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Im November 2021 beriet die RK-NR die St. Galler Standesinitiative betreffend eine Erhöhung des Strafrahmens für die Herstellung von Kinderpornografie und für Gewaltdarstellungen. Da in der Zwischenzeit die Höchststrafe für die Herstellung von Kinderpornografie im Rahmen der Lanzarote-Konvention angepasst worden und der Tatbestand der Gewaltdarstellung Gegenstand der Harmonisierung der Strafrahmen gewesen war, sah die Kommission keinen Bedarf mehr für einen separaten Erlassentwurf. Der Nationalrat sah dies als Zweitrat gleich und gab der Standesinitiative in der Wintersession 2021 keine Folge, womit das Geschäft erledigt war.

Revision des Strafgesetzbuches (Kt.Iv. 08.334)
Dossier: Harmonisierung der Strafrahmen (Besonderer Teil des Strafgesetzbuches)

Nachdem die Räte unterschiedliche Urteile über die Unterstützungswürdigkeit der St. Galler Standesinitiative für die Aufhebung der Verjährungsfrist für die schwersten Verbrechen gefällt hatten, prüfte die RK-SR das Anliegen im Oktober 2021 zum zweiten Mal. Sie blieb bei ihrem Standpunkt und empfahl die Initiative mit 8 zu 5 Stimmen ein zweites Mal zur Ablehnung, während die Minderheit wiederum Folgegeben beantragte. Im Ständeratsplenum in der Wintersession 2021 schloss Minderheitssprecher Daniel Jositsch (sp, ZH) sein Votum mit der Feststellung, dass die Zeit heute auf der Seite der Mörderinnen und Mörder sei; die Standesinitiative wolle dagegen, dass die Zeit auf der Seite der Opfer sei. Auf der Gegenseite argumentierte Beat Rieder (mitte, VS), es sei ein «Märchen, dass Cold Cases nach dreissig, vierzig Jahren aufgeklärt werden könnten». Mathias Zopfi (gp, GL) fügte an, es sei fast unmöglich, nach so langer Zeit einen Mord zu beweisen, weil es für die Qualifizierung einer Tötung als Mord eine Absicht, ein Motiv brauche, was mit einer DNA-Spur nicht nachgewiesen werden könne. Am Ende einer engagierten Debatte gab die Ständekammer der Standesinitiative mit 21 zu 20 Stimmen knapp Folge. Die zuständige Kommission wird nun eine entsprechende Gesetzesvorlage ausarbeiten.

Keine Verjährungsfristen für Schwerstverbrecher (Kt.Iv. 19.300)

Mit der Umsetzung der Lanzarote-Konvention und der laufenden Revision des StGB im Zuge der Strafrahmenharmonisierung sei dem Anliegen der St. Galler Standesinitiative, den Strafrahmen für Gewaltdarstellungen und die Herstellung von Kinderpornografie zu erhöhen, bereits Rechnung getragen worden, befand die RK-SR im August 2021. Mangels Bedarf für einen gesonderten Erlassentwurf beantragte sie ihrem Rat einstimmig, der seit zehn Jahren sistierten Standesinitiative keine Folge zu geben. Der Ständerat folgte diesem Antrag in der darauffolgenden Herbstsession stillschweigend.

Revision des Strafgesetzbuches (Kt.Iv. 08.334)
Dossier: Harmonisierung der Strafrahmen (Besonderer Teil des Strafgesetzbuches)

Die Vernehmlassung zur Revision des Sexualstrafrechts, die in der ersten Jahreshälfte 2021 durchgeführt wurde, wurde von einer lebhaften öffentlichen Debatte begleitet. Vor allem die Tatsache, dass die zuständige RK-SR im Vernehmlassungsentwurf keine «Nur-Ja-heisst-Ja»-Lösung zur Debatte stellte, sorgte für Unverständnis bei den linken Parteien sowie bei Frauen- und Menschenrechtsorganisationen. Nur die Zustimmungslösung verwirkliche die sexuelle Selbstbestimmung, weil Sex ohne Einverständnis grundsätzlich als Vergewaltigung anzusehen sei, argumentierten sie. Demgegenüber traten Kritikerinnen und Kritiker mit Bedenken an die Medien, dass eine «Nur-Ja-heisst-Ja»-Lösung faktisch die Beweislast im Strafprozess umkehre und zu mehr Falschanschuldigungen führen könnte.
Das rege Interesse spiegelte sich denn auch in der rekordhohen Zahl an Stellungnahmen: Von den Kantonen, Parteien und Verbänden sowie interessierten Kreisen gingen 124 individuelle Stellungnahmen ein. Darüber hinaus wurden im Zuge der Kampagne «Nur Ja heisst Ja! – Art. 190 ändern» der SP Frauen* mehr als 10'000 gleichlautende Stellungnahmen von Privatpersonen eingereicht. Noch nie hätten sich in einer Vernehmlassung so viele Einzelpersonen geäussert, berichtete die Presse. Wie der im August 2021 erschienene Ergebnisbericht zeigte, wurde der Bedarf für eine Revision des Sexualstrafrechts überwiegend bejaht, wobei sich an der konkreten Ausgestaltung die Geister schieden. Dabei waren nicht nur diverse Mindest- und Höchststrafmasse umstritten, sondern insbesondere auch der von der RK-SR neu eingeführte Grundtatbestand des sexuellen Übergriffs (Art. 187a StGB). Im Gegensatz zur Vergewaltigung, die im Vorentwurf wie bisher über ein Nötigungselement definiert wird, sollte der neue Tatbestand den Geschlechtsverkehr gegen den Willen einer Person erfassen, wenn diese nicht dazu genötigt wird. Diese Unterscheidung wurde von vielen Teilnehmenden kritisiert, weil sie die Klassifizierung einer Sexualstraftat als Vergewaltigung weiterhin an der Reaktion des Opfers festmache bzw. daran, dass der Täter oder die Täterin dessen (physischen) Widerstand überwunden haben müsse. Wenn das Opfer allerdings in einen Schockzustand gerate und sich gar nicht wehren könne, sei eine Nötigung in diesem Sinne gar nicht erforderlich, um den Tatbestand der Vergewaltigung zu erfüllen. Stattdessen wurde gefordert, diesen Aspekt in Artikel 189 StGB (sexuelle Nötigung) und 190 StGB (Vergewaltigung) zu integrieren. Diese Ansicht wurde von rund zwei Dritteln der Teilnehmenden vertreten. Höchst umstritten war des Weiteren die im Vorentwurf vorgesehene «Nein-heisst-Nein»-Lösung: Strafbar soll es werden, «gegen den Willen einer Person oder überraschend» eine sexuelle Handlung vorzunehmen. 36 Teilnehmende sprachen sich hierfür aus. Demgegenüber hätten sich 80 Teilnehmende eine «Nur-Ja-heisst-Ja»-Lösung gewünscht, also die Ersetzung des Ausdrucks «gegen den Willen» durch «ohne Einwilligung». Dies würde gesellschaftspolitisch ein wichtiges Signal setzen, dass bestimmte Verhaltensweisen gesellschaftlich nicht toleriert würden, erklärten verschiedene Frauenrechtsorganisationen. Unter den Parteien sprachen sich die SP, die Grünen und die GLP für die Zustimmungslösung aus. Während sich die Mitte dazu nicht äusserte, weil ein solcher Vorschlag nicht Gegenstand der Vernehmlassung war, zeigte sich die FDP grundsätzlich offen für eine «Nur-Ja-heisst-Ja»-Regel; die FDP-Frauen mit Präsidentin Susanne Vincenz-Stauffacher (fdp, SG) an der Spitze traten in den Medien unterdessen prominent für die Zustimmungslösung ein. Dezidiert dagegen äusserte sich die SVP. Die Kantone zeigten sich in dieser Frage gespalten, wobei sich gemäss NZZ für ein ursprünglich linkes Anliegen «auffällig viele» Kantone positiv zur Zustimmungslösung äusserten – neben Zürich und den meisten Westschweizer Kantonen notabene auch «diverse konservativere Kantone wie Appenzell Ausserrhoden, St. Gallen oder Nidwalden».
Zusätzlich befeuert wurde die öffentliche Debatte um Zustimmungs- oder Widerspruchslösung durch die Anfang August 2021 ausgesprochene Urteilsbegründung des Basler Appellationsgerichts in einem Vergewaltigungsfall. Das Appellationsgericht hatte die Freiheitsstrafe für einen Vergewaltiger verkürzt und in der mündlichen Urteilsbegründung unter anderem angeführt, das Opfer habe «Signale gesendet» und «mit dem Feuer gespielt». Obwohl sich das Gericht ob der prompten und heftigen öffentlichen Kritik zu einer Stellungnahme gedrängt sah, in der es versuchte, die in der Öffentlichkeit entstandenen «Missverständnisse» zu erklären, wurden diese Aussagen in den Medien dahingehend interpretiert, dass das Gericht dem Opfer die Mitschuld an der Vergewaltigung gebe. Vor diesem Hintergrund erhielten die Forderungen nach einer «Nur-Ja-heisst-Ja»-Lösung weiteren Auftrieb, nun auch explizit verstärkt durch Stellungnahmen von Fachpersonen aus der Psychologie und dem Rechtswesen.

Harmonisierung der Strafrahmen (BRG 18.043)
Dossier: Revision des Strafgesetzbuches (2008– )
Dossier: Harmonisierung der Strafrahmen (Besonderer Teil des Strafgesetzbuches)

Die RK-NR kam im April 2021 wie schon ihre Schwesterkommission mehrheitlich zum Schluss, dass die Verjährungsfristen auch bei schwersten Verbrechen beibehalten werden sollten. Diese erfüllten im Rechtssystem wichtige Funktionen, namentlich zur Wiederherstellung des Rechtsfriedens, zur Vermeidung von Justizirrtümern und zur Beschleunigung der Verfahren. Mit 13 zu 8 Stimmen beantragte sie, der Standesinitiative des Kantons St. Gallen für die Aufhebung der Verjährungsfrist für lebenslange Strafen keine Folge zu geben. Die Kommissionsminderheit plädierte für Folgegeben und verwies auf die angenommene Unverjährbarkeitsinitiative, mit der die Stimmbevölkerung bekräftigt habe, dass die allerschlimmsten Straftaten nicht verjähren sollten. Der Nationalrat zeigte sich in der Frage in der Sommersession 2021 gespalten: Äusserst knapp – mit 90 zu 89 Stimmen bei 10 Enthaltungen – folgte er dem Minderheitsantrag und gab der Initiative Folge. Dafür sprach sich mehrheitlich das bürgerliche Lager aus, während auf der links-grünen Ratsseite die Ablehnung überwog.

Keine Verjährungsfristen für Schwerstverbrecher (Kt.Iv. 19.300)

Am 7. März 2021 nahm die Schweizer Stimmbevölkerung die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» mit 51.2 Prozent Ja-Stimmen an. Damit fiel das Ergebnis letztlich knapper aus als aufgrund von Vorumfragen erwartet. Die Stimmbeteiligung betrug 51.4 Prozent. Die höchste Zustimmung erfuhr das Verhüllungsverbot im Jura (60.7% Ja), gefolgt vom Tessin (60.5%) und Schwyz (60.2%). In St. Gallen, wo wie im Tessin bereits ein kantonales Verhüllungsverbot gilt, dem 2018 zwei Drittel der Stimmbevölkerung zugestimmt hatten, war die Zustimmung mit 53.1 Prozent vergleichsweise schwach. Am wenigsten Unterstützung erhielt die Initiative im Kanton Basel-Stadt (40.6% Ja), gefolgt von Zürich (45.2%) und Genf (48.7%). Auch die Kantone Appenzell Ausserrhoden (49.1%), Bern (49.6%) und Graubünden (49.6%) lehnten die Initiative knapp ab. Bemerkenswert hoch war die Zustimmung für eine Initiative aus den Reihen der SVP – auch im direkten Vergleich mit dem 2009 angenommenen Minarettverbot, das ebenfalls vom Egerkinger Komitee initiiert worden war – in der Westschweiz. Verschiedene Expertinnen und Experten mutmassten in den Medien, dass einerseits die Nähe zu Frankreich den Diskurs analog der dort geführten Debatten stärker auf den sicherheitspolitischen Aspekt gelenkt habe und andererseits die in der Romandie stark präsenten, prominenten bürgerlichen und linken Stimmen, die sich für die Initiative starkgemacht hatten, wohl erheblichen Einfluss gehabt und den Anti-SVP-Reflex beschränkt hätten.
Die Befürwortendenseite wertete den Entscheid als «ein klares Signal des Widerstands gegen die Islamisierung der Schweiz», wie sich der Urheber des ersten kantonalen Verhüllungsverbots Giorgio Ghiringhelli vom «Corriere del Ticino» zitieren liess. Als «Zeichen gegen den ‹politischen Islam›, der vielen Menschen Unbehagen bereitet», interpretierte die NZZ das Votum. Der Berner SP-Grossrat Mohamed Hamdaoui sah im Resultat dementsprechend einen Positionsbezug der gemässigten Muslime gegen den Islamismus, wie er gegenüber «Le Temps» verlauten liess.
Das unterlegene Lager bedauerte den Volksentscheid derweil aus verschiedenen Gründen. Feministische Kreise, die sich gegen das Verhüllungsverbot starkgemacht hatten, fühlten sich durch das Argument, die Vollverschleierung sei Ausdruck der Unterdrückung der Frauen, für rassistische und xenophobe Zwecke missbraucht, wie deren Vertreterin Meriam Mastour gegenüber der Presse erklärte. Die Tourismusbranche befürchtete einen Imageschaden für die Schweiz und zeigte sich besorgt, dass künftig weniger kaufkräftige und konsumfreudige Gäste aus den Golfstaaten die Schweiz besuchen würden. Die Jungen Grünen und der IZRS erklärten unabhängig voneinander, eine gerichtliche Anfechtung des Verhüllungsverbots wenn nötig bis vor den EGMR unterstützen zu wollen. Pascal Gemperli, Pressesprecher der FIDS, zeigte sich um die Sicherheit der muslimischen Gemeinschaft besorgt und befürchtete zunehmende Aggression und Gewalt gegenüber Musliminnen und Muslimen. Bundesrätin Karin Keller-Sutter betonte gegenüber den Medien, das Abstimmungsresultat sei nicht als Votum gegen die Musliminnen und Muslime in der Schweiz zu verstehen. Diese Linie wurde im unterlegenen Nein-Lager breit vertreten. Dass der Ja-Anteil gegenüber der Minarettinitiative deutlich abgenommen habe, gebe Anlass zur Hoffnung, dass die Schweiz vielleicht doch nicht so islamfeindlich sei, so der Tenor.
Letztlich sei der Entscheid «vor allem auf symbolischer Ebene bedeutsam», resümierte die NZZ. Die konkreten praktischen Auswirkungen sind in der Tat noch unklar. Wie Karin Keller-Sutter erklärte, liege die Umsetzung bei den Kantonen, weil sie über die Polizeihoheit verfügten. Sie hätten nun zwei Jahre Zeit, entsprechende Gesetze zu erlassen. Der Bund müsse das Verbot unterdessen für diejenigen Bereiche, in denen er zuständig ist – beispielsweise im öffentlichen Transportwesen und im Zollwesen – auf Gesetzesebene konkretisieren. Gemäss dem «Blick» zeigten sich einige Kantonsvertretende wenig motiviert, ein gesetzliches Verhüllungsverbot zu erlassen, und würden die Umsetzung lieber ganz dem Bund überlassen. Initiant Walter Wobmann (svp, SO) warf dem Bund in derselben Zeitung bereits vor, die Initiative nicht umsetzen zu wollen: Ein Bundesgesetz sei «unabdingbar, um zu verhindern, dass am Schluss in jedem Kanton etwas anderes gilt», zitierte ihn das Blatt.


Abstimmung vom 7. März 2021

Beteiligung: 51.42%
Ja: 1'427'344 (51.2%) / Stände: 16 4/2
Nein: 1'360'750 (48.8%) / Stände: 4 2/2

Parolen:
– Ja: EDU, Lega, SD, SVP
– Nein: FDP (4*; Frauen: 1*; Jungfreisinnige: 2*), GLP, GP, KVP, Die Mitte (2*), PdA, SP; EKR, SSV, Travail.Suisse, VPOD, Schweizer Tourismus-Verband, EKS, SBK, Schweizerischer Israelitischer Gemeindebund (SIG), Schweizerischer Rat der Religionen, Katholischer Frauenbund (SKF), Alliance F, Amnesty International, Operation Libero
– Stimmfreigabe: EVP (3*); Schweizerische Evangelische Allianz
* Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» und indirekter Gegenvorschlag (19.023)
Dossier: Nationales Burkaverbot

Mitte Januar 2021 startete mit Medienkonferenzen sowohl seitens des Initiativkomitees als auch des Bundesrats der Abstimmungskampf zur Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot». In den zwei darauffolgenden Monaten bis zum Abstimmungstermin am 7. März 2021 war das Thema Verhüllungsverbot in der Presse praktisch täglich präsent. Wie die Zeitungs- und Inserateanalyse zeigte, erhielt die Volksinitiative im angegebenen Zeitraum deutlich mehr Medienaufmerksamkeit als die beiden anderen Abstimmungsvorlagen vom 7. März, das E-ID-Gesetz und das Freihandelsabkommen mit Indonesien. Obgleich über das Verhüllungsverbot sehr viel debattiert wurde, gab es weder für noch gegen die Initiative eine nennenswerte Inseratekampagne. Dies ging mit einer komplexen Gemengelage in der intensiv geführten Debatte einher: Die Grenze zwischen dem befürwortenden und dem ablehnenden Lager war äusserst diffus; praktisch in jeder Partei oder gesellschaftlichen Gruppierung, die ihren Standpunkt kundtat, gab es gewichtige Stimmen, die sich für die jeweils gegnerische Seite starkmachten. Neben dem Egerkinger Komitee, das die Initiative lanciert hatte, und der SVP, die sie im Parlament unterstützt hatte, stand auf der Pro-Seite etwa auch ein Mitte-links-Komitee aus der Westschweiz, in dem sich unter anderen GLP-Nationalrätin Isabelle Chevalley (VD), der Genfer FDP-Grossrat Jean Romain, der Berner SP-Grossrat Mohamed Hamdaoui und alt-CVP-Nationalrätin Marlyse Dormond Béguelin (VD) für das Verhüllungsverbot engagierten. Ferner warb ein überparteiliches Frauenkomitee um die Nationalrätinnen Marianne Binder-Keller (mitte, AG) und Monika Rüegger (svp, OW) sowie die Präsidentin des Forums für einen fortschrittlichen Islam Saïda Keller-Messahli für die Initiative. Für ein Nein plädierten indes alle grossen Parteien ausser der SVP – allerdings keineswegs geschlossen –, ein parlamentarisches Komitee unter der Federführung von FDP-Ständerat Andrea Caroni (AR), der Schweizer Tourismusverband, mehrere Frauenverbände und Frauenstreikkomitees sowie diverse Akteure, die sich selbst als liberal verstanden oder sich für die Religionsfreiheit einsetzten, darunter die Operation Libero, Amnesty International und verschiedene religiöse Organisationen. Die grossen Abwesenden im Abstimmungskampf waren die direkt Betroffenen, die Nikabträgerinnen selber. Wie der Tages-Anzeiger berichtete, lag das jedoch nicht daran, dass man sie nicht hätte zu Wort kommen lassen, sondern dass sie sich – abgesehen von zwei Interviews während der gesamten Kampagne – nicht äussern wollten. Nach gemäss eigenen Angaben monatelanger Suche blieb der Zeitung deshalb nichts als die Erkenntnis, «dass verhüllte Frauen in der Schweiz nicht nur Körper und Gesicht verstecken, sondern unsichtbar und stumm bleiben».

Argumentativ bewegte sich der Abstimmungskampf auf verschiedenen Ebenen, wobei die Befürwortenden und die Gegnerschaft über weite Strecken dieselben Punkte vorbrachten, sie aber unterschiedlich interpretierten und daher zu gegenteiligen Schlüssen kamen. Neben der Islamdebatte und der Grundrechtsdiskussion wurde von beiden Seiten aus feministischer, sicherheitspolitischer, staatspolitischer und empirischer Warte argumentiert. Wenngleich der Initiativtext keinen Bezug zur islamischen Gesichtsverschleierung herstellte, war beiden Seiten klar, dass sie sich vor allem gegen jene richtete. In der Presse war daher meist vom «Burkaverbot» oder von der «Anti-Burka-Initiative» die Rede, obwohl in der Schweiz – wenn überhaupt – ausschliesslich der Nikab zu sehen sei, wie eine im Abstimmungskampf viel zitierte Studie der Universität Luzern feststellte. Während das Contra-Lager die Initiative als anti-islamisch und diskriminierend gegenüber Musliminnen verstand, sah die Pro-Seite sie als Mittel zum Kampf gegen den radikalen Islam und den Islamismus. Die Religionsfreiheit der Musliminnen tangiere die Initiative nicht, weil die Verschleierung nicht vom Islam verlangt werde, sondern ein kultureller Ausdruck für die Unterdrückung der Frau sei; sie könne daher nicht als Ausübung der persönlichen Freiheit gewertet werden. Vielmehr sei die Vollverschleierung sexistisch und entwürdigend, weil sie die Frauen im öffentlichen Leben unsichtbar mache und entmenschliche. Die muslimischen Frauen müssten davor bewahrt werden, weil sie sich mit Gesichtsschleier nicht in die Schweizer Gesellschaft integrieren könnten. Die Gegenseite betonte, dass sich die Nikabträgerinnen in der Schweiz in der Regel aus religiöser Überzeugung freiwillig verschleierten und nicht befreit werden müssten – im Gegenteil: Soziologische Studien aus Frankreich zeigten, dass die Verschleierung von den strenggläubigen Musliminnen im westlichen Kulturkreis als antikonformistischer, emanzipatorischer Akt verstanden werde. In Frankreich habe das Verbot den Gesichtsschleier sogar populärer werden lassen, weil er jetzt auch als Ausdruck des Protests getragen werde. Zudem sei es sexistisch und paternalistisch, den Frauen vorzuschreiben, wie sie sich zu kleiden hätten und ihnen die freie Entscheidung für den Schleier nicht zuzutrauen. Falls eine Frau den Schleier tatsächlich unter Zwang trage, kriminalisiere das Verbot überdies das Opfer und wirke kontraproduktiv, indem es die betroffenen Frauen zuhause einsperre und erst recht aus der Gesellschaft ausschliesse. Dass es gemäss der Studie der Universität Luzern in der Schweiz nur 20 bis 30 vollverschleierte Frauen gebe, gab dem ablehnenden Lager Anlass, das Anliegen als unnötige Symbolpolitik zu bezeichnen. Für die Befürworterinnen und Befürworter war die Gesichtsverhüllung jedoch eine Prinzipienfrage und auch in noch so kleinen Zahlen nicht tolerierbar. Sie sahen sich im Motto «Wehret den Anfängen» bestärkt und forderten, jetzt zu handeln, solange es noch nicht zu spät sei.

Weiter hob die Pro-Seite hervor, dass die Identifizierbarkeit von Personen sicherheitsrelevant sei. Das Verhüllungsverbot schütze die Gesellschaft somit auch vor vermummten Kriminellen wie zum Beispiel Hooligans oder gewalttätigen Demonstrierenden. Dem setzte die Gegenseite entgegen, dass es in fünfzehn Kantonen bereits verboten sei, sich bei Demonstrationen und Sportveranstaltungen zu vermummen. (Als erster Kanton hatte Basel-Stadt 1990 ein solches Verbot eingeführt.) Ausserdem verhindere das Verhüllungsverbot – anders als von den Initianten schon bei der medienwirksamen Lancierung der Initiative suggeriert – keine Terroranschläge. Dafür brauche es strafrechtliche und präventiv-polizeiliche Massnahmen, denn allein durch ein Verhüllungsverbot würden radikalisierte Islamisten und Islamistinnen «nicht plötzlich zurück in die Mitte der Gesellschaft finden», wie es der «Sonntags-Blick» formulierte. In anderen Kontexten, etwa in winterlicher Kälte, an der Fasnacht oder in der Pandemiesituation, sei die Verhüllung zudem auch für die Initiantinnen und Initianten kein Problem, wie die im Initiativtext enthaltenen Ausnahmen zeigten.

Auf der staatspolitischen Ebene drehte sich die Diskussion um die Frage, ob das Verhüllungsverbot in die Bundesverfassung gehöre. Während die Contra-Seite es ablehnte, Kleidervorschriften in die Verfassung zu schreiben, sah das Pro-Lager dies als gerechtfertigt an, weil es eben nicht um eine blosse Kleidervorschrift gehe, sondern um einen Grundsatz der liberalen und demokratischen Gesellschaft: In der Öffentlichkeit das Gesicht zu zeigen und dasjenige des Gegenübers zu sehen, sei fundamental für das Zusammenleben. Diese Begründung hatte auch den EGMR von der menschenrechtlichen Zulässigkeit des Verhüllungsverbots in Frankreich überzeugt, als dieses in Strassburg vergeblich angefochten worden war. Darüber, ob die seit Monaten geltende Maskenpflicht aufgrund der Corona-Pandemie dieses Argument ad absurdum führe oder ob sie gerade beweise, dass es das Verhüllungsverbot für das Funktionieren der zwischenmenschlichen Beziehungen brauche, wurden sich die beiden Lager nicht einig. Derweil war das gegnerische Lager der Ansicht, es sei gerade höchst illiberal, etwas zu verbieten, das niemandem schade, nur weil es auf Ablehnung stosse. Auch der Bundesrat argumentierte hauptsächlich staatspolitisch: Ein nationales Verhüllungsverbot greife in die Souveränität der Kantone ein, denen die Polizeihoheit obliege. Das Tessin und St. Gallen hätten bereits ein Verhüllungsverbot eingeführt, während andere Kantone ein solches explizit abgelehnt hätten. Diese Entscheide seien zu respektieren. Die Befürwortendenseite argumentierte indessen, dass die Regelung einer solch fundamentalen gesellschaftlichen Frage nicht den Kantonen überlassen werden dürfe. Dass die Gesichtsverhüllung in vielen anderen europäischen Ländern – darunter Belgien, Bulgarien, Dänemark, Frankreich, Lettland und Österreich – und sogar einigen arabischen Staaten wie Ägypten, Marokko, Senegal oder Tunesien verboten – und im Falle von Frankreich das Verbot explizit vom EGMR als menschenrechtskonform bestätigt – sei, wertete die Pro-Seite als Zeichen der Legitimität ihres Anliegens. Sie betonte zudem die guten Erfahrungen, welche die Kantone Tessin und St. Gallen damit gemacht hätten. Weder im Tessin noch in den bei arabischen Gästen beliebten österreichischen Ferienorten habe sich das Verhüllungsverbot negativ auf den Tourismus ausgewirkt, wie es der Tourismusverband befürchtete. Die Contra-Seite hob hingegen hervor, dass im Tessin und in St. Gallen praktisch keine Verstösse gegen das Verbot registriert würden, was bestätige, dass es sich nur um ein Scheinproblem handle. In diesem Zusammenhang war in den Augen der Befürworterinnen und Befürworter auch Justizministerin Karin Keller-Sutter, die sich im Namen des Bundesrats gegen das Verhüllungsverbot aussprach, nicht glaubwürdig, weil sie in St. Gallen als ehemalige Polizeidirektorin genau ebendieses eingeführt habe. Gleichzeitig attestierten die Gegnerinnen und Gegner dem Egerkinger Komitee und der SVP ein Glaubwürdigkeitsproblem, weil sie ihnen ihr Engagement für Frauenrechte nicht abkauften.

Neben der Initiative selbst sorgte auch der indirekte Gegenvorschlag, der bei Ablehnung der Initiative automatisch in Kraft treten würde, für einige Diskussionen. Die Initiativgegnerinnen und -gegner waren der Ansicht, der Gegenvorschlag regle mit der gesetzlichen Pflicht, zur Identifizierung vor Behörden das Gesicht zu zeigen, alles Nötige. Ausserdem leiste er – im Gegensatz zum Verhüllungsverbot – einen tatsächlichen Beitrag an die Stärkung der Frauenrechte und die bessere Integration von ausländischen Frauen in die Gesellschaft. Die Initianten argumentierten hingegen, der Gegenvorschlag löse das eigentliche Problem nicht und wer keine «Gleichstellungsoffensive» («Weltwoche») wolle, müsse mit der Annahme der Initiative den Gegenvorschlag verhindern.

Die durchgeführten Umfragen attestierten der Initiative von Anfang an gute Chancen. Nachdem Ende Januar eine klare Ja-Mehrheit von 63 Prozent (Tamedia) bzw. 56 Prozent (SRF) resultiert hatte, legte die Nein-Kampagne im Folgenden etwas zu. Zwei Wochen vor der Abstimmung bekundeten noch 59 bzw. 49 Prozent der Befragten eine Ja-Stimmabsicht. Während die Parteibasis der SVP durchwegs zu rund 90 Prozent ja stimmen wollte, zeigten sich die Anhängerschaften von FDP, Mitte und GLP gespalten – hier konnte das Nein-Lager im Verlauf der Kampagne Boden gutmachen. Auch im linken Lager traf das Anliegen immerhin bei rund 30 Prozent der Befragten auf Wohlwollen.

Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» und indirekter Gegenvorschlag (19.023)
Dossier: Nationales Burkaverbot

Mittels Standesinitiative deponierte der St. Galler Kantonsrat bei der Bundesversammlung das Anliegen, die Verjährungsfrist für die schwersten Verbrechen, die eine lebenslängliche Freiheitsstrafe nach sich ziehen, aufzuheben. Die heutigen technischen Hilfsmittel zur Ermittlung und Fahndung ermöglichten es, vermehrt auch lange zurückliegende Straftaten aufzuklären, was durch die dreissigjährige Verjährungsfrist verhindert werden könnte, so die Begründung für die Initiative. Die RK-SR beantragte ihrem Rat mehrheitlich die Ablehnung der Initiative, da sie das Prinzip der Verjährung als wichtigen Teil unseres Rechtssystems und als «zentral für die Wiederherstellung des Rechtsfriedens» erachtete. Die strafrechtliche Beweisführung erweise sich mit zunehmendem Zeithorizont – auch mit moderner Technologie – noch immer als schwierig. Der technische Fortschritt trage sogar dazu bei, dass Verbrechen schneller aufgeklärt werden können. Eine Minderheit argumentierte hingegen, die Änderung betreffe nur die Tatbestände Mord und qualifizierte Geiselnahme und damit nur sehr wenige Fälle, womit das Konzept der Verjährung an sich nicht in Frage gestellt, aber etwas für die Einzelfallgerechtigkeit getan würde. Der Ständerat führte in der Frühjahrssession 2020 eine lebhafte Debatte über das Anliegen. Von der Gegnerseite wurde angeführt, die Abschaffung der Verjährung wecke bei Angehörigen von Mordopfern falsche Hoffnungen und die Gesellschaft brauche die Möglichkeit, mit einem Ereignis abzuschliessen. Die Befürworterinnen und Befürworter waren indes der Ansicht, in solchen Fällen heile die Zeit die Wunden nicht und die Bevölkerung würde es nicht verstehen, wenn ein nach Jahrzehnten zweifelsfrei identifizierter Mörder nicht bestraft werden könne. Die Kantonskammer sprach sich schliesslich mit 20 zu 18 Stimmen knapp gegen Folgegeben aus.

Keine Verjährungsfristen für Schwerstverbrecher (Kt.Iv. 19.300)

Mit 107 eingegangenen Stellungnahmen stiess die Vernehmlassung zur Änderung der Zivilprozessordnung (Verbesserung der Praxistauglichkeit und der Rechtsdurchsetzung) auf reges Interesse. Bis zum Ablauf der Frist im Sommer 2018 äusserten sich alle Kantone, sechs Parteien und 75 weitere Teilnehmende zu den Revisionsvorschlägen, wie dem Anfang 2020 veröffentlichten Ergebnisbericht zu entnehmen ist. Während rund zwei Drittel der Stellungnahmen – darunter von 16 Kantonen sowie von CVP, FDP, GLP, GP und SP – grundsätzlich positiv ausfielen, lehnten sieben Kantone (LU, NW, OW, SG, SZ, UR, VS) und die SVP das Projekt insgesamt ab. Aufgrund der Vielfalt der Neuerungen hatten indes nicht alle Vernehmlasserinnen und Vernehmlasser zu allen Punkten Stellung bezogen oder eine eindeutige Position zur Vorlage als Ganzes bekundet.
Umstritten waren insbesondere die Änderungen im Prozesskostenrecht, die neuen Bestimmungen zum kollektiven Rechtsschutz sowie das neue Mitwirkungsverweigerungsrecht für Unternehmensjuristinnen und -juristen. Das Prozesskostenrecht hatte der Bundesrat dahingehend anpassen wollen, dass die klagende Partei neu höchstens die Hälfte – und nicht mehr den Gesamtbetrag – der voraussichtlichen Prozesskosten als Kostenvorschuss leisten muss, was die Zugangshürden zum Gericht abbauen sollte. Vor allem von den Kantonen regte sich Widerstand gegen diese Änderung, weil sie für sich einen finanziellen Mehraufwand durch Inkasso und Fehlbeträge befürchteten, wenn die unterlegene Partei die Kosten nicht vollständig tragen kann. Zahlreiche Teilnehmende waren zudem der Ansicht, dass die finanziellen Hürden vielmehr durch eine Senkung der (kantonalen) Gerichts- und Anwaltskosten sowie der Parteientschädigungen abgebaut werden müssten.
Dahingegen wurde die Stärkung des kollektiven Rechtsschutzes vor allem von den Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft kritisiert. Die neu geregelte und erweiterte Verbandsklage sowie das neu geschaffene Gruppenvergleichsverfahren verschlechterten die Position der beklagten Partei – und damit insbesondere der Unternehmen – beträchtlich, während die Verbände unverhältnismässig viel Macht erhielten, argumentierten sie. Die Instrumente der kollektiven Rechtsdurchsetzung seien dem Schweizer Justizsystem fremd und verletzten den Grundsatz, dass jeder Einzelfall spezifisch und individuell beurteilt werden müsse. Andere Teilnehmende, darunter acht Kantone, die CVP, die GLP, die GP und die SP sowie zwei Dutzend Stellungnahmen aus vornehmlich juristischen, KMU- und Konsumentenschutzkreisen, begrüssten die Vorschläge zum kollektiven Rechtsschutz aus Gründen der Verfahrensökonomie, der Bekämpfung der Straflosigkeit und der höheren Rechtssicherheit.
Das neue Mitwirkungsverweigerungsrecht für Unternehmensjuristinnen und -juristen wurde von rund zwei Dritteln der sich dazu äussernden Stellungnahmen begrüsst. Die ablehnenden, in erster Linie juristischen Stimmen befürchteten, dass dadurch die Tätigkeit der Justiz erschwert würde, indem Unternehmen die Regel dazu nutzen könnten, bestimmte Tatsachen zu verbergen. Demgegenüber sprachen sich hauptsächlich wirtschaftsnahe Akteure dafür aus, Unternehmensjuristinnen und -juristen sowohl mit in der Schweiz tätigen Anwältinnen und Anwälten als auch mit ausländischen Unternehmensjuristinnen und -juristen mit Geheimhaltungsrecht gleichzustellen. Für Unternehmen mit Sitz in der Schweiz sei es ein Problem, wenn sie infolge dieser fehlenden Regelung vor ausländischen Gerichten strategische oder dem Geschäftsgeheimnis unterliegende Daten offenlegen müssten.
Neben den im Vorentwurf enthaltenen Änderungen wurden von den Vernehmlasserinnen und Vernehmlassern noch viele weitere Anpassungen an der ZPO vorgeschlagen, die etwa Verfahrensfragen im Familienrecht, die Regelung der Parteientschädigung und der Gerichtskosten oder die Ausgestaltung des Schlichtungsverfahrens betrafen.

Änderung der Zivilprozessordnung – Praxistauglichkeit und Rechtsdurchsetzung (BRG 20.026)
Dossier: Debatte über die Pressefreiheit in der Schweiz
Dossier: Revision der Zivilprozessordnung (2018–)

Zusammen mit den beiden Standesinitiativen Graubünden und Wallis (17.318 und 18.307) mit der Forderung, das Grenzwachtkorps aufzustocken, behandelte die SiK-SR im Februar 2019 auch das analoge Anliegen des Kantons St. Gallen (Kt.Iv. 17.311). Während den anderen beiden Standesinitiativen bereits Folge gegeben worden war, befand sich die St. Galler Initiative zu diesem Zeitpunkt immer noch in der Vorprüfung. Indem das Parlament in der Wintersession 2018 bei der Beratung des Voranschlags 2019 44 neue Vollzeitstellen für das Grenzwachtkorps vorgesehen habe, habe es die Forderung der Standesinitiativen erfüllt und es bestehe kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf, so die Ansicht der Kommission. Sie beantragte ihrem Rat daher, der St. Galler Initiative keine Folge zu geben. Der Ständerat folgte diesem Antrag im Frühjahr 2019 stillschweigend, womit das Geschäft erledigt ist.

Aufstockung des Grenzwachtkorps und angemessene Verteilung der Ressourcen auf die Regionen (Kt.Iv. 15.301 und 17.311)
Dossier: Forderungen nach einer Aufstockung des Grenzwachtkorps und Transformation der EZV (2016–)

Frischen Wind in die gesellschaftliche Debatte ums nationale Verhüllungsverbot brachte die grossmehrheitliche Zustimmung des St. Galler Stimmvolks zu einem Verhüllungsverbot auf kantonaler Ebene im September 2018. Damit war St. Gallen nach dem Tessin der zweite Kanton, in dem die Gesichtsverhüllung in der Öffentlichkeit verboten wurde. Der Präsident des Initiativkomitees der nationalen Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot», der Solothurner SVP-Nationalrat Walter Wobmann, deutete die St. Galler Entscheidung als ein positives Zeichen für die bevorstehende Abstimmung über das schweizweite Verhüllungsverbot. Bundespräsident Berset gab demgegenüber in der Presse zu Protokoll, man nehme das Resultat auf Kantonsebene zur Kenntnis, aber auf nationaler Ebene sei die Debatte eine andere – dies wohl, weil die St. Galler Bestimmung die Gesichtsverhüllung nur dann verbietet, wenn von ihr eine Gefährdung für die öffentliche Sicherheit ausgeht.
Im Zuge der gleichzeitig laufenden Vernehmlassung zum Bundesgesetz über das Gesichtsverhüllungsverbot, das vom Bundesrat als indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative aus der Taufe gehoben worden war, taten im Herbst 2018 zahlreiche Akteure ihre Ansichten zur Burkafrage in den Medien kund. Unter den Parteien lehnten neben der SVP – ihres Erachtens nehme der bundesrätliche Gegenvorschlag das Anliegen der Initiative nicht ernst – auch die Grünen den indirekten Gegenvorschlag ab. Sie betrachteten den Gegenvorschlag als unverhältnismässig und unnütz, da Nötigung ohnehin bereits verboten sei und der Gegenvorschlag genauso wenig zu den Rechten und zur Gleichberechtigung muslimischer Frauen beitrage wie die Initiative; letztlich schürten beide Vorurteile gegen die muslimische Bevölkerung. Auf der anderen Seite begrüsste die GLP den Vorschlag des Bundesrates vorbehaltlos. Die CVP und die FDP unterstützten beide die Stossrichtung des Bundesrates, brachten aber entgegengesetzte Vorbehalte zum Ausdruck. Während sich die CVP eine weitergehende Regelung im Sinne eines auf Gesetzesebene verankerten, allgemeinen Verhüllungsverbots wünschte, lehnte die FDP ein solches auf nationaler Ebene kategorisch ab – dies liege in der Kompetenz der Kantone – und zweifelte generell am Gesetzgebungsbedarf in dieser Frage, da es sich bei der Burka in der Schweiz um eine marginale Erscheinung handle. Für gut befand die FDP jedoch die klaren Regeln zum Behördenkontakt. Dieser Teil des bundesrätlichen Vorschlags war – neben der Feststellung, es sei richtig, der Initiative überhaupt mit einem indirekten Gegenvorschlag entgegenzutreten – auch der einzige Punkt, den die SP mehr oder weniger einhellig unterstützte. In allem, was darüber hinausging, zeigten sich die Sozialdemokraten gespalten. Der Waadtländer Nationalrat Pierre-Yves Maillard, der sich schon zuvor als Burka-Gegner zu erkennen gegeben hatte, fand in seiner Partei rund 40 Mitstreiterinnen und Mitstreiter, die ein Verbot der Burka in der Schweiz befürworteten, wenn auch nicht in der Bundesverfassung, sondern auf Gesetzesstufe. Sein Lausanner Parteikollege Benoît Gaillard bezeichnete die Burka als eine religiöse Praxis, die der Gleichstellung von Mann und Frau, den Menschenrechten und den Fundamenten der Demokratie zuwiderlaufe. Man dürfe nicht ein Jahrhundert des Kampfes für die Gleichstellung der Geschlechter der Toleranz gegenüber einer religiösen Minderheit opfern, denn der Gesichtsschleier beraube die Frauen ihrer öffentlichen Existenz, was nicht mit der Schweizer Bürgerschaft vereinbar sei. Der bundesrätliche Gegenvorschlag tauge demnach gemäss Maillard nicht, um den Erfolg der Initiative zu verhindern. Ebenfalls für ein Burkaverbot auf Gesetzesstufe sprach sich die Waadtländer Ständerätin Géraldine Savary aus; sie sah den Vorschlag des Bundesrates als geeigneten Ausgangspunkt für die entsprechende parlamentarische Debatte. Mit einer rein parlamentarischen Lösung, hoffte sie, könnte die Abstimmung über die Volksinitiative verhindert und der Abstimmungskampf vermieden werden, der die muslimische Bevölkerung stigmatisieren und die Frauen «als Geiseln nehmen» werde, wie sie der «Tribune de Genève» erklärte. Eine andere Ansicht vertrat hingegen beispielsweise der Genfer Nationalrat Carlo Sommaruga, der den Gegenvorschlag genügend überzeugend fand, um den zögernden Teil der Wählerschaft zu gewinnen. Er erlaube die Bestrafung von Nötigung und lasse gleichzeitig den Frauen, die sich aus freien Stücken verschleiern wollten, die Wahl; allen unsere Vorstellung von Gleichheit aufzuzwingen wäre hingegen Ausdruck eines «kolonialen Feminismus», wie Sommaruga von «Le Temps» zitiert wurde.
Von den insgesamt 69 eingegangenen Stellungnahmen qualifizierte der Ergebnisbericht zur Vernehmlassung rund zwei Drittel, mehrheitlich mit Vorbehalten, als befürwortend und ein Drittel als ablehnend. Neben der SVP, den Grünen, der EVP, der EDU, dem Egerkinger Komitee, der EKR, dem SGB und vier weiteren Organisationen lehnten sowohl die KKJPD als auch sieben Kantone den bundesrätlichen Gegenvorschlag ab. Ihrer Ansicht nach sollten die Kantone selbst über die Frage des Verhüllungsverbots entscheiden können beziehungsweise bringe der Vorschlag des Bundesrates keinen Mehrwert gegenüber dem geltenden Recht. Demgegenüber unterstützten die übrigen Parteien der Bundesversammlung, 18 Kantone, verschiedene Frauen- und Menschenrechtsorganisationen sowie u.a. die EKF, die SKG, der schweizerische Tourismusverband und Hotelleriesuisse den Gegenvorschlag, wobei einige von ihnen erklärten, dass dieser sogar noch weiter gehen dürfte. Positiv hervorgehoben wurde von verschiedenen Teilnehmenden, dass der Gegenvorschlag die Autonomie der Kantone wahre und so auch Rücksicht auf die Tourismusdestinationen nehme, dass er Probleme gezielt dort löse, wo sie aufträten, und dass er klare und einfach anwendbare Regeln enthalte. Der Bezug zur Initiative wurde unterschiedlich beurteilt. Während einige die Ansicht vertraten, der Gegenvorschlag nehme das Anliegen der Initiative auf und beseitige deren unangemessene Punkte, sahen andere keine Vergleichbarkeit mit der Initiative. Passend zum Tenor der Vernehmlassungsergebnisse resümierte der Tages-Anzeiger, der Vorschlag des Bundesrates sei «umstritten, aber nicht chancenlos».

Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» und indirekter Gegenvorschlag (19.023)
Dossier: Nationales Burkaverbot

Stillschweigend folgte der Nationalrat in der Herbstsession 2018 den Anträgen seiner SiK und gab dem Anliegen, das Grenzwachtkorps aufzustocken, noch eine Chance. Er verlängerte die Frist für die Standesinitiative Basel-Landschaft (Kt.Iv. 15.301) um ein Jahr und gab jener des Kantons St. Gallen (Kt.Iv. 17.311) Folge.

Aufstockung des Grenzwachtkorps und angemessene Verteilung der Ressourcen auf die Regionen (Kt.Iv. 15.301 und 17.311)
Dossier: Forderungen nach einer Aufstockung des Grenzwachtkorps und Transformation der EZV (2016–)

Nachdem der Vorsteher des EFD die SiK-NR über die Lage an der Grenze und die Frage des Personalbestandes beim Grenzwachtkorps informiert hatte, erachtete die Kommission eine Aufstockung des Grenzwachtkorps als notwendig. Diese soll über die Beratungen des Voranschlages 2019 erreicht werden. Im April 2018 beschloss die SiK-NR daher, an den beiden Standesinitiativen der Kantone Basel-Landschaft (15.301) und St. Gallen (17.311) festzuhalten, um den politischen Druck zur Aufstockung des Grenzwachtkorps aufrechtzuerhalten. Obwohl sie die Ausarbeitung einer Gesetzesvorlage als nicht zielführend erachtete, beantragte sie ihrem Rat, der Standesinitiative des Kantons St. Gallen Folge zu geben und die Frist für die Standesinitiative Basel-Landschaft um ein Jahr zu verlängern.

Aufstockung des Grenzwachtkorps und angemessene Verteilung der Ressourcen auf die Regionen (Kt.Iv. 15.301 und 17.311)
Dossier: Forderungen nach einer Aufstockung des Grenzwachtkorps und Transformation der EZV (2016–)

Anfang Februar 2018 veröffentlichte das Fedpol den Ergebnisbericht der Vernehmlassung zur Übernahme der geänderten EU-Waffenrichtlinie. Nebst den zahlenmässig sehr gut vertretenen Schützen- und Waffenkreisen – darunter der schweizerische Schiesssportverband (SSV), der schweizerische Büchsenmacher- und Waffenfachhändlerverband (SBV), ProTell, Legalwaffen Schweiz (LEWAS) und Jagd Schweiz – befanden sich auch alle Kantone, sieben nationale und drei kantonale Parteien, die KKJPD und die RK MZF, Economiesuisse, der schweizerische Gewerbeverband (SGV), der schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) und der schweizerische Städteverband unter den insgesamt 2205 Vernehmlassungsteilnehmenden. Davon sprachen sich der SSV und jene 2055 Stellungnehmenden, die sich dessen Stellungnahme angeschlossen hatten – darunter insbesondere Jagd Schweiz und die Aktion «Finger weg vom Schweizer Waffenrecht!», aber auch eine Vielzahl von Schützenvereinen und Privatpersonen – sowie der SBV, ProTell, LEWAS, die AUNS, die Gruppe Giardino, das Centre Patronal, der SGV, Swiss Olympic und zahlreiche weitere Schützen-, Waffensammler- und militärnahe Organisationen dezidiert gegen die geplante Änderung des Waffengesetzes aus. Einen grundsätzlich ablehnenden Standpunkt vertraten zudem auch die SVP Schweiz, ihre Sektionen Neuenburg, Jura und Valais Romand sowie die Kantone Nidwalden und Schwyz. Neun Kantone gaben zu verstehen, dass sie zwar die Ziele der EU-Waffenrichtlinie unterstützten, die vorgesehenen Änderungen am Waffengesetz aber ablehnten, da sie keinen genügenden Beitrag zur Bekämpfung von Waffenmissbrauch leisteten. Demgegenüber erklärte sich die Mehrheit der Kantone mit den Neuerungen grundsätzlich einverstanden. Insgesamt positiv beurteilt wurde der Entwurf auch von der BDP, der GLP, der FDP, der SP und den Grünen – wobei die letzteren beiden ausdrücklich bedauerten, dass er keine weitergehenden Massnahmen umfasste. Ebenso überwiegend befürwortend äusserten sich u.a. die KKJPD, die RK MZF, Economiesuisse, der Städteverband, die FER, der SGB, die GSoA, Terre des Hommes Schweiz, der schweizerische Friedensrat, die Frauen für den Frieden Schweiz, die Evangelischen Frauen Schweiz, die Haus- und Kinderärzte Schweiz und die schweizerische Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie. Unter den zustimmenden Stellungnahmen ausdrücklich positiv hervorgehoben wurden das Ziel, den Waffenmissbrauch zu bekämpfen bzw. den Zugang zu halbautomatischen Waffen einzuschränken, sowie die Vorteile der Schengen-Assoziierung für die Schweiz. Ansonsten äusserte sich die Zustimmung zur Vorlage hauptsächlich durch die Abwesenheit von Kritik.

An Letzterer wurde jedoch nicht gespart. Anlass dazu boten neben den einzelnen Bestimmungen des Waffengesetzes und deren konkreter Ausgestaltung vor allem die Stossrichtung der Revision im Allgemeinen. In der Schweiz, wo das Recht auf Waffenbesitz ein Aspekt der Unabhängigkeit und Souveränität des Staates sei, manifestiere sich im liberalen Waffenrecht der gegenseitige Respekt zwischen Staat und Bürgern, weshalb Verschärfungen nicht angebracht seien, argumentierten etwa ProTell, der SSV die RK MZF, die SVP sowie fünf Kantone (AI, AR, GL, SG, OW). Des Weiteren wurden die Entwaffnung der Bürger und schwere (Ruf-)Schäden für das Schweizer Schiesswesen befürchtet. Problematisch am Vorhaben sei ausserdem, dass darin Regelungen vorgesehen seien, die in der jüngeren Vergangenheit vom Volk abgelehnt worden waren. So komme die Registrierungspflicht für rechtmässig erworbene, aber neu verbotene halbautomatische Feuerwaffen einer Nachregistrierung gleich und der für den Erwerb einer solchen Waffe künftig erforderliche Nachweis einer Mitgliedschaft in einem Schiessverein bzw. alternativ des regelmässigen Gebrauchs der Waffe für das sportliche Schiessen erinnere zu stark an eine Bedürfnisklausel. Beide Massnahmen waren 2011 bei der Volksabstimmung über die Initiative gegen Waffengewalt abgelehnt worden – ein Umstand, den ausser Schützen- und Waffenkreisen auch die SVP und vier Kantone (AR, GE, SZ, TI) betonten. Von verschiedenen Seiten wurde zudem die fehlende Verhältnismässigkeit der Vorlage bemängelt. Während Angehörige der Waffenlobby ausführten, dass mit dem Entwurf eher die legalen Waffenbesitzer bestraft als Terroranschläge verhindert würden, äusserten sich zahlreiche Kantone und die CVP dahingehend, dass trotz erheblichen bürokratischen Mehraufwandes kaum ein Sicherheitsgewinn resultiere. Entgegen der Ankündigung des Bundesrates befanden der SSV, der SBV und ProTell den Umsetzungsvorschlag nicht für «pragmatisch» und die CVP sowie die grosse Mehrheit der Kantone bezweifelten, dass der Bundesrat den Handlungsspielraum bei der Umsetzung vollständig ausgeschöpft habe. Schützenkreise wiesen überdies auf eine hängige Klage am EuGH hin, in der die Tschechische Republik die Rechtmässigkeit der neuen EU-Waffenrichtlinie angefochten hatte, weil die Terrorabwehr den Einzelstaaten obliege und gar nicht in die Zuständigkeit der EU falle. Die Schweiz solle diesem Urteil nicht vorgreifen und das Waffenrecht nicht vorschnell anpassen.

Inhaltlich sei der Entwurf hinsichtlich zentraler Begrifflichkeiten – beispielsweise der Definitionen von «Faustfeuerwaffe» und «Handfeuerwaffe» – zu wenig präzise und überlasse zu viele Klärungen dem Verordnungsgeber, was Rechtsunsicherheit mit sich bringe. In diesem Zusammenhang forderten der SSV, der SBV, ProTell, LEWAS, der Städteverband sowie neun Kantone den Bundesrat auf zu definieren, was «Regelmässigkeit des sportlichen Schiessens» bedeute. Die Notwendigkeit einer solchen Präzisierung zeigte sich bereits in den unterschiedlichen Vorstellungen des Begriffs, welche die Vernehmlassungsantworten offenbarten: Hielten der SBV und ProTell einmal in fünf Jahren für eine angemessene Regelmässigkeit, sahen die Kantone Neuenburg, Tessin, Waadt und Wallis eine ausreichende Regelmässigkeit ab einer zweimaligen Nutzung pro Jahr gegeben. Ganz konkrete Kritik betraf darüber hinaus die vorgesehene Unterscheidung von Waffenkategorien anhand der Magazinkapazität. Diese sei kein Indikator für die Gefährlichkeit einer Waffe und die Regelung daher nicht nachvollziehbar; stattdessen wäre eine Unterscheidung anhand des Kalibers, des Munitions-Typs und einer allfälligen Serienfeuer-Möglichkeit zu diesem Zweck dienlicher. Da Magazine zum Teil waffentypübergreifend eingesetzt und separate Magazine bewilligungsfrei erworben werden könnten, sei die Regelung leicht zu umgehen und Missbrauch schwer zu verhindern, stellten mehrere Kantone fest. Die Skepsis der Waffenlobby sowie des Kantons Schwyz weckte zudem die Pflicht für Waffensammler, den Zweck der Sammlung offenzulegen. Der Mensch sei seit jeher ein Sammler, wie es ProTell ausdrückte, und viele Sammlungen dienten keinem besonderen Zweck ausser der Freude am Objekt selbst, weshalb eine solche Bestimmung verfehlt sei. Die Kritik am Entwurf beschränkte sich jedoch nicht darauf, dass er zu viele Einschränkungen vorsehe; an einigen Stellen wurde auch bemängelt, dass die Regelungen zu wenig weit gingen. So schlugen beispielsweise die SP, die GLP und fünf Kantone (NE, TI, VD, VS, GE) vor, es sei auch von Eigentümern von Ordonnanzwaffen ein Nachweis zu verlangen, dass sie die Waffe regelmässig für den Schiesssport verwendeten.

Auch lehnten nicht alle Kritiker der Waffenrechtsanpassung ebenso die Genehmigung des Notenaustausches mit der EU ab. Der Notenaustausch ist im Grunde genommen das Verfahren zur Übernahme eines weiterentwickelten Rechtsakts, der dem Schengen-Besitzstand angehört. Nachdem die EU der Schweiz am 31. Mai 2017 die neue Waffenrichtlinie als Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes notifiziert hatte, versicherte der Bundesrat in seiner Antwortnote vom 16. Juni 2017 der EU, dass die Schweiz die Richtlinie – vorbehaltlich der parlamentarischen Genehmigung – innerhalb einer Frist von zwei Jahren übernehmen und umsetzen werde. Die SVP, der SSV und LEWAS waren der Meinung, die Schweiz könne der EU mitteilen, die Waffenrichtlinie zu übernehmen – wozu sie als Vertragsstaat von Schengen/Dublin verpflichtet ist –, ohne dafür die Schweizer Rechtslage anpassen zu müssen. Sie hielten das Schweizer Waffenrecht für den Anforderungen der EU-Richtlinie dem Sinn nach entsprechend und sahen darum keinen Bedarf für eine Änderung des Schweizer Waffenrechts, auch wenn der Notenaustausch genehmigt würde. In die gleiche Richtung äusserte sich auch die CVP, welche die Frage stellte, ob das geltende Waffengesetz keine ausreichende Grundlage darstelle, um die Ziele der EU-Waffenrichtlinie weitgehend zu erfüllen. ProTell und der Kanton Schwyz lehnten indes auch die Genehmigung des Notenaustausches ab und forderten weitere Verhandlungen mit der EU.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Mitte Dezember 2017 gab der Bundesrat den Medien bekannt, dass er die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» ablehne, ihr aber mit einem indirekten Gegenvorschlag begegnen möchte. Die Initiative für ein nationales Verbot sei abzulehnen, weil die Kantone selber entscheiden können sollten, ob sie die Gesichtsverhüllung im öffentlichen Raum verbieten wollen oder nicht. So hätten die Kantone Tessin und St. Gallen ein solches Verbot befürwortet, während es in Zürich, Solothurn, Schwyz, Basel-Stadt und Glarus abgelehnt worden sei. Diesen unterschiedlichen Befindlichkeiten gelte es Rechnung zu tragen. Der Bundesrat anerkenne jedoch, dass die Gesichtsverhüllung problematisch sein könne, und zwar zum einen, wenn jemand zur Verhüllung gezwungen werde, und zum anderen im Kontakt mit den Behörden. Er wollte sich dieser Problematik daher mit einem indirekten Gegenvorschlag annehmen, der Regelungen auf Gesetzesebene vorsehe, ohne den Kompetenzbereich des Bundes zu überschreiten. Konkret solle es im Strafgesetzbuch ausdrücklich verboten werden, jemanden zur Verhüllung des Gesichts zu zwingen. Zudem solle der Kontakt mit Bundesbehörden und Bundesrecht vollziehenden Behörden unter Androhung von Strafe unverhüllt erfolgen müssen. Der Bundesrat beauftragte das EJPD mit der Ausarbeitung einer entsprechenden Vernehmlassungsvorlage bis Ende Juni 2018.
Bei den Initianten vermochte der Vorschlag des Bundesrats wenig Eindruck zu erwecken; er sei «schwammig» und entspreche nicht dem Anliegen der Initiative, so Walter Wobmann (svp, SO) gegenüber der Basler Zeitung. Das Komitee halte an der Initiative fest und blicke der Abstimmung nach wie vor zuversichtlich entgegen. Die SVP lehnte den bundesrätlichen Vorschlag ebenfalls als «wirkungslos» ab, wie in der Presse zu lesen war. Auf wenig Gegenliebe stiess der Vorschlag indes auch bei den Grünen. Nationalrat Balthasar Glättli (gp, ZH) bezeichnete ihn gegenüber der Basler Zeitung als «falsch und überflüssig», weil Nötigung ohnehin strafbar sei, und machte ihm in der Aargauer Zeitung den gleichen Vorwurf wie der Initiative selbst, nämlich zur «Stimmungsmache gegen Muslime in der Schweiz» beizutragen. Positiver äusserten sich die CVP und die SP zur Stossrichtung des Bundesrates, wenngleich sich die SP weiter auf ihren eigenen direkten Gegenentwurf zur Verbesserung der Gleichstellung der Frauen konzentrieren wollte. SP-Nationalrat Cédric Wermuth (sp, AG) bedauerte im Tages-Anzeiger, dass der Bundesrat sich nicht getraut habe, «die Debatte neu auszurichten», und dass der Gegenvorschlag «keine Antwort auf das Unbehagen» liefere, das hinter der Initiative stehe. Von verschiedenen Seiten wurde der bundesrätliche Vorschlag auch als nicht oder nur schwer umsetzbar kritisiert, da Frauen, die gezwungen werden, sich zu verschleiern, dies eher nicht bei der Polizei zur Anzeige bringen würden. Ständerat Andrea Caroni (fdp, AR), der bereits ein Gegenkomitee zur Initiative gegründet hatte, begrüsste dagegen den Vorschlag des Bundesrates. Er sei zwar nicht «das Ei des Kolumbus», eröffne aber die Möglichkeit für eine gezielte Debatte über die Probleme im Zusammenhang mit der Gesichtsverhüllung und über allfällige Lösungen, so Caroni gegenüber «Le Temps».

Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» und indirekter Gegenvorschlag (19.023)
Dossier: Nationales Burkaverbot

Zur Umsetzung der Standesinitiative des Kantons Basel-Landschaft für eine zusätzliche Aufstockung des Grenzwachtkorps und die angemessene Verteilung der Ressourcen auf die Regionen erachtete die SiK-NR die Ausarbeitung einer Gesetzesvorlage als nicht zielführend. Stattdessen beantragte sie der FK-NR im Rahmen deren Beratungen des Voranschlages 2017 die Aufstockung des Grenzwachtkorps um 36 Stellen. Die Finanzkommission lehnte diesen Antrag jedoch ab, worauf die SiK-NR denselben selbst direkt bei der Beratung des Voranschlages 2017 stellte, damit jedoch in der Einigungskonferenz scheiterte.

Im Mai 2017 wurde auch vom Kanton St. Gallen eine Standesinitiative (Kt.Iv. 17.311) eingereicht, die ebenfalls eine Aufstockung des Grenzwachtkorps forderte. Diesem Vorstoss gab der Ständerat im Herbst 2017 keine Folge, nachdem seine vorberatende SiK versprochen hatte, sich vom EFD über die Entwicklungen im Personalbestand des Grenzwachtkorps und einen allfälligen Aufstockungsbedarf ins Bild setzen zu lassen und, sollte letzterer gegeben sein, bei den Beratungen des Voranschlags 2018 einen entsprechenden Antrag einzureichen.

Als sich die SiK-NR im Oktober 2017 mit den beiden Standesinitiativen befasste, beschloss sie, der FK-NR 30 zusätzliche Stellen für das Grenzwachtkorps zu beantragen oder, sollte die Finanzkommission den Antrag ablehnen, diesen selbst in die Beratungen zum Voranschlag 2018 einzubringen. Gleichzeitig beantragte sie dem Nationalrat, die Standesinitiative aus Basel-Landschaft abzuschreiben und jener des Kantons St. Gallen keine Folge zu geben, da mit dem Aufstockungsantrag im Rahmen des Voranschlages 2018 dem Anliegen Rechnung getragen werde.

Nachdem die Aufstockung jedoch wider der allgemeinen Erwartung bei den Beratungen des Voranschlages 2018 erneut gescheitert war, beschäftigte sich in der Wintersession 2017 der Nationalrat mit den beiden Vorstössen. Die grosse Kammer stimmte einem Ordnungsantrag Leutenegger Oberholzer (sp, BL) zu, der verlangte, die beiden Standesinitiativen von der Traktandenliste zu nehmen. Damit wollte man die Möglichkeit erhalten, das Anliegen nochmals zu behandeln und im Falle des St. Galler Vorstosses einen ordnungsgemässen Antrag auf Folgegeben zu stellen.

Aufstockung des Grenzwachtkorps und angemessene Verteilung der Ressourcen auf die Regionen (Kt.Iv. 15.301 und 17.311)
Dossier: Forderungen nach einer Aufstockung des Grenzwachtkorps und Transformation der EZV (2016–)

Die Mehrheit der Anliegen zur Anpassung des Strafrechts, welche der Kanton St. Gallen mit einer 2009 eingereichten Standesinitiative an das eidgenössische Parlament herangetragen hatte, wurden durch die Revision des Sanktionenrechts im Jahr 2015 erfüllt. Die weiteren Forderungen sind bereits Gegenstand verschiedener laufender und zukünftiger Gesetzgebungsprojekte, weshalb der Initiative mangels weiterem Gesetzgebungsbedarf in beiden Räten keine Folge gegeben wurde.

Anpassung des Strafrechts

Der Fall Rappaz wirkte auch 2013 noch nach. Zur Debatte stand dabei das Dilemma zwischen Schutzpflicht des Staates und Selbstbestimmungsrecht des Häftlings. Die durch den Hungerstreik des Hanfbauern angeregte Diskussion über die Zwangsernährung von Häftlingen führte dazu, dass mehrere Kantone diese Fälle nun explizit regelten. Abgeschlossen sind die Revisionen in den Kantonen Zug, St. Gallen und Solothurn. Gesetzesrevisionen laufen derzeit in den Kantonen Appenzell Ausserrhoden und Luzern. Dabei wurde meist der Standpunkt vertreten, dass der Wunsch des Häftlings zu respektieren sei, auch wenn dieser zum Tod führe.

Zwangsernährung

Die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) verabschiedete am 2. Februar 2012 das verschärfte Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen, kurz Hooligan-Konkordat. Dieses sieht neu u.a. eine Verlängerung des Rayonverbots von einem auf ein bis drei Jahre und verschärfte Meldeauflagen vor. Personenkontrollen sollen von der Polizei und nur bei konkretem Verdacht durchgeführt werden können. Privaten Sicherheitsfirmen kann das Abtasten nach verbotenen Gegenständen über den Kleidern erlaubt werden. Neu ist zudem, dass die Behörden eine Bewilligungspflicht für Eishockey- und Fussballspiele der Männer der obersten Liga einführen können. Diese Bewilligung kann mit Auflagen an die privaten Veranstalter, etwa betreffend die Anreise der auswärtigen Fans, verbunden werden. Eine Koordinationsgruppe verabschiedete am 16. November 2012 ein Muster einer Rahmenbewilligung, um eine einheitliche Umsetzung der Bewilligungspflicht zu erreichen. Einige Punkte dieser Rahmenbewilligung gaben Anlass zur Diskussion. So etwa, dass bei Hochrisikospielen im und um das Stadion ein Alkoholverbot gelten und durch elektronische Zutrittskontrollen ein Abgleich der ID mit der Hooligan-Datenbank Hoogan gemacht werden sollen. Ende 2012 hatten bereits die Kantone St. Gallen, Aargau, Zug, Neuenburg, Appenzell Innerroden, Uri, Zürich und Luzern das Konkordat ratifiziert und in Appenzell Innerroden und St. Gallen ist es bereits in Kraft getreten.

Hooligan-Konkordat
Dossier: Hooligan-Konkordat

Mittels Standesinitiative regte der Kanton St. Gallen eine Erhöhung des Strafrahmens für Gewaltdarstellungen und die Herstellung von Kinderpornografie an. Da dieses Anliegen im Zuge der Harmonisierung der Strafrahmen umgesetzt werde, setzte der Ständerat im Frühjahr 2011 die Behandlung der Initiative für mehr als ein Jahr aus. Der Nationalrat stimmte der Sistierung im Sommer desselben Jahres ebenfalls zu.

Revision des Strafgesetzbuches (Kt.Iv. 08.334)
Dossier: Harmonisierung der Strafrahmen (Besonderer Teil des Strafgesetzbuches)

Die Zahl der Grossdemonstrationen mit 1'000 und mehr Beteiligten nahm 1997 auf 21 ab (1996: 24). Nicht nur in bezug auf die Anzahl, sondern auch hinsichtlich der Beteiligtenzahl blieben die Kundgebungen im Berichtsjahr eher bescheiden. Die grösste mobilisierte rund 12'000 Personen (Kosovo-Albaner in Bern). Am meisten Grossdemonstrationen fanden in Genf (sieben) und in Bern (fünf) statt. In Zürich waren wie üblich viele kleine Manifestationen mit zum Teil heftigen Ausschreitungen zwischen Demonstranten und Gegenmanifestanten aus der rechts- bzw. linksradikalen Szene zu verzeichnen. Grosskundgebungen, die zudem relativ schwach besucht waren, wurden hingegen in Zürich nur zweimal durchgeführt. Eher aussergewöhnlich waren zwei, gemessen an der Bevölkerungszahl sehr gut besuchte Protestveranstaltungen in Kleinstädten des Kantons St. Gallen (Rorschach und Wil). Sie richteten sich gegen die Absicht der Kantonsregierung, die lokalen Spitäler zu schliessen. Wie im Vorjahr kam es auch 1997 lediglich zu vier grossen Kundgebungen von Ausländerorganisationen, welche auf die Unterdrückung in ihren Heimatländern aufmerksam machten (zweimal Tamilen, je einmal Kosovo-Albaner und Tibeter). Am aktivsten waren wie bereits 1996 die Angestellten des öffentlichen Sektors. Dabei konzentrierte sich ihr Protest gegen staatliche Sparmassnahmen auf die Kantone Genf und Waadt, wo fünf von insgesamt sechs dieser Manifestationen stattfanden. Mit vier weiteren, von anderen Personenkreisen getragenen Kundgebungen, richteten sich damit fast die Hälfte aller Grossdemonstrationen des Jahres 1997 gegen staatliche Sparmassnahmen.

In der folgenden Zusammenstellung sind die Kundgebungen der Gewerkschaften zum 1. Mai, welche in den Grossstädten jeweils einige Tausend Beteiligte aufweisen, nicht erfasst. Demonstrationen mit 1'000 und mehr Teilnehmenden:
Genf: 2'000/Tibeter, 5'500/Tamilen, 3'000/Tamilen, 1'000/Lesben und Homosexuelle für expliziten Diskriminierungsschutz in der BV), 1'000/Staatsangestellte gegen Sparmassnahmen, 1'000/Studierende gegen Sparmassnahmen, 1'800/Rentner gegen städtische Sparmassnahmen;
Bern: 10'000/Bauarbeiter für Arbeitsplätze, 2'500/gegen Antisemitismus, 6'000/Lesben und Homosexuelle für expliziten Diskriminierungsschutz in der BV, 12'000/Kosovo-Albaner, 1'000/Staatsangestellte gegen kantonale Sparmassnahmen;
Lausanne: 2'000/Staatsangestellte gegen kantonale Sparmassnahmen, 10'000/Staatsangestellte und Studierende gegen kantonale Sparmassnahmen, 4'000/Staatsangestellte gegen kantonale Sparmassnahmen;
Zürich: 1'500/Bauarbeiter für neuen GAV, 2'000/Studierende gegen neues Unigesetz;
Rorschach (SG): 4'000/gegen Spitalschliessung;
Wil (SG): 2'000/gegen Spitalschliessung;
Freiburg: 1'500/gegen Schliessung der Brauerei Cardinal;
Aarau: 1'200/Mittelschüler gegen kantonale Sparmassnahmen.

Statistik Grossdemonstrationen 1997
Dossier: Grossdemonstrationen in der Schweiz

Im Vorjahr hatte das Parlament mehrere Vorstösse für eine Vereinheitlichung der kantonalen Strafprozessordnungen überwiesen. Im Berichtsjahr gaben der Ständerat und der Nationalrat nun auch sechs entsprechenden Standesinitiativen der Kantone Aargau (Kt.Iv. 95.307), Basel-Stadt (Kt.Iv. 95.301), Basel-Land (Kt.Iv. 95.305), St. Gallen (Kt.Iv. 95.304), Solothurn (Kt.Iv. 95.302) und Thurgau (Kt.Iv. 96.300) Folge. Bundesrat Koller gab in diesem Zusammenhang bekannt, dass er eine Expertenkommission beauftragt habe, bis zum Sommer 1997 ein Konzept vorzulegen.

Standesinitiativen für Vereinheitlichung der kantonalen Strafprozessordnungen
Dossier: Vereinheitlichung des Strafprozessrechts (2010)

Die Verfolgung der auf internationalem Niveau tätigen Kriminellen (namentlich im Bereich des organisierten Verbrechens und der Wirtschaftskriminalität) wird durch die kantonale Organisation der Polizei- und Justizbehörden erschwert. Der Ständerat hiess deshalb – trotz föderalistischer Bedenken Danioths (cvp, UR) – eine Motion Rhinow (fdp, BL) für eine Vereinheitlichung der Strafprozessordnung in der Schweiz gut. Der Bundesrat hatte sich ursprünglich für die Umwandlung in ein Postulat ausgesprochen, nachdem aber eine Expertengruppe ebenfalls Handlungsbedarf konstatiert hatte, war er mit der Motionsform einverstanden. Er nahm den Vorschlag zudem in den Vernehmlassungsentwurf für die Totalrevision der Bundesverfassung auf. Auch der Nationalrat stellte sich hinter den Vorstoss und überwies zudem noch eine gleichlautende Motion Schweingruber (fdp, JU) (Mo. 94.3181). Dieselbe Zielrichtung verfolgen auch die im Berichtsjahr eingereichten Standesinitiativen der Kantone Basel-Stadt, Basel-Land, St. Gallen und Solothurn.

Vereinheitlichung der Strafprozessordnung in der Schweiz
Dossier: Vereinheitlichung des Strafprozessrechts (2010)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 1/2: Vorgeschichte (1966 bis 1996)

Als letzter Kanton hat St. Gallen das Stimm- und Wahlrechtsalter auf 18 Jahre gesenkt.
In der Waadt empfahlen die Kantonsregierung und das Parlament die Ablehnung der 1991 eingereichten Volksinitiative für die Einführung des aktiven und passiven Stimmrechts in Kantons- und Gemeindeangelegenheiten für Ausländer mit Niederlassungsbewilligung. Das von den Gewerkschaften, der SP und den Grünen unterstützte Volksbegehren gelangte noch im Berichtsjahr zur Abstimmung und wurde mit einem Neinanteil von 74% deutlich abgelehnt. In Genf sprach sich die Kantonsregierung ebenfalls gegen eine ähnliche Initiative aus.
In den Kantonen Bern und Basel-Stadt wurden ähnliche Volksinitiativen eingereicht. Im Kanton Bern hatte sich das Parlament bereits anlässlich der Beratung der Totalrevision der Kantonsverfassung mit dieser Frage zu befassen. Ein von der Kommission vorgeschlagener Artikel, welcher die fakultative Einführung des Ausländerstimmrechts auf Gemeindeebene vorsah, wurde aus abstimmungstaktischen Gründen vom Grossen Rat wieder gestrichen. Immerhin beschloss das Parlament eine Motion, welche diesen Artikel der Volksinitiative als Gegenvorschlag gegenüberstellen will. Eine weitere Volksinitiative für die Einführung des Ausländerstimmrechts wurde im Kanton Tessin lanciert.

Vorstösse zum Ausländerstimmrecht auf kantonaler Ebene
Dossier: Einführung des Ausländerstimmrechts

Der positive Ausgang dieser Abstimmung liess auch die Zahl der Kantone, welche das Stimmrechtsalter in kantonalen Belangen noch nicht gesenkt haben, rasch schrumpfen. Ende Jahr verblieben in dieser Gruppe nur noch St. Gallen und Appenzell-Innerrhoden, wo entsprechende Vorlagen 1992 dem Volk vorgelegt werden sollen.

Der positive Ausgang dieser Abstimmung liess auch die Zahl der Kantone, welche das Stimmrechtsalter in kantonalen Belangen noch nicht gesenkt haben, rasch schrumpfen