Année politique Suisse 2012 : Partis, associations et groupes d'interêt / Partis
 
Evangelische Volkspartei (EVP)
Die EVP hatte bei den kantonalen Wahlen 2012 unter der neuen Konkurrenz in der Mitte zu leiden. Per Saldo verloren die Evangelikalen vier Sitze. Zwar konnten die Mandate in den Kantonen Aargau (6 Sitze), Schaffhausen (1 Sitz) und St. Gallen (2 Sitze) gehalten werden, in den Kantonen Basel-Stadt (minus 3 Sitze; neu: 1 Sitz) und Thurgau (minus 1 Sitz, neu: 5 Sitze) musste die EVP aber Sitzeinbussen in Kauf nehmen. Beide Verluste waren auch auf eine Veränderung des Wahlregimes zurückzuführen. Ende 2012 hielt die EVP noch 38 kantonale Legislativmandate [124].
An der Delegiertenversammlung Ende März in Arbon wurde der Präsident der EVP, Heiner Studer, für eine weitere Amtsperiode wiedergewählt. Der ehemalige Nationalrat aus Wettingen war seit 2008 Präsident der Partei [125].
Im Januar fassten die Delegierten der EVP in Olten nur sehr knapp mit 54 zu 48 Stimmen die Ja-Parole für die Buchpreisbindung. Deutlicher wurde die Initiative „6 Wochen Ferien für alle“ zur Ablehnung empfohlen (72:29 Stimmen und 6 Enthaltungen). Bereits im Vorjahr wurde für die Bausparinitiative und den Bundesbeschluss zur Regelung von Geldspielen die Nein-Parole ergriffen und die Zweitwohnungsinitiative wurde zur Annahme empfohlen. In Arbon sagten die Delegierten Ende März mit 64 zu 26 Stimmen Ja zur Managed Care Vorlage und erteilten der Staatsvertragsinitiative (99:1 Stimmen) und der Initiative „Eigene vier Wände dank Bausparen“ (88: 5 Stimmen) deutliche Abfuhren. Im Juni empfahlen die Delegierten in Muttenz ein Ja für die Initiative zum „Schutz vor Passivrauchen“ und zum Bundebeschluss zur Jugendmusikförderung. Die Initiative „Sicheres Wohnen im Alter“ lehnten sie hingegen ab. Ende August in Wil (SG) beschloss die EVP schliesslich mit 44 zu 24 Stimmen, das neue Tierseuchengesetz zu unterstützen. Beim dort ebenfalls beschlossenen vorsorglichen Ja zu den im November nicht zur Abstimmung gelangten Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland, Österreich und Grossbritannien äusserten sich die Abgeordneten auch positiv zu einem automatischen Informationsaustausch [126].
In der Asylpolitik versuchte die EVP eine Mitteposition zu vertreten. Im Rahmen der Asyldebatte in der Sommersession plädierte die EVP für eine Straffung der Verfahren, lehnte aber den Vorschlag, Asylsuchenden nur noch Nothilfe zu gewähren, ab [127].
Ende Jahr entschlossen sich die EVP-Delegierten in Solothurn mit 91 zu 18 Stimmen, die Abzockerinitiative zur Annahme zu empfehlen. Thomas Minder (parteilos, SH), der an die Versammlung eingeladen worden war, überzeugte die Abgeordneten davon, dass nur die Initiative alle Hintertüren schliesse [128].
Die von der EVP zusammen mit SP, GP, CSP und dem Gewerkschaftsbund lancierte Erbschaftssteuerinitiative sorgte für eine Zunahme von Erbvorbezügen. Allerdings harzte die Unterschriftensammlung, wofür die Partner vor allem auch das geringe Mobilisierungspotenzial der EVP verantwortlich machten, die den Lead über die Initiative habe [129].
An ihrer siebten in Aarau jeweils am Samstag vor dem eidgenössischen Bettag durchgeführten Bettagskonferenz lud die EVP zu einer vertieften Analyse des Einflusses der christlichen Weltanschauung auf die Politik. EVP-Präsident Studer erinnerte dabei an die Wurzeln der Evangelischen Volkspartei, die 1919 in Zürich nicht als Abgrenzung, sondern als Ergänzung zu den bestehenden katholischen Gruppierungen gegründet worden sei [130].
 
[124] Vgl. Teil I, 1e (Wahlen in kantonale Parlamente).
[125] Medienmitteilung EVP vom 31.3.12.
[126] Medienmitteilungen EVP vom 3.12.11, 21.1., 31.3., 23.6. und 25.8.12.
[127] Medienmitteilung EVP vom 13.6.12..
[128] TA, 3.12.12.
[129] TA, 28.6.12; vgl. SPJ 2011, S. 454.
[130] Medienmitteilung EVP vom 15.9.12.