Année politique Suisse 2012 : Eléments du système politique / Droits, ordre public et juridique / Datenschutz und Statistik
Mit der Überweisung des Postulats von Nationalrat Schwaab (sp, VD) beauftragte der Nationalrat den Bundesrat die Aufnahme eines
Rechts auf Vergessen
im Internet in das Bundesrecht zu prüfen. Damit sollen insbesondere soziale Netzwerke verpflichtet werden, die Speicherung von personenbezogenen Daten auf ein absolutes Minimum zu beschränken. Der Bundesrat unterstützt dieses Anliegen. In seinem aus der Evaluation des Bundesgesetzes über den Datenschutz resultierenden Bericht gelangt er zu einer übereinstimmenden Auffassung
[13].
Ebenfalls mit sozialen Netzwerken beschäftigte sich ein Postulat Amherd (cvp, VS), welches die Regierung beauftragt, zu prüfen, wie Kinder vor den schädlichen Auswirkungen von
Social Media geschützt werden können. Die Regierung teilte mit, dass sie das Anliegen bereits im aus der Erfüllung des Postulats Amherd „Rechtliche Basis für Social Media“ stammenden Bericht sowie mit dem Nationalen Programm "Jugendmedienschutz und Medienkompetenz" Rechnung trägt. Der Nationalrat überwies das Postulat in der Wintersession ohne Diskussion
[14].
Eine von Nationalrat Hochreutener (cvp, BE) eingereichte parlamentarische Initiative forderte, dass Hostingprovider für unzureichenden
Schutz der von ihnen gespeicherten Informationen zur Verantwortung gezogen werden können. Die Rechtskommission des Nationalrates empfahl die Initiative nach der Ablehnung ihrer Schwesterkommission nun ebenfalls zur Ablehnung, weil seit dem Einreichen der Initiative verschiedene gesetzliche wie auch nichtgesetzgeberische Massnahmen ergriffen worden waren. Der Nationalrat folgte dem Antrag seiner Kommission in der Sommersession 2012
[15].
Auch in der Schweiz formierte sich Widerstand gegen die Unterzeichnung des „Anti-Counterfeiting Trade Agreement“ (
Acta), welches 2011 mit dem Ziel, grossangelegte und kommerziell orientierte Fälschung und Piraterie international zu bekämpfen, ausgearbeitet wurde. Die Gegner, unter ihnen die Piratenpartei, die Erklärung von Bern und Amnesty International Schweiz, befürchten die Verletzung von Menschenrechten wie Schutz der Privatsphäre und Meinungsäusserungsfreiheit. Der Bundesrat beschloss im Mai 2012 mit der Unterzeichnung abzuwarten und die Entwicklung im EU-Raum weiterzuverfolgen. Die EU hatte das Abkommen im Januar 2012 unterzeichnet. Vor der Ratifikation soll jedoch der Europäische Gerichtshof die Vereinbarkeit des Abkommens mit dem EU-Recht prüfen
[16].
Der eidgenössische Datenschutzbeauftragte Hanspeter Thür verlangt, dass die beiden
Abkommen mit den USA zum Austausch von Polizeidaten umfassende Garantien zum Datenschutz enthalten sollen. Aufgrund des ungenügenden Datenschutzes in den Vereinigten Staaten müssten die Abkommen explizit den Verwendungszweck der Daten definieren. Zudem solle nur zur Aufklärung schwerer Verbrechen ein Datenaustausch stattfinden. Die aussenpolitischen Kommissionen beider Räte haben das Verhandlungsmandat des Bundesrates im März 2012 gutgeheissen. So konnte der Bundesrat im Dezember des Berichtjahres das Abkommen zum Austausch von Fingerabdruck- und DNA-Daten zur Bekämpfung von Schwerkriminalität (PCSC) und das Memorandum of Understanding über den Austausch von Daten zu mutmasslichen und bekannten Terroristen (HSPD-6) in Washington D.C. unterzeichnen. Als Gegenleistung wird Schweizern ein maximal neunzigtägiger, visumsfreier Aufenthalt in den USA weiterhin erlaubt (Visa Waiver Program)
[17].
Nachdem das Bundesverwaltungsgericht 2012 nahezu alle Forderungen des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten betreffend des Datenschutzes durch
Google Street View gutgeheissen hatte, hat das Bundesgericht die Beschwerde von Google nur teilweise bestätigt. So muss der Internetdienst keine vollständige Anonymisierung aller im öffentlichen Raum fotografierten Personen garantieren. Jedoch darf die Fehlerquote beim Verwischen höchstens ein Prozent betragen und Einspruchswege per Internet und Post müssen offengehalten werden. Die anderen Forderungen des Datenschützers, wie etwa die vollständige Anonymisierung im Bereich von heiklen Einrichtungen, wurden auch vom Bundesgericht unterstützt
[18].
Auch nach diesem Entscheid sieht Hanspeter Thür noch Handlungsbedarf bezüglich des Datenschutzes. So kritisierte er die automatische Informationsübermittlung an soziale Netzwerke via
Social-Media-Buttons, den sogenannten Cookies. Thür ist der Ansicht, dass das zwanzigjährige Datenschutzgesetz den technologischen Entwicklungen bald angepasst werden muss
[19].
Ebenfalls ins Visier des Datenschützers geriet der Online-Suchdienst
Moneyhouse. Der Dienst hatte begonnen, neben Wirtschaftsauskünften auch Privatadressen zu veröffentlichen, um Zugriffe auf die Website und somit deren Werbeeinahmen zu erhöhen. Auf ein Gesuch des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten erliess das Bundesverwaltungsgericht eine superprovisorische Verfügung, nach welcher der Internetdienst die Suchfunktion für Adressen von Personen per sofort einstellen musste. Nach der Anhörung der Stellungnahme von Moneyhouse kam das Gericht auf seine Anordnung zurück und wies das Gesuch von Hanspeter Thür ab. Es genüge, wenn Gesuche auf Löschung innert kürzester Frist bearbeitet würden
[20].
[13] Po. 12.3152:
AB NR, 2012, S. 1211.
[14] Po. 12.3545:
AB NR, 2012, S. 2248.
[15] Pa.Iv. 08.418:
AB NR, 2012, S. 703.
[17]
TA, 22 und 24.3. und 28.3.12;
NZZ, 14.12.12.
[18]
TA, 9.6.12;
NLZ, 9.6.12;
NZZ, 9.6.12; vgl.
SPJ 2011, S.25.
[19]
NZZ, 26.5.12;
AZ, 26.6.12.
[20]
AZ, 20.7.12;
NZZ, 21.7.12; Presse vom 8.8.12.
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