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Neben der mittlerweile traditionellen Bundesratsreise nutzt die Landesregierung mit der sogenannten Bundesratssitzung extra muros eine weitere Möglichkeit, sich mit der Bevölkerung zu treffen. 2019 zog es den Bundesrat hierfür nach Zürich, wo er sich mit dem Zürcher Regierungsrat und mit der Bevölkerung im Innenhof des Landesmuseums traf. Rund 150 Personen nutzten die Gelegenheit, sich mit den Magistratinnen und Magistraten zu treffen. «C’est là que nous rencontrons nos chefs et vérifions s’ils sont contents de nous», gab Bundespräsident Ueli Maurer in der Zeitung Le Temps zu Protokoll. Es gehöre wohl tatsächlich zu den Eigenarten und zu den Stärken der Schweizer Demokratie, dass die Landesregierung in corpore mit dem Zug in eine Stadt fahre, um dort ausserordentlich zu tagen und sich mit der Bevölkerung auszutauschen. Dies sei in keinem anderen Land ohne bewaffnete Sicherheitstruppen, Metalldetektoren oder Gepäckdurchleuchtung vorstellbar, befand etwa der Tags-Anzeiger.

Bundesratssitzungen ‚extra muros‘

Mitte Mai 2018 nahm die SPK-SR mit 11 zu 0 Stimmen bei einer Enthaltung einen Gesetzesentwurf an, der die Kündigung von Staatsverträgen regelt. Zwar seien wichtige Verträge bis heute nie gekündigt worden, es gelte aber – insbesondere vor dem Hintergrund von Volksinitiativen, die in jüngerer Vergangenheit in ihrer Umsetzung die Kündigung völkerrechtlicher Verträge forderten – die Regeln «vor dem Spiel» und nicht erst «während des Spiels» zu klären. Die Kommission stellte sich gegen die Haltung des Bundesrates, dass dieser alleine zuständig sei für die Kündigung von internationalen Abkommen. Vielmehr sei die Kündigung gleich zu regeln wie der Abschluss von völkerrechtlichen Verträgen: Die Bundesversammlung sei es, die Abschlüsse für wichtige, rechtsetzende Verträge genehmige, also müsse es auch das Parlament sein, das solche Verträge auflösen könne. Mitberücksichtigt werden müsste dabei auch das Referendumsrecht: Auch hier müsse das Prinzip des «actus contrarius», also ein Parallelismus der Zuständigkeiten, angewendet werden. Kündigungen von wichtigen Verträgen seien dem Referendum zu unterstellen.
Auf die Vernehmlassung des Gesetzesentwurfs gingen 36 Stellungnahmen ein. Zwei Drittel (die 15 Kantone BE, SZ, NW, ZG, SO, BS, BL, SH, AR, AI, SG, GR, AG, TI, NE; die fünf Parteien BDP, CVP, FDP, GLP, SP sowie der Städteverband, der Gewerbeverband, der Centre Patronal und die Gesellschaft für Aussenpolitik) sahen nicht nur Handlungsbedarf in der Frage zur Klärung der Zuständigkeit für die Kündigung völkerrechtlicher Verträge, sondern beurteilten den Vorentwurf der SPK-SR auch positiv. Die Kantone Thurgau und Glarus sowie die SVP sprachen sich gegen den Vorschlag aus. Die restlichen Kantone (OW, ZH, LU, FR, VD, VS und GE) und Verbände (Gemeindeverband, economiesuisse) nahmen entweder keine Stellung oder enthielten sich, weil sie mitunter die Notwendigkeit einer Gesetzesänderung nicht sahen (z.B. economiesuisse). Die Gegner der Vorlage befürchteten eine Verkomplizierung des Verfahrens und eine Relativierung der Kompetenzen der Regierung. Die SVP lehnte die Vorschläge ab, weil sie faktisch darauf hinausliefen, die direktdemokratische Mitbestimmung einzuschränken; zwar nicht beim Abschluss aber bei Neuaushandlung oder Kündigung von Staatsverträgen.

Kündigung von Staatsverträgen

Zum dritten Mal in der Frühlingssession 2018 hatte der Nationalrat einer Vereidigung beizuwohnen. Fabian Molina (sp, ZH) rückte für Tim Guldimann (sp, ZH) nach. Der ehemalige Botschafter in Berlin trat nach nur zweieinhalb Jahren im Rat zurück. Er war als Auslandschweizer – er selber hatte sich bei den eidgenössischen Wahlen 2015 als «Internationalrat» beworben – gewählt worden und wohnte noch immer in Berlin. Für die Ratsgeschäfte reiste er jeweils nach Bern. Einen Umzug in die Schweiz hatte er nie in Erwägung gezogen, weil ein Auslandschweizer im Ausland zu wohnen habe. Trotzdem fügte Guldimann die Entfernung als Grund für seinen Rücktritt an, den er im Februar 2018 angekündigt hatte: Politik brauche persönlichen Kontakt, um die Bedürfnisse der Menschen zu spüren. In Berlin lebe er in einer anderen politischen Realität. Aus familiären Gründen könne er aber nicht nach Zürich ziehen, was für ein befriedigenderes Politisieren nötig wäre. Seine Frau habe auf vieles verzichtet, während er Diplomat gewesen sei, jetzt sei er an der Reihe und wolle für seine beiden Töchter da sein.
Der 27-jährige Molina, der von 2014 bis 2018 die Juso präsidiert hatte und 2017 in den Zürcher Kantonsrat nachgerückt war, legte sein Gelübde zum letztmöglichen Termin in der Frühjahrssession ab. Diesem Termin war ein eigentliches Seilziehen vorausgegangen, weil Guldimann seinen Rücktritt auf den 16. März eingereicht hatte, was eine Aufnahme Molinas ins Parlament noch während der Session im Frühling eigentlich verhindert hätte. Erst nachdem Guldimann seinen Rücktrittstermin auf den 14. März korrigiert hatte, wurde die Vereidigung möglich. Allerdings mussten die Formalitäten – unter anderem braucht es jeweils eine Bestätigung des Regierungsrates des Kantons, aus dem ein neues Mitglied stammt – innerhalb von wenigen Tagen erledigt werden. Dies gelang und Molina sorgte folglich dafür, dass das Mandat der SP ununterbrochen wahrgenommen werden konnte. Molina trat per Mai 2018 aus dem Kantonsrat zurück.

Mutationen 2018
Dossier: Mutationen im nationalen Parlament

Ranglisten haben etwas Eingängiges: Mit ihrer Hilfe lassen sich vermeintliche Unterschiede fest- und darstellen. So versuchen öfters auch die Medien Parlamentarierinnen und Parlamentarier einzuordnen und zu vergleichen. 2017 präsentierte die Sonntagszeitung ein Parlamentarierrating, mit welchem der Einfluss aller Parlamentsmitglieder gemessen werden sollte, und die NZZ wartete mit ihrem jährlichen Links-Rechts-Rating auf.
Der Einfluss wurde in der Sonntagszeitung anhand der Kommissionszugehörigkeit, der in den Räten vorgebrachten Voten, der Anzahl erfolgreicher politischer Vorstösse, der Ämter im Rat und in der Partei, der Medienpräsenz und dem ausserparlamentarischen Beziehungsnetz gemessen. Zwar wies die Zeitung nicht aus, wie sie diese Elemente miteinander verknüpfte und gewichtete, die Rangliste diente ihr aber als Grundlage für immerhin drei ganze Zeitungsseiten. Laut den Berechnungen war SP-Parteipräsident Christian Levrat (FR) in den Jahren 2015–2017 der einflussreichste Parlamentarier, gefolgt von Pirmin Bischof (svp, SO) und Gerhard Pfister (cvp, ZG). Die «Flop 15» – so die Sonntagszeitung – wurden angeführt von Géraldine Marchand-Balet (cvp, VS), Hermann Hess (fdp, TG) und David Zuberbühler (svp, AR). Die Rangierungen verleiteten die Zeitung zu weiteren Analysen: So sei der Einfluss der SVP und der FDP, gemessen am Anteil Fraktionsangehöriger unter den Top 50, verglichen mit dem Rating 2014 gestiegen und der Einfluss des Kantons Zürich gesunken. Mit einem Vergleich der Rangliste hinsichtlich Medienpräsenz und dem Gesamtrang konnte die Zeitung zudem «die grössten Blender» ausmachen. Zwar häufig in den Medien, aber sonst nur wenig einflussreich waren laut dieser Berechnung etwa Tim Guldimann (sp, ZH), Andreas Glarner (svp, AG) oder Benoît Genecand (fdp, GE). Einzelne Regionalzeitungen diskutierten in der Folge «ihre» kantonalen Vertreterinnen und Vertreter. Solche Ratings seien nicht entscheidend, aber es fühle sich immer gut an, wenn man vorne sei, beurteilte Christian Levrat die Auswertung.

Wichtigste Erkenntnis der von der NZZ präsentierten Links-Rechts-Positionierung, die seit 1999 jährlich auf der Basis von in den Räten durchgeführten Abstimmungen von der Forschungsstelle Sotomo durchgeführt wird – auch in der NZZ wurde die Methode zur Messung von Links und Rechts lediglich sehr kryptisch mit den Begriffen «D-Nominate» und «Alpha-Nominate» angedeutet und dem Hinweis versehen, dass diese Methode für den amerikanischen Kongress entwickelt worden seien und die ideologische Position der Abgeordneten messe –, war die zunehmende Fraktionsdisziplin. Der Druck, auf Fraktionslinie zu stimmen, habe dazu geführt, dass es kaum noch Überlappungen in der ideologischen Positionierung zwischen den einzelnen Parteien gebe. Vor allem die CVP – sie variiert auf der Gesamtskala von -10 (links) bis +10 (rechts) zwischen 0.2 (Gerhard Pfister) und -1.7 (Barbara Schmid-Federer, ZH) – sei wesentlich geschlossener als früher, als sie noch Fraktionsmitglieder gehabt habe, die sich am rechten Rand bei der Position von (linken) FDP- und SVP-Mitgliedern befunden und am linken Rand die «rechten Ausläufer der SP» berührt hätten. Die FDP-Mitglieder, die Positionen zwischen 0.3 (Christa Markwalder, BE) und 2.4 (Bruno Pezzatti, ZG) einnahmen, sowie die SVP-Mitglieder (Jean-Pierre Grin, VD: 6.1 bis Erich Hess, BE: 10.0) lagen ziemlich weit auseinander. Der Median des gesamten Nationalrats verlief genau zwischen der CVP und der FDP. Auf der Ratslinken gab es mehr ideologische Gemeinsamkeiten: Zwar war die SP insgesamt etwas linker als die Grünen – die Werte variierten bei den Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten zwischen -8.2 (Chantal Galladé, ZH) und -9.9 (Silvia Schenker, BS) und bei den Grünen zwischen -9.4 (Lisa Mazzone, GE) und -7.8 (Bastien Girod, ZH) –, aber die Durchmischung war wesentlich stärker als im Block der Bürgerlichen. Die grösste Geschlossenheit wies die GLP auf, bei der sich Kathrin Bertschy (BE) und Tiana Angelina Moser (ZH) mit einem Wert von -3.0 ideologisch nur marginal von Martin Bäumle (ZH, -2.7) entfernt positionierten. Die BDP wies mehr Varianz auf: Sowohl Rosmarie Quadranti (ZH, -1.6) als auch Hans Grunder (BE, -0.2) fanden sich ideologisch leicht links der Mitte. Interessant war, dass sich die Kleinstparteien am Rand ihrer Fraktionen ansiedelten. Sowohl die Lega und das MCG bei der SVP-Fraktion, als auch die EVP bei der CVP-Fraktion wiesen im Rating ideologische Differenzen zu ihrer Fraktion auf.
Im Ständerat waren zwar die verschiedenen Parteien ebenfalls voneinander getrennt, es kam aber zwischen CVP und FDP zu Überlappungen und die Gesamtvarianz der Positionen in der kleinen Kammer war geringer. Sie reichte von Liliane Maury Pasquier (sp, GE; -8.3) bis Peter Föhn (svp, SZ; 9.8), wobei sich Letzterer am rechten Rand ziemlich alleine auf weiter Flur befand, gefolgt von Werner Hösli (svp, GL; 7.6). Bei der FDP gesellten sich Fabio Abate (TI, -0.2) und vor allem Raphaël Comte (NE; -1.6) zum Lager der CVP, das von -2.4 (Anne Seydoux-Christe, JU) bis 0 (Isidor Baumann, UR) reichte. Am rechten Rand der FDP politisierte Philipp Müller (AG, 3.4) und lag damit nahe bei Thomas Minder (SH, 4.8), der als Parteiloser der SVP-Fraktion angehört. Von der SP sassen mit Pascale Bruderer (AG, -5.2) , Claude Janiak (BL, -5.5), Hans Stöckli (BE, -5.6) und Daniel Jositsch (ZH, -5.6) vier im Vergleich zum Nationalrat ziemlich gemässigte Genossinnen und Genossen in der kleinen Kammer.

Nationalratsrating

Seit 1957 macht sich der Bundesrat am Tag nach der letzten ordentlichen Sitzung vor den Sommerferien auf zu einem zweitägigen Wanderausflug. Die Bundesratsreise 2017 hatte also sozusagen 60-jähriges Jubiläum. Zwar hatte die Exekutive auch schon vor 1957 gemeinsame Reisen unternommen, allerdings waren das eher Inspektionen von wichtigen Bauwerken als eigentliche „Schulreisli”, wie die Ausflüge auch etwas despektierlich genannt werden. Seit 1961 führt der Ausflug jeweils in den Heimatkanton der amtierenden Bundespräsidentin oder des amtierenden Bundespräsidenten, der oder die jeweils von den sechs Kolleginnen und Kollegen, dem Kanzler bzw. der Kanzlerin sowie den beiden Vizekanzlern bzw. Vizekanzlerinnen begleitet wird.
Entsprechend führte die Reise 2017 zunächst in den Kanton Aargau, einen der beiden Heimatkantone von Bundespräsidentin Leuthard. Am ersten Tag setzten sich die Exekutivmitglieder im Rahmen von Besuchen an der Fachhochschule Nordwestschweiz und dem Hightech-Zentrum in Brugg mit Fragen zur Bildung auseinander. Nach dem Besuch einer Hutfabrik traf sich das Kollegium in Lenzburg mit der Bevölkerung zu einem Apéro. Nach einer kurzen Übernachtung am Hallwilersee führte die Reise die Gruppe in den Kanton Obwalden – Sarnen ist neben Merenschwand (AG) der zweite Heimatort von Bundespräsidentin Leuthard. Erste Station war Emmenbrücke (LU), wo der Bundesrat die nationale Verkehrsmanagementzentrale besuchte. Mit einem Katamaran ging die Reise von Luzern nach Alpnach (OW) weiter. Den Abschluss bildete eine Wanderung nach Sarnen, wo noch einmal ein Treffen mit der Bevölkerung anstand.

Bundesratsreise

Nachdem sich das Konsortium aus neun Kantonen (ZH, GL, FR, SO, SH, SG, GR, AG, TG) 2015 aufgrund des Entscheides des Bundesrats, dass das verwendete System nicht sicher sei, aufgelöst hatte, bestanden 2016 auf dem E-Voting-Markt noch zwei Systeme. Dem «Genfer System (CHvote)» gehörten neben dem Kanton Genf auch die Kantone Basel-Stadt, Bern und Luzern an. Dem 2015 neu von der Post angebotenen System hatte sich der Kanton Neuenburg angeschlossen. Beide Systeme ermöglichten die individuelle Nachprüfung der korrekt abgegebenen Stimmen. Angestrebt wird von beiden Systemen allerdings eine universelle Verifizierbarkeit: Ein Kanton muss überprüfen können, ob das Wahlresultat stimmt.

Die beiden Anbieter buhlten aktiv um die Konsortiums-Kantone, von denen nicht wenige ihre Experimente mit dem elektronischen Abstimmen weiterführen und ihren Auslandschweizerinnen und -schweizern weiterhin die Möglichkeit von E-Voting bieten wollten. Anfang 2016 entschied sich der Kanton Freiburg für das System der Post. Im Oktober gaben der Kanton St. Gallen und im November der Kanton Aargau dem Genfer System den Zuschlag. Die Kantone Basel-Stadt, Solothurn und Zürich holten 2016 verschiedene Offerten ein.

Die Auflösung des Konsortiums hatte der Entwicklung von E-Voting einen ziemlichen Dämpfer versetzt. Der Bundesrat selber korrigierte sein ursprüngliches Ziel, bis 2015 E-Voting für alle Auslandschweizerinnen und -schweizer einzuführen. Als Antwort auf eine Motion Lombardi (cvp, TI) erwähnte die Regierung, dass wohl sogar eine Umsetzung für 2019 schwierig werden dürfte – ein Datum, das von der ASO, der Auslandschweizer-Organisation, mit einiger Vehemenz gefordert worden war.

Noch keine Versuche mit E-Voting – der Föderalismus lässt grüssen – hatten die restlichen 12 Kantone gestartet. In sieben Kantonen (darunter Basel-Landschaft, Schwyz, Obwalden, Nidwalden und Uri) bestanden immerhin die Rechtsgrundlagen für eine mögliche Einführung von E-Voting. Im Kanton Waadt beschloss das Parlament einstimmig, den Termin für erste Tests nach hinten zu verschieben. In den restlichen fünf Kantonen, darunter Appenzell Ausserrhoden und Zug waren noch nicht einmal rechtliche Grundlagen für elektronisches Wählen und Abstimmen eingeführt worden. Allerdings forderte der Kanton Zug vom Bund verbindliche Grundlagen, bevor man Geld in die Hand nehme.

In der Tat war die Landesregierung daran, mit einer Roadmap das Projekt E-Voting neu aufzugleisen. In einer Umfrage wurden die Kantone nach ihren entsprechenden Bedürfnissen gefragt. Ziel des Bundes war es, dass bis Ende 2019 in zwei Dritteln der Kantone E-Voting eingeführt ist.
Die Bundeskanzlei bewilligte zudem die Gesuche der Kantone Bern, Luzern, Basel-Stadt, Neuenburg, Freiburg und Genf für E-Voting für Auslandschweizerinnen und -schweizer bei Abstimmungen (rund 57'000 Stimmberechtigte). Die Kantone Genf und Neuenburg durften zudem für 30 Prozent der kantonalen Stimmbevölkerung Abstimmen per Internet einrichten (ca. 97'000 Stimmberechtigte). Die Bundeskanzlei wird bei jeder Abstimmung die Systeme auf ihre Sicherheit hin überprüfen.

«Vote électronique» – Kritik und gesellschaftliche Debatte von 2015 bis 2022
Dossier: Vote électronique

Die Diskussionen um die Vor- und Nachteile von E-Voting hielten auch im Jahr 2015 an. Die kritischen Stimmen wurden dabei immer lauter: Insbesondere die Frage der Sicherheit wurde virulent debattiert. Eigentlich sei es unwichtig, ob zu erwartende Hackerangriffe erfolgreich seien oder nicht, das Vertrauen ins Wahlsystem und letztlich in die Demokratie würden so oder so Schaden nehmen, hiess es von dieser Seite. Von den Befürwortenden wurde hingegen hervorgehoben, dass E-Voting die politische Beteiligung wenn nicht erhöhen, so doch wenigstens halten könne. Insbesondere für die Auslandschweizerinnen und -schweizer sei elektronisches Abstimmen und Wählen teilweise die einzige Möglichkeit, rechtzeitig an die Unterlagen gelangen und teilnehmen zu können. So zeigten Studien aus den Kantonen Genf und Neuenburg, die nicht nur Auslandschweizerinnen und -schweizern das elektronische Abstimmen erlauben, sondern auch einem Teil der ansässigen Bevölkerung, dass das Instrument die Beteiligung nicht erhöht, aber vor allem im Ausland recht rege benutzt wird. E-Voting sei vor allem als Substitut der brieflichen Abstimmung zu betrachten und erschliesse kaum neue Abstimmende, so das Fazit dieser Analysen. Es sei klar, dass Sicherheit und Zuverlässigkeit an erster Stelle stehen müssten, erklärten die Befürwortenden, man könne aber die technische Entwicklung nicht aufhalten – null Risiko gebe es nirgends. Auch für den Bundesrat stand die Sicherheit im Zentrum – er forderte nach wie vor «Sicherheit vor Tempo». Auch wenn das Fernziel wahrscheinlich einst flächendeckendes E-Voting sein dürfte, wurde in den Testkantonen bisher lediglich ein maximaler Anteil von 10 Prozent der Stimmberechtigten für E-Voting zugelassen.

Derweil wurden die Experimente mit dem elektronischen Abstimmen in den Testkantonen fortgeführt. Bisher hatten 13 Kantone erste Versuche mit E-Voting durchgeführt (ZH, GL, FR, SO, SH, SG, GR, AG, TG, GE, LU, BS, NE). Im Kanton Zürich lehnte das Parlament einen Vorstoss der SVP ab, der einen Übungsabbruch verlangt hätte. Der Kanton Bern stellte die Umsetzung im Berichtsjahr wieder zurück. In Genf beantragte die Regierung, den Quellcode des eigenen Systems im Internet zu publizieren, um die Transparenz zu erhöhen und Dritten die Möglichkeit zu geben, das System auf seine Sicherheit zu überprüfen.

In technischer Hinsicht bestanden schweizweit drei verschiedene Systeme, die sich konkurrierten. Das so genannte «Genfer System (CHvote)», das vom Kanton selber entwickelt worden war, nutzen neben dem Kanton Genf auch die Kantone Basel-Stadt und Luzern – und bis zum abschlägigen Entscheid auch Bern. Die spanische Firma Scytl war in Neuenburg für die Umsetzung von E-Voting zuständig und ein so genanntes Konsortium aus neun Kantonen (ZH, GL, FR, SO, SH, SG, GR, AG, TG) bezog die Technik von der Schweizer Tochter des US-Konzerns Unisys. Die Abhängigkeit von ausländischen Firmen geriet allerdings zunehmend in die Kritik, da das Risiko von Spionage gross sei. Als dann die Schweizerische Post auf dem E-Voting-Markt auftrat, wechselte der Kanton Neuenburg zu dieser neuen Plattform. Allerdings arbeitete die Post eng mit dem spanischen Unternehmen Scytl zusammen, das zwar im E-Voting-Bereich weltweit führend ist, aber laut der Zeitung Schweiz am Sonntag auch das US-Verteidigungsministerium zu seinen Kunden zähle.

Im Wahljahr 2015 beantragten die E-Voting-Kantone, zum ersten Mal nicht nur Abstimmungen, sondern auch Wahlen mittels E-Voting durchzuführen. 2011 war dies erst für Auslandschweizerinnen und -schweizer aus vier Kantonen möglich gewesen. 2015 sollten nun im Ausland wohnende Schweizerinnen und Schweizer aus den 13 dies beantragenden Kantonen in den Genuss von E-Voting bei Wahlen kommen (AG, BS, FR, GE, GL, GR, LU, NE, SO, SG, SH, TG, ZH). Im Sommer entschied der Bundesrat allerdings, das Gesuch der neun Kantone des Konsortiums nicht zu bewilligen, weil das System eine Lücke beim Stimmgeheimnis aufweise. Offenbar bestand eine Möglichkeit, vom System gelöschte Daten später wiederherzustellen. Der Entscheid des Bundesrates wurde als «schwerer Rückschlag» kommentiert (NZZ). Die betroffenen Kantone kritisierten ihn harsch und der Interessenverband der Auslandschweizerinnen und -schweizer (ASO) zeigte sich «bestürzt». Die Kritiker hingegen sahen sich bestätigt: Die Junge SVP überlegte sich die Lancierung einer Volksinitiative, mit der der sofortige Übungsabbruch verlangt würde.
Den restlichen vier Kantonen (NE, GE, BS, LU) gab die Regierung freilich grünes Licht. Damit konnten die rund 34'000 im Ausland wohnenden und aus diesen vier Kantonen stammenden sowie 96'000 in den Kantonen Neuenburg und Genf domizilierte Wahlberechtigte per Internet wählen, wovon dann letztlich allerdings lediglich rund 13'000 Bürgerinnen und Bürger Gebrauch machten.

Nachdem der Bundesrat dem Konsortium mit seinem Entscheid praktisch den Todesstoss verpasst hatte, buhlten das Genfer System und das neue System der Post um die neun Kantone, die dem Konsortium angehört hatten. In der Tat hatte dieses Ende September beschlossen, nicht mehr in das System zu investieren und sich entsprechend aufzulösen. Die Zukunft des E-Voting schien damit unsicher und das erklärte Fernziel einer flächendeckenden Möglichkeit für elektronisches Abstimmen und Wählen war in weite Ferne gerückt.

«Vote électronique» – Kritik und gesellschaftliche Debatte von 2015 bis 2022
Dossier: Vote électronique

Trotz zunehmender Kritik aus dem Parlament hiess der Bundesrat die Gesuche von zwölf Kantonen gut, E-Voting während zwei Jahren weiter testen zu dürfen. Während in den Kantonen Genf und Neuenburg der elektronische Partizipationskanal einem Teil der kantonalen Bevölkerung auf Anfrage offen steht (maximal 71‘000 in Genf und maximal 21‘000 in Neuenburg), können in den Kantonen Aargau, Basel-Stadt, Bern, Freiburg, Graubünden, Luzern, Schaffhausen, Solothurn, St. Gallen und Thurgau lediglich die Auslandschweizerinnen und -schweizer mit E-Voting ihr Stimm- und Wahlrecht wahrnehmen. Insgesamt können mit den neuen Grundbewilligungen für E-Voting total rund 3.3 Prozent der Wahlberechtigten elektronisch abstimmen. Die Obergrenze, welche der Bundesrat festlegt, läge bei 10 Prozent der gesamtschweizerischen und 30 Prozent der kantonalen Stimmbevölkerung. In der Regel nehmen rund 50 Prozent der teilnehmenden Berechtigten das elektronische Angebot wahr. Bei den Abstimmungen im September verzeichnete der Kanton Aargau eine hohe Nutzung des elektronischen Kanals: 65 Prozent der Auslandschweizer, die sich beteiligten, taten dies via E-Voting. Ab 2015 werden auch die Kantone Zürich und Glarus für ihre Auslandschweizerinnen und -schweizer E-Voting einrichten. Ab 2016 dürfen neben den Pionierkantonen Genf und Neuenburg neu auch Aargau, Graubünden, St. Gallen, Solothurn und Thurgau elektronische Partizipationseinrichtungen für Inländer erstellen.

Bundesrat erteilt Grundbewilligungen für E-Voting
Dossier: Vote électronique

Eine Studie der Universität Genf und der ETH Zürich untersuchte für die Kantonsratswahlen in Genf und Zürich die Auswirkungen von Familiennamen auf die Wahlchancen von Kandidierenden. Ausgangslage der Studie war die Annahme, dass sich Wählende bei mangelnder Information an einfachen Angaben wie Bisherigenstatus, Geschlecht, Beruf oder eben Namen orientieren. Die interessierende Frage war, ob ausländisch klingende Nachnamen häufiger gestrichen und seltener kumuliert oder panaschiert werden. Der Anteil an Kandidierenden mit nichtschweizerischen Namen lag im Kanton Zürich bei fünf und im Kanton Genf bei zwölf Prozent. Die Studie zeigte auf, dass in der Tat ein Malus beobachtet werden kann: im Kanton Zürich werden in erster Linie Namen aus dem ex-jugoslawischen Raum, aber auch türkische Namen gestrichen, während im Kanton Genf hauptsächlich Personen mit nordafrikanischen Wurzeln eine signifikant und systematisch geringere Chance haben, gewählt zu werden als Personen mit einem traditionellen Schweizer Familiennamen.

Auswirkungen von Familiennamen auf die Wahlchancen

Aufgrund der aktuellen Bevölkerungsentwicklung wird es für die Nationalratswahlen 2015 zu einer Verschiebung der Sitzzahlen pro Kanton für den Nationalrat kommen. Die Kantone Bern (ab 2015 noch 25 Sitze), Solothurn (noch 6 Sitze) und Neuenburg (noch 4 Sitze) müssen je einen Sitz abgeben, während die Kantone Zürich (neu 35 Sitze), Aargau (neu 16 Sitze) und Wallis (neu 8 Sitze) ihre Sitzzahl entsprechend um je einen Sitz aufstocken können. In Zukunft soll die Zuteilung alle vier Jahre neu berechnet werden. In der Presse wurde vermutet, dass jene Kantone von zusätzlichen Sitzen profitieren, in denen die Zuwanderung aufgrund der Personenfreizügigkeit gross ist. Eine Motion der SVP-Fraktion, welche die Berechnung der Sitzzahlen auf der Basis der Schweizer Bevölkerung sowie der Ausländer mit C- oder B-Ausweis statt der Berechnung auf Basis der gesamten Wohnbevölkerung verlangt hatte, wurde im Nationalrat im Berichtjahr abgelehnt.

Sitzzahlen pro Kanton
Dossier: Anzahl Nationalratssitze pro Kanton

Im Schnitt hatten bei den nationalen Parlamentswahlen im Herbst 2011 rund 1,3% der Stimmenden oder 33'191 Personen ungültig gewählt. Auffallend waren dabei die kantonalen Unterschiede: während der Anteil ungültig Stimmender im Kanton Schwyz 3,9% betrug, lag er im Kanton Zürich, wo die Falschstimmen allerdings anders gezählt werden als im Rest der Schweiz, bei 0,1%. Stossend sind insbesondere die unterschiedlichen kantonalen Regelungen für die nationalen Wahlen. Die Bundesgesetzgebung, die fünf Ungültigkeitsgründe kennt (kein Name eines Kandidaten des entsprechenden Wahlkreises, nicht amtliche Stimmzettel, anders als handschriftlich ausgefüllte bzw. geänderte Stimmzettel, Stimmzettel mit ehrverletzenden Äusserungen oder offensichtlichen Kennzeichnungen) wird von zahlreichen Kantonsklauseln föderal sehr unterschiedlich ergänzt. Lediglich die Hälfte der Stände folgte dem Aufruf des Bundes für eine Auswertung dieser Unterschiede. Der Bericht des Bundesrates zu diesen Unterschieden wurde in der Folge unter Verschluss gehalten.

Ungültige Stimmen bei den Parlamentswahlen 2011

Das Angebot an Möglichkeiten für die elektronische Stimmabgabe (E-Voting) wurde im Berichtsjahr erneut langsam erweitert. Anlässlich der Volksabstimmung vom 13. Februar 2011 hatten rund 177'500 Stimmbürgerinnen und Stimmbürger die Möglichkeit, elektronisch abzustimmen, darunter alle stimmberechtigten Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer der Kantone LU, SO, BS, SH, SG, AG, TG. In den Kantonen ZH, FR, GR, NE und GE hatten neben den Auslandschweizern auch Stimmberechtigte ausgewählter Testgemeinden die Möglichkeit, ihre Stimme elektronisch abzugeben. Insgesamt hatte rund ein Siebtel der Stimmberechtigten, welche die Möglichkeit für E-Voting besassen, davon auch Gebrauch gemacht (25'600; 14.4%). Im Vergleich zum gesamten Elektorat entspricht dies etwa 0.5%.

Zum ersten Mal bewilligte der Bundesrat auch E-Voting bei nationalen Wahlen. Bei den Parlamentswahlen vom Herbst konnten die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer der Kantone AG, BS, GR und SG ihren Wahlentscheid elektronisch abgeben. Dieser neue Kanal wurde aber – wie bisher auch – lediglich für in sogenannten Wasenaar-Staaten und in EU-Staaten Wohnhaften geöffnet. Die total rund 22'000 Individuen entsprachen etwa 0.4% des gesamtschweizerischen Elektorates. Von E-Voting Gebrauch machten schliesslich 3'562 Personen, was als Erfolg gewertet wurde. Bei den Wahlen 2015 soll dem Grossteil der im Ausland wohnhaften Schweizerinnen und Schweizer die elektronische Wahlstimmenabgabe ermöglicht werden.

Um die geplanten, weiteren Umsetzungen von E-Voting zu begleiten und zu beraten, wurde im Sommer des Berichtjahres ein Steuerungsausschuss konstituiert, der aus vier Vertretern und Vertreterinnen des Bundes – darunter die Bundeskanzlerin Corina Casanova – und fünf Vertreterinnen und Vertretern der Kantone besteht. Der Ausschuss soll in Zukunft mindestens zwei Mal pro Jahr tagen und die Fortschritte der so genannten Roadmap (Strategische Planung Vote électronique) evaluieren. In einem Bericht zu E-Demokratie und E-Partizipation hatte die Bundeskanzlei den Einfluss des Internets auf die Volksrechte analysiert und mögliche Zukunftsszenarien entwickelt.

Der Jugendsession ging diese Entwicklung zu wenig rasch. Per Petition forderte sie eine flächendeckende Einführung der elektronischen Stimmabgabe zusammen mit einer Online-Hilfe. Zurzeit ist das Angebot auf Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer und in einigen Testgemeinden auf maximal 10% der Stimmberechtigten beschränkt. Das Begehren hatte in beiden Räten allerdings keine Chance. Die Risiken wurden von den staatspolitischen Kommissionen als noch zu hoch eingeschätzt. Die schrittweise, langsame Umsetzung sei deshalb zu bevorzugen.

E-Voting im Jahr 2011

Im Berichtsjahr setzten einige Kantone ihre Versuche bezüglich elektronischer Stimmabgabe fort: In den meisten Kantonen wurde E-Voting für Auslandschweizer angeboten (BS, FR, GE, LU, SG, SH, SO, ZH), wobei einige Kantone das Angebot auf ein paar ausgewählte Testgemeinden beschränkten. Die Kantone Genf und Neuenburg ermöglichten elektronisches Abstimmen auch ausgewählten Stimmberechtigten im Kanton. Im Kanton Genf wurde E-Voting in elf Versuchsgemeinden bewilligt. Im Kanton Neuenburg durfte elektronisch stimmen, wer sich vorgängig einschrieb, wobei für die Abstimmungen jeweils eine Maximalquote festgelegt wurde (12'000-16'000 Stimmberechtigte). Auch im Kanton Zürich wurde in zehn Gemeinden, einem Stadtkreis in Winterthur und zwei Kreisen der Stadt Zürich E-Voting bewilligt. Im Kanton Bern sollen ab 2012 alle Auslandberner in EU-Staaten und Ländern, die das Wassenaar-Abkommen unterzeichnet haben (Verpflichtung zum Stimmgeheimnis), die Möglichkeit für E-Voting erhalten. Der Kanton Bern will sich dabei auf die elektronische Plattform des Kantons Genf stützen.

Allerdings wurde im Berichtsjahr auch Kritik an E-Voting laut. So setzten sich etwa im Kanton Waadt einige Grossräte dafür ein, dass in ihrem Kanton jede Art von elektronischer Stimmabgabe verboten werden solle und der Kanton Zürich verbot E-Voting für gemeindeübergreifende Wahlen, da die Erwartungen nicht erfüllt worden seien. Eine erhöhte Stimmbeteiligung bei Jungen könne nicht festgestellt werden und der Aufwand und die Kosten seien hoch. Es wurde allerdings betont, dass es sich nicht um generelle Absagen handle. Auf eine Interpellation Recordon (gp, VD), die auf die Gefahren des E-Voting hinwies, antwortete der Bundesrat, dass ein behutsamer Ausbau in Etappen vorgesehen sei, der aber den technikbedingten Missbrauchsgefahren immer Rechnung tragen wolle. Momentan befinde man sich in der ersten Etappe, in welcher die elektronische Stimmabgabe für einen kleinen Teil der Stimmberechtigten möglich sei. Nächstes Ziel sei es, Auslandschweizern und Behinderten E-Voting zu ermöglichen, das erstens den langsamen postalischen Weg ersetze und zweitens behinderten Personen eine Stimmabgabe ohne Hilfe Dritter ermögliche. Neben den technischen Massnahmen achte der Bundesrat auch darauf, dass nie mehr als 10% der eidgenössischen Stimmberechtigten elektronisch abstimmen könnten und dass bei Vorlagen, die das Ständemehr verlangten, in keinem Kanton mehr als 20% der Berechtigten ihre Stimme elektronisch einreichen dürften.

E-Voting im Jahr 2010 / Gefahren des E-Votings

In der gleichen Botschaft, in welcher er die allgemeine Volksinitiative vorgelegt hatte (06.053), beantragte der Bundesrat auch einige Anpassungen des Gesetzes über die politischen Rechte und des Gesetzes über die politischen Rechte der Auslandschweizer, welche mit der allgemeinen Volksinitiative nichts zu tun haben. Es ging dabei insbesondere um eine Präzisierung des Begriffs «Stellvertretung» und um die rechtliche Absicherung der Weiterentwicklung des Vote électronique nach dem Abschluss der ersten Pilotphase. Die drei bisher an Versuchen mit der elektronischen Stimmabgabe beteiligten Kantone Genf, Neuenburg und Zürich sollen in Zukunft generell eine befristete Bewilligung erhalten und diese nicht mehr für jede eidgenössische Abstimmung neu einholen müssen. Dazu sollen weitere Kantone Versuche durchführen können und die Anforderung, diese Testabstimmungen wissenschaftlich zu begleiten, wird fallen gelassen. Als Voraussetzung für die generelle Einführung der Stimmabgabe im Internet auch für Auslandschweizer soll der Bund die Kantone zudem verpflichten können, ein zentrales elektronisches Stimmregister für im Kanton stimmberechtigte Auslandschweizer zu führen. Im Gegensatz zur Vorlage über die Umsetzung der allgemeinen Volksinitiative war für diesen Teil der Neuerungen im Nationalrat Eintreten unbestritten. Die neuen Bestimmungen wurden in der Dezembersession mit einigen Abweichungen gegenüber der Version des Bundesrates gutgeheissen.

Rechtliche Absicherung der Weiterentwicklung des Vote électronique (im Rahmen von BRG 06.053)
Dossier: Vote électronique

Die Realisierung des E-Government kommt nach Ansicht der Nationalrats zu zögerlich voran (im Vergleich zu den europäischen Ländern hat die Schweiz einen enormen Rückstand aufzuholen). Er überwies deshalb eine Motion Vollmer (sp, BE), welche von der Regierung so rasch als möglich einen Bericht über die Umsetzungsstrategie verlangt. Die Ständekammer verweigerte dem Vorstoss aber die Unterstützung; sie war der Auffassung, es brauche jetzt eine Umsetzung der bereits vorhandenen Strategien und nicht zusätzliche Berichte. (Siehe zu diesem Thema auch die Interpellation Graf (sp, TG) (05.3570). Der Bund unterbreitete den Kantonen eine Vereinbarung für die Zusammenarbeit im Projekt des Internet-Portals www.ch.ch. Die Unterzeichner verpflichten sich dabei, dieses Portal als primären Internet-Zugang der Bevölkerung zu den Behörden zu fördern und die dabei entstehenden Harmonisierungsanforderungen zu berücksichtigen. Damit die Vereinbarung in Kraft treten kann, muss sie von mindestens 18 Kantonen mit dem Bund abgeschlossen werden. Der Kanton Zürich, welcher sich zeitweilig aus der Projektentwicklung verabschiedet hatte, nahm seine Mitarbeit wieder auf. Die von einem Privaten erworbenen Domain-Namen schweiz.ch, suisse.ch sowie svizzera.ch werden gegen Entschädigung an den Bund abgetreten.

E-Government: Motion für eine Strategie zur Aufholung des Rückstandes (05.3141)
Dossier: E-Government

Nach zwei pannenfrei durchgeführten Versuchen mit der elektronischen Stimmabgabe im Kanton Genf bewilligte der Bundesrat auch für den Kanton Neuenburg ein entsprechendes Pilotprojekt für die eidgenössischen Abstimmungen vom 25. September und vom 27. November. Als erste Deutschschweizer Gemeinden folgten an der eidgenössischen Abstimmung vom 27. November Bülach, Bertschikon und Schlieren (alle ZH). Auch hier war das Verfahren zuerst bei einer kommunalen Abstimmung getestet worden, und, als Neuerung, war es an diesen drei Orten auch möglich, das Votum telefonisch als SMS abzuschicken.

Pilotprojekte E-Voting (2002-2005)
Dossier: Vote électronique

Als Novum in der Geschichte des Bundesstaates machten zum ersten Mal Kantone Gebrauch von ihrem Recht, gegen einen Parlamentsbeschluss das Referendum einzureichen. Elf Kantone (notwendig für ein Kantonsreferendum wären acht gewesen) beantragten eine Volksabstimmung über das Steuerentlastungsprogramm, welches ihrer Meinung nach für die Kantone nicht verkraftbare Steuerausfälle bringen würde.

Erstes Kantonsreferendum (Steuerentlastungsprogramm 2003)