. Die letzte verbleibende Differenz löste der Nationalrat in der Wintersession indem er sich, wie auch der Ständerat, dafür aussprach, dass Erträge aus Sanktionen bei Nichteinhaltung der CO2-Grenzwerte von Neuwagen dem Infrastrukturfonds und nicht, wie vom Nationalrat gefordert, der Bevölkerung zukommen sollen. Somit erübrigte sich die Tagung einer Einigungskonferenz und das Geschäft gelangte noch an der letzten Sitzung der Wintersession zur Schlussabstimmung. Im Ständerat passierte das Gesetz mit 34 zu 6 Stimmen bei 4 Enthaltungen, im Nationalrat sprachen sich 130 zu 61 für den Entwurf aus. Abgelehnt wurde das Geschäft von der beinahe geschlossenen SVP, sowie von einigen Vertretern der FDP und einem BDP-Nationalrat. Die Referendumsdrohung, welche Ende August von Seiten der Wirtschaft wegen der vom Parlament beschlossenen 20-prozentigen Inlandreduktion laut wurde, schien sich Ende Jahr zu verflüchtigen. Economiesuisse begründete diese Wendung damit, dass im Falle vom Anschluss Schweizer Firmen an das europäische Emissionshandelssystems (ETS) (siehe unten) anrechenbare Reduktionen weiterhin auch im Ausland möglich sein würden. Diese Interpretation wurde durch das BAFU gestützt [8].
In der Aprilsession überwies der Nationalrat ein Postulat Bourgeois (fdp, FR), welches vom Bundesrat einen Bericht zur Beimischung von Biotreibstoffen zu gängigen Treibstoffen forderte. Darin soll der Bundesrat insbesondere mögliche infrastrukturelle Massnahmen aufzeigen, um die Verwendung von Biotreibstoffen zu fördern – sollte deren Förderung als sinnvoll erachtet werden. In diesem Zusammenhang äusserte der Postulant in seinem Vorstoss zudem die Frage, wieso dem Bioethanol, resp. Biodiesel trotz seines CO2-reduzierenden Potentials auf dem schweizerischen Treibstoffmarkt nach wie vor nur eine marginale Rolle zukomme. In seiner Antwort nahm der Bundesrat Bezug auf die im Vorjahr zurückgezogene parlamentarische Initiative Rechsteiner (sp, BS), welche aufgrund der Gefährdung der Nahrungsmittelsicherheit gar ein Moratorium für die Einführung von Agrotreibstoffen forderte. Der Bundesrat zeigte sich jedoch zur Annahme des Postulates bereit, da ein Bericht, wie im Postulat gefordert, neben dem Potenzial von Biotreibstoffen auch deren Risiken aufzeigen könne [9].
Als sich der Bundesrat im Vorjahr gegen die Einführung einer Umweltetikette aussprach, welche neben der Energieeffizienz von Personenwagen auch deren Umweltbelastung ausweisen würde, beschloss er gleichzeitig die Weiterentwicklung der bestehenden Energieetikette. Mit den vorgeschlagenen Neuerungen soll unter anderem sichergestellt werden, dass CO2-Emissionen die Einteilung in die Energieeffizienzkategorien stärker beeinflussen. Konkret soll der absolute Treibstoffverbrauch die Kategorie-Einteilung neu zu 65% beeinflussen. Dies bedeutet eine Stärkung gegenüber dem Kriterium des Leergewichtes, welches nun statt wie bisher zu 40%, neu nur noch zu 35% in die Beurteilung einfliesst. Die Änderung will zudem, dass die Werbung in Printmedien wie auch in den visuell-elektronischen Medien den Energieverbrauch, CO2-Emissionen und die Energieetikette gut ersichtlich darstellt. In der Anhörung stimmten die meisten der Vernehmlassungsteilnehmer dem Entwurf zu, wenn auch beinahe alle mit Vorbehalt. Klar gegen die Anpassung stellten sich die FDP, die SVP und der Schweizerische Gewerbeverband (SGV). Neben administrativem Mehraufwand befürchteten der SGV und die SVP eine Benachteiligung des Gewerbes und der Randregionen. Die FDP machte geltend, dass mit der beschlossenen Änderung des CO2-Gesetzes, wonach neu zugelassene Autos einen Emissionsgrenzwert von 130 g/km CO2 nicht überschreiten dürfen, die Energieetikette überflüssig sei [10].
In der Sommersession nahm der Nationalrat mit einer knappen Mehrheit von 87 zu 84 Stimmen eine Motion Barthassat (cvp, GE) an, welche für neuanzuschaffende Fahrzeuge der Bundesverwaltung konkrete Grenzwerte für den CO2-Ausstoss festsetzen will. Um ihre Vorbildfunktion zu wahren, soll die Bundesverwaltung laut Motionär zukünftig keine Personenwagen anschaffen, die mehr als 130 g/km CO2 ausstossen würden. Für Lieferwagen, Kleinbusse und Kleinlastwagen sei der Grenzwert 160 g/km nicht zu überschreiten. Die Behandlung der Motion im Ständerat stand im Berichtsjahr noch aus [11].
Bastien Girod (gp, ZH) bemängelte in einem Postulat die Entscheidungsgrundlage betreffend Massnahmen zur Herabsetzung von Treibhausgasemissionen. Er verlangte daher vom Bundesrat einen Bericht, der sowohl die Reduktionspotentiale der verschiedensten Massnahmen aufzeigen als auch eine konsistente Beurteilung der dabei anfallenden Kosten liefern soll. Die grosse Kammer überwies den Vorstoss in der Wintersession unter Widerstand der geschlossenen SVP und FDP [12].
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Internationale Klimapolitik
Im März führte die Schweiz die ersten formellen Verhandlungen mit der EU zur Verknüpfung der CO2-Emissionshandelssysteme. Dabei soll ein Abkommen erarbeitet werden, welches die gegenseitige Anerkennung der Emissionsrechte sowohl bei Emissionen von fest installierten Anlagen wie Fabriken als auch im internationalen Luftverkehr garantieren würde. Der Schweiz würde sich somit ein grösserer Markt zum Emissionshandel eröffnen, was auch mehr Flexibilität bei der Erfüllung ihrer Emissionsziele bedeuten würde. Die Grundlagen zur Anpassung des schweizerischen an das europäische System wurden mit der Revision des CO2-Gesetzes geschaffen (siehe oben) [13].
In der Frühjahrssession stimmte der Ständerat als Zweitrat einstimmig einem Rahmenkredit für die globale Umwelt zu. Der Rahmenkredit von CHF 148,93 Mio., dem der Nationalrat bereits im Vorjahr zugestimmt hatte, dient für die nächsten vier Jahre folgenden Zwecken: Beinahe CHF 125 Mio. fallen dem Globalen Umweltfonds (GEF) zu, CHF 12 Mio. dem multilateralen Ozonfonds, CHF 9 Mio. dem Klimafonds und CHF 3 Mio. sind für die Durchführung des Rahmenkredites reserviert. Der gesprochene Rahmenkredit bedeutete im Vergleich zur vorangegangenen Periode eine Aufstockung der Mittel um 35% (von CHF 109,77 Mio. auf CHF 148,93 Mio.). Dies lag einem Entscheid des Exekutivrates des GEF zugrunde, welcher für die neue Beitragsperiode einstimmig eine Erhöhung der gesamten Mittel um 50% beschlossen hatte. Da die Aufstockung in der Schweiz im Rahmen der aktuellen Kreditlinie stattfand und zur Erreichung des Entwicklungsziels von 0,5 Prozent beitrug, war sie im Ständerat unumstritten [14].
 
[1] Po. 10.3373: AB NR, 2011, S. 1497.
[2] Medienmitteilung BAFU vom 9.2.11; NZZ, 10.2.11.
[3] BBl, 2011, S. 3795; NZZ, 4.5.11.
[4] Medienmitteilung BAFU vom 13.7.11.
[5] BRG 10.017: AB SR, 2011, S. 104 ff., 230 und 339; AB NR, 2011, S. 309 ff. und 555; vgl. SPJ 2010, S. 213 f.; zur Behandlung der Vorlage „Via Sicura“, siehe oben, Teil I, 6b (Strassenverkehr).
[6] BRG 10.017: AB SR, 2011, S. 424 ff. und 707; AB NR, 2011, S. 1288; NZZ, 14.7.11.; TA, 9.8.11; zum bedingten Rückzug vgl. auch oben, Teil I, 1c (Volksrechte).
[7] BRG 09.067: AB SR, 2011, S: 107 ff.; NZZ, 11.6.11; vgl. SPJ 2010, S. 212 f. Zusätzlich beschloss das Parlament eine Fristverlängerung der Behandlung der Volksinitiative „für ein gesundes Klima“. Diese erstreckt sich neu bis zum 29.8.12.
[8] BRG 09.067: AB NR, 2011, S. 1336 ff., 2139 ff. und AB NR, 2012, S. 552; AB SR, 2011, S. 1163 ff. und 1305; BBl, 2012, S. 113 ff.; BaZ, 14.9.11; SoS, 24.12.11; vgl. SPJ 2010, S. 212 f.
[9] Po. 09.3611: AB NR, 2011, S. 590 ff.; vgl. auch Pa.Iv. Rechsteiner.
[10] Ergebnisse der Anhörung einsehbar unter www.admin.ch; vgl. SPJ 2007, S. 195.
[11] Mo. 09.3944: AB NR, 2011, S. 915.
[12] Po. 11.3523: AB NR, 2011, S. 2260.
[13] Medienmitteilung BAFU vom 9.3.2011; vgl. SPJ 2010, S. 215 f.
[14] Mo. 10.062: AB SR, 2011, S. 267 f.; BBl, 2011, S. 2937 f.; vgl. SPJ 2010, S. 215.