Année politique Suisse 2012 : Infrastructure, aménagement, environnement / Transports et communications
Strassenverkehr
Ein Postulat von Siebenthal (svp, BE) verlangte die Überprüfung der
Nachprüfintervalle von Personenwagen. Die Qualität der Fahrzeuge sei besser geworden, so dass die 1995 eingeführten Nachprüfintervalle von 4-3-2-2-2 Jahre nicht mehr zeitgemäss seien. Das Postulat verlangt insbesondere die Überprüfung der ersten Nachprüfung nach 4 Jahren. Der Bundesrat wies darauf hin, dass das Bundesamt für Strassen die fahrzeugtechnischen Vorschriften regelmässig auf ihre Angemessenheit überprüfe und 2011 zusammen mit den kantonalen Strassenverkehrsämtern eine Arbeitsgruppe zur Untersuchung der Fristen der periodischen Fahrzeugprüfung gegründet habe. Der Bundesrat beantragte dennoch die Annahme des Postulates und der Nationalrat folgte diesem Antrag im September stillschweigend
[14].
Im Berichtjahr wurden die Differenzen zur
Via-Sicura-Vorlage in National- und Ständerat bereinigt. Anlass zu ausführlicher Diskussion gaben vor allem die Kompetenzerweiterung des Bundes in Sachen Fussgängerstreifen, die Regelung des Velofahrens vorschulpflichtiger Kinder, die Helmtragpflicht für Fahrradfahrende und die Anpassung der Alkoholgrenzwerte bzw. die Ersetzung der Blutproben durch beweissichere Atem-Alkoholproben bei Personen mit unklarer Fahrtüchtigkeit. Nach je zwei Nachbehandlungen wurde die Vorlage im Juni des Berichtjahres von beiden Kammern angenommen. Aufgenommen sind unter anderen folgende Massnahmen: Führerausweisentzug bei einem Raserdelikt für mindestens zwei Jahre und im Wiederholungsfall für immer. Zudem wurde die Strafandrohung bei Raserdelikten verschärft: Die Mindestfreiheitsstrafe beträgt neu ein Jahr und die Höchstfreiheitsstrafe vier Jahre. Bei groben Verletzungen der Verkehrsregeln kann das Fahrzeug eingezogen und verwertet werden, sofern damit weitere Verkehrsdelikte verhindert werden können. Öffentliche oder entgeltliche Warnungen vor Radarkontrollen sind verboten. Weiter wurde das Mindestalter für Radfahrende auf 6 Jahre und für das Führen von Tiergespannen auf 14 Jahre angehoben. Für Personen, von denen eine besondere Gefahr ausgeht, sowie für Personen, denen eine besondere Verantwortung zukommt, werden tiefere Promillegrenzwerte festgelegt. Der Bund erhält die Kompetenz, zur Verbesserung der Sicherheit von Fussgängerstreifen in Zusammenarbeit mit den Kantonen Vorschriften über die bauliche Ausgestaltung von Fussgängerstreifen zu erlassen. In der Schlussabstimmung nahm der Nationalrat die erste Vorlage (Strassenverkehrsgesetz) mit 132 zu 59 Stimmen an, wobei die SVP geschlossen dagegen stimmte und die restlichen Nein-Stimmen aus der FDP/Liberalen-Fraktion stammten. Die zweite Vorlage (Verordnung der Bundesversammlung über Alkoholgrenzwerte im Strassenverkehr) erhielt 110 Ja-Stimmen und 79 Nein-Stimmen, wobei wiederum die SVP geschlossen ablehnte und auch die restlichen Nein-Stimmen aus dem bürgerlichen Block stammten. Der Ständerat stimmte in der Schlussabstimmung dem Strassenverkehrsgesetz mit 36 zu 1 Stimmen zu (bei 4 Enthaltungen), und nahm die Verordnung der Bundesversammlung über Alkoholgrenzwerte im Strassenverkehr einstimmig bei einer Enthaltung an. Anfang Oktober verstrich die Referendumsfrist zum Via Sicura-Paket ungenutzt. Die Volksinitiative „Schutz vor Rasern“ der Vereinigung Roadcross, welche Mitte Juni 2011eingereicht worden war, wurde im November des Berichtjahres zurückgezogen, da ihre zentralen Anliegen in die Via Sicura-Vorlage eingeflossen waren
[15].
Im Juni überwies der Nationalrat entgegen des Antrages des Bundesrates ein Postulat Wasserfallen (fdp, BE), welches vom Bundesrat einen Bericht zum Handlungsbedarf des Bundes zur
Verflüssigung des Verkehrs fordert. Der Postulant begründete das Postulat mit den zusätzlichen Emissionen, welche durch Verkehrsberuhigungen und Staus entstehen. Bundesrätin Leuthard argumentierte in der Diskussion erfolglos, dass die meisten Punkte des Postulats in verschiedenen Konzepten sowie im 2011 mit grosser Mehrheit angenommenen Postulat Hany (cvp, ZH; zum Staumanagement auf den Nationalstrassen mithilfe des Pannenstreifens) bereits in Arbeit seien
[16].
Ebenfalls im Nationalrat angenommen wurde eine Motion Schenk (svp, BE). Der Motionär fordert darin eine
Erhöhung des zulässigen Gesamtgewichts für zweiachsige Gesellschaftswagen. In seiner Antwort wies der Bundesrat darauf hin, dass ein höheres Gewicht pro Achse Schäden an der Infrastruktur verursachen könne und diese von der Allgemeinheit bezahlt werden müssten. Der Bundesrat beantragte deshalb die Ablehnung der Motion. Der Nationalrat nahm sie an, der Ständerat verwarf sie jedoch im Dezember des Berichtjahres
[17].
Die parlamentarische Initiative Sommaruga (sp, GE) für
familienfreundlichere Taxis bzw. für die Befreiung der Taxis von der Pflicht, Kinder unter 150 cm Körpergrösse oder bis 12 Jahre mit einer Rückhaltevorrichtung zu transportieren, wurde im Berichtjahr von der KVF-SR erneut geprüft. Die Kommission beantragte, keine Folge zu geben und der Ständerat begrub das Geschäft in der Frühlingssession
[18].
Vom Nationalrat wurde ein Postulat Hurter (svp, SH) überwiesen, welches vom Bundesrat die Überprüfung der Anhänger-Gewichtsbeschränkung bei der
Führerausweiskategorie C1E verlangt. Der Bundesrat hatte die Annahme beantragt, die Diskussion wurde im März aufgenommen und in den Juni verschoben, wo das Postulat stillschweigend überwiesen wurde
[19].
Um die Verkehrssicherheit für Fahrradfahrer zu erhöhen, verlangte eine Motion Glättli (gp, ZH) eine rote
Einfärbung von Radstreifen bei Gefahrenstellen. Der Bundesrat soll die Signalisationsverordnung so anpassen, dass eine teilweise rote Einfärbung von Radstreifen an gefährlichen Stellen ohne besondere Bewilligung des Bundesamtes für Strassen realisiert werden kann. Der Bundesrat anerkannte die erfolgversprechenden Versuche der Stadt Zürich und bekundete seine Bereitschaft, die Verordnung entsprechend zu ändern. Der Nationalrat nahm die Motion im Juni gegen den Widerstand der SVP und Teilen von FDP und CVP knapp an, der Ständerat im Dezember diskussionslos
[20].
Die im Juni von der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie NR eingereichte Motion
Elektromobilität (Masterplan für eine sinnvolle Entwicklung) beauftragt den Bundesrat, einen Masterplan für die beschleunigte Marktdurchdringung des elektrisch motorisierten Individualverkehrs zu erarbeiten. Dabei soll das Augenmerk vor allem auf die Bedarfsplanung, die Grundlagenforschung und die Vorbildfunktion des Bundes gelegt werden. Die Regierung soll weiter Möglichkeiten zur Deckung des Strombedarfs des Mobilitätssektors gemäss Energiestrategie 2050 aufzeigen und wo notwendig Pilotprojekte lancieren. Der Bundesrat begrüsste das Vorhaben, da es seine diesbezüglichen Bestrebungen politisch besser abstütze. National- und Ständerat nahmen den Vorstoss an
[21].
[14] Po. 12.3591
: AB NR, S. 1797.
[15] Medienmitteilung
ASTRA, 14.11.; BRG 10.092:
AB NR, 2012, S. 1238
; AB SR, 2012, S. 639;
BBI 2012, S. 9227.
[16] Po. 10.3417:
AB NR, 2012, S. 939;
SPJ 2011, S. 251.
[17] Mo. 10.3437
: AB NR, 2012, S. 940,
AB SR, 2012, S. 1225.
[18] Pa.Iv. 10.409:
AB SR, 2012, S. 264;
SPJ 2011, S. 249.
[19] Po. 11.4165
: AB NR, 2012, S. 1206.
[20] Mo. 11.4181:
AB NR, 2012, S. 1206
, AB SR, 2012, S. 1226.
[21] Mo. 12.3652:
AB NR, 2012, S.1616
, AB SR, 2012, S. 1243.
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