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Stillschweigend sprach sich der Ständerat in der Herbstsession bezüglich der fünf Standesinitiativen der Kantone Tessin (Kt.Iv. 20.300), Genf (Kt.Iv. 20.304), Jura (Kt.Iv. 20.330), Freiburg (Kt.Iv. 20.333) und Neuenburg (Kt.Iv. 21.300), die einen stärkeren Einbezug der Kantone bei der Genehmigung der Prämientarife fordern, gegen Folgegeben aus. Zuvor hatte der Rat auch der nachträglich eingereichten Standesinitiative des Kantons Waadt (Kt.Iv. 21.323) Folgegeben verweigert. Das Anliegen der Initiativen werde bereits durch die Überweisung der Motion Lombardi (damals noch cvp; TI; Mo. 19.4180) an den Bundesrat weiterverfolgt, wurde der Entscheid begründet. Damit sind die fünf Ende 2020 eingereichten Standesinitiativen vom Tisch, nicht aber die Standesinitiative des Kantons Waadt, die als nächstes vom Nationalrat beraten wird.

Standesinitiativen für eine Stellungnahme der Kantone bei der Genehmigung der Prämientarife (Kt.Iv. 20.300, Kt.Iv. 20.304, Kt.Iv. 20.330, Kt.Iv. 20.333, Kt.Iv. 21.300 & Kt.Iv. 21.323)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Offensive für tiefere Krankenkassenprämien der Kantone Tessin, Genf, Jura, Freiburg und Neuenburg (2020) sowie des Kantons Waadt (2021)

In der Frühjahrssession 2022 behandelte der Nationalrat die fünf Standesinitiativen der Kantone Tessin (Kt.Iv. 20.300), Genf (Kt.Iv. 20.304), Jura (Kt.Iv. 20.330), Freiburg (Kt.Iv. 20.333) und Neuenburg (Kt.Iv. 21.300) für einen stärkeren Einbezug der Kantone bei der Genehmigung der Prämientarife – nicht jedoch eine in der Zwischenzeit ebenfalls eingereichte Standesinitiative des Kantons Waadt (Kt.Iv. 21.323). Die Kommission hatte zuvor mit 22 zu 1 Stimmen bei 2 Enthaltungen beantragt, den Standesinitiative keine Folge zu geben. Kommissionssprecher Mäder (glp, ZH) beteuerte jedoch die grundsätzliche Unterstützung des Anliegens durch die Kommission: Inhaltlich befürworte man das Anliegen, verfolge dazu aber lieber die Motion Lombardi (damals cvp, TI; Mo. 19.4180) weiter, welche im Nationalrat bereits angenommen worden sei. Eine zusätzliche Weiterverfolgung der Standesinitiativen würde daher «einzig ein[en] administrative[n] Mehraufwand ohne inhaltlichen Zusatznutzen» bedeuten. Stillschweigend sprach sich die grosse Kammer bei allen fünf Standesinitiativen gegen Folgegeben aus.

Standesinitiativen für eine Stellungnahme der Kantone bei der Genehmigung der Prämientarife (Kt.Iv. 20.300, Kt.Iv. 20.304, Kt.Iv. 20.330, Kt.Iv. 20.333, Kt.Iv. 21.300 & Kt.Iv. 21.323)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Offensive für tiefere Krankenkassenprämien der Kantone Tessin, Genf, Jura, Freiburg und Neuenburg (2020) sowie des Kantons Waadt (2021)

Wie bereits seine Kommission wies auch der Ständerat in der Wintersession 2021 ein zwiespältiges Verhältnis zur Freiburger Standesinitiative für eine Integration des Freiburger Modells der pharmazeutischen Betreuung in Pflegeheimen in die OKP auf. Eine aus der Freiburger Ständerätin Johanna Gapany (fdp, FR) bestehende Minderheit hatte Folgegeben beantragt, wobei die Minderheitensprecherin im Rahmen der Ratsdebatte insbesondere die positiven Folgen der Zusammenarbeit zwischen Apotheken, Heimen, Pflegeheimen sowie Ärztinnen und Ärzten im eigenen Kanton betonte. Diese ermögliche eine Reduktion der Medikamentenverschwendung und somit auch der Medikamentenkosten. Dieses Projekt habe sich zwischen 2002 und 2018 bewährt und Kosteneinsparungen von 23 Prozent mit sich gebracht, sei nun aber aufgrund der Änderung der Regelungen zum Risikoausgleich blockiert. Auch Kommissionssprecher Damian Müller (fdp, LU) lehnte das Modell nicht prinzipiell ab, sondern erklärte, dass es die SGK-SR in eine breite Auslegeordnung aufnehmen und dort insbesondere klären möchte, ob das Modell nicht bereits im geltenden Recht verwendet werden könne. Folglich sei die Standesinitiative nicht nötig, weshalb dieser keine Folge gegeben werden solle. Mit 19 zu 7 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) folgte der Ständerat dem Antrag der Kommissionsmehrheit und verzichtete auf Folgegeben.

Freiburger Modell der pharmazeutischen Betreuung in Pflegeheimen (Kt.Iv. 20.332)

Eine Integration des Freiburger Modells der pharmazeutischen Betreuung in Pflegeheimen in die OKP forderte der Kanton Freiburg im Jahr 2020 mit einer Standesinitiative. Die 2002 zwischen den Tarifpartnern ausgehandelte Tarifvereinbarung zur Abgeltung der Arzneimittel und des MiGeL-Materials in den freiburgischen Pflegeheimen beinhalte pauschale Vergütungen, ein Pflichtenheft für die verantwortlichen Apothekerinnen und Apotheker sowie eine Monitoring-Stelle, erläuterte der Kanton. So werden gemäss dem Freiburger Modell jeweils Grosspackungen an Medikamenten gekauft und pauschal an alle Heimbewohnerinnen und -bewohner abgerechnet, unabhängig von der individuell benötigten Menge des Medikaments. Durch die «aktive[...] berufsübergreifende[...] Zusammenarbeit bei der Medikation der Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohner» könnten die medizinisch-therapeutische Betreuung sowie die Kosten optimiert werden – damit seien bisher jährlich CHF 3 Mio. eingespart worden –, warb der Kanton für sein System. Seit der Revision der Regelungen zum Risikoausgleich (VORA) von 2018 – mit dem ein finanzieller Ausgleich zwischen Krankenversicherungen mit unterschiedlicher Risikostruktur geschaffen wird – werde jedoch die Verwendung von Pauschalbeträgen erschwert und sei von der Zustimmung der Versicherungen abhängig. Zwar habe man die für die Weiterverwendung von Pauschalbeträgen nötigen Voraussetzungen geschaffen, dennoch hätten die Versicherungen und das EDI das Modell abgelehnt. Entsprechend verlangte der Kanton den Erlass der nötigen Gesetzesbestimmungen, um sein System auch zukünftig betreiben zu können.
Im November 2021 beschäftigte sich die SGK-SR mit der Standesinitiative und zeigte sich zwar am Freiburger Modell interessiert, beantragte aber aufgrund von Zweifeln an der Kompatibilität mit dem Risikoausgleich mit 9 zu 1 Stimmen (bei 2 Enthaltungen), der Standesinitiative keine Folge zu geben. Jedoch sollte die Verwaltung eine modifizierte, mit VORA kompatible Variante präsentieren.

Freiburger Modell der pharmazeutischen Betreuung in Pflegeheimen (Kt.Iv. 20.332)

In der Sommersession 2021 behandelte der Ständerat die fünf Standesinitiativen für eine Beschränkung der maximal möglichen Reserven der Krankenversicherungen zusammen mit den Standesinitiativen für kostenkonforme Prämien. Mit diesem Block an Standesinitiativen sollten die Krankenkassen ihre Reserven zwingend auf 150 Prozent reduzieren müssen. Die Initiativen gingen somit weiter als eine bundesrätliche Verordnungsänderung, welche die Reduktion für die Krankenkassen vereinfachte, jedoch nicht zwingend machte. Der zweite Block an Standesinitiativen sah eine Pflicht für die Krankenkassen vor, die zukünftigen Prämien in einem Kanton zu senken, wenn ihre Prämieneinnahmen in diesem Kanton die kumulierten Kosten in einem Jahr übersteigen.
Die SGK-SR hatte zuvor sämtliche Standesinitiativen zur Ablehnung empfohlen. Erich Ettlin (cvp, OW) vertrat unter Offenlegung seiner Interessenbindung als Verwaltungsrat der CSS-Krankenversicherung die Kommissionsmehrheit. Heute betrügen die Reserven über 200 Prozent – 100 Prozent wäre das vorgeschriebene Minimum. Auch in der von der Kommission durchgeführten Anhörung habe es Stimmen gegeben, die eine Muss-Formulierung und die Festsetzung eines Grenzwertes gefordert hätten, betonte Ettlin. Die Versicherungen hätten indes vor einem Jo-Jo-Effekt gewarnt, gemäss dem es bei zu tiefen Prämien zu einem Neukundenzugang komme, wodurch Solvenzprobleme aufträten und die Prämien im Folgejahr erhöht werden müssten. Durch die Reduktion der Reserven könne man unkontrollierbare Eigendynamiken auslösen, warnte Ettlin. Entsprechend unterstütze die Kommission den freiwilligen Abbau gemäss der Verordnungsänderung, nicht aber die Standesinitiativen. Marina Carobbio Guscetti (sp, TI) vertrat die Standesinitiativen für den Kanton Tessin, der diesbezüglich die Federführung innehatte. Sie verwies darauf, dass die Reduktion der Reserven zwar das Grundproblem – den Prämienanstieg der Krankenkassen – nicht lösen könne, aber man den Versicherten so immerhin zurückgeben könne, was ihnen gehöre. Gemäss dem Vorschlag des Bundesrates würden aber die zu viel eingenommenen Prämien nicht denjenigen Personen vergütet, die zu viel gezahlt hatten, sondern für eine genauere Kalkulation zukünftiger Prämien verwendet. Die GDK unterstütze denn auch die Initiativen, so Carobbio Guscetti. Mit 20 zu 17 Stimmen (bei 1 Enthaltung) sprach sich der Ständerat bei allen zehn Standesinitiativen gegen Folgegeben aus. Zum dritten Block an Standesinitiativen zu den Krankenkassenreserven hatte sich der Ständerat bereits in der Frühjahrssession ablehndend geäussert.

Standesinitiativen für angemessene Reserven (Kt.Iv. 20.301, Kt.Iv. 20.305, Kt.Iv. 20.329, Kt.Iv. 20.334, Kt.Iv. 21.301 & Kt.Iv. 21.324)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Krankenkassenreserven
Dossier: Offensive für tiefere Krankenkassenprämien der Kantone Tessin, Genf, Jura, Freiburg und Neuenburg (2020) sowie des Kantons Waadt (2021)

In der Sommersession 2021 behandelte der Ständerat die fünf Standesinitiativen für kostenkonforme Prämien zusammen mit den fünf Standesinitiativen für eine Beschränkung der maximal möglichen Reserven der Krankenversicherungen. Wie die Kommission zuvor empfohlen hatte, entschied sich die kleine Kammer mit 22 zu 17 Stimmen gegen Folgegeben. Erich Ettlin (mitte, OW) hatte für die Kommission zuvor erklärt, dass man stattdessen auf die Verordnungsänderung des Bundesrates setze, da man verhindern wolle, dass es zukünftig «zu einer unstetigen Prämienentwicklung» mit Reserveabbau im einen und einem Prämienanstieg im nächsten Jahr komme.

Standesinitiativen für kostenkonforme Prämien (Kt.Iv. 20.302, Kt.Iv. 20.306, Kt.Iv. 20.328, Kt.Iv. 20.335, Kt.Iv. 21.302 & Kt.Iv. 21.325)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Offensive für tiefere Krankenkassenprämien der Kantone Tessin, Genf, Jura, Freiburg und Neuenburg (2020) sowie des Kantons Waadt (2021)

Im Laufe des Jahres 2020 reichten die Kantone Tessin (Kt.Iv. 20.301), Genf (Kt.Iv. 20.305), Jura (Kt.Iv. 20.329), Freiburg (Kt.Iv. 20.334) und Neuenburg (Kt.Iv. 21.301) im Rahmen ihrer Offensive für tiefere Krankenkassenprämien Standesinitiativen ein, mit denen sie verlangten, dass die Reserven der Krankenversicherungen zukünftig maximal 150 Prozent des gesetzlich vorgeschriebenen Wertes betragen dürfen und ansonsten durch Rückerstattungen an die Versicherten auf diesen Wert reduziert werden müssen. Bisher sei nämlich der Begriff der «übermässigen Reserven» weder im KVAG noch in der KVAV genauer definiert. Der Wert von 150 Prozent entspreche demjenigen Wert, den das BAG im Jahr 2017 zur Rückerstattung von Reserven genehmigt hatte.
Die Kantone Tessin und Genf begründeten ihre Vorstösse damit, dass die Reserven seit 2012 unter Berücksichtigung der Risiken der Krankenkassen berechnet würden und somit nicht mehr einem fixen Prozentsatz der Prämien entsprächen. Heute stellten aber nicht mehr zu tiefe, sondern zu hohe Reserven ein Problem dar – teilweise liegen die Reserven bei über 200 Prozent –, da sich diese auf die Prämienentwicklung auswirkten.
Im April 2021 beantragte die SGK-SR mit 9 zu 4 Stimmen, den fünf Standesinitiativen keine Folge zu geben und stattdessen auf den freiwilligen Reserveabbau zu setzen, wie ihn der Bundesrat im Rahmen der KVAV-Revision angekündigt hatte.

Standesinitiativen für angemessene Reserven (Kt.Iv. 20.301, Kt.Iv. 20.305, Kt.Iv. 20.329, Kt.Iv. 20.334, Kt.Iv. 21.301 & Kt.Iv. 21.324)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Krankenkassenreserven
Dossier: Offensive für tiefere Krankenkassenprämien der Kantone Tessin, Genf, Jura, Freiburg und Neuenburg (2020) sowie des Kantons Waadt (2021)

In ihrer Offensive für tiefere Krankenkassenprämien reichten die Kantone Tessin (Kt.Iv. 20.302), Genf (Kt.Iv. 20.306), Jura (Kt.Iv. 20.328), Freiburg (Kt.Iv. 20.335) und Neuenburg (Kt.Iv. 21.302) je eine Standesinitiative für kostenkonforme, kostendeckende und kostengerechte Prämien ein. Darin forderten sie eine Pflicht für die Krankenkassen, die zukünftigen Prämien entsprechend zu senken, wenn ihre Prämieneinnahmen in einem Kanton die kumulierten Kosten in diesem Kanton in einem Jahr übersteigen. Ein nachträglicher datenbasierter Prämienausgleich sei aufgrund des KVAG möglich, aber nicht bindend und unterliege somit dem Willen der Versicherungen. Stattdessen solle eine solche Rückzahlung aber systematisiert werden und zukünftig eine Selbstverständlichkeit darstellen, forderten die fünf Kantone.
Im April 2021 beschäftigte sich die SGK-SR mit den Standesinitiativen und beantragte mit 9 zu 4 Stimmen, diesen keine Folge zu geben. Stattdessen verwies sie auf die kurz zuvor erfolgte Änderung der KVAV durch den Bundesrat.

Standesinitiativen für kostenkonforme Prämien (Kt.Iv. 20.302, Kt.Iv. 20.306, Kt.Iv. 20.328, Kt.Iv. 20.335, Kt.Iv. 21.302 & Kt.Iv. 21.325)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Offensive für tiefere Krankenkassenprämien der Kantone Tessin, Genf, Jura, Freiburg und Neuenburg (2020) sowie des Kantons Waadt (2021)

Im Rahmen ihrer Offensive für tiefere Krankenkassenprämien reichten die Kantone Tessin (Kt.Iv. 20.300), Genf (Kt.Iv. 20.304), Jura (Kt.Iv. 20.330), Freiburg (Kt.Iv. 20.333) und Neuenburg (Kt.Iv. 21.300) im Jahr 2020 je eine Standesinitiative ein, mit denen sie einen stärkeren Einbezug der Kantone bei der Genehmigung der Prämientarife forderten. Demnach sollte das KVAG dahingehend geändert werden, dass den Kantonen ein Recht auf eine Stellungnahme «zu den für ihren Kanton geschätzten Kosten und zu den für ihren Kanton vorgesehenen Prämientarifen gegenüber den Versicherern und der Aufsichtsbehörde» eingeräumt wird. Dazu sollten die Kantone Zugang zu den dafür notwendigen Informationen erhalten. Die fünf Kantone störten sich daran, dass die Kantone seit einem Beschluss des BAG aus dem Jahr 2019 keine Prämiendaten zu Analysezwecken mehr erhielten, wodurch ihre Rolle im Prämiengenehmigungsverfahren weiter eingeschränkt worden sei. Seit der Änderung des KVAG beschränke sich diese auf eine Stellungnahme bezüglich der Kosten, aber nicht mehr zu den Prämientarifen. Da Kosten und Prämien jedoch «untrennbar miteinander verbunden» seien, verhindere dies eine Wahrnehmung der Aufsichtsrolle durch die Kantone. Diese sei jedoch im Hinblick auf eine demokratische Kontrolle der sozialen Krankenversicherung von grosser Bedeutung.
Im Februar 2021 beantragte die Mehrheit der SGK-SR, den Initiativen keine Folge zu geben. Zuvor hatte die Kommission Vertreterinnen und Vertreter der GDK, der fünf Kantone, der Versicherungen sowie der Prämienzahlenden angehört. Die Kommission betonte die Relevanz der Stellungnahme der Kantone zu den kantonalen Gesundheitskosten. Eine entsprechende Ausdehnung auf die Prämien lehnte die Kommissionsmehrheit jedoch ab, da diese auf Faktoren beruhten, die auf Bundesebene berechnet würden. Daher verfüge nur das BAG, nicht aber die Kantone über einen entsprechenden Gesamtüberblick, der die Prüfung der Prämien erlaube. Das Prämiengenehmigungsverfahren solle überdies nicht weiter erschwert werden.

In der Frühjahrssession 2021 behandelte der Ständerat die fünf Standesinitiativen zusammen mit der Motion Lombardi (cvp, TI; Mo. 19.4180), mit welcher der Motionär ebenfalls eine Weitergabe der für die Prüfung der Prämien nötigen Daten an die Kantone forderte. Erich Ettlin (cvp, OW) legte anfänglich die Position der Kommissionsmehrheit dar und betonte vor allem den grossen Aufwand und die Verzögerung, die entstehen würden, wenn 26 Kantone die Prämien von 50 Krankenversicherungen prüfen würden. Für die Kommissionsminderheit, welche den Standesinitiativen Folge geben und die Motion annehmen wollte, erläuterte Marina Carobbio Guscetti (sp, TI) die Situation der Kantone: Diese fühlten sich im Prozess der Prämiengenehmigung nicht angemessen vertreten, obwohl sie die Leistungserbringenden und Versicherungen in ihren Kantonen gut kennen würden, mit der demografischen Entwicklung im Kanton vertraut seien und gleichzeitig über das nötige Fachwissen verfügten, um die Prämien zu prüfen. Sie seien überdies durch individuelle Prämienverbilligungen, Ergänzungsleistungen und Sozialhilfe an der Bezahlung der Prämien beteiligt. Eine Prüfung der Prämien würde es ihnen zudem erlauben, als Gegengewicht zu den Krankenversicherern aufzutreten und die Entwicklung der Krankenkassenprämien zu beeinflussen. Diese Argumentation schien die Ständekammer zu überzeugen, mit 21 zu 20 Stimmen (bei 1 Enthaltung) gab sie den Standesinitiativen Folge. Auch die Motion Lombardi nahm sie mit 22 zu 18 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) an.

Standesinitiativen für eine Stellungnahme der Kantone bei der Genehmigung der Prämientarife (Kt.Iv. 20.300, Kt.Iv. 20.304, Kt.Iv. 20.330, Kt.Iv. 20.333, Kt.Iv. 21.300 & Kt.Iv. 21.323)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Offensive für tiefere Krankenkassenprämien der Kantone Tessin, Genf, Jura, Freiburg und Neuenburg (2020) sowie des Kantons Waadt (2021)

Zwischen Dezember 2019 und Mai 2020 führte der Bundesrat eine aufgrund der ausserordentlichen Lage verlängerte Vernehmlassung zur Reform der beruflichen Vorsorge durch. Daran beteiligten sich alle Kantone, acht im eidgenössischen Parlament vertretene Parteien sowie zahleiche Verbände und Gewerkschaften. Wie bereits zuvor in den Medien zu vernehmen gewesen war, stellten der Pensionskassenverband ASIP sowie der Schweizerische Baumeisterverband, Swiss Retail Federation und Arbeitgeber Banken eigene Reformmodelle vor, die insbesondere eine stärkere Reduktion des Umwandlungssatzes beinhalteten und von verschiedenen Vernehmlassungsteilnehmenden unterstützt wurden (etwa dem SGV, Swissbanking, GastroSuisse, ICT Switzerland und verschiedenen Pensionskassen).

Die Mehrheit der Kantone (AR, BE, BS, FR, GE, GL, JU, LU, NE, SH, VD, VS) unterstützte die Stossrichtung der Vorlage, einige lehnten sie jedoch wegen dem vorgeschlagenen Rentenzuschlag insgesamt ab (BL, NW, OW, SG, SZ, ZG, ZH). Der Rentenzuschlag stellte sich denn auch nicht unerwartet als grösster Streitpunkt der Vorlage heraus: Von den Kantonen sprachen sich 14 ausdrücklich dagegen (AI, BE, GL, BL, GR, NE, NW, OW, SZ, TI, UR, VS, ZG, ZH) und acht ausdrücklich dafür aus (AG, BS, JU, LU, SO, SH, TG, VD). Auch die bürgerlichen Parteien BDP, CVP, EVP, FDP und SVP befürworteten die Reform, insbesondere die Senkung des Umwandlungssatzes, lehnten aber den Rentenzuschlag ab. Verschiedene bürgerliche Jungparteien störten sich insbesondere daran, dass die entsprechende Umverteilung auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung und der zukünftigen Generationen geschehe. Umgekehrt nannten die SP und die Grünen die Erhaltung der bisherigen Rentenhöhe – und somit den Rentenzuschlag – als Bedingung für ihre Zustimmung zur Senkung des Umwandlungssatzes. Seitens Verbände erfuhr der bundesrätliche Vorschlag Unterstützung von seinen Urhebern, dem Arbeitgeberverband, dem Gewerkschaftsbund und Travail.Suisse, während diverse andere Verbände wegen dem Rentenzuschlag die Alternativmodelle bevorzugten.
Deutlich weniger umstritten als der Rentenzuschlag und die Senkung des Umwandlungssatzes war die Senkung des Koordinationsabzugs, die alle Teilnehmenden guthiessen. Umstritten war jedoch die Höhe der Senkung. So schlugen beispielsweise BDP, CVP und EVP eine Senkung auf 40 Prozent des AHV-Lohns, aber einen maximalen Abzug von CHF 21'330 vor, die SVP und der Kanton St. Gallen befürworteten eine Senkung bis zur Eintrittsschwelle (CHF 21'330) und die SP und die Grünen bevorzugten eine vollständige Abschaffung des Koordinationsabzugs. Auch bezüglich der Staffelung der Altersgutschriften gab es zahlreiche unterschiedliche Vorschläge, wobei sich viele Vernehmlassungsteilnehmende einen Sparbeginn ab dem 20. Altersjahr wünschten.

Reform der Beruflichen Vorsorge (BVG 21; BRG 20.089)
Dossier: Koordinationsabzug und Eintrittsschwelle BVG

Im Hinblick auf die stetig steigenden Krankenkassenprämien, vor allem in den französischsprachigen Kantonen, lancierten die Kantone Tessin, Genf, Jura, Freiburg und Neuenburg eine Offensive für tiefere Krankenkassenprämien. Dabei zielten sie auf verschiedene Änderungen am KVAG ab, mit denen sie Probleme, die in ihren Augen mit der letzten KVAG-Revision geschaffen worden waren, lösen wollten. Dazu zählte insbesondere die Problematik der Krankenkassenreserven. So müssen Krankenkassen Reserven anlegen, die ihre langfristige Zahlungsfähigkeit garantieren sollen. Übersteigen die Kosten der Versicherungen ihre Prämieneinnahmen, wird der Verlust über die Reserven bezahlt, Gewinne fliessen ihrerseits in die Reserven. Bei «übermässigen Reserven» erlaubt das KVAG einen Abbau durch eine Verteilung der überschüssigen Reserven an alle Versicherten einer Krankenkasse respektive eine Rückzahlung eines Teils der Prämien an die Versicherten spezifisch in denjenigen Kantonen, in denen zu hohe Prämien verlangt worden waren. Weder das KVAG noch die KVAV spezifizieren jedoch, was «übermässige Reserven» sind oder schreiben gar einen Reservenabbau vor. Entsprechend forderte eine erste Gruppe von Standesinitiativen der fünf Kantone die ausdrückliche Definition einer maximal erlaubten Reservehöhe und eine Pflicht zum Abbau von zu hohen Reserven. Eine zweite Gruppe zielte auf die Rückerstattung von zu hohen Prämien in einzelnen Kantonen: Zukünftig sollen die Krankenkassen zu hoch festgelegte Prämien über einen Prämienausgleich bei zukünftigen Prämien in demselben Kanton ausgleichen. Die dritte Gruppe von Standesinitiativen widmete sich der Einschränkung der Möglichkeiten der Kantone, sich zu den zukünftigen Prämien zu äussern, und verlangte eine Möglichkeit zur Stellungnahme sowie den Zugang zu den dafür notwendigen Informationen.
In der Zwischenzeit hatte der Bundesrat jedoch eine Änderung der KVAV bekannt gegeben, mit welcher der freiwillige Abbau und die Rückerstattung der Krankenkassenreserven vereinfacht und die Regeln dazu präzisiert werden sollen.
In Übereinstimmung mit der Urheberschaft der verschiedenen Standesinitiativen wurde diese Problematik in den Deutschschweizer Medien kaum aufgenommen, während sie in der Romandie und vor allem im Tessin für grosse mediale Diskussionen sorgte. Demnach betonte etwa 24 Heures, dass die Reserven heute mit CHF 11 Mrd. doppelt so hoch seien, wie rechtlich nötig wäre. Auf das Jahr 2021 hin waren die Krankenkassenprämien im Durchschnitt zwar vergleichsweise schwach angestiegen, erneut verzeichneten die romanischsprachigen Kantone jedoch einen grösseren Anstieg als die Deutschschweizer Kantone. Entsprechend wies Felix Schneuwly, Krankenkassenexperte von Comparis, darauf hin, dass die Kosten zukünftig in allen Prämienregionen hoch genug sein müssten, so dass nicht einzelne Prämienregionen für die zu tiefen Prämien anderer Regionen aufkommen und diese so «finanzieren» müssten. Kritisiert wurde darüber hinaus, dass der Bund bei der Prämienfestlegung zu wenig interveniere und die vorgeschlagenen Prämien einfach akzeptiere. Die Reserven müssten überdies nicht nur angesammelt, sondern tatsächlich auch eingesetzt werden, etwa im Rahmen der Corona-Pandemie: Anstatt dass die Kantone hier für einen Grossteil der Kosten aufkommen müssten, sollten die Krankenversicherungen ihre Reserven für diese unerwartete Notlage einsetzen – schliesslich sei dies ja ihr Zweck. Diesbezüglich betonte Heinz Brand (svp, GR) als Präsident von Santésuisse, dass die Krankenversicherungen ihre Reserven während der Pandemie dafür eingesetzt hätten, dass es nicht zu pandemiebedingten Prämienerhöhungen komme. Allgemein wehrten sich die Krankenversicherungen in den Medien gegen die Pflicht zum Reserveabbau, da man bereits in den letzten Jahren zu tiefe Kostenerwartungen eingereicht habe, um die Prämien tief halten zu können.

Offensive für tiefere Krankenkassenprämien der Kantone Tessin, Genf, Jura, Freiburg und Neuenburg (Kt.Iv. 21.323, 21.324, 21.325)
Dossier: Krankenkassenreserven
Dossier: Offensive für tiefere Krankenkassenprämien der Kantone Tessin, Genf, Jura, Freiburg und Neuenburg (2020) sowie des Kantons Waadt (2021)

Im Oktober 2019 publizierte der Bundesrat die Botschaft für ein neues Bundesgesetz für Überbrückungsleistungen (ÜL) für ältere Arbeitslose. Solche Überbrückungsleistungen sollen Personen erhalten, die nach vollendetem 60. Altersjahr aus der ALV ausgesteuert werden, mindestens während 20 Jahren mit einem Mindesteinkommen von CHF 21'330 in der AHV versichert sind – davon mindestens 10 der letzten 15 Jahre vor der Aussteuerung –, die ein Vermögen unter CHF 100'000 (respektive 200'000 bei Ehepaaren) besitzen und keine IV- oder AHV-Rente beziehen. Somit sollen vor allem Personen unterstützt werden, die «in erheblichem Umfang erwerbstätig waren», aber kein grosses Vermögen besitzen. Mit der bisherigen Regelung müssten diese Personen ihre Vermögen sowie häufig ihre Altersguthaben aus zweiter und dritter Säule aufbrauchen, bevor sie sich bei der Sozialhilfe anmelden könnten, erklärte der Bundesrat. Diese Vorlage sei nun Teil eines neuen Massnahmenpakets für die Verbesserung der Arbeitsmarktfähigkeit älterer Personen. Die ÜL sollen mit zwei Ausnahmen gleich berechnet werden wie die Ergänzungsleistungen, also als Differenz zwischen den anerkannten Ausgaben und den anrechenbaren Einnahmen einer Person.

Zuvor hatte der Bundesrat zwischen Juni und September 2019 eine Vernehmlassung durchgeführt, an der sich 73 Organisationen beteiligt hatten. 52 Teilnehmende begrüssten die Einführung von ÜL für Arbeitslose, darunter 19 Kantone (AG, AR, BE, BS, FR, GE, GL, GR, JU, LU, NE, OW, SH, SO, TI, UR, VD, VS, ZH), die SP, die CVP und die EVP. Auch die FDP sprach sich für die Massnahme aus, jedoch nur für Personen, denen der Wiedereinstieg in die Arbeitswelt definitiv nicht gelingt. Auch der SGB, TravailSuisse und KV Schweiz befürworteten die Vorlage, genauso wie unter anderem die Organisationen Avenir50plus, AVIVO, Agile, EKF und Procap, die sich jedoch eine tiefere Altersgrenze für ÜL wünschten. Auf Ablehnung stiess die Massnahme bei sechs Kantonen (AI, BL, NW, SZ, TG, ZG), die vor allem die Gefahr von Fehlanreizen, offene Durchführungs- und Koordinationsfragen, die Schaffung einer Konkurrenz zum erleichterten Zugang für ausgesteuerte Personen über 60 Jahren zu Bildungs- und Beschäftigungsmassnahmen sowie die Unterstützung einer kleinen Bevölkerungsgruppe mit Steuergeldern kritisierten. Auch die GLP, die BDP und die SVP sowie der SVV, der SBV, Swissmem, GastroSuisse und Centre Patronal sprachen sich gegen die Regelung aus. Die GLP sah darin faktisch eine Frühpensionierung, die BDP kritisierte sie als reine Symptombekämpfung und für die SVP würde die Massnahme das Problem noch verschärfen.

Überbrückungsleistung für ältere Arbeitslose (BRG 19.051)
Dossier: Ältere Arbeitnehmende

Der Bundesrat beabsichtigte im September 2018, die seit 2012 existierende Verordnung über die Anlagestiftungen (ASV) zu ändern. Unter anderem wollte er die Stellung der Anlegerversammlung stärken und diese für die Wahl des Stiftungsrates zuständig machen, das bereits bestehende Verbot der Nachschusspflicht – also die Pflicht, bei Verlusten weiteres, über das bereits einbezahlte Kapital hinausgehendes Geld einzuschiessen – ausdrücklich festschreiben und nichtkotierte Sacheinlagen, fokussierte Strategien sowie gemischte Anlagegruppen mit höherem Anteil Aktien oder alternativer Anlagen ermöglichen.
Dazu führte das BSV zwischen September und Dezember 2018 eine Vernehmlassung durch, an der sich 19 Kantone, die SVP, drei Dachverbände der Wirtschaft (SGB, SAV, SGV) und 17 weitere Organisationen und Durchführungsstellen beteiligten. Gemäss Vernehmlassungsbericht des BSV wurde die Vorlage allgemein positiv aufgenommen, unter anderem zeigten sich die Kantone mehrheitlich zufrieden damit. Folglich entschied der Bundesrat im Juni 2019, die Änderungen auf den 1. August 2019 in Kraft zu setzen.

BVG: Anlagestiftungen erhalten mehr Flexibilität

An der Vernehmlassung zum ersten Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen zwischen September und Dezember 2018 beteiligten sich 150 Einheiten und Organisationen, darunter alle Kantone, die sieben grossen nationalen Parteien, der Städte- und der Gemeindeverband, Dachverbände der Wirtschaft, Konsumenten-, Patienten-, Leistungserbringenden- sowie Versichererverbände. Entsprechend breit war trotz Lobes für die Bemühungen des Bundesrates zur Kostensenkung auch die Kritik an dem neuen Projekt. Insbesondere wurde vor Wechselwirkungen mit anderen Revisionen, vor Finanzierungs- oder Versorgungsproblemen sowie vor einer verstärkten Bürokratisierung oder staatlichen Steuerung gewarnt, wie das BAG in seinem Ergebnisbericht erklärte.

Erstes Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen (BRG 19.046)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)

Im Juni 2017 schickte der Bundesrat eine Änderung des KVG in die Vernehmlassung. Da der Anstieg der Gesundheitskosten – jährlich steigen die Vergütungen von medizinischen Leistungen durch die OKP pro Kopf um etwa 4 Prozent – nicht nur durch demografische Faktoren erklärt werden könne, sondern auch auf eine Mengenausweitung zurückzuführen sei, wollte der Bundesrat die Franchisen regelmässig an die Kostenentwicklung der OKP anpassen. Durch diese Massnahme, wie sie durch die Motion Bischofberger (cvp, AI; Mo. 15.4157) angeregt worden war, könne die Eigenverantwortung der Versicherten gestärkt werden, erklärte der Bundesrat. Konkret sollen alle Franchisen um CHF 50 erhöht werden, sobald die durchschnittlichen Bruttokosten der Leistungen pro Person mehr als dreizehnmal höher sind als die ordentliche Franchise. Damit soll das maximale Verhältnis von 1:12 zwischen der Höhe der ordentlichen Franchise und den Bruttokosten, wie es bei Einführung des KVG und bei der letzten Erhöhung der Franchisen vorgelegen hatte, gewahrt werden. Somit werden die Zeitabstände der Franchisenerhöhungen von der Kostenentwicklung in der OKP abhängig gemacht. Der Bundesrat rechnete damit, dass eine Bruttokostenhöhe von CHF 3'900 eine erste automatische Erhöhung der Franchisen im Jahr 2020 nötig machen würde.

In der Vernehmlassung, die zwischen Juni und Oktober 2017 stattfand, meldeten sich 65 Organisationen zu Wort. Die Mehrheit der Organisationen – darunter 14 Kantone, die meisten teilnehmenden Parteien (CVP, FDP, GLP und SVP), economiesuisse und der SGV sowie die Verbände der Leistungserbringer – stimmte der Vorlage vorbehaltlos zu. Gelobt wurden insbesondere die Stärkung der Eigenverantwortung und die erwartete dämpfende Wirkung auf den Leistungsbezug.
Auf Ablehnung stiess die Vorlage auf linker Seite: Unter anderem die SP, die Grünen und der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB), aber zum Beispiel auch der Schweizerische Gehörlosenbund und Inclusion Handicap sowie sieben Kantone (BE, FR, NE, SO, TI, VD, VS) lehnten die entsprechende Änderung des KVG ab. Kritisiert wurde, dass durch die Änderung mehr Personen von der Sozialhilfe abhängig würden und dass dadurch sowie durch die höheren Ausgaben der EL die Kosten für Kantone und Gemeinden anstiegen. Die Kritiker der Vorlage bezweifelten überdies, dass die Änderung tatsächlich zu einer Senkung der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen führen würde: Bei den Versicherten mit der Grundfranchise, auf die sich eine Franchisenerhöhung am stärksten auswirke, würde eine Erhöhung um CHF 50 kaum ins Gewicht fallen, da sie bereits sehr hohe Kosten hätten. Somit würden diese auch kaum ihr Verhalten ändern. Stattdessen untergrabe die Vorlage die Solidarität zwischen Gesunden und Kranken – wurde kritisiert –, weil diejenigen bestraft würden, die Leistungen beanspruchen müssten.

Bundesratsgeschäft für eine regelmässige Anpassung der Franchisen an die Kostenentwicklung (BRG 18.036)
Dossier: Krankenversicherung: Vorstösse zu Wahlfranchisen

Die Schweiz verfügt über eine der höchsten Dichten an praktizierenden Ärztinnen und Ärzten in der OECD. Zur Beschränkung der Ärztezahl hatte das Parlament 2000 eine zeitlich begrenzte Bedürfnisklausel eingeführt und diese bis 2011 dreimal verlängert. Aufgrund der grossen Zahl an Praxiseröffnungen nach dem Auslaufen der Bedürfnisklausel schränkte das Parlament die Zulassung von Leistungserbringenden 2013 in einem dringlichen Bundesgesetz erneut ein. Nachdem der Nationalrat einen Vorschlag zur langfristigen Steuerung des ambulanten Bereichs in der Schlussabstimmung abgelehnt hatte, musste die Zulassungsbeschränkung 2016 erneut verlängert werden. Gleichzeitig beauftragte das Parlament den Bundesrat, einen neuen Vorschlag zur Zulassung der Leistungserbringenden in die Vernehmlassung zu schicken. Diesen Vorschlag basierte der Bundesrat auf den Bericht zur Erfüllung eines Postulats der SGK-SR.
Der Bundesrat schlägt dabei Massnahmen auf drei Interventionsebenen vor. Eine erste Ebene dient der Sicherung der Qualifikation der Leistungserbringenden; dabei sollen Anforderungen an Aus- und Weiterbildung, an das Erlangen von Diplomen sowie an die Anerkennung ausländischer Diplome formuliert werden. Auf einer zweiten Ebene sollen die Anforderungen an die Leistungserbringenden durch ein formales Zulassungsverfahren mit allfälliger Wartefrist von zwei Jahren, durch einen Nachweis der Qualität der Leistungserbringung sowie durch die Knüpfung der Tätigkeit zu Lasten der OKP an Auflagen erhöht werden. Die Versicherer sollen eine Organisation schaffen, welche über die Zulassungsgesuche entscheidet. Die dritte Interventionsebene beschreibt Massnahmen, die es den Kantonen erlauben, das Versorgungsangebot nach Bedarf zu regeln. Dazu gehören Höchstzahlen an zu Lasten der OKP im ambulanten Sektor tätigen Ärztinnen und Ärzten sowie Zulassungseinschränkungen in Bereichen mit massivem Kostenanstieg.

An der Vernehmlassung, die vom 5. Juli 2017 bis zum 25. Oktober 2017 stattfand, beteiligten sich 91 Organisationen. Mehrheitlich einig war man sich über die Notwendigkeit der Zulassungssteuerung, die einzelnen Massnahmen der Vorlage stiessen jedoch auf unterschiedlich grossen Anklang. Klar für die Vorlage sprachen sich die SP, die GDK und CLASS, alle Kantone (ausser AG, GR, JU, LU und TG), die Konsumentenverbände, der Patientenverband DVSP sowie die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Berggebiete (SAB) aus. Die SVP und FDP, die meisten Dachverbände der Wirtschaft, die Versichererverbände, die Konferenz der kantonalen Ärztegesellschaften (KKA) und die meisten kantonalen und regionalen Ärztegesellschaften lehnten die Vorlage deutlich ab. Gespalten zeigten sich die Verbände der Leistungserbringenden: Einige befürworteten den bundesrätlichen Vorschlag, die meisten sprachen sich allerdings dagegen aus oder kritisierten ihn zumindest stark.
Viel Kritik gab es für den Vorschlag, die Zulassungssteuerung den Versicherern zu übertragen. Dies wurde als erster Schritt zur Aufhebung des Vertragszwangs gewertet. Stattdessen solle die Zulassung von den Kantonen gesteuert werden, argumentierten zahlreiche Akteure. Mehrfach wurde zudem eine Verschärfung der Zulassungskriterien gefordert. Unter anderem sollen Ärztinnen und Ärzte mindestens drei Jahre an schweizerischen Bildungsstätten gearbeitet haben müssen und über ausreichende Sprachkenntnisse verfügen, bevor sie zur Tätigkeit zu Lasten der OKP zugelassen werden. CVP, FDP und SVP schlugen zudem vor, die Zulassungsbeschränkungen mittelfristig mit einer einheitlichen Leistungsfinanzierung zu verknüpfen.

KVG. Zulassung von Leistungserbringern (BRG 18.047)
Dossier: Zulassungsbeschränkung für Ärztinnen und Ärzte (seit 1998)

Im April 2017 beriet die SGK-NR einen Vorentwurf zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative Borer (svp, SO) (übernommen von Brand (svp, GR)) zur Stärkung der Selbstverantwortung im KVG, gemäss welchem eine Wahlfranchise während dreier Jahre nicht gewechselt werden kann. Dadurch sollen kurzfristige Wechsel zur Grundfranchise bei bekannten anstehenden medizinischen Eingriffen verhindert und die Administrationskosten gesenkt werden. Ein Krankenkassenwechsel der Versicherer wäre unter Beibehaltung der Franchise weiterhin möglich. Die Kommission stimmte dem Vorentwurf mit 17 zu 6 Stimmen zu, eine Minderheit lehnte ihn ab, da dadurch Personen mit chronischen Erkrankungen schlechtergestellt würden. Zudem könnten den Versicherten so durch gesundheitliche oder finanzielle Schwierigkeiten grosse Probleme entstehen.
Im September 2017 schickte die SGK-NR den Vorentwurf in die Vernehmlassung. Dort stiess er bei der SVP, BDP und CVP, sechs Kantonen (AI, BL, NW, SG, UR, ZG), dem Gewerbeverband sowie einzelnen Leistungserbringern und Versicherern auf Zustimmung. Die FDP und GLP sowie vier Kantone (AG, GR, JU, ZH) stimmten zwar mehrheitlich zu, brachten aber auch Vorbehalte an. Die Befürworter lobten, dass die Vorlage die Eigenverantwortung der Versicherten sowie die Solidarität zwischen Gesunden und Kranken stärke und zur Kostensenkung beitrage. Sie brachten jedoch verschiedene Verbesserungsvorschläge ein: die Beibehaltung von einjährigen Wahlfranchisen mit Option auf mehrjährige Verträge; eine zwei- anstatt dreijährige Mindestdauer der Franchisen; eine jährliche Möglichkeit, in höhere Franchisen zu wechseln sowie eine vorgängige Analyse der Auswirkungen eines solchen Systemwechsels. Trotz ihrer Zustimmung äusserten sie Zweifel, ob durch diese Änderung wirklich ein Effekt der Kostendämpfung beobachtet werden könne. Womöglich würden dadurch mehr Personen die Grundfranchise wählen und sich in der Folge weniger kostenbewusst verhalten. Allenfalls würden die Versicherten dadurch auch mehr Sozialhilfe oder Prämienverbilligungen benötigen, wodurch die Kosten für die Kantone stiegen.
Elf Kantone (AR, BE, FR, GE, GL, NE, OW, SO, TG, TI, VD), die SP, die Grünen sowie zahlreiche Wirtschaftsverbände, Leistungserbringer, Versicherer, Konsumentenvertreter und andere Interessierte lehnten den Entwurf ab. Entweder bezweifelten sie die positive Wirkung der Vorlage auf die Selbstverantwortung der Versicherten, auf die Kosten oder auf den Aufwand für die Versicherer oder sie kritisierten die Einschränkungen der Wahlfreiheit der Versicherten und deren bereits sehr hohe Selbstbeteiligung.
Im April 2018 entschied die SGK-NR mit 11 zu 7 Stimmen bei 2 Enthaltungen, die Vorlage mit einer kleinen Änderung zu überweisen.

Pa. Iv. für eine dreijährige Vertragsdauer für alle besonderen Versicherungsformen (Franchisen, eingeschränkte Wahl usw.; Pa.Iv. 15.468)
Dossier: Krankenversicherung: Vorstösse zu Wahlfranchisen

Am 28. September 2014 stimmten Volk und Stände über die Volksinitiative "Für eine öffentliche Krankenkasse" ab. Umfragen im Vorfeld der Abstimmung deuteten auf eine relativ deutliche Ablehnung der Initiative hin, was sich an der Urne bestätigte: Bei einer Stimmbeteiligung von 46,7% wurde die Initiative mit bloss 38,2% Ja-Anteil verworfen. Alle Deutschschweizer Kantone und das Tessin legten ein Nein ein, in den Kantonen Neuenburg, Waadt, Jura und Genf wurde die Initiative dagegen angenommen, in Fribourg nur sehr knapp abgelehnt. Die Resultate offenbarten einen überaus deutlichen Röstigraben, der sich in Fribourg entlang der innerkantonalen Sprachgrenze zog. Die SP Schweiz als Abstimmungsverliererin kündigte an, in Zukunft auf Reformen des Krankenversicherungssystems hinarbeiten zu wollen, bei fehlendem politischen Willen aber auch eine erneute Volksinitiative in Betracht zu ziehen. Dagegen äusserten die Gesundheitsdirektoren der zustimmenden Westschweizer Kantone, die bereits im Abstimmungskampf gemeinsam als Befürworter aufgetreten waren, die Absicht, die Einrichtung kantonaler Einheitskassen zu prüfen. Auch die Einrichtung einer einzigen Westschweizer Einheitskasse wurde nicht ausgeschlossen. Allerdings bedarf die Einrichtung von Einheitskassen auf subnationaler Ebene einer Änderung des KVG und damit eines Beschlusses der Bundesversammlung, was an bestehenden Mehrheiten scheitern dürfte. Aus diesem Grund wurde auch die Idee geäussert, eine Volksinitiative zu lancieren, welche den Kantonen die Einrichtung eigener Einheitskassen erlaubt. Die VOX-Analyse, durchgeführt von der GfS Bern und der Universität Bern, zeigte schliesslich, dass ein klassischer Links-Rechts-Gegensatz das Abstimmungsresultat geprägt hatte und die Einstellung der Stimmenden zur Rolle des Staates von grosser Bedeutung gewesen war. Die Befürworterinnen und Befürworter der Initiative erhofften sich tiefere Prämien und drückten ihre Unzufriedenheit mit dem aktuellen System aus, während die Gegnerinnen und Gegner nicht an eine Prämiensenkung aufgrund der Einheitskasse glaubten. Sie befürchteten dagegen negative Konsequenzen aufgrund des fehlenden Wettbewerbs und eine Einschränkung der freien Arztwahl. Insgesamt nannte sowohl die befürwortende als auch die ablehnende Seite mehrheitlich rationale Stimmmotive.


Abstimmung vom 28. September 2014

Beteiligung: 46.7%
Ja: 933'012 (38.2%) / Stände: 4
Nein: 1'512'036 (61.8%) / Stände: 16 6/2

Parolen:
– Ja: SP, GPS, EVP, CSP; SGB, Travail.Suisse, VPOD.
– Nein: SVP, CVP (2*), FDP, BDP, GLP, Economiesuisse, SGV
– Stimmfreigabe: FMH, GDK
*In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Volksinitiative „für eine öffentliche Krankenkasse“ (BRG 13.079)
Dossier: Vorstösse zur Ermöglichung von Einheitskrankenkassen (seit 1998)