Année politique Suisse 2012 : Eléments du système politique / Problèmes politiques fondamentaux et conscience nationale / Grundsatzfragen
Die
Nationalhymne, die 2011 ihr 50-jähriges Bestehen gefeiert hatte und erstmals auch im Parlament als Auftakt in eine neue Legislatur intoniert worden war, soll laut einer Idee der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG) erneuert werden. Mittels Anpassung des Textes auf der Grundlage der Präambel der neuen Bundesverfassung und leichten melodiösen Veränderungen soll der Hymne zu mehr Akzeptanz verholfen werden. Die SGG kündigte – auch im Rahmen ihres 250jährigen Bestehens – einen entsprechenden Wettbewerb an. Ähnliche Ideen waren in den letzten Jahren gescheitert
[2].
Mit zwei Vorstössen wollte sich die Ratsrechte als Hüterin von Schweizer Symbolik profilieren. Anlass war eine Aktion von Unbekannten aus dem Antifaschistischen Netzwerk Genf, die vor dem 1. August auf wilden Plakaten, auf denen mit dem Schweizer Kreuz bedruckte WC-Rollen abgedruckt waren, dazu aufforderten, den Nationalismus die Toilette runter zu spülen. Dies veranlasste die Genfer SVP-Präsidentin und Nationalrätin Amaudruz (svp, GE) zu einer bürgerlich breit abgestützten Motion, die die strafrechtliche Verfolgung bei Herabwürdigung der
Schweizer Fahne verlangt. Bereits im Juni hatte Quadri (lega, TI) eine Motion eingereicht, die fordert, dass eine ausländische Flagge nur dann gehisst werden darf, wenn daneben eine mindestens gleich grosse Schweizer Fahne hängt. Der Bundesrat lehnte beide Motionen mit Verweis auf die Meinungs- und Meinungsäusserungsfreiheit ab. Beide Vorstösse wurden im Berichtjahr noch nicht behandelt
[3].
Die Benutzungsordnung der
Rütli-Wiese war Gegenstand zweier Vorstösse, die auf Ereignissen im Jahr 2011 fussen. Die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft, die die „Wiege der Eidgenossenschaft“ im Auftrag des Bundes verwaltet, verbietet parteipolitische Anlässe. Aus diesem Grund hatte sie der CVP im Jahr 2011 die Durchführung eines Treffens aller Kantonalparteien verwehrt. Die SVP hingegen setzte sich mit einem Treffen ihres Zentralvorstandes über dieses Verbot hinweg und weigerte sich anschliessend, eine von der SGG geforderte Entschuldigung abzugeben. Die beiden aufgrund dieser Ereignisse eingereichten Vorstösse fordern nun eine Öffnung des Rütlis für politische Parteianlässe. Das Postulat Glanzmann-Hunkeler (cvp, LU) wurde im Berichtsjahr vom Nationalrat überwiesen, unterstützt vom Bundesrat, der die Benutzungsordnung gegenwärtig ohnehin überprüfe. Die schärfer formulierte Motion der SVP-Fraktion, die eine bundesrätliche Verfügung für eine generelle Erlaubnis fordert, wurde im Berichtsjahr noch nicht behandelt. Der Bundesrat lehnte diese ab, weil er gegenüber der SGG gar nicht weisungsberechtigt sei. Anfang August hielten rund 200 Personen aus rechtsextremen Kreisen eine unbewilligte Kundgebung auf dem Rütli ab
[4].
Mitte August wurde in Villmergen (AG) mit einem Freilichttheater und einem Festakt das 300-Jahr-
Gedenken an den Zweiten Villmergerkrieg abgehalten. Bei der Schlacht von Villmergen schlugen die protestantischen Berner die katholischen Innerschweizer Truppen vernichtend. Die Folgen waren nicht nur territoriale Veränderungen, sondern auch die Schaffung eines paritätischen Schiedsgerichts für konfessionelle Streitfragen. Festrednerin Bundesrätin Leuthard betonte, dass der in Aarau unterzeichnete vierte Landfrieden vom 11. August 1712 ein Grundstein für die Schweizer Kultur des Dialogs sei, und aufgezeigt habe, dass Mehrheitsentscheide minderheitsfähig sein müssten
[5].
Über die Swissness-Vorlage berichten wir unten (Teil I, 4a, Strukturpolitik).
[2]
NZZ, 20.2. und 2.8.12.;
24h und
TA, 3.8.12.
[3] Mo. 12.3695 (Amaudruz); Mo. 11.3521 (Quadri);
LM, 23.4. und 6.8.12;
NZZ, 16.9.12.
[4] Po. 11.3495:
AB NR, 2012, S. 1214; Mo. 11.3542;
NZZ, 31.5.12;
NLZ, 16.7.12;
NZZ, 6.8.12.
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