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Nachdem die beiden katholischen Landeskirchen der Kantone Basel-Stadt und Baselland im Juni eine entsprechende Verfassungsänderung ratifiziert hatten, stimmten die Katholikinnen und Katholiken der beiden Kantone Ende September in zwei separaten Abstimmung über das Anliegen der Gleichstellungsinitiative ab. Da die katholische Kirche in Basel-Stadt bei Verfassungsänderungen ein bischöfliches Vetorecht vorsieht, war lange ungewiss, ob die Abstimmung überhaupt stattfinden kann. Bischof Gmür haderte, beschloss jedoch kurz vor der synodalen Abstimmung, das Veto nicht zu ergreifen. Dies aufgrund eines ausgearbeiteten Kompromissvorschlags, der von den Landeskirchen nicht mehr länger verlangte, dass sie auf die Zulassung des Priesteramtes unabhängig von Zivilstand und Geschlecht hinwirken, sondern die Anliegen lediglich den kirchlichen Organen "unterbreiten" sollen. Ferner gab Gmür bekannt, auch in zukünftigen Verfassungsfragen das Vetorecht nicht mehr einfordern zu wollen. Mit deutlichen Mehrheiten über 80% unterstützte die Basis beider Landeskirchen am 28. September 2014 das Anliegen der Gleichstellungsinitiative. Im Kanton Basel-Landschaft beteiligten sich knapp 30% der Berechtigten an der Abstimmung, im Kanton Basel-Stadt waren es lediglich etwas mehr als ein Fünftel. Eine direkt verbindliche Wirkung hätte die Abstimmung aufgrund Dualismus von Schweizer Staatskirchenrecht und des vom Vatikan festgelegten Kirchenrechts auch mit der ursprünglichen Formulierung der Gleichstellungsinitiative nicht gehabt. Nur der Vatikan kann die Zulassung zum Priesteramt ändern. Dennoch hatte die Abstimmung eine zentrale historische Bedeutung: In der Geschichte der Kirche war es das erste Mal, dass sich Landeskirchen dem demokratischen Instrument der kirchenrechtlichen Verfassungsinitiative bedienten, um via Änderung im Staatskirchenrecht ihre Reformwünsche zu platzieren.

„Pfarrei-Initiative“

Als erster Kanton führte St. Gallen auf Jahresbeginn die Feuerwehr-Dienstpflicht auch für Frauen ein. Wer den Dienst nicht leistet, muss eine Ersatzabgabe bezahlen, wobei Ehepaare nur einfach belastet werden. In Basel-Stadt nahm das Stimmvolk eine analoge Änderung des Feuerwehrgesetzes an, während dies im Kanton Solothurn an der Urne abgelehnt wurde.

Feuerwehr-Dienstpflicht

Das aus christlicher Sicht herausragendste Ereignis des Jahres 1989 war die vom 15. bis 21. Mai in Basel stattfindende europäische ökumenische Versammlung «Frieden in Gerechtigkeit», das grösste konfessionsüberspannende Treffen seit der Glaubensspaltung. Die Basler Konferenz war ein eigenständiger Teil des konziliaren Prozesses für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung, der 1990 in einer Weltversammlung gipfeln wird. Die vom Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) ausgehende und von Carl Friedrich von Weizsäcker stark geförderte Idee führte auf Einladung der Basler Regierung 700 Delegierte – 350 Repräsentanten des römisch-katholischen Rates der Bischofskonferenzen (CCEE) und 350 Vertreter der rund 120 orthodoxen, evangelischen, protestantischen und christkatholischen Mitgliedkirchen der Konferenz europäischer Kirchen (KEK) – zu gemeinsamem Gebet und engagierter Auseinandersetzung mit den grossen Bedrohungen der Menschheit ans Rheinknie.

Diskussionsgrundlage bildete ein Arbeitspapier, das 1988 in ein breites Vernehmlassungsverfahren gegangen war und dann auf Grund von rund 500 Eingaben umgestaltet, substantiell verbessert und erweitert wurde. Die existentiellen, kriegerischen und ökologischen Bedrohungen der Erde wurden als ineinandergreifende Dimensionen der Krise bezeichnet, die ihre Ursache in den technischen Möglichkeiten der Menschen, letztlich aber in deren Vermessenheit gegenüber dem Leben und der ganzen Schöpfung habe. Schuldenbekenntnis und ökumenische Glaubenshaltung sollten wichtige Marksteine auf dem Weg zur Hoffnung setzen, und die Delegierten wurden aufgerufen, sich für eine gerechte Weltwirtschaftsordnung, für die Durchsetzung der Menschenrechtskonventionen und für eine internationale Friedens- und Umweltordnung einzusetzen. Konkretisiert wurden diese Anliegen in einer langen Liste von Empfehlungen an die politischen Instanzen.

Zur feierlichen Eröffnung der Konferenz, an der Bundesrat Otto Stich die Grüsse der Landesregierung übermittelte, strömten Tausende von Christen nach Basel. Die Basis machte denn auch eifrig bei den zahlreichen Hearings und beim kulturellen Begleitprogramm mit, während die Sitzungen im Plenum und in den Arbeitsgruppen den Delegierten – unter ihnen nur rund ein Drittel Frauen – vorbehalten waren. Dabei ging es nicht nur friedlich zu und her. Osteuropäische Delegierte kritisierten die westeuropäische Prägung der Tagung, aussereuropäische Gastredner griffen das eurozentrische Entwicklungsmodell für die Dritte Welt, das den unterentwickelten Ländern nur Massenelend bringe, in harten Worten an. Für den meisten Zündstoff aber sorgten die Frauen: Mit ihrer provokativen Forderung, wer für Gerechtigkeit in der Welt sorgen wolle, müsse zuerst die «Sünde des Sexismus» ausrotten, sorgten sie für recht viel Wirbel, und die Thesen der feministisch orientierten Theologie gerieten in manchen Konflikt mit den Überzeugungen der katholischen und orthodoxen Delegierten.

Die Versammlung rang hart um das schliesslich mit überwältigendem Mehr angenommene Schlussdokument, dessen Publikation denn auch mehrmals verschoben werden musste. 600 Änderungsvorschläge wollten diskutiert und berücksichtigt sein. Das lange Warten lohnte sich aber, da das Schlussdokument, welches weitgehend mit dem Arbeitsdokument identisch ist, nach Ansicht aller Beobachter griffiger und schärfer geworden war. Die Utopie einer gerechteren Weltwirtschaftsordnung blieb zwar weiterhin recht konturlos und die Empfehlungen zu den einzufordernden Rechten der Frauen wurden noch vager, sollen sie doch nur mehr «in die Entscheidungsfindungsprozesse», nicht aber in die «Kirchenleitung», wie es im Arbeitsdokument noch geheissen hatte, einbezogen werden. Viel an Inhalt und Überzeugungskraft gewann hingegen die Vision einer umfassenden Ökumene durch das Bekenntnis der Delegierten, auf eine Wiedervereinigung hinarbeiten zu wollen. Verstärkt zum Tragen kamen auch die Rechte der Jugendlichen, der Kinder – die hier überhaupt erstmals erwähnt wurden – und der Flüchtlinge. Deutlicher als das Arbeitsdokument bekräftigte das Schlussdokument die Bedeutung friedensfördernder Massnahmen und das Recht auf Militärdienstverweigerung. Unzweideutig war auch die Haltung gegen Rassismus – wozu neu auch die «Einwanderungs- und Ausländergesetze gewisser europäischer Staaten» gezählt wurden – und gegen die Apartheid. Eine Neufassung erfuhr auch die Passage über die Stellung der osteuropäischen Staaten innerhalb Europas.

Ökumene