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Im September 2022 reichte der Kanton Basel-Stadt eine Standesinitiative ein, mit der er eine rasche und proportionale Rückerstattung der Krankenkassen-Reserven an die Bevölkerung forderte. Demnach sollen die Krankenkassen-Reserven im Verhältnis zu den kantonalen Anteilen an Versicherten zurückerstattet werden. Anfangs 2022 hätten die Reserven der Krankenversicherungen über 200 Prozent der Solvenzquote betragen, besonders hoch seien sie im Kanton Basel-Stadt «mit geschätzten CHF 1148 pro versicherte Person für den Zeitraum 2014–-2019» gewesen. Bei zahlreichen, im Parlament bereits hängigen, ähnlichen Vorstössen erhofften sich die Antragsstellenden im Kanton Basel-Stadt, das «Begehren [durch ihre Initiative] nachdrücklich in der Bundesversammlung vorzubringen, zumal es gerade im Ständerat aktuell einen schweren Stand hat». Gemäss Medien könnte sich dieser Stand in der Zwischenzeit womöglich gar noch verschlechtert haben, da verschiedene Stimmen den vergleichsweise grossen Prämienanstieg auf das Jahr 2023 auch auf den Reservenabbau der vergangenen Jahre zurückgeführt hatten.
Im Februar 2023 behandelte die SGK-SR mehrere Vorstösse zum Reserveabbau, sprach sich dabei aber gegen eine Verschärfung der Vorschriften aus und empfahl folglich, der Standesinitiative des Kantons Basel-Stadt keine Folge zu geben. In der Frühjahrssession 2023 folgte ihr der Ständerat und lehnte Folgegeben mit 30 zu 9 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) ab.

Rasche und proportionale Rückerstattung der Krankenkassen-Reserven an die Bevölkerung (Kt.Iv. 22.316)
Dossier: Krankenkassenreserven

In der Wintersession 2022 folgte der Ständerat seiner Kommission und gab der Standesinitiative des Kantons Basel-Stadt für eine baldige Einführung und Umsetzung der Individualbesteuerung auf Bundes- und Kantonsebene stillschweigend keine Folge. Bereits Anfang Jahr hatten die beiden Kommissionen über die verschiedenen, in der Auslegeordnung des Bundesrats enthaltenen Möglichkeiten der Ehe- und Familienbesteuerung diskutiert und sich für ein modifiziertes Ecoplan-Modell mit Haushaltsabzug ausgesprochen.

Baldige Einführung und Umsetzung der Individualbesteuerung (Kt.Iv. BS 21.317)
Dossier: Reform der Ehe- und Familienbesteuerung seit 2000 – Gemeinschaftsbesteuerung oder Individualbesteuerung?
Dossier: Bestrebungen zur Einführung der Individualbesteuerung

Im Juli 2021 – wenige Monate nach der Lancierung der Eidgenössischen Volksinitiative «Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung – reichte der Kanton Basel-Stadt eine Standesinitiative ein, mit der er eine baldige Einführung und Umsetzung der Individualbesteuerung auf Bundes- und Kantonsebene verlangte. Das Steuerrecht müsse in Anbetracht der «neuen Gleichstellungsbewegung» und des gesellschaftlichen Diskurses dringend «einen Schritt vorwärts» machen, zumal die Individualbesteuerung «der Frau als Erwerbstätige[r] endlich die gleiche Eigenständigkeit» zugestehe wie dem Mann. Den ersten Schritt müsse jedoch das Bundesparlament machen.
Die WAK-SR beantragte im Oktober 2022 mit 9 zu 4 Stimmen, der Initiative keine Folge zu geben. Das Parlament habe den Bundesrat bereits mit der Ausarbeitung einer entsprechenden Botschaft betraut, dieser habe eine Vernehmlassungsvorlage bis Ende 2022 versprochen. Man lehne parallele Aktivitäten des Parlaments ab, erklärte die Kommissionsmehrheit.

Baldige Einführung und Umsetzung der Individualbesteuerung (Kt.Iv. BS 21.317)
Dossier: Reform der Ehe- und Familienbesteuerung seit 2000 – Gemeinschaftsbesteuerung oder Individualbesteuerung?
Dossier: Bestrebungen zur Einführung der Individualbesteuerung

Bereits im Juni 2022 häuften sich die Meldungen, wonach die Krankenkassenverbände eine starke Erhöhung der Krankenkassenprämien für das Jahr 2023 erwarteten. In den letzten drei Jahren hatte der Anstieg der mittleren Prämie maximal 0.5 Prozent betragen, was die Medien als eine Art «Erholungspause» erachteten. Nun war jedoch von einem Anstieg bis zu 10 Prozent die Rede, Santésuisse schrieb von einer «dramatische[n] Kostenentwicklung». Bis Ende September verdichteten sich die Anzeichen auf einen Prämienschock, so dass die Medien die Mitteilung von Gesundheitsminister Berset zur tatsächlichen Erhöhung der mittleren Prämie schon fast mit Erleichterung aufnahmen: Die mittlere Prämie für das Jahr 2023 stieg gegenüber dem Vorjahr um 6.6 Prozent.
Das EDI begründete den Prämienschub hauptsächlich mit der Covid-19-Pandemie: Einerseits hätten 2020 und im ersten Halbjahr 2021 deutlich weniger ärztliche Behandlungen stattgefunden – diese würden seit dem zweiten Halbjahr 2021 nun nachgeholt. Neben diesem «Nachholeffekt» habe die Pandemie selbst aber auch hohe zusätzliche Kosten verursacht, Santésuisse sprach etwa von CHF 250 Mio. für Impfungen, CHF 300 Mio. für stationäre Aufenthalte – bis Ende 2022 wurden gut 60'000 Spitaleintritte mit oder wegen Covid-19 registriert – sowie Zusatzkosten in unbekannter Höhe durch Covid-19-bedingte Arztbesuche.

Die mittlere Prämie stieg in allen Kantonen an, wie üblich gab es jedoch beträchtliche Unterschiede. Am höchsten war der Prämienanstieg in den Kantonen Neuenburg (9.5%), Appenzell Innerrhoden (9.3%) und Tessin (9.2%), am niedrigsten in Basel-Stadt (3.9%), Genf (4.7%) und Glarus (4.8). Besonders erzürnt zeigten sich die Medien in Neuenburg und Tessin, die zusammen mit verschiedenen anderen französischsprachigen Kantonen eine bisher erfolglose Offensive für tiefere Krankenkassenprämien gestartet hatten. Unterschiede gab es erneut auch zwischen den Krankenversicherungen, wobei diese jedoch tiefer zu liegen kamen als in früheren Jahren. Die Medien spekulierten daher, ob die Zeit der Billigkassen nun vorbei sei. Nicht vorbei waren hingegen die Diskussionen zu den Prämienverbilligungen, welche durch den Prämienanstieg erneut Schwung erhielten.

Auch für die Zukunft erwartete das EDI weiterhin einen Anstieg der Gesundheitskosten, der – wie in den Jahren vor der Pandemie – wieder eher auf den «medizinisch-technischen Fortschritt», die steigende Anzahl Gesundheitsleistungen und die Alterung der Gesellschaft zurückzuführen sein werde. Daneben machten die Medien aber zahlreiche weitere Gründe für den Kostenanstieg aus, etwa die starke Gesundheitslobby, die zu passiven Kantone, die zu teuren Medikamente, die zu hohen Verwaltungskosten der Krankenkassen, die zu grosse Anzahl regionaler Spitäler, die zu hohen Löhne verschiedener Ärztinnen und Ärzte, aber auch die zu häufigen medizinischen Konsultationen der Versicherten.
Zwar nicht den Anstieg der Gesundheitskosten, wohl aber denjenigen der Prämien führten die Medien überdies auf den Reserveabbau des Vorjahrs zurück. Dank dem Abbau der Krankenkassenreserven war die mittlere Prämie 2022 erstmals seit Jahren leicht zurückgegangen – und dies obwohl die Gesundheitskosten gemäss einer Schätzung von Santésuisse 2021 um 6.4 Prozent gestiegen waren. Zwar war diese Entlastung inmitten der Pandemie damals breit befürwortet worden, nun fragten sich die Medien jedoch, ob die Reserven nicht besser für grössere Notfälle – wie eben im aktuellen Jahr – aufgespart worden wären. Zwar konnten die Prämien auch in diesem Jahr durch den Abbau von Reserven teilweise gesenkt werden, das EDI betonte jedoch, dass dies aufgrund der von 205 auf 155 Prozent gesunkenen Solvenzquote der Krankenkassen nur beschränkt möglich gewesen sei. Die tiefere Solvenzquote führte das Bundesamt auf Verluste an den Finanzmärkten, steigende Zinsen und höhere Kosten zurück.

Als problematisch wurde der Prämienanstieg insbesondere im Hinblick auf die Teuerung verstanden – zum «Strompreishammer» komme nun also auch noch der «Prämienschock», titelte etwa der Blick. Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier nahmen die hohen Krankenkassenprämien denn auch in ihre ausserordentliche Session zum Thema «Kaufkraft» auf und behandelten verschiedene Vorstösse für einen höheren Bundesanteil an den Prämienverbilligungen oder für einen vollständigen Abzug von den Bundessteuern; sie wurden aber allesamt abgelehnt.

Krankenkassenprämien 2023
Dossier: Prämien- und Kostenentwicklung in der Krankenversicherung (seit 2010)

Ende September 2021 gab das BAG bekannt, dass die mittlere Krankenkassenprämie 2022 erstmals seit 2008 nicht ansteigen, sondern um 0.2 Prozent sinken werde. Seit 2011 war die mittlere Prämie, also die durchschnittlich bezahlte Prämie, jährlich durchschnittlich um 2.4 Prozent angestiegen. Der Bundesrat führte den Rückgang auf seine Änderung der KVAV von April 2021 zurück, gemäss welcher die Versicherungen die Prämie durch Reserveabbau um 1.2 Prozent hätten senken und ihre Prämien allgemein knapper hätten kalkulieren können. Darüber hinaus werden die Versicherungen 2021 CHF 134 Mio. an zu hohen Prämieneinnahmen auf Genehmigung des BAG zurückerstatten. Somit war der Prämienrückgang also nicht durch einen Kostenrückgang begründet, wie etwa die NZZ betonte.
Weiterhin gross waren die regionalen Unterschiede in der Prämienentwicklung: In 14 Kantonen sanken die Prämien, in Basel-Stadt und Genf gar um 2.1 und 1.5 Prozent, hingegen kam es in 12 Kantonen, insbesondere der Ost- und Zentralschweiz, zu einem Prämienanstieg (OW: 1.4%, GL: 1.1%, NW: 0.9%, AI: 0.7%, AR, TG und LU: alle 0.6%, UR: 0.5%, SO: 0.4%, AG: 0.3%, SG und SH: beide 0.2%). Somit erfuhren für einmal diejenigen Kantone mit überdurchschnittlich hohen Prämien eine Entlastung, während die Kantone mit unterdurchschnittlichen Prämien einen Prämienanstieg zu verzeichnen hatten. Kaum Auswirkungen hatte dies jedoch auf die regionalen Unterschiede in der Prämienhöhe: Im Jahr 2022 weisen weiterhin die Kantone Basel-Stadt (CHF 409.80) und Genf (CHF 399.90) die höchsten mittleren Prämien auf, die niedrigsten fallen weiterhin in den Kantonen Appenzell-Innerrhoden (CHF 214.80) und Uri (CHF 243.80) an.
Insbesondere in der Ostschweiz sorgte die Prämienerhöhung für Ärger, wie die regionalen Medien berichteten. Die tiefen Prämien in der Ostschweiz seien durch tiefe Gesundheitskosten begründet, entsprechend sei die aktuelle Prämienerhöhung auf eine Umverteilung der Prämiengelder von der Ost- in die Westschweiz zurückzuführen, wurde vermutet. Dies veranlasste Christian Lohr (mitte, TG; Ip. 21.4263), Jakob Stark (svp, TG; Ip. 21.4328) und Mike Egger (svp, SG; Ip. 21.4228) zu Interpellationen an den Bundesrat. Der Bundesrat erklärte, dass Prämienveränderungen nicht aufgrund der aktuellen Höhe der Kosten, sondern aufgrund der erwarteten Änderungen der Kosten entstünden – in verschiedenen Ost- und Zentralschweizer Kantonen werde mit einem Kostenanstieg, in Basel-Stadt und Genf hingegen mit einer Kostenreduktion gerechnet. Zudem seien die Prämien etwa in den Ostschweizer Kantonen im Jahr 2021 gleich geblieben oder sogar gesenkt worden, weshalb jetzt eine Korrektur nötig sei.

Krankenkassenprämien 2022
Dossier: Prämien- und Kostenentwicklung in der Krankenversicherung (seit 2010)

In Erfüllung einer Motion der SGK-SR (Mo. 18.4091) legte der Bundesrat im Mai 2021 die Botschaft zum Bundesgesetz über die Regulierung der Versicherungsvermittlertätigkeit in der OKP und den Zusatzversicherungen vor. Wie von der Motion vorgesehen, soll der Bundesrat im Sinne der Selbstregulierung Branchenlösungen der Krankenversicherungen im Bereich der Vermittlertätigkeit allgemeinverbindlich erklären können, wenn sie von Versicherungen eingereicht werden, die mindestens zwei Drittel aller Versicherten in der Schweiz abdecken. Dadurch würden die Bestimmungen auch für Versicherungen, die der Vereinbarung nicht beigetreten sind, obligatorisch. Solche Regelungen sind vorgesehen bezüglich eines Verbots der Telefonwerbung bei Personen, die nie bei der fraglichen Versicherung versichert waren, bezüglich der Ausbildung der Vermittlerinnen und Vermittler, einer Einschränkung ihrer Entschädigungen und der Notwendigkeit von unterschriebenen Beratungsprotokollen.

Zwischen Mai und September 2020 hatte der Bundesrat dazu eine Vernehmlassung durchgeführt, bei der 84 Stellungnahmen eingingen. Vollständig einverstanden mit dem Gesetz zeigten sich 13 Kantone (AI, AR, BE, BL, NE, NW, OW, SO, TG, TI, UR, VS, ZG), die CVP sowie der Schweizerische Verband der Versicherungsgeneralagenten. Vollständig abgelehnt wurde sie von Economiesuisse und dem Gewerbeverband, dem Schweizerischen Konsumentenforum kf und verschiedenen Versicherungsbrokern. Die übrigen Akteure anerkannten jeweils den Regulierungsbedarf, empfanden den Entwurf aber als zu weitgehend (FDP, SVP, Bauernverband, Centre Patronal und verschiedene Versicherer sowie Curafutura und Santésuisse) respektive als zu wenig weitgehend (Kantone AG, BS, GE, JU, LU, VD; SP, Grüne, Gewerkschaftsbund, Konsumentenverbände FRC und SKS, Ombudsstelle Krankenversicherung).
Die Organisationen, welchen der Entwurf zu weit ging, kritisierten insbesondere die Definition der Vermittlertätigkeit, bei der der Bundesrat neben den externen auch die internen Vermittlerinnen und Vermittler berücksichtigt. Kritisiert wurde auch das vorgesehene Sanktionssystem und der vorgeschriebene Ausbildungsstandard, da dieser nicht durch das SBFI überprüft werde. Zudem wurde die Notwendigkeit eines neuen Gesetzes von verschiedenen Teilnehmenden verneint und eine Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit von kleinen Versicherungen befürchtet. Weiterführende Forderungen waren hingegen eine Muss- statt einer Kann-Bestimmung zum Abschluss einer Vereinbarung sowie die Schaffung einer subsidiären Kompetenz des Bundesrates, wenn die Versicherungen keine gemeinsame Vereinbarung erzielen.

Bundesgesetz über die Regulierung der Versicherungsvermittlertätigkeit (BRG 21.043)

Im Mai 2020 präsentierte der Bundesrat seine Botschaft zum Bundesgesetz über elektronische Verfahren im Steuerbereich, mit dem er die rechtliche Grundlage für die Weiterentwicklung der Digitalisierung von Verfahren schaffen wollte. Damit sollen das Ziel der ESTV, zukünftig alle Daten elektronisch zu erhalten und zu verschicken, sowie die Motion Schmid (fdp, GR; Mo. 17.3371) erfüllt werden. Die Vorlage sah daher vor, die vollständig elektronische Einreichung der Steuererklärung zu ermöglichen, die Authentizität und Integrität der übermittelten Daten sicherzustellen sowie eine elektronische Bestätigung der Daten anstelle einer Unterzeichnung zu realisieren. Geplant war diese Änderung für Einkommens-, Vermögens-, Gewinn- und Kapitalsteuern, für den Antrag auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer von natürlichen Personen mit Wohnsitz in der Schweiz sowie für die Wehrpflichtersatzabgabe – auch weiterhin sollte jedoch eine analoge Eingabe der Steuererklärung möglich bleiben. Bei Steuern, die in der Zuständigkeit des Bundes liegen, sowie beim internationalen Informationsaustausch sollten die Betroffenen hingegen zu einem elektronischen Verfahren verpflichtet werden können. Bereits heute sei eine elektronische Einreichung der Steuererklärung in den meisten Kantonen möglich, dem stehe nur die Unterzeichnungspflicht entgegen, erklärte der Bundesrat. Zukünftig solle dieses Verfahren medienbruchfrei möglich sein.
Darüber hinaus enthielt die Vorlage zwei weitere Änderungen, die zwar gemäss Bundesrat nicht direkt mit dem eigentlichen Anliegen der Vorlage zu tun hatten, aber der Verhältnismässigkeit wegen nicht in einer eigenen Vorlage behandelt würden. So sollten die Versicherungen der ESTV neu die Ausrichtung von Kapitalleistungen und Renten der zweiten Säule melden. Zudem sollten die Durchführungsbestimmungen in Art. 72 STHG, welche die Frist zur Anpassung des kantonalen Rechts an das STHG beinhalteten, vereinheitlicht und vereinfacht werden. Dabei sollte auch die Bestimmung zur Verwendung einheitlicher Formulare für die Steuererklärungen aufgehoben werden, da sie aufgrund von Eigenheiten der Kantone nie vollständig umgesetzt werden konnte.

Von Juni bis Oktober 2019 hatte die Vernehmlassung zum neuen Bundesgesetz über elektronische Verfahren im Steuerbereich stattgefunden. 25 Kantone (ausser NE), 7 Parteien (BDP, CVP, FDP, GLP, SVP, SP, Piratenpartei) und 17 Verbände und Organisationen, darunter der SSV, Economiesuisse, SGV, SGB, FDK oder TreuhandSuisse, hatten sich daran beteiligt. Sie alle stimmten der Vorlage grundsätzlich zu, stellten aber teilweise noch weitergehende Forderungen. Die Kantone, die FDK und die SSK forderten, die Bestimmung über einheitliche Formulare, wie vom Bundesrat vorgeschlagen, aufzuheben, während Economiesuisse, BDO, EXPERTsuisse und swissICT diese Pflicht beibehalten wollten. Drei Parteien (CVP, FDP, SVP) und sechs Organisationen (economiesuisse, EITSwiss, SGV, SSV, Städtische Steuerkonferenz, TreuhandSwiss) wollten dem Bundesrat nicht die Möglichkeit geben, den Steuerzahlenden bei Steuern in seiner Zuständigkeit elektronische Verfahren vorzuschreiben. In der Folge nahm der Bundesrat eine Änderung vor: So vereinheitlichte er die Übernahmefrist für Änderungen im STHG. Hingegen beliess er es bei der geplanten Streichung der Bestimmung über die einheitlichen Formulare.

Elektronische Verfahren im Steuerbereich (BRG 20.051)

Zwischen Juni und Dezember 2018 reichten die Kantone St. Gallen (Kt.Iv. 18.309), Thurgau (Kt.Iv. 18.318), Basel-Stadt (Kt.Iv. 18.322) und Basel-Landschaft (Kt.Iv. 18.324) vier ähnliche Standesinitiativen für eine kostendeckende Finanzierung der Kinderspitäler und Kinderkliniken ein. Darin forderten sie, dass die erbrachten ambulanten wie stationären Leistungen in Kinderspitälern und -kliniken in der Tarifstruktur kostendeckend vergütet werden sollten. Die vier Kantone betonten als Standort- (SG, BS, BL) respektive Trägerkantone (TG) eines der drei eigenständigen Schweizer Kinderspitäler ihre Betroffenheit, zumal sie die defizitären Spitäler seit Jahren subventionieren müssten – die beiden Basler Kantone zum Beispiel mit CHF 10 Mio. jährlich.
Sowohl im spitalambulanten als auch im stationären Bereich sei die Tarifierung für die eigenständigen Kinderspitäler und die in Erwachsenenspitälern integrierten Kinderkliniken ungenügend, kritisierten sie. Bei den Kinderspitälern kämen verschiedene, erschwerende Faktoren zusammen: So müssten diese einerseits die ganze Leistungskette von der Grund- bis zur hochspezialisierten Medizin anbieten, regelmässig besonders aufwendige angeborene Erkrankungen behandeln und hätten andererseits kaum je die Möglichkeit zur Quersubventionierung durch privat oder halbprivat versicherte Patientinnen und Patienten.
Zusätzlich angestiegen seien die jährlichen Defizite zudem durch den Tarmed-Eingriff des Bundesrates 2018. Das Defizit des Ostschweizer Kinderspitals zum Beispiel sei in der Folge von CHF 4.2 Mio. (2016) auf CHF 6.3 Mio. (2018) gestiegen; der Kostendeckungsgrad im ambulanten Bereich des Basler Kinderspitals sei von 78 auf 68 Prozent gesunken. Nicht besser sehe es im stationären Bereich aus, wo die Fallpauschalen der Swiss DRG die Leistungen ebenfalls nicht adäquat abbildeten. Diese Probleme würden jedoch von der IV und gewissen Krankenkassen nicht anerkannt, obwohl sowohl nationale als auch internationale Evidenz die höheren Kosten von Kinderspitälern gegenüber Erwachsenenspitälern in der Höhe von 20 bis 30 Prozent belege.
Der Kanton Basel-Landschaft ergänzte die generelle Handlungsaufforderung der anderen drei Kantone durch eine Liste mit konkreten Forderungen: Er verlangte die Aufhebung der Tarmed-Zeitlimitierungen für die Konsultationszeit, eine separate, kostendeckende Taxpunktbewertung, die Ausnahme der Kinderkliniken von der «Liste der grundsätzlich ambulant durchzuführenden elektiven Eingriffe» (also von Eingriffen, die zeitlich relativ frei gewählt werden können), eine Anpassung der Swiss-DRG-Tarifstruktur auf einen Kostendeckungsgrad der Kinderspitäler von 100 Prozent sowie eine genügende Abbildung der IV-Fälle in der Tarifstruktur.

Im August 2019 behandelte die SGK-SR die vier Standesinitiativen gemeinsam und liess dabei Vertreterinnen und Vertreter der vier Kantone zu Wort kommen. Die Kommission anerkannte, dass die Eigenheiten der Kindermedizin bei der Tarifierung oft ungenügend berücksichtigt würden, empfand aber eine Kommissionsmotion als das zielführendere Mittel als die Standesinitiativen, da der Bundesrat die Tarifstrukturen im ambulanten und stationären Bereich genehmigen müsse. Folglich nahm sie die Forderung der vier Kantone in eine eigene Motion (Mo. 19.3957) auf und empfahl die vier Standesinitiativen zur Vermeidung von Doppelspurigkeiten zur Ablehnung.
Im Dezember 2019 folgte der Ständerat dem Kommissionsantrag stillschweigend, lehnte die vier Initiativen ab und nahm stattdessen die Kommissionsmotion an.

Kostendeckende Finanzierung der Kinderspitäler und Kinderkliniken

Zu dem am 20. Mai 2019 in Vernehmlassung gegebenen Vorentwurf der SGK-NR zum indirekten Gegenvorschlag der Pflegeinitiative gingen bis zum 14. August 2019 insgesamt 152 Stellungnahmen ein. Während die Vorlage von weiten Kreisen grundsätzlich befürwortet wurde, nahmen drei Kantone (SZ, ZG und ZH), die SVP, Economiesuisse, Santésuisse und die Helsana eine ablehnende Haltung ein, die sie unter anderem mit dem Föderalismus oder im Falle von Santésuisse mit einem fehlenden gesetzgeberischen Handlungsbedarf begründeten.
Bezüglich der einzelnen Massnahmen, die von der Kommission vorgeschlagen worden waren, zeigte sich, dass insbesondere die Beiträge der Kantone zu den Ausbildungsleistungen der Spitäler, Pflegeheime und Spitexorganisationen im Allgemeinen sehr gut aufgenommen wurden – dies unter anderem von der GDK, 18 Kantonen, von allen Parteien (ausser der SVP), dem SGV, dem Centre Patronal, aber auch von den Gewerkschaftsdachverbänden, den Leistungserbringenden, Berufsverbänden und Bildungseinrichtungen sowie von Curafutura und drei der Santésuisse angehörigen Versicherern.
Nicht unterstützt wurden von der GDK und 14 Kantonen indes Beiträge für Auszubildende in der Krankenpflege an einer HF oder FH. Dabei stellte für sie vor allem die Verpflichtung der Kantone ein Problem dar; einer Kann-Formulierung würden sie jedoch zustimmen. Mit Ausnahme der FDP.Liberalen und der SVP befürworteten neben allen Parteien auch die Gewerkschaften, alle Leistungserbringende, Berufsverbände und Bildungsinstitutionen die Ausbildungsbeiträge. Gespalten zeigten sich die Versicherer.
Ebenfalls umstritten war die Begrenzung der Gültigkeitsdauer des Gesetzes auf acht Jahre. Während die GDK, 17 Kantone wie auch vier Parteien, die Gewerkschaften, der SGV und eine Mehrheit der Leistungserbringenden sich dagegen aussprachen, weil sie eine zeitliche Limitierung nicht für wirksam hielten, resp. der Ansicht waren, dass das Problem des Fachkräftemangels innerhalb dieses Zeitrahmens nicht gelöst werden könne, unterstützten diejenigen Versicherer, die dem Gegenvorschlag positiv gegenüberstanden, eine solche Begrenzung.
Die Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer sprach sich für eine gesetzliche Verankerung von bestimmten Leistungen, welche die Pflegefachpersonen selbstständig durchführen dürfen, aus. Es wurden allerdings einige Änderungsvorschläge angebracht. So war es der GDK und 17 Kantonen wichtig, dass Pflegefachkräfte nicht nur in der Lage seien, die pflegerische Grundversorgung in eigener Verantwortung durchzuführen, sondern diese für limitierte Zeiträume selbst auch delegieren zu können. Curafutura, Swica und Visana befürworteten die Einräumung der neuen Kompetenzen, forderten aber eine Vereinbarung der Modalitäten zwischen den Versicherern und den Pflegeverbänden. Die FDP.Die Liberalen, die GLP und der SGV wollten, dass ein Zulassungsvertrag mit einem oder mehreren Versicherern abgeschlossen werden müsse. Gutgeheissen wurde die Kompetenzerweiterung im Bereich der Grundpflege von der FMH, für den Bereich der psychiatrischen Grundpflege hingegen sprach sie sich dagegen aus.
Für die beiden Dachverbände der Versicherer, Curafutura und Santésuisse, hatten Leistungsaufträge, die verbindliche Regelungen über die zu erbringenden Ausbildungsleistungen enthalten, im KVG keinen Platz. Bei den Kantonen war die Mehrzahl der Auffassung, dass sie selbst über diese Regelung verfügen können sollten. Leistungserbringende und Berufsverbände wünschten sich eine Verknüpfung solcher Leistungsaufträge mit den von den Kantonen erteilten Betriebsbewilligungen.
Was die Einführung der Vertragsfreiheit von Pflegefachleuten betrifft, so stiess diese bei den meisten Kantonen, den Gewerkschaften, Leistungserbringenden, Berufsverbänden wie auch bei Curafutura und der Visana nicht auf offene Ohren. Wenn es hingegen nach Santésuisse ginge, müssten, falls die Kompetenzen der Pflegefachfrauen und -männern erweitert würden, der Vertragszwang gelockert oder eine Einzelvereinbarung zwischen den Versicherern und den Pflegevertretern getroffen werden.
Die Pflicht, einen Gesamtarbeitsvertrag abzuschliessen, fand abgesehen von den Gewerkschaften, linksgrünen Parteien und Bildungsinstitutionen keine Unterstützung.

Für eine starke Pflege (Pflegeinitiative). Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 18.079 & Pa.Iv. 19.401)
Dossier: Die Pflegeinitiative und ihre Umsetzung

An der Vernehmlassung zum ersten Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen zwischen September und Dezember 2018 beteiligten sich 150 Einheiten und Organisationen, darunter alle Kantone, die sieben grossen nationalen Parteien, der Städte- und der Gemeindeverband, Dachverbände der Wirtschaft, Konsumenten-, Patienten-, Leistungserbringenden- sowie Versichererverbände. Entsprechend breit war trotz Lobes für die Bemühungen des Bundesrates zur Kostensenkung auch die Kritik an dem neuen Projekt. Insbesondere wurde vor Wechselwirkungen mit anderen Revisionen, vor Finanzierungs- oder Versorgungsproblemen sowie vor einer verstärkten Bürokratisierung oder staatlichen Steuerung gewarnt, wie das BAG in seinem Ergebnisbericht erklärte.

Erstes Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen (BRG 19.046)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)

Als Reaktion auf die Vernehmlassung wurde in den Medien anfänglich insbesondere der sogenannte «Plan C», der Vorschlag der CVP zur Aufteilung der Reform, diskutiert. Eva Herzog (BS, sp) erklärte als Vizepräsidentin der FDK, dass die Kantone eine Aufteilung der Reform nicht goutieren würden. Da nicht alle von ihnen die Gewinnsteuern beliebig senken könnten, seien spezifische Steuerinstrumente wie die Patentbox und die zinsbereinigte Gewinnsteuer vonnöten. Ausführlich debattiert wurde auch die Problematik des Zeitdrucks. Im Dezember 2017 war bekannt geworden, dass die EU die Schweiz auf die sogenannte «graue Liste» der steuerlich nicht konformen Drittstaaten gesetzt hatte. Würden die verpönten Privilegien nicht bis Ende 2018 abgeschafft, wozu sich die Schweiz 2014 verpflichtet hatte – jedoch ohne einen zeitlichen Rahmen zu nennen –, seien Sanktionen durch die EU-Mitgliedstaaten möglich. Ebenfalls verstärkt wurde der Zeitdruck durch den internationalen Trend zur Senkung der Unternehmenssteuern – besonders prominent in den Medien behandelt wurde der Entscheid der USA, die Konzerngewinnsteuern per 1. Januar 2018 von 35 auf 20 Prozent zu senken. Die Schweiz müsse somit bezüglich Unternehmenssteuern möglichst rasch Rechts- und Planungssicherheit schaffen, erklärte zum Beispiel Eva Herzog. Dem pflichtete auch Finanzminister Maurer bei: Falls möglich sei die SV17 in nur zwei Sessionen vom Parlament zu verabschieden. Man müsse zudem darum besorgt sein, dass kein Referendum gegen das Gesetz ergriffen werde. Dadurch könnten erste Massnahmen anfangs 2019, der Hauptteil des Gesetzes anfangs 2020 in Kraft treten.
Inhaltlich wurde in den Medien insbesondere über die Massnahmen zur sozialen Kompensation diskutiert. Die Vernehmlassungsteilnehmenden hatten sich mit der Erhöhung der minimalen Kinderzulagen nicht zufrieden gezeigt. Der Vorschlag sei sachfremd und habe auch mit Sozialpolitik nichts zu tun, war zum Beispiel in der NZZ zu lesen. Als Alternative hatten TravailSuisse und Centre Patronal in der Vernehmlassung die Einführung eines Vaterschaftsurlaubs – wie ihn ihre Initiative vorsieht – vorgeschlagen. Ein Vaterschaftsurlaub von 20 Tagen, bezahlt über die Erwerbsersatzordnung, in die Arbeitgeber und Arbeitnehmer je 0.0275 Lohnprozente zusätzlich zu bezahlen hätten, würde gemäss Adrian Wüthrich (BE, sp), Präsident der TravailSuisse, einen regelrechten «Referendumsblocker» darstellen. Der Vorschlag fand in den Medien jedoch kaum Anklang: Jean-François Rime (svp, FR) zum Beispiel betonte als Präsident des Gewerbeverbandes, dass durch eine solche Regelung die SV17 den KMU nur noch mehr Nachteile bringen würde. Auch die SP zeigte sich mit dem Vorschlag nicht zufrieden: Man unterstütze zwar einen Vaterschaftsurlaub, dieser müsse jedoch nicht in Kombination mit der Steuervorlage 17 eingeführt werden, erklärte SP-Vizepräsident Beat Jans (sp, BS). Auch Pirmin Bischof (cvp, SO) schlug eine alternative Massnahme zur sozialen Kompensation vor: Der Bund solle den Kantonen Geld für soziale Massnahmen bezahlen, die Kantone sollen aber selbst entschieden können, für welche sozialen Zwecke sie dieses Geld einsetzten.
Die grössten Chancen schrieben die Medien gemeinhin einer Korrektur des Kapitaleinlageprinzips (KEP) zu: In der Unternehmenssteuerreform II war eine Möglichkeit für Unternehmen geschaffen worden, Kapitaleinlagen an die Aktionäre zurückzuzahlen, ohne dass diese verrechnungs- oder einkommenssteuerpflichtig sind – was faktisch eine steuerfreie Auszahlung von Dividenden bedeutet. Dadurch entstehen dem Bund, wie eine Schätzung der ESTV zeigte, Steuerausfälle zwischen CHF 400 Mio. und CHF 600 Mio. pro Jahr, wobei Neuzuzüge nicht berücksichtigt sind. Werden diese eingerechnet, geht die ESTV trotz mangelnder Daten davon aus, dass die Steuerausfälle durch eine Steigerung des BIP und der Steuereinnahmen kompensiert werden können. Eine Korrektur des KEP sei im Parlament nicht chancenlos, erklärte zum Beispiel der Tages-Anzeiger, zumal Pirmin Bischof 2011 mit seiner Motion (Mo. 11.3462), die ebenfalls eine Einschränkung des KEP gefordert hatte, nur knapp gescheitert war. Sollte es dadurch gelingen, die SP ins Boot zu holen und von der Ergreifung eines Referendums abzubringen, wäre das womöglich für die Bürgerlichen ein gangbarer Weg, war mehrfach zu lesen. Beat Jans zumindest nannte die Korrektur des KEP «eine der wichtigsten Massnahmen» zur Findung eines Kompromisses bei der Steuervorlage 17. Andererseits befürchtete zum Beispiel Hannes Germann (svp, SH), dass eine solche Regelung grosse Verunsicherung bei den Unternehmen, insbesondere bei denjenigen, die unter anderem aufgrund der bestehenden Regelung zum KEP in die Schweiz gekommen waren, auslösen würde.
Thematisiert wurden in den Medien schliesslich auch Auswirkungen auf die NFA: Um Verzerrungen in der NFA durch Änderungen der Unternehmenssteuern zu verhindern, muss das Gewicht der Unternehmenssteuern im Finanzausgleich reduziert werden. Dies soll in der NFA zu Verschiebungen in zwei- bis dreistelliger Millionenhöhe führen, wovon gemäss Berechnungen des Tages-Anzeigers mit Zahlen der Finanzverwaltung vor allem Geberkantone profitierten. Die Nehmerkantone würden demnach deutlich weniger erhalten als bisher, teilweise seien ihre Verluste in der NFA sogar grösser als die zusätzlichen Einnahmen durch die Erhöhung des Kantonsanteils. Um diese Problematik abzuschwächen, enthält die SV17 einen Ergänzungsbeitrag für ressourcenschwache Kantone in der Höhe von CHF 180 Mio., der aus dem auslaufenden Härteausgleich finanziert wird und die Situation der betroffenen Kantone während sieben Jahren verbessert.

Im März 2018 präsentierte der Bundesrat schliesslich seine Botschaft zur Steuervorlage 17. Dabei nahm er nur eine gewichtige Änderung gegenüber der Vernehmlassungsvorlage vor: Er steigerte den Kantonsanteil an den direkten Steuern von 20.5 Prozent auf 21.2 Prozent, wie es unter anderem die Kantone in der Vernehmlassung deutlich gefordert hatten. Überrascht zeigten sich die Medien vor allem darüber, dass der Bundesrat trotz breiter Forderungen auf eine Einführung der zinsbereinigten Gewinnsteuer verzichtete. Die Version der Steuervorlage 17, die der Bundesrat dem Parlament zur Beratung vorlegte, beinhaltete somit als Ausgleich zur Abschaffung der Steuerprivilegien für Statusgesellschaften eine Steigerung des Kantonsanteils an den direkten Bundessteuern von 17 auf 21.2 Prozent, was den Kantonen CHF 990 Mio. pro Jahr einbringt und es ihnen erlauben soll, ihre Gewinnsteuern zu senken. Ressourcenschwache Kantone erhalten im Rahmen der NFA zudem während sieben Jahren zusätzlich CHF 180 Mio. Die Kantone führen obligatorisch Patentboxen für in der Schweiz patentierte Erfindungen sowie fakultativ einen Steuerabzug von maximal 50 Prozent auf in der Schweiz getätigte Forschung und Entwicklung ein. Im Vergleich zur Unternehmenssteuerreform III wird auf die stark umstrittene zinsbereinigte Gewinnsteuer verzichtet. Die Steuerabzüge dürfen zusammen nicht mehr als 70 Prozent des steuerbaren Gewinns ausmachen (USR III: 80%). Ebenfalls im Unterschied zur USR III wird eine Gegenfinanzierung durch die Unternehmen eingeführt: Die Dividendenbesteuerung wird beim Bund auf 70 Prozent (Status Quo: 60%) und bei den Kantonen auf mindestens 70 Prozent erhöht (Status Quo: zwischen 35% und 70%). Zudem werden als sozialpolitische Kompensation die Mindestvorgaben für die Kinder- und Ausbildungszulage um CHF 30 auf CHF 230 respektive CHF 280 erhöht. Im Unterschied zum abgelehnten Vorschlag der USR III enthält die Steuervorlage 17 somit deutlich weniger neue Steuerprivilegien sowie eine Erhöhung der Dividendenbesteuerung und der minimalen Kinderzulagen. Infolgedessen weist diese Version der SV17 eine gewisse Ähnlichkeit mit dem kurz nach Ablehnung der USR III als «Plan B» bezeichneten Szenario auf.
Die Voto-Analyse zur USR III hatte gezeigt, dass die Stimmbürger sich insbesondere auch vor den unsicheren Konsequenzen der Vorlage gefürchtet hatten. Aus diesem Grund hatte Bundesrat Maurer die Kantone im Rahmen der SV17 beauftragt, ihm ihre Reformpläne mitzuteilen, so dass diese bei der Berechnung der finanziellen Auswirkungen ebenfalls berücksichtigt werden können. Ausser den Kantonen Obwalden, Luzern und Appenzell-Ausserrhoden, die schon über tiefe bis rekordtiefe Gewinnsteuern verfügen, gaben alle Kantone an, eine Reduktion ihrer Gewinnsteuern zu planen. In 17 Kantonen sollen die Gewinnsteuern sogar unter 14 Prozent gesenkt werden, wodurch diese gemäss Tages-Anzeiger weltweit zu den steuergünstigsten Standorten gehören würden. Durchschnittlich planen die Kantone, ihre Gewinnsteuern von 19.6 auf 14.5 Prozent zu senken. Dies bringe gemäss Berechnungen, welche die ESTV als Grundlage für die bundesrätliche Botschaft vorgenommen hatte, jährliche statische Kosten von CHF 1.8 Mrd. mit sich: CHF 700 Mio. auf Bundes- und CHF 1.1 Mrd. auf Kantonsebene. Diese Schätzung ergänzte die ESTV durch dynamische Elemente wie steigende Investitionsvolumen der Unternehmen durch die tieferen Steuern, Standortverlagerungen verschiedener Unternehmen in die Schweiz oder die Umleitung von Gewinnen in die Schweiz und erstellte 40 Szenarien zur Entwicklung der Einnahmen von Bund, Kantonen und Gemeinden. Im schlechtesten Szenario wird der Bund auch langfristig Verluste von CHF 1 Mrd. pro Jahr einfahren. Im mittleren Szenario, das Finanzminister Maurer präsentierte, werden durch die SV17 langfristig Mehreinnahmen von CHF 1.4 Mrd. pro Jahr generiert, im besten Szenario sogar Mehreinnahmen von CHF 6 Mrd. Ab wann genau diese positiven Effekte eintreten, ist unsicher; kurz- und mittelfristig rechnet die ESTV im mittleren Szenario jedoch mit Mindereinnahmen in der Höhe von CHF 2.5 Mrd. jährlich.
Diese Schätzungen wurden von mehreren Seiten kritisiert, da sie neben Annahmen zu den Reaktionen der Unternehmen auch auf Annahmen zu Gewinnsteuersätzen und Steuerprivilegien im Ausland beruhen. Zudem gehe die Studie gemäss Gewerkschaftsbund davon aus, dass die staatliche Bildung irrelevant sei oder nicht von der Steuerreform beeinflusst werde. Sie berücksichtige den kantonalen Steuerwettbewerb nicht und überschätze die Kosten einer Ablehnung der SV17 – diese werden von der Studie im mittleren Szenario auf CHF 9 Mrd. geschätzt. Finanzminister Maurer nannte die Studie «wissenschaftlich erhärtet», aus Zeitgründen sei sie jedoch nicht von Externen überprüft worden. Was die Studie gemäss SGB jedoch gut aufzeige, sei, dass die Steuerbelastung für bisher «normal» besteuerte Unternehmen – für inlandorientierte KMU, wie es die NZZ erklärte – deutlich sinke, während sie für die bisher steuerprivilegierten Firmen – für internationale Grosskonzerne – steige.

Steuervorlage 17 (SV17) und Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF; BRG 18.031)
Dossier: Unternehmenssteuerreform III, Steuervorlage 17 und AHV-Steuer-Deal (STAF)

In der Frühjahrssession 2018 bereinigte der Ständerat mit den Standesinitiativen des Kantons Aargau (St.Iv. 16.318), des Kantons Zürich (St.Iv. 06.302), des Kantons Bern (St.Iv. 07.305) und des Kantons Basel-Stadt (St.Iv. 08.318) sowie einer Motion FK-NR (Mo. 16.3006) einige Altlasten zum Thema Heiratsstrafe und Individualbesteuerung. Konkret forderten die älteren drei Standesinitiativen sowie die Motion eine Ablösung der Ehepaar- und Familienbesteuerung durch eine Individualbesteuerung bei den Einkommenssteuern respektive den direkten Steuern und den kantonalen Einkommens- und Vermögenssteuern. Die Standesinitiative des Kantons Aargau ergänzte die entsprechenden Forderungen um Aspekte der Sozialversicherungen. Bereits im Februar hatte die WAK-SR die Vorstösse vorberaten und mit 7 zu 5 (Standesinitiative Aargau), 10 zu 1 (übrige Standesinitiativen) und 8 zu 2 (Motion) beantragt, ihnen keine Folge zu geben. Begründet wurden diese Entscheide damit, dass dem Bundesrat der entsprechende Auftrag mit der Annahme der Motion Bischof (cvp, SO) bereits erteilt worden sei, weshalb die Botschaft des Bundesrates abgewartet und nicht parallel an einer eigenen Version gearbeitet werden solle. Um Druck auf den Bundesrat ausüben zu können, beantragte eine Kommissionsminderheit die Annahme der aargauischen Standesinitiative.

In der Ständeratsdebatte verwies Kommissionspräsident Bischof (cvp, SO) auf die Kommissionsempfehlung und erklärte überdies kurz die Vorgeschichte der drei älteren Standesinitiativen. Entgegen der Empfehlung der Kommission hatte der Ständerat den drei Initiativen 2009 knapp zugestimmt, der Nationalrat hatte sie jedoch noch im selben Jahr abgelehnt. Anschliessend wurde ihre Beratung bis nach der Abstimmung über die Initiative „für Ehe und Familie - gegen die Heiratsstrafe” sistiert. Eine Behandlung dieser doch relativ lange zurückliegenden Vorstösse ist möglich, weil es vor Juni 2013 keine Behandlungsfristen gab. Behandelt würden die Vorlagen aber in der aktuellen Frühjahrssession, weil die Behandlungsfrist der im Jahr 2016 eingereichten Standesinitiative des Kantons Aargau bald ende und sie nicht sistiert werden könne, erklärte Bischof. Minderheitensprecher Graber (cvp, LU) kehrte zu den inhaltlichen Aspekten zurück und betonte, dass die aargauische Standesinitiative weitergehe als die angenommene Motion Bischof: Sie schliesse eben auch sozialversicherungsrechtliche Forderungen ein. Zudem bemängelte er, dass der Bundesrat aufgrund der Priorisierung der Steuervorlage 17 die Motion Bischof liegen lasse, wodurch sie womöglich in Vergessenheit geraten könne. Um dies zu verhindern, solle man die aargauische Standesinitiative annehmen und so weiter Druck auf den Bundesrat ausüben. Schliesslich entschied sich Ständerat aber gegen alle fünf Vorlagen: Mit 25 zu 17 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) sprach er sich dagegen aus, der aargauischen Standesinitiative (St. Iv. 16.318) Folge zu geben. Dasselbe Verdikt traf stillschweigend auch die übrigen drei Standesinitiativen, während die Motion der FK-NR ohne Gegenantrag abgelehnt wurde.

Verschiedene Vorstösse zur Ehepaar- oder Individualbesteuerung (Mo. 05.3299, Kt.Iv. 06.302 / 07.305 / 08.318, Pa. Iv. 05.468, Mo. 16.3006, Kt.Iv. 16.318)
Dossier: Abschaffung der Heiratsstrafe
Dossier: Reform der Ehe- und Familienbesteuerung seit 2000 – Gemeinschaftsbesteuerung oder Individualbesteuerung?
Dossier: Bestrebungen zur Einführung der Individualbesteuerung

Im September und November 2017 entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass Mittel und Gegenstände, die für die Pflege gebraucht werden, nicht mehr separat von den Krankenkassen bezahlt werden, da diese zu den Pflegekosten gehören. Zuvor hatten die Krankenversicherung CSS und Tarifsuisse, eine Tochtergesellschaft von Santésuisse, gegen einen Regierungsratsbeschluss des Kantons Basel-Stadt zur Verlängerung des bis 2014 gültigen Tarifvertrags im Bereich MiGeL um ein Jahr geklagt.
Das Gericht unterschied zwischen Mitteln und Gegenständen, die durch professionelles Personal, und solche, die durch die Patientinnen und Patienten selbst angewendet werden. Die Krankenkassen übernehmen zukünftig also nur noch die Kosten von Mitteln und Gegenständen Letzterer. Da die Kosten der MiGeL zum Beispiel in Pflegeheimen neu bereits in den fixen Vergütungen für die Pflegekosten enthalten sind, erhalten die Heime keine zusätzliche Entschädigung mehr dafür. Das Departement Gesundheit und Soziales des Kantons Aargau sprach in seiner Medienmitteilung von Ertragsausfällen für die Pflegeheime von CHF 4 Mio. und von unbekannt hohen Ausfällen für die Spitexbetriebe. In der Folge erklärte zum Beispiel die CSS, dass sie ab 1. Januar 2018 keine MiGeL-Produkte mehr vergüten werde. Erste Krankenversicherungen hätten gemäss Medienmitteilung des Kantons Aargau zudem mit Rückforderungen für die Jahre 2015 bis 2017 begonnen.

Urteil Bundesverwaltungsgericht betreffend MiGeL
Dossier: Änderungsvorschläge zur Mittel- und Gegenständeliste (MiGeL)

Im Juni 2017 schickte der Bundesrat eine Änderung des KVG in die Vernehmlassung. Da der Anstieg der Gesundheitskosten – jährlich steigen die Vergütungen von medizinischen Leistungen durch die OKP pro Kopf um etwa 4 Prozent – nicht nur durch demografische Faktoren erklärt werden könne, sondern auch auf eine Mengenausweitung zurückzuführen sei, wollte der Bundesrat die Franchisen regelmässig an die Kostenentwicklung der OKP anpassen. Durch diese Massnahme, wie sie durch die Motion Bischofberger (cvp, AI; Mo. 15.4157) angeregt worden war, könne die Eigenverantwortung der Versicherten gestärkt werden, erklärte der Bundesrat. Konkret sollen alle Franchisen um CHF 50 erhöht werden, sobald die durchschnittlichen Bruttokosten der Leistungen pro Person mehr als dreizehnmal höher sind als die ordentliche Franchise. Damit soll das maximale Verhältnis von 1:12 zwischen der Höhe der ordentlichen Franchise und den Bruttokosten, wie es bei Einführung des KVG und bei der letzten Erhöhung der Franchisen vorgelegen hatte, gewahrt werden. Somit werden die Zeitabstände der Franchisenerhöhungen von der Kostenentwicklung in der OKP abhängig gemacht. Der Bundesrat rechnete damit, dass eine Bruttokostenhöhe von CHF 3'900 eine erste automatische Erhöhung der Franchisen im Jahr 2020 nötig machen würde.

In der Vernehmlassung, die zwischen Juni und Oktober 2017 stattfand, meldeten sich 65 Organisationen zu Wort. Die Mehrheit der Organisationen – darunter 14 Kantone, die meisten teilnehmenden Parteien (CVP, FDP, GLP und SVP), economiesuisse und der SGV sowie die Verbände der Leistungserbringer – stimmte der Vorlage vorbehaltlos zu. Gelobt wurden insbesondere die Stärkung der Eigenverantwortung und die erwartete dämpfende Wirkung auf den Leistungsbezug.
Auf Ablehnung stiess die Vorlage auf linker Seite: Unter anderem die SP, die Grünen und der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB), aber zum Beispiel auch der Schweizerische Gehörlosenbund und Inclusion Handicap sowie sieben Kantone (BE, FR, NE, SO, TI, VD, VS) lehnten die entsprechende Änderung des KVG ab. Kritisiert wurde, dass durch die Änderung mehr Personen von der Sozialhilfe abhängig würden und dass dadurch sowie durch die höheren Ausgaben der EL die Kosten für Kantone und Gemeinden anstiegen. Die Kritiker der Vorlage bezweifelten überdies, dass die Änderung tatsächlich zu einer Senkung der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen führen würde: Bei den Versicherten mit der Grundfranchise, auf die sich eine Franchisenerhöhung am stärksten auswirke, würde eine Erhöhung um CHF 50 kaum ins Gewicht fallen, da sie bereits sehr hohe Kosten hätten. Somit würden diese auch kaum ihr Verhalten ändern. Stattdessen untergrabe die Vorlage die Solidarität zwischen Gesunden und Kranken – wurde kritisiert –, weil diejenigen bestraft würden, die Leistungen beanspruchen müssten.

Bundesratsgeschäft für eine regelmässige Anpassung der Franchisen an die Kostenentwicklung (BRG 18.036)
Dossier: Krankenversicherung: Vorstösse zu Wahlfranchisen

Die Schweiz verfügt über eine der höchsten Dichten an praktizierenden Ärztinnen und Ärzten in der OECD. Zur Beschränkung der Ärztezahl hatte das Parlament 2000 eine zeitlich begrenzte Bedürfnisklausel eingeführt und diese bis 2011 dreimal verlängert. Aufgrund der grossen Zahl an Praxiseröffnungen nach dem Auslaufen der Bedürfnisklausel schränkte das Parlament die Zulassung von Leistungserbringenden 2013 in einem dringlichen Bundesgesetz erneut ein. Nachdem der Nationalrat einen Vorschlag zur langfristigen Steuerung des ambulanten Bereichs in der Schlussabstimmung abgelehnt hatte, musste die Zulassungsbeschränkung 2016 erneut verlängert werden. Gleichzeitig beauftragte das Parlament den Bundesrat, einen neuen Vorschlag zur Zulassung der Leistungserbringenden in die Vernehmlassung zu schicken. Diesen Vorschlag basierte der Bundesrat auf den Bericht zur Erfüllung eines Postulats der SGK-SR.
Der Bundesrat schlägt dabei Massnahmen auf drei Interventionsebenen vor. Eine erste Ebene dient der Sicherung der Qualifikation der Leistungserbringenden; dabei sollen Anforderungen an Aus- und Weiterbildung, an das Erlangen von Diplomen sowie an die Anerkennung ausländischer Diplome formuliert werden. Auf einer zweiten Ebene sollen die Anforderungen an die Leistungserbringenden durch ein formales Zulassungsverfahren mit allfälliger Wartefrist von zwei Jahren, durch einen Nachweis der Qualität der Leistungserbringung sowie durch die Knüpfung der Tätigkeit zu Lasten der OKP an Auflagen erhöht werden. Die Versicherer sollen eine Organisation schaffen, welche über die Zulassungsgesuche entscheidet. Die dritte Interventionsebene beschreibt Massnahmen, die es den Kantonen erlauben, das Versorgungsangebot nach Bedarf zu regeln. Dazu gehören Höchstzahlen an zu Lasten der OKP im ambulanten Sektor tätigen Ärztinnen und Ärzten sowie Zulassungseinschränkungen in Bereichen mit massivem Kostenanstieg.

An der Vernehmlassung, die vom 5. Juli 2017 bis zum 25. Oktober 2017 stattfand, beteiligten sich 91 Organisationen. Mehrheitlich einig war man sich über die Notwendigkeit der Zulassungssteuerung, die einzelnen Massnahmen der Vorlage stiessen jedoch auf unterschiedlich grossen Anklang. Klar für die Vorlage sprachen sich die SP, die GDK und CLASS, alle Kantone (ausser AG, GR, JU, LU und TG), die Konsumentenverbände, der Patientenverband DVSP sowie die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Berggebiete (SAB) aus. Die SVP und FDP, die meisten Dachverbände der Wirtschaft, die Versichererverbände, die Konferenz der kantonalen Ärztegesellschaften (KKA) und die meisten kantonalen und regionalen Ärztegesellschaften lehnten die Vorlage deutlich ab. Gespalten zeigten sich die Verbände der Leistungserbringenden: Einige befürworteten den bundesrätlichen Vorschlag, die meisten sprachen sich allerdings dagegen aus oder kritisierten ihn zumindest stark.
Viel Kritik gab es für den Vorschlag, die Zulassungssteuerung den Versicherern zu übertragen. Dies wurde als erster Schritt zur Aufhebung des Vertragszwangs gewertet. Stattdessen solle die Zulassung von den Kantonen gesteuert werden, argumentierten zahlreiche Akteure. Mehrfach wurde zudem eine Verschärfung der Zulassungskriterien gefordert. Unter anderem sollen Ärztinnen und Ärzte mindestens drei Jahre an schweizerischen Bildungsstätten gearbeitet haben müssen und über ausreichende Sprachkenntnisse verfügen, bevor sie zur Tätigkeit zu Lasten der OKP zugelassen werden. CVP, FDP und SVP schlugen zudem vor, die Zulassungsbeschränkungen mittelfristig mit einer einheitlichen Leistungsfinanzierung zu verknüpfen.

KVG. Zulassung von Leistungserbringern (BRG 18.047)
Dossier: Zulassungsbeschränkung für Ärztinnen und Ärzte (seit 1998)

Mit der 2011 lancierten Volksinitiative "Für Ehe und Familie - gegen die Heiratsstrafe" kam am 28. Februar 2016 die zweite CVP-Initiative innerhalb eines Jahres zur Abstimmung. Die Initiative verlangte, dass die Ehe gegenüber anderen Formen des Zusammenlebens nicht benachteiligt wird, insbesondere in Bezug auf Steuern und Sozialversicherungen. FDP, BDP, SP, GP und GLP fassten allesamt die Nein-Parole und folgten damit dem Parlament, das sich nach langem Hin und Her dafür entschieden hatte, der Initiative keinen direkten Gegenvorschlag gegenüberzustellen. Unterstützung erhielt die CVP von Seiten der SVP, der EVP und der EDU, die die Ja-Parole beschlossen hatten. Wie bereits im Vorjahr verlief der Abstimmungskampf zur Initiative der CVP verhältnismässig lau. So wurden etwa für das am gleichen Tag zur Abstimmung gebrachte Referendum über die zweite Gotthardröhre rund zehnmal mehr Inserate in Schweizer Tages- und Wochenzeitungen geschaltet als für die Initiative gegen die Heiratsstrafe. Im Falle der Durchsetzungsinitiative der SVP, über die das Schweizer Volk ebenfalls am 28. Februar 2016 befand, fanden rund viermal mehr Inserate Eingang in der Tagespresse als für das CVP-Volksbegehren. Dies spielte den Befürwortern in die Karten, da es sich laut den Experten von gfs.bern um eine "potenzielle Mehrheitsinitiative" des bürgerlich-konservativen Lagers handelte. Im Laufe des Wahlkampfs verschafften sich die Gegner dann aber immer mehr Gehör und vermochten ihre Argumente besser zu platzieren. Insbesondere das Argument, wonach die Initiative gleichgeschlechtliche Paare diskriminiere, war in den Medien präsent. Passend zum zähen parlamentarischen Ringen um die Frage, ob man dem Begehren der CVP einen direkten Gegenentwurf gegenüberstellen wolle, und der Tatsache, dass mit dem Initiativtext mehrere Konfliktlinien salient wurden, fiel am Ende das Abstimmungsresultat knapp aus: 49,2% der Partizipierenden und 18 Stände stimmten der Vorlage zu, womit die Vorlage zwar ein Ständemehr, nicht aber das Volksmehr hinter sich hatte und entsprechend abgelehnt wurde. Die gesamtschweizerische Stimmbeteiligung betrug 63,3%. Die höchsten Ja-Stimmenanteile erreichte die Initiative in den Kantonen Jura (60,1%), Wallis (57,0%) und Appenzell Innerrhoden (55,6%). Am wenigsten Zustimmung erhielt das Anliegen in den bevölkerungsreichen Kantonen Basel-Stadt (39,5%), Zürich (43,5%) und Waadt (45,7%).

Abstimmung vom 28. Februrar 2016

Beteiligung 63,3%
Ja 1'609'152 (49,2%) / Stände 15 3/2
Nein 1'664'224 (50,8%) / Stände 5 3/2

Parolen:
-Ja: CVP, SVP, EVP, EDU
-Nein: FDP, BDP, SP, GP, GLP

Volksinitiative der CVP «Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe»
Dossier: Abschaffung der Heiratsstrafe
Dossier: Volksinitiative «für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe»: Initiative, Annullierung und Rückzug
Dossier: Reform der Ehe- und Familienbesteuerung seit 2000 – Gemeinschaftsbesteuerung oder Individualbesteuerung?

Am 14. Juni 2015 kam die Volksinitiative "Millionen-Erbschaften besteuern für unsere AHV (Erbschaftssteuerreform)", die von der EVP, der SP, den Grünen, der CSP, dem SGB sowie dem Verein Christnet 2011 lanciert worden war, zur Abstimmung. Die Initianten forderten, dass Nachlässe und Schenkungen über CHF 2 Mio. zu einem Satz von 20 Prozent besteuert werden. Zwei Drittel der Erträge sollten dem Ausgleichsfonds der AHV und ein Drittel den Kantonen zukommen. Die Gegnerschaft hatte sich schnell formiert: Entsprechend dem Stimmverhalten ihrer National- und Ständeräte gaben SVP, FDP, CVP, BDP und GLP die Nein-Parole heraus. Das Ja-Lager sah sich damit im Wahlkampf mit einer potenten und in wirtschaftlichen Themen gut eingespielten Nein-Allianz konfrontiert. Während die Befürworter versuchten, die Erbschaftssteuer als faire Steuer darzustellen und die Vorzüge der zusätzlichen Einnahmen für die AHV propagierten, legten die Gegner mit Slogans wie "Wohlstand zerstören?" oder "Familienfeindlich. KMU-feindlich." den Fokus auf die potenziellen Folgen einer Annahme auf Familienunternehmen. Zudem wurde vom Contra-Lager mehrfach auch die aus ihrer Sicht "rechtsstaatlich fragwürdige" Rückwirkungsklausel ins Feld geführt, durch die im Falle einer Annahme der Vorlage Schenkungen ab dem 1. Januar 2012 dem Nachlass angerechnet worden wären. Diese Klausel hatte bereits während der parlamentarischen Debatte für Diskussionen gesorgt und im Wahlkampf wohl zugunsten der Initiativgegner mobilisiert. Die Nein-Kampagne war, wie bei anderen ähnlich gelagerten Abstimmungen zuvor, den Befürwortern in Sachen Präsenz und Reichweite deutlich überlegen. So kam es dann auch nicht überraschend, dass die Volksinitiative von Volk und Ständen deutlich verworfen wurde: 29,0% der Partizipierenden stimmten der Vorlage zu. Die gesamtschweizerische Stimmbeteiligung betrug 43,7%. Die höchsten Ja-Stimmenanteile erreichte die Initiative in den Kantonen Basel-Stadt (41,3%), Bern (35,6%) und Neuenburg (34,0%). Am wenigsten Zustimmung erhielt das Anliegen in den Kantonen Wallis (15,7%), Schwyz (17,2%) und Obwalden (17,8%).

Abstimmung vom 14. Juni 2015

Beteiligung 43,7%
Ja 657'851 (29,0%) / Stände 0
Nein 1'613'982 (71,0%) / Stände 20 6/2

Parolen:
-Ja: SP, GPS, SGB
-Nein: SVP, FDP, CVP, BDP, GLP

„Millionen-Erbschaften besteuern für unsere AHV (Erbschaftssteuerreform)“

Die Staatsfinanzen des Bundes befanden sich im Berichtsjahr trotz der wirtschaftlichen Wachstumsverlangsamung in solider Verfassung. Im Gegensatz zum defizitgeplagten Ausland schloss die Staatsrechnung erneut mit einem Überschuss. Vor diesem Hintergrund überraschte es kaum, dass die eidgenössischen Räte radikalen Reformvorschlägen nicht wohlwollend gesinnt waren. So gab der Nationalrat drei Standesinitiativen keine Folge, die eine Vereinfachung des Steuersystems verlangten. Damit wurden die im Jahre 2010 durch den Ständerat gefällten Beschlüsse bestätigt. Das erste Geschäft betraf die Standesinitiative „Easy Swiss Tax“, welche der Kanton Zürich bereits im Jahre 2008 eingereicht hatte. Der Vorstoss zielte darauf ab, die eidgenössische Steuergesetzgebung grundlegend zu revidieren, indem Gemeinden und Kantone bei der Einkommensbesteuerung individuelle Einheitssteuertarife und fixe Einheitsabzüge einführen sowie die geltenden Vermögens- und Ertragsbesteuerungen durch eine Soll-Kapitalrendite-Besteuerung ersetzen sollten. In der Frühjahrssession sprach sich eine knappe Mehrheit von 77 zu 74 NationalrätInnen gegen die Standesinitiative aus. Deutlicher fiel das Abstimmungsergebnis zu einer Standesinitiative des Kantons Basel-Stadt (St. Iv. 10.309) aus, welche die Steuerausnahmen und die Steuerabzüge auf das unbedingt Notwendige reduzieren, den Grundsatz der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit stärken und eine koordinierte Vorgehensweise von Bund und Kantonen bei der Reform ihrer Steuersysteme fördern wollte. Mit 101 zu 47 Stimmen gab auch der Nationalrat diesem Vorstoss keine Folge. Das gleiche Schicksal wurde schliesslich einer Standesinitiative des Kantons Neuenburg (St. Iv. 08.325) zuteil, welche die Bundesversammlung aufgefordert hätte, bei der direkten Besteuerung von natürlichen Personen eine Erhebung an der Quelle zu ermöglichen. In der Frühjahrsession stimmte eine Mehrheit von 107 zu 51 Nationalrätinnen gegen dieses Anliegen. Der Ständerat hatte dieser Standesinitiative bereits im Jahre 2010 keine Folge geben.

Standesinitiativen für eine Vereinfachung des Steuersystems bei der direkten Besteuerung von natürlichen Personen (Kt.Iv. 08.324; Kt.Iv. 08.325; Kt.Iv. 10.309)
Dossier: Vereinfachung des Steuersystems

Im Berichtsjahr war auch die Ehepaarbesteuerung und ein möglicher Übergang zur Individualbesteuerung wieder ein Thema. Im Ständerat wurde eine Motion der FDP-Fraktion sowie drei Standesinitiativen aus den Kantonen Zürich (St. Iv. 06.302), Bern (St. Iv. 07.305) und Basel-Stadt (St. Iv. 08.318) überwiesen, die einen Übergang zur Individualbesteuerung forderten. Während sich die Kommissionsmehrheit für eine Ablehnung aussprach, weil die Vorschläge schon zu sehr eine Richtung vorgeben würden und zum Teil noch aus der Zeit vor der Diskussion von Sofortmassnahmen zur Ehepaarbesteuerung stammten, beschloss der Rat alle zu überweisen. Im Nationalrat hatten alle Vorstösse keine Chance und wurden diskussionslos abgelehnt. Auch wurde vom Ständerat eine parlamentarische Initiative Schwaller (cvp, FR) (Pa. Iv. 05.468) angenommen, die die sofortige Beseitigung der Heiratsstrafe mittels Teilsplitting forderte. Auch hier war dem Rat wichtig, das Thema Ehepaarbesteuerung weiterzuverfolgen. Der Nationalrat lehnte diese Initiative jedoch diskussionslos ab.

Verschiedene Vorstösse zur Ehepaar- oder Individualbesteuerung (Mo. 05.3299, Kt.Iv. 06.302 / 07.305 / 08.318, Pa. Iv. 05.468, Mo. 16.3006, Kt.Iv. 16.318)
Dossier: Abschaffung der Heiratsstrafe
Dossier: Reform der Ehe- und Familienbesteuerung seit 2000 – Gemeinschaftsbesteuerung oder Individualbesteuerung?
Dossier: Bestrebungen zur Einführung der Individualbesteuerung

Das im Vorjahr eingereichte Kantonsreferendum gegen das Steuerentlastungsprogramm des Bundes war erfolgreich. Das Volk lehnte am 16. Mai das Steuerpaket deutlich ab, in keinem einzigen Kanton ergab sich eine Ja-Mehrheit. (Zum Abstimmungsresultat siehe hier.)

Steuerpaket 2001 (BRG 01.021)
Dossier: Steuerpaket 2001

Das Steuerpaket hat insbesondere bei der Wohneigentumsbesteuerung massive Steuerausfälle für die Kantone zur Folge; deshalb lehnten die kantonalen Finanzdirektoren die Steuerreform ab. In der Folge reichten elf – nötig gewesen wären acht – kantonale Regierungen resp. Parlamente (BE, BS, GL, GR, JU, OW, SG, SH, SO, VS, VD) erstmals in der Geschichte des Bundesstaates ein Kantonsreferendum ein. Da das Zustandekommen des Kantonsreferendums bis im September unklar war, reichte ein links-grünes Komitee ebenfalls das Referendum gegen das Steuerpaket ein.

Steuerpaket 2001 (BRG 01.021)
Dossier: Steuerpaket 2001

Als Novum in der Geschichte des Bundesstaates machten zum ersten Mal Kantone Gebrauch von ihrem Recht, gegen einen Parlamentsbeschluss das Referendum einzureichen. Elf Kantone (notwendig für ein Kantonsreferendum wären acht gewesen) beantragten eine Volksabstimmung über das Steuerentlastungsprogramm, welches ihrer Meinung nach für die Kantone nicht verkraftbare Steuerausfälle bringen würde. Die Initiative dazu war von den Kantonsregierungen ausgegangen. Koordiniert durch die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) hatten achtzehn Regierungen in den kantonalen Parlamenten entsprechende Vorlagen eingebracht.

Steuerpaket 2001 (BRG 01.021)
Dossier: Steuerpaket 2001

Dennoch bekundeten einzelne Kantone grosse Schwierigkeiten mit der Finanzierung, insbesondere auch, da sich die Krankenkassen weigerten, einen Beitrag an die Projekte auszurichten, obgleich sie vom BAG dazu aufgefordert worden waren. Vor allem in Kantonen, welche für grössere Ausgaben das Finanzreferendum kennen, stellte sich die Frage, wie die vielfach umstrittenen Versuche einer Volksabstimmung entzogen werden könnten. In Bern entschloss man sich schliesslich dazu, die Projekte in einzelne Vorlagen aufzusplitten, um damit unter der für das Finanzreferendum massgeblichen Grenze zu bleiben. In Basel-Stadt wies der anbegehrte Kredit nur die Nettobelastung des Kantons aus und blieb damit ebenfalls unterhalb der Referendumslimite.

Massnahmenpaket zur Drogenpolitik: Ärztlich kontrollierter Zugang zu Heroin (1991–1997)
Dossier: Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin