Année politique Suisse 2011 : Enseignement, culture et médias / Enseignement et recherche / Grundschulen
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Schulreformen und -modelle
Im Januar 2011 trat die Interkantonale Vereinbarung über die Zusammenarbeit im Bereich der Sonderpädagogik in Kraft, der sich bis dahin 12 Kantone angeschlossen hatten. Gemäss einer Umfrage des Schulleiterverbands bei rund 400 Schulen gestaltete sich die Umsetzung und Handhabung der verlangten kantonalen Sonderpädagogikkonzepte äusserst heterogen. So seien insbesondere die diagnostischen Zuweisungskriterien (Lernende mit geringem und solche mit erhöhtem Förderbedarf), die letztlich über eine integrative Schulung mit Fördermassnahmen in der Regelklasse oder eine integrative Sonderschulung entscheiden, unklar definiert. Druck auf das integrative Modell übten zudem der Mangel an geeigneten Fachlehrpersonen (Heilpädagogen) sowie die Ressourcenknappheit und die steigende Nachfrage nach sonderpädagogischen Massnahmen aus [16].
In den Plänen zur Verankerung eines obligatorischen Sexualkundeunterrichts im Lehrplan 21 sah die SVP eine weitere Möglichkeit, ihre Grundsatzkritik am heutigen (Grund-)schulwesen anzubringen. Die polemische Verknüpfung der geplanten Sexualkunde im Lehrplan 21 mit dem als Auslegeordnung gedachten „Grundlagenpapier Sexualpädagogik und Schule“, das die Pädagogische Hochschule Zentralschweiz im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit (BAG) verfasst hatte, führte im Berichtsjahr zu einer heftig ausgetragenen öffentlichen Kontroverse. Kantonal organisierte Elternorganisationen, denen sich auch kritische Lehrer anschlossen, vertraten die Meinung, dass Aufklärung als Aufgabe des Elternhauses nicht in den Grundschulunterricht gehört. Im Juni sah sich die EDK gezwungen klarzustellen, dass im Lehrplan 21 für die Kindergartenstufe kein Sexualkundeunterricht vorgesehen sei, wie dies von den Kritikern behauptet werde. Im Sommer des Berichtsjahrs lancierte ein überparteiliches, von SVP-Nationalrat Ulrich Schlüer (ZH) koordiniertes Komitee eine an die EDK und alle kantonalen Erziehungsdirektoren gerichtete Petition gegen die befürchtete „Sexualisierung der Volksschule“. Anfang Oktober wurde sie mit rund 92 000 Unterschriften der EDK übergeben [17].
In konkreter Ableitung der nationalen Bildungsziele (siehe oben) genehmigte die Plenarversammlung der EDK mit grossem Mehr vier einheitliche, ab 2014 landesweit geltende Lernziele. Als zentraler Teil des HarmoS-Konkordats legen sie die Grundkompetenzen fest, die auf Ende des 4., 8. und 11. Schuljahrs in der Erstsprache, in Mathematik, den Naturwissenschaften sowie der ersten Fremdsprache zu erreichen sind. Diese werden als Zielvorgaben in die bestehenden (Westschweiz) oder geplanten (Deutschschweiz, Tessin) sprachregionalen Lehrpläne einfliessen und sollen in erster Linie der Bildungsevaluation und damit der Qualitätssicherung im gesamtschweizerischen Bildungsraum dienen [18].
 
[16] NZZ, 17.3. und 20.7.11; SPJ 2010, S. 277 f.
[17] So-Bli, 22.5.11, Presse vom 18.6.11, WW, 23.6.11, SGT, 12.7.11, NZZ, 30.8.1, NLZ, 5.10.11, BZ, 15.11.11.
[18] Medienmitteilung EDK vom 4.7.11; Presse vom 5.7.11, BaZ, 6.8.11; SPJ 2006, S. 230, SPJ 2010, S. 277.