Année politique Suisse 2013 : Enseignement, culture et médias / Médias / Presse
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Pressekonzentration
Im März fusionierte der „Sonntag“ der AZ-Medien mit der „Südostschweiz am Sonntag“ zum neuen Sonntagsblatt mit dem Titel „Schweiz am Sonntag“. Im gleichen Monat stellte die „Basler Zeitung“ die eigene Sonntagsausgabe ein und bot ihren Lesern ab diesem Zeitpunkt – wie dies der „Bund“ bereits seit 2012 handhabte – die „Sonntags-Zeitung“ der Tamedia-Gruppe an. Mit Lancierung einer siebten Ausgabe versuchte das „St. Galler Tagblatt“ der NZZ-Mediengruppe, der Pressekonzentration am Ruhetag Gegensteuer zu geben [7].
Weitere Verschiebungen auf dem Zeitungsmarkt wurden Mitte Jahr bekannt und gingen alle zu Lasten der „Südostschweiz“. Mit dem „Werdenberger und Obertoggenburger“, der „Rheintalischen Volkszeitung“ und dem „Liechtensteiner Vaterland“, die bis anhin der Südostschweizer Mediengruppe angehörten, schliessen sich ab 2014 drei Regionalzeitungen dem von der NZZ-Gruppe dominierten „St. Galler Tagblatt“ an. Weiter kooperiert der „Bote der Urschweiz“ per 2014 mit der NZZ-Tochter „Neue Luzerner Zeitung“, um sich mit der „Neuen Schwyzer Zeitung“ zusammen zu schliessen. Durch diese Wechsel bedingt sinkt die Auflage der „Südostschweiz“ von 121 000 auf rund 82 000 Exemplare [8].
Mit Verkauf des eigenen Aktienanteils von 70,5% des „Landboten“ an Tamedia verabschiedete sich mit der Ziegler Druck- und Verlags-AG ein weiteres kleines Verlagshaus vom Pressemarkt. Somit hält Tamedia insgesamt 90,5% der Aktien der Winterthurer Tageszeitung; ein knapper Zehntel verbleibt bei einem Einzelaktionär [9].
Am Jahrestreffen des Schweizer Medienkongresses äusserte sich Bundesrat Maurer (svp) äusserst kritisch zur aktuellen Medienlandschaft. Es herrsche überwiegend ein „mediales Meinungskartell“, das die Staatstätigkeit selten hinterfrage und Themen, die das Volk beschäftigten, kaum aufgreifen würde. Die „selbstverfügte Gleichschaltung“ der Medien, die nach bestimmten Glaubenssätzen – wie beispielsweise, dass der Mensch den Klimawandel verschulde oder dass Alternativenergien der Atomenergie vorzuziehen seien – operiere, könne nicht durch eine Erhöhung der Anzahl an Presseerzeugnissen verhindert werden. Was nach wie vor fehle sei Meinungsvielfalt. Als Reaktion auf seine Rede erhielt Maurer Pfiffe und Buhrufe, was laut Angaben der „Schweiz am Sonntag“ einem Regierungsmitglied zuletzt 1995 widerfuhr, nämlich der damaligen Bundesrätin Ruth Dreifuss (sp), die am Eidgenössischen Schwingfest für den EU-Beitritt geworben hatte [10].
Im Ende September erschienenen Jahrbuch „Qualität der Medien“ des Forschungsinstituts Öffentlichkeit und Gesellschaft (Fög) meldeten die Autoren aufgrund zunehmender Kommerzialisierung und Konzentration der Medienlandschaft ihre Bedenken zur Medienvielfalt an. Während sich zwischen 2001 und 2012 zwölf Medienhäuser vom Verlag herkömmlicher, deutschsprachiger Pressetitel zurückgezogen hatten, waren die Marktanteile der drei grössten Schweizer Verleger beträchtlich gestiegen. Die Tamedia AG konnte seit dem Millennium ihren Anteil in der deutschsprachigen Schweiz praktisch verdoppeln und kontrollierte im Jahr 2012 mehr als einen Drittel (36%) des dortigen Pressemarkts. Hauptsächlich infolge der kürzlich erfolgten Übernahme von Edipresse betrug der Marktanteil von Tamedia in der Westschweiz im Vorjahr gar 68%. Die NZZ-Mediengruppe erhöhte ihre Marktbeteiligung an deutschsprachigen Pressetiteln im untersuchten Zeitraum von 7% auf 19% und der Ringier-Verlag steigerte seine ursprünglich 21-prozentige Quote bis zum Vorjahr um weitere sechs Prozentpunkte. Als weitere bedenkliche Tendenzen identifizierten die Autoren des Jahrbuchs die abnehmende Reichweite von Qualitätszeitungen im Gegensatz zur zunehmenden Etablierung von Boulevardblättern und Gratiszeitungen, die Verlagerung der Werbeausgaben hin zur Gratispresse, die besonders eingeschränkte Vielfalt auf dem Online-Markt sowie die abnehmende Einbindung von Hintergrundwissen und Wirkungszusammenhängen in die journalistische Berichterstattung. Der Schweizer Verlegerverband reagierte postwendend mit Vorwürfen an die Verfasser der Studie. Der Verband kritisierte insbesondere die Erhebungsmethode, welche sich auf Stichproben und die Untersuchung von Frontseiten und Aufmachern gestützt habe. Die französischsprachige Presse kritisierte zudem die Auswahl der regionalen Pressetitel in der Westschweiz. Weiter wurde bezweifelt, dass die Qualität von Medien und ihren Inhalten überhaupt qualitativ erfasst werden kann. Oswald Sigg, Mitglied des Stiftungsrates „Öffentlichkeit und Gesellschaft“, reagierte selbstkritisch auf die Vorwürfe aus der Medienbranche. In der Tat vermöge die verwendete Erhebungsmethode die Qualität der regionalen Presseerzeugnisse der Romandie nicht im Detail zu erfassen. Sigg stellte eine Spezialstudie zur Situation der französischsprachigen Regionalmedien für das Folgejahr in Aussicht [11].
Im Oktober gaben die Medienhäuser Ringier und Tamedia bekannt, ihre Anteile von je 46,2% an der überregionalen, französischsprachigen Tageszeitung „Le Temps“ verkaufen zu wollen. Interesse zeigten in erster Reaktion unter anderem die Wirtschaftszeitung „L’Agefi“, Jean-Claude Biver, Präsident der Uhrenmarke Hublot, sowie Christoph Blocher und Tito Tettamanti als Inhaber der „Basler Zeitung“. Die NZZ verzichtete explizit auf die Einreichung eines Angebots und liess verlauten, man erachte eine Ausdehnung des Engagements auf den französischsprachigen Zeitungsmarkt als nicht opportun, sei jedoch auch nach Eigentümerwechsel an der Weiterführung oder gar einem Ausbau der Zusammenarbeit mit der Qualitätszeitung interessiert. Für den Fall, dass kein passender Käufer gefunden werden könne, würden die aktuellen Besitzer von „Le Temps“ den Verkauf des eigenen Anteils an den anderen Teilinhaber prüfen, informierten die beiden Medienhäuser. Die Zukunft des Traditionsblattes blieb bis zum Ende des Berichtsjahres ungewiss [12].
 
[7] NZZ, 31.1.13; SO, 24.3.13; SoS, 25.3.13.
[8] LZ, 26.6.13; NZZ, 27.6.13.
[9] NZZ, 28.8.13; vgl. SPJ 2010, S. 299.
[10] Medienmitteilung VBS vom 13.9.13; NZZ, 14.9.13; SO, 15.9.13.
[11] AZ, NZZ, und TA, 26.9.13; TG, 30.9.13; vgl. Lit. Fög.
[12] TA und Lib., 9.10.13; BaZ, 14.11.13; NZZ, 30.11.13.