Année politique Suisse 2012 : Politique sociale / Assurances sociales
 
Berufliche Vorsorge
Eine 2010 vom Nationalrat angenommene parlamentarische Initiative Hutter (fdp, ZH), die für Selbständigerwerbende die Möglichkeit forderte, sich nach der Erwerbsaufgabe mit realisierten Liquidationsgewinnen in eine freiwillige Versicherung der beruflichen Vorsorge einzukaufen, wurde im Berichtsjahr abgeschrieben [17].
Eine 2011 vom Nationalrat angenommene Motion Grin (svp, VD), welche einheitliche BVG-Beitragssätze für Arbeitnehmende aller Altersstufen verlangt hätte, wurde im Berichtsjahr vom Ständerat abgelehnt. Dieser stellte sich damit hinter den Bundesrat, der argumentierte, dass eine Staffelung der BVG-Altersgutschriften die Stellung älterer Arbeitnehmender auf dem Arbeitsmarkt nicht wesentlich verbessern würde, was das eigentliche Ziel der Motion war. Dagegen würde eine solche Regelung die Situation jüngerer Arbeitnehmender unnötig verschlechtern. Darüber hinaus würde eine rasche Umstellung des Systems hin zu gleichen Beiträgen unumgänglich zu Rentenkürzungen bei den älteren Versicherten führen, während eine längere Übergangsfrist mit zwei parallelen Systemen wegen des zusätzlichen administrativen Aufwands während 20 Jahren jährliche Kosten von 1 Mia. Franken verursachen würde [18].
Der Nationalrat überwies diskussionslos ein Postulat Vitali (fdp, LU) zu den alters- und geschlechtsabhängigen BVG-Sparbeiträgen. Die Regierung wird damit beauftragt zu prüfen, wie sich deren Bemessung an die veränderten gesellschaftlichen Begebenheiten anpassen liesse, insbesondere um eine Benachteiligung älterer Beitragszahlender in Zukunft zu vermeiden [19].
Diskussionslos überwies die grosse Kammer ein Postulat der BDP-Fraktion, das darauf abzielt, die Altersgrenze zum Beginn der Einzahlung in die Pensionskasse von aktuell 25 auf 18 Jahre oder auf den Abschluss der Erstausbildung vorzuverlegen. Damit solle, insbesondere vor dem Hintergrund der tiefen Zinsen und der Bevölkerungsalterung, ein Beitrag zur Sicherung der zweiten Säule geleistet werden [20].
Der Ständerat überwies ein Postulat Fetz (sp, BS), welches den Bundesrat beauftragt zu prüfen, wie die berufliche Vorsorge von Arbeitnehmenden in Berufen mit typischerweise mehreren Arbeitgebern verbessert werden kann. Angesichts von Veränderungen in der Arbeitswelt gebe es immer mehr Berufsgruppen, deren Angehörige üblicherweise in mehreren gleichwertigen Anstellungsverhältnissen stehen. Für diese Versicherten erweise sich die Unterscheidung zwischen Haupterwerb und nicht versichertem Nebenerwerb im BVG als nicht zweckmässig, was zu einer Unterversicherung führen könne [21].
Im Berichtsjahr ging die öffentliche Diskussion um die Zukunft der beruflichen Vorsorge weiter. Der Bundesrat kündigte an, die anstehenden Probleme zusammen mit jenen der AHV in einer grossen Revision anzugehen (siehe oben), wobei man angesichts der demografischen Entwicklung und des tieferen Zinsniveaus um eine Senkung des Mindestumwandlungssatzes von 6.8% auf 6.4% nicht herumkommen werde. Die Gewerkschaften gaben bekannt, eine erneute Reform bekämpfen zu wollen und warfen der Regierung Schwarzmalerei vor, während der Schweizerische Arbeitgeberverband nebst einer raschen Senkung des Umwandlungssatzes auch ein Rentenalter 67 forderte [22].
 
[17] Pa.Iv. 08.478: AB NR, 2012, S. 2244; vgl. SPJ 2010, S. 244 f.
[18] Mo. 11.3281: AB SR, 2012, S. 11; vgl. SPJ 2011, S. 310.
[19] Po. 12.3731: AB NR, 2012, S. 2253.
[20] Po. 12.3811: AB NR, 2012, S. 2253.
[21] Po. 12.3318: AB SR, 2012, S. 398.
[22] TA, 20.3.12; BAZ, 3.4.12.