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Jahresrückblick 2023: Föderativer Aufbau

Autorinnen: Marlène Gerber und Catalina Schmid

Das Medieninteresse an Föderalismus und Territorialfragen war 2023 deutlich geringer als noch während der Covid-19-Pandemie, wie Abbildung 2 der angehängten APS-Zeitungsanalyse 2023 zeigt. Auch Diskussionen über den Stadt-Land-Graben wurden im Unterschied zu 2021 kaum intensiv geführt. Aufmerksamkeit erhielt er vor allem im Zusammenhang mit den eidgenössischen Wahlen und insbesondere im Kanton Zürich, wo erneut Forderungen nach der Abspaltung der Stadt Zürich vom Kanton laut wurden.

Die Aufgabenteilung zwischen den unterschiedlichen föderalen Ebenen wurde vorwiegend in der Asylpolitik virulent diskutiert. Wie bereits im Vorjahr war das Asylwesen als Verbundaufgabe zwischen Bund, Kantonen, Gemeinden und Städten auch im Jahr 2023 einer besonderen Belastungsprobe ausgesetzt. Die stark ansteigenden Asylgesuchszahlen sowie die Unterbringung von zahlreichen Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine führten teilweise zu Kapazitätsengpässen bei der Unterbringung und schufen neue Herausforderungen für alle Beteiligten. Der im Juni erschienene Schlussbericht zur Evaluation des Schutzstatus S empfahl denn auch, dass Bund und Kantone eine konkretere Notfallplanung ausarbeiten und dass darin die Rolle aller beteiligten Akteure bei Unterbringung und Erstversorgung geklärt wird. Auf Widerstand bei den Kantonen stiess ausgerechnet der abschlägige Entscheid des Ständerats während der Sommersession gegen den Bau von Containern auf dem Armeegelände für die Erstunterbringung von Asylsuchenden. Daraufhin befürchteten die Kantone, dass der Bund ihnen im Herbst erneut Personen mit laufendem Asylverfahren zustellen werde. So weit kam es indes nicht: Im Unterschied zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr konnten die Asylverfahren im Herbst 2023 in den Bundesasylzentren abgeschlossen werden.

Übereinstimmung zwischen den Kantonen zeigte sich im Frühling anhand einer neuen europapolitischen Standortbestimmung der KdK. Die Kantonsregierungen sprachen dem Bundesrat für erneute Verhandlungen mit der EU einstimmig ihre Unterstützung zu und äusserten sich zudem zu den einzelnen Streitpunkten bei den bilateralen Verhandlungen der Schweiz und der EU. Die Presse zeigte sich verblüfft über die subnationale Einigkeit, hatte sich doch eine Reihe von Kantonen in den vorherigen Jahren noch gegen ein Rahmenabkommen unter diesen Bedingungen ausgesprochen.

Im Herbst scheiterten bedeutende Projekte für innerkantonale Gemeindefusionen, darunter nach fünfjährigen intensiven Vorarbeiten auch die Fusion der Stadt Bern mit der Gemeinde Ostermundigen. Ende November lehnte die Ausserrhodener Stimmbevölkerung eine Grossfusion von 20 auf 3 bis 5 Gemeinden ab, befürwortete jedoch einen Eventualantrag, gemäss welchem eine zu erarbeitende gesetzliche Grundlage einzelne Gemeindefusionen ermöglichen soll.

Ein zentraler Meilenstein wurde hingegen in der Frage des Kantonswechsels von Moutier vom Kanton Bern zum Kanton Jura erreicht: Die beiden Kantone einigten sich im März nach zwei Jahren Verhandlungen im letzten verbliebenen Streitpunkt, den interkantonalen Ausgleichszahlungen, und präsentierten im Mai schliesslich einen Konkordats-Entwurf zum Kantonswechsel, der Ende November von den kantonalen Regierungen unterzeichnet wurde und der 2024 den beiden Kantonsparlamenten zur Ratifizierung vorgelegt werden soll.

Jahresrückblick 2023: Föderativer Aufbau
Dossier: Jahresrückblick 2023

Nachdem die Grünen im Vorjahr bereits Parteiaustritte mehrerer Kantonsparlamentarierinnen und -parlamentarier in den Kantonen Wallis und Glarus hatten hinnehmen müssen, setzte sich der Aderlass 2023 in vier weiteren Kantonen fort. Die Gründe unterschieden sich dabei von Fall zu Fall:

In Bern verliess im Februar der Grossrat Bruno Martin die Partei und die Fraktion. Als Beweggrund nannte der Biowinzer einen «persönlichen Werteentscheid», konkretere Angaben macht er öffentlich nicht. Martin trat vorerst keiner anderen Partei bei, im Berner Grossen Rat schloss er sich der EDU-Fraktion an.

In der Waadt begründete Grossrat und Biobauer Andreas Wüthrich seinen Parteiaustritt im August damit, dass für ihn in seinem Engagement stets ökologische Fragen an erster und soziale Fragen an zweiter Stelle gestanden hätten; bei den Grünen habe er hingegen eine zunehmende Umkehrung dieser Prioritätenordnung wahrgenommen. Zudem bedauere er die wachsende Polarisierung des Politikbetriebs und hoffe, als Parteiunabhängiger künftig auch ausserhalb des linken Lagers mehr Gehör für seine Argumente zu erhalten. Im Grossen Rat blieb Wüthrich in der Folge fraktionslos. Er schloss sich «Les Libres» an, die sich als Vereinigung für parteiunabhängige Bewegungen und Personen im Kanton Waadt verstehen und bereits zwei andere Grossratsmitglieder in ihren Reihen hatten. Wüthrich liess sich auch auf die Liste der «Libres» für die Nationalratswahlen 2023 setzen.

In Luzern gab im September Kantonsrat Urban Frye seinen Parteiaustritt bekannt. In der Luzerner Zeitung erklärte er, er könne die Positionierung der Grünen im Zusammenhang mit Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht mit seinen Werten vereinbaren: Anders als etwa die Grünen in Deutschland habe die Schweizer Partei die Zeichen der Zeit nicht erkannt und bleibe «in einer ideologischen pazifistischen Blase gefangen». Mit der strikten Ablehnung von Waffenlieferungen an die Ukraine spreche die Partei dem angegriffenen Land «faktisch das Recht zur Selbstverteidigung ab» und mache sich mitschuldig an Deportationen, Vergewaltigungen und Tötungen. Enttäuscht zeigte sich Frye auch über die parteiinterne Streitkultur: Er sei mit seinen Anliegen sowohl auf nationaler als auch auf kantonaler Ebene weitherum auf Desinteresse gestossen und der «angebliche Konsens» in der Partei scheine ihm «eher hierarchisch von oben nach unten durchgedrückt zu werden». Auch losgelöst von der Ukraine-Politik scheine ihm die links-grüne Politik manchmal realitätsfern, und sie stilisiere etwa Vermietende oder Polizeikräfte blindlings zu Feindbildern.
In einer Medienmitteilung verwahrten sich die Luzerner Grünen gegen den «Rundumschlag» ihres ehemaligen Mitglieds: Die Grünen seien eine Partei, in der Differenzen benannt und mit Respekt ausdiskutiert würden, um eine gemeinsame Haltung zu finden. Als einzige nationale Partei hätten die Grünen ihre Mitglieder das ganze Wahlprogramm «mitgestalten» lassen, bevor es schliesslich von der Delegiertenversammlung verabschiedet wurde; dies gelte auch für die darin enthaltenen Positionen zur Sicherheits-, Friedens- und Aussenpolitik. Im Übrigen setzten sich die Grünen «auf allen politischen Ebenen für die ukrainischen Geflüchteten und für ein Ende der Finanzierung der russischen Kriegsmaschinerie aus der Schweiz» ein.
Frye politisiert im Luzerner Kantonsrat als Partei- und Fraktionsloser weiter, nachdem Gespräche mit der GLP über einen Beitritt zu deren Fraktion zu keinem Ergebnis geführt hatten.

In Basel-Landschaft schliesslich verliess Landrätin Laura Grazioli die Grünen im Oktober. Sie war Vizepräsidentin der Kantonalpartei, Präsidentin der landrätlichen Finanzkommission und gemäss BLZ «lange [eine] grosse Hoffnungsträgerin der Baselbieter Grünen» gewesen, die auch als künftige Regierungs-, National- oder Ständerätin gehandelt worden sei. Als Grund für ihren Parteiaustritt nannte Grazioli in der BLZ, dass sie «über die letzten Jahre in wesentlichen Themengebieten von der Mehrheit der Fraktion und der Partei abgewichen» sei. Damit dürfte insbesondere ihre Ablehnung von Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie gemeint gewesen sein, hatte sie doch entgegen der Parteilinie etwa das Covid-19-Gesetz, die Einführung eines Impfzertifikats oder obligatorische Covid-Tests an Schulen abgelehnt. Im Frühling 2023 hatten die Grünen darauf verzichtet, Grazioli als Nationalratskandidatin aufzustellen, weil sie im Initiativkomitee der «Souveränitäts-Initiative» sass, die vor allem von massnahmenkritischen Organisationen wie Mass-voll und den Freunden der Verfassung getragen wird und verlangt, dass die Schweiz keine völkerrechtlichen Verpflichtungen eingehen darf, die in die Grundrechte eingreifen.
Anders als ihre ehemaligen Parteikollegen in Bern, Waadt und Luzern trat Grazioli gleichzeitig mit dem Parteiaustritt auch aus dem Kantonsparlament zurück, womit ihr Sitz bei der Grünen-Fraktion verblieb: Er ging an die Nächstplatzierte auf der Liste der Grünen, Dominique Zbinden vom «jungen grünen Bündnis Nordwest».

Parteiaustritte bei den Grünen

Der Ständerat teilte die Ansicht seiner RK-SR und beschloss in der Herbstession 2023 stillschweigend, zwei Standesinitiativen aus den Kantonen Luzern (Kt.Iv. 22.310) und Basel-Stadt (Kt.Iv. 22.311), die ein Verbot von Konversionstherapien forderten, aus prozeduralen Gründen keine Folge zu geben.

Standesinitiativen verlangen ein Verbot von Konversionstherapien (Kt.Iv. 22.310; Kt.Iv. 22.311)
Dossier: Verbot von Konversionstherapien

Im August 2023 plädierte die RK-SR dafür, zwei Standesinitiativen aus den Kantonen Luzern (Kt.Iv. 22.310) und Basel-Stadt (Kt.Iv. 22.311) mit der Forderung nach einem Verbot von Konversionstherapien – also Therapien mit dem Zweck der Änderung der sexuellen Orientierung von Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen – keine Folge zu geben. Sie tat dies aus prozeduralen und nicht aus inhaltlichen Gründen: Die Kommission sprach sich nämlich deutlich gegen Konversionsmassnahmen aus, wollte aber zuerst den Bericht zu einem bereits überwiesenen Postulat (Po. 21.4474) abwarten und dann die Beratung einer entsprechenden Motion (Mo. 22.3889) fortführen, die im Nationalrat bereits auf grossmehrheitlichen Zuspruch gestossen war. Aus diesem Grund erachtete sie die beiden Standesinitiativen als unnötig.

Standesinitiativen verlangen ein Verbot von Konversionstherapien (Kt.Iv. 22.310; Kt.Iv. 22.311)
Dossier: Verbot von Konversionstherapien

Durant l'été 2023, l'offensive solaire helvétique a continué de faire couler beaucoup d'encre dans la presse. D'abord, les parcs solaires alpins ont encore occupé le haut de l'affiche. Le canton du Tessin a lancé un projet pilote de parcs solaires alpins et le canton des Grisons a confirmé son intérêt pour les parcs solaires afin de renforcer l'approvisionnement énergétique dans le canton. À l'inverse, le projet de parc solaire alpin de Grengiols, certainement le projet le plus avancé en Suisse, a été contraint de redimensionner ses ambitions. Face aux difficultés de raccordement au réseau électrique existant, le projet de Grengiols a annoncé une production d'électricité de 110 GWh au lieu des 600 GWh préalablement communiqués. Mais surtout, un premier référendum, lancé notamment par Pro Natura et les Vert-e-s du canton du Valais, contre les parcs solaires a abouti. Les valaisans et valaisannes se prononceront sur les parcs solaires alpins en septembre 2023. Ce premier verdict populaire fait figure de test démocratique pour les (futurs) parcs solaires alpins helvétiques. Il devrait orienter les débats pour les mois et années à venir.
Dans leur argumentaire contre les parcs solaires alpins, les Vert-e-s ne critiquent pas l'énergie solaire, mais propose d'installer les panneaux photovoltaïques sur les façades et les toits des bâtiments plutôt que dans la nature. Dans cette optique, le parti a annoncé une initiative populaire pour rendre obligatoire l'installation de tels panneaux sur les nouveaux bâtiments et les bâtiments rénovés en Suisse. L'initiative populaire fait écho à des objets déposés au Parlement. Or, cette discussion sur les façades des bâtiments a ouvert la porte à un nouvel acteur dans le débat. En effet, la presse a rappelé que les prescriptions incendies, notamment dans le canton de Zurich, entravent l'installation de panneaux solaires sur les façades.
Dans la diversité des propositions, l'installation de panneaux photovoltaïques sur les voies de chemin de fer a également animé les débats. Si plusieurs expert.e.s ont confirmé le fort potentiel de production en électricité, l'administration fédérale s'est montrée sceptique. Elle a critiqué la complexité des travaux et les risques de retard pour les trains helvétiques.
Ainsi, s'il paraît certain que l'énergie solaire participera de plus en plus fortement au mix énergétique suisse, les Helvètes hésitent encore sur le meilleur sentier à emprunter. En attendant, la production d'énergie solaire a augmenté en 2022. Elle représente désormais 5.8% de la production totale d'électricité.

L'offensive solaire continue

Mitte Juni 2023 präsentierte die SPK-NR ihren Entwurf einer Änderung des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (AIG) zur Beseitigung der Inländerinnen- und Inländerdiskriminierung beim Familiennachzug. Dieser sah vor, dass neu auch weitere, aus Drittstaaten stammende Familienangehörige von Schweizerinnen und Schweizern nicht mehr länger über eine dauerhafte Aufenthaltsbewilligung eines EU- oder EFTA-Staates verfügen müssen, um die Kriterien für den Familiennachzug zu erfüllen. Bislang waren lediglich Ehegatten und minderjährige Kinder von dieser Bestimmung ausgenommen gewesen. Neu wird für inländische Personen der Familiennachzug von Drittstaatenangehörigen somit auch für volljährige Kinder sowie für eigene Verwandte oder Verwandte des Ehegatten in aufsteigender Linie (also primär für die Eltern des Ehegatten) möglich, sofern den betroffenen Personen Unterhalt gewährt wird.

Die im Rahmen der vorgängig durchgeführten Vernehmlassung eingegangenen 37 Stellungnahmen fielen mehrheitlich positiv aus. 19 von 24 Kantone begrüssten den Entwurf, wenn auch einige darunter nicht ohne Vorbehalte oder Änderungswünsche. Ablehnend zum Entwurf äusserten sich die Kantone Glarus, Luzern, Nidwalden, Solothurn und Zug. Von den Parteien lehnte die SVP den Entwurf gänzlich ab, während sich die anderen vier stellungnehmenden Parteien – die SP, die Grünen, die Mitte und die FDP – im Grunde positiv zum Entwurf äusserten, wenngleich in zwei Fällen nicht bedingungslos: Auf der einen Seite verlangte die FDP strengere Anforderungen an die wirtschaftliche Eigenständigkeit der Nachziehenden, während die Grünen auf der anderen Seite die Zulassungsbedingungen gar lockern wollten. Explizit keine Stellungnahme abgeben wollten der SGV und der SAV, während andere interessierte Kreise den Vorentwurf unterstützten – darunter etwa der SGB. Im Nachgang zur Vernehmlassung hatte die Kommission die Bedingungen noch leicht verschärft, indem sie die Integration als weitere mögliche Bedingung zum Erteilen oder Verlängern der Aufenthaltsbewilligung in die Gesetzesrevision aufnahm. Innerhalb der Kommission gingen die Meinungen über die an die Aufenthaltsbewilligung zu knüpfenden Bedingungen jedoch auseinander. Auf der einen Seite wollte eine bürgerliche Kommissionsminderheit die Bestimmungen weiter verschärfen, namentlich das Kriterium zum Vorliegen einer bedarfsgerechten Wohnung, welches die bestehende Pflicht des Zusammenlebens ablöst. Auf der anderen Seite beantragten linke Kommissionsminderheiten die Streichung dieses Kriteriums sowie desjenigen zur Möglichkeit, für den Familiennachzug eine Integrationsvereinbarung zu verlangen.

Der Bundesrat äusserte sich in seiner Stellungnahme im August 2023 grundsätzlich wohlwollend zum Entwurf. In Bezug auf die Integrationsvereinbarung hielt er jedoch fest, dass dadurch eine erneute Ungleichbehandlung beim Familiennachzug von Personen mit Schweizer Pass und Angehörigen der EU- und EFTA-Staaten geschaffen würde. Dennoch erachtete er die Möglichkeit zum Abschluss von Integrationsvereinbarungen als «sinnvoll», da mögliche Zusatzkosten für die Sozialversicherungen und die Sozialhilfe durch die erwartete Zunahme an Personen durch den erweiterten Familiennachzug nicht ausgeschlossen werden könnten. Der Bundesrat wies in seiner Stellungnahme ebenfalls darauf hin, dass bislang keine zuverlässigen Prognosen über das Ausmass der Zuwanderung durch die von der Gesetzesänderung betroffenen Personen gemacht werden konnten. Nicht zuletzt äusserte sich der Bundesrat zur Frage der Verfassungsmässigkeit und dabei insbesondere zu dem durch Annahme der Masseneinwanderungsinitiative verankerten Artikel 121a BV. Dabei wies er darauf hin, dass das Parlament vorgängig bereits in «weitaus umfassenderen Bereichen» bei der Zuwanderung auf die Begrenzung durch Kontingente und Höchstzahlen verzichtet hätte und die Zustimmung zur Vorlage keinen Paradigmenwechsel markiere. Der Bundesrat beantragte also Eintreten auf die Vorlage, wies das Parlament jedoch an, sich vor der Beschlussfassung vertieft mit der Verfassungsmässigkeit sowie mit den vorhandenen statistischen Daten, namentlich mit den Daten der kantonalen Behörden zu abgelehnten Gesuchen von Personen mit Schweizer Pass, die dem EJPD nicht vorliegen würden, auseinanderzusetzen.

Beseitigung der Inländerinnen- und Inländerdiskriminierung beim Familiennachzug (Pa.Iv. 19.464)

Die Standesinitiative aus dem Kanton Zürich für die Einführung einer wirksamen Kerosinsteuer erfuhr im Ständerat im Sommer 2023 eine Absage. Mit 20 zu 10 Stimmen bei 6 Enthaltungen sprach sich die kleine Kammer dagegen aus, dass sich der Bundesrat auf EU-Ebene für eine Kerosinsteuer einsetzt. Kommissionssprecher Daniel Fässler (mitte, AI) erklärte, dass die Initiative etwas verlange, was die Schweiz nicht umsetzen könne, da sie nicht Teil der EU ist und seit 1944 ein internationales Abkommen bestehe, wonach Steuern auf internationalen Flügen untersagt seien. Über Regulierungen des Flugverkehrs im Sinne der Klimapolitik könne stattdessen im Rahmen der Revision des CO2-Gesetzes diskutiert werden. Minderheitssprecherin Lisa Mazzone (gp, GE) argumentierte vergebens zugunsten der Initiative. Sie kritisierte, dass sämtliche fossilen Energieträger mit Ausnahme des Kerosins einer Besteuerung unterlägen, was einer indirekten Subventionierung der Flugbranche durch die Allgemeinheit gleichkomme. Die Initiative könne einen besseren Rahmen für eine effektive Klimapolitik schaffen. Zudem habe es die Schweiz in anderen Bereichen auch geschafft, ihre Interessen ohne Mitgliedschaft in der EU einzubringen, argumentierte die Genferin.

Einführung einer wirksamen Kerosinsteuer (St. Iv. ZH. 22.306)

Nachdem sich der Bundesrat Ende Mai 2023 in seiner Stellungnahme für den Vorschlag der SPK-SR ausgesprochen hatte, Mutterschaft und Parlamentsmandat durch eine Ausnahmeregelung im Erwerbsersatzgesetz besser vereinbar zu machen, gelangte die Vorlage, die auf mehrere Standesinitiativen zurückging (ZG: Kt.Iv. 19.311, BL: Kt.Iv. 20.313, LU: Kt.Iv. 20.323, BS: Kt.Iv. 21.311) in den Ständerat, der als Erstrat darüber zu befinden hatte.
Lisa Mazzone (gp, GE) erinnerte als Kommissionssprecherin daran, dass es mit der Vorlage nicht darum gehe, den Mutterschaftsurlaub auszubauen, sondern einzig darum, jungen Müttern zu erlauben, ein Legislativamt auszuüben, ohne den Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung zu verlieren. Im Moment sei es noch so, dass der Anspruch auf Entschädigung für den neben dem Parlamentsmandat ausgeübten Beruf entfalle, sobald im Parlament auch nur ein Knopf für eine Abstimmung gedrückt werde. Das stelle vor allem Parlamentarierinnen auf Kantons- und Gemeindeebene, die den Auftrag ihrer Wählerinnen und Wähler auch während des Mutterschaftsurlaubs wahrnehmen wollen, vor Probleme, da das Milizprinzip dort noch verbreiteter sei als auf nationaler Ebene und die Frauen dort häufiger hauptberuflich noch einer anderen Tätigkeit nachgehen. Es sei der SPK-SR aber wichtig zu betonen, dass mit dieser Ausnahmeregelung keine Aufweichung des Mutterschaftsurlaubs durch die Hintertür angestrebt werde; sie gelte lediglich für Parlamentarierinnen, weshalb die Änderung der Erwerbsersatzordnung mit der Vorlage denn auch minimal sei. Man habe bewusst darauf verzichtet, die Regelung auch auf die Exekutive und die Judikative auszuweiten, zudem gelte sie nur dann, wenn für ein Legislativamt keine Stellvertretungsmöglichkeiten vorgesehen seien, wie dies etwa in den nationalen ständigen Kommissionen der Fall ist. Sie sei froh, dass man heute über ein Problem rede, das «es vor ein paar Jahrzehnten noch überhaupt nicht gab», führte Andrea Gmür-Schönenberger (mitte, LU) als weitere Votantin aus. Ihr sei wichtig, zu betonen, dass mit der neuen Regelung keine Verpflichtung geschaffen werde. Der Entscheid, ob eine Parlamentarierin ihr Legislativamt auch im Mutterschaftsurlaub ausüben wolle, bleibe ihr selber überlassen.
In der Folge trat die kleine Kammer ohne Gegenantrag auf die Vorlage ein und hiess sie ohne Detailberatung mit 28 zu 3 Stimmen (2 Enthaltungen) gut. Die drei Gegenstimmen stammten aus der SVP-Fraktion. Damit ging das Geschäft an den Nationalrat.

Mutterschaft und Parlamentsmandat (Kt.Iv. 19.311, Kt.Iv.20.313, Kt.Iv.20.323 und Kt.Iv.21.311)
Dossier: Frauenanteil im Parlament
Dossier: Vereinbarkeit der Parlamentsarbeit mit Familie und Beruf

Ein neuer unterirdischer Durchgangsbahnhof Luzern (DBL) soll Engpässe am bestehenden Kopfbahnhof (bedingt durch die zweigleisige Zufahrtsstrecke Gütsch, das Gleisfeld vor dem Bahnhof, die bestehenden Perronlängen und die einspurige Zufahrtsstrecke entlang des Rotsees in Richtung Zug/Zürich/Tessin) beheben und Möglichkeiten für künftige Angebotsausbauten schaffen, so die Vision von SBB und BAV. Das Projekt beinhaltet den Bau einer unterirdischen Perronhalle mit vier Gleisen und zwei Zufahrtstunneln: Ein erster, der rund 2 Kilometer lange Neustadttunnel, soll dabei den neuen Tiefbahnhof mit der bestehenden Zufahrt verbinden und ein zweiter, der knapp 4 Kilometer lange und teilweise das Seebecken unterquerende Dreilindentunnel, soll den direkten Anschluss an die Linie in Ebikon (LU) in Richtung Zug/Zürich und Tessin schaffen. Kostenschätzungen für das Megaprojekt beliefen sich auf rund CHF 3.3 Mrd., mit zusätzlichen Kosten für ergänzende Anpassungen auf Zufahrtsstrecken. Die Finanzierung des voraussichtlich 11 bis 13 Jahre dauernden Baus soll durch den BIF erfolgen. Einen definitiven Entscheid über den Bau des Bahnhofs wird das Bundesparlament im Rahmen der Botschaft 2026 fällen, und ein Baustart wurde frühestens für Anfang der 2030er Jahre in Aussicht gestellt.

Grundstein für das Projekt «Knoten Luzern» bildete unter anderem eine kantonale Volksabstimmung zur Finanzierung des Vorprojekts Tiefbahnhof mit CHF 20 Mio., welche von der Luzerner Stimmbevölkerung im Jahr 2009 mit fast 75% Ja-Anteil angenommen worden war. Das Projekt sah damals noch einen Tiefbahnhof (Sackbahnhof) mit nur einem Zufahrtstunnel von Ebikon (LU) her kommend mit möglicher Erweiterung vor, wurde aber später vom Bund zu einer Durchmesserlinie erweitert. Im Jahr 2013 stimmte das eidgenössische Parlament im Rahmen des Ausbauschritts 2025 schliesslich einer Projektierung des Bahnhofs für CHF 85 Mio. zu und bestätigte 2019 im Rahmen des Ausbauschritts 2035 die Planung des «Jahrhundertprojekts für den öffentlichen Verkehr und die nachhaltige Mobilität in der Zentralschweiz», wie es die Stadt Luzern nannte.
Im Frühling 2023 schloss die SBB das Vorprojekt ab und plante in Zusammenarbeit mit dem BAV mögliche Realisierungsabfolgen für die verschiedenen Elemente – Neustadttunnel, Tiefbahnhof und Seetunnel/Dreilindentunnel – des Baus. Diese sogenannte Überprüfung der Realisierungsabfolgen sorgte in den Luzerner Medien im Frühjahr 2023 für Wirbel. Der Bundesrat hatte nämlich unter anderem eine Studie in Auftrag gegeben, um zu prüfen, ob das Projekt sinnvollerweise in mehreren Etappen realisiert werden solle anstatt als Ganzes. Konkret würde dies bedeuten, dass der Bundesrat dem Parlament mit der nächsten Botschaft zum Bahnausbau – der Botschaft 2026 – möglicherweise nur einen Teil des Projekts, nämlich einen Tiefbahnhof mit nur einem Zufahrtsstollen, zur Umsetzung vorlegen würde. Ein Entscheid über eine Etappierung des Projekts durch das BAV werde gemäss Medien Ende 2023 erwartet. Nationalrätin Andrea Gmür-Schönenberger (mitte, LU) zeigte sich über mögliche Verzögerungen empört, reichte diesbezüglich eine Interpellation ein und forderte den Bundesrat dazu auf, das Projekt als Ganzes voranzutreiben, wie es die Regierung 2020 in einer Antwort auf eine Interpellation von Michael Töngi (gp, LU) noch vorgesehen hatte. Auch Peter Schilliger (fdp, LU) wollte vom Bundesrat wissen, ob dieser die Zentralschweiz mit «Häppchen» (Luzerner Zeitung) zufriedenstellen wolle. Weiter zeigten sich auch Erich Ettlin (mitte, OW) und der Luzerner Regierungsrat Fabian Peter (LU, fdp) in den Medien mit der Situation unzufrieden. Auf eine Interpellation von Leo Müller (mitte, LU) gab der Bundesrat zu bedenken, dass die lange Bauzeit von über zehn Jahren eine «rollende Planung» – also eine Etappierung des Projekts – als logische Folge mit sich bringe. Das BAV erklärte zudem gegenüber der Luzerner Zeitung, dass mit einer solchen Etappierung das Ziel, einen «raschen Kundennutzen mit einem finanzierbaren Infrastrukturelement zu ermöglichen», möglicherweise besser und früher erreicht werden könne. Andere Bauprojekte, etwa der Knoten Basel, stünden zudem ebenfalls an und die beschränkten finanziellen Mittel müssten effizient eingesetzt werden. Die zweite Etappe des Luzerner Projekts könnte vom Parlament allenfalls im Jahr 2030 bewilligt werden, erklärte die Luzerner Zeitung die Sicht des Bundesamtes weiter.

Projekt Durchgangsbahnhof Luzern

Die Regierungsratswahlen im Kanton Luzern 2023 versprachen grosse Spannung, da gleich drei der bisherigen fünf Mitglieder darauf verzichteten, sich erneut zur Wahl zu stellen. Den Anfang bei den Rückzugsankündigungen machte im Juli 2022 Marcel Schwerzmann (LU, parteilos). Der bisherige Bildungs- und Kulturdirektor wollte nach 16 Amtsjahren Platz für eine neue und jüngere Person machen, wie er mitteilte. Rund drei Wochen später kündigte Gesundheits- und Sozialdirektor Guido Graf (LU, mitte) seinen Verzicht auf eine erneute Kandidatur an. Dieser Entscheid kam eher überraschend, hatte Graf doch lange noch beteuert, er wolle bei den Wahlen antreten. Graf blieb denn auch eher vage bezüglich der Gründe für seinen Verzicht. Er betonte aber, dass er nach 13 Jahren im Amt nun Platz für eine Frau machen wolle. Gegen Ende August verkündete schliesslich auch der Justiz- und Sicherheitsdirektor Paul Winiker (LU, svp), nicht mehr zu den Wahlen antreten zu wollen. Der 66-Jährige gab an, er habe verschiedene grössere Projekte lanciert, welche nun kurz vor der Umsetzung stünden. Dies benötige aber Zeit und politische Konstanz, weshalb die Projekte von einer jüngeren Person übernommen werden sollten. Der bisherige Finanzdirektor Reto Wyss (LU, mitte) und der bisherige Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsminister Fabian Peter (LU, fdp) gaben derweil bekannt, für eine weitere Amtszeit zu kandidieren.

Die drei Rückzüge eröffneten auch die Möglichkeit, dass erstmals seit 2015 wieder eine Frau in die Regierung einziehen könnte. Die Mitte setzte sich deshalb zum Ziel, neben ihrem bisherigen Regierungsrat Reto Wyss eine Frau zu portieren, um ihren zweiten Sitz zu verteidigen. Von den vier internen Kandidatinnen entschieden sich die Mitte-Delegierten schliesslich für die Wikoner Gemeindepräsidentin und Kantonsrätin Michaela Tschuor (LU, mitte). Mit Andrea Kaufmann (LU, mitte) lancierte auch die Junge Mitte eine Kandidatur, was von den Jungparteien der SVP und der FDP als Effekthascherei kritisiert wurde. Auch die Delegierten der SP hatten die Wahl aus drei internen Frauenkandidaturen und entschieden sich für die langjährige Kantonsrätin und ehemalige Kantonsratspräsidentin Ylfete Fanaj (LU, sp). Durch Fanaj, die aus dem Kosovo in die Schweiz eingewandert war, als sie neun Jahre alt war, sollten also nicht nur die Frauen, sondern auch die linken Parteien seit 2015 erstmals wieder im Regierungsrat vertreten sein. Auch bei der SP schickte die Jungpartei eine eigene Kandidatin ins Rennen: Für die Juso trat deren Co-Präsidentin Zoé Stehlin (LU, sp) an. Aus dem linken Lager kandidierte zudem die Grüne Christa Wenger (LU, gp). Die Luzerner Stadtparlamentarierin hatte noch kaum Erfahrung in der Kantonspolitik, weshalb ihre Nominierung in den Medien eher als Überraschung betitelt wurde. Fanaj und Wenger betonten beide, wie wichtig es sei, dass wieder eine linke Stimme im Regierungsrat einziehen würde, und spannten im Wahlkampf deshalb auch zusammen. Von den Grünen stammte auch die dritte Kandidatin einer Jungpartei, Chiara Peyer (LU, gp) trat für die Jungen Grünen zu den Regierungswahlen an. Schliesslich nominierte auch die GLP eine Frau für den Regierungsrat, nämlich ihre Fraktionschefin im Kantonsrat Claudia Huser (LU, glp). Huser sorgte im Wahlkampf indirekt für einigen Wirbel, weil sie vom KMU- und Gewerbeverband des Kantons Luzern neben den Kandidierenden von Mitte, FDP und SVP ebenfalls zur Wahl empfohlen wurde. Dies sorgte bei den Mitte-Rechts-Parteien für Unmut und Unverständnis, da sie die GLP nicht als bürgerliche Partei erachteten. Wie die GLP schickte auch die SVP ihren Fraktionschef aus dem Kantonsrat ins Rennen um den Regierungsrat. Armin Hartmann (LU, svp) war nur wenige Stunden nach dem Rücktritt von Parteikollege Paul Winiker offiziell von der Parteileitung vorgeschlagen und später von den Delegierten ungefährdet nominiert worden, um den freigewordenen Sitz für die Partei zu verteidigen. Das Kandidierendenfeld komplettierte Jürgen Peter (LU, parteilos). Peter trat als Parteiloser an, war aber von 2011 bis 2018 Mitglied der SVP gewesen.
Inhaltlich war der Wahlkampf geprägt von den Themen Spitalpolitik – insbesondere betreffend die künftigen Leistungen im Spital Wolhusen –, Klimapolitik, Steuersenkungen und Mobilität.

Der erste Wahlgang fand am 2. April 2023 statt. Beide bisherige Regierungsräte schafften bereits im ersten Durchgang ungefährdet die Wiederwahl. Am meisten Stimmen holte Fabian Peter (fdp; 59'586), dahinter platzierte sich Reto Wyss (mitte; 58'408) auf dem zweiten Platz. Auch die Mitte-Kandidatin Michaela Tschuor schaffte die Wahl bereits im ersten Wahlgang souverän. Sie holte 58'008 Stimmen und übertraf damit klar das absolute Mehr von 54'418 Stimmen. Die direkte Wahl verpassten hingegen Armin Hartmann mit 50'225 Stimmen und Ylfete Fanaj mit 39'442 auf den Plätzen vier und fünf. Etwas abgeschlagen dahinter platzierten sich Claudia Huser (28'805) und Christa Wenger (28'109). Die Vertreterinnen der Jungparteien Andrea Kaufmann (25'208), Zoé Stehlin (22'051) und Chiara Payer (21'546) sowie der parteilose Jürgen Peter (5'053) blieben chancenlos. Die Wahlbeteiligung betrug 39.6 Prozent.

Zum zweiten Wahlgang traten neben Armin Hartmann und Ylfete Fanaj auch Claudia Huser, Chiara Peyer und Jürgen Peter noch einmal an. Zu reden gab zwischen den Wahlgängen insbesondere die Wahlempfehlung der Mitte für Fanaj statt für Huser. Primär begründete die Mitte ihren Entscheid mit der Konkordanz: Es sei an der Zeit, die SP wieder in die Regierung einzubinden. Der Präsident der Mitte, Christian Ineichen (LU, mitte), bestätigte gegenüber den Medien allerdings auch, dass seine Partei mit der SP einen Deal abgeschlossen hatte. Die SP habe im Gegenzug für die Unterstützung im zweiten Wahlgang zugesichert, in naher Zukunft die GLP bei Regierungsratswahlen nicht zu unterstützen. Die Mitte erhoffte sich damit, ihre beiden Sitze im Regierungsrat in künftigen Wahlen besser verteidigen zu können. Weitere Unstimmigkeiten zwischen GLP und SP kamen auf, als ein Komitee, dem auch Claudia Huser angehörte, ein Inserat veröffentlichte, in dem Fanaj unter anderem die Unterstützung einer «staatlich gesteuerten Planwirtschaft» unterstellt wurde. Die SP zeigte sich empört, dass Huser «mit Diffamierungen Wahlkampf betreibt».

Am 14. Mai fand schliesslich der zweite Wahlgang statt. Armin Hartmann (svp; 51'078 Stimmen) schwang von den verbliebenen Kandidierenden obenaus und wurde ungefährdet gewählt. Neben ihm schaffte auch Ylfete Fanaj (sp; 45'053) den Einzug ins Regierungsgremium. Die beiden setzten sich letztlich gegen Claudia Huser (39'674), Chiara Peyer (22'367) und Jürgen Peter (3'873) durch.

Die Wahlbeteiligung fiel mit 33.7 Prozent erwartungsgemäss etwas tiefer aus als noch im ersten Wahlgang. Die frisch gewählte Regierung nahm wenige Tage später die Departementsverteilung vor. Dabei übernahm Armin Hartmann das Bildungs- und Kulturdepartement, Ylfete Fanaj das Justiz- und Sicherheitsdepartement und Michaela Tschuor das Gesundheits- und Sozialdepartement. Die bisherigen Fabian Peter und Reto Wyss blieben in ihren Departementen.

Kantonale Regierungsratswahlen Luzern 2023
Dossier: Kantonale Wahlen - Luzern
Dossier: Kantonale Regierungsratswahlen 2023

870 Personen kandidierten 2023 bei den Wahlen für das Luzerner Kantonsparlament. Diese Anzahl übertraf noch einmal deutlich den Rekord bei den Wahlen 2019, als sich 802 Personen auf die 120 Kantonsratssitze bewarben. 104 der 120 Bisherigen stellten sich erneut zur Wahl, was es für neu kandidierende Personen zusätzlich erschwerte, einen Sitz zu erobern. Von den 16 Rücktritten kamen die meisten aus dem rechtsbürgerlichen Lager, während die SP nur einen und die Grünen und die GLP keine Rücktritte zu vermelden hatten. 350 Kandidatinnen bewarben sich auf einen Sitz, was einem Frauenanteil von 40.2 Prozent entspricht (plus 1 Prozentpunkt gegenüber 2019).
Die Parteien gingen mit unterschiedlichen Gefühlen in den Wahlkampf. Die bürgerlichen Parteien hatten 2019 viele Sitze verloren. Besonders stark hatte es die SVP getroffen, welche sieben Mandate eingebüsst hatte. Die Partei zeigte sich 2023 aber kämpferisch und rechnete damit, dass sie wieder vier Sitze gutmachen würde. Die FDP hatte 2019 drei Sitze verloren und hatte es sich zum Ziel gesetzt, alle drei wieder zurückzuerobern. Im Gegensatz zu SVP und FDP setzte sich die Mitte, welche 2019 – damals noch als CVP – vier Sitze hatte abgeben müssen, weniger ambitionierte Ziele: Bei ihr stand die Verteidigung ihrer 34 Sitze und ihres Status als stärkste Partei im Kantonsrat im Vordergrund. Auch die Grüne Partei, vor vier Jahren noch die grosse Gewinnerin, fokussierte «in Anbetracht der schwierigen Ausgangslage der Mutterpartei» auf die Verteidigung ihrer aktuell 14 Sitze. Ganz anders klang es im Vorfeld der Wahlen bei der anderen grossen Gewinnerin vor vier Jahren, der GLP. Nachdem sie ihre Sitzzahl 2019 von fünf auf acht hatte steigern können, setzte sie sich auch diesmal zum Ziel, zwei bis drei zusätzliche Sitze zu gewinnen. Bemerkenswert war, dass sich die GLP im Wahlkreis Luzern Stadt einer grossen Listenverbindung mit SVP, FDP und Mitte anschloss. 2019 war die GLP in dem Wahlkreis noch eine Listenverbindung mit SP und Grünen eingegangen. Die Gründe für den Umschwung seien primär mathematisch, da so die Chance grösser sei, alle drei Sitze im Wahlkreis zu verteidigen, erklärte der Präsident der GLP. Die dritte Partei, welche 2019 stark hatte zulegen können, die Sozialdemokraten, gaben sich bedeckt und liessen, zumindest gegenüber den Medien, keine expliziten Ziele verlauten.
Inhaltlich war der Wahlkampf «stark von der Spitalpolitik beeinflusst», wie die Luzerner Zeitung schrieb. Insbesondere die Frage, welche Leistungen künftig im Spital Wolhusen angeboten werden sollen, polarisierte. Aber auch die Klimapolitik, die Flüchtlingspolitik oder die geplante Revision des Steuergesetzes waren wichtige Themen im Wahlkampf.

Am Wahlsonntag, am 2. April, durfte sich die SVP als Siegerin feiern lassen. Nach der herben Niederlage 2019 konnte sie bei diesen Wahlen einen Grossteil ihrer damaligen Verluste wieder wettmachen. Sie steigerte ihren Stimmenanteil von 19.6 auf 23.1 Prozent und gewann fünf Sitze dazu (neu: 27). Sie holte in fünf der sechs Wahlkreise, ausser Luzern Stadt, je einen zusätzlichen Sitz und baute ihren Wähleranteil in 74 der 80 Gemeinden aus. Nur eine Partei holte sich mehr Sitze, nämlich die Mitte (27.3% Wähleranteil; -0.2 Prozentpunkte gegenüber 2019), welche jedoch gegenüber 2019 zwei Sitze einbüsste (neu: 32). Damit verlor die Partei, respektive ihre Vorgängerin CVP, schon bei den vierten Wahlen in Folge Sitze. Die FDP (17.9%; -1.7pp) sicherte sich 22 Sitze und damit genau gleich viele wie vor vier Jahren. Gleiches galt für die SP (14.1%; +0.3pp), die sowohl in der alten als auch in der neuen Legislatur mit 19 Personen im Kantonsrat vertreten sein wird. Die Grünen (10.2; -1.5pp) mussten nach ihrem Triumph 2019 drei Sitze abgeben und kamen neu noch auf zwölf. Ihren Wähleranteil ausbauen konnten zwar die Grünliberalen (7.3%; +0.7pp), sie verblieben aber dennoch auf ihren acht Mandaten. Während sie über den ganzen Kanton gesehen Wähleranteile zulegen konnte, musste die GLP im Wahlkreis Luzern Stadt Verluste einstecken und verlor sogar einen ihrer drei dortigen Sitze. Die Partei liess deshalb in der Folge verlauten, man sehe nach den Erfahrungen aus den Kantonsratswahlen die Listenverbindung mit der SVP kritisch.
40.3 Prozent der Wahlberechtigten gaben bei den kantonalen Wahlen ihre Stimme ab, 1.2 Prozentpunkte weniger als noch 2019. Der Frauenanteil im Parlament stieg deutlich von 34.2 Prozent auf 40.0 Prozent.

Kantonale Parlamentswahlen Luzern 2023
Dossier: Kantonale Wahlen - Luzern
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2023

Ende März veröffentlichte die SPK-SR den Bericht zur Vernehmlassung der Umsetzung der vier Standesinitiativen (ZG: 19.311, BL: 20.313, LU: 20.323, BS: 21.311), die eine bessere Vereinbarkeit von Mutterschaft und Parlamentsmandat verlangen. Konkret sollen Frauen nach der Geburt eines Kindes ihre Mutterschaftsentschädigung nicht mehr verlieren, wenn sie ein politisches Legislativmandat wahrnehmen. Aktuell erlischt der Anspruch, wenn eine Erwerbstätigkeit wieder aufgenommen wird, wozu auch die Arbeit als Parlamentarierin gezählt wird. Dies führt dazu, dass gewählte Parlamentarierinnen entweder nicht an Sitzungen teilnehmen oder aber den Auftrag der Wählenden wahrnehmen, dadurch aber auf ihre Entschädigung verzichten müssen. Dies soll mit einer Revision des Erwerbsersatzgesetzes geändert werden. Die Vorlage sieht vor, dass eine Teilnahme an Plenar- oder Kommissionssitzungen auf allen drei föderalen Ebenen durch eine Frau – Männer bzw. Vaterschaftsurlaubsregelungen wurden explizit ausgenommen – deren Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung nicht mehr beeinträchtigt, es sei denn, es bestehe eine Stellvertretungslösung.

Die Mehrheit der 53 eingegangenen Stellungnahmen in der Vernehmlassung unterstützten den Umsetzungsvorschlag. Von den 25 antwortenden Kantonen (GR hatte auf eine Stellungnahme verzichtet), sprachen sich 18 dafür aus, Aargau, Nidwalden und Genf wollten die Einschränkung durch die Stellvertreterlösungen streichen und Solothurn wollte nicht bloss Plenar- und Kommissionssitzungen, sondern sämtliche mit einem Mandat verbundenen Tätigkeiten aufführen. Gegen die Vorlage stellten sich Appenzell Ausserrhoden, Thurgau und Schwyz, die eine Aufweichung des Mutterschutzes befürchteten: Die Regelung könnte dazu führen, dass sich Mütter mit einem politischen Mandat verpflichtet fühlten, ihren Mutterschaftsurlaub zu unterbrechen, so die Begründung. EVP, FDP, GLP, GP, Mitte und SP begrüssten die geplante Umsetzung, die SVP lehnte sie ab, weil sie eine Besserbehandlung von Politikerinnen gegenüber anderen berufstätigen Frauen bedeute. Umstritten war die Vorlage bei den Verbänden. Bei den Gewerkschaften begrüsste der SGB die Vorlage grundsätzlich, warnte aber vor weiteren Lockerungen; Travail.Suisse stellte sich gegen jegliche Lockerung des Mutterschutzes und lehnte die Vorlage ab. Die Arbeitgeberverbände (SAV und SGV) kritisierten die Ungleichbehandlung und forderten eine Lockerung der Kriterien für Mutterschaftsurlaub für alle Frauen, standen der Vorlage also eher ablehnend entgegen. Verschiedene Frauenverbände (AllianceF, SKG und SVF) begrüssten die Vorlage zwar, verlangten aber weitere Flexibilisierungen hinsichtlich zeitlicher Gestaltung des Mutterschaftsurlaubs generell und einen Verzicht auf die Ausnahme hinsichtlich Stellvertretungsregelung. Es könne bei Kommissionssitzungen, die häufig Stellvertretungsregelungen kennen, wichtig sein, persönlich anwesend zu sein.
Die SPK-SR beschloss aufgrund der Vernehmlassungsresultate, an der ursprünglichen Lösung festzuhalten und lediglich die Teilnahme an Kommissions- und Plenarsitzungen zu regeln, im Falle von möglichen Stellvertretungslösungen aber keine Ausnahmen zu machen. Die Vorlage geht in die parlamentarische Beratung.

Mutterschaft und Parlamentsmandat (Kt.Iv. 19.311, Kt.Iv.20.313, Kt.Iv.20.323 und Kt.Iv.21.311)
Dossier: Frauenanteil im Parlament
Dossier: Vereinbarkeit der Parlamentsarbeit mit Familie und Beruf

Mit einer Standesinitiative forderte der Kanton Zürich im April 2022 die Einführung einer wirksamen Kerosinsteuer. Der Bundesrat sollte mit der Initiative aufgefordert werden, sich auf EU-Ebene für eine Steuer auf Flugtreibstoffe einzusetzen, welche eine Lenkungswirkung erzielt und sowohl für nationale als auch für internationale Flüge gelten soll. Dank der Lenkungswirkung erhoffte sich der Kanton eine wirksame Massnahme zur Erreichung der Pariser Klimaziele.
Die UREK-SR beschäftigte sich im März 2023 mit der Initiative und beantragte mit 5 zu 3 Stimmen bei 2 Enthaltungen, ihr keine Folge zu geben. Die Kommissionsmehrheit war der Meinung, dass eine Kerosinsteuer auf globaler statt nur auf europäischer Ebene anzustreben sei, und bevorzugte schneller realisierbare Massnahmen für den Klimaschutz in der Flugbranche – beispielsweise eine obligatorische Beimischquote von erneuerbaren Treibstoffen bei Flugzeugen, welche im Rahmen der laufenden Revision des CO2-Gesetzes diskutiert werde.

Einführung einer wirksamen Kerosinsteuer (St. Iv. ZH. 22.306)

Die Gewährleistung der geänderten Kantonsverfassungen von Zürich, Glarus, Solothurn, Basel-Landschaft, Wallis und Genf erfolgte in der Frühlingssession 2023 sowohl im Ständerat als auch im Nationalrat oppositionslos. Wie Kommissionssprecher Matthias Zopfi (gp, GL) im Ständerat berichtete, habe die SPK-SR die Gewährleistung sämtlicher Verfassungsänderungen beantragt, wobei in der Vorberatung einzig die revidierten Artikel der Walliser Verfassung zur Regulierung von Grossraubtieren zu Diskussionen über die Bundesrechtskonformität geführt hätten. Da die Verfassungsbestimmungen allerdings in einer Weise ausgelegt werden könnten, die dem Bundesrecht entsprächen, und bereits im Jahr 2020 eine gleichlautende Urner Verfassungsänderung als bundesrechtskonform eingeschätzt worden war, habe die Kommission konsequenterweise und unter Beachtung des Günstigkeitsprinzips die Gewährleistung beantragt.

Gewährleistung von Änderungen in den Kantonsverfassungen von Zürich, Glarus, Solothurn, Basel-Landschaft, Wallis und Genf (BRG 22.079)
Dossier: Gewährleistung kantonaler Verfassungen

Bei den Regierungsratswahlen im Kanton Zürich 2023 traten alle bisherigen Regierungsmitglieder erneut zur Wahl an – dies obwohl zumindest in den Zeitungen lange darüber spekuliert wurde, dass sich der bisherige Finanzdirektor Ernst Stocker (ZH, svp) nach drei Amtszeiten mit 68 Jahren zurückziehen würde. Doch die SVP bat Stocker, noch einmal zu den Wahlen anzutreten – unter anderem in einer öffentlichen Erklärung. Gemäss Recherche der Tamedia-Zeitungen hatten der SVP zuvor «prominente SVPler (...) reihenweise abgesagt». Stocker liess seine Partei lange zappeln, gab dann aber im März 2022 bekannt, an der Seite von Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli (ZH, svp) erneut zu kandidieren. Stocker betonte dabei, dass er im Falle einer Wiederwahl plane, die gesamte Legislatur Regierungsrat zu bleiben. Auch bei Sicherheitsdirektor Mario Fehr (ZH, parteilos) war lange nicht klar, ob er sich um eine weitere Amtszeit bewerben würde. Er war 2021 aufgrund von Spannungen mit der kantonalen Parteileitung aus der SP ausgetreten und amtierte seither als Parteiloser im Regierungsrat. Erst im September gab Mario Fehr bekannt, dass auch er erneut antreten werde. Er tat dies ohne Wahlkampfbündnis mit einer Partei. Stattdessen fanden sich in seinem breit abgestützten Wahlkomitee Personen aus fast allen Parteien – darunter auch rund 30 Mitglieder der SP. Darüber ärgerte sich insbesondere die Juso, welche zusammen mit den Jungen Grünen eine Gegenkampagne gegen Fehr startete, um seine Wiederwahl zu verhindern. Die SP-Parteispitze versuchte derweil, die Gemüter zu beruhigen. Selbstverständlich dürften SP-Mitglieder auch ins Komitee von Fehr, so die Parteileitung. Dennoch erwarte man, dass Mitglieder vor allem das SP-Zweierticket wählen würden. Auf diesem Zweierticket stand neben der bisherigen Vorsteherin der Direktion der Justiz und des Innern Jacqueline Fehr (ZH, sp) auch die amtierende Nationalrätin Priska Seiler Graf (ZH, sp). Seiler Graf sollte also der SP wieder einen zweiten Regierungssitz sichern. Dabei wollte sie jedoch nicht unbedingt Mario Fehr aus der Regierung verdrängen. Stattdessen schien sie eher auf den Sitz von Bildungsdirektorin Silvia Steiner (ZH, mitte) zu zielen, die in verschiedenen Umfragen von den Bisherigen an letzter Stelle rangierte. Seiler Graf kritisierte Silvia Steiner in Interviews wiederholt für ihre Politik während der Corona-Krise sowie für ihren Umgang mit dem Mangel an Lehrpersonen. Sie erwähnte zudem in diesen Interviews, dass sie sich als ehemalige Lehrerin gut vorstellen könne, die Bildungsdirektion zu übernehmen. Nicht zuletzt verschickte Seiler Graf auch Briefe an rund 4'400 Zürcher Lehrpersonen, in der sie zur Teilnahme an einer Onlineumfrage aufrief und unter anderem von einem «Versagen der Politik» im Bildungsbereich sprach. Dies brachte ihr einen Rüffel durch das Stadtzürcher Schulamt ein, da sie entgegen dem Reglement des Schulamtes keine Bewilligung für die Umfrage eingeholt habe. Neben Priska Seiler Graf schienen auch andere Kandidierende hauptsächlich den Sitz von Silvia Steiner anzugreifen, insbesondere der GLP-Kandidat Benno Scherrer (ZH, glp). Scherrer, langjähriger Kantonsrat, hatte sich intern gegen die ehemalige SP-Nationalrätin Chantal Galladé, die 2019 zur GLP gewechselt war, durchgesetzt. An der entsprechenden Nominierungsversammlung hatten die GLP-Delegierten zwar eingeräumt, dass Chantal Galladé bekannter sei als Scherrer, sie nominierten schliesslich dennoch Scherrer aufgrund seiner langjährigen Erfahrung für die GLP in der Kantonspolitik. In der Tat sass Benno Scherrer schon seit 2007 im Kantonsrat und hatte die dortige GLP-Fraktion acht Jahre lang präsidiert. Auch die FDP hoffte, ein bisheriges Mitglied der Regierung verdrängen zu können. Die Freisinnigen versuchten nämlich, ihren 2019 an den Grünen Martin Neukom (ZH, gp) verlorenen Sitz wieder zurückzuerobern. Neben der amtierenden und wieder antretenden Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh (ZH, fdp) nominierte die FDP für diese Mission den Direktor des liberalen Think Tanks Avenir Suisse, Peter Grünenfelder (ZH, fdp). Grünenfelder, ein politischer Quereinsteiger, der noch nie ein politisches Amt besetzt hatte, sorgte für einigen Wirbel im Wahlkampf. Unter anderem sorgte er für Kritik, weil er während dem Wahlkampf seinen Direktorenposten bei der nominell parteiunabhängigen Avenir Suisse nicht ruhen liess. Zudem kritisierte er ebenfalls die Zürcher Bildungspolitik, was teilweise als Angriff auf Silvia Steiner ausgelegt wurde. Dies sorgte für Misstöne im bürgerlichen Lager, denn für viele Bürgerliche schien klar, dass Grünenfelder keine Chance auf einen Einzug in die Regierung hatte und mit dem Angriff auf Steiner nur die Chancen von SP-Kandidatin Seiler Graf erhöhte. Die bürgerlichen Parteien versuchten danach demonstrativ, die Reihen zu schliessen. Schliesslich schaltete sich sogar SVP-Doyen Christoph Blocher (ZH, svp) ein und ermahnte die SVP-Basis, neben den eigenen Kandidierenden auch Grünenfelder, Walker Späh und Steiner zu wählen. Auch links der Mitte schlossen sich die Parteien im Wahlkampf zu einem Bündnis zusammen. Anders als bei den Kantonsratswahlen, wo sich SP, Grüne, AL, GLP und EVP zu der sogenannten «Klimaallianz» zusammengeschlossen hatten, gehörten diesem Bündnis für die Regierungsratswahlen allerdings nur die SP, die Grüne Partei und die AL an. Die Grünen stiegen dabei einzig mit ihrem bisherigen Baudirektor Martin Neukom ins Rennen, die AL portierte die Kantonsrätin Anne-Claude Hensch (ZH, al). Die GLP mit Benno Scherrer und die EVP, die mit ihrem Kantonsrat Daniel Sommer (ZH, evp) antraten, blieben bei dem Bündnis aussen vor.
Neben allen bisherigen Mitgliedern der Regierung und den zusätzlich Kandidierenden der Regierungsparteien, der GLP und der EVP traten verschiedene weitere Personen zur Wahl an, namentlich Hans-Peter Amrein (ZH, parteilos), Josua Dietrich (ZH, freie Liste), Peter Vetsch (ZH, parteilos), Florian Wegmann (ZH, parteilos), Bernhard Schmidt (ZH, parteilos) und Patrick Jetzer (ZH, aufrecht).

Der Wahlsonntag brachte schliesslich keine personellen Wechsel im Zürcher Regierungsrat. Alle bisherigen Mitglieder der Regierung wurden bereits im ersten Wahlgang souverän wiedergewählt. Das beste Resultat erzielte der zum ersten Mal als Parteiloser angetretene Mario Fehr mit 192'711 Stimmen. Dahinter platzierten sich Natalie Rickli (svp; 181'842 Stimmen), Ernst Stocker (svp; 177'639), Martin Neukom (gp; 161'864), Jacqueline Fehr (sp; 148'610), Silvia Steiner (mitte; 146'242) und Carmen Walker Späh (fdp; 145'444). Am nächsten an die Bisherigen kam Priska Seiler Graf mit 120'586 Stimmen. Sie verpasste den Einzug in die Regierung letztlich jedoch relativ deutlich um rund 25'000 Stimmen. Zu den Geschlagenen gehörten auch Peter Grünenfelder (108'395), Benno Scherrer (93'603), Anne-Claude Hensch (70'189), Hans-Peter Amrein (62'025), Daniel Sommer (42'961), Josua Dietrich (28'622), Peter Vetsch (28'040), Florian Wegmann (23'521), Bernhard Schmidt (21'861) und Patrick Jetzer (17'130).

Die Wahlbeteiligung betrug 35.8 Prozent, rund 3.8 Prozentpunkte mehr als 2019. Auch bei den Departementen blieb alles gleich wie vor den Wahlen, da die frisch bestätigten Regierungsrätinnen und Regierungsräte auf eine Rochade verzichteten.

Kantonale Regierungsratswahlen Zürich 2023
Dossier: Kantonale Wahlen - Zürich
Dossier: Kantonale Regierungsratswahlen 2023

Im Februar 2023 waren die Stimmberechtigten in Zürich aufgerufen, ihr kantonales Parlament neu zu wählen. 1'687 Personen bewarben sich für einen der 180 Sitze im Zürcher Kantonsrat. Der Frauenanteil unter den Kandidierenden stieg von 41.7 Prozent bei den Wahlen 2019 auf 43.0 Prozent. 13 Listen gingen beim Kanton ein: Neben den neun bereits im Kantonsrat vertretenen Parteien (SVP, SP, FDP, GLP, Grüne, Mitte, EVP, AL, EDU) kandidierten auch Personen auf der aus Corona-Massnahmen-Skeptikern zusammengesetzten Liste «Aufrecht / freie Liste», für die Partei der Arbeit (PdA) sowie auf den Listen «Ja zu einem Wachstumsstopp» und «SansPapiersPolitiques». Unter den abtretenden Kantonsratsmitgliedern befanden sich auch zwei Fraktionspräsidierende – Beatrix Frey-Eigenmann (ZH, fdp) und Markus Bischoff (ZH, al). Ansonsten beleuchteten die Medien insbesondere einzelne Geschichten von Zurücktretenden: Sarah Akanji hatte schon länger angekündigt, dass sie aufgrund von rassistischen und sexistischen Zuschriften nicht zur Wiederwahl antreten werde. Die Grüne Esther Guyer (ZH gp) verzichtete nach 24 Jahren im Kantonsparlament auf eine erneute Kandidatur – während ihre Parteikollegin Gabi Petri (ZH, gp) 32 Jahre nach ihrem Ratseintritt erneut zur Wahl antrat.
Unter den neu Kandidierenden waren einige prominente Namen vertreten, etwa die Grüne Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber, die sich auf dem hintersten Listenplatz im Stadtzürcher Kreis 3+9 aufstellen liess. Der ehemalige Direktor des Gewerbeverbands Hans-Ulrich Bigler (ZH, svp) kandidierte erstmals für die SVP, nachdem er vier Jahre zuvor noch für die FDP im Nationalrat gesessen hatte. Für die Grünliberalen kandidierten gleich zwei ehemalige Nationalratsmitglieder, Thomas Maier (ZH, glp) sowie Chantal Galladé (ZH, glp), die 2019 von der SP zur GLP gewechselt war. Mit der aktuellen Präsidentin von Operation Libero, Sanija Ameti (ZH, glp), und dem Mitbegründer und ehemaligen Präsidenten von Operation Libero und dem Think Tank foraus, Nicola Forster (ZH, glp), kandidierten weitere bekannte Gesichter für die GLP. Mit Matthias Gfeller (ZH, gp) aus Winterthur, Richard Wolff (ZH, al) aus Zürich und Alexia Bischof (ZH, mitte) aus Wädenswil kandidierten auch drei ehemalige Mitglieder von städtischen Exekutiven.
Umfragen attestierten den meisten Parteien im Vorfeld der Wahlen einen relativ ähnlichen Formstand wie bei den Wahlen 2019. Verschiebungen von mehr als zwei Prozentpunkten wurden keine erwartet. Die Medien vermuteten allerdings, dass SP und Grüne tendenziell verlieren könnten. Damit würde die sogenannte «Klima-Allianz» von SP, Grünen, GLP, EVP und AL unter Druck geraten. Die fünf Parteien hatten in der abgelaufenen Legislatur 93 der 180 Sitze besetzt. Ihre knappe Mehrheit hatte die Allianz in einige Erfolge in der Klimapolitik ummünzen können. Wie der Tages-Anzeiger berichtete, wollten die Allianz-Parteien zukünftig ihre Zusammenarbeit auf andere Themen ausweiten – dafür müsse die Klimaallianz aber wiederum eine Mehrheit im Parlament erreichen.
Der Kantonsratswahlkampf sorgte nicht für grosse Schlagzeilen in den Zeitungen. Die NZZ etwa zeigte sich überrascht, dass der Wahlkampf so «flau» blieb, obschon die letzten vier Jahre mit Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg und Energiekrise viele Umwälzungen mit sich gebracht hätten.

Der Wahlsonntag brachte wie erwartet keine grossen Verschiebungen. Die grösste Gewinnerin war die Mitte, welche im Vergleich zu den Wahlen 2019 drei Sitze dazugewinnen konnte und neu deren elf im Parlament besetzte. Möglich wurde dies durch einen Anstieg ihres Wähleranteils um 1.7 Prozentpunkte auf 6 Prozent. Auf der anderen Seite stand die Grüne Partei (10.4% Wähleranteil; -1.5 Prozentpunkte gegenüber 2019) als grösste Verliererin da. Nachdem sie 2019 noch neun Sitze hatte dazugewinnen können, musste sie 2023 drei davon wieder abgeben und holte somit noch 19 Sitze. Die SVP (14.9%; +0.4pp) konnte ihre Position als stärkste Kraft im Parlament souverän verteidigen. Sie gewann einen Sitz dazu, womit sie neu auf 46 Mandate kommt. Auch die SP konnte sich freuen: Sie verblieb zwar auf dem gleichen Wähleranteil wie vor vier Jahren (19.3%), dies reichte jedoch diesmal für einen zusätzlichen Sitz (neu: 36). Die drittstärkste Partei, die FDP, verzeichnete sowohl bezüglich Wähleranteilen (15.9%; +0.2pp) als auch betreffend Sitze (29 Sitze; +0) keine Veränderungen. Die GLP büsste zwar 0.2 Prozent an Wähleranteilen ein (neu: 12.7%), konnte jedoch trotzdem einen zusätzlichen Sitz gewinnen und kam somit neu auf 24 Sitze. Die Kleinparteien EVP, AL und EDU verloren je einen Sitz. Die EVP (3.9%; -0.3pp) besetzte damit im neuen Parlament sieben Sitze, die AL (2.6%; -0.5pp) fünf und die EDU (1.9%; -0.4pp) drei. Die restlichen Listen schafften es nicht, einen Sitz zu erobern.
79 Frauen wurden ins Parlament gewählt, was einem Frauenanteil von 43.9 Prozent entspricht. Damit war dieser nun in den letzten sechs Kantonsratswahlen in Folge angestiegen – gegenüber 2019 um 2.8 Prozentpunkte.
34.9 Prozent der Wahlberechtigten gaben ihre Stimme ab – leicht mehr als 2019, als die Beteiligung bei 33.5 Prozent lag.

Die Klimaallianz konnte ihre Mehrheit nach den Wahlen also mit dem knappmöglichsten Resultat von 91 von 180 Sitzen verteidigen. Allerdings änderte sich dies, als nur zwei Wochen nach den Wahlen die für die GLP gewählte Isabel Garcia mit der Begründung zur FDP wechselte, dass sie sich in den letzten Jahren mit der GLP «auseinandergelebt» habe. Die Parteileitung der GLP wurde vom Wechsel Garcias überrumpelt und gab an, dass sich dieser für die Partei nicht abgezeichnet habe. Aufgrund der kurzen Dauer zwischen den Wahlen und dem Parteiwechsel sowie aufgrund der knappen Mehrheitsverhältnisse schlug der Wechsel hohe Wellen. Mehrere Mitglieder von Parteien der Klimaallianz äusserten sich in den (sozialen) Medien und bezeichneten den Parteiübertritt als «Affront», «undemokratisch» oder gar als «Wahlbetrug». Zahlreiche Stimmen forderten Isabel Garcia gar auf, aus dem Kantonsrat zurückzutreten. Diesen Forderungen kam die Neo-FDP-Kantonsrätin jedoch nicht nach und bescherte so der FDP doch noch einen zusätzlichen Sitz.

Kantonale Parlamentswahlen Zürich 2023
Dossier: Kantonale Wahlen - Zürich
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2023

In der Vernehmlassung stiess die Wiedereinführung von Doppelnamen auf grossmehrheitliche Zustimmung. Von 45 stellungnehmenden Akteuren sprachen sich 39 dafür aus – darunter 21 Kantone, die vier stellungnehmenden Parteien Die Mitte, FDP, SP und SVP sowie einige Frauenorganisationen, religiöse Vereinigungen und Fachorganisationen aus dem Zivilstandswesen. Mit dem Doppelnamen könne sowohl dem Prinzip der Unveränderbarkeit des eigenen Namens als auch dem Bedürfnis nach einem gemeinsamen Familiennamen als Ausdruck der Familienzusammengehörigkeit Rechnung getragen werden, so der Tenor im Ergebnisbericht der Vernehmlassung. Die fünf Kantone Glarus, Obwalden, Wallis, Zug und Zürich sowie die EKF lehnten die Vorlage hingegen ab. Sie kritisierten, dass das Namensrecht, das mit der Abschaffung der Doppelnamen 2013 möglichst einfach und transparent gestaltet worden sei, wieder verkompliziert würde. Das geltende Recht habe sich bewährt und es bestehe kein Handlungsbedarf. Die EKF monierte, die Wiedereinführung des Doppelnamens stärke die Gleichstellung nicht – wie in den befürwortenden Stellungnahmen oft gelobt –, sondern stärke im Gegenteil die Geschlechterstereotypen. Sie plädierte daher für die vollständige Abschaffung der Familiennamen.
Sehr unterschiedliche Ansichten bestanden über die konkrete Umsetzung des Vorhabens. Von den zwei Varianten, die im Vorentwurf zur Diskussion gestellt wurden, erhielt die «grosse Lösung», die grosse Flexibilität in der Namenswahl erlauben würde, mehr Zuspruch als die «kleine Lösung», die einer Rückkehr zur Regelung vor 2013 entspräche. An beiden Vorschlägen wurde indes auch Kritik geübt, weil sie zu eng bzw. zu offen gefasst seien. Die Hälfte der Vernehmlassungsteilnehmenden forderte überdies, dass mit der Revision auch die Namensführung der Kinder angepasst werden sollte, was im Vorentwurf nicht vorgesehen war. Es wurde argumentierte, dass zu vermeiden sei, dass Kinder nicht gleich heissen wie ihre beiden Eltern; mit der vorgeschlagenen «grossen Lösung» könnten nämlich beide Eltern einen Doppelnamen tragen, die Kinder jedoch nicht.
Weiter wurden im Vorentwurf drei Varianten zur Debatte gestellt, wie künftig mit den bisher nicht amtlichen, aber gewohnheitsrechtlich genutzten Allianznamen – bei denen der Ledigname mit Bindestrich hinten angefügt wird – umgegangen werden soll. Hierbei sprachen sich fast gleich viele Teilnehmende für die Beibehaltung des Status quo (Allianzname kann im Ausweis eingetragen werden, ist aber nicht amtlicher Name) aus, wie die Variante befürworteten, dass künftig nur noch der amtliche Name im Ausweis geführt werden kann, wobei bestehende Allianznamen neu zum amtlichen Namen gemacht werden könnten. Ein Mittelweg, der bestehende Allianznamen unberührt lassen wollte, während unter dem neuen Recht Verheiratete nur noch den amtlichen Namen im Ausweis führen könnten, fiel in der Vernehmlassung hingegen klar durch.

Ermöglichung von Doppelnamen bei der Heirat (Pa.Iv. 17.523)
Dossier: Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Namensrecht

Alors que la Société coopérative nationale pour l'entreposage de déchets radioactifs (Nagra) a sélectionné le site du nord des Lägern pour le dépôt des déchets radioactifs en couches géologiques profondes, le sénateur Zurichois Daniel Jositsch (ps, ZH) demande au Conseil fédéral d'évaluer les dégâts collatéraux sur le tourisme, la géothermie, l'eau, le transport et les infrastructures pour la région.
Le Conseil fédéral s'est opposé au postulat. Dans son argumentaire, il a précisé que la décision n'avait pas été prise à la légère et qu'elle se basait déjà sur de nombreux rapports. Par conséquent, un rapport supplémentaire n'apporterait aucune nouvelle information.
Le postulat a été retiré.

Répercussions du projet de dépôt de déchets radioactifs en couches géologiques profondes (Po. 22.4020)
Dossier: Debatte um die Entsorgung radioaktiver Abfälle ab dem Jahr 2000

Im Rahmen der Bundesratswahlen 2022 kam es auch zu ausführlichen Diskussionen um die Vertretung der Regionen, die sich vorab um die sehr unterschiedliche bisherige Zahl an Bundesratsmitgliedern aus den verschiedenen Kantonen drehte. Vor den Ersatzwahlen 2022 wurde die Rangliste vom Kanton Zürich mit bisher 20 Vertreterinnen und Vertretern in der Landesregierung angeführt, gefolgt vom Kanton Waadt mit 15 und dem Kanton Bern mit 14 Vertrenden. Noch nie im Bundesrat vertreten waren bis dahin die Kantone Jura, Nidwalden, Schaffhausen, Schwyz und Uri.
Seit der entsprechenden Abstimmung im Februar 1999 spielt die Kantonsklausel allerdings keine Rolle mehr. Bis damals war es nicht möglich gewesen, dass zwei Regierungsmitglieder aus dem gleichen Kanton stammten. Unklar war hingegen seit je her, wie die Kantonszugehörigkeit genau definiert wird: durch den Wohnkanton oder den Bürgerkanton; und aus welchem Kanton stamnen verheiratete Frauen, die über mehrere Heimatrechte verfügten? So war etwa Ruth Dreifuss im Kanton Aargau heimatberechtigt, hatte aber dem Berner Stadtrat angehört und ihre Papiere kurz vor ihrer Wahl nach Genf verlegt. Bei der Diskussion um die Kantonszugehörigkeit eines Bundesratsmitglieds stellt sich überdies die Frage, ob Mitglieder der Landesregierung effektiv für «ihren» Kanton lobbyieren, wenn sie im Bundesrat sitzen. Nichtsdestotrotz war die Kantonszugehörigkeit der verschiedenen Kandidierenden recht laute mediale Begleitmusik der Bundesratsersatzwahlen 2022. Ob bei den Diskussionen um eine mögliche Nichtvertretung des Kantons Zürich bei der Kandidierendensuche der SVP, um lange Zeit untervertretene Kantone bei der Bewerbung von Heinz Tännler (ZG, svp) oder Eva Herzog (sp, VS), um Kandidierende aus Kantonen, die gar noch nie im Bundesrat vertreten waren bei den Kandidaturen von Michèle Blöchliger (NW, svp) oder Elisabeth Baume-Schneider (sp, JU), um die sich verändernden Chancen der Berner-SVP-Kandidaturen nach dem Rücktritt der Berner Bundesrätin Simonetta Sommaruga: Stets wurde dem Herkunftskanton Relevanz zugesprochen.

Für Diskussionen sorgte freilich auch die Vertretung der Sprachregionen. Dass es nach 1917 zum zweiten Mal in der Geschichte zu einer Mehrheit von nicht-deutschsprachigen Magistratinnen und Magistraten kommen könnte bzw. kam, wurde vor und nach den Ersatzwahlen vor allem von der FDP kritisiert. Die Freisinnigen forderten, dass dies nur für «eine kurze Übergangszeit» so bleiben dürfe. Diese Entscheidung obliege der Bundesversammlung, erwiderte SP-Fraktionspräsident Roger Nordmann (sp, VD). Die Schweiz gehe nicht unter, nur weil es keine deutschsprachige Mehrheit im Bundesrat gebe.

Das am meisten und nach den Ersatzwahlen vor allem in den Deutschschweizer Medien mit einiger Heftigkeit diskutierte Thema war dann freilich die Untervertretung der «urbanen Schweiz». Der Tages-Anzeiger sprach in seiner Online-Ausgabe davon, dass «dieser Mittwoch kein guter Tag für die Schweiz» gewesen sei. 70 Prozent der Bevölkerung und die «Fortschrittsmotoren» Zürich und Basel seien nun untervertreten. Offen forderte die Zeitung den baldigen Rücktritt von Alain Berset und Guy Parmelin, damit das Parlament dies nach den eidgenössischen Wahlen 2023 wieder korrigieren könne. Darüber hinaus wurde kritisiert, dass hinsichtlich Finanzausgleich lediglich noch «Nehmerkantone» in der Regierung vertreten seien. Andrea Caroni (fdp, AR) gab dem St. Galler Tagblatt zu Protokoll, dass er Angst habe, dass die «erhebliche sprachliche und geographische Schlagseite» im Bundesrat die Bundesverfassung strapaziere. Die Aargauer Zeitung sprach von einer «Ballenberg-Schweiz», die jetzt dominiere, obwohl eine «urbane Sichtweise» nötig wäre. Die Millionen Menschen, die in städtischen Räumen lebten, seien nun ohne Stimme in der Landesregierung, die mehr «Zerrbild als Abbild» sei, kritisierte erneut der Tages-Anzeiger. In ebendieser Zeitung befürchtete Hannes Germann (svp, SH) schliesslich, dass das Parlament «ein Chaos angerichtet» habe, weil dieses «krasse Ungleichgewicht» unschweizerisch sei.
Für die WoZ stellte dies aber aus städtischer Sicht kein Problem dar, da wesentlich wichtiger sei, welche unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen vertreten seien. Noch pragmatischer urteilten die Westschweizer Medien. Mauro Poggia (mcg, GE) brachte diese Haltung in La Liberté auf den Punkt: Er habe Vertrauen in die Intelligenz der Personen in der Landesregierung: «Ce n'est pas parce qu'on est d'origine paysanne qu'on ne pense pas aux villes.» Die Erfahrung, selber einmal zur Minderheit zu gehören, könne der Deutschschweiz vielleicht auch guttun, zitierte der Blick den Chefredaktor seiner Romandie-Ausgabe. Auch Alain Berset meldete sich zu Wort: Er könne kein Problem erkennen, weil die Menschen heute so mobil seien, dass sie sich nicht mehr in Schablonen wie Stadt und Land pressen liessen. Die Vernetzung sei so gross, dass die regionale Herkunft kaum mehr eine Rolle spiele.

Diskussionen um die Vertretung der Regionen im Rahmen der Bundesratswahlen 2022

Der Bundesrat beantragte der Bundesversammlung im November 2022, die Verfassungsänderungen von sechs Kantonen zu gewährleisten, da sie alle im Einklang mit Bundesrecht stünden.
Mit der Verfassungsänderung im Kanton Zürich wurden verschiedene Klimaschutzbestimmungen aufgenommen. Diese verpflichten den Kanton und die Gemeinden dazu, sich für die Begrenzung des Klimawandels und dessen Auswirkungen einzusetzen sowie das Ziel der Treibhausgasneutralität anzustreben. Konkret sollen dazu in den Bereichen Siedlungsentwicklung, Gebäude, Verkehr, Land- und Forstwirtschaft sowie Industrie und Gewerbe angemessene Massnahmen eingeführt werden. Wie der Bundesrat in seiner Botschaft zum Schluss kommt, gehen diese Bestimmungen in die gleiche Richtung wie die Klimaschutzziele des Bundes. Die Rechtssetzungskompetenzen der Kantone beschränkten sich in diesem Bereich auf Aspekte, die vom Bundesgesetz nicht vollständig ausgeschöpft seien und könnten dieses ergänzen oder verstärken.
Auch der Kanton Glarus verankerte vergleichbare Bestimmungen zur Begrenzung der Klimaveränderung und deren nachteiligen Auswirkungen in der Verfassung. Die Massnahmen haben dabei umwelt-, sozial- und wirtschaftsverträglich zu sein. Eine weitere zu gewährleistende Änderung der Glarner Verfassung sieht vor, dass die Jahresrechnung, der Finanzbericht sowie das Budget künftig dem Landrat und nicht mehr der Landsgemeinde zur Kenntnisnahme vorgelegt werden. Der Landrat wird allerdings nicht mehr wie bisher für die Genehmigung des integrierten Aufgaben- und Finanzplan zuständig sein.
Gemäss der angepassten Verfassung des Kantons Solothurn kann der Kanton auf der Stufe der Volksschule künftig neben sonderpädagogischen Institutionen neu auch weitere kantonale Angebote errichten und führen. Die Einzelheiten werden auf Gesetzesebene geregelt.
Der Kanton Basel-Landschaft führte mit der Verfassungsänderung Anpassungen bei den Modalitäten von Volksinitiativen und bei der Ombudsperson ein. Neu gelte zur Einreichung der Unterschriften für Volksinitiativen eine Frist von zwei Jahren. Weiter können im Landrat zusätzlich zu formulierten Initiativbegehren auch bei nicht-formulierten Begehren Fristverlängerungen zur Ausarbeitung eines Gegenvorschlags gewährt werden. Gegenvorschläge und Gesetzesvorlagen aufgrund zurückgezogener Initiativbegehren unterliegen gemäss den angepassten Verfassungsartikeln nicht mehr in jedem Fall der obligatorischen Volksabstimmung, sondern dem fakultativen Referendum. Betreffend die Ombudsperson werden die Unvereinbarkeiten neu erst auf Gesetzesstufe geregelt, worin die Teilzeitbeschäftigung der gewählten Person vorgesehen werden könne, schreibt der Bundesrat. Nicht zuletzt umfasst die Verfassungsänderung Anpassungen im Sinne der sprachlichen Gleichbehandlung.
Für den Kanton Genf galt es schliesslich drei Verfassungsänderungen zu gewährleisten. Der Kanton regelt erstens die Amtsenthebung eines Staatsratsmitglieds neu: Künftig können Mitglieder der kantonalen Regierung, die nicht mehr über das notwendige Vertrauen der Stimmberechtigten zur Ausübung ihrer Funktion verfügen, mittels Resolution des Grossen Rates des Amts enthoben werden. Zweitens bestehen die Gemeindeexekutiven von Gemeinden mit maximal 3'000 Einwohnenden in Zukunft nicht mehr aus einem Gemeindepräsidium und zwei Adjunkten und Adjunktinnen, sondern aus einem dreiköpfigen administrativen Rat. Drittens und letztens wird die Verteilung und Versorgung mit thermischer Energie sowie deren stärkere Verbreitung zu einem Kantonsmonopol. Diese Koordinierung der Ausdehnung habe das Ziel, die Nutzung fossiler Energie bei der individuellen Heizung zu verringern, geht aus dem revidierten Verfassungsartikel hervor.
Die Abwägung der Bundesrechtskonformität gestaltete sich gemäss Bundesrat bei der Verfassungsänderung des Kanton Wallis schwieriger: Der Staat wird darin einerseits zum Erlassen von Vorschriften zum Schutz vor Grossraubtieren und zur Bestandsregulierung sowie zum Verbot der Förderung des Grossraubtierbestands verpflichtet. Wie in der Botschaft ausgeführt wird, sei diese Verfassungsänderung nur bundesrechtskonform, wenn sich das Verbot der Bestandsförderung auf finanzielle Mittel beschränke, denn der Kanton wäre weiterhin zum Vollzug der vom Bund geförderten Massnahmen verpflichtet. Würden also jegliche Schutzmassnahmen verboten, stünde dies im Widerspruch zum Bundesgesetz, welches die Kantone zum Ergreifen von Massnahmen zur Verhinderung von Wildschaden verpflichte und so zumindest indirekt eine Bestandsförderung darstelle. Die geänderte Kantonsverfassung sei allerdings im Sinne des Günstigkeitsprinzips zu gewährleisten, da dem Artikel mindestens in einer Weise «ein Sinn beigemessen werden [kann], der ihn nicht klarerweise als vor Bundesrecht unzulässig erscheinen lässt», schloss der Bundesrat mit dem expliziten Hinweis darauf, dass die künftige Anwendung der Bestimmungen im Einklang mit höheren Gesetzen erfolgen müsse.

Gewährleistung von Änderungen in den Kantonsverfassungen von Zürich, Glarus, Solothurn, Basel-Landschaft, Wallis und Genf (BRG 22.079)
Dossier: Gewährleistung kantonaler Verfassungen

Im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie und dem Krieg in der Ukraine kam es zu Schwierigkeiten in internationalen Lieferketten und in der Verfügbarkeit gewisser Güter und Energieträger. Im Jahr 2022 standen deshalb die wirtschaftliche Versorgungssicherheit sowie die wirtschaftliche Kriegsvorsorge vermehrt im Interesse der medialen Berichterstattung sowie im Fokus einiger parlamentarischer Vorstösse.
Zentral waren dabei die Pflichtlager, wie beispielsweise jenes für Treibstoffe: Während dieses über Jahrzehnte nie angezapft worden war, musste der Bundesrat im vergangenen Jahrzehnt mehrfach Reserven für den Markt freigeben (2010, 2015, 2018 und 2019). Zu den Hauptursachen für die Versorgungsengpässe auf dem freien Markt zählten vor allem der tiefe Rheinpegel in trockenen Sommern – welcher den Import über die Rheinschifffahrt erschwerte –, Streiks im Ausland und Probleme in Raffinerien. Auch im Sommer 2022 musste der Bundesrat das Pflichtlager teilweise freigeben – dazu beigetragen hat auch der Krieg in der Ukraine. Im März 2022 öffnete der Bundesrat zudem das Pflichtlager für Opioide. Dieser Schritt sei aufgrund einer «schweren Mangellage» an Schmerzmitteln auf dem Schweizer Markt notwendig geworden, die durch Kapazitätsprobleme in der Herstellung solcher Medikamente verursacht worden sei, erklärte der Bundesrat dazu. Neben der Freigabe von bestehenden Pflichtlagern wurden auch neue eingeführt: So kam 2022 ein Pflichtlager für Rapssaatgut neu dazu. Bereits 2020 führte der Bundesrat das Pflichtlager für Ethanol – das 2018 aufgelöst worden war – wieder ein (vgl. Mo. 20.3448), da es zu Beginn der Covid-19-Pandemie zu Versorgungsschwierigkeiten mit Ethanol für die Produktion von Desinfektionsmitteln gekommen war. Die Pflichtlager erstreckten sich im Jahr 2022 deshalb über Zucker, Reis, Speiseöle und -fette, Getreide, Kaffee, Futtermittel, Stickstoff-Dünger, Benzin, Dieselöl, Flugpetrol, Heizöl sowie Heizöl extra leicht (für Zweistoffanlagen), Uran-Brennelemente, Rapssaatgut, diverse Arzneimittel und Impfstoffe, Kunststoffe (Polyethylen-Granulate zur Herstellung von Desinfektionsmittelflaschen sowie Zusatzstoffe) und Ethanol. Wie die Aargauer Zeitung im Juni 2022 schrieb, erwiesen sich diese «Überbleibsel aus dem Kalten Krieg» plötzlich wieder als sinnvolle Massnahmen, um aktuellen Herausforderungen zu begegnen.
Auch organisatorisch erkannte der Bundesrat beim Thema der wirtschaftlichen Landesversorgung Handlungsbedarf: Im März 2022 kündigte er an, das dafür zuständige BWL personell aufstocken zu wollen. Insbesondere der Chefposten im Bundesamt soll dabei zu einer Vollzeitstelle ausgebaut werden – bisher war dieser Milizposten mit einem Pensum von 40 Prozent verbunden.
Die Frage der wirtschaftlichen Versorgungssicherheit beschäftigte auch die Mitte-Fraktion, welche bei essenziellen Gütern eine Reduktion der Abhängigkeit vom Ausland verlangte – eine Motion, die der Ständerat im Herbst 2022 als Zweitrat jedoch fallen liess. Im Sommer veröffentlichte der Bundesrat zudem einen Bericht zu einer angenommen Motion Häberli-Koller (mitte, TG; Mo. 20.3268), welche ebendiese wirtschaftlichen Abhängigkeiten bei essenziellen Gütern aufzeigte. Weiter wollte der Nationalrat auch die Situation der Versorgungssicherheit mit Metallen und seltenen Erden geklärt haben und überwies im Herbst 2022 ein entsprechendes Postulat Schneider-Schneiter (mitte, BL; Po. 20.3950) an den Bundesrat.
Des Weiteren trat das Thema der wirtschaftlichen Landesversorgung im Zusammenhang mit der drohenden Energieknappheit im Winter 2022/2023 in den Fokus der öffentlichen Debatte. Nebst den durch den Bund in Auftrag gegebenen Pflichtlagern standen auch die privaten Notvorräte im Fokus. So rief beispielsweise der Regierungsrat des Kantons Zürich im September 2022 die Bevölkerung dazu auf, einen Notvorrat anzulegen, um gegen die Energieknappheit gewappnet zu sein. Der Notvorrat solle dabei aus Wasser und Getränken, Lebensmitteln, Gebrauchsgütern, Hygieneartikeln sowie einer Hausapotheke bestehen. Auch das BLV habe in diesem Zusammenhang seine Informationstätigkeit verstärkt, berichtete die NZZ.
Die Diskussion weitete sich zuletzt auch auf den militärischen Bereich aus: Die vielen Bunkeranlagen in privaten sowie öffentlichen Gebäuden in der Schweiz gewannen im Jahr 2022 aufgrund des Kriegs in der Ukraine und der atomaren Drohungen seitens Russlands plötzlich wieder an medialem Interesse. Als einziger Kanton hat dabei Luzern die Zuteilung der Bevölkerung auf die Bunkeranlagen online veröffentlicht. Die Aargauer Zeitung berichtete zudem darüber, in welchen Kantonen genügend Schutzplätze und in welchen gemessen an der wohnhaften Bevölkerung zu wenig Schutzplätze vorhanden sind. Während etwa der Kanton Graubünden eine Abdeckung von 146 Prozent aufweise, könne der Kanton Genf nur 72 Prozent aller Einwohnerinnen und Einwohnern im Ernstfall einen Schutzplatz anbieten. Gesamtschweizerisch betrachtet bestehe allerdings eine Abdeckung von über 100 Prozent.

Gesellschaftliche Debatte um die wirtschaftliche Versorgungssicherheit im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg und Covid-19
Dossier: Wirtschaftliche Abhängigkeit verringern
Dossier: Covid-19-Krise und Ukrainekrieg: Anpassung der wirtschaftlichen Landesversorgung

Im Juni 2022 verabschiedete die RK-NR drei separate Entwürfe für die Umsetzung von insgesamt vier parlamentarischen Initiativen betreffend das Mietrecht zuhanden ihres Rates. Vorlage 1 (Untermiete) setzte eine Initiative Egloff (svp, ZH; Pa.Iv. 15.455) um. Vorlage 2 (Formvorschriften) setzte gleich zwei Initiativen um, nämlich eine Initiative Vogler (csp, OW; Pa.Iv. 16.458) und eine Initiative Feller (fdp, VD; Pa.Iv. 16.459).
Die dritte Vorlage zur Kündigung wegen Eigenbedarfs ging derweil auf eine Initiative von Giovanni Merlini (fdp, TI) zurück, welche eine Beschleunigung des Verfahrens bei der Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarf gefordert hatte. Der von der RK-NR ausgearbeitete Entwurf umfasste drei Änderungen im OR. Die erste Änderung sah vor, dass eine Kündigung vorgenommen werden kann, wenn die Vermieterschaft nach «objektiver Beurteilung bedeutenden und aktuellen Eigenbedarf für sich, nahe Verwandte oder Verschwägerte geltend macht». Bis dato musste ein «dringender Eigenbedarf» geltend gemacht werden. Dringlichkeit zu beweisen sei mit der aktuellen Rechtsprechung eine zu hohe Hürde, so die Mehrheit der Kommission. Die zweite Änderung übertrug die gleiche Formulierung auf die Regeln der Anfechtung von Kündigungen durch die Vermieterschaft. Die dritte Änderung strich die «Dringlichkeit» des Eigenbedarfs aus den Kriterien, nach welchen Behörden über eine von der Mieterschaft beantragte Erstreckung des Mietverhältnisses entscheidet. Hingegen umfasste der Entwurf keine Änderung der ZPO. Merlini hatte seinen Initiativtext diesbezüglich so formuliert, dass sein Anliegen mit einer Änderung von OR «und/oder» ZPO umgesetzt werden solle.

Die RK-NR hatte ihren Entwurf, zusammen mit den anderen beiden Vorlagen, im September 2021 in die Vernehmlassung geschickt. Bis zum Ablauf der Frist gingen 49 Stellungnahmen ein, wovon 16 positiv ausfielen. Die Hälfte der teilnehmenden Kantone (BE, BS, GR, OW, SO, VD), eine Mehrheit der Parteien (FDP, SP, Grüne) sowie eine Mehrheit der Verbände (unter anderem SGB, SSV, SMV und HEV) lehnten die Änderungen ab. Die ablehnenden Stellungnahmen wurden laut der Kommission unterschiedlich begründet. Eine Seite bemängelte eine Reduktion des Mieterschutzes, die andere Seite insbesondere das Fehlen beschleunigender Verfahrensregeln in der ZPO. Die RK-NR nahm die Vernehmlassungsantworten zur Kenntnis, beschloss jedoch in der Gesamtabstimmung mit 14 zu 9 Stimmen, den Entwurf ohne Änderungen dem Rat zu unterbreiten.

Mitte Oktober 2022 nahm der Bundesrat Stellung zum Entwurf. Er erachtete diesen als kritisch, da er die Stellung von Vermieterinnen und Vermietern auf Kosten von Mieterinnen und Mietern stärke. Das geltende Recht basiere aber auf einer im Rahmen einer grösseren Revision erfolgten Abwägung der Interessen von Vermietenden und Mietenden, weshalb der Bundesrat der Meinung war, dass nicht in dieses «diffizile Gleichgewicht eingegriffen werden sollte». Er sehe zudem keine Not, das Recht anzupassen, da dieses gut funktioniere, was etwa auch die hohen Einigungsquoten vor den Schlichtungsbehörden zeigten. Nicht zuletzt gelte es, auch die Vernehmlassungsantworten zu berücksichtigen. Die Polarisierung in der Vernehmlassung spreche gegen eine Anpassung der Regelungen zum Eigenbedarf.

Verfahrensbeschleunigung bei Kündigung des Mietverhältnisses wegen dringendem Eigenbedarf (Pa.Iv. 18.475)

Die NZZ setzte sich im Herbst 2022 in zwei grossen Beiträgen mit der Frage auseinander, ob der Föderalismus als Motor oder vielmehr als Bremsklotz für die Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung der Schweiz wirke. Das Fazit war gemischt: Einerseits seien für die Digitalisierung einheitliche oder jedenfalls miteinander kompatible («interoperable») Standards entscheidend, von Softwarelösungen bis zur Datenverwaltung. Die föderalistische Zersplitterung der Verwaltung erschwere eine solche Einheitlichkeit, weil viele Gemeinden und Kantone «an eigenen E-Government-Lösungen werkeln». Zudem sei in den vielen kleinen Verwaltungen nur begrenztes Know-how vorhanden. All dies verkompliziere, verteuere und verzögere die flächendeckende Einführung neuer Lösungen und Standards, so beispielsweise beim Vorhaben eines Elektronischen Patientendossiers. Auch aufgrund des Föderalismus sei die Zahl von Akteurinnen und Akteuren, die in der Schweizer Politik mitmischen, gross und dies mache politische Prozesse langsamer als etwa in zentralistischen Staaten. Der Preis, den die Schweiz für diese Langsamkeit zahlt, habe sich mit der Digitalisierung womöglich erhöht, weil dadurch neue Möglichkeiten lange ungenutzt blieben und Abläufe verteuert würden.
Andererseits könne der Föderalismus Innovation und Agilität aber auch fördern: Die «positive Kehrseite des Flickenteppichs» sei, dass Kantone und Gemeinden mit neuen Lösungen experimentieren können. Dieses föderale Labor sorge dafür, dass sich der Schaden in Grenzen hält, wenn ein Vorhaben an einem Ort scheitert; bewährt es sich hingegen, kann es andernorts nachgeahmt werden. Der Open-Government-Data-Zuständige des Kantons Zürich wies zudem darauf hin, dass Zentralisierung zu Schwerfälligkeit und Überlastung führen könne, wenn etwa eine einzige landesweite Stelle dafür zuständig wäre, Daten zu erheben, zu bereinigen, zu veröffentlichen und dann auch noch alle Fragen dazu zu beantworten. So sei es dem Kanton Zürich in der Covid-19-Pandemie gerade deshalb vor dem Bund gelungen, eine Lösung für die Vergleichbarmachung und Veröffentlichung landesweiter, tagesaktueller Statistiken aufzubauen, weil er im Gegensatz zum Bund nicht für alles zuständig war und sich auf dieses Vorhaben fokussieren konnte, in dem er ein öffentliches Bedürfnis erkannt hatte. Der Föderalismus sei also gerade wegen der Dezentralität der Verwaltung eine grosse Chance für die Digitalisierung und eine Verschiebung von Kompetenzen zum Bund nicht angezeigt.
Entscheidend für die Nutzung dieses Potenzials des Föderalismus bei der Digitalisierung sei indessen eine verstärkte Koordination zwischen und innerhalb der drei Staatsebenen, um die Interoperabilität zu gewährleisten. Beide NZZ-Beiträge konstatierten, bisher sei diese Vernetzung in der Schweiz zu kurz gekommen; Hoffnung gäben jedoch die 2022 neugegründete, staatsebenenübergreifende Organisation «Digitale Verwaltung Schweiz» und das im Parlament hängige Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (Embag), welche eine bessere Koordination und die Einigung auf gemeinsame Standards begünstigen sollen, ohne die Autonomie von Kantonen und Gemeinden zu verletzen.

Föderalismus als Treiber oder Bremsklotz für die Digitalisierung

En septembre 2022 s'est tenu à Lucerne le «Global Forum on Modern Direct Democracy». D'envergure internationale, cet événement a réuni durant cinq jours des centaines de participantes et participants, qui ont pu prendre part à divers workshops et séminaires pour échanger sur la participation citoyenne, la protection du climat, le droit de vote à 16 ans, ou encore l'impact des algorithmes sur le fonctionnement de la démocratie. Pour sa dixième édition, le forum a mis l'accent sur le renforcement de la démocratie face à la pression des déviances autoritaires dans de nombreux pays. Les organisateurs et organisatrices ont relevé que, même en Suisse, certains processus démocratiques ont été mis à mal durant la pandémie. Organisé par la «Schweizer Demokratie Stiftung», le forum a débouché sur une déclaration, la «Luzerner Erklärung zur modernen Demokratie». Elle servira de contribution lors du sommet global sur la démocratie 2023, qui se tiendra à Washington sur l'invitation du président américain Joe Biden.

Forum de la démocratie à Lucerne

La Société coopérative nationale pour l'entreposage de déchets radioactifs (Nagra) a sélectionné le site des Lägern, à cheval entre le canton d'Argovie et de Zürich, pour entreposer les déchets nucléaires suisses. Ces déchets seront enterrés à une profondeur de 800 mètres, avec l'objectif de protéger la population helvétique de la radioactivité. Selon la Nagra, cette décision est le fruit de plusieurs décennies de recherches, notamment géologiques. Dans les faits, le site des Lägern garantit des conditions d'entreposage optimales grâce à une terre argileuse qui agit comme une barrière naturelle.
Si ces dépôts d'entreposage ne devraient pas être opérationnels avant 2050, les riverains des communes proches du site ont déversé leur consternation dans la presse helvétique. À l'identique, les cantons d'Argovie et de Zürich ont peu goûté à ce menu nucléaire. Les deux cantons ont déjà annoncés qu'ils engageraient leurs équipes d'experts géologiques pour vérifier minutieusement les raisons de cette décision.
Pour sa part, le Conseil fédéral a validé le rapport annuel des fonds de désaffectation et de gestion des déchets radioactifs de 2021. L'avoir total cumulé pour couvrir les frais induits par la gestion des déchets radioactifs se monte à CH 9.664 milliards. Les coûts totaux pour la mise en place du site d'entreposage ont été estimés à environ CHF 20 milliards.

Fonds de désaffectation et de gestion des déchets radioactifs
Dossier: Debatte um die Entsorgung radioaktiver Abfälle ab dem Jahr 2000