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Jahresrückblick 2021: Gesundheit, Sozialhilfe, Sport

Auch im Jahr 2021 bestimmte die Covid-19-Pandemie massgeblich den Takt in der Schweizer Gesundheitspolitik. Unabhängig davon gaben hingegen insbesondere Geschäfte im Zusammenhang mit verschiedenen Volksinitiativen zu reden.

Am prominentesten diskutiert wurde in den Medien die Pflegeinitiative, wie beispielsweise Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse (im Anhang) zeigt – noch nie in den letzten vier Jahren wurde anteilsmässig häufiger über das Thema «Pflege» diskutiert als im Jahr 2021 (vgl. Abbildung 2). Die Pflegeinitiative zielte auf eine Verbesserung des Pflegendenstatus ab und wollte durch eine genügende Anzahl diplomierter Pflegefachpersonen den «Zugang aller zu einer ausreichenden Pflege von hoher Qualität» sicherstellen. Ende November 2021 nahm eine Mehrheit der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger die Vorlage an (61.0%). Mit Ausnahme eines Kantons sagten ferner alle Stände Ja und hörten damit nicht auf ihre Vertreterinnen und Vertreter in Bundesbern, welche die Initiative zur Ablehnung empfohlen hatten. Stattdessen wollten Regierung und Parlament den in der Initiative dargelegten Problemen mittels eines von der SGK-NR ausgearbeiteten indirekten Gegenvorschlags auf Gesetzesebene begegnen. Dieser hätte neben einer Ausbildungsoffensive auch eine Kompetenzerweiterung bezüglich selbständiger Abrechnung von Pflegeleistungen vorgesehen. In den Medien wurde der Abstimmungserfolg des Initiativkomitees unter anderem – aber nicht ausschliesslich – mit der Covid-19-Pandemie erklärt.

2021 ebenfalls auf der Traktandenliste des Parlaments stand die Organspende-Initiative und der dazu vom Bundesrat lancierte indirekte Gegenvorschlag. Einigkeit herrschte darüber, dass der Status quo der Zustimmungslösung nicht zufriedenstellend sei. Das Volksbegehren, welches beabsichtigte, dass neu alle Menschen automatisch zu Organspenderinnen und -spendern werden sollten, falls sie sich nicht explizit dagegen ausgesprochen hatten, ging jedoch sowohl dem Bundesrat als auch den beiden Kammern zu weit. Die Landesregierung forderte daher in ihrem Gegenvorschlag eine erweiterte Zustimmungslösung, bei der die Meinung der Angehörigen ebenfalls berücksichtigt wird. Nachdem der Nationalrat das Volksbegehren zunächst (denkbar knapp) zur Annahme empfohlen hatte, folgte er in der Herbstsession dem Ständerat, der sich einstimmig gegen die Initiative ausgesprochen hatte. Der indirekte Gegenvorschlag hingegen war weitgehend unbestritten und wurde von beiden Räten grossmehrheitlich für eine gute Lösung befunden, worauf das Initiativkomitee die Initiative bedingt zurückzog.

Die dritte Volksinitiative, mit der sich das Parlament 2021 im Gesundheitsbereich beschäftigte, war die Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung», welche ein lückenloses Tabakwerbeverbot zum Inhalt hat. Auch dieses Volksbegehren ging National- und Ständerat zu weit, weshalb sie die Initiative zur Ablehnung empfahlen. Parallel dazu befasste sich das Parlament mit einem neuen Tabakproduktegesetz, das im Herbst 2021 verabschiedet wurde und unter anderem ebenfalls Bestimmungen zu Tabakwerbung beinhaltete. Die beiden Kammern präsentierten die Gesetzesrevision als indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative.

Als Folge der ersten Welle der Covid-19-Pandemie im Vorjahr beklagten viele Spitäler finanzielle Einbussen. Die Kantone Schaffhausen, Aargau, Tessin und Basel-Stadt reagierten 2021 mit vier Standesinitiativen, mittels welcher sie den Bund dazu auffordern wollten, für die Ertragsausfälle, die in Zusammenhang mit dem vom Bundesrat angeordneten Verbot «nicht dringend angezeigte[r] medizinische[r] Eingriffe und Therapien» entstanden waren, aufzukommen. Der Ständerat gab den Geschäften in der Wintersession 2021 mit 21 zu 19 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) keine Folge.

Verglichen mit dem Vorjahr, als die Medien sehr ausführlich über die Sportpolitik berichteten (vgl. Abbildung 2), erhielt dieses Thema im Jahr 2021 nur beschränkt Beachtung. Erneut medial diskutiert wurden unter anderem die finanziellen Schwierigkeiten der Sportvereine, deren Unterstützung auch vom Ausgang der Abstimmung über die zweite Revision des Covid-19-Gesetzes abhing.
Im Parlament wurde insbesondere die Frage diskutiert, wie eine Mitsprache der Bevölkerung bei der Organisation und der finanziellen Unterstützung Olympischer Spiele ermöglicht werden kann. Diesbezüglich zeigte sich der Nationalrat offener als der Ständerat, als er in der Sommersession ein entsprechendes Postulat der WBK-NR annahm und einer parlamentarischen Initiative Semadeni (sp, GR) Folge gab. Letztere schickte der Ständerat in der darauffolgenden Session allerdings bachab. Das Parlament diskutierte des Weiteren über die Finanzhilfen an Sportanlagen von nationaler Bedeutung 2022–2027 (NASAK 5), wobei der Ständerat den bundesrätlichen Entwurf in der Herbstsession guthiess und der Nationalrat ihm in der Wintersession folgte.

Im Bereich Sozialhilfe beugte sich die kleine Kammer in der Frühjahrssession 2021 über eine Motion Carobbio Guscetti (sp, TI), welche darauf abzielte, Sofortmassnahmen gegen das durch die Covid-19-Pandemie verursachte Armutsrisiko zu ergreifen. Das Geschäft fand jedoch bei den Kantonsvertreterinnen und -vertretern keine Mehrheit. Medial thematisiert wurden unter anderem die möglichen Folgen der Pandemie für die Sozialhilfe sowie ein Urteil des EGMR, in welchem der Kanton Genf bezüglich seines Bettelverbotes kritisiert wurde.

Jahresrückblick 2021: Gesundheit, Sozialhilfe, Sport
Dossier: Jahresrückblick 2021

Um zu verhindern, dass die seit dem 13. März 2020 vom Bundesrat verabschiedeten Verordnungen zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie, die sich direkt auf Artikel 185 Absatz 3 der Bundesverfassung stützen, welcher der Regierung das befristete Erlassen von Verordnungen und Verfügungen als Reaktion auf schwere Störungen der öffentlichen Ordnung erlaubt, nach sechs Monaten automatisch ausser Kraft treten, unterbreitete der Bundesrat dem Parlament eine Botschaft über die Rechtsgrundlagen dieser Verordnungen. Seit April 2020 hatten die Bundeskanzlei und das EJPD dieses dringliche Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid 19-Epidemie, kurz Covid-19-Gesetz, erarbeitet. Dieses soll den Bundesrat dazu befähigen, auch künftig entsprechende erforderliche Massnahmen weiterzuführen und anzupassen.

Zwischen dem 19. Juni 2020 und dem 10. Juli 2020 wurde der Gesetzesentwurf in eine verkürzte Vernehmlassung geschickt, in welcher über 1'000 Stellungnahmen eingingen. Der Grossteil der Stellungnehmenden waren Privatpersonen, die der Vorlage argwöhnisch gegenüberstanden. Bei den Kantonen stiess das Gesetz auf grössere Zustimmung, wobei alle von ihnen Änderungsvorschläge oder Kommentare einbrachten. 14 Kantone (ZH, BE, LU, OW, NW, GL, FR, SO, SH, AI, SG, GR, TG und GE) sprachen sich grundsätzlich für den Entwurf aus, da sie die Existenz einer rechtlichen Basis für das Weiterverfolgen der durch den Bundesrat getroffenen Massnahmen als eine Notwendigkeit erachteten. Weder eine ausdrückliche Zustimmung noch eine Ablehnung erfuhr die Vorlage von Seiten weiterer elf Kantone (UR, ZG, BS, BL, AR, AG, TI, VD, VS, NE und JU). Der Kanton Schwyz und die KdK sahen explizit von einer Stellungnahme ab. Letztere wird ihre Meinung aller Voraussicht nach zu einem späteren Zeitpunkt einbringen. Bei den Parteien stiess der Gesetzesentwurf auf unterschiedlich grosse Unterstützung. Während ihm die CVP und EVP bedingungslos zustimmten, knüpften die GLP, die Grünen und die EDU ihre Zustimmung an Vorbehalte. Gegen die Vorlage in der vorliegenden Form sprachen sich FDP.Liberale, SP und SVP aus. Die BDP, Ensemble à Gauche, die Lega und die PdA verzichteten trotz Einladung auf eine Stellungnahme zum Gesetzesentwurf. Von den 60 Organisationen, die am Vernehmlassungsverfahren teilnahmen, unterstützten 27 das Vorhaben, 33 stimmten ihm zwar nicht explizit zu, lehnten es aber auch nicht ausdrücklich ab – keine einzige stellte sich somit ausdrücklich dagegen.

Am 12. August 2020 verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zum Gesetzesentwurf, nachdem er als Reaktion auf die Vernehmlassungsantworten einige Änderungen am Vorentwurf vorgenommen hatte – namentlich die Aufnahme des «generellen und verbindlichen Einbezug[s] der Kantone» und die vollständige Überarbeitung der Bestimmungen zum Gesundheitswesen, dem Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerschutz sowie dem Kulturbereich. Der Gesetzesentwurf besteht insgesamt aus 14 Artikeln, welche die Befugnisse der Landesregierung im Umgang mit der Covid-19-Epidemie insbesondere bezüglich der Eindämmung der Auswirkungen auf die Gesellschaft, Wirtschaft und die Behörden festlegen. Er betrifft überdies auch den Ausländerinnen-, Ausländer- und Asylbereich, die Entschädigung bei Erwerbsausfall, die Arbeitslosenversicherung sowie «justizielle, verfahrensrechtliche, gesellschaftsrechtliche und insolvenzrechtliche Massnahmen». Zudem wurde vorgesehen, dass das Gesetz lediglich bis Ende 2021, anstatt wie ursprünglich geplant bis Ende 2022, befristet werden soll. Für Bestimmungen im Bereich der Arbeitslosenversicherung wurde jedoch eine Befristung bis Ende 2022 festgehalten.

Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid 19-Epidemie (Covid-19-Gesetz; BRG 20.058)
Dossier: Covid-19-Gesetz und Revisionen

Anfang Dezember 2017 trug die UNESCO die Basler Fasnacht, als zweiten Schweizer Eintrag nach dem Winzerfest in Vevey, in die repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes ein. Bereits im März 2016 hatte das BAK in enger Zusammenarbeit mit dem Basler Fasnachts-Comité das Kandidaturdossier erarbeitet und eingereicht. Die Kandidatur wurde von der UNESCO als beispielhaft beurteilt, weil sie die Verwendung des Dialektes – spezifisch: des Basler Dialektes – zur Vermittlung und Sichtbarmachung des immateriellen Kulturerbes gerade im städtischen Raum besonders hervorhebe. Auch zeigte sie sich von den vorgeschlagenen Bewahrungsmassnahmen (musikalische Nachwuchsförderung und pädagogisches Material für die Schule) begeistert. Mit jährlich rund 20'000 Teilnehmenden und über 200'000 Besucherinnen und Besuchern ist die Basler Fasnacht ein bedeutendes kulturelles Ereignis für die Baslerinnen und Basler, das eine vielfältige und lebendige Tradition von Musik, mündlicher Ausdrucksform und Handwerk vereint und in vielen Bereichen des gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Lebens präsent ist.
Der Entscheid der UNESCO stiess bei der weitläufigen Basler Fasnachtsgilde auf grosse Begeisterung, sorgte aber zugleich auch für gemischte Gefühle hinsichtlich der Bedeutung dieses Entscheides für die Zukunft des Grossereignisses. Einzelne Medien führten den konservierenden Charakter einer solchen Auszeichnung als den «Haken» an der Sache an, da der eigentliche Sinn einer Aufnahme darin bestehe, den Charakter der ausgezeichneten Tradition zu «bewahren», während die Basler Fasnacht aber ein «Spiegel ihrer Zeit» sei und sich auch entsprechend wandle und verändere. Andere Medien hingegen gingen der Frage nach, wie sich die Anforderung der UNESCO, dass kulturelle Ausdrucksformen über Generationen weitervermittelt und stetig neu geschaffen werden, mit der «es ist, wie es immer war und wird so bleiben»-Mentalität alteingesessener Fasnächtler vereinbaren lasse. Der amtierende Comité-Obmann Christoph Bürgin zeigte sich diesbezüglich gegenüber den Medien eher gelassen: Er gehe nicht davon aus, dass sich die Basler Fasnacht nun grundlegend verändern werde. Sie werde wohl eine Wertsteigerung in der Region erfahren und an Bekanntheit gewinnen, mit einer Touristenschwemme sei dennoch nicht zu rechnen. Es sei nun aber an den Behörden, dafür Sorge zu tragen, dass die Rahmenbedingungen erhalten blieben. Bürgins Vorgänger, Felix Rudolf von Rohr, zeigte sich hingegen äusserst erfreut über die Auszeichnung und erhoffte sich dadurch eine Öffnung, gar ein Bekenntnis dazu, dass es sich bei der Fasnacht um eine «Evolution», einen stetigen Wandel der Tradition handle, der nicht gestoppt werden könne.
Erste kleine Änderungen brachte die neu erlangte Auszeichnung bereits wenige Tage nach Bekanntwerden mit sich: Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann (BastA) kündigte an, dass am 6. Januar 2018 an zentraler Stelle bei der Barfüsserkirche eine Fasnachtsgasse eingeweiht werden soll. Kulturminister Alain Berset trug gar im Rahmen des vom Comité organisierten Festaktes in bester Schnitzelbangg-Manier dazu bei, den Basler Dialekt über die Kantonsgrenzen hinauszutragen: «Eh jo. Eh nei. Eh jo. Eh nei. Eh jo. Eh nei. Eh jo. Das ischs Protokoll vom Bundesroot» – dies die bundesratsinterne Diskussion darüber, ob denn nun die Basler Fasnacht zum immateriellen Kulturerbe werden solle.

UNESCO-Konvention zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes

Ende September 2016 verabschiedete der Bundesrat den zweiten Staatenbericht der Schweiz zur Umsetzung der UNESCO-Konvention über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen. Der Bericht beruht auf einer Konsultationsgrundlage von Kantonen, Städten und der Zivilgemeinschaft sowie einer vom BAK in Zusammenarbeit mit dem UNESCO-Lehrstuhl für Menschenrechte und Demokratie der Universität Freiburg durchgeführten öffentlichen Tagung und umfasst die Untersuchungsperiode von 2012–2016.
Der Bericht führte gelungene Beispiele in der Förderung sowie künftige Herausforderungen auf und fokussierte dabei auf die Digitalisierung, die Achtung von Grundrechten, die kulturelle Teilhabe von Frauen und Jugendlichen sowie Projekte der internationalen Zusammenarbeit und nachhaltigen Entwicklung. Beispielhaft wurden hierbei Projekte wie die Plattform «Helvetiarockt», mit der insbesondere Musikerinnen unterstützt werden, oder die «Jugendkulturpauschale» des Kantons Basel-Stadt, die Projekte von Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis 30 Jahre unterstützt, hervorgehoben. Im Weiteren wurden auch die Aktivitäten der Stiftung Hirondelle, die sich für die Medienfreiheit in Krisengebieten einsetzt, oder das «Kulturprozent» der DEZA, die 1 Prozent ihres Budgets für Kunst und Kultur einsetzt, präsentiert.

UNESCO-Konvention zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes

Basierend auf der 2012 erstellten "Liste der lebendigen Traditionen der Schweiz" und aufgrund der Ratifikation des entsprechenden Übereinkommens im Jahr 2008 kann die Schweiz Kandidaturen für die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes einreichen, die auf gemeinschaftlichen Praktiken und gesellschaftlichen Interaktionen beruhen sollen. Von der 167 Traditionen umfassenden Liste der lebendigen Traditionen hiess der Bundesrat acht Vorschläge für Kandidaturen gut, welche nach und nach beim UNESCO-Komitee deponiert werden sollen. Die gutgeheissenen Vorschläge umfassen den Umgang mit der Lawinengefahr, das Uhrmacherhandwerk, Schweizer Grafikdesign und Typografie, die Schweizer Alpsaison, den Jodel, die Historischen Prozessionen in Mendrisio, das Winzerfest in Vevey und die Basler Fasnacht. Kandidaturen können jeweils im März bei der UNESCO deponiert werden; eine erste Schweizer Kandidatur ist für das Frühjahr 2015 vorgesehen. Ferner verabschiedete der Bundesrat Ende Jahr den ersten periodischen Staatenbericht über die Bewahrung des immateriellen Kulturerbes in der Schweiz zuhanden der UNESCO. Dieser zieht für die ersten sechs Jahre nach der Ratifikation eine positive Bilanz zur Umsetzung des Abkommens.

UNESCO-Konvention zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes

Im Jahr 2011 wendete der Kanton Zürich zusammen mit seinen Gemeinden und den Beiträgen aus dem Lotteriefonds mit CHF 439,5 Mio. am meisten Geld zur Finanzierung der Kultur auf, wie die neuesten Zahlen der jährlich vom BfS erscheinenden Statistik zu den Kulturausgaben der Kantone und Gemeinden verdeutlicht. In Relation zur Bevölkerungszahl ergibt sich jedoch ein anderes Bild: Hier führt der Kanton Basel-Stadt mit Pro-Kopf-Ausgaben von CHF 910 die Statistik klar an, gefolgt vom Kanton Genf mit CHF 785. In den restlichen Kantonen überschreiten die Kulturausgaben pro Person die 400er-Marke nicht; das Schlusslicht Schwyz kommt auf einen Betrag von CHF 78 pro Einwohner und Jahr. Die gewichtigen Differenzen erklärt sich Philipp Bischof, Leiter der Basler Abteilung für Kultur, durch die überregionale Bedeutung der städtischen Kulturhäuser. Schwyz hingegen setze eher auf die Finanzierung kleinerer Projekte, liess der Kulturbeauftragte des Kantons, Franz-Xaver Risi verlauten: Für den Besuch grösserer Institutionen könne die Kantonsbevölkerung nach Luzern oder Zürich ausweichen. Schwyz unterstützt bedeutende Kulturinstitutionen in Zürich und Luzern nach wie vor finanziell. Im Vorjahr hatte sich der Kantonsrat aufgrund in der Zwischenzeit erzielter Verhandlungsergebnisse doch dazu entschieden, die Vereinbarung über die interkantonale Zusammenarbeit im Bereich überregionaler Kulturreinrichtungen nicht aufzukündigen - dies entgegen seinem 2011 gefassten Entschluss.

Kulturausgaben der Kantone und Gemeinden

In Basel wurde Anfang April der Grundstein für ein neues Schauspielhaus gelegt. Dem Neubau, der voraussichtlich 2002 bezugsbereit sein wird, waren jahrzehntelange Debatten um den Standort und mehrere Debakel bei der Finanzierung vorangegangen. 1998 fällte die Kantonsregierung den definitiven Beschluss, wollte sich aber an den auf CHF 21 Mio. geschätzten Baukosten nur mit CHF 11,5 Mio. beteiligen. Angestiftet von einer in der Öffentlichkeit nicht genannten Privatfrau brachten ebenfalls anonym bleiben wollende Spenderinnen (später unterstützt von Spendern, Firmen und Institutionen) rund CHF 13,5 Mio. auf, die in die zu diesem Zweck gegründete Stiftung «Ladies First» flossen und dem neuen Schauspielhaus zur Verfügung gestellt werden.

Neues Schauspielhaus für Basel

Wie sich bereits im Vorjahr abzeichnete, wird Basel im Jahr 2001 nicht wie erhofftKulturhauptstadt Europas”. Der europäische Ministerrat vergab den Titel gemeinsam an das portugiesische Porto und das niederländische Rotterdam. Basel wird aber zusammen mit Riga (Lettland) den „europäischen Kulturmonat 2001” durchführen können, der seit 1992 in Städten stattfindet, die nicht der EU angehören. Diese Veranstaltung wird sich nahtlos in die ohnehin für 2001 von Basel-Stadt geplanten Anlässe im Rahmen der Expo 01 und des 500-Jahre-Jubiläums „Basel in der Eidgenossenschaft” einfügen.

Basel europäischen Kulturmonat 2001

Eine Delegation aus der "Kulturregion am Oberrhein" bestehend aus den Kulturverantwortlichen der Kantone Basel-Stadt und Baselland sowie einem Vertreter der deutschen Stadt Lörrach warb gemeinsam in Brüssel für Basel als "Kulturstadt Europas 2001". Entgegen den Erwartungen fand die Wahl nicht im Berichtsjahr statt, da sich die 15 EU-Kulturminister nicht auf eine der vorgeschlagenen Städte einigen konnten.

Basel als "Kulturstadt Europas 2001"

Die Kantonsregierungen von Basel-Stadt und Baselland einigten sich auf einen vom Baselbiet vorgeschlagenen Kulturvertrag. Damit will Liestal künftig 1% seiner Einnahmen aus der Besteuerung der natürlichen Personen, das heisst gegen CHF 7 Mio. jährlich, an das Basler Kulturangebot zahlen. In einer im Vertrag enthaltenen Liste wurden die 16 Kulturinstitutionen genannt, die basellandschaftliches Geld erhalten sollen. Aufatmen konnten vor allem die Basler Theater (statt CHF 1.5 Mio. neu CHF 3.5 Mio.) und die Stiftung Basler Orchester, aber auch eine ganze Reihe kleinerer Musik-, Tanz- und Theaterinstitutionen. Nicht berücksichtigt wurden die bildende Kunst, die Literatur und die Museen.

Basel-Stadt und Baselland Kulturvertrag

Sie einigten sich zudem auf einen neuen Abgeltungsmodus für die kulturelle Zentrumsfunktion der Stadt Basel. Nachdem die Regierung von Basel-Land kurzfristig die Erhebung einer Sondersteuer zugunsten des darbenden Basler Theaterbetriebs in Erwägung gezogen hatte, beschloss sie, auf die alte Idee des Kulturprozents zu setzen, wodurch die kulturellen Institutionen von Basel-Stadt mit einer Verdoppelung der bisherigen Leistung auf CHF 7 bis 8 Mio. rechnen können.

Basler Kulturpolitik 1996

In Basel-Stadt zeigte sich die Legislative kulturfreundlicher als die Exekutive. Gegen den ursprünglichen Antrag der Regierung milderte der Grosse Rat die für die Jahre 1996-2001 vorgesehene Kürzung der Subventionen an den städtischen Theaterbetrieb von 30% auf 20% ab. Obgleich damit vorderhand alle drei Sparten (Theater, Oper, Ballett) erhalten werden können, wird sich ein Leistungsabbau unter diesen Voraussetzungen kaum vermeiden lassen. Hauptleidtragender Bereich dürfte das Ballett sein, wo der Bestand der Truppe drastisch abgebaut und möglicherweise mittelfristig ganz aufgelöst und durch ein Tanztheater ersetzt werden soll. Gewissermassen als Trostpflaster für die Basler Theaterbesucher wurde demgegenüber im Herbst das private Musical-Theater "Messe Basel" eröffnet.

Basel-Stadt beschliesst massive Einsparungen im Kulturbereich

Die beiden Basler Halbkantone bewerben sich gemeinsam in Brüssel um den Titel einer "Kulturstadt Europas" im Jahr 2001. Zum 500-Jahr-Jubiläum seiner Zugehörigkeit zur Eidgenossenschaft will sich der Raum Basel damit als lebendige Kulturregion profilieren, die gegenüber Europa offen ist. Er erhofft sich dabei aber auch wirtschaftliche Impulse. Ende Juni unterzeichneten die beiden Kantonsregierungen die gemeinsame Bewerbung, nachdem auch der Bundesrat signalisiert hatte, dass er diese unterstützen werde.

Kulturstadt Europas Basel

Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt beantragte dem Grossen Rat massive Einsparungen im Kulturbereich. Die Subventionen an die Theatergenossenschaft sollen bis zur Spielzeit 2000/2001 um 30%, jene an die beiden Orchester um 22% zurückgestuft werden. Der Grosse Rat stimmte grundsätzlich zu, will aber die Details der Kürzungen im Theaterbereich von einer parlamentarischen Kommission festlegen lassen. Andererseits beschlossen Regierung und Grosser Rat einen Investitionskredit von 10 Mio Fr. für den Umbau einer der Muba-Hallen in eine permanente Musical-Bühne. Dank den Einnahmen aus der Billetsteuer soll dieser Betrag innert zwei Jahren wieder in die Staatskasse zurückfliessen.

Basel-Stadt beschliesst massive Einsparungen im Kulturbereich

Für die Kultur gab die öffentliche Hand 1990 insgesamt 1,85 Mia Fr. aus, das heisst 272 Fr. pro Kopf der Bevölkerung. Dies ging aus der jüngsten diesbezüglichen Untersuchung des Bundesamtes für Statistik hervor. Am meisten Mittel, nämlich 451 Mio Fr. oder 24% flossen den Theatern und dem Musikwesen zu. 320 Mio Fr. (17%) wurden für die Ausbildung an Musikschulen, Konservatorien, Kunstgewerbeschulen und dergleichen aufgewendet. Je rund 12% der Kulturausgaben gingen an die drei Bereiche Bibliotheken und Archive, Museen und Ausstellungen sowie Denkmalpflege und Heimatschutz.

Die Hauptlast der öffentlichen Kulturförderung trugen mit 53% oder 3,9% ihrer Gesamtausgaben die Gemeinden. Die Kantone steuerten 39% (2,4%) bei, der Bund lediglich 8% (0,5%). Bibliotheken und Archive, Museen und Ausstellungen, Theater und Musikwesen wurden standortbedingt vorab von den grossen Städten und deren Kantonen gefördert. Basel-Stadt, Bern, Genf, Waadt und Zürich übernahmen so über 65% der gesamten Kantons- und Gemeindeausgaben in diesen Bereichen. Der Bund beschränkte sich in erster Linie auf Aufgaben von gesamtschweizerischer Bedeutung. Dazu gehören die Landesbibliothek und das Landesmuseum, die der Bund in eigener Regie führt. Daneben machte mit 57 Mio Fr. bzw. 37% die Unterstützung der Kantone in Denkmalpflege und Heimatschutz den grössten Brocken im Kulturbudget des Bundes aus. Die Pro Helvetia erhielt 21 Mio Fr.für ihre in- und ausländischen Aktivitäten.

Öffentliche Hand gibt jährlich 1.85 Mia CHF für Kultur aus

In Basel-Stadt und Bern setzte sich das Volk gegen die Sparmassnahmen der politischen Behörden und für eine ungeschmälerte Beibehaltung des Kulturbetriebes ein. In Basel wurde in einer Zitterpartie – und nur mit 35 Stimmen Differenz – dem Theater eine dreijährige Verschnaufpause gegönnt, bevor es sich möglicherweise auf eine 30%ige Reduktion der Subventionen einstellen muss. In der Bundesstadt wehrte sich die Bevölkerung erfolgreich mit einer Petition an den Gemeinderat (Exekutive) gegen die drohenden Budgetkürzungen im Kulturbereich.

Volk gegen Sparmassnahmen bei Kultur in Basel-Stadt und Bern

Sowohl der Basler Grosse Rat wie die Gemeinde Riehen sicherten dem geplanten Beyeler-Museum ihre Unterstützung zu. Die Sammlung des Galeristen Ernst Beyeler gilt mit ihren rund 160 Werken als eine der weltweit besten Kollektionen moderner Kunst.

Geplantes Beyeler-Museum in Riehen (BS)

ln etlichen Städten führte der akute Mangel an Aufführungs- und Ausstellungsräumen zu teils heftigen politischen Auseinandersetzungen. Insbesondere klagen die Vertreter der sogenannten «Alternativkultur» über die im Vergleich zu der etablierten, stark subventionierten Konzert- und Theaterkultur krasse Benachteiligung durch die öffentliche Hand. Während diese Auseinandersetzung in Zürich seit der Einrichtung der «Roten Fabrik» abgeklungen ist und sich in Bern seit der provisorischen Öffnung der ehemaligen städtischen Reitschule beruhigt hat, führte dieses Jahr in Basel eine kompromisslose Politik bezüglich der alten Stadtgärtnerei zu einem gereizten Klima und zu handgreiflichen Auseinandersetzungen. Ein Beschluss des Grossen Rates aus dem Jahre 1980 verlangte die Errichtung eines Grünparks auf dem Areal der ehemaligen Stadtgärtnerei. Die Gebäulichkeiten waren jedoch besetzt und für kulturelle Anlässe benutzt worden, worauf das Hochbauamt als Eigentümer das Areal der «Interessengemeinschaft Alte Stadtgärtnerei» (IGAS) als Vertreterin der Benützer für eine befristete Zeit überliess. Mit einer Volksinitiative «Kultur- und Naturpark St. Johann» sollten nun die alten Gärtnereigebäude der Kultur erhalten bleiben. Die linken und grünen Parteien sowie der LdU befürworteten die Initiative, die bürgerlichen Parteien, die DSP und die PdA empfahlen die Ablehnung. Das Volksbegehren wurde Anfang Mai 1988 mit 56 Prozent Neinstimmen relativ knapp abgelehnt. Zahlreiche – auch bürgerliche – Organisationen und Einzelpersonen setzten sich darauf weiterhin für eine Kompromisslösung ein, doch der Grosse Rat drängte die Regierung, den Volksentscheid in die Tat umzusetzen, was denn auch Ende Juni mit Polizeigewalt geschah und zu heftigen Krawallen führte. Mehrere Ersatzangebote der Regierung wurden von der IGAS, teilweise auch von der Regierung selbst, als ungeeignet angesehen, worauf die «Stadtgärtnerinnen» ein ehemaliges, zum Abbruch vorgesehenes Kino besetzten und hier trotz einer Strafklage der Eigentümerin erneut einen funktionierenden Kulturbetrieb einrichteten.

Alternative Kulturformen

In der Kulturpolitik wurde namentlich aus welschen Kreisen der Wunsch nach mehr Initiative seitens des Bundes laut. Auf Anregung des Journalisten F. Jotterand führten Vertreter des kulturellen Lebens der Westschweiz in Aubonne (VD) und Lausanne Gespräche mit Bundesrat Tschudi und dem Präsidenten der Stiftung Pro Helvetia, M. Stettler, in denen eine eidgenössische Kulturförderungskonzeption sowie die Schaffung eines Kulturrats verlangt wurden; Bundesrat Tschudi zeigte für diese über die bisherige Tätigkeit der Stiftung Pro Helvetia hinauszielenden Anliegen Verständnis. Im Jahrbuch der Neuen Helvetischen Gesellschaft (NHG) für 1968, in welchem die Gespräche eine Art Fortsetzung fanden, postulierte Jotterand als ersten Schritt die Zusammenstellung eines «Labhardt-Berichts» über die kulturellen Strukturen der Schweiz; auf Grund eines solchen sollte dann in föderalistischem Geiste eine kulturelle Landesplanung zugunsten zurückgebliebener Gegenden an die Hand genommen werden. Eine vermehrte Förderung durch den Bund wurde insbesondere für das Filmschaffen gefordert; der Verband schweizerischer Filmgestalter wünschte eine Revision des Filmgesetzes, um eine wirksamere Subventionierung des Spielfilms zu ermöglichen.

Gesamtschweizerisches Interesse erregte eine Auseinandersetzung um den Ankauf von Picasso-Gemälden durch den Kanton Baselstadt. Zur Deckung von Verlusten aus dem Konkurs der Fluggesellschaft Globe Air beabsichtigte die Familienstiftung Staechelin einige Werke aus der von ihr im Basler Kunstmuseum deponierten Sammlung zu veräussern; durch einen Staatsbeitrag von CHF 6 Mio. und private Zuwendungen von weiteren CHF 2.4 Mio. konnten zwei Picasso-Bilder für die Stadt erworben und weitere Bestände auf 15 Jahre als Leihgaben gesichert werden. Gegen den vom Grossen Rat ohne nennenswerte Opposition bewilligten Kredit wurde das Referendum ergriffen; die Volksabstimmung verlief jedoch positiv.

Nationale Kulturpolitik 1966–1974