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Bereits kurz vor dem Abstimmungssonntag im November 2020 zur Konzernverantwortungsinitiative reichten die Jungfreisinnigen in fünf Kantonen (AG, BE, SG, TG, ZH) eine Stimmrechtsbeschwerde gegen die Landeskirchen und deren aktive Beteiligung am Abstimmungskampf zu Gunsten der Initiative ein. Als die Kantonsregierungen nicht darauf eintraten, da diese Frage auf nationaler Ebene geregelt werde, richtete die Jungpartei ihre Beschwerde an das Bundesgericht. Sie beschuldigte die Kirchen, gegen Artikel 34 der Bundesverfassung – welcher Sachlichkeit, Transparenz und Verhältnismässigkeit vorschreibt – verstossen zu haben, und verlangten, dass sich die Religionsgemeinschaften in zukünftigen Abstimmungskämpfen neutral verhalten müssten. In einer Stellungnahme an das Bundesgericht, welche in den Medien teilweise veröffentlicht wurde, teilte die Bundeskanzlei (BK) die Vorwürfe der Jungpartei und stellte fest, dass das Engagement der katholischen und reformierten Landeskirchen im Zuge des Abstimmungskampfes zur KVI «zumindest grenzwertig» gewesen sei, insbesondere da Gegenargumente keinen Eingang in ihre Argumentation gefunden hätten. Die Kirche sei eine öffentlich-rechtlich anerkannte Körperschaft, welche einen staatlichen Auftrag wahrnehme. Dafür erhalte sie gewisse Privilegien, wie etwa das Recht, Steuern erheben zu dürfen, was sie dazu verpflichte, sich an Grundrechte wie die Gewährung der Abstimmungsfreiheit zu halten. Inwiefern die Kirchen im Rahmen ihrer Werbung für die KVI gegen diese Vorgaben verstossen hätten, sei zu klären.

Im März 2021 schrieb das Bundesgericht die fünf Stimmrechtsbeschwerden der Jungfreisinnigen als gegenstandslos ab. Das aktuelle Interesse, welches nötig sei, um ein solches Leiturteil zu fällen, sei nicht gegeben, da die Initiative am Ständemehr gescheitert sei. Das Bundesgericht stimmte jedoch zu, dass ein Interesse bestehen könnte, in diesem Feld Klarheit zu schaffen – jedoch sei dies nur möglich, wenn sich die kirchlichen Interventionen im Abstimmungskampf auf das Ergebnis auswirken würden. Während die Jungfreisinnigen das Urteil bedauerten und weiterhin auf ihrer Forderung nach Neutralität der Kirchen bestanden, begrüsste das Komitee «Kirche für Konzernverantwortung», dem über 700 Kirchgemeinden und Pfarreien angehörten, das Ergebnis. Es sei selbstverständlich, dass sich die Kirche in einer Demokratie zu politischen Fragen äussere und an öffentlichen Debatten teilnehme. Gleichzeitig seien sich die Kirchen auch bewusst, dass eine Aufarbeitung angezeigt sei – eine solche versprachen in der Folge Daniel Kosch, Generalsekretär der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz (RKZ), sowie Rita Famos, die neue Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS).

Kirchenposition zur KVI

In der Frage nach dem Kopftuchverbot im Schulunterricht für das muslimische Mädchen aus St. Margrethen (SG) wollte die Schulgemeinde den Entscheid des Verwaltungsgerichts aus dem Jahr 2014 nicht hinnehmen und entschied sich, vor Bundesgericht zu rekurrieren. Die Richter der II. öffentlichen Abteilung lehnten die Beschwerde aber mit vier zu einer Stimme ab. Die von der Schulgemeinde aufgezeigte Argumentation sei nicht überzeugend genug gewesen; in diesem konkreten Fall könne man weder den Religionsfrieden noch die Gleichberechtigung der Geschlechter oder die Schuldisziplin als Grundlage für das Verbot anbringen.
Die sankt-gallische SVP zeigte sich empört über den Richterspruch und verstand das Urteil als einen Rückschlag für die Integrationsbestrebungen in der Volksschule. Das islamische Kopftuch sei als ein Indiz für die fundamentalistische Auslegung der Religion zu betrachten. In diesem Sinne könnten ebendiese Kreise das vorliegende Urteil als einen Freifahrtschein für Forderungen auslegen. Die Föderation islamischer Dachorganisationen Schweiz (FIDS) hingegen zeigte sich äusserst erleichtert über das Urteil und nahm den Entscheid als unterstützende Grundlage für den Dialog zwischen den Religionsgemeinschaften an. Der Grundtenor war aber im Wesentlichen der Gleiche: Das Bundesgerichtsurteil sei als richtungsweisend zu verstehen, denn es stelle sich nun die Frage, wie noch offene, aber bereits vor dem Entscheid eingereichte Vorstösse – wie beispielsweise in der Nachbargemeinde Au-Heerbrugg – umgesetzt werden sollten.
In der Zwischenzeit hatte sich auch die Walliser SVP des Themas angenommen. Anfangs des Jahres lancierte sie eine Initiative, welche ein Verbot von jeglicher Kopfbedeckung im Schulzimmer forderte, wobei sie aber keinen Hehl daraus machte, dass das Verbot primär auf das Kopftuch ausgerichtet sei. Jean-Luc Addor (VS, svp), Co-Präsident des Initiativkomitees, wies zwar darauf hin, dass das Kopftuch im Wallis noch keine weiträumige Verbreitung gefunden habe, das Credo in dieser Angelegenheit aber laute: Lieber vorbeugen als bekämpfen! Im März 2015 reichte zudem die Walliser CVP beim kantonalen Parlament eine Motion ein mit dem Titel "Kopfbedeckungsverbot an der Schule: für eine pragmatische Lösung". Diese solle insbesondere für die jeweiligen Schulleitungen eine Rechtsgrundlage für das Ergreifen entsprechender Massnahmen – bis hin zum Verbot – schaffen. Die Motion wurde mit 90 zu 18 Stimmen bei 4 Enthaltungen angenommen und zur Stellungnahme dem Regierungsrat überwiesen.
Um ein Gegengewicht zur SVP-Initiative zu bilden, formierten sich im April einige muslimische Bürgerinnen und Bürger zur Gruppierung V.I.V.E (pour Valaisan-ne-s contre l'Interdiction du Voile à l'Ecole). Während mehrerer Monate bereitete die Gruppe ein Manifest vor, welches schliesslich am 20. November (Tag der Kinderrechte) im Internet freigeschaltet und all jenen zur Unterschrift freigestellt wurde, welche sich für den Zugang zur Bildung für alle und gegen eine weitläufige Verbreitung der Islamophobie einsetzen wollten.

Kopftuchverbot im Schulunterricht

Das sankt-gallische Au-Heerbrugg beschloss an einer Urnenabstimmung im Februar mit einer Zweidrittelmehrheit ein Kopftuchverbot im Schulunterricht. Bei der Abstimmungsvorlage handelte es sich um ein von der kantonalen SVP ergriffenes Referendum, das als Reaktion auf die von der Schulbehörde beschlossene Aufhebung eines 2010 vom St. Galler Erziehungsrat empfohlenen Kopftuchverbots zu Stande kam. Die beiden somalischen Mädchen, deren Weigerung zur Ablegung des Kopftuchs den Schulrat zum Umdenken bewogen hatte, gaben bekannt, den Entscheid mit ihrem Anwalt, dem grünen Nationalrat Daniel Vischer (gp, ZH), anfechten zu wollen. Vischer hatte im Vorjahr bereits die beiden thurgauischen Schülerinnen mazedonischer Herkunft erfolgreich vor dem Bundesgericht vertreten.
Im November überwies der sankt-gallische Kantonsrat mit deutlicher Mehrheit eine SVP-Motion, die den Kanton beauftragt, gesetzliche Regelungen für Bekleidungsvorschriften in Schulen zu erlassen. Zwei Wochen zuvor stützte das Verwaltungsgericht in St. Gallen die Beschwerde eines weiteren muslimischen Mädchens aus Sankt Margrethen. Ein Kopftuchverbot wäre zum jetzigen Zeitpunkt unverhältnismässig. Die kopftuchtragende Schülerin sei weder ein Störfaktor in der Schule noch verhindere die Kopfbedeckung die Integration der 13-Jährigen. Im Kanton Thurgau, wo das Bundesgericht im Vorjahr aufgrund fehlender rechtlicher Grundlagen ein von einer Schulgemeinde verhängtes Kopftuchverbot als unzulässig erklärte, scheiterten die Versuche der SVP im Grossen Rat, mittels Motion die rechtliche Basis zu schaffen. Des Weiteren scheiterte im Kanton Aargau eine Motion der CVP-Fraktion, die ebenfalls das Tragen des Kopftuchs im Schulunterricht verbieten wollte, aufgrund fehlender Unterstützung ausserhalb der CVP und SVP.

Kopftuchverbot im Schulunterricht

Die Neuernennungen in den Diözesen St. Gallen, Lugano, Sion und Freiburg-Lausanne-Genf gingen ohne störende Zwischentöne über die Bühne. In Sion folgte der als konservativ eingeschätzte Norbert Brunner auf Henri Schwery, der trotz seines Rücktritts als Bischof weiterhin Kardinal bleiben wird. In Lugano und Freiburg wurden - als Nachfolger des verstorbenen Bischofs Correcco und des zurückgetretenen Bischofs Mamie - mit den Prälaten Giuseppe Torti und Amedée Grab zwei Kirchenmänner zu Bischöfen ernannt, welche sich in der Vergangenheit dem ökumenischen Gedankengut gegenüber aufgeschlossen gezeigt hatten. In St. Gallen, wo der Bischof nicht vom Heiligen Stuhl bestimmt, sondern aus einer von Rom genehmigten Liste durch lokale Gremien ernannt wird, wurde erwartungsgemäss der bisherige Administrator der Bistums, Ivo Fürer, zum neuen Bischof gewählt.

Neuernennungen in den Diözesen St. Gallen, Lugano, Sion und Freiburg-Lausanne-Genf