Année politique Suisse 2013 : Partis, associations et groupes d'interêt / Partis
 
Parteiensystem
Zu den Sitzanteilen der Parteien auf Exekutiv- und Legislativebene vgl. oben, Teil I, 1e (Wahlen) sowie Anhang (Anhang_2013.pdf). Für die Parolen der Parteien zu den eidgenössischen Volksabstimmungen siehe die Tabelle Parolen_2013.pdf und die verschiedenen Sachkapitel.
Im Berichtjahr wurden Bemühungen von bürgerlichen Parteien für einen vermehrten bürgerlichen Schulterschluss gegen die als taktisch geschickt und aufgrund der guten Vernetzung in linken Kreisen häufig erfolgreich wahrgenommene Allianz zwischen Links-Grün verstärkt. Dies zeigte sich etwa an Arbeitsgruppen zu Steuerthemen oder Gesundheitspolitik, denen Parlamentarier der CVP, FDP, SVP, GLP und BDP angehören, die sich während der Sessionen gelegentlich trafen. Auch die konzertierte Aktion gegen die Einheitskrankenkasse, als alle bürgerlichen Fraktionen mit Vorstössen gegen die Ausarbeitung eines Gegenvorschlags durch den Bundesrat reagierten, wurde in der Presse als Zeichen für eine stärkere bürgerliche Zusammenarbeit gewertet. Darüber hinaus koordinierten sich die bürgerlichen Parteien in Abstimmungskampagnen erfolgreich zumindest gegen linke Volksbegehren, wie etwa die 1:12-Initiative oder die Initiative zur Abschaffung der Wehrpflicht. Dabei trug auch die SVP wieder vermehrt zu bürgerlichen Kompromissen bei. Auch das gemeinsam von SVP, FDP und CVP getragene Projekt für eine Initiative zum Schutz des Bankgeheimnisses wurde als Zeichen verbesserter Zusammenarbeit interpretiert. Zu einem eigentlichen Test der Solidität des bürgerlichen Lagers dürfte spätestens nach den Wahlen 2015 die Diskussion um die Besetzung der Regierung werden. Die SP, aber auch die BDP sprachen der FDP die Berechtigung auf zwei Sitze ab, da sich die Freisinnigen immer mehr zur Juniorpartnerin der SVP entwickeln würden [1].
Der Druck der Groupe d’Etats contre la Corruption (Greco), einem Gremium des Europarats, auf die Schweiz, in Sachen Parteienfinanzierung mehr Transparenz zu schaffen, nahm im Berichtsjahr noch einmal zu. 2011 hatte die Greco auf der Basis eines Länderexamens die Schweiz diesbezüglich gerügt, gegen Europarats-Empfehlungen von 2003 zu verstossen. Der Bundesrat hatte noch 2012 beschlossen, das Gespräch mit der Greco zu suchen und das Gremium darauf hinzuweisen, dass Tradition und Besonderheiten des politischen Systems der Schweiz (direkte Demokratie, Föderalismus) nicht vereinbar seien mit Regelungen zur Finanzierung von Politik. Das Schweizer Parteiensystem könne nicht mit dem anderer Länder verglichen werden. Die im April des Berichtjahres geführten Gespräche fruchteten aber nicht. Die Greco anerkannte zwar die Eigenheiten der Schweiz, konnte aber die Nichtvereinbarkeit des Systems mit höherer Transparenz in der Parteienfinanzierung nicht nachvollziehen. Als Konsequenz wurde die Schweiz in ein so genanntes Nichtkonformitätsverfahren versetzt. Dies hat zwar keine rechtlichen Konsequenzen, der politische Druck auf die Schweiz, die mit ihrem 2006 erfolgten Beitritt implizit auch die Empfehlungen der Greco zur Parteienfinanzierung akzeptiert hatte, sollte aber so weit erhöht werden, bis Massnahmen eingeleitet werden. Im Berichtsjahr weiterhin hängig waren die parlamentarischen Initiativen Leutenegger Oberholzer (sp, BL) und Minder (parteilos, SH). Beide zielen auf eine Regelung der Parteispenden von Unternehmen bzw. börsenkotierten Gesellschaften ab. Immerhin hatte sich die Kommission für Rechtsfragen des Ständerats Anfang Mai mit 7 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung für Folgegeben der Initiative Minder entschieden. Die Schwesterkommission hatte sich bis Ende 2013 noch nicht dazu geäussert. Die fehlenden Regelungen führten auch im Berichtjahr dazu, dass verschiedene Unternehmen von sich aus öffentlich bekannt gaben, Parteien zu finanzieren. So kündigte etwa die Fluggesellschaft Swiss an, ab 2014 die Bundesratsparteien nach einem fixen Verteilschlüssel jährlich finanziell mit total CHF 200 000 unterstützen zu wollen. Die Finanzierung wurde dabei offiziell nicht an Bedingungen geknüpft, die Swiss wünsche sich allerdings auch in Zukunft politische Unterstützung. Die SVP gab bekannt, die Spende anzunehmen, die SP kündigte an, darauf zu verzichten, um sich nicht in Abhängigkeiten zu verstricken. Keine Auskunft gaben die anderen drei Regierungsparteien. In den Kantonen Genf und Tessin kennt man kantonale Transparenzvorschriften. Eine Volksinitiative der Juso im Kanton Basel-Landschaft, die ebenfalls mehr Transparenz in der Parteienfinanzierung gefordert hätte, hatte an der Urne keine Chance und wurde mit einem Ja-Anteil von 43% abgelehnt. Im Kanton Zürich wurde eine parlamentarische Initiative der SP mit dem Ziel der Offenlegung von Parteispenden von der zuständigen Kommission und dem Regierungsrat abgelehnt [2].
Die im Vorjahr eingereichte parlamentarische Initiative der SVP-Fraktion, die eine Referendumspflicht bezüglich der Erhöhung der Fraktionsbeiträge – ein wichtiger Bestandteil der Parteibudgets – verlangt hätte, wurde im Berichtjahr vom Nationalrat abgelehnt. Die Entschädigung der Fraktionen als Organe des Bundes ist zwar gesetzlich geregelt, nicht aber die Festlegung der Höhe, die auf Erlassstufe geregelt wird. Der Vorschlag fand in der grossen Kammer kein Gehör und wurde mit 124 zu 58 Stimmen abgelehnt [3].
Das Korruptions-Barometer von Amnesty International, das in mehreren Ländern über 1 000 Personen nach ihrer Einschätzung zur Korruption in verschiedenen Institutionen fragt, zeigte auf, dass sowohl weltweit als auch in der Schweiz die Parteien als die korruptesten politischen Akteure betrachtet werden. 43% der Befragten in der Schweiz denken, dass die politischen Parteien korrupt sind. Laut den Verfassern der Studie sei dieses Resultat auch auf die fehlende Transparenz hinsichtlich Parteienfinanzierung zurückzuführen [4].
Ein von GfS Bern verfasster Trendbericht auf der Basis mehrere VOX-Nachbefragungen ging der Frage nach der Parolentreue der Wählerschaft der verschiedenen Parteien nach. Als relativ treu erwiesen sich dabei die Anhängerinnen und Anhänger der GP (68% der Wählerinnen befolgten die Parteiparole immer), der SP (47%) und der BDP (46%). Die Parolentreue nahm im rechten Spektrum eher ab. Nur manche der Sympathisanten der bürgerlichen Parteien GLP (37%), CVP (41%) und FDP (26%) befolgten stets die Stimmempfehlung ihrer präferierten Partei. Leidglich 29% der SVP-Anhänger stimmten immer parolentreu ab; fast jeder Fünfte Wähler der SVP befolgte aber die Parole der Volkspartei bei keiner einzigen der betrachteten Abstimmungen [5].
Anfang September regte Bundesrat Didier Burkhalter in einem Interview an, dass auch die Nichtregierungsparteien an die Von-Wattenwyl-Gespräche eingeladen werden sollten, da sich vor allem die GP und die GLP als verantwortungsvolle Partner bei aussenpolitischen Themen erweisen würden (vgl. auch Teil I, 1c) [6].
 
[1] NZZ, 19.2., 1.3., 20.3. und 23.3.13; Blick, 7.4.13; NZZ, 19.4. und 27.4.13; NZZS, 30.6.13; NZZ, 13.7., 20.9. und 11.10.13; zu den Verhandlungen zwischen BDP und CVP über eine allfällige Fusion vgl. nachfolgend unter CVP bzw. BDP; zur historischen Entwicklung der Parteien vgl. NZZ, 11.4.13.
[2] Pa.Iv 12.488 (Leutenegger Oberholzer); Pa.Iv. 12.499 (Minder): Medienmitteilung RK-S vom 3.5.13; NZZ, 13.3. und 11.4.13; SO, 14.4.13; AZ, 4.5.13; NZZ, 7.5., 10.5., 11.5., 5.10. und 22.11.13; SGT, 3.12.13; LZ, 16.12.13; Blick, 27.12.13; vgl. SPJ 2012, S. 395 f.
[3] Pa.Iv. 12.410: AB NR, 2013, S. 348 ff.; zur gleichzeitig behandelten Pa.Iv. 11.497 vgl. Teil I, 1c (Parlament); vgl. SPJ 2012, S. 396.
[4] AZ, 10.7.13.
[5] SO, 21.4.13; NZZ, 23.4.13; Lit. Longchamp et al.
[6] NZZ, 5.9.13.