Année politique Suisse 2012 : Eléments du système politique / Institutions et droits populaires / Regierung
Die regelmässig vor allem von Minderheiten vorgebrachte Forderung einer
Erhöhung der Zahl der Bundesratsmitglieder von sieben auf neun war auch im Berichtsjahr Gegenstand parlamentarischer Beratung. Im Nationalrat stiessen zwei Standesinitiativen des Kantons Tessin allerdings auf taube Ohren. Die Mehrheit der zuständigen staatspolitischen Kommission hob die Vorteile der geringeren Zahl in einem Kollegium hervor und wies darauf hin, dass mehr Sitze nicht unbedingt wie von den Initianten erhofft eine adäquatere Repräsentation aller Landesteile bedeuten würde, sondern dass eher grössere Kantone davon profitieren könnten. Gegen den zweiten Tessiner Vorstoss, der zusätzlich eine adäquate Vertretung der Landesteile gefordert hatte, wendete die Kommission ein, dass der Bundesrat kein Repräsentativorgan sein dürfe. Das Kollegium müsse das gesamte Landesinteresse und nicht einzelne Regionen vertreten. Die grosse Kammer folgte ihrer Kommission allerdings nur knapp mit 92 zu 85 Stimmen gegen die erste und mit 97 zu 77 Stimmen gegen die zweite Standesinitiative. Auf Sympathien stiess die Idee bei Teilen der CVP- und der FDP-Fraktion. Die SP und die GP stimmten geschlossen für das Anliegen, die GLP geschlossen und die SVP mit grosser Mehrheit dagegen. Die Minderheit wies vergeblich auf die wichtige symbolische Bedeutung der Vertretung der verschiedenen Landesteile in der Regierung hin. Die Diskussion dürfte – obwohl beide Kammern im Rahmen der Staatsleitungsreform eine Vergrösserung der Regierung abgeschrieben haben (siehe unten) – noch nicht abgeschlossen sein, da gleich drei im Nationalrat eingereichte im Berichtjahr aber noch nicht behandelte Motionen hängig sind. Im Ständerat wurde derweil ein Postulat Comte (fdp, NE) knapp mit 19 zu 18 Stimmen abgelehnt. Es hätte vom Bundesrat einen Bericht mit Massnahmen für eine bessere Vertretung der Landesteile – insbesondere der italienischsprachigen Regionen – im Bundesrat gefordert
[4].
Neben der Erhöhung der Zahl der Regierungsmitglieder wurden im Rahmen der schier endlosen Debatte um eine
Staatsleitungsreform – das Geschäft war Ende 2001 eingereicht, 2004 an den Bundesrat zurückgewiesen und 2010 mit einem Zusatzbericht ergänzt worden – zwei weitere Vorschläge diskutiert: die Verlängerung des Bundesratspräsidiums um ein Jahr und eine Erhöhung der Anzahl der Staatssekretäre bzw. eine Erweiterung deren Funktion. Der Bundesrat erhoffte sich von einer Verlängerung des Präsidiums, für die er sich in der Zusatzbotschaft von 2010 stark gemacht hatte, eine bessere und kontinuierlichere Repräsentation im Ausland und die effizientere Nutzung von Erfahrungen. Der Nationalrat beschloss allerdings, nicht auf diesen Punkt einzutreten, womit die Idee eines zweijährigen Präsidiums vorläufig vom Tisch war. Beide Räte willigten hingegen in eine Revision des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes ein, die die Rolle der Bundeskanzlei aufwertet, einen permanenten Präsidialstab einrichtet und die Schaffung zusätzlicher Staatssekretäre erlaubt. Allerdings forderten die Räte, dass die Regierung die Staatssekretäre primär im Verkehr mit dem Ausland aber nicht – wie vom Bundesrat vorgeschlagen – für Verhandlungen mit dem Parlament einsetzen soll
[5].
[4] Kt.Iv. 12.307; 10.321:
AB NR, 2012, S. 1263; Mo. 11.4103 (Fehr); Mo. 11.4107 (de Buman); Mo. 11.4110 (Bulliard-Marbach); Po. 11.4215 (Comte):
AB SR, 2012, S. 54 ff.;
NZZ, 6.9.12, Presse vom 11.9.12;
LT, 12.9.12; Presse vom 28.11.12.
[5] BRG 01.080:
AB NR, 2012, S. 432 ff., 473 ff., 1255 ff., 1312 ff., 1816;
AB SR, 2012, S. 473 ff., S. 789, S. 933;
NZZ, 15.3., 8.6., 23.6., 6.9., 11.9. und 13.9.12.
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