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Jahresrückblick 2019: Kultur, Sprache, Kirchen

2019 war hinsichtlich der Kultur-, Sprach- und Kirchenpolitik vergleichsweise ein eher moderater Jahrgang, sowohl im Vergleich zu anderen Politikbereichen, als auch im direkten Vergleich zu den Vorjahren. Eine APS-Zeitungsanalyse zeigt auf, dass alle drei Politikbereiche von einem rückläufigen Trend betroffen sind, wobei sich dieser besonders in der Medienberichterstattung zur Kirchen- und Religionspolitik am stärksten zeigt – hier hat sich der Anteil themenspezifischer Artikel seit 2016 nahezu halbiert. Im Jahresverlauf wurden über die drei Themenbereiche betrachtet unterschiedliche Entwicklungen ersichtlich: Während die Sprachthemen auf nationaler Ebene offensichtlich im Allgemeinen wenig Beachtung fanden, wurden kirchenpolitische Themen besonders Anfangs und Ende Jahr stark diskutiert und fielen dann dem obligaten «Sommerloch» zum Opfer. Die Kulturpolitik hingegen sah sich mit einem regelrechten «Sommerhoch» konfrontiert, nachdem es ab März 2019 eher ruhig geworden war.

Das Hauptaugenmerk der Parlamentarierinnen und Parlamentarier lag 2019 hinsichtlich der kulturpolitischen Entwicklungen mit Sicherheit auf der Revision des Schweizer Urheberrechts. Nach rund 7-jähriger Vorarbeit und einer vom Ständerat im Frühjahr 2019 zwecks Sondierung der Lage des europäischen Urheberrechts auferlegten Rückweisung, wurden im Sommer schliesslich die Weichen gestellt und das Gesamtpaket im Herbst gebündelt. Da die angestrebte Revision Einfluss auf verschiedene Bereiche hat, blieben die negativen Reaktionen indes nicht aus; deshalb ist es auch wenig erstaunlich, dass kurz nach der Schlussabstimmung bereits das Referendum ergriffen wurde. Ob die URG-Revision effektiv gelungen ist, wird sich Mitte Januar 2020 zeigen, wenn die Referendumsfrist abgelaufen ist.
Die Ratifizierungen internationaler Abkommen wie des Übereinkommens über den Schutz des Unterwasser-Kulturerbes und des Rahmenübereinkommens des Europarats über den Wert des Kulturerbes standen hingegen ausser Diskussion.
Ein anderer Fokus wurde im Kulturjahr 2019 wiederum auf die Kulturförderung gelegt. Im Frühjahr wurde die Kulturbotschaft 2021–2024 in die Vernehmlassung geschickt und bis im September zur Stellungnahme freigegeben. Der Ergebnisbericht lag Ende Jahr zwar noch nicht vor, jedoch geben die im Verlauf des Jahres gefällten Entscheide zu diversen Vorstössen mit Referenz auf die Kulturbotschaft (Kulturabgeltung an die Stadt Bern, Einführung eines schweizerischen Jugendkulturgutscheins, Auswirkungen der Urbanisierung auf die Kulturförderung, Aufgabenteilung zwischen SBFI und BAK, Erhöhung des Kredits für die Förderung des Sprachaustausches) einen ersten Hinweis auf mögliche Herausforderungen hinsichtlich der weiteren Beratungen .
Auch im Bereich Heimatschutz und Denkmalpflege blieben die Institutionen nicht untätig. So wurde eine Motion Regazzi (cvp, TI; Mo. 17.4308), die eine Anpassung der Bewertungskriterien für die ISOS-Aufnahme verlangte, stillschweigend angenommen und die Vernehmlassungsergebnisse zur Totalrevision des VISOS vielen mehrheitlich positiv aus, was auf ein Inkrafttreten der revidierten Verordnung auf den 1. Januar 2020 hindeutete.
In der ausserparlamentarischen Debatte fand das Fête de Vignerons, das drei Jahre nach seiner Aufnahme ins UNESCO Weltkulturerbe und 20 Jahre nach der letzten Austragung neuerlich in Vevey (VD) stattfand, grosse Beachtung – leider aufgrund der finanziellen Bruchlandung nicht nur positive. Ein wiederkehrendes Thema war 2019 auch die Raubkunst, wobei der Fokus in diesem Jahr auf den afrikanischen Kontinent und die im Kontext der Kolonialisierung erbeuteten Schätze gerichtet wurde. Auch das Volk der Fahrenden war 2019 insbesondere in den Kantonen ein Thema, da sich die Frage der Durchgangsplätze nicht nur im Kanton Bern aufgetan hatte.

Im Bereich der Sprachpolitik standen in diesem Jahr die Mehrsprachigkeit und damit zusammenhängend die Förderung des Austausches zwischen den Sprachgemeinschaften sowie der Erhalt des Rätoromanischen im Fokus. So forderte eine Motion Bourgeois (fdp, FR; Mo. 17.3654), dass öffentliche Ausschreibungen des Bundes künftig in den wichtigsten Landessprachen zu erfolgen hätten, und eine Motion Gmür-Schönenberger (cvp, LU; Mo. 18.4156), dass TV-Produktionen nicht mehr synchronisiert, sondern sowohl Eigenproduktionen in den Landessprachen, als auch englischsprachige Produktionen in der Originalsprache ausgestrahlt und lediglich noch untertitelt werden sollen.
Mit dem Begehen der 100-Jahr-Feier der Lia Rumantscha wurden indes Bestrebungen aufgezeigt, das Rätoromanische wieder mehr aufs Parkett zu bringen und insbesondere auch einem Publikum ausserhalb des Bergkantons ins Gedächtnis zu rufen. Nicht zuletzt seit einem im Frühjahr erschienene Bericht des ZDA war deutlich geworden, dass es für das Rätoromanische in der Schweiz fünf vor zwölf geschlagen hat.

In Bezug auf kirchen- und religionspolitische Themen stand in diesem Jahr die SVP mit ihren islamkritischen Parolen auf prominentem Parkett. Mit ihrem Vorstoss zur Bekämpfung der Ausbreitung eines radikalen Islams war sie im Parlament zwar gescheitert, generierte aber mit den daraus resultierenden Wahlplakaten des der SVP nahestehenden Egerkinger-Komitees im Vorfeld der eidgenössischen Wahlen 2019 ein grosses Medienecho. Auch die Motion Wobmann (svp, SO; Mo. 17.3583), die ein Verbot der Verteilaktion «Lies!» zum Ziel hatte, scheiterte – nach einer rund 1.5-jährigen Sistierung – am Ständerat. Wie eine bereits im Sommer veröffentlichte Studie aufzeigte, nahm die SVP auch in den Kantonen eine dominante Rolle in der Religionsdebatte ein. So war es nur wenig erstaunlich, dass die Anfangs Jahr neuerlich aufkommende Frage, ob man als guter Christ noch die SVP wählen dürfe, wieder zu diskutieren gab; nicht zuletzt, weil damit auch verschiedentliche Kirchenaustritte – nebst den ohnehin zunehmenden Kirchenaustritten – von SVP-Politikerinnen und -Politikern einhergingen, welche sich lieber dem Churer Bischof Huonder zuwenden wollten. Dieser seinerseits wurde schliesslich nach zweijährigem Aufschub zu Pfingsten Abberufen, nutzte die Zeit bis dahin aber für einen Rundumschlag gegen die Landeskirchen und stellte sich noch immer quer zu den Missbrauchsvorwürfen in der Kirche.
Wie sich die Kirche zum Staat verhalten soll und in welchem Masse sich Theologen in die politische Debatte einbringen dürfen, wurde seit Anfang Jahr im Rahmen eines von Gerhard Pfister (cvp, ZG) neu gegründeten Think-Tanks «Kirche/Politik» erläutert.
Eine für viele eher überraschende Kunde kam im Herbst von Seiten der reformierten Kirchen: Diese hatten sich nach langen Diskussionen für die «Ehe für alle» ausgesprochen, wobei sie im Wissen um die konservativen Kräfte innerhalb der Glaubensgemeinschaft die Gewissensfreiheit der Pfarrpersonen gewährleisten wollten. Unerfreulich waren 2019 die Meldungen über die Rückkehr und rasche Zunahme des Antisemitismus in der Schweiz.

Die 2019 im Vorfeld des angekündigten Frauenstreiks virulent diskutierte Genderthematik fand ihren Einzug auch im Bereich der Kultur, Sprache und Kirche. So wurden Frauen, und spezifisch ihr Schaffen und ihre Stellung in der Kunst und Kultur, wesentlich stärker thematisiert als in den vergangenen Jahren. Auch die Diskussion um gendergerechte Sprache wurde in diesem Jahr wieder virulenter aufgegriffen. Besonders überraschend kam auch die Ankündigung der Kirchenfrauen, sich am diesjährigen Frauenstreik zu beteiligen, um ein Zeichen gegen die männliche Dominanz innerhalb der Institution zu setzen.

Jahresrückblick 2019: Kultur, Sprache, Kirchen
Dossier: Jahresrückblick 2019

Im Sommer 2019 lag das Augenmerk der sprachaffinen Schweizerinnen und Schweizer auf der Region Maloja im Kanton Graubünden. Zwischen dem 1. und 18. August fanden dort, in der Gemeinde Zuoz, im Rahmen des 100-Jahr-Jubiläums der Lia Rumantscha Kultur- und Sprachfestivitäten für Gross und Klein statt. Das rund dreiwöchige Grossereignis war mit gut CHF 1 Mio. budgetiert und durch den Kanton Graubünden, Bundesbeiträge, Sponsoren sowie Solidaritätsbeiträge diverser anderer Kantone finanziert worden. Zwischen der offiziellen Eröffnung am 2. August und dem Hauptfestakt am 17. August wurden an unterschiedlichen Daten Thementage gestaltet, die sich mit alltäglichen und politisch relevanten Belangen des Bergkantons und seiner Sprachvielfalt auseinandersetzten. So gab es abwechslungsreiche Anlässe zur Familie, zur Sprachpolitik, zu Minoritäten, zur Dreisprachigkeit des Kantons oder zum Romanisch in der Schule und der Literatur. Es sollte ein Fest für alle sein, war doch die ganze Schweiz mit dem Ziel eingeladen worden, aufzuzeigen, dass die Schweiz etwas verlieren würde, «wenn es das Romanische nicht mehr gäbe», wie Johannes Flury (fdp, GR), Präsident der Lia Rumantscha, zu bedenken gab. Das Highlight des Jubiläums stellte sicherlich das im vom Architekten Men Duro Arquint temporär konstruierten Theaterhaus mehrfach aufgeführte Theaterstück «Tredeschin Retg» dar, das aufgrund des Grossandrangs gar um zwei zusätzliche Vorführungen ergänzt werden musste. Des Bündners liebstes Märchen erzählt die Geschichte von Tredeschin, der als 13. Kind einer Bünder Familie das Licht der Welt erblickt und sich irgendwann aufmacht, die Welt zu entdecken und nach seinem Glück zu suchen. Dabei bewegt er sich stets im Spannungsfeld zwischen der kleinen Heimat und der grossen Welt, wodurch die Suche nach dem eigenen Glück zu einer Suche nach der eigenen Identität wird. Das speziell für die Bühne adaptiere Kindermärchen könnte als sinnbildlich für den vom Medienverantwortlichen der Lia Rumantscha, Andreas Gabriel, als «hochpolitisch» bezeichneten Charakter des Festivals betrachtet werden. Das Programm wurde grundsätzlich auf Romanisch durchgeführt, war jedoch auch in anderen Sprachen verfolgbar. So wurde das Theaterstück auf Deutsch und Italienisch übertitelt, also genau das, was Gabriel und andere «in umgekehrten Vorzeichen auch von den grösseren Sprachgemeinschaften erwarten würden, damit wir das Romanische im Alltag und in den politischen Diskussionen nicht aufgeben müssen.»

Gegründet wurde die Lia Rumantscha am 26. Oktober 1919 als Dachorganisation aller romanischen Sprach- und Kulturvereine. Sie hat ihren Hauptsitz in Chur. Die zentrale Figur der Entstehungsgeschichte war Giachen Conrad, ein Churer Postinspektor, der im April 1919 unter dem Titel «Kassandrastimmen vom Hinterrhein» einen Aufruf in der damaligen «Neuen Bündner Zeitung» startete. In seinem Kassandraruf verglich er das Romanische mit einem «Ertrinkenden», das durch den zunehmenden Tourismus Gefahr laufe zu «verdeutschen». Mit den Bahntunneln öffne man nun die «natürlichen Dämme gegen die fremde Flut» und grabe «alle Wälle ab, hinter welchen die kränkelnde Pflanze des Erbes unserer Väter noch etwas Schutz vor dem Nordwind fand.» Es gelte nun, eine «Phalanx» gegen diese Gefahr zu bilden, wie die «Südostschweiz am Wochenende» den Churer zitierte. Tatsächlich verfehlte der Weckruf seine Wirkung nicht, wurde doch auf Anregung der «Uniun rumantscha da Schons» die Bitte um eine Konferenz aller romanischen Sprachvereine von der «Societad Retorumantscha» gutgeheissen, sodass bereits im Juli 1919 eine Kommission mit der Ausarbeitung der Statuten und Satzungen der postulierten Dachorganisation beauftragt wurde. Am 26. Oktober 1919 fand schliesslich die Gründungsversammlung statt, an der Conrad zum ersten Präsidenten der Lia Rumantscha gewählt wurde. So kurzweilig sich die Entstehungsgeschichte auch lesen mag, so lässt sich dennoch nicht verleugnen, dass es sich hierbei um einen wahren Kraftakt handelte, wie der Romanist Rico Franc Valär zu berichten wusste: Es bestanden bedeutende idiomatische und konfessionelle Differenzen zwischen den verschiedenen Tälern, sodass ein gesamträtoromanisches Bewusstsein nie wirklich aufkommen konnte. Zudem musste die Dachorganisation bereits kurz nach ihrer Gründung eine bedeutende Bewährungsprobe überstehen: die Beschaffung der notwendigen finanziellen Mittel zur Existenzsicherung. Sowohl der Kanton Graubünden als auch der Bund zeigten sich zunächst nicht sonderlich begeistert von den «sprachpolitischen Unruhestiftern», hatten dann aber doch ein Einsehen.

Heute hat die Dachorganisation indes mit weitaus grösseren Problemen zu kämpfen: Der vor 100 Jahren ausgesandte Kassandraruf scheint in der Gegenwart angekommen zu sein. Das Romanische ist je länger, je mehr vom Aussterben bedroht; Erhebungen zufolge beherrschen zwischenzeitlich noch rund 60'000 bis 80'000 Personen die Sprache. Johannes Flury sieht das Hauptproblem in der Auswanderung aus den Tälern, zieht aber auch den Kanton Graubünden in die Verantwortung. Als Hauptverantwortlicher für die Erhaltung und Förderung der Sprache nehme dieser seine Verantwortung nur zögerlich wahr; Lehrmittel seien mangelhaft und es würden zu wenige romanischsprachige Lehrpersonen ausgebildet. Zudem sei in der Kantonsverwaltung ein zu geringes Bewusstsein für die Mehrsprachigkeit vorhanden. Der Kanton weist diese Vorwürfe von sich. Im Rahmen seiner dreitägigen Nationalfeiertagsreise fand sich auch Aussenminister Ignazio Cassis in Zuoz ein, wo er sich als offizieller Vertreter des Bundesrates in allen fünf Idiomen (Sursilvan, Sutsilvan, Surmiran, Puter, Vallader) für die Einladung bedankte und aufmunternde Worte an die Bevölkerung richtete: «Lassen Sie sich nicht entmutigen [...]. Die Schweiz braucht das Rumantsch.» Weiter kündigte er an, dass der Bund ab 2020 rätoromanische Sprachkurse für Kinder und Jugendliche ausserhalb des angestammten rätoromanischen Sprachgebiets unterstützen werde, und brachte auch die Idee einer rätoromanischen Woche, einer «emna da la lingua rumantscha» ein – in Anlehnung an die Anlässe, die die italienische und französische Sprache und Kultur in den Fokus setzen. Gemäss Johannes Flury wird es das Romanische auch in 100 Jahren noch geben, die Frage sei lediglich, in welchem Zustand es dann sein werde. Die Solidarität der übrigen Schweiz für die Sprache habe man aber bereits seit der Gründung immer gespürt: «Die Schweiz ist für uns im Jahr 1938 eingestanden, aber auch heute. Alle, wirklich alle Kantone haben sich an unserem Fest beteiligt.»

Was hingegen im Rahmen der Feierlichkeiten bewusst ausgespart wurde, war das «Rumantsch Grischun», da der Präsident der Dachorganisation um den «fragilen Sprachfrieden» fürchtete. Die Schriftsprache wurde 1982 auf Initiative der Lia Rumantscha vom Zürcher Linguisten Heinrich Schmid quasi ab dem Reissbrett entwickelt und war als Rettung des Rätoromanischen angedacht gewesen. Über die Jahre gesehen wurde die vielbesagte Rettung jedoch immer mehr zum Zankapfel und die Idee, eine Brücke von der Standardsprache zu den bestehenden fünf Idiomen zu schlagen, gilt bereits jetzt als gescheitert. Tatsächlich hat der Widerstand gegen das Rumantsch Grischun in den letzten Jahren stark zugenommen; dieses wird besonders im schulischen Kontext abgelehnt, weshalb es nicht verwundert, dass auch aktuell wieder in zwei Oberhalbsteiner Gemeinden (Lenz Albula und Surses) per Initiative dessen Abschaffung aus dem Schulunterricht gefordert wird. Sollte dies tatsächlich eintreten, würde das Rumantsch Grischun nur noch in den zweisprachigen Schulen in Chur, Trin und Domat/Ems unterrichtet werden.

100 Jahre Lia Rumantscha

Im Frühjahr 2019 veröffentlichte das Zentrum für Demokratie Aarau (ZDA) die Ergebnisse einer 2018 vom BAK in Auftrag gegebenen Studie zur Wirkung der Bundesfinanzhilfen an den Kanton Graubünden hinsichtlich der Erhaltung und Förderung der rätoromanischen und italienischen Sprache und Kultur im Kanton. Der Evaluationsbericht sollte zum einen als Entscheidungsgrundlage für die Förderperiode 2021–2024 und zum anderen zur Beantwortung des Postulats Semadeni (sp, GR; Po. 15.4117) beigezogen werden. Im Bericht wurde die aktuelle Situation des Rätoromanischen und des Italienischen sowohl für das angestammte als auch das erweiterte Sprachgebiet aufgezeigt und Hand zu Verbesserungsmöglichkeiten für das Förderinstrumentarium geboten. Für die Studie waren zunächst 54 Angehörige der rätoromanischen und italienischen Zivilgesellschaft sowohl im Kanton Graubünden als auch in der restlichen Schweiz mittels eines Fragebogens zur Nützlichkeit und Angemessenheit der ergriffenen Massnahmen befragt worden. Im Anschluss waren elf Interviews mit Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft, der Politik und den involvierten Institutionen durchgeführt worden.
Die Untersuchungsergebnisse liessen auf deutliche Unterschiede zwischen den beiden Sprachminderheiten schliessen: Während das Italienische im angestammten Sprachgebiet als Amts-, Arbeits- und Alltagssprache weiterhin unangefochten sei, stelle das Verhältnis der Italienischsprechenden zu den behördlichen Instanzen und den staatsnahen Betrieben eine grosse Herausforderung dar. Dadurch werde die Gleichwertigkeit des Italienischen als Amtssprache innerhalb des kantonalen Staatswesens bisweilen erheblich beeinträchtigt. Das Rätoromanische hingegen werde bereits mittelfristig mit der Gefahr einer Zurück- bzw. Verdrängung konfrontiert sein, da es schon heute teilweise in seinen traditionellen Verbreitungsgebieten als Amts-, Arbeits- und Alltagssprache vom Deutschen abgelöst werde.
Eine wesentliche Schwäche deckte die Studie in der Umsetzung des im Grundsatz minderheitenfreundlichen kantonalen Sprachengesetzes auf. Die Hauptverantwortlichkeit zur Erhaltung und Förderung der beiden Minderheitensprachen im Kanton Graubünden werde vom Kanton selbst nur zögerlich wahrgenommen. Damit zusammenhängend offenbarte sich ein weiterer Schwachpunkt im für die Sprachförderung relevanten Bereich des Sprachunterrichts: Von verschiedener Seite sei moniert worden, dass die Lehrmittel für die beiden Minderheitensprachen qualitativ den deutschsprachigen Lehrmitteln nachstünden und oft auch erst mit Verspätung erschienen. Fehlende finanzielle Mittel führten zudem zu einer Kürzung bzw. Streichung des Romanisch- und Italienischunterrichts an Mittelschulen, wodurch das Bildungsangebot auf verschiedenen Stufen unterbrochen oder zumindest ausgedünnt werde. In der Folge bestehe eine reale Gefahr, dass insbesondere die Romanischkenntnisse weiter sänken, weniger Lehrpersonal ausgebildet werde und die Sprache auszusterben drohe.
Um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken, gaben die Studienverantwortlichen vier Hauptempfehlungen ab: Erstens erfordere es einen konzentrierten Einsatz finanzieller Mittel im Bildungssektor, besonders hinsichtlich der kritischen Situation des Rätoromanischen. Dadurch solle ein durchgängiges Angebot an Romanischunterricht von der Krippe bis zur Hochschule gewährleistet werden und auch das Modell der zweisprachigen Kindergärten und Primarschulen auf mehr deutschsprachige Gemeinden ausgeweitet werden. Zweitens müssten Massnahmen auch über die Kantonsgrenze hinaus ergriffen werden, indem die Förderung von Bildungsangeboten, insbesondere zweisprachiger Schulen (Rätoromanisch/Deutsch), nicht nur in den deutschsprachigen Gebieten innerhalb des Kantons, sondern auch in anderen Kantonen anvisiert werde. Drittens müsse man die Mehrsprachigkeit in der kantonalen Verwaltung stärken, insbesondere hinsichtlich des Italienischen. Die deutschsprachigen Mitarbeitenden sollten bessere Italienischkenntnisse erlangen und italienischsprachige Bewerbungen nicht wegen fehlender Deutschkenntnisse benachteiligt werden. Als letzte Empfehlung wurden sowohl der Kanton Graubünden als auch der Bund dazu angehalten, ihre Governance in diesem Bereich zu überdenken. Auch wenn sich die Leistungsvereinbarung als Sprachförderungsmittel bewährt habe, müsse man diese in ihrer Ausgestaltung konkretisieren, einzelne Massnahmen und Zuständigkeiten präzisieren sowie ein stärkeres Monitoring vorsehen, um die strategischen und operativen Verantwortungen nicht zu verwischen.

Massnahmen zur Erhaltung und Förderung der rätoromanischen und der italienischen Sprache und Kultur im Kanton Graubünden

Nach einer Vorbereitungsphase für eine Kandidatur für Olympia 2026 im Graubünden von knapp einem Jahr stand im Februar 2017 der Bündner Volksentscheid zum Kredit von CHF 25 Mio. zur Ausarbeitung einer Olympia-Kandidatur an.
Die Befürwortenden und die Gegnerschaft der Bündner Kandidatur führten einen Abstimmungskampf mit äusserst ungewissem Ende – wie die Medien betonten –, nachdem eine Kandidatur für Olympia 2022 erst wenige Jahre zuvor trotz gross angelegter Pro-Kampagne an der Urne gescheitert war. Die Voraussetzungen für eine Olympia-Kandidatur hätten sich in den vergangenen Jahren mit der neuen Olympischen Agenda 2020 des IOK jedoch geändert, argumentierten die Befürwortenden – allen voran Mitinitiant des Projekts Andreas Wieland, welcher versicherte, dass das Bündner Konzept diesen neuen Forderungen weitgehend entspreche. Die Befürwortenden sahen in Bündner Winterspielen im Sinne einer gross angelegten Standortförderung die Chance, den Tourismus und die Wirtschaft des Kantons anzukurbeln, nachdem sich Letztere seit 2013 massiv verschlechtert habe. Wie der Volkswirtschaftsdirektor des Kantons, Jon Domenic Parolini (GR, bdp), vor der Abstimmung befand, stünden die Chancen für eine Annahme in den touristischen Regionen des Kantons grundsätzlich gut. Die weniger touristischen Ortschaften wie das Rheintal müssten jedoch noch stärker für die Vorteile des Vorhabens sensibilisiert werden, so seine Einschätzung. Zu den organisierten Befürwortenden gehörten unter anderem die bürgerlichen Parteien, die Bündner Wirtschafts- und Tourismusverbände sowie die Ostschweizer Regierungskonferenz.
Die Kontrahenten des Vorhabens – bestehend aus dem Komitee «Olympiakritisches Graubünden» sowie aus den linken Parteien und den Umweltverbänden – sahen in einer Volksabstimmung so kurz nach dem letzten Volksnein eine «Zwängerei». Gemäss Jon Pult (GR, sp), dem prominentesten Gegner des Olympiavorhabens, bestehe in der Bevölkerung grosser Unmut über diese erneute Abstimmung. Auch der enge Zeitplan – welcher sich nach dem Vorverschieben der Volksabstimmung auf Wunsch von Swiss Olympics noch verdichtet hatte – bot Stoff für Kritik: Die transparente Auflistung der genauen Kosten sei damit nicht möglich und der Bevölkerung werde so die «Katze im Sack» verkauft, so Sylvia Semadeni (GR, sp) im Gespräch mit der LZ. Weiter gab die Kontra-Seite zu bedenken, dass der Gigantismus mit der «Pseudoreform-Agenda 2020» (NZZ) nicht wesentlich verhindert werde, es handle sich dabei vielmehr um eine «Imageübung» (AZ) des IOK. Auch dass die Winterspiele den gewünschten grossen Profit für alle abwerfen werden, bezweifelte Pult; viel wahrscheinlicher sei es, dass sie nichts als hohe Defizite für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler hinterliessen und kurze wirtschaftliche «Strohfeuer» (WW, LZ) die bestehenden wirtschaftlichen Probleme nicht nachhaltig würden lösen können.

Am 12. Februar 2017 erlosch «Graubündens Olympia-Flämmchen» (NZZ) schliesslich vollständig. Die Stimmbevölkerung lehnte die Vorlage an der Urne mit einem Nein-Stimmenanteil von 60.1 Prozent und einer Stimmbeteiligung von 50.1 Prozent ab und zeigte damit, dass sich die Haltung gegenüber den Olympischen Spielen seit dem Volksnein 2013 nicht grundlegend verändert hatte. Die Angst vor einem Finanzdesaster, Gigantismus und Fremdbestimmung überwogen noch immer, war sich die Presse einig. Das klare Nein sei nicht zuletzt einerseits auf das bevölkerungsstarke Chur und andererseits auf die möglichen Host-Citys und Tourismus Hotspots St. Moritz, Arosa und Davos zurückzuführen, welche entgegen den Erwartungen der Befürwortenden den Kredit für die Ausarbeitung von Winterspielen in ihrem Kanton ablehnten. Im Rennen um die schweizerischen Olympischen Spiele 2026 verblieb damit nur noch die Walliser Kandidatur.

Kandidatur für Olympia 2026 in Graubünden
Dossier: Olympiakandidaturen

Knapp zwei Jahre nach der Ablehnung der Bündner Olympia-Kandidatur 2022 durch das Stimmvolk Graubündens wagte der Regierungsrat mit einer positiven Antwort auf einen Auftrag Cavegn (cvp) für die Unterstützung einer Kandidatur für die Olympischen Winterspiele 2026 im August 2015 einen erneuten Anlauf. Dieser Prozess war von den drei Bündner Wirtschaftsdachverbänden und Hotelleriesuisse Graubünden angestossen und unterstützt worden. Die Begründung: Die wirtschaftliche Situation im Kanton Graubünden habe sich seit 2013 stark verschlechtert, in einzelnen Tälern sei die Situation gar «alarmierend». Schweizerische Olympische Winterspiele könnten dieser Problematik Abhilfe verschaffen und der Wirtschaft sowie dem Tourismus den notwendigen Schub verleihen. Nach der positiven Reaktion der Kantonsregierung und deren Antrag auf Annahme überwies das Kantonsparlament den Auftrag in der Wintersession 2015 und gab damit das «definitive Startsignal» (NZZ) zur Ausarbeitung einer Kandidatur des Kantons Graubünden.
Wie Andreas Wieland, der Vorsteher des Projektteams, welches aus prominenten Personen aus Wirtschaft und Tourismus bestand, gegenüber der NZZ verlauten liess, liege der Schwerpunkt der Bündner Kandidatur 2026 – anders als bei der Kandidatur 2022 – stärker auf der bestehenden Infrastruktur und weniger auf Neubauten. So sollten die Winterspiele 2026 dezentral und verteilt über die Bergregionen des Kantons Graubünden, aber auch in der restlichen Schweiz mit einer modernen High-Tech-Übertragung stattfinden. Der Schneesport solle im Bündnerland und der Hallensport vorwiegend in Zürich ausgetragen werden, so der Plan.

Neben der Zustimmung der Bündner Wirtschafts-, Tourismus- und bürgerlichen Politikkreise zu potenziellen Olympischen Spielen 2026 wurden auch kritische Stimmen zu einer möglichen Bündner Kandidatur laut. Diese stammten vorwiegend aus den Reihen der linken Parteien sowie des Komitees «Olympiakritisches Graubünden», welche sich bereits beim Vorgängerprojekt zwei Jahre zuvor gegen eine Kandidatur gewehrt hatten. «Milliardeninvestitionen in den übersättigten Wintertourismus» (NZZ) sowie der den Winterspielen vorauseilende Ruf des Gigantismus seien im Ostschweizer Kanton deutlich fehl am Platz und brächten nachhaltig keinen Profit ein, lautete das Argument. Während die SP dem Vorhaben nicht vollständig ablehnend gegenüberstand, zeigte sich die Partei doch besorgt über die starke Kostenunsicherheit. Wie SP-Grossrat Jon Pult im Gespräch mit der Südostschweiz postulierte, leide die Glaubwürdigkeit der Diskussion zu den Olympischen Spielen stark unter dem Fakt, dass die «gleichen Repräsentanten, die vor wenigen Jahren gesagt haben, dass die damalige Bündner Kandidatur sehr gut sei, alle profitieren würde, sauber sei, nachhaltig und umweltbewusst» jetzt sagten, dass die neue Kandidatur «ganz anders» sei.

Im Oktober 2016 erhielt der Kanton Graubünden schliesslich eine Absage des Wunsch-Parnerstandorts Zürich: Die Stadt werde keine weitreichenden Garantien übernehmen, sich nicht als Host City zur Verfügung stellen, nicht im OK mitwirken und auch keine neue Infrastruktur für die Olympischen Spiele schaffen, so die Position der Zürcher Stadtregierung. Sie sei allerdings offen dafür, die Eröffnungs- und Schlusszeremonie und auch die Medaillenübergaben vor dem Panorama der Stadt Zürich abzuhalten – gegebenenfalls gegen eine Entschädigung.
Anfang Dezember 2016 verkündete der Bundesrat, dass er eine Schweizer Olympia-Kandidatur begrüsse, und zeigte sich grundsätzlich bereit, diese auch finanziell zu unterstützen. Noch im selben Monat hiess der Bündner Grossrat eine Regierungsbotschaft für den Verpflichtungskredit in der Höhe von CHF 25 Mio. mit 97 zu 17 Stimmen bei 1 Enthaltung gut. Von dem für die Kandidaturphase des Bündner Projekts bis zur Vergabe des Standorts der Olympiade 2026 durch das Internationale Olympische Komitee im Herbst 2019 vorgesehenen Verpflichtungskredit würde der Kanton Graubünden jedoch maximal CHF 9 Mio. übernehmen müssen, für den restlichen Betrag würden der Bund und Swiss Olympic je zur Hälfte aufkommen, führte die grossrätliche Kommission für Wirtschaft und Abgaben in ihrer Medienmitteilung auf. Das letzte Wort bezüglich der Finanzierungsfrage und somit auch zur Kandidatur werde Mitte Februar 2017 das Bündner Stimmvolk haben, so die NZZ.

Parallel zu diesen Entwicklungen prüfte der Schweizerische Sport- und Olympiadachverband Swiss Olympics auf nationaler Ebene verschiedene Voraussetzungen, welche Veranstaltende von schweizerischen Olympischen Spielen erfüllen müssten. Neben dem Bündner Projekt standen auch ein Walliser und ein Berner Projekt für Olympische Spiele 2026 zur Diskussion, zudem hatte auch die Genferseeregion bereits Interesse an einer Kandidatur bekundet.

Kandidatur für Olympia 2026 in Graubünden
Dossier: Olympiakandidaturen

Angesichts des von vier Schweizer Regionen und Kantonen geäusserten Interesses an einer Kandidatur für die Olympischen Spiele 2026 in der Schweiz fand am 11. März 2016 eine ausserordentliche Versammlung des Schweizerischen Sport- und Olympiadachverbands Swiss Olympics statt. Das Parlament des Verbands (das sogenannte «Sportparlament») – bestehend aus Delegierten der olympischen Verbände der Schweiz – entschied, eine Schweizer Kandidatur unter zwei Hauptbedingungen zu unterstützen: Erstens müsse insbesondere die Austragungsregion, aber auch die restliche Schweiz vom Projekt profitieren können und zweitens müsse die Kandidatur so attraktiv und überzeugend sein, dass sie bei der Abstimmung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) im Herbst 2019 die Mehrheit der Stimmen auf sich vereinen könne. Darüber hinaus gab das Sportparlament weitere zu erfüllende Rahmenbedingungen vor: Die Kandidatur solle die Unterstützung von Politik, Wirtschaft und Tourismus der Schweiz hinter sich vereinen, verschiedensten Umweltaspekten Rechnung tragen und als «Motor für eine Revitalisierung des Wintersports» dienen, wie es die Zeitung «Südostschweiz» formulierte. Für den Projektierungsprozess sprach das Sportparlament ein Budget von CHF 1 Mio. verteilt über vier Jahre und legte zudem einen eher straffen Zeitplan fest: Bis Ende 2016 müssten die jeweiligen Kandidaturen ein Bewerbungsdossier einreichen, zudem müssten bis zum darauffolgenden Frühling in allen an einer Kandidatur interessierten Kantonen Volksabstimmungen abgehalten werden, damit im Herbst 2017 ein Schweizer Kandidat für die Olympischen Spiele 2026 gewählt und aufgestellt werden könne. Für eine solche Wahl müssten aber sämtliche Bedingungen erfüllt sein, betonte Swiss Olympic.

Neben den drei Schweizer Kantonen Graubünden, Wallis und Bern und der Genferseeregion, die sich allesamt eine Olympiakandidatur vorstellen konnten, zeigten sich sowohl Teile der Politik als auch Vertretende aus den Reihen der Wirtschaftsverbände sowie der Sport- und Tourismusbranche erfreut über diesen positiven Grundsatzentscheid von Swiss Olympic. Auch der Bundesrat hatte sich für die Austragung der Olympischen Winterspiele 2016 in der Schweiz ausgesprochen. Gemäss dem obersten «Schweizer Sportler» (Südostschweiz), Guy Parmelin, welcher mit einer Grussbotschaft die Sitzung des Sportparlaments eröffnete, stellten die Olympischen Spiele eine grosse Chance dar, die Schweiz auf der internationalen Bühne zu präsentieren. Dem stimmte auch Jörg Schild als Präsident von Swiss Olympic zu; die Schweiz sei mit ihren Bergen und einer langen Wintersport-Tradition eine exzellente Kandidatin zur Ausrichtung dieses vierjährlichen Sportfests. Es handle sich darüber hinaus um eine «grosse Chance für die Schweiz, der Welt zu beweisen, dass ökologische und finanziell tragbare Spiele möglich seien», so Schild gegenüber der Südostschweiz.
Es gelte allerdings zu beachten, dass die grösste Hürde für die Ausrichtung einer Winterolympiade in der Schweiz wohl in deren Finanzierung liege, warf Sportminister Parmelin im Nachgang der Session des Sportparlaments trotz seiner Freude über den positiven Entschluss ein. Diese könnte insbesondere zum Problem werden, da die ein Jahr nach den Winterspielen angedachte Landesausstellung 2027 in der Bodenseeregion mit der Olympiade um die Gelder konkurrenzieren könnte. Es handle sich um «zwei sehr teure Anlässe in kurzer Zeit», was die finanzielle Unterstützung beider Vorhaben vonseiten des Bundes politisch sehr unwahrscheinlich mache, so der Bundesrat.

Kritische Stimmen gegenüber einer Schweizer Kandidatur für die Olympischen Spiele wurden zudem aus Wissenschaftskreisen laut. Das Risiko von chancenlosen Kandidaturen sei auch bei diesem Anlauf gross, fand der emeritierte Professor für Freizeit und Tourismus, Hansruedi Müller: Die Schweiz habe bereits ausreichend Erfahrungen mit «kläglich gescheiterten Kandidaturen» gemacht, postulierte er im Gespräch mit der BZ. Auf zwei Austragungen der Olympischen Spiele, welche in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts in der Schweiz stattgefunden hatten, folgten 13 erfolglose Bewerbungen. Nicht wenige Male scheiterte der Traum des erneuten Entfachens des olympischen Feuers in der Schweiz an der Stimmbevölkerung. Dies sei auf das zunehmende Imageproblem der Olympischen Spiele zurückzuführen, fand Jean-Loup Chappelet, Professor für Public Management an der UNIL: Sie gälten als zu teuer und zu elitär. Dazu kämen viele negative Schlagzeilen, unter anderem bezüglich des Gigantismus der Spiele in Sotschi und Peking, Menschenrechtsverletzungen sowie verheerenden Umweltschäden. Infolge der Neuerungen im Rahmen der Reformagenda 2020 des IOC, welche angestossen worden sei, um dieser international beobachteten Entwicklung entgegenzuwirken, seien Kandidierende aus kleineren Ländern, welche sich vom Gigantismus lossagen und auf Nachhaltigkeit setzten, jedoch geradezu erwünscht, hielt Swiss Olympics-Präsident Jörg Schild dagegen.

Gemäss einer repräsentativen Umfrage des Forschungsinstituts Demoscope im Sommer 2016 befürwortete eine Mehrheit von 57 Prozent der Schweizer Bevölkerung generell eine Schweizer Kandidatur für die Olympischen Spiele 2026. Allerdings war ein ähnlicher Anteil der Befragten auch der Meinung, dass die Kosten den Nutzen überwögen. Drei von vier Befragten erwarteten aber einen positiven Effekt auf die Schweizer Tourismusindustrie, so die NZZ. Diese hohen Zustimmungswerte, welche sich vor allem im Mittelland und der Nordwestschweiz zeigten, zeugten von ausgeprägter «innerhelvetischer Solidarität mit Tourismusregionen», schrieb die Südostschweiz. Die Umfrage von Demoscope fragte auch nach dem präferierten Projekt, wobei die Bündner Kandidatur wegen ihres dezentralen Charakters deutlich die Nase vorn hatte. Knapp jede fünfte befragte Person bevorzugte diese gegenüber den Westschweizer Kandidaturen, bei den Befragten aus der Ostschweiz war es sogar jede Vierte.

Kandidaturen für die Olympischen Spiele 2026 in der Schweiz
Dossier: Olympiakandidaturen

Im Dezember dieses Jahres verabschiedete der Bundesrat zum sechsten Mal seit 1999 den periodischen Bericht zur Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen für die Schweiz. Der Bericht enthält Erläuterungen zur aktuellen Situation der Landessprachen, zu allfälligen neuen Rechtsinstrumenten sowie zur Umsetzung der Empfehlungen von Ministerkomitees des Europarats und Expertenkomitees. Gründend auf den fünften Bericht vom November 2012 nimmt der aktuelle Bericht in drei Hauptteilen Stellung zu ebendiesen Empfehlungen und umfasst die Zeitspanne von 2012 bis 2015.

Im ersten Teil des Berichtes wird der Fokus auf neue Statistiken bezüglich der Sprachentwicklung sowie geltenden gesetzlichen Grundlagen zur Förderung der Sprachen in der Schweiz gesetzt. Der Bericht zeigt hierbei auf, dass die Verteilung der Sprachen in den vergangenen Jahrzehnten relativ stabil geblieben ist: Von den befragten Personen der ständigen Wohnbevölkerung ab 15 Jahren gaben für die Jahre 2011–2013 63,9% Deutsch, 22,5% Französisch, 8% Italienisch und 0,5% Rätoromanisch als Hauptsprache an. Der Anteil der Nichtlandessprachen liegt mit 19,7% indes sogar höher als Italienisch und Rätoromanisch zusammengenommen, wobei sich hierbei wesentliche Unterschiede in der Verteilung der Sprachen auf die einzelnen Sprachregionen ausmachen lassen. Im Rahmen des internationalen Sprachenrechts sowie sprachrechtlichen Bestimmungen in der Bundesverfassung hat sich seit den letzten zwei Berichten keine Veränderung eingestellt. Bezüglich der Verordnung über die Landessprachen (Sprachenverordnung, SpV, SR 441.11), welche konkrete Fördermassnahmen festlegt, wurden jedoch gewisse Bestimmungen – insbesondere bei der Verwendung der Amtssprache im Bereich der Bundesverwaltung – ausfindig gemacht, die nicht ganz den Anforderungen entsprachen, weshalb man 2014 eine Revision der SpV vornahm. Weitere Fördermassnahmen sollen mit der Kulturbotschaft 2016–2020 umgesetzt werden, welche im Juni 2015 vom Parlament verabschiedet worden war und innerhalb derer die Sprachpolitik auf der Handlungsachse des „gesellschaftlichen Zusammenhaltes“ eine relevante Rolle spielt.

Im zweiten Teil wird die Entwicklung der schweizerischen Massnahmen zur Umsetzung der Charta aufgegriffen und damit verbunden auf eine Reihe von Fragen eingegangen, welche der Europarat aufgrund der Empfehlungen des Expertenkomitees aufgeworfen hatte. Das Komitee erbat beispielsweise Erörterungen zur Situation und zur Stellung des Frankoprovenzalischen in der Schweiz. Diese aus dem Vulgärlatein hervorgegangene Sprache war für mehrere Jahrhunderte u.a. auch in der französischen Schweiz Alltagssprache in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens. Heutzutage gilt sie hingegen als eine verschwindende Sprache, weshalb sie von der UNESCO im Atlas der gefährdeten Sprachen aufgelistet wird. Während das Frankoprovenzalische in den Kantonen Wallis und Freiburg immerhin noch von Teilen der älteren Generation gesprochen wird, ist es in den Kantonen Genf, Neuenburg und Waadt nahezu gänzlich aus dem Sprachgebrauch verschwunden. Dennoch zeigen die einzelnen Kantone, mitunter auch auf Vereinsebene, grosses Interesse an Fördermassnahmen zum Erhalt der Sprache.
Eine weitere Fragestellung zielte in Richtung der Fahrenden in der Schweiz. Hierbei solle erörtert werden, wie es um die Finanzhilfen an Fahrendenorganisationen und Förderinstrumente der jenischen Sprache sowie deren Förderung in den Medien steht. Bereits in der Vernehmlassung des fünften Berichtes wurde darauf verwiesen, dass die finanzielle Hilfe für Fördermassnahmen der jenischen Sprache und Kultur im Rahmen der Kulturbotschaft 2016–2020 erhöht werden solle. Auch wenn die Fahrenden in Bezug auf die mediale Förderung ihrer Sprache keinen expliziten Wunsch geäussert haben, habe sich das BAK bereit erklärt, Untersuchungen zur allfälligen Unterstützung eines möglichen Schulprojektes vorzunehmen, welches den jenischen Kindern während ihrer Reisezeit den Fernunterricht erleichtern soll.

Der dritte und letzte Teil beschäftigt sich mit den Berichten zu den Kantonen Graubünden und Tessin und zeigt auf, wie es um die Umsetzung der Charta bezüglich des Rätoromanischen und Italienischen steht. Das Expertenkomitee erbat hierbei u.a. Informationen zur jüngsten Entwicklung in den Bereichen der Gemeindefusionen, des Rumantsch Grischun und natürlich des Erhalts und der Förderung der rätoromanischen Sprache im Allgemeinen. Das kantonale Sprachengesetz sieht für den Zusammenschluss mehrerer ein- bzw. mehrsprachiger Gemeinden vor, dass die Bestimmungen über den Gebrauch der Amts- und Schulsprache eine sinngemässe Anwendung finden sollen. Da das Gesetz aus der Minderheitenperspektive formuliert ist und unter dem Begriff „einsprachig“ lediglich Rätoromanisch und Italienisch inkludiert werden, kann diese Regelung bei Fusionen über den deutschsprachigen Grenzraum hinweg keine adäquate Anwendung finden. Diese Lücke sei jedoch durchaus gewollt und fordere zugleich das soziolinguistische Umfeld auf, in gemeinsamen Diskussionen und verbindlichen Absprachen nach Bottom-up-Lösungen zu suchen. Bezüglich des Rumantsch Grischun gäbe es keine Erneuerungen des Standes von 2011/2012 zu verkünden. Seit dem letzten Bericht habe hier kein Wechsel hin zu den Idiomen oder in umgekehrte Richtung stattgefunden, weshalb eine Verlagerung der Diskussion – noch immer mit dem Fokus auf das Koexistenzmodell – auf sprachdidaktische Fragen stattgefunden habe. Die Diskussion um die Minderheitensprache im Allgemeinen geriet mit dem Aufkommen der kantonalen Fremdspracheninitiative zunächst etwas in den Hintergrund. Nachdem der Grosse Rat diese aber in seiner Aprilsession 2015 für ungültig erklärt hatte, gilt es nun den Verwaltungsgerichtsentscheid über die eingereichte Verfassungsbeschwerde des Initiativkomitees abzuwarten, bevor das Thema wieder aufgegriffen wird.
Der Kanton Tessin hatte zwischenzeitlich neu das Gesetz zur Kulturförderung sowie die entsprechende Durchführungsverordnung verabschiedet, welche explizit die Bedeutung des Erhaltes und der Förderung der italienischen Sprache und Kultur erwähnen; sei dies durch die Bewahrung des materiellen und immateriellen Kulturerbes, durch Finanzbeiträge im Bereich Kulturaustausch oder Beteiligung an ausgewählten ausserkantonalen Veranstaltungen. Besonders erfreulich waren indes auch die Entwicklungen bezüglich des Italienischen in der Bundesverwaltung: Die Kulturbotschaft 2016–2020 nimmt dessen Verbreitung und Förderung neu als zentralen Bestandteil in die Handlungsachse „gesellschaftlicher Zusammenhalt“ auf; seit 2013 wird die Stelle als Delegierte des Bundesamtes für Mehrsprachigkeit, welches im EFD angesiedelt ist, von einer Tessinerin besetzt.

Periodischer Bericht zur Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen

Un état d'esprit de "Guerre des langues" s’est immiscé dans la sphère de la formation. Alors qu’en 2004, les cantons avaient négocié un compromis sur l’enseignement des langues, de nombreuses interventions cantonales ont mis en difficulté cet accord. A Schaffhouse, le Grand Conseil a accepté une motion qui vise à supprimer le français de l’enseignement primaire. Le canton de Thurgovie lui a emboité le pas avec l’adoption d’une motion similaire. Du côté de Nidwald, le Conseil d’Etat a approuvé une initiative qui entendait évincer le français, avant d’être désapprouvé par son parlement. Puis, finalement, dans les Grisons et à Lucerne, deux initiatives, qui souhaitent qu’une seule langue étrangère soit enseignée à l’école primaire, ont abouti. Si certaines initiatives n’attaquaient pas ouvertement le français, différents politiciens romands ont néanmoins fortement réagi. Le débat s’est rapidement embrasé: les arguments pédagogiques se sont heurtés à l’idée de cohésion nationale. Le ministre de l’Intérieur Alain Berset a été contraint de réagir. Il a indiqué qu’il était prêt à agir si nécessaire, afin de préserver la cohésion nationale et les valeurs culturelles helvétiques. Finalement, la Conférence Suisse des directeurs cantonaux de l’instruction publique (CDIP) a jugé qu’il était inadmissible de ne pas enseigner les langues nationales dès le primaire. De plus, elle a ajouté que les cantons avaient le devoir de faire respecter le compromis de 2004. A travers un vote consultatif, les différentes organisations cantonales d’enseignants ont estimé qu’une seule langue étrangère devait être enseignée au primaire et que cette langue devait être une langue nationale. Puis, Berne, s’est immiscé dans le débat. Deux interpellations de Christian Levrat (ps, FR) et de Raphaël Comte (plr, NE) ont soulevé la question au sein de la chambre des cantons, avant que le Conseil national adopte un postulat de sa Commission de la science, de l’éducation et de la culture du Conseil national (CSEC-CN) qui vise l’établissement d’un programme d’échanges linguistiques au niveau de l’école obligatoire et du secondaire II.

l’enseignement des langues étrangères

Sport verbindet, und zwar im Jahr der Olympischen Winterspiele in Sotschi die Rätoromanen mit dem Rest der Welt. Die beachtlichen Leistungen der Athletinnen und Athleten rätoromanischer Muttersprache, allen voran Doppel-Goldmedalliengewinner Dario Cologna, gefolgt von Kombinationssieger Sandro Viletta und den beiden Silbermedaillengewinnern Selina Gasparin und Nevin Galmarini, fanden auf internationaler Plattform nicht nur die verdiente sportliche Anerkennung, sondern förderten darüber hinaus breites Interesse an der rätoromanischen Sprache und Kultur zu Tage. Urs Gadruvi, Generalsekretär der Lia Rumantscha, berichtete von Mitarbeitenden der Radiotelevisiun Svizra Rumantscha (RTR), die mehr damit beschäftigt waren, Interviews zu ihrer Herkunft zu geben als selber Interviews zu führen.

Athletinnen und Athleten rätoromanischer Muttersprache

Die Olympiakandidatur Graubünden 2022 hatte im Vorjahr erste entscheidende Hürden genommen und im Dezember das Graubündner Parlament passiert. Die bürgerlichen Parteien hatten sich durchsetzen können und gegen die Ratslinke die nötige Teilrevision des Finanzhaushaltsgesetzes angenommen und der Stimmbevölkerung zur Annahme empfohlen. Die Bündner Stimmberechtigten wurden am 3. März des Berichtsjahres an die Urnen gebeten, um über das Geschäft und letztlich die Kandidatur zu befinden. Daneben hatte der Bundesrat im Vorjahr seine Botschaft zur finanziellen Unterstützung der Olympiakandidatur verabschiedet. Die Landesregierung beantragte dafür einen Verpflichtungskredit von CHF 30 Mio. Mit einem zweiten Verpflichtungskredit über CHF 1 Mia. sollte – im Falle eines Zuschlags durch das Internationale Olympische Komitee (IOC) – eine allfällige Deckungslücke des Durchführungsbudgets finanziert werden. Das Bundesratsgeschäft blieb vorerst hängig, da das nationale Parlament mit den Beratungen abwarten wollte, bis die Graubündner Stimmbürgerschaft ihre Absicht an der Urne äussern konnte. Zwar hatte die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates Anhörungen durchgeführt, unter anderem mit dem Verein XXIV. Olympische Winterspiele Graubünden 2022, dem Komitee Olympiakritisches Graubünden, mit verschiedenen Naturschutzorganisationen und dem SAC sowie unabhängigen Experten und René Fasel als Vertreter des Internationalen Olympischen Komitees. Sie wollte jedoch dem Entscheid des Kantons Graubünden nicht vorgreifen oder diesen womöglich gar beeinflussen. Damit lag der Fokus auf den Vorgängen in Graubünden, wobei sich Befürworter und Gegner der Spiele je in Komitees organisiert hatten und Anfang 2013 den Abstimmungskampf lostraten. Befürchtungen über ein finanzielles Fiasko seitens der Gegner standen den euphorischen Hoffnungen der Befürworter auf eine erneuerte Infrastruktur, einen Tourismusboom und die Schaffung neuer Arbeitsplätze gegenüber. Den Anfang machten am 3. Januar die Befürworter des Projekts mit einem Mediengespräch. Touristiker lobten die weltweite Präsentationsplattform, Bergbahnbetreiber und Hoteliers bewarben die positiven Einflüsse auch nach den Spielen und für die Sommersaison und diverse Politiker sicherten die Machbarkeit zu und versprachen sich positive Entwicklungen für Verkehr und Marketing des Kantons. Unverhofften Support erhielten die Olympiabefürworter aus dem Ausland: Eine Gruppe britischer Parlamentarier, selbst Skifahrer, empfahl den Bündnern ein Ja zur Olympiakandidatur. Bald wurden auch die ersten Parteiparolen gefasst: Die Junge CVP stand hinter dem Projekt, wie auch die Mutterpartei, jedoch unter Vorbehalt einer positiven Beurteilung des Konzeptes durch das IOC. Ebenfalls für eine Kandidatur sprachen sich die FDP, die BDP, die SVP, die Junge SVP und die EDU aus. Dagegen waren seit jeher die SP und die Grünen sowie später auch die Grünliberalen. Die Bündner SAC-Sektion sprach sich nur unter Vorbehalten für das Vorhaben aus.

Mitte Januar, und damit weniger als zwei Monate vor der kantonalen Abstimmung, konstituierte sich im Oberengadin ein weiteres Unterstützungskomitee. „OlympJa Oberengadin“ wurde aus bürgerlichen Politikern, Vertretern aus Handels- und Gewerbevereinen und der Hotelleriebranche, den Skivereinen sowie den Oberengadiner Grossräten zusammengesetzt. Der grosse Antrieb dieser Gruppe war die Idee, den Tourismus anzukurbeln. Dafür wurde die Kandidatur als besonders umweltverträglich beworben, als gute Werbeplattform gepriesen sowie als wirtschaftlich interessant für die Region betitelt. Ebenfalls Mitte Januar setzte die Graubündner Regierung ein starkes Zeichen: In einer Pressekonferenz traten alle fünf Regierungsmitglieder gemeinsam für die Olympiakandidatur ein. “Eine Kandidatur stellt für Graubünden eine einmalige Chance dar, sich einem weltweiten Publikum als sympathischer Gastgeber zu präsentieren“, so Regierungspräsident Trachsel (bdp), der damit ebenfalls die touristische Wirkung unterstrich. Trotz dieses geschlossenen Auftritts haftete dem Anlass ein fahler Beigeschmack an. Martin Jäger, SP-Regierungsrat, spielte seine Rolle contre cœur und fügte sich im Sinne des Kollegialitätsprinzips der Zustimmung der Kantonsregierung. Jäger selbst hatte als Grossrat im Vorfeld der letzten Olympiaabstimmung 1980 an vorderster Front gegen eine Kandidatur geweibelt. Die SP liess dies nicht unkommentiert und kritisierte den geschlossenen Auftritt der Regierung. Man mache aus der Abstimmung eine Schicksalsabstimmung für die Zukunft des Kantons und die Verpflichtung Jägers, am Podium mitzumachen sei unverhältnismässig und schlechter politischer Stil, so das Empfinden des Parteipräsidenten Jon Pult. Kurz darauf lancierten auch die Gegner der Olympiakandidatur ihren Abstimmungskampf. Unermüdlich warnte das Gegnerkomitee „Olympiakritisches Graubünden“ unter der Leitung von SP-Nationalrätin Silva Semadeni vor dieser „Megaveranstaltung, die nicht in Bergtäler passt“. Zusätzlich wurde immer wieder die Kostenfrage gestellt und darauf hingewiesen, dass die Steuerzahler schliesslich zur Kasse gebeten würden, wohingegen nur wenige von den Spielen profitierten. Sekundiert wurde die Nationalrätin von Bruno Stephan Weiler von der Alpenschutzkommission Cipra International, sowie SP- und Juso-Vertretern.

Der Abstimmungskampf gestaltete sich schliesslich sehr abwechslungsreich und war durch zahlreiche Schlagabtausche geprägt. Mit die grössten Auseinandersetzungen ergaben sich um eine Nachhaltigkeitsstrategie der Olympiapromotoren. Die NIV-Charta, „Nachhaltigkeit, Innovation, Vermächtnis“, sollte als selbstgegebener Leitfaden die Organisation der Spiele prägen, wurde von Beginn weg kommuniziert. Die Sorge der Gegner, das Projekt sei zu kostspielig und nicht nachhaltig, sollte damit zerstreut werden. Doch jede Aktion des Unterstützerkomitees rief auch Gegner auf den Plan, welche unter anderem die NIV-Charta als vorgeschobenes, leeres Propagandamittel bezeichneten. Ebenso sollten Studien von beiden Seiten belegen, dass das Olympiaprojekt positive, oder eben auch negative Auswirkungen für den Kanton hätte. Ende Januar erhielt die „OlympJa“-Bewegung Zulauf: Auch im Prättigau versammelten sich Olympia-Befürworter in einer entsprechenden Sektion. Auch hier waren es vorwiegend bürgerliche Politiker, welche mit Informationsanlässen die Gunst der Einwohner suchten.

Einen Dämpfer, welcher den Olympiagegnern in die Karten spielte, erlitt die Olympiakampagne Ende Januar. Es wurde bekannt, dass Bund und der Kanton Graubünden keine Einigung über eine Defizitgarantie erzielen konnten, respektive dass die Finanzkommission des Nationalrates forderte, die Verluste müssten mit kantonalen Mitteln aufgewogen werden. Letztlich ging es um eine Summe von über CHF 1 Mia. Vor solchen Szenarien hatten die Olympiagegner wiederholt gewarnt. Tatsächlich lag es schliesslich in der Hand der Bundesparlamentarier, über die Angelegenheit zu befinden. Derweil wuchs in Chur die Einsicht: Wenn der Bund keine Defizitgarantie abgebe, würde dies „Abbruch der Übung“ bedeuten, so Regierungsrätin Janom Steiner (bdp). Dies war indes bereits gewiss, hatte doch der Grosse Rat schon früh und einstimmig beschlossen, dass der Kanton keine Defizitgarantie übernehmen werde. Die oberste Olympiagegnerin und Nationalrätin Semadeni (sp, GR) hatte bereits Ende 2012 in einer Interpellation beim Bundesrat nachgefragt, wer die Kostenüberschreitungen zu tragen hätte, falls Graubünden die Spiele erhielte. Dabei ging es um den Restbetrag über CHF 300 Mio., welcher in den damals geltenden Budgets vorerst als ungedeckt ausgewiesen wurde. Die wechselnde Stimmung liess jedoch auch das Kandidaturkomitee „Graubünden 2022“ nicht ruhen. Genau einen Monat vor dem Urnengang gab man bekannt, das Konzept revidiert zu haben, wobei fast CHF 380 Mio. eingespart werden konnten. Diese Einsparung bedeutete zugleich die Deckung des prognostizierten Defizits von rund CHF 300 Mio. Die revidierte Fassung des Budgets schien einige Vorbehalte zerstreuen zu können, war doch damit eine der zentralen Fragen – wer ein Defizit tragen müsste – vorerst vom Tisch. Die Gegner liessen jedoch sogleich ausrichten, dass die Änderungen lediglich auf Buchhaltertricks und Budgetkosmetik beruhten. Die Verunsicherung über die Defizitgarantie beschäftigte bis zur Abstimmung alle Beteiligten. Sportminister Maurer sicherte dafür Bundesmittel zu, wurde dann aber von der Finanzkommission zurückgepfiffen, sie pochte darauf, dass der Kanton ein Defizit trage. Die Grüne Partei reagierte ebenfalls und kündigte bei einem allfälligen Beschluss, Bundesgelder zur Deckung eines Defizits einzusetzen, ein Referendum an. Knapp zwei Wochen vor der Abstimmung publizierte die Zeitung Südostschweiz eine Umfrage: zu diesem Zeitpunkt hätten 45% die Olympiakandidatur abgelehnt, 42% hätten sie gutgeheissen und 9% waren noch nicht entschieden. Damit zeigte sich in Zahlen, was sich seit Jahresbeginn abgezeichnet hatte: es würde knapp werden.

Am 3. März brachten die Stimmberechtigten des Kantons Graubünden mit 52,7% Nein-Stimmen die Kandidaturbestrebungen an der Urne zu Fall. In St. Moritz (61% Ja-Stimmen) und Davos (56,2% Ja-Stimmen) wurde die Kandidatur jeweils deutlich angenommen, so dass in den möglichen Austragungsorten nach Bekanntwerden des Kantonsresultates Ernüchterung herrschte. Ausschlaggebend war die negative Haltung im Unterland und in jenen Regionen, welche in der Kandidatur nicht berücksichtigt worden waren. Die Abfuhr hatte Auswirkungen bis nach Bundesbern, wo man einerseits Bedauern äusserte und eine Fehlersuche forderte, andererseits auch zukunftsgerichtet sinnierte: Die Grünen wollten den Bundesrat beauftragen, mit dem Internationalen Olympischen Komitee neue Konzepte zu beraten. Nach der letzten Abstimmung über eine Bündner Olympiakandidatur 1980 überwog also auch 2013 die Ablehnung gegen Olympische Spiele im Bergkanton. Mit dem Urnenentscheid Graubündens waren auch die Geschäfte in Bern erledigt: Die Diskussionen über den Kandidaturbeitrag von CHF 30 Mio. und die Defizitgarantie über CHF 1 Mia. wurden nach dem Nein hinfällig und mit den Nichteintretensvoten in beiden Räten wurde die Kampagne „Olympia 2022 in der Schweiz“ endgültig abgeschlossen.

Olympische Winterspiele 2022 (BRG 12.091)
Dossier: Olympiakandidaturen

Die Kandidatur für olympische Winterspiele im Jahr 2022 in der Schweiz nahm im Berichtsjahr klare Züge an. Mit dem Programm „Graubünden 2022“ bereitete der gleichnamige Verein eine konkurrenzfähige Kandidatur vor, welche den vergangenen olympischen Wettbewerben sportlich in keiner Hinsicht unterlegen sein sollte, jedoch dem zunehmenden Gigantismus Einhalt gebieten wollte. Die Winterspiele der XXIV. Olympiade sollten an den Standorten Davos und St. Moritz stattfinden, so die Vision zahlreicher Mitstreiter unter der Führung von Präsident und Ex-Nationalrat Tarzisius Caviezel und Direktor Gian Gilli. Die Kandidatur sollte je zu einem Drittel durch den Bund, durch die Kantone und Gemeinden sowie durch die Schweizer Privatwirtschaft finanziert werden. Ende Mai wurde das Konzept im Sportparlament von Swissolympic besprochen und mit 76:0 Stimmen gutgeheissen. Später sollten die Bündner Kantonsbevölkerung und die Einwohnerinnen und Einwohner von Davos und St. Moritz zum Thema abstimmen. Im Juli wurde bekannt, dass die Investitionskosten für eine erfolgreiche Durchführung der Spiele auf rund 1.5 Mia. CHF geschätzt wurden, die Gesamtkosten wurden auf 2.8 Mia. CHF geschätzt. Allein das Kandidaturbudget sollte gut 60 Mio. CHF verschlingen, wesentlich mehr als vorerst angenommen. Der Bund müsste vom ganzen Budget gut 1.3 Mia. CHF übernehmen. Diese hohen Kosten waren ein Grund für die skeptische Haltung, welche trotz aller Euphorie immer wieder spürbar wurde. Zudem waren in der jüngeren Vergangenheit zwei Kandidaturprojekte für 1988 in Chur und 2010 in Bern an der Urne recht deutlich verworfen worden (77% Nein für Chur und 78% Nein für Bern). Ob eine Bündner Kandidatur vom Volk goutiert würde, war alles andere als klar. Die Kandidatur von Sion 2006 wurde zwar damals von der Bevölkerung unterstützt, wurde aber vom Internationalen Olympischen Komitee bei der Vergabe nicht berücksichtigt. Der Bündner Regierungsrat hatte sich Anfang September mit einer Botschaft an das Kantonsparlament gerichtet. Die Bündner Regierung stellte sich hinter die Kandidatur. In der Botschaft wurden konkrete Angaben über Investitionsprojekte im Kanton gemacht. Auch der Termin für die kantonale Abstimmung wurde fixiert: Am 3. März 2013 sollen sich die Bündnerinnen und Bündner an der Urne äussern. Zeitgleich wurde das Unterstützungskomitee konstituiert. Neben Persönlichkeiten aus der Sportwelt nahmen diverse Bundesparlamentarier Einsitz: Die Nationalräte Heinz Brand (svp) und Hansjörg Hassler (bdp) sowie die Ständeräte Stefan Engler (cvp) und Martin Schmid (fdp). Widerstand regte sich indes in den Reihen der SP Kantonalsektion, welche sich gegen eine Kandidatur ausgesprochen hatte. So formierte sich Anfang Oktober eine Gegenbewegung „Olympiakritisches Graubünden“, welcher Nationalrätin Semadeni (sp, GR) vorstand und die sich aus der Vereinigung Bündner Umweltorganisationen, der SP, der Juso und Verda-Grünes Graubünden zusammensetzte. Das Komitee wehrte sich gegen hohe Ausgaben, gegen ein Diktat des IOC und gegen unvorhersehbare Probleme durch den Anlass selbst. Namentlich in puncto Ausgaben spielte die schlechte finanzielle Situation Graubündens den Gegnern in die Hände – was sich als Hauptargument in deren Kampagne beobachten liess. Der Bundesrat zeigte sich Mitte Oktober einer Kandidatur positiv eingestellt und verabschiedete den Bundesbeschluss über die Beiträge des Bundes an die Winterspiele 2022. Für die Finanzierung der Kandidatur beantragte die Regierung 30 Mio. CHF. Der Kredit sollte unter der Bedingung frei gegeben werden, dass sich Graubünden und Swiss Olympic mit mindestens je 15 Mio. CHF an den Kandidaturkosten von 60 Millionen Franken beteiligen. Ein weiterer Verpflichtungskredit betraf die Durchführung der Spiele selbst. Der Bundesrat war bereit, 1 Mia. CHF der ungedeckten Kosten zu übernehmen. Eine erste Reaktionsrunde zeigte, dass die Linke und die Grünen, sowie die Christdemokraten, auch auf Bundesebene skeptisch waren. Ende Oktober zeigte eine repräsentative Umfrage, dass fast 55% der Schweizerinnen und Schweizer hinter einer Kandidatur stehen würden. Vor allem die jüngere Bevölkerung und Personen aus dem erweiterten Alpenraum stünden einer Kandidatur offen gegenüber. Fast gleichzeitig publizierte der Trägerverein eine neue Machbarkeitsstudie, welche dem Anlass eine Bruttowertschöpfung von rund 4 Mia. CHF prognostizierte. Anfang Dezember kam die Vorlage des Bündner Regierungsrates ins Parlament, wo das Projekt gegen den Widerstand der SP-Fraktion angenommen, die Defizitgarantie des Kantons allerdings gestrichen wurde. Organisation und Durchführung der Spiele seien Sache des Bundes. Gleichzeitig wurde in der Presse bekannt, dass angeblich 43% der Bündner Bevölkerung für die Kandidatur seien und ebenso viele dagegen, wobei der Rest noch unentschieden sei. Die Fronten waren also nicht nur im Parlament verhärtet. Gegen Ende Jahr zeichnete sich ab, dass ein Ja an der Abstimmung vom folgenden März 2013 alles andere als klar sei. Im Abstimmungskampf standen sich Befürchtungen über ein finanzielles Fiasko den euphorischen Hoffnungen auf eine erneuerte Infrastruktur, einen Tourismusboom und der Schaffung neuer Arbeitsplätze gegenüber.

Olympische Winterspiele 2022 (BRG 12.091)
Dossier: Olympiakandidaturen

Die Aspirationen auf eine Kandidatur der Schweiz für die Olympischen Winterspiele 2014 zerschlugen sich. Mitte Februar legten die privaten Promotoren der Variante mit Zürich als so genannter Host City , welche die Unterstützung der Kantone Schwyz und Graubünden fand, in denen die meisten Wettkämpfe hätten stattfinden sollen, dem Zürcher Regierungsrat ihr Bewerbungsdossier vor. Dieser sprach sich für eine vertiefte Prüfung des Projekts aus, welches aber bereits zu diesem Zeitpunkt im Kantonsrat auf Skepsis stiess, umso mehr, als sich die Stadt schon früher von jeglicher finanziellen Beteiligung distanziert hatte. Gleichzeitig wurde bekannt, dass auch die Gemeinde Davos (GR) eine Bewerbung ins Auge fasste. Beide Interessengruppen machten Anfang März eine entsprechende offizielle Eingabe an Swiss Olympic. Dessen Exekutivrat erteilte der Kandidatur von Davos eine klare Absage: Das Vorhaben werde weder von der Bündner Regierung unterstützt, noch entspreche es dem von Swiss Olympic vorgegebenen Profil. Das Zürcher Projekt wurde nur lau unterstützt. Das technische Dossier entsprach zwar den Anforderungen, durch wurde der ungenügende politische Sukkurs von Kanton und Stadt bemängelt, weshalb den Zürcher Promotoren diesbezüglich klare Vorgaben gemacht wurden, um eine Wiederholung des Debakels der Kandidatur „Berne 2010“ zu vermeiden. Da die Stadt Zürich ihre Haltung nicht änderte, warfen die Promotoren Mitte September das Handtuch. Der Kanton Wallis hatte bereits Ende Februar seinen Verzicht auf eine Bewerbung bekannt gegeben.

Olympische Winterspiele 2014
Dossier: Olympiakandidaturen

Das Schweizer Sportparlament, die Legislative des Dachverbands Swiss Olympic, die sich aus Delegierten der dort angeschlossenen Fachverbände zusammensetzt, fällte den Grundsatzentscheid, sich um die Austragung der olympischen Winterspiele 2014 zu bewerben. Zudem stimmte es einer Statutenänderung zu, welche die Kompetenz des Exekutivkomitees in der Olympia-Evaluation stärkt. Diese soll nach verschärften Kriterien vorgenommen werden. Zu diesen gehören etwa Budgetvorgaben und die Zustimmung der Stimmbürger jenes Kantons, in dem die so genannte Host City liegt. Mögliche Kandidaten sind die Regionen Wallis, Graubünden und Zürich.

Olympische Winterspiele 2014
Dossier: Olympiakandidaturen

Mit einer Motion wollte Nationalrat Bezzola (fdp, GR) erreichen, dass das von der Erziehungsdirektorenkonferenz seit 1990 angeregte und im Entwurf zum neuen Sprachengesetz vorgesehene Institut zur Förderung der Mehrsprachigkeit (IFM) in Graubünden angesiedelt wird. Er machte geltend, Graubünden sei der einzige dreisprachige Kanton und der einzige Kanton der Schweiz, in dem die vierte Landessprache verbreitet sei. Der Bundesrat verwies darauf, dass nicht beabsichtigt sei, eine neue Institution zu schaffen. Es sei vielmehr vorgesehen, das IFM als Zentrum mit Spezialaufgaben einem bestehenden universitären Institut anzugliedern, welches mit bestehenden Institutionen (Universitäten, Fachhochschulen, kantonalen Instituten) in den verschiedenen Sprachregionen vernetzt wird. Bei der Behandlung der Motion Bezzola im Nationalrat erklärte Couchepin, die Verabschiedung des neuen Sprachengesetzes habe für den Bundesrat keine Priorität mehr. Im Entwurf seien Förderungsmechanismen vorgesehen, die ihm in Zeiten, in denen in allen Bereichen Subventionen gestrichen werden, politisch sehr heikel erschienen. Auf seinen Antrag und im Einverständnis mit dem Motionär wurde der Vorstoss nur als Postulat angenommen.

Schaffung eines Instituts für Mehrsprachigkeit in Graubünden (Mo. 01.3714)
Dossier: Schaffung eines Instituts zur Föderung der Mehrsprachigkeit

Im Februar 2003 findet in St. Moritz (GR) die Ski-Weltmeisterschaft statt. Im September 2000 hatte das Bündner Stimmvolk überraschend einem Kredit von 7 Mio Fr. für diesen Grossanlass die Zustimmung verweigert. Anfangs März wurde die Bündner Bevölkerung erneut zu dieser Frage an die Urne gerufen. Die Ausgangslage präsentierte sich insofern besser, als in der Zwischenzeit der Kredit auf 4 Mio Fr. zurückgestutzt worden war und auch die Natur- und Umweltschützer (unter ihnen SP-Nationalrat Hämmerle) ihren anfänglichen Widerstand aufgegeben hatten. Mit rund 58% Ja-Stimmen wurde der Kredit deutlich angenommen.

Ski-Weltmeisterschaft

Die Kantone Graubünden, Freiburg, Bern und Solothurn meldeten ihren Anspruch auf die Beherbergung des im Entwurf zum Sprachengesetz vorgesehenen Instituts zur Förderung der Mehrsprachigkeit an. Der Kanton Graubünden machte geltend, er sei von der Problematik der Mehrsprachigkeit intensiv betroffen und biete daher gute Voraussetzungen als Standort für die Mehrsprachigkeitsforschung. Bern wies auf das in Biel angesiedelte «Forum der Zweisprachigkeit» hin, Freiburg auf seine Rolle als einzige zweisprachige Universitätsstadt und Solothurn auf seine Lage an der Schwelle der Deutschschweiz zur Romandie und am Schnittpunkt der Nord-, Süd-, West- und Ostverbindungen sowie auf den Umstand, dass sich der Geschäftssitz der ch-Stiftung für eidgenössische Zusammenarbeit seit 1967 in Solothurn befindet.

Kantone ringen um Standort eines Instituts zur Förderung der Mehrsprachigkeit
Dossier: Schaffung eines Instituts zur Föderung der Mehrsprachigkeit

Nachdem der Schweizerische Olympische Verband (SOV) seine Vorgaben für eine Kandidatur für die Olympischen Winterspiele 2010 präzisiert hatte (insbesondere Konzentration auf eine sogenannte Host-City), wurde die Kandidatur Zürich-Graubünden in „Davos 2010“ umbenannt. Das Komitee „Bern-Montreux 2010“ hielt in den grossen Linien an seiner Kandidatur fest, fokussierte das Projekt aber auf die Stadt Bern. Ende Juni wurden die beiden Dossiers beim SOV eingereicht. Trotz kritischer Stimmen sprach sich die Exekutive des SOV zwei Monate später für die Bündner Kandidatur aus, wurde wenige Tage später aber vom Sportparlament von Swiss Olympic, der Dachorganisation der Sportverbände, desavouiert, das mit 145 zu 121 Stimmen Bern den Vorzug gab. Da gleichzeitig beschlossen wurde, trotz der Enttäuschung von 1999, als Sion (VS) Turin (I) bei der Zuteilung der Olympischen Winterspiele 2006 unterlegen war, erneut für diesen Grossanlass zu kandidieren, ist Bern die offizielle Anwärterin der Schweiz für die Spiele 2010. Den Ausschlag dürfte der Umstand gegeben haben, dass die Berner Kandidatur Deutsch- und Westschweiz vereint; zudem appellierten die Berner Promotoren stärker an die Emotionen als ihre Bündner Konkurrenten.

Olympische Winterspiele 2010
Dossier: Olympiakandidaturen

Die 1998 vom Zürcher Regierungsrat initiierte Diskussion um Englisch als erste in der Schule unterrichtete Fremdsprache hielt weiter an. Ende August sprach sich die kantonale Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) für den Beginn des Fremdsprachenunterrichts in der 3. Primarklasse aus, allerdings ohne sich darauf festzulegen, ob dies eine Landessprache oder Englisch sein soll; gleichzeitig empfahl sie, den Unterricht in einer zweiten Fremdsprache in der 5. Klasse aufzunehmen. Der Dachverband Schweizer Lehrerinnen und Lehrer (LCH) unterstützte die Dreisprachigkeit als Bildungsziel der Volksschule, verlangte aber von den Kantonen ein koordiniertes Vorgehen. Obgleich die EDK für November einen definitiven Entscheid in Aussicht stellte, bekräftigte der Regierungsrat des Kantons Zürich Mitte September erneut seinen Willen, in nächster Zukunft Englisch ab dem 3. Schuljahr als erste Fremdsprache einzuführen, unabhängig von allfälligen Empfehlungen der EDK; begründet wurde dieses erneute Vorpreschen, das weniger im Grundsatz als vielmehr wegen des Zeitpunkts der Ankündigung nicht nur in der Romandie ziemlichen Unmut auslöste, mit der alleinigen Kantonshoheit in Schulfragen.

Appenzell-Innerrhoden war bereits im März aktiv geworden und hatte beschlossen, ab Sommer 2001 in allen 3. bis 6. Primarklassen den obligatorischen Englischunterricht unter gleichzeitiger Abschaffung des Frühfranzösisch einzuführen. Einen, wenn auch etwas anders gelagerten Entscheid zugunsten des Englischen fällte auch der Kanton Graubünden, der 1997 eine zweite Kantonssprache als erste Fremdsprache bestimmt hatte; er beschloss nun, ab der 7. Klasse Englisch als obligatorische zweite Fremdsprache in den Lehrplan aufzunehmen; Französisch wird nur noch fakultativ angeboten. An ihrer Jahresversammlung von Anfang November setzte die Erziehungsdirektorenkonferenz ihren Entscheid allerdings erneut aus. Unbestritten war, dass der Fremdsprachenunterricht an den Volksschulen zügig ausgebaut werden soll; 13 Mitglieder sprachen sich für den Start mit einer Landessprache aus, 12 wollten diesen Entscheid den Kantonen überlassen. Für den Beginn mit einer Landessprache votierten sämtliche lateinischen und zweisprachigen Kantone sowie SO, BL und SG. BS enthielt sich der Stimme. Obgleich die EDK ihre Mitglieder bat, vorerst allfällige Umsetzungsmassnahmen lediglich auf Versuchsbasis zu treffen, erklärten die Bildungsdirektoren der Zentralschweiz kurz vor Jahresende, sie wollten Frühenglisch wenn möglich bereits ab 2004 einführen.

Diskussionen innerhalb der Kantonen und der EDK zum Thema Fremdsprache in der Schule

Für die Ski-WM 2003 in St. Moritz erklärte sich die Regierung des Kantons Graubünden bereit, 7 Mio Fr. (5,5 Mio Fr. als à-fonds-perdu-Beitrag, 1,5 Mio Fr. als Defizitgarantie) lockerzumachen; durch eine Änderung der Wirtschaftsförderungsverordnung von 1990 wollte sie die Mitsprache des Volkes dabei ausschliessen. Der Grosse Rat befand aber, dass heute sportliche Grossanlässe ohne Rückhalt in der Bevölkerung keine Chance mehr haben, und entschied, den Kredit dem Souverän zu unterbreiten. Die Befürchtungen der Regierung erwiesen sich als berechtigt: Ende September wurde der Kredit an der Urne knapp abgelehnt; die Nachanalyse der Abstimmung ergab, dass die Ablehnung aus einer Kombination von finanziellen sowie regional- und umweltpolitischen Gründen erfolgte. Graubünden kann nach wie vor auf 4 Mio Fr. aus dem Nasak-Kredit des Bundes zählen; die ursprünglich vom Bundesrat versprochene Defizitgarantie von 1,5 Mio Fr. wollte Sportminister Ogi allerdings von einem „Zeichen“ des Kantons (konkret 3 Mio Fr.) abhängig machen.

Ski-WM 2003 Graubünden

In der Gemeinde Samedan in Graubünden wurde in den letzten vier Jahren ein Schulmodell entwickelt, in dem Rätoromanisch und Deutsch während der ganzen obligatorischen Schulzeit gleichwertige Unterrichtssprache sind. Ein von 63 Bündner Grossrätinnen und Grossräten unterzeichnetes Postulat verlangte nun, die Grundlagen für die Einführung eines durchgehend zweisprachigen Unterrichts an allen rätoromanischen Schulen des Kantons zu schaffen.

Zweisprachiger Unterricht an rätoromanischen Schulen

Im Vorjahr hatte eine Expertengruppe im Auftrag der kantonalen Erziehungsdirektorenkonferenz eine Empfehlung zum Fremdsprachenunterricht erarbeitet. Danach sollten alle Schüler während der obligatorischen Schulzeit zwei Fremdsprachen erlernen, wobei der Kombination einer Landessprache mit Englisch die grössten Chancen eingeräumt wurden. Der Kanton Graubünden zog – nach dem Vorreiter Zürich, der die ganze Diskussion ins Rollen gebracht hatte – als erster die Konsequenzen aus dieser Empfehlung. Ab 2002 wird Italienisch oder Romanisch erste und Englisch zweite Fremdsprache an der Bündner Volksschule sein; Französisch wird nur noch fakultativ angeboten.

Erlernen von mindestens zwei Fremdsprachen in der Grundschule

Mehr zu reden gab der eigentliche Sprachenartikel (Art. 70). Der Ständerat wollte den von der Landesregierung vorgeschlagenen speziellen und weiter hinten in der Verfassungssystematik angesiedelten Artikel, der die Amtssprachen des Bundes definiert, als Abs. 1 hier aufnehmen. Der Nationalrat ging auf dieses Anliegen vorerst nicht ein, stimmte in 2. Lesung dann aber zu. Inhaltlich wurden die Bestimmungen der geltenden Verfassung übernommen, wonach die Amtssprachen des Bundes Deutsch, Französisch und Italienisch sind, im Verkehr mit Personen rätoromanischer Sprache auch Rätoromanisch.

In beiden Räten hatten bereits die Kommissionen vorgeschlagen, als Gegenstück zur Sprachenfreiheit für den Bereich der Amtssprachen das Territorialitätsprinzip in Abs. 2 festzuschreiben, welches der Bundesrat lediglich im Satz hatte subsummieren wollen, dass die Kantone bei der Festsetzung der Amtssprachen den Sprachfrieden zu wahren haben. Bei zwei fast analogen Formulierungen setzte sich (allerdings erst in der Einigungskonferenz) schliesslich jene des Nationalrates durch, welche die Kantone verpflichtet, zur Wahrung des Einvernehmens zwischen den Sprachgemeinschaften auf die herkömmliche sprachliche Zusammensetzung der Gebiete zu achten und Rücksicht auf die angestammten sprachlichen Minderheiten zu nehmen.

Unbestritten waren die beiden Absätze, wonach Bund und Kantone die Verständigung und den Austausch zwischen den Sprachgemeinschaften fördern (Abs. 3) und der Bund Massnahmen der Kantone Graubünden und Tessin zur Erhaltung und Förderung der rätoromanischen und der italienischen Sprache unterstützt (Abs. 5). Einzig im Nationalrat wurde zu Abs. 3 ein persönlicher Antrag Berberat (sp, NE) gestellt, der die Kantone verpflichten wollte, im Bereich der Volksschule sicherzustellen, dass die neben der Amtssprache des Kantons oder des betreffenden Gebiets unterrichtete Zweitsprache eine Landessprache ist. Als unzulässiger Eingriff in die Schulhoheit der Kantone wurde dieser Antrag mit 90 zu 66 Stimmen abgelehnt.

Ebenfalls im Nationalrat wurde ein Minderheitsantrag Jutzet (sp, FR) für einen zusätzlichen Abs. 4 eingereicht, der vor allem von Abgeordneten aus den zweisprachigen Kantonen Freiburg und Wallis mitgetragen wurde. Er verlangte, dass der Bund die mehrsprachigen Kantone bei der Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben unterstützt. Bundesrat Koller warnte vergeblich, mit dieser neuen Bundeskompetenz werde über die Nachführung hinaus gegangen. Die Anerkennung der besonderen Brückenfunktion der mehrsprachigen Kantone überwog; mit 81 zu 77 Stimmen wurde dem neuen Absatz zugestimmt. Im Ständerat wurde in zweiter Lesung dieser Antrag vom Freiburger Aeby (sp) eingebracht und mit 18 zu 15 Stimmen angenommen.

Amtssprachen und Sprachenfreiheit in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Der Bundesrat zeigte sich offen für die Anliegen der Rätoromanen. In Anbetracht der Dringlichkeit von zusätzlichen Massnahmen gab er Ende Jahr seine Absicht bekannt, noch vor Abschluss der parlamentarischen Beratungen über den Sprachenartikel der Bundesverfassung eine Revision des Beitragsgesetzes zur Förderung der rätoromanischen und italienischen Kultur in die Wege zu leiten. Gemäss der Gesetzesrevision soll neu auch die Unterstützung der rätoromanischen Presse und des Verlagswesens in der italienisch- und rätoromanischsprachigen Schweiz ermöglicht werden, doch wird ein Engagement der Kantone und von Privaten vorausgesetzt. Nach dem Revisionsentwurf soll die Finanzhilfe des Bundes höchstens 75% der Gesamtkosten betragen, die Eigenleistung der Kantone mindestens 25%. Gleichzeitig mit der Gesetzesänderung sieht der Bundesrat eine Erhöhung der Bundesbeiträge an den Kanton Graubünden vor. Von 4 Mio Fr. im Budget 1995 (250'000 Fr. mehr als 1994) sollen die Beiträge in den folgenden drei Jahren auf 5 Mio Fr. steigen. Die Subventionen an den Kanton Tessin bleiben mit 2,5 Mio Fr. unverändert.

Bundesrat will rätoromanische Presse fördern

Im Spätherbst wurde ein im Auftrag der Bündner Kantonsregierung von einer gemischtsprachigen Arbeitsgruppe verfasster Bericht zur sprachlichen Situation in Graubünden veröffentlicht. Die Autoren kamen in ihrer Bestandesaufnahme zum Schluss, dass die Dreisprachigkeit Graubündens angesichts der immer dominanteren Stellung des Deutschen zunehmend gefährdet ist. Um dem weiteren Abbau der Dreisprachigkeit wirksam entgegenzutreten, sind nach Ansicht der Arbeitsgruppe umfangreiche Massnahmen auf verschiedenen Ebenen notwenig. Der diesbezügliche Katalog von 39 Postulaten umfasste die Bereiche Verwaltung, Recht, Bildung, Medien, Wirtschaft sowie gegenseitige Verständigung. In ihrer Palette der konkreten Vorschläge sprach sich die Arbeitsgruppe unter anderem für die Schaffung eines Sprachförderungsgesetzes und die gezielte Erweiterung des Kulturförderungsgesetzes, für die Bestimmung einer einzigen romanischen Amtssprache, die Einrichtung von regionalen Sprachterritorien auf der Basis von interkommunalen Zusammenschlüssen, eine vermehrte Präsenz der schwächeren Sprachen in Verwaltung, Wirtschaft, Schulen und im Alltag sowie für die Förderung der romanisch- und italienischsprachigen Presse im Kanton aus.

Bericht zur Mehrsprachigkeit im Kanton Graubünden

Auch im Kanton Graubünden laufen Bestrebungen, die Zweisprachigkeit der Bevölkerung bereits auf Schulstufe sicherzustllen. Im oberengadinischen Samedan, in dem sich nur noch 10% der Bevölkerung zum Romanischen bekennen, soll im nächsten Jahr an den Schulen das sogenannte Immersionsmodell eingeführt werden. Dabei werden Deutsch und Rätoromanisch in der ganzen Volksschule als zwei gleichwertige Sprachen behandelt und im Unterricht verwendet.

Immersionsmodell zur Sicherung des Rätoromanischen eingeführt