Année politique Suisse 2013 : Economie / Crédit et monnaie / Banken, Börsen und Versicherungen
Im Zusammenhang mit dem
Umbau der Verrechnungssteuer (Umstellung vom Schuldner- auf das Zahlstellenprinzip) geschah 2013 wenig. Die Räte hatten 2012 eine entsprechende Vorlage an den Bundesrat zurückgewiesen, worauf dieser vom Finanzdepartement einen Bericht erarbeiten lies, der per Ende 2013 erwartet wurde. Gestützt darauf wollte die Regierung das weitere Vorgehen bekanntgeben, was bis zum Jahresende jedoch nicht geschah
[15].
Die 2009 von der
FDP-Liberalen Fraktion eingereichte parlamentarische Initiative für die schrittweise
Abschaffung der Stempelsteuer wurde 2013 erstmals im Ratsplenum behandelt. Im Jahre 2010 hatte die WAK-NR eine Aufteilung des Geschäfts erwirkt. Dadurch wurde die Abschaffung der Stempelsteuer auf Eigenkapital unmittelbar weiterverfolgt, während die Erarbeitung eines Entwurfs betreffend Abschaffung der Stempelsteuer auf Versicherungsprämien und Abschaffung der Umsatzabgabe einer kommissionsinternen Subkommission übertragen wurde. Die WAK-SR hatte 2011 diesem Vorgehen zugestimmt und der Initiative Folge gegeben. Aufgrund der Vernehmlassungsantworten (2012) hatte sich die Kommission des Erstrats (Nationalrat) im Berichtsjahr entschieden, den Entwurf unverändert in die Räte zu bringen. In der Frühjahrsession behandelte die Grosse Kammer das Geschäft. Befürworter aus dem bürgerlichen Lager sprachen sich für die Abschaffung der Steuer aus, um die Ungleichbehandlung von Fremd- und Eigenkapital zu eliminieren. Die Stempelabgabe auf Fremdkapital war 2011 im Zuge der Grossbankenregulierung („too-big-to-fail“) abgeschafft worden. Zudem erhofften sich die Anhänger dieser Lösung positive Effekte auf die Wettbewerbsfähigkeit inländischer Firmen und eine Erhöhung der Attraktivität des Finanzplatzes. Unter den Gegnern der Vorlage bemängelten vornehmlich jene aus dem linken Lager die nicht kompensierten Einnahmeausfälle, die sie auf rund CHF 240 Mio. bezifferten, weshalb sie für Nichteintreten plädierten. Eine zweite Minderheit (CVP plus Ratslinke) forderte gemäss bundesrätlichem Vorschlag Eintreten und Sistieren. Die Kommissionsmehrheit, die sich für Eintreten starkmachte, konnte sich jedoch mit 126 zu 53 Stimmen gegenüber Minderheit 1 und mit 97 zu 88 Stimmen gegenüber Minderheit 2 behaupten. In der Detailberatung wurde ein Antrag der Ratslinken behandelt, der den Bundesrat in die Pflicht nehmen wollte, die durch Abschaffung der Stempelabgabe auf Eigenkapital generierten Einnahmeausfälle innert fünf Jahren zu kompensieren. Bundesrätin Widmer-Schlumpf verwies auf die diesbezügliche Verantwortlichkeit und Kompetenz des Parlaments und setzte sich mit den bürgerlichen Kräften gegen den entsprechenden Vorstoss ein. Der Antrag scheiterte deutlich mit 119 zu 58 Stimmen, worauf die Vorlage in der Gesamtabstimmung mit 120 zu 54 Stimmen angenommen wurde. In der Kleinen Kammer war die Behandlung der Vorlage deutlich weniger umstritten. Der Ständerat folgte in der Wintersession ohne Gegenantrag der bundesrätlichen Argumentation, wonach die Vorlage zu sistieren sei und eine Abschaffung der Stempelsteuer auf Eigenkapital innerhalb der Vorlage zur Unternehmenssteuerreform III in Angriffe genommen werden solle. Die Vorlage wurde somit für mindestens ein Jahr von der Agenda des Parlaments genommen. Mehr zur Unternehmenssteuerreform III, siehe Teil I, 5 (Öffentliche Finanzen)
[16].
Neben der parlamentarischen Initiative der FDP behandelte der Nationalrat in der Herbstsession zwei aus der
SVP-Fraktion stammende Motionen, die ebenfalls die
Abschaffung der Stempelsteuer forderten. Die erste Motion nahm das Begehren auf, wonach Sach- und Vermögensversicherungen von der Stempelsteuer befreit werden sollten und war damit äquivalent zum sich in der Subkommission befindlichen Teil der parlamentarischen Initiative der FDP (siehe oben). Die zweite Motion wollte rückkaufsfähige Lebensversicherungen, im Speziellen solche mit Einmaleinlage, von der Steuerpflicht befreien. Der Bundesrat setzte sich gegen beide Begehren ein. Er argumentierte, dass in der Steuerpolitik die Beseitigung der Heiratsstrafe und die Unternehmenssteuerreform III Priorität hätten und er deshalb von weiteren, nicht gegenfinanzierten Steuerabschaffungsabsichten absehen wolle. Sowohl die Ratslinke, als auch die GLP und grosse Teile der CVP folgten dieser Argumentation, konnten sich gegen SVP, FDP und BDP jedoch nicht durchsetzen. Die Motion betreffend Abschaffung der Stempelsteuer auf Sach- und Vermögensversicherungen passierte mit 93 zu 86 Stimmen, während die Motion zur Abschaffung der Stempelsteuer auf rückkaufsfähigen Lebensversicherungen mit 94 zu 86 Stimmen angenommen wurde
[17].
Nachdem der Bundesrat 2012 einer Änderung der Eigenmittelverordnung (ERV) zugestimmt hatte, wurden die darin vorgesehenen Massnahmen im Berichtsjahr erstmals aktiviert. Im Februar 2013 beantrage die Nationalbank, nach Anhörung der Finma, dem Bundesrat die
Aktivierung eines antizyklischen Eigenkapitalpuffers in Höhe von 1%. Damit sollten die Banken ab 30. September zum Halten eines zusätzlichen Kapitalpuffers von 1% ihrer direkt oder indirekt grundpfandgesicherten risikogewichteten Positionen (mit Wohnliegenschaften im Inland als Grundpfand) verpflichtet werden. Die SNB verwies darauf, dass sie aufgrund der Kursuntergrenze gegenüber dem Euro nur beschränkte Möglichkeiten hätte, den Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt mit Zinserhöhungen entgegenzutreten. Durch den Kapitalpuffer erhoffte sich die SNB zum einen eine Abschwächung des Wachstums auf dem Hypothekar- und Immobilienmarkt (durch die relative Verteuerung von Hypotheken gegenüber anderen Kreditformen) als auch eine Stärkung der Widerstandskraft der Finanzinstitute. Der Bundesrat zeigte sich von dieser Argumentation überzeugt, nahm den Antrag an und passte die ERV entsprechend an. Erst im Dezember 2013 verschärfte die SNB ihre Rhetorik bezüglich der Entwicklungen auf dem Schweizer Immobilienmarkt wieder leicht. Während sie im Sommer und Herbst die Gefahr für den weiteren Aufbau von Ungleichgewichten auf dem Immobilienmarkt ohne verstärkendes Adjektiv beschrieb, sprach sie nach der winterlichen geldpolitischen Lagebeurteilung von einer „erheblichen“ Gefahr
[18].
Neben spezifischen Finanzmarktregulierungen war im Berichtsjahr auch die
Finanzmarktaufsicht (Finma) Gegenstand von parlamentarischen Vorstössen. So forderte das Postulat Graber (cvp, LU) angesichts der zuletzt häufiger geäusserten Kritik aus dem Bankensektor den Bundesrat dazu auf, zu prüfen, ob die Aufsichtsbehörde durch ein externes Expertengremium beurteilt werden sollte. Unter anderem verlangte der Vorstoss vom Bundesrat Antworten auf die Fragen, ob die Finma über genügend Fachkompetenz verfüge, ob ihre Regulierungen zwischen kleinen, mittelgrossen und grossen Instituten differenziere, ob sie sich (neben dem Schutz der Gläubiger/innen) auch dem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes verschreibe und ob die Behörde die Meinung der Beaufsichtigten genügend berücksichtige. Der Bundesrat verwies auf verschiedene erst kürzlich durchgeführte Evaluationen der Finma durch den Bund, den Internationalen Währungsfonds (IWF) und das Financial Stability Board (FSB). Dabei habe die Behörde jeweils gut abgeschnitten, weshalb eine erneute Prüfung unnötig sei. Eine grosse Mehrheit des Ständerats folgte dieser Argumentation jedoch nicht und nahm das Postulat in der Märzsession mit 30 zu 6 Stimmen an
[19].
Der Nationalrat beschäftigte sich in der Sommersession ebenfalls mit einem Postulat bezüglich der Finanzmarktaufsicht. Das Begehren de Buman (cvp, FR) forderte einen Bericht über die
Verfahren zur Ausarbeitung von Finma-Mitteilungen, deren Rechtsmässigkeit und deren Verbindlichkeit. Der Bundesrat argumentierte erfolglos, dass diese Fragen bereits im Rahmen von Postulat Graber (siehe oben) angegangen würden. Das Postulat wurde einstimmig überwiesen
[20].
Die eidgenössischen Räte berieten im Zuge der Behandlung der Lex USA (siehe unten, „Finanzplatzkrise und Bankgeheimnis“) zwei weitere Geschäfte im Zusammenhang mit der Finma. Die Wirtschafts- und Abgabekommissionen beider Räte forderten mittels zweier gleichlautender Motionen den Bundesrat dazu auf, die Aufsichtsbehörde zur
Verschärfung ihrer Enforcement Policy im Bereich der Gewährserfordernis zu bewegen. Die Aufforderung sollte unter Berücksichtigung der Unabhängigkeit der Finma erfolgen. Konkret wollten die Motionen erreichen, dass vermehrt Berufsverbote für Bankmanager auf Basis von Art. 33 Finanzmarktaufsichtsgesetz ausgesprochen wurden. Thomas Aeschi (svp, ZG) verwies auf formaljuristische Mängel der Motionen. Er argumentierte, dass der Bundesrat der Finma keine direkten Vorschriften machen könne. Bundesrätin Widmer-Schlumpf erachtete das Begehren ebenfalls als „nicht ganz einfach umsetzbar“. Trotz dieser Bedenken wurden die Motionen sowohl im Nationalrat (mit 100 zu 83 Stimmen, gegen den Willen von FDP und SVP) als auch im Ständerat (einstimmig) angenommen
[21].
Weiterhin pendent waren am Jahresende zwei Motionen aus den Jahren 2010 und 2011. Erstere wollte
systemrelevante Unternehmen im Falle einer Staatsrettung straffähig machen (2010 von der Kleinen Kammer angenommen, 2011 vom Nationalrat abgeändert). Die zweite offene Motion hatte eine
Veränderung der Kostenregelung im Fall der Einsetzung eines Untersuchungsbeauftragten durch die Finma verlangt und war Ende 2013 im Zweitrat hängig
[22].
[15] Zurückgewiesene Vorlage: BRG 11.047:
BBl, 2011, S 6615 ff.;
AB NR, 2012, S. 14 ff., 1038 f., 1240;
AB SR, 2012, S. 483 ff., 640; vgl.
SPJ 2012, S. 177 f. Bericht und weiteres Vorgehen: A. 13.5589 (Maier);
NZZ, 21.8.13.
[16] Pa.Iv. 09.503:
BBl, 2013, S. 1107 ff.;
AB NR, 2013, S. 365 ff.;
AB SR, 2013, S. 1065 f.; vgl.
SPJ 2011, S. 198,
SPJ 2012, S. 178.
[17] Sach- und Vermögensversicherungen: Mo. 11.3834:
AB NR, 2013, S. 1243 f. Lebensversicherungen: Mo. 11.3835:
AB NR, 2013, S. 1244 f.
[18] SNB Medienmitteilungen vom 13.2., 14.3., 20.6., 19.9. und 12.12.13;
NZZ, 14.2.13; vgl.
SPJ 2012, S. 177.
[19] Po. 12.4095 (Graber):
AB SR, 2013, S. 103 ff.;
NZZ, 14.3.13.
[20] Po. 13.3282:
AB NR, 2013, S. 1185.
[21] Mo. 13.3450 (WAK-NR):
AB NR, 2013, S. 491 ff. Mo. 13.3410 (WAK-SR):
AB SR, S. 1028 ff.
[22] Mo. 10.3634:
AB SR, 2010, S. 876 f.;
AB NR, 2011, S. 106 f.; vgl.
SPJ 2010, S. 130 f.,
SPJ 2011, S. 197,
SPJ 2012, S. 178 f. Mo. 11.3757:
AB NR, 2011, S. 2231 ff.; vgl.
SPJ 2011, S. 197,
SPJ 2012, S. 178 f.
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