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Jahresrückblick 2022: Föderativer Aufbau

Die Diskussionen über Krisentauglichkeit und allfälligen Reformbedarf des schweizerischen föderalistischen Systems hielten 2022 wie schon in den Vorjahren an, allerdings in geringerer medialer Intensität: Mit dem Abflauen der Covid-19-Pandemie und der Aufhebung der meisten Massnahmen ging Anfang Jahr auch das Medieninteresse an Fragen des Föderalismus auf das Niveau vor der Pandemie zurück (siehe die Abbildungen in der angehängten APS-Zeitungsanalyse 2022).
Viele Medien, Behörden und Forschende zogen aber Bilanz darüber, ob der Föderalismus bei der Bekämpfung der Covid-19-Pandemie eher Fluch oder Segen gewesen sei. Dabei herrschte weitgehend Einigkeit, dass der Föderalismus verschiedentlich einem Schwarzpeter-Spiel Vorschub leistete, bei dem Bund und Kantone sich gegenseitig die Verantwortung für unpopuläre Entscheidungen zuschoben. Kantonal unterschiedliche Regelungen wurden oft als Flickenteppich wahrgenommen, was möglicherweise der generellen Akzeptanz von Einschränkungen schadete. Andererseits wurden dank dem «föderalen Labor» diverse innovative Lösungen in einem Kanton entwickelt und konnten im Erfolgsfall dann auch anderswo übernommen werden – so etwa die Zürcher Lösung für die Unterstützung von Kulturschaffenden, das Zuger Ampelsystem oder die Bündner Massentests, welche ihrerseits aus dem Wallis inspiriert waren. Weil der Föderalismus zu einer breiteren Abstützung politischer Massnahmen zwingt, hat er gemäss einer verbreiteten Einschätzung die Entscheidungsfindung verlangsamt und tendenziell verwässert, die Akzeptanz in der Gesellschaft dadurch aber vermutlich verbessert. Kritik gab es in den Medien, aber auch aus den Kantonen, an der Rolle der interkantonalen Konferenzen der Kantonsregierungen: Diese seien fälschlicherweise als Sprachrohre der Kantone gegenüber dem Bund und der Öffentlichkeit wahrgenommen worden.

Aufgrund dieser Diskussionen wurden teilweise auch Konsequenzen in Form von institutionellen Anpassungen gefordert. Ein von verschiedenen Seiten vorgebrachtes Anliegen war eine klarere Kompetenzzuteilung und eine bessere Koordination zwischen Bund und Kantonen. Derweil rückte die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) wieder von ihrer Ende 2020 formulierten Forderung nach einem paritätisch zusammengesetzten politisch-strategischen Führungsorgan von Bund und Kantonen ab; sie erachtete nun im Fall einer Krise bloss noch einen gemeinsamen Krisenstab auf operativer Ebene und eine Intensivierung des Dialogs auf strategischer Ebene für nötig. Zudem solle das Epidemiengesetz dem Bund künftig bereits in der besonderen Lage (und nicht erst in der ausserordentlichen Lage) eine «strategische Gesamtführung» und zusätzliche Kompetenzen für landesweite Massnahmen übertragen. Kritikerinnen und Kritiker witterten darin eine neue Schwarzpeter-Strategie: Die KdK wolle Verantwortung an den Bund abschieben. Die KdK selbst argumentierte hingegen, es gehe ihr um die Vermeidung von Flickenteppichen.

Die zwei Seiten der Föderalismusmedaille – einerseits Begünstigung innovativer Lösungen durch das föderale Labor, andererseits Verlangsamung einheitlicher Lösungen und Koordinationsbedarf zwischen Bund und Kantonen – blieben auch in anderen Bereichen ein unerschöpfliches Thema der öffentlichen Diskussion. So wurde etwa diskutiert, ob der Föderalismus bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung(en) in der Schweiz als Motor oder vielmehr als Bremsklotz wirke.
Die Aufgabenteilung und die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen war auch bei der Aufnahme der zahlreichen nach der russischen Invasion aus der Ukraine Geflüchteten ein Thema. Aufgrund der erstmaligen Aktivierung des Schutzstatus S waren dabei Fragen zu klären, wie jene nach einem Schlüssel für die Zuteilung der Geflüchteten auf die Kantone oder nach der finanziellen Unterstützung des Bundes für ihre Betreuung in den Kantonen.
In der Diskussion um eine drohende Energieknappheit forderte die Konferenz kantonaler Energiedirektoren (EnDK) nebst der Einberufung eines Krisenstabs auf Bundesebene mehr und frühzeitigere koordinierende Vorgaben vom Bund, worauf dieser vorerst nicht einging. Manche Kommentatorinnen und Kommentatoren fühlten sich an das «Gschtürm» während der Covid-19-Pandemie erinnert: Erneut schöben Bund und Kantone einander gegenseitig die Verantwortung für unpopuläre Massnahmen zu.

Die Debatte um das Verhältnis zwischen Stadt und Land flaute im Vergleich zum Vorjahr deutlich ab – bis sie im Zusammenhang mit den Bundesratsersatzwahlen im Dezember unvermittelt wieder hochkochte: Einige Stimmen in den Medien befürchteten aufgrund der Wohnorte der künftigen Bundesratsmitglieder eine Übervertretung der ländlichen Schweiz, andere sahen auf lange Sicht gerade im Gegenteil die Städte übervertreten, während Agglomerations- und Landgemeinden weniger Bundesratsmitglieder stellten als es ihrem Bevölkerungsanteil entspräche. Dagegen gehalten wurde aber vor allem auch, dass die aktuellen Wohnorte der Bundesratsmitglieder bloss von marginaler Bedeutung für die Vertretung regionaler Interessen in der Schweiz seien.

Derweil tat sich bei zwei Volksabstimmungen ein Röstigraben auf: Sowohl beim knappen Ja zur AHV-21-Reform als auch beim Nein zum Medienpaket wurde die Romandie (und bei der AHV zudem das Tessin) von einer Mehrheit der Deutschschweiz überstimmt. Zwei im Berichtsjahr erschienene Studien zum Röstigraben gaben indessen eher zu Gelassenheit Anlass: Sie zeigten unter anderem, dass sämtliche Kantone – auch jene der Sprachminderheiten – deutlich häufiger auf der Gewinner- als auf der Verlierseite stehen und dass es bisher nicht einmal bei jeder hundertsten Volksabstimmung zu einem «perfekten» Röstigraben gekommen ist, bei dem sämtliche mehrheitlich französischsprachigen Kantone auf der einen und sämtliche Deutschschweizer Kantone auf der anderen Seite standen.

In der schier unendlichen Geschichte um die Kantonszugehörigkeit von Moutier unternahmen Beschwerdeführende 2022 einen Versuch, das Abstimmungsergebnis von 2021 mit einem Rekurs umzustossen. Das bernische Statthalteramt trat auf den Rekurs jedoch nicht ein, sodass es nicht zu einer weiteren Abstimmungswiederholung kommt: Moutier wird also vom Kanton Bern zum Kanton Jura übertreten – und zwar möglichst per 1. Januar 2026. Auf dieses Datum konnten sich die beiden Kantone und der Bund inzwischen einigen. Bis dahin ist noch eine Reihe inhaltlicher Fragen zu lösen, und das Ergebnis muss in Volksabstimmungen in den Kantonen Bern und Jura sowie mit einem Parlamentsbeschluss des Bundes abgesegnet werden.
Nachdem die bisher ebenfalls bernische Gemeinde Clavaleyres diesen Prozess bereits durchlaufen hatte, stellte der Wechsel von Clavaleyres zum Kanton Freiburg am 1. Januar 2022 nur noch eine Vollzugsmeldung dar. Es handelte sich dabei um die erste Grenzverschiebung zwischen zwei Schweizer Kantonen seit 1996, als Vellerat den Kanton Bern zugunsten des Kantons Jura verliess.

Häufiger als Kantonswechsel sind Gemeindefusionen innerhalb desselben Kantons. Der Trend zu weniger und grösseren Gemeinden ging 2022 weiter: Am 1. Januar 2022 betrug die Zahl der Gemeinden in der Schweiz 2'148, das waren 24 weniger als ein Jahr davor. Damit ging die Entwicklung in einem ähnlichen Tempo weiter wie in den Vorjahren.

Jahresrückblick 2022: Föderativer Aufbau
Dossier: Jahresrückblick 2022

Am 1. Januar 2022 zählte die Schweiz 2'148 politische Gemeinden. Aufgrund von Gemeindefusionen hatte die Anzahl Gemeinden seit Januar 2021 damit um 24 abgenommen, seit Januar 2000 insgesamt um 751 Gemeinden.
Gemeindefusionen wurden zwischen dem 2. Januar 2021 und dem 1. Januar 2022 in den Kantonen Aargau, Freiburg, Tessin und Waadt vollzogen. Eine Besonderheit stellte dabei die Gemeindefusion in Murten FR dar: Sie umfasste nebst den freiburgischen Gemeinden Galmiz, Gempenach und Murten auch die bisher zum Kanton Bern gehörige Gemeinde Clavaleyres. Weil damit die Kantonsgrenzen verschoben wurden, mussten nebst den beteiligten Gemeinden auch die Kantone Bern und Freiburg sowie die Bundesversammlung dem Vorhaben ihren Segen erteilen.
Zwei besonders prominente Fusionsprojekte standen 2021 freilich im Gegenwind: Das seit 2017 laufende Vorhaben einer Fusion der Stadt Freiburg mit den umliegenden Gemeinden wurde beerdigt, nachdem eine Konsultativabstimmung im September 2021 in sechs von neun potenziellen Fusionsgemeinden negativ ausgefallen war. Und von den Gemeinden um die Stadt Bern beschlossen 2021 auch Kehrsatz und Frauenkappelen den Ausstieg aus den Fusionsabklärungen, nachdem Bolligen und Bremgarten dies bereits früher getan hatten und Köniz gar nie eingestiegen war. Im Projekt verblieben somit noch die Stadt Bern und Ostermundigen.
Der Politologe Michael Strebel wies in einem NZZ-Interview indessen darauf hin, dass solche prominenten Fehlschläge nicht darüber hinwegtäuschen sollten, dass Fusionsprojekte in der Schweiz «in Abstimmungen eigentlich sehr erfolgreich sind»: Von rund 440 Fusionsprojekten, die seit der Jahrtausendwende in einer Schlussabstimmung den Stimmberechtigten der beteiligten Gemeinden vorgelegt worden seien, seien rund drei Viertel in sämtlichen Gemeinden angenommen worden. Wie das Beispiel von Freiburg illustriert, schaffen es viele Vorhaben mit schlechteren Erfolgsaussichten freilich gar nicht bis in eine Schlussabstimmung, sondern scheitern schon früher. Auswirkungen von Gemeindefusionen seien gemäss Strebel oft bessere Leistungen für die Bevölkerung (etwa längere Öffnungszeiten der Gemeindeverwaltung oder bessere ÖV-Verbindungen), aber selten finanzielle Einsparungen. Zumindest kurzfristig führten Gemeindefusionen zudem oft zu einer geringeren Stimmbeteiligung. Einen solchen negativen Effekt auf die Stimmbeteiligung wies auch eine neue Studie zum Kanton Glarus nach (Frey et al. 2021), wo die Stimmberechtigten an der Landsgemeinde 2006 eine besonders weitgehende Gemeindefusion beschlossen hatten.

Gemeindefusionen 2021
Dossier: Gemeindefusionen

Mitte September 2020 übermittelte der Bundesrat dem Parlament seine Botschaft bezüglich des Kantonswechsels der Gemeinde Clavaleyres von Bern nach Freiburg, mit dem Antrag, seinem Beschluss zur Genehmigung zuzustimmen. Das eidgenössische Parlament behandelte das Geschäft in der Wintersession 2020. Sowohl der Ständerat (40 zu 0 Stimmen) als auch der Nationalrat (184 zu 1 Stimmen) sprachen sich ohne Debatte klar für den bundesrätlichen Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung einer Gebietsveränderung zwischen den beiden Kantonen aus. Als einziger Bundesparlamentarier stimmte Nationalrat Erich Hess (svp, BE) gegen die Genehmigung. Sofern gegen den Entscheid nicht das Referendum ergriffen wird, tritt Clavaleyres somit am 1. Januar 2022 vom Kanton Bern in den Kanton Freiburg über.

Kantonswechsel der bernischen Gemeinde Clavaleyres
Dossier: Gemeindefusionen

Après que les parlements fribourgeois et bernois eurent ratifié le concordat intercantonal réglant la modification territoriale en vue du transfert de la commune de Clavaleyres dans le canton de Fribourg, la population des deux cantons a été appelée à se prononcer. Avec une participation de 36.1%, les fribourgeois ont accepté à 96.2% d'accueillir la commune dans leur canton. Les bernois, avec une participation de 40.3%, ont été d'accord, à 89%, de s'en séparer. L'UDC bernoise s'était opposée à la fusion, ne souhaitant pas par principe renoncer à une partie du territoire bernois. Le changement de canton a été refusé seulement par les communes d'Eriz et d'Oberlangeneff.
Après 200 ans en terre bernoise, la commune redeviendra alors fribourgeoise. Elle fusionnera avec la commune de Morat, qui a voté en faveur du transfert avec 94.3% des voix. Pour ce faire, l'Assemblée fédérale doit encore valider la modification territoriale. L'officialisation est prévue pour le 1er janvier 2021, voir 2022. La Suisse n'a plus connu de transfert intercantonal depuis que la commune bernoise, Vellerat, est passée en main jurassienne en 1996.

Kantonswechsel der bernischen Gemeinde Clavaleyres
Dossier: Gemeindefusionen

Les populations des communes de Morat et de Clavaleyres ont accepté la convention de fusion des autorités communales, avec, respectivement, 92.4% et 82.4% de oui. La participation était de 35.6% et 89.7%. Un concordat intercantonal sera alors présenté aux exécutifs bernois et fribourgeois, et débattu devant les parlements. Puis, il sera soumis en votation populaire. Finalement, l'Assemblée fédérale devra donner son assentiment.



Kantonswechsel der bernischen Gemeinde Clavaleyres
Dossier: Gemeindefusionen

La commune bernoise de Clavaleyres a obtenu le droit de décider d'une potentielle fusion avec la ville fribourgeoise de Morat. Le parlement cantonal bernois a ainsi décidé, par 126 voix contre 6 et 9 abstentions, de suivre l'avis de sa Commission des institutions politiques et des relations extérieures (CIRE), qui proposait de laisser la commune de moins de 50 âmes se lancer dans une procédure de changement de canton. Tous les présidents de fraction ont soutenu, certes avec regret, cette demande. Ceux-ci se montrent lucides face à la situation de ce village ayant subi des revers lors de tentatives de fusions avec les communes bernoises de Münchenwiler et de Kallnach et qui, sans fusion avec Morat, risquerait de mourir. La commune bernoise – enclave actuellement encerclée par les cantons de Vaud et de Fribourg – et Morat devront encore voter sur le projet de fusion, avant qu'il ne soit soumis à votation dans le canton de Berne. Finalement, cela sera au Conseil national ainsi qu'au Conseil des Etats de donner leur approbation au projet, qui verra le jour au plus tôt en 2021.

Kantonswechsel der bernischen Gemeinde Clavaleyres
Dossier: Gemeindefusionen

Per 1. Januar 2016 wies das Bundesamt für Statistik noch 2'294 selbständige Gemeinden aus – im Vergleich zu 2015 hatte sich die Zahl damit um 30 Gemeinden verringert. Im Vergleich zu den Vorjahren nahm die Zahl der Gemeinden damit etwas weniger stark ab. Für 2015 kann denn auch eine durchmischte Bilanz hinsichtlich des Gelingens von Gemeindefusionen gezogen werden:
Im Rahmen der Verleihung des Demokratiepreises durch die Neue Helvetische Gesellschaft für den als vorbildhaft bezeichneten Zusammenschluss zwischen Marbach und Escholzmatt wurde auf die Bedeutung des fortwährenden Einbezugs der Bevölkerung in die Fusionsplanung hingewiesen. Die Behörden hätten hier viel gelernt und der sich selbst verstärkende Prozess der Gemeindezusammenschlüsse sei reibungsloser geworden. Eine Fusion könne deshalb durchaus auch eine Chance für eine Wiederbelebung des Milizsystems sein, insbesondere in sehr kleinräumigen Strukturen, wo das Personal für Gemeindeämter zunehmend rarer werde. Erfolgreich war auch eine Grossfusion im Kanton Tessin, wo sich rund um Bellinzona 13 Gemeinden zur zwölftgrössten Stadt der Schweiz zusammenschlossen. Der Südkanton tat sich in den letzten Jahren mit einer eigentlichen Flurbereinigung hervor: Zwischen 2000 und 2015 verschwanden nicht weniger als 110 Gemeinden – Corippo, mit 14 Einwohnern die kleinste Gemeinde der Schweiz, bewahrte allerdings bisher die Eigenständigkeit. Auch im Kanton Freiburg stimmte die Bevölkerung von sieben Gemeinden einer neuen Grossgemeinde zu. Estavayer wird mit rund 9'000 Einwohnern ab 2017 die viertgrösste Gemeinde im Kanton.
Freilich stiessen Fusionsprojekte auch 2015 auf Widerstand. Im Sonntagsblick wurde gar ein Stopp des "Fusions-Unsinns" gefordert. Die Boulevardzeitung wies darauf hin, dass eine Fusion in den wenigsten Fällen zu versprochenen Kosteneinsparungen führe. In der Tat wurden 2015 auch einige Fusionspläne von der Stimmbevölkerung lahmgelegt. So wollte Bellinzona eigentlich zehntgrösste Stadt der Schweiz werden, vier der ursprünglich 17 Gemeinden stellten sich allerdings quer. Im Kanton Solothurn stimmten drei der fünf beteiligten Partner rund um Solothurn gegen den als "Top5" bezeichneten Fusionsplan. Im basellandschaftlichen Fricktal lehnte eine der vier beteiligten Partner die Fusion ab und auch im Kanton Freiburg wurden im März gleich drei unterschiedliche Grossfusionsprojekte an der Urne beerdigt. Der Westschweizer Kanton treibt Gemeindezusammenschlüsse aktiv voran: Neben dem Kanton Tessin (-110) und dem Kanton Graubünden (-98) sticht Freiburg mit den meisten Gemeindefusionen zwischen 2000 und 2015 ins Auge (-92). Geplant ist hier auch eine Grossfusion in der Region La Gruyère mit nicht weniger als 25 Gemeinden. Weniger erfolgreich in ihren kantonalen Bemühungen waren die Kantone Waadt und Bern, die schweizweit noch immer die meisten Gemeinden aufweisen. Der Kanton Bern hatte sich zum Ziel gesetzt, innert 15 Jahren die Zahl an rund 400 Gemeinden auf 300 zu verringern. Ende 2015 gab es allerdings noch immer 352 eigenständige Kommunen. Auch im Kanton Waadt, der eher sanfte Anreize setzt, gab es Ende 2015 noch immer 318 Kommunen; 66 weniger als im Jahr 2000. Mit der Reduktion der 29 Gemeinden auf nur noch drei Verwaltungseinheiten war 2006 die radikalste Fusionskur im Kanton Glarus durchgeführt worden. Ähnliche Pläne verfolgt der Kanton Schaffhausen, indem die Regierung unter anderem die Ersetzung aller Gemeinden durch eine einzige Zentralverwaltung vorschlug.
Ein Anfang 2015 von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Chur vorgelegter "Fusions-Check" will den wirtschaftlichen, demokratiepolitischen und gesellschaftlichen Veränderungen aufgrund von Fusionen auf die Spur kommen. In ersten Analysen zeigte sich etwa, dass die politische Partizipation in grösser gewordenen Gemeinden abnimmt. Fusionen seien deshalb differenziert zu betrachten, so die Studienleiter.

Gemeindefusionen
Dossier: Gemeindefusionen

Die Debatte zur Ausgestaltung der Legislativfunktion in den Schweizer Gemeinden – salopp: Gemeindeversammlung versus Gemeindeparlament – hielt auch 2015 an. So wurde etwa in der Freiburger Gemeinde Düdingen die Einführung eines Generalrates, also eines Gemeindeparlaments, umgesetzt. Hauptargument bei der vor ein paar Jahren gefällten Entscheidung war die fehlende Legitimation aufgrund schwacher Partizipation an Gemeindeversammlungen. Zudem sei mit einem Parlament eine Versachlichung der Politik eher möglich. Auf der anderen Seite wehrten sich Mitte Juni 2015 die Einwohnerinnen und Einwohner der mehr als 20'000 Einwohner umfassenden Gemeinde Rapperswil-Jona gegen die Einführung eines Parlaments. Ein solches sei nicht nur teuer, sondern schränke auch den Handlungsspielraum der Regierung stark ein. Immerhin rund 2000 Anwesende stimmten mit grosser Mehrheit gegen den Vorschlag. Einen Ausbau der kommunalen Rechte im Rahmen von Gemeindeversammlungen wird im Kanton Basel-Landschaft angestrebt. Dort nahm der Landrat eine Motion an, die ein ausgebautes Initiativrecht auf kommunaler Ebene fordert. Das bisherige einfache Antragsrecht während der Versammlung war als zu wenig kräftig befunden worden.
Einen Beitrag zur Diskussion über die Unterschiede zwischen Versammlungs- und Parlamentsentscheiden lieferte eine an der Universität Bern verfasste Dissertation, welche die Landsgemeinden näher unter die Lupe nimmt. Die Untersuchung kommt zum Schluss, dass Landsgemeinden den Vergleich zu reinen Urnendemokratien hinsichtlich Demokratiequalität nicht zu scheuen brauchen. So bestehen etwa mehr und ausgebautere Partizipationsrechte. Die Landsgemeinde schaffe klare Mehrheitsverhältnisse und Verantwortlichkeiten. Allerdings hob die Studie die geringe Stimmbeteiligung und das fehlende Prinzip der geheimen Stimmabgabe als Nachteile von Versammlungsdemokratien hervor.
Dieser fehlende Persönlichkeitsschutz kann auch in Gemeinden ein Problem sein. In der Tat wurde etwa in Gemeinden des Kantons Aargau moniert, dass Protokolle aus Gemeindeversammlungen, in denen Voten von Versammlungsteilnehmerinnen und -teilnehmern namentlich erfasst werden, im Internet über längere Zeit abrufbar seien. Dies sei nicht mit den Richtlinien des kantonalen Datenschutzes vereinbar.

Gemeindeversammlung

Die Anzahl Gemeinden nahm auch 2014 weiter ab. Ende 2014 gab es in der Schweiz noch 2‘324 Gemeinden. Zum Vergleich: Noch 1990 lag die Zahl selbständiger Kommunen in der Schweiz bei 3‘021. Zwischen 1848 (3'205 Gemeinden) und 1990 hatte sich die Zahl der Gemeinden zwar ebenfalls reduziert, dies war aber weniger auf Fusionen als vielmehr auf Eingemeindungen in Städte zurückzuführen und der Bestand blieb während rund 140 Jahren praktisch stabil. Der seit rund 20 Jahren anhaltende starke Trend zu Gemeindezusammenschlüssen dürfte auch in den nächsten Jahren anhalten. In zahlreichen Kantonen gibt es Pläne für umfassende Gebietsreformen. So etwa im Kanton Graubünden wo es in einigen Jahren nicht mehr rund 150, sondern nur noch 50 Gemeinden geben soll oder im Kanton Bern, wo die rund 380 Gemeinden ebenfalls zu noch 50 Kommunen fusioniert werden sollen. Auch im Kanton Freiburg gibt es Pläne, die 164 Gemeinden auf noch 35 Gebietseinheiten zu reduzieren. Weil neben reinen Effizienzgründen auch zunehmend gesellschaftspolitische Aspekte wie Milizsystem, politische Vertretung oder bürgernahe Verwaltung bei Fusionsprozessen mitdiskutiert werden, schienen weniger Projekte zu scheitern. Allerdings kamen viele Projekte auch gar nicht zur Abstimmung, weil die lokale Identität an vielen Orten nach wie vor sehr stark ist was zum Rückzug von Fusionsbemühungen führen kann.

Gemeindezusammenschlüssen
Dossier: Gemeindefusionen

Nach langen Vorarbeiten stimmten die Stadt Freiburg und neun Vorortsgemeinden über den Zusammenschluss in einen Agglomerationsverband ab. Dieser ist an sich etwas Ähnliches wie ein herkömmlicher Gemeindezweckverband mit Koordinations- und Realisierungsaufgaben namentlich im Bereich von Infrastrukturen. Er ist aber demokratischer organisiert, weil das Volk ein Parlament wählt und über Initiativ- und Referendumsrechte verfügt. Die Bürgerinnen und Bürger der Agglomeration Freiburg hiessen das Projekt mit einem Ja-Stimmenanteil von 72% gut. Die einzige daran beteiligte deutschsprachige Gemeinde, Düdingen, lehnte jedoch deutlich ab; sie muss bei der neuen Institution aber trotzdem mitmachen.

Agglomerationsverband der Stadt Freiburg
Dossier: Agglomerationsgesetz und -verband Freiburg

Nach dem Vorbild von Lugano, dessen Einwohnerzahl sich im Berichtsjahr mit dem Beitritt von drei weiteren Agglomerationsgemeinden auf 55'000 erhöht hat, versucht nun auch die knapp 60'000 Einwohner zählende Stadt Luzern, durch die Vereinigung mit Vorortsgemeinden ein grösseres politisches Gewicht zu erhalten. Ziel ist es, durch eine Fusion mit den fünf grössten Agglomerationsgemeinden zusammen auf rund 150'000 Einwohner zu kommen. In einem ersten Schritt stimmten die Bürgerinnen und Bürger von Luzern und Littau (rund 16'000 Einwohner) einem Zusammenschluss zu, der anfangs 2010 in Kraft treten wird. Noch nicht soweit ist man in Freiburg. In der Kantonshauptstadt (rund 35'000 Einwohner) und in vier Agglomerationsgemeinden mit insgesamt etwa 17'000 Einwohnern wurden im Berichtsjahr kommunale Volksinitiativen für eine Fusion eingereicht.

Vorortsgemeindefusionen in Lugano, Luzern und Fribourg
Dossier: Agglomerationsgesetz und -verband Freiburg

Im Kanton Freiburg, der besonders viele Kleinstgemeinden aufweist, lief auf Ende Jahr das Dekret zur Förderung von Gemeindefusionen aus. Innerhalb der vergangenen sechs Jahre war mit Hilfe dieses Instruments die Zahl der Gemeinden von 245 auf 168 reduziert worden. Im Kanton Bern trat auf den 1. Juni das im Vorjahr vom Parlament gutgeheissene Gemeindefusionsgesetz in Kraft. Mit einem System finanzieller Anreize soll die Zahl der Gemeinden bis 2017 von 398 auf 300 reduziert werden.

Förderung von Gemeindefusionen in den Kantonen Bern und Freiburg
Dossier: Gemeindefusionen

Die Idee, kleine und mittlere Gemeinden zu fusionieren, hat in den letzten Jahren an Popularität gewonnen. Mitverantwortlich dafür waren einerseits finanzielle Gründe, indem es kleinen Gemeinden oft kaum mehr möglich war, die heute an sie gestellten Anforderungen in Bezug auf Dienstleistungen und Verwaltungstätigkeiten zu erfüllen. Andererseits erwies es sich aber auch als zunehmend schwieriger, kommunale politische Ämter zu besetzen. Federführend waren in dieser Bewegung seit einigen Jahren die Kantone Freiburg und Tessin, welche über besonders viele Klein- und Kleinstgemeinden verfügen. (Im Tessin zählt die Hälfte der Gemeinden weniger als 500 Einwohner, deren 40 sogar weniger als 100.) In der Deutschschweiz waren Gemeindefusionen bisher in Luzern am häufigsten. Im Kanton Jura beschloss das Parlament im Berichtsjahr, fusionswilligen Gemeinden finanzielle Anreize anzubieten. Im Kanton Bern gab die Regierung einen entsprechenden Gesetzesentwurf in die Vernehmlassung.

Gemeindefusionen gewinnen an Popularität

Die Kantone Waadt und Wallis traten dem „Espace Mittelland“ bei, welcher sich um eine Verbesserung der Zusammenarbeit und um die Koordination der Aktivitäten der beteiligten Kantone sowie um die Realisierung gemeinsamer Projekte bemüht. Die Organisation umfasst damit sieben Kantone (BE, SO, FR, NE, VD, VS und JU) und zählt dank dieser Erweiterung jetzt etwa gleich viele französisch- wie deutschsprachige Bewohner.

Espace Mittelland

In der französischsprachigen Schweiz machten prominente Politiker mit Vorschlägen über Kantonsfusionen resp. neue, zwischen die Kantone und den Bund eingeschobene Strukturen von sich reden. Der Waadtländer Nationalrat Pidoux (fdp) lancierte die Idee einer Fusion der Kantone Genf und Waadt. Sein Vorschlag stiess aber gerade beim Waadtländer Grossen Rat auf wenig Gegenliebe, wurde doch betont, dass eine enge Zusammenarbeit nicht nur mit Genf, sondern auch mit den Nachbarkantonen im Osten und Norden gepflegt werden müsse. In einer gemeinsamen Erklärung sprachen sich die Regierungen der beiden Kantone gegen eine Fusion aus. Kurz nach Pidoux' Vorstoss schlug der Genfer Regierungsrat Segond (fdp) vor, die sechs mehrheitlich französischsprachigen Kantone ein gemeinsames Parlament und eine Regierung wählen zu lassen, welche die Kompetenz hätten, über grosse Infrastrukturprojekte und überregionale Aufgaben (z.B. Wirtschaftsförderung) zu entscheiden. Einige Kritiker warnten, dass von Segonds Plänen das Aufkommen eines Sprachnationalismus begünstigt würde, welcher sich für den Fortbestand der Schweiz verheerend auswirken könnte. Sie schlugen deshalb den Einbezug des historisch und wirtschaftlich eng mit der übrigen Westschweiz verbundenen Kantons Bern vor.

Genf und Waadt: Kantonale Volksinitiative "Oui à la région" für eine Fusion der beiden Kantone

Der Kanton Freiburg versuchte als erster, den Bedürfnissen nach einer engeren Zusammenarbeit zwischen Kernstadt und Vorortsgemeinden durch die Schaffung einer speziellen staatlichen Institution, einem Agglomerationsrat, Rechnung zu tragen. Gemäss dem im Januar von der Regierung präsentierten Vorentwurf soll eine solche Agglomeration - konkret in Frage kommen die Regionen Freiburg und Bulle - über eine Exekutive und eine Legislative verfügen, welche in gemeindeübergreifenden Fragen, wie z.B. Verkehrspolitik, mit Entscheidungskompetenzen ausgerüstet sind. Das Kantonsparlament hiess die Neuerung noch im Berichtsjahr gut.

Zusammenarbeit zwischen Kernstadt und Vorortsgemeinden
Dossier: Agglomerationsgesetz und -verband Freiburg

Die Kantone Bern, Freiburg, Neuenburg und Solothurn, zu denen sich später auch noch der Jura gesellte, beschlossen, einen "Wirtschaftsraum Mittelland" zu gründen. In diesem Rahmen soll die Zusammenarbeit v.a. im Bildungs-, Wirtschaftsförderungs- und Verkehrsbereich verbessert und administrative Hindernisse zwischen den beteiligten Kantonen abgebaut werden. Davon erhoffen sich die Initianten eine strukturelle und wirtschaftliche Stärkung ihrer Region, welche ihre Chancen im Konkurrenzkampf mit den besser gestellten Wirtschaftszentren Genf/Lausanne und Zürich vergrössern würde. Das Projekt "Wirtschaftsraum Mittelland" fand nicht uneingeschränkte Zustimmung. Regierungsvertreter aus dem Kanton Waadt meldeten ihre Befürchtungen an, dass mit dieser, die Sprachgrenzen überschreitenden Zusammenarbeit die Solidarität der Romandie geschwächt würde. Eine Beitrittseinladung beantworteten sie ablehnend; immerhin bekundeten sie Interesse, sich an speziellen Projekten zu beteiligen. Einen ähnlich ausgerichteten Zusammenarbeitsvertrag schlossen gegen Jahresende die sechs Innerschweizer Kantone Luzern, Nid- und Obwalden, Schwyz, Uri und Zug ab. (Zur Regionalpolitik siehe hier.)

Espace Mittelland