Année politique Suisse 2012 : Economie / Crédit et monnaie
 
Geld- und Währungspolitik
Die Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank (SNB) war 2012 geprägt durch die im September 2011 eingeführte Kursuntergrenze des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro. Die SNB erklärte nach jeder geldpolitischen Lagebeurteilung, dass am Mindestkurs von CHF 1.20 pro Euro unverändert festgehalten würde. Die Kursuntergrenze war während des ganzen Jahres auf allen relevanten Märkten aufrechterhalten worden, zeitweise allerdings nur aufgrund massiver Währungsinterventionen durch die SNB, deren Devisenbestände deshalb im Jahresverlauf stark anstiegen (siehe unten: Nationalbank). Das Zielband des Dreimonats-Libor (CHF) wurde entsprechend auf dem im August 2011 beschlossenen Niveau von 0.00 – 0.25% belassen. Die tiefen Zinsen hatten aufgrund der nach wie vor schwachen Konjunktur und der deflationär wirkenden Frankenstärke keine Auswirkung auf die bedingte Inflationsprognose, die im Dezember 2012 bei einem Dreimonats-Libor (CHF) von 0.00% von einer tiefen Inflationsrate von 0.9% im dritten Quartal 2015 ausging. Die tiefen Zinsen schürten allerdings die Befürchtung, dass sich am schweizerischen Immobilienmarkt Preisblasen bilden könnten. Diesbezüglich erhielt die Nationalbank im Berichtsjahr das Antragsrecht auf Auslösung eines antizyklischen Kapitalpuffers für die am inländischen Kredit- und Hypothekenmarkt tätigen Banken. Das neue Instrument wurde bis zum Jahresende jedoch nicht aktiviert [1].
Die Veränderung der Geldmenge war im Berichtsjahr gekennzeichnet durch die Aufrechterhaltung des Mindestkurses gegenüber dem Euro. Vor allem während der Sommermonate intervenierte die Schweizerische Nationalbank stark auf den Devisenmärkten, was die Geldmengenaggregate erhöhte. Im Vergleich zum Jahresbeginn hielten die Geschäftsbanken zum Jahresende CHF 113 Mia. mehr Sichtguthaben bei der Nationalbank. Die weiter gefassten Geldmengen M2 und M3 stiegen im Jahresverlauf um hohe 9.8% und 8% [2].
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Währung
Die Entwicklung des Schweizer Frankens war im Berichtsjahr geprägt durch die im September 2011 bei CHF 1.20 eingeführte Kursuntergrenze gegenüber dem Euro. Der Euro eröffnete zu Jahresbeginn zwar klar über der Untergrenze (CHF 1.2158), schwächte sich im Jahresverlauf jedoch (erneut) deutlich ab. Spätestens ab dem Frühjahr 2012 war die Nationalbank zu hohen Währungskäufen gezwungen, um die Kursuntergrenze zu verteidigen, was ihre Bilanz markant verlängerte (siehe unten: Nationalbank). Am Jahresende betrug der Wechselkurs CHF 1.2072. Der US-Dollar-Kurs war über weite Strecken des Berichtsjahres abhängig vom Euro-Dollar-Kurs. So eröffnete der US-Dollar bei CHF 0.9403, erstarkte danach bis etwas über 0.99 (Ende Juli) um sich im Zuge der allgemeinen Erstarkung des Euros im Herbst erneut deutlich abzuschwächen. Der US-Dollar schloss am Jahresende bei CHF 0.9153 [3].
Die Kursuntergrenze des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro war im Berichtsjahr nur vereinzelt Thema politischer Diskurse. Der Präsident des Gewerbeverbands und der CEO der UBS stellten die Wechselkurspolitik zwar öffentlich in Frage, ernteten dafür jedoch Kritik von allen grossen Parteien. Selbst die SVP, die einem Wechselkursziel lange skeptisch gegenüber gestanden war, stellte sich explizit hinter die Nationalbank [4].
Einzelne Exponenten der SVP forderten im Frühjahr 2012 die Gründung eines Staatsfonds, der die von der SNB angehäuften Devisenbestände „strategisch“ verwalten sollte. Damit sollten die Währungsrisiken für die Nationalbank verkleinert werden. Einige Politiker äusserten sich gegenüber dem Vorschlag grundsätzlich positiv, erachteten die Umsetzung jedoch als schwierig. So sahen viele in der Beschneidung der Unabhängigkeit der Nationalbank ein Problem. Andere wiesen darauf hin, dass ein Staatsfonds die Währungsrisiken für die Schweiz nicht verkleinern könne. Der Bundesrat und die SNB bezogen eine dezidiert ablehnende Haltung. Das Vorhaben wurde bis zum Jahresende nicht weiterverfolgt [5].
Der starke Schweizer Franken war auch 2012 Motiv für parlamentarische Vorstösse. Ein Postulat Leutenegger Oberholzer interessierte sich für zusätzliche politische Instrumentarien, die – neben den Interventionen durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) auf dem Währungsmarkt – der Frankenstärke entgegenwirken könnten. Der Vorstoss forderte die Landesregierung auf, die rechtlichen Grundlagen von Negativzinsen auf ausländischen Frankenguthaben, Spekulationsverbote für Banken und Kapitalverkehrskontrollen abzuklären. Der Bundesrat begrüsste das Postulat. Er hatte schon zuvor eine Task-Force bestehend aus Vertretern von EFD, EVD und SNB mit der Prüfung der genannten Interventionsmöglichkeiten beauftragt und kündigte an, entsprechenden Folgerungen der Expertengruppe dem Parlament vorzulegen. Das Postulat wurde diskussionslos überwiesen [6].
Zwei bereits 2011 behandelte Vorstösse zu Währungsthemen waren am Jahresende pendent. Darunter befand sich eine im Vorjahr vom Nationalrat angenommene Motion Hutter. Der Vorstoss hatte verlangt, dass die Schweiz zur Unterstützung der Exportwirtschaft ein Währungsabkommen mit China schliessen sollte, um die Exporteure weniger abhängig vom zur Schwäche neigenden US-Dollar zu machen. Im Ständerat wurde der Vorstoss 2012 nicht behandelt. Der Bericht zu einem Postulat Favre, das 2011 an den Bundesrat überwiesen worden war, war am Jahresende im EVD hängig. Der Vorstoss hatte den Bundesrat dazu aufgefordert, Bericht über die Arbeitsplatz- und Lohnsituation im Grenzgebiet im Zusammenhang mit dem starken Franken zu erstatten [7].
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Zinsen
Der Dreimonats-Libor (CHF) erholte sich nach seinem Tief von August 2011 (0,01%) zwischen Januar (0,05%) und April (0,11%) weiter. Bis zum Jahresende reduzierte er sich im Zusammenhang mit der Verteidigung der Kursuntergrenze des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro jedoch wieder deutlich auf rund 0,01%. Die Rendite der 10-jährigen Bundesobligationen korrelierte im Jahresverlauf erwartungsgemäs stark und positiv mit dem Dreimonats-Libor (CHF). Sie betrug am Jahresanfang 0,74% und am Jahresende 0,56%, mit einem Höchstwert im Frühjahr bei 0,96% [8].
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Nationalbank
Zu Jahresbeginn war der Präsident des SNB-Direktoriums, Hildebrand, harscher Kritik ausgesetzt. Dem Direktoriumspräsidenten wurde vorgeworfen, die Einführung der Kursuntergrenze des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro zur persönlichen finanziellen Bereicherung genutzt zu haben. Konkret ging es um einen von Hildebrands Privatkonto ausgeführten USD-Kauf Mitte August 2011, der beim Kurs von rund CHF 0.80 pro Dollar getätigt wurde. Nur rund zwei Monate später, und nach zwischenzeitlich erfolgter Aufwertung des Schweizer Frankens um rund 15%, die hauptsächlich auf die Intervention der SNB zurückzuführen war, kaufte das Ehepaar Hildebrand Schweizer Franken mit US-Dollars. Der Vorwurf des Insiderhandels war erstmals von der Weltwoche in der Altjahrwoche 2011 vorgebracht worden und stützten sich auf entwendete Bankkundendaten der Familie Hildebrand. Auch National- und Alt-Bundesrat Blocher (svp, ZH) war im Besitz der Dokumente. Diese überreichte Blocher im Dezember 2011 dem Bundesrat, der eine Überprüfung veranlasse. Weil die Transaktionen als regelkonform einstuft wurden, hielt die Regierung am SNB-Präsidenten fest. Aufgrund der grossen öffentlichen Diskussion entschied sich der Beschuldigte am 9. Januar trotzdem zum Rücktritt. Die Glaubwürdigkeit und Handlungsfähigkeit der Nationalbank stünden auf dem Spiel, so seine Begründung. Er erklärte wiederholt und dezidiert, dass er von dem Dollar-Kauf nichts gewusst habe, weil der Auftrag von seiner Frau erteilt worden sei. Allerdings sei es ihm unmöglich, seine Unschuld zu beweisen. Kurz vor dem Dollar-Kauf hatte Hildebrand seinem Bankberater mitgeteilt, dass seine Frau den Dollar-Bestand erhöhen dürfe. Weil der Kaufauftrag mündlich erteilt worden war, konnten jedoch weder Hildebrand noch seine Kritiker beweisen, wer den Auftrag gegeben hatte. Eine externe Revisionsgesellschaft bestätigte später lediglich, dass das SNB-Reglement, das die Mindesthaltedauer von Devisen und anderen Anlagen regelt, nicht verletzt worden war. Hildebrand wurde im April durch den Vizepräsidenten Thomas Jordan ersetzt; neu ins SNB-Direktorium aufgenommen wurde Fritz Zurbrügg [9].
Die Nationalbank verbuchte im Berichtsjahr einen Konzerngewinn von CHF 6,9 Mia. (Vorjahr: CHF 13,5 Mia.). Zins- und Kursgewinnen auf in- und ausländischen Zinsinstrumenten erwirtschafteten dabei den Hauptanteil des Ergebnisses. Der SNB StabFund (Stabilisierungsfonds) steuerte etwas unter CHF 1 Mia. zum Ergebnis bei. Auf den Fremdwährungsbeständen musste hingegen ein Buchverlust von CHF 10,6 Mia. hingenommen werden. Trotzdem konnte die Ausschüttung von CHF 1 Mia. an die öffentlich Hand vereinbarungsgemäss vorgenommen werden. Die Devisenanlagen beliefen sich zum Jahresende auf CHF 432,2 Mia. (Vorjahr: CHF 257,5 Mia.). Damit waren sie mit Abstand der grösste und am stärksten gestiegene Aktivposten und hauptverantwortlich für die Verlängerung der SNB-Bilanz von CHF 349 Mia. (Ende 2011) auf CHF 499,4 Mia. (Ende 2012). Das Darlehen an den SNB StabFund (Stabilisierungsfonds) nahm erneut ab und betrug zum Jahresende noch CHF 4,3 Mia. (Vorjahr: CHF 7.6 Mia.) [10].
Die Volksinitiative „Unsere Nationalbank gehört uns allen“ scheiterte im Juli am Unterschriftenquorum. Das Volksbegehren wollte die Unabhängigkeit der Zentralbank beschneiden. Noch immer im Sammelstadium befand sich am Jahresende das von SVP-Exponenten getragene und 2011 lancierte Volksbegehren „Rettet unser Schweizer Gold (Gold-Initiative)“. Das Begehren wollte der Nationalbank vorschreiben, mindestens 20% ihrer Aktiva in Gold zu halten [11].
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Internationale Organisationen
Nachdem bereits 2011 drei Finanzierungbeschlüsse zugunsten des Internationalen Währungsfonds (IWF) vom Parlament gutgeheissen worden waren, gelangte der Bundesrat 2012 mit drei weiteren Geschäften zum IWF ans Parlament. Das Vorgehen wurde nicht von allen Seiten gutgeheissen. Der Präsident der aussenpolitischen Kommission des Nationalrats, Andreas Aebi (svp, BE), äusserte sich dahingehend, dass das IWF-Dossier „so komplex [sei], dass kein normalsterblicher Milizparlamentarier mehr den Überblick habe“. Konkret ging es im ersten Geschäft, das in der Frühlingssession vom Nationalrat und in der Sommersession von Ständerat angenommen wurde, um die Genehmigung der Quoten- und Gouvernanzreform des IWF. Sie führte zu einer Erhöhung der ordentlichen Mittel des IWF und zur Reduzierung der schweizerischen Stimmrechtsquote. Die zweite Vorlage betraf eine erneute bilaterale Kreditzusage an den IWF. Sie wurde in der Wintersession vom Nationalrat in reduzierter Form gutgeheissen und war am Jahresende im Zweitrat hängig. Das dritte Geschäft betraf die Verlängerung der Ende 2013 auslaufenden Verpflichtungskredite an die Allgemeine Kreditvereinbarung (AKV). Sie wurde von den Räten 2012 noch nicht behandelt [12].
Die erste Vorlage, die die Genehmigung der Quoten- und Gouvernanzreform des IWF betraf, wurde in der Frühlingssession vom Nationalrat als Erstrat behandelt. Die Vorlage gründete auf einem Beschluss des IWF-Gouverneursrats vom 15.12.10, der eine Verdoppelung der ordentlichen Mittel des IWF und eine Verschiebung der Stimmrechtsgewichte innerhalb des IWF-Exekutivdirektoriums vorsah. Für die Schweiz bedeutete dieser Beschluss eine Erhöhung der SNB-Kreditlinie, die nicht vom Bund garantiert werden musste, gegenüber dem IWF von 3.459 Mia. Sonderziehungsrechten (SRZ) auf SRZ 5.771 Mia. bei gleichzeitiger Reduktion der Stimmrechtsquote von 1,45% auf 1,12% (Sonderziehungsrecht sind die Recheneinheit des Internationalen Währungsfonds; Ende 2011 betrug das Verhältnis von CHF gegenüber SRZ ungefähr 1.30). Der Beschluss sah vor, dass sich die schweizerische Position in der Rangliste der Länder mit den grössten Quotenanteilen geringfügig von 17 auf 19 veränderte. Der Bundesrat argumentierte, dass durch die Quotenreform die langfristige und ausreichende Finanzierung des IWF gewährleistet würde, was im Interesse der Schweizer Volkswirtschaft mit seinem international exponierten Finanzplatz sei. Weiter erachtete er die Gouvernanzreform als ein Mittel zur Stärkung der Legitimität des Währungsfonds, weil dadurch den Schwellenländern ein grösseres Gewicht zugestanden werden sollte. Im Nationalrat wurde die Vorlage sowohl von rechter wie auch von linker Seite kritisiert. Die SVP stellte Nichteintretens- und Rückweisungsanträge. Ihre Bedenken, wonach der IWF „ein Fass ohne Boden“ sei, wurden von der Ratsmehrheit jedoch nicht geteilt. Demgegenüber versuchte die Linke mittels Minderheitsantrag durchzusetzen, dass sich der Bundesrat für eine Lockerung der IWF-Kreditauflagen einsetzen müsse. Das Argument der bürgerlichen Parteien, wonach kein Land zur Aufnahme eines IWF-Kredits gezwungen werde, verfing jedoch, so dass sich auch dieser Antrag nicht durchsetzte. In der nationalrätlichen Gesamtabstimmung wurde das Geschäft mit 123 zu 43 Stimmen angenommen. Der Ständerat behandelte das Geschäft in der Sommersession. Vorgebracht wurde ein Minderheitsantrag, der den Bundesrat dazu aufforderte, die Kreditauflagen des IWF dahingehend zu beeinflussen, dass dieser nicht nur sparpolitische Auflagen machen sollte, sondern auch auf Wachstumsförderung, soziale Sicherheit und Umweltschutz achten müsse. Im Zuge der internationalen Diskussion um die Wirksamkeit der (reinen) Austeritätspolitik in den (süd-)europäischen Euroländern erlangte der Antrag eine unerwartet starke Unterstützung. Er wurde nur äusserst knapp mit Stichentscheid des Präsidenten abgelehnt. In der Gesamtabstimmung wurde die Vorlage einstimmig angenommen, womit der Staatsvertrag in Kraft treten konnte [13].
Im Zusammenhang mit der vom IWF beschlossenen Gouvernanzreform stellte sich für die Schweiz die delikate Frage, wie sie ihren Sitz im Exekutivgremium des IWF, den sie als Vorsitzende einer Stimmrechtsgruppe innehatte, verteidigen konnte. Die Gouvernanzreform sah vor, zwei Exekutivdirektoriumssitze der europäischen Industrieländer zugunsten von Entwicklungs- und Schwellenländern abzubauen. Im Frühjahr sah es nach einer Einigung mit dem ebenfalls in der Schweizer Stimmrechtsgruppe vertretenen und als Schwellenland geltenden Polen aus. Die Abmachung sah vor, den Sitz mit Polen alle zwei Jahre (erstmals ab 2014) abzuwechseln und dadurch einen halben Sitz zur beschlossenen Reduktion des Gewichts der europäischen Industrieländer beizutragen. Die Reform verzögerte sich jedoch, da sie in den USA, die aufgrund ihres hohen Stimmrechtsanteils über eine Sperrminorität verfügten, nicht rechtzeitig durch den Kongress abgesegnet wurde. Daher wird die Schweiz ihren Sitz voraussichtlich erstmals 2016 (statt 2014) abgeben müssen [14].
Das zweite Geschäft, das im Berichtsjahr den Internationalen Währungsfonds (IWF) betraf, kam im Sommer ins Parlament und wurde dort in der Wintersession vom Nationalrat als Erstrat beraten. Die Vorlage zur Gewährung eines Rahmenkredits zur Weiterführung der internationalen Währungshilfe sah vor, dem Bundesrat für den Zeitraum von fünf Jahren und auf Grundlage des Währungshilfegesetzes (WHG) die Kompetenz zur Gewährung einer Garantie gegenüber der SNB in Höhe von CHF 15 Mia. zu übertragen. Die Nationalbank würde ihrerseits dem IWF im Falle einer Beanspruchung eine Kreditlinie von maximal USD 10 Mia. gewähren. Die Zusage für diese Kreditlinie machte der Bundesrat im April 2012 unter Vorbehalt der parlamentarischen Zustimmung und im Zusammenhang mit einer ausserordentlichen, zeitlich befristeten Aufstockung der IWF-Mittel. Zum Zeitpunkt der Botschaft war ein 2004 gesprochener und 2009 bis 2013 verlängerter Rahmenkredit von CHF 2.5 Mia. in Kraft. Der Bundesrat sah vor, diesen Beschluss nicht erst wie angekündigt 2013 zur Verlängerung zu beantragen, sondern direkt durch den neuen Währungshilfebeschluss über CHF 15 Mia. zu ersetzen. Er argumentierte, dass die Schweizer Volkswirtschaft sowohl finanziell als auch wirtschaftlich sehr eng mit den von der Staatschuldenkrise betroffenen Ländern verflochten sei und übermässig von einer Destabilisierung des internationalen Währungs- und Finanzsystems betroffen wäre, weshalb die Währungshilfe im Sinne der schweizerischen Interessen sei. In der nationalrätlichen Eintretensdebatte wurde über einen von SVP-Parlamentariern eingereichten Nichteintretensantrag diskutiert. Die Antragssteller bemängelten, dass die Vorlage einzig ein Beitrag zu den Euro-Rettungsschirmen sei, welche jedoch nicht Teil der Lösung (der Staatsschuldenkrise) sondern Teil des Problems seien. Der Nichteintretensantrag wurde klar abgelehnt. In der Detailberatung gab die Höhe des Rahmenkredits von CHF 15 Mia. Anlass zu Diskussionen, waren doch gegenüber dem IWF nur USD 10 Mia. zugesagt worden (was zum Zeitpunkt der Beratung rund 9.7 Mia. CHF entsprach). Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf argumentierte, dass rund CHF 2.5 Mia. als Puffer für Währungsschwankungen vorgesehen und weitere CHF 2.5. Mia. als Weiterführung des bereits bestehenden, 2009 verlängerten Rahmenkredits von CHF 2.5 Mia. veranschlagt seien. Der Kommissionsmehrheit schien die Reserve für Währungsschwankungen allerdings zu gross bemessen. Es wurde betont, dass der Bundesrat im Falle von weiterem Bedarf an Währungshilfen wieder an das Parlament gelange könne. Die Kommissionsmehrheit beantragte die Reduktion des Rahmenkredits auf CHF 10 Mia. Ausserdem stand ein Kompromissantrag aus der BDP über einen Rahmenkredit von CHF 12.5 Mia. zur Abstimmung. Während sich die BDP hinter ihren Kompromissantrag und gegen ihre Bundesrätin stellte, stimmten die GLP und die Grünen konsequent für die höheren Summen während sich die SP und die SVP bei beiden Abstimmungen für die tiefere Kreditlinien aussprachen. Erklärungsbedürftig war das Abstimmungsverhalten der CVP, die den Entwurf des Bundesrates dem Kompromissantrag vorzog, jedoch mit der Mehrheit für einen Rahmenkredit von nur CHF 10 Mia. stimmte, als dieser dem Kompromissantrag gegenüberstand. Weil letzten Endes sowohl der bundesrätliche Entwurf über CHF 15 Mia. als auch der Kompromissvorschlag über CHF 12.5 Mia. erfolglos blieben, wurde der Rahmenkredit auf CHF 10 Mia. reduziert. Anlass zu weiteren Diskussionen gab zudem der linke Minderheitsantrag, der den Bundesrat dazu aufforderte, sich im IWF aktiv für wachstumsfördernde Kreditauflagen und gegen den Abbau von öffentlichen Diensten und Sozialleistungen einzusetzen. Der Antrag war jedoch chancenlos, weil er nur von der SP und den Grünen unterstützt wurde. In der Gesamtabstimmung stellte sich einzig die SVP gegen die Vorlage, die mit 109 zu 58 Stimmen angenommen wurde. Das Geschäft wurde im Ständerat für 2013 angesetzt [15].
Ebenfalls auf 2013 wurden die parlamentarischen Beratungen der Botschaft über die Verlängerung der Teilnahme an den Allgemeinen Kreditvereinbarungen (AKV) des IWF traktandiert. Der Exekutivrat des IWF hatte im November 2012 beschlossen, die AKV um weitere fünf Jahre bis Ende 2018 weiterzuführen. Das Instrument hatte für den IWF am Jahresende 2012 jedoch nur noch untergeordnete Wichtigkeit, weil die AKV nach den ordentlichen Mitteln des IWF und den Ressourcen aus der NKV erst das dritte Instrument zur Mittelbeschaffung darstellte. Zusätzlich waren die Allgemeine Kreditvereinbarung (AKV) und die Neue Kreditvereinbarung (NKV) derart verknüpft, dass nur die höhere der beiden Kreditzusagen relevant war, weil die höhere Kreditzusage gleichzeitig das maximale Engagement eines Landes bezeichnete. Die Kreditverpflichtungen der Schweiz, die über den Kanal der AKV bestanden, waren per Ende 2012 bedeutend kleiner als die Kreditzusagen über die NKV, weshalb die Verlängerung der AKV gemäss bundesrätlicher Argumentation zu keinen weiteren finanziellen Verpflichtungen führen würde, jedoch ein politisches Signal aussendete, dass die Schweiz weiterhin an der Teilnahme in internationalen Finanzgremien interessiert sei [16].
Die im Jahr 2011 beschlossene bilaterale Kreditlinie zugunsten des IWF über USD 10 Mia., die mit einem Rahmenkredit zugunsten einer Garantieverpflichtung des Bundes gegenüber der Schweizerischen Nationalbank (SNB) über CHF 12.5 Mia. ergänzt worden war, wurde gemäss Information des Bundesrates aufgrund von Verzögerungen bei deren Genehmigung nie aktiviert. Dies lag im Umstand begründet, dass der Nationalrat als Zweitrat den Beitritt zu den revidierten NKV, der die bilateralen Kredite ablösen sollte, am selben Tag angenommen hatte, wie er die bilaterale Kreditline zugunsten des IWF verabschiedet hatte [17].
In der Folge des Beitritts zur revidierten NKV (2011) hatte sich die maximale Kreditlinie der Schweizerischen Nationalbank (SNB) gegenüber dem IWF von SRZ 1.54 Mia. auf SRZ 10.905 Mia. erhöht. Im Zuge der Erhöhung der ordentlichen Mittel des IWF (Beschluss von 2010), zu der auch die Schweiz ihre Teilnahme zugesagt hatte und deren parlamentarische Genehmigung im Berichtsjahr im Parlament behandelt wurde (siehe oben, Geschäft 11.076), entschied der IWF die Mittel des NKV zu reduzieren („NKV-Rollback“). Dadurch wurde in Aussicht gestellt, dass auch die maximale Kreditlinie der SNB gegenüber dem IWF reduziert werden würde, und zwar auf SRZ 5.5 Mia. [18].
 
[1] Kursuntergrenze und Libor: SNB Medienmitteilungen vom 15.3., 14.6., 13.9. und 13.12.12. Wechselkursentwicklung: TA, 7.4.11, SGT, 11.4.11. Antizyklischer Kapitalpuffer: SNB, Bericht zur Finanzstabilität 2012, S. 8; SNB Medienmitteilung vom 27.8.; NZZ 15.6. und 28.8.12.
[2] SNB, 105. Geschäftsbericht 2012, S. 32 ff.; vgl. SPJ 2011, S. 192 f.
[3] SNB, Statistisches Monatsheft Januar 2013, S. 83; SNB, Devisenkurse arbeitstäglich; vgl. SPJ 2011, S. 193.
[4] AB NR, 2012, S. 1160 ff.; NZZ, 15.6.12.
[5] AB NR, 2012, S. 1160 ff.; SNB Medienmitteilung vom 14.6.12; NZZ, 27.8.12.
[6] Po. 11.4173: AB NR, 2012, S. 420.
[7] Mo. 11.3701 (Hutter): AB NR, 2011, S. 2219; vgl. SPJ 2011, S. 156. Po. 11.3999 (Favre): AB NR, 2011, S. 2223; BR, Bericht des Bundesrates vom 2. März 2012 über Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahr 2011, S. 109; vgl. SPJ 2011, S. 193.
[8] SNB, Statistisches Monatsheft Januar 2013, S. 64 f., 71 f.; SNB, Aktuelle Zinssätze – Übersicht; vgl. SPJ 2011, S. 194.
[9] SNB Medienmitteilungen vom 23.12.11 und 9.1.12; WW, 4.1.12; SGT, 5.1.12; Presse vom 10.1.12; NZZ, 19.4.12.
[10] SNB, 105. Geschäftsbericht 2012, S. 121 f. und 129; vgl. SPJ 2011, S. 195 f.
[11] BBl, 2011, S. 719 ff., 6841 ff.; BBl, 2012, S. 7507; NZZ und SGT, 21.9.11; vgl. SPJ 2011, S. 196.
[12] NZZ, 29.8. und 1.12.12.
[13] BRG 11.076: BBl, 2011, S. 9121 ff.; AB NR, 2012, S. 354 ff.; AB SR, 2012, S. 620 ff.
[14] NZZ, 16.4. und 19.4. und 15.10.12.
[15] BRG 12.067: BBl, 2012, S. 7205 ff.; AB NR, 2012, S. 1917 ff., 2045 ff.
[16] BRG 12.093: BBl, 2012, S. 9627 ff.; NZZ, 1.12.12.
[17] Ursprüngliches Geschäft: BRG 09.039: BBl, 2009, S. 3399 ff.; AB SR, 2009, S. 336 ff.; AB NR, 2010, S. 1890 ff.; AB NR, 2011, S. 32 ff.; BBl, 2011, S. 2931; vgl. SPJ 2009, S. 107, SPJ 2011, S. 194 f. Information zur Nicht-Aktivierung: BBl, 2012, S. 9631.
[18] Ursprüngliches Geschäft: BRG 10.079: BBl, 2010, S. 6105 ff.; AB SR, 2010, S. 1218 ff.; AB NR, 2010, S. 1890 ff.; AB NR, 2011, S. 32 ff.; AS, 2011, S. 2305 f.; vgl. SPJ 2010, S. 123 f., 2011, S. 195. Information über NKV-Rollback: BBl, 2012, S. 9632.