Am 3. März gelangte die 1999 vom SGB eingereichte Volksinitiative „für kürzere Arbeitszeit“ zur Abstimmung, welche die etappierte Einführung einer Jahresarbeitszeit von 1'872 Stunden verlangte, was umgerechnet einer 36-Stunden-Woche entspricht. Bis zu einem Monatslohn von 7'600 Fr. sollte diese Reduktion der Arbeitszeit ohne Abstriche beim Lohn vollzogen werden. Die Initiative war 1998 in einer Zeit hoher Arbeitslosigkeit lanciert worden mit dem Anspruch, die Erwerbsarbeit auf mehr Hände zu verteilen und die Nichterwerbsarbeit gerechter zwischen Mann und Frau aufzuteilen. Bundesrat und Parlament empfahlen die Initiative Volk und Ständen ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung. Die Einwände der bürgerlichen Gegner waren die gleichen wir bei der Abstimmung von 1984 über die SGB-Initiative für die 40-Stunden-Woche ohne Lohneinbusse: Es sei falsch, für alle Branchen und Betriebe einheitliche Regelungen auf Verfassungsstufe zu fixieren, kleinere und mittlere Betriebe könnten die zusätzlichen Produktionskosten nicht verkraften, und das differenzierte Aushandeln der Arbeitszeit sei und bleibe Sache der Sozialpartner. Da sich auch der SGB nicht mehr mit Herzblut für die Initiative einsetzte, die gleichentags mit der bedeutend stärker polarisierenden UNO-Beitritts-Initiative zur Abstimmung kam, war deren Scheitern an der Urne voraussehbar. Mit einem Dreiviertelsmehr und allen Standesstimmen wurde die Initiative wuchtig verworfen. Am deutlichsten war die Ablehnung im Kanton Appenzell Innerrhoden mit einem Nein-Stimmen-Anteil von fast 90%; am meisten Zustimmung fand die Initiative im Kanton Jura, der sie aber immer noch mit rund 58% ablehnte. Generell waren die Ja-Stimmen-Anteile in der Westschweiz mit knapp 34% deutlich höher als in der Deutschschweiz (22,5%).


Volksinitiative „für eine kürzere Arbeitszeit“

Abstimmung vom 3. März 2002

Beteiligung: 58,3%
Ja: 689 935 (25,4%) / 0 Stände
Nein: 2 021 198 (74,6%) / 20 6/2Stände
Parolen:
– Ja: SP, GP, CSP; SGB
– Nein: FDP, CVP, SVP, LP, SD, FP, EVP, EDU, PdA; Economiesuisse, SAGV, SGV
– Stimmfreigabe: Lega; CNG

Die Vox-Analyse der Abstimmung zeigte, dass der Entscheid an der Urne von politischen und ideologischen Faktoren wesentlich stärker geprägt wurde als von sozialen Merkmalen. Am stärksten wirkte sich die Einordnung auf einer Links/Rechts-Skala aus. Wer sich der äusseren Linken zuordnet, stimmte der Initiative zu 71% zu. Diese äussere Linke war, zusammen mit den Sympathisanten der SP, denn auch die einzige Gruppe, welche mehrheitlich Ja stimmte. Aber bereits die SP-Anhängerschaft war mit einem Ja-Anteil von lediglich 57% eigentlich gespalten. Von den Sympathisanten der bürgerlichen Regierungsparteien wurde die Arbeitszeitverkürzung sehr deutlich abgelehnt.

„Arbeitszeitinitiative“