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In Erfüllung einer Motion Abate (fdp, TI; Mo. 17.3857) präsentierte der Bundesrat im Mai 2022 einen Gesetzesentwurf, mit dessen Annahme es dem Bund möglich werden würde, Kantone mit Ausreisezentren an der Landesgrenze in Ausnahmesituationen finanziell zu unterstützen. Motiviert worden war Abates Vorstoss durch Vorkommnisse in den Jahren 2016 und 2017; in dieser Zeit beobachtete der Kanton Tessin eine starke Zunahme an illegaler Migration. Infolgedessen eröffnete er in Rancate (TI) ein Ausreisezentrum, wo «aufgegriffene und formlos weggewiesene Personen», die in der Schweiz kein Asylgesuch einreichten, bis zur Ausreise temporär untergebracht wurden. Auch wenn das genannte Ausreisezentrum kurz darauf wegen wegfallenden Bedarfs wieder geschlossen wurde, wollte der Bund für ähnliche künftige Fälle klare gesetzliche Grundlagen für eine befristete finanzielle Unterstützung schaffen. Das Engagement dieser Grenzkantone für Ausreisezentren liege schliesslich im Interesse aller Kantone und des Bundes, so der Bundesrat in seiner Botschaft.
In der bereits zwischen Dezember 2019 und Frühjahr 2020 durchgeführten Vernehmlassung – ursprünglich hatte der Bundesrat eine umfassendere Gesetzesrevision des AIG geplant, die anderen Änderungen aufgrund der Corona-Pandemie später indes zurückgestellt – stiess die Vorlage bei drei der vier stellungnehmenden Parteien – namentlich der FDP, der Mitte und der SVP – sowie bei 20 von 24 stellungnehmenden Kantonen auf vorbehaltlose Zustimmung. Unter anderem befürworteten auch GastroSuisse, die KKJPD sowie der Schweizer Tourismus-Verband die Vorlage. Die Kantone Neuenburg und Wallis sowie die SP und die Vereinigung der kantonalen Migrationsbehörden (VKM) stimmten der finanziellen Unterstützung durch den Bund im Grunde ebenfalls zu, brachten jedoch noch Änderungs- oder Konkretisierungswünsche an. Grundsätzlich einverstanden mit der finanziellen Unterstützung durch den Bund zeigten sich mit Genf und Zürich zwei weitere Kantone sowie die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter und die Schweizerische Flüchtlingshilfe; diese Akteure verlangten jedoch Anpassungen oder Präzisierungen betreffend die kurzfristige Festhaltung, die mit der entsprechenden Botschaft ebenfalls tangiert wird, und der Schweizerische Gewerkschaftsbund lehnte diese gar grundsätzlich ab. Der Bundesrat nahm nach der Vernehmlassung indes keine Anpassungen an seinem ursprünglichen Entwurf vor.

Finanzielle Unterstützung von Kantonen mit Ausreisezentren an der Grenze (BRG 22.044)

Anfangs Februar trat die Exekutive der Stadt Zürich geschlossen vor die Medien, um ihrem „Manifest für eine neue Schweizer Asylpolitik“ Gewicht zu verleihen. Sie erklärte, die Folgekosten der verfehlten Asylpolitik trügen vor allem die Städte. Die Hoffnung auf eine abschreckende Wirkung des Arbeitsverbots habe sich als falsch erwiesen. Zusammen mit dem sehr knapp bemessenen Taschengeld sei die erzwungene Untätigkeit geradezu eine Einladung zu Schwarzarbeit, Kleinkriminalität und sogar Drogenhandel. Sie regte in einer Resolution mit zehn Punkten ein Umdenken in der Asylpolitik an. Insbesondere verlangte sie die Aufhebung des für die ersten drei resp. sechs Monate nach der Einreise geltenden Arbeitsverbots: Asylsuchende sollten sich durch das Erbringen von öffentlich nützlichen Dienstleistungen sinnvoll betätigen können und mit dem dafür erhaltenen Lohn dazu beitragen, Fürsorgekosten zu sparen. Bund und Kantone zeigten sich skeptisch, die städtischen Parteien (inkl. SVP) begrüssten den Aufruf hingegen grundsätzlich, ebenso der Schweizerische Städteverband. Am 1. Mai startete in Zürich ein Pilotprojekt mit Asylsuchenden, mit vorläufig aufgenommenen Personen, die noch keine Arbeit gefunden haben, sowie mit arbeitslosen anerkannten Flüchtlingen .

Zürich Aufhebung des Arbeitsverbots

Besonders hart wurde die Frage diskutiert, ob bosnische Jugendliche, welche in den vergangenen Jahren eine Ausbildung in der Schweiz begonnen haben, diese über das Jahr 1998 hinaus sollen beenden können, oder ob sie ebenfalls der allgemeinen Rückführung unterliegen sollten. Der Bund überliess diese Frage generell den Kantonen. Zürich zeigte sich – zumindest in ersten Stellungnahmen – unerbittlich, die meisten anderen Kantone erklärten sich hingegen (wenn auch hie und da nach anfänglichem Zögern und unter Druck der Öffentlichkeit) bereit, den jungen Bosniern eine Aufenthaltsbewilligung über das Jahr 1998 hinaus zu erteilen, allerdings ohne gleichzeitig das Bleiberecht für deren Familien zu verlängern. Damit entsprachen sie einem Brief, den die Nationalrätinnen Müller-Hemmi (sp, ZH) und Langenberger (fdp, VD) sowie Ständerätin Simmen (cvp, SO), unterstützt von 140 Ratskolleginnen und -kollegen, an die Regierungen der Kantone gerichtet hatten mit der Bitte, ihren gesetzlichen Handlungsspielraum in dieser Angelegenheit zu nutzen, um diesen vom Schicksal ohnehin benachteiligten Jugendlichen zumindest beruflich eine Chance zu eröffnen.

bosnische Jugendliche

Der Kanton Zürich setzte die bereits früher von einigen Kantonen verlangte spezielle Behandlung von renitenten oder kriminellen Asylbewerbern in die Praxis um. Vorgesehen ist, dass die Asylsuchenden im Kanton beim Eintritt in eine Unterkunft einen Vertrag mit dem Betreuungspersonal abschliessen, der Massnahmen nach dem Bonus-Malus-System vorsieht: Flüchtlinge, die positiv auffallen, sollen belohnt werden, etwa indem sie Zugang zu Bildungs- und Beschäftigungsprogrammen erhalten; wer Verhaltensregeln missachtet, soll dagegen in eine Struktur mit nur noch minimaler Betreuung versetzt werden. Das neue Modell wurde vorerst in zwei Durchgangsheimen erprobt.

Zürich spezielle Behandlung von renitenten oder kriminellen Asylbewerbern

Ungeachtet aller Rechtsgrundlagen (paritätische Verteilung der Asylbewerber auf alle Kantone, Non-refoulement usw. ) gelangte der Kanton Thurgau im März an den Bundesrat mit der Bitte, ihm keine weiteren Asylsuchenden aus dem Kosovo mehr zuzuweisen und die straffällig gewordenen oder einer Straftat verdächtigten Personen unverzüglich zurückzuschaffen oder zu internieren. Bundesrat Koller bezeichnete die Haltung der Thurgauer Behörden als überrissen, zumal der Abschluss eines Rückführungsabkommens beschlossene Sache sei. Anfang Juni gelangte der Baselbieter Regierungsrat mit der Bitte an den Bundesrat, straffällige und dissoziale Asylbewerber aus dem Kosovo in Kollektivunterkünften des Bundes unterzubringen. Das BFF bezeichnete das Ansinnen als unrealisierbar. Der Bund könne gar kein Bundeszentrum für renitente Asylbewerber bauen, da ihm dazu erstens eigenes Territorium und zweitens die dazu notwendige Polizeigewalt fehle. Der Kanton Zürich beschloss im Spätsommer auf eigene Kosten ein spezielles Zentrum für "dissoziale" Asylbewerber einzurichten. Das BFF sagte eine Vorfinanzierung zu.

Kanton Thurgau keine weiteren Asylsuchenden aus dem Kosovo Baselbieter Regierungsrat in Kollektivunterkünften des Bundes Zürich Zentrum für "dissoziale" Asylbewerber

Wegen der dominierenden Rolle, die gewisse Ausländergruppen – vor allem Kosovo-Albaner –, welche sich unter dem Status von Asylbewerbern in der Schweiz aufhalten, im Zürcher Drogenmarkt spielen, wurde verschiedentlich der Ruf laut, straffällig gewordene Asylbewerber bis zu ihrer Ausschaffung zu internieren. Dies verlangten unter anderem der sozialdemokratische Zürcher Stadtpräsident sowie die Vorsteher der kantonalen und städtischen Polizeibehörden Zürichs. Im Parlament fand diese Forderung insbesondere in zwei Motionen ihren Niederschlag – Iten(fdp, ZG) im Ständerat und Heberlein (fdp, ZH) im Nationalrat – welche beide als Postulat angenommen wurden. Bundesrat und BFF lehnten das Ansinnen vorerst vehement ab, lenkten aber, da das Problem zusehends die Öffentlichkeit bewegte, schliesslich ein und wollten derartige Massnahmen zumindest nicht mehr ausschliessen.

Drogenmarkt

Ebenfalls zurückgewiesen wurde die zentrale Forderung einer Standesinitiative des Kantons Zürich, welche vom Bundesrat eine Stabilisierung der Asylbewerberzahlen verlangte. Zwei weitere Punkte der Initiative – Beschleunigung des Verfahrens und Präventivmassnahmen im Bereich der Aussenpolitik, des Aussenhandels und der Entwicklungspolitik – wurden als erfüllt abgeschrieben.

Ebenfalls zurückgewiesen wurde die zentrale Forderung einer Standesinitiative des Kantons Zürich, welche vom Bundesrat eine Stabilisierung der Asylbewerberzahlen verlangte

Dennoch wuchs der Druck aus den Kantonen weiter. Im Anschluss an die Beratung des Berichtes des Bundesrates zur Ausländer- und Asylpolitik behandelte der Ständerat eine Standesinitiative des Kantons Zürich, welche eine jährliche Kontingentierung der einreisenden Asylbewerber, eine Beschleunigung des Verfahrens und eine unverzügliche Ausreise im Fall der Wegweisung sowie mehr entwicklungspolitische Massnahmen in den Herkunftsländern verlangte. Unter Hinweis auf die internationalen Konventionen lehnte der Rat den ersten Punkt der Initiative ab und schrieb die restlichen Forderungen als erfüllt ab. Das Aargauer Parlament beschloss, eine noch weiter reichende Standesinitiative einzureichen, welche Asylnotrecht, Kontingentierung und sofortige Ausschaffung illegal Eingereister verlangt. Der Grosse Rat des Kantons Luzern hiess ebenfalls eine Standesinitiative gut, welche aber deutlich moderater ist; er wollte denn auch sein Begehren, welches unter anderem mehr kantonale Kompetenzen bei der Erteilung von Härtefallbewilligungen fordert, als deutliches menschliches Gegenzeichen zu jener des Kantons Aargau verstanden wissen. Im Kanton Thurgau reichte die SVP eine Volksinitiative für eine Standesinitiative ein, welche die Einführung einer Quotenregelung anstrebt. Hingegen wies der Solothurner Kantonsrat mit deutlicher Mehrheit eine diesbezügliche Motion der Auto-Partei ab.

Standesinitiative Zürich Aargauer Asylnotrecht, Kontingentierung und sofortige Ausschaffung illegal Eingereister