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In der Wintersession 2022 stimmte der Nationalrat erstmals über eine parlamentarische Initiative Kessler (glp, SG) ab, welche eine Übertragung des Mutterschaftsurlaubs auf hinterbliebene Väter vorsieht, sollte die Mutter während des 14-wöchigen Mutterschaftsurlaubs versterben. Im Vorfeld hatte die SGK-NR einen Entwurf in die Vernehmlassung geschickt, der forderte, dass nach dem Ableben der Mutter oder des Vaters unmittelbar nach der Geburt eines Kindes der Elternurlaub des verstorbenen Elternteils dem verbleibenden Elternteil zusätzlich zum bereits bestehenden Urlaub gewährt werden solle. In der Vernehmlassung wurde die Übertragung des Vaterschaftsurlaubs auf die Mutter von den Kantonen Nidwalden und St. Gallen lediglich unter Vorbehalt akzeptiert, unter anderem da die Regelung solcher Einzelfälle mehrheitlich den Sozialpartnern überlassen sein sollte. Bei der Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden, darunter 22 Kantone, alle stellungnehmenden Parteien oder etwa die FER und der SGB, stiess der ursprüngliche Entwurf im Grunde jedoch auf Anklang. Mit dem SAV und dem SGV lehnten zwei Sozialpartner den Entwurf gänzlich ab, ebenso wie der Kanton Thurgau. Bei der Ausgestaltung der Urlaube zeigten sich die Vernehmlassungsteilnehmenden gespalten. So sprachen sich sowohl die Kantone Appenzell-Innerrhoden, Glarus, Schaffhausen und Uri als auch die SVP und GastroSuisse gegen die Kumulation des Mutter- und Vaterschaftsurlaubs im Todesfall der Mutter oder des anderen Elternteils aus. Die Kantone Graubünden und Zug sowie die FDP sahen lediglich bei der Übertragung des Vaterschaftsurlaubs auf die hinterbliebene Mutter vom Mehrheitsantrag der SGK-NR ab. Der Kanton Aargau dagegen stellte sich gegen eine Kumulation von Mutter- und Vaterschaftsurlaub im Falle des Ablebens der Mutter. Die Mehrheit der SGK-NR entschied sich in Anbetracht der Ergebnisse der Vernehmlassung mit 17 zu 0 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) dazu, auf den Anspruch auf einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub bei Ableben des Vaters zu verzichten und lediglich beim Tod der Mutter dem verbliebenen Elternteil den 14-wöchigen Mutterschaftsurlaub zu gewähren.

Über die nachträgliche Änderung am Entwurf nicht erfreut zeigten sich im Nationalrat zwei Minderheiten: Der erste Minderheitsantrag Mettler (glp, BE) forderte eine Berufung auf die ursprüngliche Vernehmlassungsvorlage und zielte somit darauf ab, den Anspruch auf den Vaterschaftsurlaub zu bewahren. Des Weiteren solle bei Ableben der Mutter der Anspruch auf Vaterschaftsurlaub nicht gänzlich erlöschen, sondern mit dem übertragenen Mutterschaftsurlaub kumuliert werden. Noch weiter ging der Minderheitsantrag Flavia Wasserfallen (sp, BE), welcher forderte, dass der hinterbliebene Elternteil – egal ob Vater oder Mutter – insgesamt 20 Wochen Elternurlaub erhalten solle. Der Bundesrat beantragte dem Nationalrat, dem Minderheitsantrag Mettler Folge zu leisten, da dieser die Forderungen der parlamentarischen Initiative am besten zur Geltung bringe. Dieser erste Minderheitsantrag konnte sich gegenüber dem Mehrheitsantrag mit 112 zu 76 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) behaupten, wobei sich lediglich die geschlossenen SVP- und FDP-Fraktionen für den Vorschlag der Kommissionsmehrheit aussprachen. Auch bei der Gegenüberstellung der Minderheitsanträge Mettler und Flavia Wasserfallen nahm der Nationalrat mit 122 zu 69 (bei 2 Enthaltungen) ersteren an, während der Minderheitsantrag Flavia Wasserfallen lediglich auf die Unterstützung der geschlossenen SP- und Grünen-Fraktionen zählen konnte. In der Gesamtabstimmung nahm die grosse Kammer den so abgeänderten Entwurf auf Antrag des Bundesrats mit 171 zu 1 Stimme (bei 20 Enthaltungen) an.

Mutterschaftsurlaub für hinterbliebene Väter (Pa.Iv. 15.434)

Im Rahmen der Bundesratswahlen 2022 kam es auch zu ausführlichen Diskussionen um die Vertretung der Regionen, die sich vorab um die sehr unterschiedliche bisherige Zahl an Bundesratsmitgliedern aus den verschiedenen Kantonen drehte. Vor den Ersatzwahlen 2022 wurde die Rangliste vom Kanton Zürich mit bisher 20 Vertreterinnen und Vertretern in der Landesregierung angeführt, gefolgt vom Kanton Waadt mit 15 und dem Kanton Bern mit 14 Vertrenden. Noch nie im Bundesrat vertreten waren bis dahin die Kantone Jura, Nidwalden, Schaffhausen, Schwyz und Uri.
Seit der entsprechenden Abstimmung im Februar 1999 spielt die Kantonsklausel allerdings keine Rolle mehr. Bis damals war es nicht möglich gewesen, dass zwei Regierungsmitglieder aus dem gleichen Kanton stammten. Unklar war hingegen seit je her, wie die Kantonszugehörigkeit genau definiert wird: durch den Wohnkanton oder den Bürgerkanton; und aus welchem Kanton stamnen verheiratete Frauen, die über mehrere Heimatrechte verfügten? So war etwa Ruth Dreifuss im Kanton Aargau heimatberechtigt, hatte aber dem Berner Stadtrat angehört und ihre Papiere kurz vor ihrer Wahl nach Genf verlegt. Bei der Diskussion um die Kantonszugehörigkeit eines Bundesratsmitglieds stellt sich überdies die Frage, ob Mitglieder der Landesregierung effektiv für «ihren» Kanton lobbyieren, wenn sie im Bundesrat sitzen. Nichtsdestotrotz war die Kantonszugehörigkeit der verschiedenen Kandidierenden recht laute mediale Begleitmusik der Bundesratsersatzwahlen 2022. Ob bei den Diskussionen um eine mögliche Nichtvertretung des Kantons Zürich bei der Kandidierendensuche der SVP, um lange Zeit untervertretene Kantone bei der Bewerbung von Heinz Tännler (ZG, svp) oder Eva Herzog (sp, VS), um Kandidierende aus Kantonen, die gar noch nie im Bundesrat vertreten waren bei den Kandidaturen von Michèle Blöchliger (NW, svp) oder Elisabeth Baume-Schneider (sp, JU), um die sich verändernden Chancen der Berner-SVP-Kandidaturen nach dem Rücktritt der Berner Bundesrätin Simonetta Sommaruga: Stets wurde dem Herkunftskanton Relevanz zugesprochen.

Für Diskussionen sorgte freilich auch die Vertretung der Sprachregionen. Dass es nach 1917 zum zweiten Mal in der Geschichte zu einer Mehrheit von nicht-deutschsprachigen Magistratinnen und Magistraten kommen könnte bzw. kam, wurde vor und nach den Ersatzwahlen vor allem von der FDP kritisiert. Die Freisinnigen forderten, dass dies nur für «eine kurze Übergangszeit» so bleiben dürfe. Diese Entscheidung obliege der Bundesversammlung, erwiderte SP-Fraktionspräsident Roger Nordmann (sp, VD). Die Schweiz gehe nicht unter, nur weil es keine deutschsprachige Mehrheit im Bundesrat gebe.

Das am meisten und nach den Ersatzwahlen vor allem in den Deutschschweizer Medien mit einiger Heftigkeit diskutierte Thema war dann freilich die Untervertretung der «urbanen Schweiz». Der Tages-Anzeiger sprach in seiner Online-Ausgabe davon, dass «dieser Mittwoch kein guter Tag für die Schweiz» gewesen sei. 70 Prozent der Bevölkerung und die «Fortschrittsmotoren» Zürich und Basel seien nun untervertreten. Offen forderte die Zeitung den baldigen Rücktritt von Alain Berset und Guy Parmelin, damit das Parlament dies nach den eidgenössischen Wahlen 2023 wieder korrigieren könne. Darüber hinaus wurde kritisiert, dass hinsichtlich Finanzausgleich lediglich noch «Nehmerkantone» in der Regierung vertreten seien. Andrea Caroni (fdp, AR) gab dem St. Galler Tagblatt zu Protokoll, dass er Angst habe, dass die «erhebliche sprachliche und geographische Schlagseite» im Bundesrat die Bundesverfassung strapaziere. Die Aargauer Zeitung sprach von einer «Ballenberg-Schweiz», die jetzt dominiere, obwohl eine «urbane Sichtweise» nötig wäre. Die Millionen Menschen, die in städtischen Räumen lebten, seien nun ohne Stimme in der Landesregierung, die mehr «Zerrbild als Abbild» sei, kritisierte erneut der Tages-Anzeiger. In ebendieser Zeitung befürchtete Hannes Germann (svp, SH) schliesslich, dass das Parlament «ein Chaos angerichtet» habe, weil dieses «krasse Ungleichgewicht» unschweizerisch sei.
Für die WoZ stellte dies aber aus städtischer Sicht kein Problem dar, da wesentlich wichtiger sei, welche unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen vertreten seien. Noch pragmatischer urteilten die Westschweizer Medien. Mauro Poggia (mcg, GE) brachte diese Haltung in La Liberté auf den Punkt: Er habe Vertrauen in die Intelligenz der Personen in der Landesregierung: «Ce n'est pas parce qu'on est d'origine paysanne qu'on ne pense pas aux villes.» Die Erfahrung, selber einmal zur Minderheit zu gehören, könne der Deutschschweiz vielleicht auch guttun, zitierte der Blick den Chefredaktor seiner Romandie-Ausgabe. Auch Alain Berset meldete sich zu Wort: Er könne kein Problem erkennen, weil die Menschen heute so mobil seien, dass sie sich nicht mehr in Schablonen wie Stadt und Land pressen liessen. Die Vernetzung sei so gross, dass die regionale Herkunft kaum mehr eine Rolle spiele.

Diskussionen um die Vertretung der Regionen im Rahmen der Bundesratswahlen 2022

Im Juni 2022 verabschiedete die RK-NR drei separate Entwürfe für die Umsetzung von insgesamt vier parlamentarischen Initiativen betreffend das Mietrecht zuhanden ihres Rates. Vorlage 1 (Untermiete) setzte eine Initiative Egloff (svp, ZH; Pa.Iv. 15.455) um. Vorlage 2 (Formvorschriften) setzte gleich zwei Initiativen um, nämlich eine Initiative Vogler (csp, OW; Pa.Iv. 16.458) und eine Initiative Feller (fdp, VD; Pa.Iv. 16.459).
Die dritte Vorlage zur Kündigung wegen Eigenbedarfs ging derweil auf eine Initiative von Giovanni Merlini (fdp, TI) zurück, welche eine Beschleunigung des Verfahrens bei der Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarf gefordert hatte. Der von der RK-NR ausgearbeitete Entwurf umfasste drei Änderungen im OR. Die erste Änderung sah vor, dass eine Kündigung vorgenommen werden kann, wenn die Vermieterschaft nach «objektiver Beurteilung bedeutenden und aktuellen Eigenbedarf für sich, nahe Verwandte oder Verschwägerte geltend macht». Bis dato musste ein «dringender Eigenbedarf» geltend gemacht werden. Dringlichkeit zu beweisen sei mit der aktuellen Rechtsprechung eine zu hohe Hürde, so die Mehrheit der Kommission. Die zweite Änderung übertrug die gleiche Formulierung auf die Regeln der Anfechtung von Kündigungen durch die Vermieterschaft. Die dritte Änderung strich die «Dringlichkeit» des Eigenbedarfs aus den Kriterien, nach welchen Behörden über eine von der Mieterschaft beantragte Erstreckung des Mietverhältnisses entscheidet. Hingegen umfasste der Entwurf keine Änderung der ZPO. Merlini hatte seinen Initiativtext diesbezüglich so formuliert, dass sein Anliegen mit einer Änderung von OR «und/oder» ZPO umgesetzt werden solle.

Die RK-NR hatte ihren Entwurf, zusammen mit den anderen beiden Vorlagen, im September 2021 in die Vernehmlassung geschickt. Bis zum Ablauf der Frist gingen 49 Stellungnahmen ein, wovon 16 positiv ausfielen. Die Hälfte der teilnehmenden Kantone (BE, BS, GR, OW, SO, VD), eine Mehrheit der Parteien (FDP, SP, Grüne) sowie eine Mehrheit der Verbände (unter anderem SGB, SSV, SMV und HEV) lehnten die Änderungen ab. Die ablehnenden Stellungnahmen wurden laut der Kommission unterschiedlich begründet. Eine Seite bemängelte eine Reduktion des Mieterschutzes, die andere Seite insbesondere das Fehlen beschleunigender Verfahrensregeln in der ZPO. Die RK-NR nahm die Vernehmlassungsantworten zur Kenntnis, beschloss jedoch in der Gesamtabstimmung mit 14 zu 9 Stimmen, den Entwurf ohne Änderungen dem Rat zu unterbreiten.

Mitte Oktober 2022 nahm der Bundesrat Stellung zum Entwurf. Er erachtete diesen als kritisch, da er die Stellung von Vermieterinnen und Vermietern auf Kosten von Mieterinnen und Mietern stärke. Das geltende Recht basiere aber auf einer im Rahmen einer grösseren Revision erfolgten Abwägung der Interessen von Vermietenden und Mietenden, weshalb der Bundesrat der Meinung war, dass nicht in dieses «diffizile Gleichgewicht eingegriffen werden sollte». Er sehe zudem keine Not, das Recht anzupassen, da dieses gut funktioniere, was etwa auch die hohen Einigungsquoten vor den Schlichtungsbehörden zeigten. Nicht zuletzt gelte es, auch die Vernehmlassungsantworten zu berücksichtigen. Die Polarisierung in der Vernehmlassung spreche gegen eine Anpassung der Regelungen zum Eigenbedarf.

Verfahrensbeschleunigung bei Kündigung des Mietverhältnisses wegen dringendem Eigenbedarf (Pa.Iv. 18.475)

Nachdem sich der Landesring der Unabhängigen (LdU) auf nationaler Ebene 1999 aufgelöst hatte, blieben zunächst auf kantonaler und kommunaler Ebene noch vereinzelte Sektionen bestehen. Erst im Herbst 2022, also fast ein Vierteljahrhundert nach dem Ende der Mutterpartei, hörte auch die schweizweit letzte LdU-Ortspartei auf zu existieren: Die fünf verbliebenen Mitglieder des LdU im aargauischen Neuenhof beschlossen die Auflösung ihrer Lokalpartei, die seit ihrer Gründung 1970 bis 1997 stets im Gemeindeparlament sowie bis 2013 fast durchgängig im Gemeinderat vertreten war.

Auflösung der letzten LdU-Ortspartei

Nachdem sich die SGK-NR gegen die vier Standesinitiativen zur Beteiligung des Bundes an den Ertragsausfällen und Mehrkosten von Spitälern und Kliniken während der ersten Covid-19-Welle (Kt.Iv. SH 20.331; Kt.Iv. AG 21.304; Kt.Iv. TI 21.307; Kt.Iv. BS 21.312) ausgesprochen hatte, kamen die Initiativen in der Herbstsession 2022 in den Nationalrat. Eine Minderheit rund um Manuela Weichelt-Picard (al, ZG) war der Auffassung, dass der Bund in die Pflicht genommen werden sollte, da er während der Pandemie gewisse Eingriffe der Spitäler verboten hatte. Zudem habe er in vergleichbaren Situationen auch beim öffentlichen Ortsverkehr Vergütungen vorgenommen. Kommissionssprecher Christian Lohr (mitte, TG) teilte diese Ansicht indes nicht. Der Bund habe bereits die Finanzierung des grössten Teils der gesundheitlichen Covid-19-Massnahmen übernommen. So sei dieser etwa für Gesundheitskosten in der Höhe von CHF 5 Mrd. aufgekommen. Mit jeweils ungefähr 140 zu 35 Stimmen gab der Nationalrat den Standesinitiativen keine Folge. Einzig die grüne Fraktion sprach sich geschlossen für Folgegeben aus, die anderen Fraktionen votierten geschlossen (GLP-Fraktion) oder grossmehrheitlich dagegen.

Auch der Bund soll für die Spitäler zahlen (St.Iv. 20.331; St.Iv. 21.304; St.Iv. 21.307; St.Iv. 21.312)

Der Nationalrat folgte in der Herbstsession 2022 seiner vorberatenden SGK, indem er einer Standesinitiative des Kantons Aargau zur Sicherung der Landesversorgung mit essenziellen Wirkstoffen, Medikamenten und medizinischen Produkten mit 108 zu 63 Stimmen (bei 1 Enthaltung) keine Folge gab. Die Kommissionssprecher Marcel Dobler (fdp, SG) und Benjamin Roduit (mitte, VS) hatten zuvor für die Kommissionsmehrheit ausgeführt, dass das aargauische Anliegen zwar berechtigt sei, dass die Forderungen indes bereits anderweitig aufgenommen worden seien – etwa im Bericht «Versorgungsengpässe mit Humanarzneimitteln in der Schweiz: Situationsanalyse und zu prüfende Verbesserungsmassnahmen» und in der Revision des EpG. Eine Minderheit rund um Yvonne Feri (sp, AG) argumentierte vergeblich, dass es nun gelte, «den Druck hochzuhalten und zu vermeiden, dass wir künftig in einen Engpass kommen, insbesondere wenn sich wiederum eine gesundheitliche Pandemie breitmachen würde». Die Initiative ist damit erledigt.

Sicherung der Landesversorgung mit essenziellen Wirkstoffen, Medikamenten und medizinischen Produkten (Kt.Iv. 21.303)
Dossier: Wirtschaftliche Abhängigkeit verringern

La Société coopérative nationale pour l'entreposage de déchets radioactifs (Nagra) a sélectionné le site des Lägern, à cheval entre le canton d'Argovie et de Zürich, pour entreposer les déchets nucléaires suisses. Ces déchets seront enterrés à une profondeur de 800 mètres, avec l'objectif de protéger la population helvétique de la radioactivité. Selon la Nagra, cette décision est le fruit de plusieurs décennies de recherches, notamment géologiques. Dans les faits, le site des Lägern garantit des conditions d'entreposage optimales grâce à une terre argileuse qui agit comme une barrière naturelle.
Si ces dépôts d'entreposage ne devraient pas être opérationnels avant 2050, les riverains des communes proches du site ont déversé leur consternation dans la presse helvétique. À l'identique, les cantons d'Argovie et de Zürich ont peu goûté à ce menu nucléaire. Les deux cantons ont déjà annoncés qu'ils engageraient leurs équipes d'experts géologiques pour vérifier minutieusement les raisons de cette décision.
Pour sa part, le Conseil fédéral a validé le rapport annuel des fonds de désaffectation et de gestion des déchets radioactifs de 2021. L'avoir total cumulé pour couvrir les frais induits par la gestion des déchets radioactifs se monte à CH 9.664 milliards. Les coûts totaux pour la mise en place du site d'entreposage ont été estimés à environ CHF 20 milliards.

Fonds de désaffectation et de gestion des déchets radioactifs
Dossier: Debatte um die Entsorgung radioaktiver Abfälle ab dem Jahr 2000

Der Nationalrat hatte im März 2022 den Abschreibungsantrag für die parlamentarische Initiative von Sibel Arslan (basta, BS) für die Einführung eines Stimm- und Wahlrechts für 16-Jährige abgelehnt und seine SPK-NR damit, nachdem er der Initiative im Jahr 2020 Folge gegeben hatte, erneut aufgefordert, eine entsprechende Vorlage auszuarbeiten. Die Kommission legte entsprechend im Herbst einen Entwurf vor, der, wie von der parlamentarischen Initiative vorgeschlagen, die Senkung des passiven Wahlrechts und des Stimmrechts auf 16 Jahre vorsah; gewählt werden können Wahl- und Stimmberechtigte entsprechend des Entwurfs also nach wie vor erst mit 18 Jahren. Trotz Ablehnung einer Minderheit der SPK-NR – der Entwurf wurde mit 13 zu 7 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) angenommen – wurde der Vorschlag für eine Teilrevision der Verfassung (Artikel 136 BV) Mitte September 2022 in die Vernehmlassung gegeben.

In der Zwischenzeit war das Thema auch deshalb in den Medien präsent, weil sowohl im Kanton Zürich als auch im Kanton Bern entsprechende kantonale Vorschläge an der Urne abgelehnt worden waren. Im Kanton Zürich hatten Regierung und Parlament und alle Parteien mit Ausnahme von EDU, FDP und SVP eine Senkung des aktiven (nicht aber passiven) Wahl- und Stimmrechtsalters auf 16 Jahre empfohlen, die Vorlage wurde aber Mitte Mai 2022 mit 64.4 Prozent Nein-Stimmenanteil von der kantonalen Bevölkerung deutlich verworfen. Auch im Kanton Bern wollte die Mehrheit der Stimmberechtigten Ende September 2022 nichts von einer Ausweitung der politischen Rechte auf junge Menschen wissen. Auch hier war die Ablehnung mit 67 Prozent klar; einzig in der Stadt Bern stimmten 59 Prozent der Stimmberechtigten zu. Auch in Bern hatten sich das Parlament sowie alle Parteien mit Ausnahme von EDU, FDP und SVP für eine Senkung des Stimm- und Wahlrechtsalters ausgesprochen – nicht aber die Regierung, die auf das Jahr 2009 verwies, als schon einmal eine ähnliche Initiative an der Urne abgelehnt worden war (damals allerdings noch deutlicher mit 75% Nein-Stimmenanteil).
Weil in den letzten Jahren in den Kantonen Neuenburg (2020: 58.5% Nein), Uri (2021: 68.4% Nein; 2009: 79.9% Nein), Basel-Landschaft (2018: 84.5% Nein) und Basel-Stadt (2009: 72% Nein) die Ausweitung der politischen Rechte auf 16 bis 18-Jährige ebenfalls an der Urne gescheitert war und sich in den Kantonen Genf (2022), Luzern (2021), Schwyz (2021), Waadt (2021), Zug (2021), Jura (2020), St. Gallen (2020), Schaffhausen (2019), Thurgau (2019) und Freiburg (2010) die kantonalen Parlamente gegen entsprechende Vorstösse aus den eigenen Reihen ausgesprochen hatten, können weiterhin lediglich im Kanton Glarus auch Menschen zwischen 16 und 18 Jahren an politischen Entscheidungen teilhaben.

In den Medien gingen die Meinungen zu diesem Thema auseinander: In NZZ-Meinungsbeiträgen wurde es als «diskriminierend und heuchlerisch» bezeichnet, dass «junge Nachwuchspolitiker als Hoffnungsträger» gefeiert würden, sich «Politiker im Pensionsalter» hingegen für eine Wiederwahl rechtfertigen müssten; dies zeige die vermeintliche Stimmung in der Politik, die Jugendlichen mehr Beteiligung einräumen wolle, die aber in Anbetracht der Ablehnung an den kantonalen Abstimmungsurnen von der Stimmbevölkerung nicht geteilt werde. Hinterfragt wurde in der NZZ zudem, ob Jugendliche über «ausreichend Kenntnisse» verfügten, um sich an Abstimmungen und Wahlen zu beteiligen. Weil der Geschichtsunterricht immer stärker abgewertet werde, sei diese Frage zu verneinen, so ein Zürcher EVP-Kantonsrat. Anderer Ansicht war etwa der Blick: Insbesondere die Klimastreiks hätten gezeigt, dass junge Menschen mobilisiert würden, wenn es um Anliegen gehe, die sie interessierten. Auch Le Temps hob die wachsende Zahl an Jugendlichen hervor, die auf die Strasse gingen und sich wohl auch an der Abstimmungs- und Wahlurne äussern würden. Die Westschweizer Zeitung erinnerte zudem daran, dass auch der Einführung des Frauenstimm- und -wahlrechts sowie der Senkung des Stimmrechtsalter von 20 auf 18 Jahre eine jahrelange Debatte vorangegangen sei. Zuletzt hätten 1991 mehr als 72 Prozent der Stimmberechtigten der Senkung des Wahl- und Stimmrechtsalters zugestimmt, nachdem 1979 noch eine knappe Mehrheit von 50.1 Prozent diese abgelehnt hatte. Einig war man sich in den Medien freilich darüber, dass die kantonalen Resultate wohl einen eher negativen Einfluss auf die nationale Debatte haben könnten; die NZZ etwa fasste die «Schlappe für die Regierung und das Parlament» in Zürich als «Dämpfer» für ähnliche kantonale und nationale Anliegen auf. Der Berner SVP-Kantonalpräsident Manfred Bühler (BE, svp) wünschte sich im Vorfeld der Berner Abstimmung denn auch, dass möglichst deutliche kantonale Resultate der nationalen Diskussion ein Ende setzen würden.

Allerdings dürften die Diskussionen nicht nur national – die Vernehmlassung für die von der SPK-NR erarbeitete Vorlage war bis Ende 2022 geplant –, sondern auch kantonal weitergehen: Im Kanton Graubünden wird die Stimmbevölkerung über die vom Parlament deutlich gutgeheissene Herabsetzung des Stimmrechtsalters auf 16 Jahre abstimmen und in den Kantonen Aargau, Luzern und Solothurn waren 2022 Unterschriftensammlungen für kantonale Volksinitiativen mit demselben Ziel im Gange. Im Kanton Appenzell Ausserrhoden wurde zudem das Stimm- und Wahlrechtsalter in der noch nicht zu Ende beratenen Totalrevision der Kantonsverfassung auf 16 Jahre festgesetzt; bleibt dies so, werden auch in diesem Kanton die Stimmberechtigten das letzte Wort in dieser Frage haben. Im Kanton Tessin war ein entsprechender Vorstoss hängig und im Kanton Basel-Stadt hatte das Parlament die Regierung mit dem Entwurf einer entsprechenden Vorlage beauftragt.

Aktives Stimm- und Wahlrecht für 16-Jährige (Pa.Iv. 19.415)
Dossier: Stimmrechtsalter 16

Um eine überwiesene Motion Baumann (cvp, UR) umzusetzen, die eine faire Lastenverteilung bei den Familienzulagen verlangte, gab der Bundesrat Ende April 2020 einen Vorentwurf in die Vernehmlassung, der für diejenigen Kantone, die bisher über keinen oder lediglich einen teilweisen Lastenausgleich verfügten, Auswirkungen hätte. Konkret müssten diese Kantone – insgesamt 15 an der Zahl – für die Finanzierung der Familienzulagen spätestens zwei Jahre nach Inkrafttreten der entsprechenden Änderung des Familienzulagengesetzes einen vollständigen Lastenausgleich für Arbeitnehmende und Selbständigerwerbende einführen. Dabei soll den Kantonen freigestellt sein, auf welchem Weg sie diesen Lastenausgleich gewährleisten.

In der Vernehmlassung stiess der bundesrätliche Vorschlag auf einigen Widerstand. 6 von 15 Kantonen, die direkt von der Vorlage betroffen wären, lehnten eine solche Regelung ab (AG, BS, NE, SG, TG, ZH), wobei sie föderalistische Bedenken anbrachten und betonten, dass damit für den eigenen Kanton massgeschneiderte Lösungen nicht mehr länger möglich wären. Aus diesen Gründen lehnten auch die FDP, die SVP, der Schweizerische Arbeitgeberverband sowie die Mehrheit der stellungnehmenden Wirtschafts- und Branchenverbände die vorgeschlagene Lösung ab. Darüber hinaus betonte die FDP, dass es insbesondere für die Kantone mit einem teilweisen Lastenausgleich nicht angemessen wäre, wenn sie die von ihnen erarbeiteten Lösungen vollständig revidieren müssten. Die ablehnenden Wirtschafts- und Branchenverbände erachteten ferner das Subsidiaritätsprinzip als verletzt. Der jetzt bestehende Wettbewerb zwischen den Familienausgleichskassen sei gesund, weswegen dieser nicht durch staatlich festgelegte Lösungen beeinträchtigt werden solle.
Die 11 anderen Kantone, die bereits einen vollen Lastenausgleich kennen, befürworteten hingegen eine solche Lösung. Einige betonten dabei den Sozialversicherungscharakter der Familienzulagen, weswegen in Anlehnung an die AHV, IV, ALV und EO auch hier ein Ausgleichsfonds notwendig sei. Zudem habe sich dieses Modell bewährt und sei «einfach und kostengünstig» umsetzbar, betonten weitere Kantone. Auch lasse ein Lastenausgleich auf kantonaler Ebene weiterhin unterschiedliche und passende Lösungen für die jeweiligen Kantone zu. Nicht zuletzt erhöhe ein voller Lastenausgleich die Fairness im wirtschaftlichen Wettbewerb, wovon vor allem die KMU profitierten. Auch die restlichen vier stellungnehmenden Dachverbände der Wirtschaft, der SBV, der SGV, der SGB und Travail.Suisse, begrüssten die Vorlage, wobei sie die Vorteile einer solchen Regelung für Wirtschaftszweige im Tieflohnsegment sowie für solche mit einem hohen Anteil an Teilzeitbeschäftigten hervorhoben. Aus ebendiesen Gründen wurde die vorgeschlagene Regelung von der CVP und der SP befürwortet.

Nach Einsicht der Vernehmlassungsergebnisse und des dort festgestellten teilweisen Widerstands gegen die Vorlage erachtete der Bundesrat eine entsprechende Anpassung des Familienzulagengesetzes als «weder notwendig noch zielführend», weswegen er dem Parlament in seinem Bericht über die Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahr 2022 die Abschreibung der Motion beantragte. Dieser Antrag wiederum stiess in den beiden Parlamentskammern auf breiten Widerstand. Die Mehrheit der SGK-NR sowie die SGK-SR beantragten entgegen dem Antrag des Bundesrats und einer Minderheit Aeschi (svp, ZG) im Nationalrat, den Vorstoss nicht abzuschreiben. Zusätzlich zum Verweis auf die «weiterhin markante(n) Unterschiede» betonten die Kommissionen, dass sowohl eine Mehrheit aller Kantone als auch eine Mehrheit derjenigen Kantone, die von der Lösung effektiv betroffen wären, die Vorlage in der Vernehmlassung unterstützt hätten.
Mit 34 zu 6 Stimmen im Ständerat sowie 100 zu 71 Stimmen (3 Enthaltungen) im Nationalrat folgten die Parlamentarierinnen und Parlamentarier mehrheitlich dem Antrag ihrer Kommission und schrieben den Vorstoss nicht ab. Ebenso wie in der Vernehmlassung stammten die für Abschreibung plädierenden Stimmen im Nationalrat aus den Fraktionen der FDP und der SVP. Im Ständerat setzten sich einzelne Mitglieder diverser Parteien für die Abschreibung ein.

Familienzulagen. Für eine faire Lastenverteilung (Mo. 17.3860)

Anfang Juni 2022 griff die Tageszeitung Blick in mehreren Artikeln den Hausärztinnen- und -ärztemangel auf. Am Beispiel der Walliser Gemeinde Grächen, welche eine Ärztin aus El Salvador engagierte, und am Beispiel des Gruppenpraxen-Geschäftsmodells wurden Möglichkeiten vorgestellt, wie man dem Problem begegnen könnte. Wenn eine Firma eine Gruppenpraxis kaufe und führe, sei dies sowohl für die Patientenschaft als auch für die Ärzteschaft gewinnbringend, so der Blick. Patientinnen und Patienten hätten nach wie vor einen eigenen Arzt oder eine eigene Ärztin und würden bei dessen oder deren Abwesenheit durch eine stellvertretende Person aus der gleichen Praxis betreut, die schon über das Patientendossier verfügt. Ärztinnen und Ärzte wiederum könnten in Praxen arbeiten, ohne unternehmerisch tätig sein und das entsprechende Risiko tragen zu müssen. Zudem würden die administrativen Arbeiten von der Firmenzentrale übernommen. Somit könnten sich die Ärztinnen und Ärzte vollständig auf ihre Patientinnen und Patienten konzentrieren.
Thema war ein möglicher Mangel in der Hausarztmedizin zeitgleich auch im Kanton Aargau, wo bedingt durch strengere Zulassungsvorschriften vonseiten des Bundes eine Verschärfung der Unterversorgung befürchtet wurde. Konkret war es seit Anfang 2022 nur noch Ärztinnen und Ärzten gestattet, eine eigene Praxis zu eröffnen, falls diese eine Arbeitstätigkeit von drei oder mehr Jahren in einer schweizerischen Weiterbildungsstätte vorweisen konnten. Die Sorgen aus dem Aargau wurden auf nationaler Ebene geteilt, weshalb die SGK-NR im Mai 2022 eine parlamentarische Initiative (Pa.Iv. 22.431) zum Thema einreichte.

Hausärztemangel

Im April 2022 wurde die GLP Uri gegründet. Damit sind die Grünliberalen fünfzehn Jahre nach ihrer Etablierung auf nationaler Ebene nun in allen 26 Kantonen mit einer Kantonalsektion präsent, wobei die beiden Appenzell durch die gemeinsame Sektion «GLP Appenzellerland» abgedeckt werden.
In Uri mussten die Grünliberalen indessen kein völliges Neuland betreten: Zum einen bestand bereits seit Herbst 2021 eine Junge GLP Uri, zum anderen hatte der Kanton mit Markus Stadler 2010–2015 sogar schon einen GLP-Ständerat gestellt; Stadler war zwar zunächst als Parteiloser gewählt worden, nach seiner Wahl aber der GLP Schweiz beigetreten. An diese Wahlerfolge wollte die neue Urner Sektion nun anknüpfen, indem sie sich zum Ziel nahm, bei den kantonalen Wahlen 2024 in den Urner Landrat und den Regierungsrat einzuziehen.

Geografische Entwicklung der GLP
Dossier: Gründung und Entwicklung der GLP

Alors que la recherche de fonds pour la nouvelle caserne des Gardes suisses au Vatican arrive à son terme, en Suisse alémanique, de nombreux éclats médiatiques ont fait parler du financement du nouveau bâtiment. Ce qui pour certain.e.s est un soutien à un symbole national important n'est pour d'autres qu'une infraction à la laïcité de la part de la Confédération suisse. En effet, sur les CHF 50 millions que la fondation pour la caserne de la Garde suisse doit récolter afin de financer le nouveau projet, il a été décidé que la Confédération et les cantons verseront respectivement CHF 5 et 4.5 millions pour la rénovation de la caserne pontificale datant du 19ème siècle.
À Lucerne, le groupe «libre-pensée» a lancé un référendum cantonal, qui a abouti en mars 2022 avec la récolte de 7'477 signatures afin de stopper cette dépense. Pour ce groupe, le canton de Lucerne n'a pas à participer au financement de l'église catholique. Douze représentants de huit groupes politiques (Jeunes PS, PS, Jeunes Vert-e-s, Vert-e-s, Jeunes PVL, PVL, FDP et Jeunes UDC) ont soutenu ce référendum. Le peuple lucernois devra voter sur le sujet prochainement.
À Uri, alors qu'aucune annonce officielle n'avait été faite, Jolanda Joos (UR, ps), membre de la commission des finances du canton d'Uri, suivant l'argumentaire de «libre-pensée», a déposé une série de questions à l'intention de son canton, dont une principale concernait l'origine des oppositions à cet investissement: pourquoi cet argent vient-il des impôts que tous les habitants et habitantes du canton paient alors qu'un quart de ceux-ci ne sont pas catholiques? En réponse à cette question, le canton a évoqué la longue tradition qui lie le canton d'Uri et la Garde suisse ainsi que l'importance que cette relation a pour la culture uranaise.

Gardes suisses

Mit 120 zu 66 Stimmen bei einer Enthaltung lehnte der Nationalrat in der Frühjahrssession 2022 eine Motion Fehlmann Rielle (sp, GE) ab, die forderte, dass jeder Kanton ein Gleichstellungsbüro betreiben soll. Gleichstellungsbüros würden massgeblich zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter beitragen, so die Motionärin. Dadurch, dass in einigen Kantonen entsprechende Institutionen fehlten, entstehe ein Ungleichgewicht in der Gleichstellungsförderung zwischen den Kantonen. Der Bundesrat hatte sich ablehnend zum Anliegen geäussert, da er mit einer Intervention seine Kompetenzen überschreiten würde. Er wies jedoch darauf hin, dass die Kantone dadurch, dass die Schweiz 1997 das UNO-Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) ratifiziert hatte, bereits verpflichtet wären, entsprechende Fachbehörden zu schaffen. Gemäss Aussagen des Bundesrates fehlten zum Zeitpunkt seiner Antwort im Sommer 2020 solche Institutionen noch in vier Kantonen, namentlich in den Kantonen Aargau, Nidwalden, Obwalden und Zug.

Ein Gleichstellungsbüro für jeden Kanton (Mo. 20.3693)

Die Sicherung der Landesversorgung mit essenziellen Wirkstoffen, Medikamenten und medizinischen Produkten war Gegenstand einer Standesinitiative des Kantons Aargau, mit der sich der Ständerat in der Frühjahrssession 2022 auseinandersetzte. Für die vorberatende SGK-SR erklärte Damian Müller (fdp, LU), dass das Anliegen durchaus seine Berechtigung habe, dass die Annahme des Standesbegehrens gegenwärtig allerdings nicht gewinnbringend, sondern lediglich mit einem Mehraufwand verbunden wäre. Denn das «grundsätzliche Anliegen» sei bereits in verschiedene zurzeit aktuelle Aktivitäten integriert. Namentlich ging Müller auf eine seit 2015 geltende Meldepflicht für Versorgungsengpässe bei zentralen Produkten und auf den Bericht «Versorgungsengpässe mit Humanarzneimitteln in der Schweiz: Situationsanalyse und zu prüfende Verbesserungsmassnahmen» des BAG ein. Daher empfehle die Kommissionsmehrheit, der Standesinitiative keine Folge zu geben. Stillschweigend folgte der Ständerat diesem Antrag.

Sicherung der Landesversorgung mit essenziellen Wirkstoffen, Medikamenten und medizinischen Produkten (Kt.Iv. 21.303)
Dossier: Wirtschaftliche Abhängigkeit verringern

Mittels Standesinitiative forderte der Kanton Aargau im Dezember 2020, die notwendigen Massnahmen zu definieren, um die Landesversorgung mit essenziellen Wirkstoffen, Medikamenten und medizinischen Produkten zu gewährleisten. Die Massnahmenplanung soll unverzüglich aufgenommen und mit den Kantonen koordiniert werden. In seiner schriftlichen Begründung argumentierte der Kanton Aargau mit Lieferengpässen und den durch die Herstellungsauslagerung verbundenen Abhängigkeiten der Schweiz von China und Indien. Die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung liege im Verantwortungsbereich des Kantons, der Aargau könne «dieses strategische Risiko» allerdings nicht alleine mindern. Von Bedeutung sei neben einer ausreichenden Lagerhaltung auch die Produktion innerhalb der Schweiz oder Europa. Dafür seien Anreize für die betroffenen Player, Kooperationen mit Europa und verpflichtende Regeln nötig. Weitere Punkte betrafen das Vereinfachen der Registrierung von Medikamenten durch Swissmedic und der zu verbessernde Umgang mit Verfallsdaten. Im Januar 2022 nahm sich die SGK-SR dem Kantonsbegehren an. Sie gab ihm allerdings keine Folge, da die Forderung bereits im Zusammenhang mit der Nachbearbeitung von Engpässen, die auf die Pandemie zurückzuführen sind, berücksichtigt werde.

Sicherung der Landesversorgung mit essenziellen Wirkstoffen, Medikamenten und medizinischen Produkten (Kt.Iv. 21.303)
Dossier: Wirtschaftliche Abhängigkeit verringern

Am 1. Januar 2022 zählte die Schweiz 2'148 politische Gemeinden. Aufgrund von Gemeindefusionen hatte die Anzahl Gemeinden seit Januar 2021 damit um 24 abgenommen, seit Januar 2000 insgesamt um 751 Gemeinden.
Gemeindefusionen wurden zwischen dem 2. Januar 2021 und dem 1. Januar 2022 in den Kantonen Aargau, Freiburg, Tessin und Waadt vollzogen. Eine Besonderheit stellte dabei die Gemeindefusion in Murten FR dar: Sie umfasste nebst den freiburgischen Gemeinden Galmiz, Gempenach und Murten auch die bisher zum Kanton Bern gehörige Gemeinde Clavaleyres. Weil damit die Kantonsgrenzen verschoben wurden, mussten nebst den beteiligten Gemeinden auch die Kantone Bern und Freiburg sowie die Bundesversammlung dem Vorhaben ihren Segen erteilen.
Zwei besonders prominente Fusionsprojekte standen 2021 freilich im Gegenwind: Das seit 2017 laufende Vorhaben einer Fusion der Stadt Freiburg mit den umliegenden Gemeinden wurde beerdigt, nachdem eine Konsultativabstimmung im September 2021 in sechs von neun potenziellen Fusionsgemeinden negativ ausgefallen war. Und von den Gemeinden um die Stadt Bern beschlossen 2021 auch Kehrsatz und Frauenkappelen den Ausstieg aus den Fusionsabklärungen, nachdem Bolligen und Bremgarten dies bereits früher getan hatten und Köniz gar nie eingestiegen war. Im Projekt verblieben somit noch die Stadt Bern und Ostermundigen.
Der Politologe Michael Strebel wies in einem NZZ-Interview indessen darauf hin, dass solche prominenten Fehlschläge nicht darüber hinwegtäuschen sollten, dass Fusionsprojekte in der Schweiz «in Abstimmungen eigentlich sehr erfolgreich sind»: Von rund 440 Fusionsprojekten, die seit der Jahrtausendwende in einer Schlussabstimmung den Stimmberechtigten der beteiligten Gemeinden vorgelegt worden seien, seien rund drei Viertel in sämtlichen Gemeinden angenommen worden. Wie das Beispiel von Freiburg illustriert, schaffen es viele Vorhaben mit schlechteren Erfolgsaussichten freilich gar nicht bis in eine Schlussabstimmung, sondern scheitern schon früher. Auswirkungen von Gemeindefusionen seien gemäss Strebel oft bessere Leistungen für die Bevölkerung (etwa längere Öffnungszeiten der Gemeindeverwaltung oder bessere ÖV-Verbindungen), aber selten finanzielle Einsparungen. Zumindest kurzfristig führten Gemeindefusionen zudem oft zu einer geringeren Stimmbeteiligung. Einen solchen negativen Effekt auf die Stimmbeteiligung wies auch eine neue Studie zum Kanton Glarus nach (Frey et al. 2021), wo die Stimmberechtigten an der Landsgemeinde 2006 eine besonders weitgehende Gemeindefusion beschlossen hatten.

Gemeindefusionen 2021
Dossier: Gemeindefusionen

Die Kantonalsektionen der BDP und der CVP fällten in den Jahren 2020 und 2021 Entscheide über ihren Zusammenschluss zur neuen Partei «Die Mitte». Zusätzlichen Schub erhielt dieser Prozess, nachdem die Delegierten der BDP und der CVP Schweiz Mitte November 2020 einer Fusion der Bundesparteien zugestimmt hatten und diese per 1. Januar 2021 vollzogen worden war. An diesem Datum wurden alle noch bestehenden Kantonalsektionen von BDP und CVP zu Sektionen der fusionierten Mutterpartei, womit die Mitte zunächst in den meisten Kantonen über jeweils zwei Sektionen verfügte. Jede Sektion konnte und musste sodann autonom über ihre Zukunft entscheiden, da die Kantonalparteien (und auch die Lokalparteien) in der Schweiz organisationsrechtlich eigenständige Einheiten sind.
Dabei bedauerten die BDP-Mitglieder zwar allenthalben, dass die Etablierung als eigenständige Partei letztlich gescheitert war. In den meisten Kantonen regte sich unter ihnen aber keine oder keine nennenswerte Opposition gegen die Auflösung ihrer Sektion und den Zusammenschluss mit der jeweiligen CVP-Sektion. Exponentinnen und Exponenten, die damit nicht einverstanden waren, wählten eher den Weg des Parteiaustritts. Auch in den meisten CVP-Sektionen gab es keinen prinzipiellen Widerstand gegen eine Fusion; allerdings war die Fusionsdiskussion eng mit der Umbenennung zu «Die Mitte» und somit der Streichung des «C» aus dem Parteinamen verknüpft, die nicht in allen CVP-Kantonalparteien gleich gut ankam. Zugunsten einer Fusion wurden in den meisten Kantonen die folgenden vier Argumente vorgebracht: Erstens seien die inhaltlichen Überschneidungen der beiden Parteien schon bisher gross. Zweitens erhöhe ein Zusammengehen die Schlagkraft der politischen Mitte. Drittens könne man dadurch parteiintern einen breiteren Pool an motivierten Personen zusammenbringen und eine neue Dynamik entfachen. Und viertens ergänze man sich aufgrund teils unterschiedlich verteilter lokaler Hochburgen der beiden Partner wahlarithmetisch gut: Die CVP war nach wie vor stärker in katholischen Gebieten verankert, die BDP stärker in protestantischen Regionen.

Zu den ersten BDP-Sektionen, die ihre Auflösung und ein Zusammengehen mit der CVP beschlossen, gehörten bemerkenswerterweise jene der beiden BDP-Hochburgen Glarus und Bern, wo der Leidensdruck bei einer rein kantonalen Betrachtungsweise eigentlich geringer war als in anderen Kantonen: In der bernischen wie in der glarnerischen Politik hatte die BDP bis zuletzt noch eine bedeutende Rolle gespielt und sogar etwas (in Glarus) beziehungsweise deutlich (in Bern) mehr Mandate als die CVP inne. Das Aufgehen der BDP in der neuen Mittepartei wurde in diesen beiden Kantonen stark mit dem Wunsch begründet, Teil einer Partei zu sein, die auch auf nationaler Ebene eine nennenswerte Rolle spielt. Auch die Parteibasis liess sich von dieser Überlegung überzeugen: In Glarus entschieden sich die BDP-Mitglieder – darunter auch der BDP-Schweiz-Präsident und erklärte Fusionsbefürworter Martin Landolt – am 3. November 2020 einstimmig für die Fusion, die CVP folgte zwei Tage später mit 84 Prozent Zustimmung. Der Fusionsentscheid fiel in Glarus somit schon rund zwei Wochen vor dem Entscheid der Bundesparteien – und wurde deshalb unter den Vorbehalt gestellt, dass sich auch die nationalen Parteien zum selben Schritt entschliessen würden. Nachdem diese Bedingung erfüllt war und die zunächst auf Januar 2021 angesetzte Gründungsversammlung wegen der Covid-19-Pandemie hatte verschoben werden müssen, wurde der Zusammenschluss in Glarus schliesslich im Mai 2021 formell vollzogen.
Mit Bern traf auch die grösste BDP-Sektion, welche rund die Hälfte aller Schweizer BDP-Mitglieder stellte, schon einige Tage vor den nationalen Mutterparteien ihren Entscheid. Am 11. November 2020 sagten hier bei der BDP 95 Prozent und bei der CVP 93 Prozent der stimmenden Mitglieder Ja zur kantonalen Fusion. Als Grund für den frühen Zeitpunkt gaben die Spitzen der beiden Berner Parteien an, man wolle sich schon als fusionierte Partei auf die kantonalen Gesamterneuerungswahlen vom März 2022 vorbereiten können. Formell vollzogen – mit der Verabschiedung der neuen Statuten und der Wahl des neuen Vorstands – wurde die Berner Fusion dann im März 2021.

In Graubünden, dem dritten BDP-Gründerkanton nebst Bern und Glarus, verlief der Fusionsprozess harziger. Sowohl die CVP als auch die BDP gehörten hier zu den drei stärksten Parteien im Kanton, die beiden potenziellen Fusionspartner standen sich kantonal auf Augenhöhe gegenüber. Historisch hatte im konfessionell gemischten Kanton Graubünden zwischen ihren Vorläufern – den katholischen Konservativen und den reformierten Demokraten (welche sich 1971 der SVP Schweiz angeschlossen hatten) – lange eine ausgeprägte Rivalität geherrscht, in den 1940er Jahren war sogar von einem «Kulturkampf» die Rede (Südostschweiz vom 9.6.2021). Vielleicht spielte auch diese historische Erblast eine Rolle dafür, dass in den Reihen der Bündner BDP 2020 zunächst nicht nur eine Vereinigung mit der CVP, sondern auch ein Zusammengehen mit der FDP oder der GLP erwogen wurde. Auch ein Weiterbestehen der kantonalen BDP mit einer blossen Intensivierung der Zusammenarbeit mit der CVP wurde diskutiert. Die Bündner CVP-Führung wiederum äusserte Bedenken, dass eine Fusion gut etablierte Parteistrukturen gefährden und in CVP- respektive BDP-Stammlanden eine Abwanderung von Wählenden bringen könnte: «Eins plus eins muss nicht zwingend zwei ergeben», liess CVP-Kantonalpräsident Stefan Engler verlauten. Es gab Befürchtungen, dass man als fusionierte Partei die drei von fünf Regierungssitzen und die über 50 von 120 Grossratssitzen schlechter halten könnte. Zudem war in der CVP Graubünden zunächst nicht klar, ob sich eine Mehrheit zu einer Streichung des «C» aus dem Parteinamen würde durchringen können – was wiederum in den Reihen der BDP als Bedingung für ein Zusammengehen galt. Nachdem die beiden Mutterparteien Ende 2020 ihre Fusion auf nationaler Ebene besiegelt hatten, nahm der Prozess aber auch in Graubünden stärker Fahrt auf – auch deshalb, weil die Parteispitzen rechtzeitig vor den kantonalen Gesamterneuerungswahlen vom Mai 2022 Klarheit schaffen wollten. Die BDP-Mitglieder bekannten sich bei einer Mitgliederversammlung informell zum Ziel einer Fusion, eine Projektgruppe aus beiden Parteien nahm ihre Arbeit auf und im Januar 2021 gaben die Junge BDP und die Junge CVP ihre Unterstützung für eine Fusion bekannt. Ende März 2021 sprach sich schliesslich auch die kantonale Parteileitung der CVP erstmals offiziell für eine Fusion – und für eine Umbenennung in «Die Mitte» – aus. In einer gemeinsamen Medienmitteilung der Bündner BDP- und CVP-Geschäftsleitungen wurden die Fusionsbestrebungen auch mit dem anstehenden Wechsel Graubündens vom Majorz- zum Doppelproporzsystem für die Grossratswahlen begründet: Mit dem neuen Wahlsystem werde eine flächendeckende Präsenz im ganzen Kanton wichtiger, deshalb würden die beiden regional unterschiedlich verankerten Fusionspartner einander gut ergänzen. Im April 2021 folgten eine konsultative Urabstimmung bei der CVP und eine Mitgliederumfrage bei der BDP, wobei sich 86 Prozent der CVP- und fast 95 Prozent der BDP-Mitglieder für die Fusion aussprachen. Die NZZ ging davon aus, dass die Nein-Stimmen in der BDP ideologisch begründet waren, da die Bündner BDP aufgrund ihres historischen Erbes etwas weiter rechts zu verorten sei als die CVP; dies gelte für jüngere BDP-Mitglieder allerdings nicht mehr und wie die Südostschweiz aufzeigte, waren sich die beiden Sektionen bei den kantonalen und nationalen Abstimmungsparolen ab 2016 praktisch immer einig. Im Mai 2021 wurden die Statuten für die neue Partei vorgestellt. Sie basierten auf jenen der CVP Graubünden, seien aber «vollständig überarbeitet worden» und sahen für Partei und Fraktion für eine Übergangszeit eine Doppelspitze vor, um beiden Fusionspartnern eine gleichwertige Vertretung zu garantieren. Nach diesen langwierigen Vorarbeiten war es am 7. Juni 2021 schliesslich auch in Graubünden so weit: Zunächst noch in getrennten Delegiertenversammlungen wurde die Fusion von der CVP mit 74 zu 1 Stimmen bei 4 Enthaltungen, von der BDP einstimmig gutgeheissen. Noch am selben Abend folgte die erste gemeinsame Delegiertenversammlung der «Mitte Graubünden» mit der Wahl der neuen paritätischen Doppelspitze. Bis zum Schluss blieb der Fusionsprozess aber von Nebengeräuschen begleitet: Zwischen Dezember 2020 und Juni 2021 traten insgesamt drei BDP-Grossräte zur FDP und einer zur SVP über, aus den Reihen der CVP wechselte ein Grossrat zur SP; auch der dreiköpfige Vorstand der BDP-Ortssektion Chur war geschlossen zur FDP übergetreten, weil für ihn ein Zusammengehen mit der CVP «keine Option» war.

In den Kantonen Aargau im Januar 2021, in Zürich im März 2021 und in Freiburg im Juni 2021 fielen die Entscheide der BDP-Basis zugunsten der Fusion einstimmig aus, wobei zumindest in den ersten beiden Kantonen ein kleiner Teil der BDP-Mitglieder und -Mandatsträger nicht in die neue Mitte-Partei übertrat, sondern zur GLP oder zur FDP wechselte oder aber parteilos wurde. Seitens der CVP gab es in Zürich bloss eine einzige Gegenstimme gegen die Fusion, im Aargau und in Freiburg wurden die CVP-Beschlüsse in der Presse nicht thematisiert.

Einen besonderen Weg wählte im Juni 2021 die BDP Thurgau: Auch sie löste sich auf, beschloss aber – soweit ersichtlich als einzige BDP-Kantonalpartei – kein Zusammengehen mit der kantonalen CVP. Man wolle es den einzelnen Mitgliedern überlassen, ob und welcher anderen Partei sie sich anschliessen möchten, erklärte die Kantonalpartei. Gemäss Medienberichten gab es unter den zuletzt rund 50 Thurgauer BDP-Mitgliedern etliche, die ihre Zukunft in der GLP sahen; andere traten zur Mitte über, wiederum andere wollten keiner Partei mehr angehören.

Als letzte Kantonalsektionen der BDP verschwanden schliesslich die Baselbieter und die Genfer BDP von der politischen Landkarte. Die BDP Basel-Landschaft hatte vor ihrem Entscheid über eine Fusion abwarten wollen, ob die potenzielle Fusionspartnerin das «C» aus dem Namen streichen und sich zum neuen Parteinamen «Die Mitte» bekennen würde – ein Schritt, der in der CVP Basel-Landschaft zunächst umstritten war, letztlich aber doch vollzogen wurde. Nachdem diese Vorbedingung der BDP erfüllt und zudem klargestelt war, dass sich auch BDP-Mitglieder in kommunale und kantonale Leitungsfunktionen der neuen Mittepartei wählen lassen könnten, entschied sich die BDP-Basis Ende September 2021 schliesslich einstimmig dafür, ihre Sektion in der künftigen «Mitte» aufgehen zu lassen. Nicht alle der zuletzt rund 60 Baselbieter BDP-Mitglieder traten indessen in die neue Mittepartei über; so schloss sich etwa eine Gemeinderätin der GLP an und der kantonale Parteipräsident entschied sich für die Parteilosigkeit. Die BDP Genf war schliesslich die letzte BDP-Kantonalpartei, die über ihr Schicksal entschied: Im Dezember 2021 beschlossen auch hier die Mitglieder einstimmig, ihre Sektion in die «Mitte» einzugliedern.
Die Parteifusionen in Basel-Landschaft und Genf wurden per 1. Januar 2022 vollzogen. Genau ein Jahr nach der Bildung der nationalen «Mitte» war der Fusionsprozess somit in den Kantonen abgeschlossen und die BDP hörte auch auf kantonaler Ebene auf zu existieren. Einzelne CVP-Sektionen bestanden hingegen noch weiter, weil sie den Namenswechsel zumindest vorerst nicht mitmachten.

Auflösung der BDP und Zusammenschluss mit der CVP zur Mitte

Jahresrückblick 2021: Gesundheit, Sozialhilfe, Sport

Auch im Jahr 2021 bestimmte die Covid-19-Pandemie massgeblich den Takt in der Schweizer Gesundheitspolitik. Unabhängig davon gaben hingegen insbesondere Geschäfte im Zusammenhang mit verschiedenen Volksinitiativen zu reden.

Am prominentesten diskutiert wurde in den Medien die Pflegeinitiative, wie beispielsweise Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse (im Anhang) zeigt – noch nie in den letzten vier Jahren wurde anteilsmässig häufiger über das Thema «Pflege» diskutiert als im Jahr 2021 (vgl. Abbildung 2). Die Pflegeinitiative zielte auf eine Verbesserung des Pflegendenstatus ab und wollte durch eine genügende Anzahl diplomierter Pflegefachpersonen den «Zugang aller zu einer ausreichenden Pflege von hoher Qualität» sicherstellen. Ende November 2021 nahm eine Mehrheit der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger die Vorlage an (61.0%). Mit Ausnahme eines Kantons sagten ferner alle Stände Ja und hörten damit nicht auf ihre Vertreterinnen und Vertreter in Bundesbern, welche die Initiative zur Ablehnung empfohlen hatten. Stattdessen wollten Regierung und Parlament den in der Initiative dargelegten Problemen mittels eines von der SGK-NR ausgearbeiteten indirekten Gegenvorschlags auf Gesetzesebene begegnen. Dieser hätte neben einer Ausbildungsoffensive auch eine Kompetenzerweiterung bezüglich selbständiger Abrechnung von Pflegeleistungen vorgesehen. In den Medien wurde der Abstimmungserfolg des Initiativkomitees unter anderem – aber nicht ausschliesslich – mit der Covid-19-Pandemie erklärt.

2021 ebenfalls auf der Traktandenliste des Parlaments stand die Organspende-Initiative und der dazu vom Bundesrat lancierte indirekte Gegenvorschlag. Einigkeit herrschte darüber, dass der Status quo der Zustimmungslösung nicht zufriedenstellend sei. Das Volksbegehren, welches beabsichtigte, dass neu alle Menschen automatisch zu Organspenderinnen und -spendern werden sollten, falls sie sich nicht explizit dagegen ausgesprochen hatten, ging jedoch sowohl dem Bundesrat als auch den beiden Kammern zu weit. Die Landesregierung forderte daher in ihrem Gegenvorschlag eine erweiterte Zustimmungslösung, bei der die Meinung der Angehörigen ebenfalls berücksichtigt wird. Nachdem der Nationalrat das Volksbegehren zunächst (denkbar knapp) zur Annahme empfohlen hatte, folgte er in der Herbstsession dem Ständerat, der sich einstimmig gegen die Initiative ausgesprochen hatte. Der indirekte Gegenvorschlag hingegen war weitgehend unbestritten und wurde von beiden Räten grossmehrheitlich für eine gute Lösung befunden, worauf das Initiativkomitee die Initiative bedingt zurückzog.

Die dritte Volksinitiative, mit der sich das Parlament 2021 im Gesundheitsbereich beschäftigte, war die Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung», welche ein lückenloses Tabakwerbeverbot zum Inhalt hat. Auch dieses Volksbegehren ging National- und Ständerat zu weit, weshalb sie die Initiative zur Ablehnung empfahlen. Parallel dazu befasste sich das Parlament mit einem neuen Tabakproduktegesetz, das im Herbst 2021 verabschiedet wurde und unter anderem ebenfalls Bestimmungen zu Tabakwerbung beinhaltete. Die beiden Kammern präsentierten die Gesetzesrevision als indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative.

Als Folge der ersten Welle der Covid-19-Pandemie im Vorjahr beklagten viele Spitäler finanzielle Einbussen. Die Kantone Schaffhausen, Aargau, Tessin und Basel-Stadt reagierten 2021 mit vier Standesinitiativen, mittels welcher sie den Bund dazu auffordern wollten, für die Ertragsausfälle, die in Zusammenhang mit dem vom Bundesrat angeordneten Verbot «nicht dringend angezeigte[r] medizinische[r] Eingriffe und Therapien» entstanden waren, aufzukommen. Der Ständerat gab den Geschäften in der Wintersession 2021 mit 21 zu 19 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) keine Folge.

Verglichen mit dem Vorjahr, als die Medien sehr ausführlich über die Sportpolitik berichteten (vgl. Abbildung 2), erhielt dieses Thema im Jahr 2021 nur beschränkt Beachtung. Erneut medial diskutiert wurden unter anderem die finanziellen Schwierigkeiten der Sportvereine, deren Unterstützung auch vom Ausgang der Abstimmung über die zweite Revision des Covid-19-Gesetzes abhing.
Im Parlament wurde insbesondere die Frage diskutiert, wie eine Mitsprache der Bevölkerung bei der Organisation und der finanziellen Unterstützung Olympischer Spiele ermöglicht werden kann. Diesbezüglich zeigte sich der Nationalrat offener als der Ständerat, als er in der Sommersession ein entsprechendes Postulat der WBK-NR annahm und einer parlamentarischen Initiative Semadeni (sp, GR) Folge gab. Letztere schickte der Ständerat in der darauffolgenden Session allerdings bachab. Das Parlament diskutierte des Weiteren über die Finanzhilfen an Sportanlagen von nationaler Bedeutung 2022–2027 (NASAK 5), wobei der Ständerat den bundesrätlichen Entwurf in der Herbstsession guthiess und der Nationalrat ihm in der Wintersession folgte.

Im Bereich Sozialhilfe beugte sich die kleine Kammer in der Frühjahrssession 2021 über eine Motion Carobbio Guscetti (sp, TI), welche darauf abzielte, Sofortmassnahmen gegen das durch die Covid-19-Pandemie verursachte Armutsrisiko zu ergreifen. Das Geschäft fand jedoch bei den Kantonsvertreterinnen und -vertretern keine Mehrheit. Medial thematisiert wurden unter anderem die möglichen Folgen der Pandemie für die Sozialhilfe sowie ein Urteil des EGMR, in welchem der Kanton Genf bezüglich seines Bettelverbotes kritisiert wurde.

Jahresrückblick 2021: Gesundheit, Sozialhilfe, Sport
Dossier: Jahresrückblick 2021

In der Wintersession 2021 befasste sich der Ständerat mit vier Standesinitiativen der Kantone Schaffhausen, Aargau, Tessin und Basel-Stadt (Kt.Iv. 20.331; Kt.Iv. 21.304; Kt.Iv. 21.307; Kt.Iv. 21.312), die den Bund dazu auffordern wollten, für die während der ersten Covid-19-Welle entstandenen Ertragsausfälle der Spitäler aufzukommen. Peter Hegglin (mitte, ZG) erläuterte für die SGK-SR, dass es für eine «seriöse Beratung», inwiefern sich der Bund finanziell beteiligen soll, den Schlussbericht in Erfüllung des Postulates 20.3135, welcher auf Ende 2023 angekündigt sei, abzuwarten gelte. Daher habe die Kommission den Standesinitiativen keine Folge gegeben. Minderheitensprecher Hannes Germann (svp, SH) erwiderte, dass sich der Bund an den Kosten beteiligen solle, da er mit seinem Durchführungsverbot von nicht dringend angezeigten medizinischen Eingriffen und Therapien das Subsidiaritätsprinzip verletzt und in die kantonale Autonomie eingegriffen habe. Der dadurch entstandene Schaden belaufe sich gemäss Schätzungen des Dachverbands der Spitäler H+ Ende 2020 auf CHF 1.5 bis 1.8 Mrd. Auch Maya Graf (gp, BL) plädierte für Folgegeben und bezeichnete die Spitäler als «unsere wichtigsten Gesundheitsversorger». Mit 21 zu 19 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) gab das Stöckli den Kantonsbegehren knapp keine Folge.

Auch der Bund soll für die Spitäler zahlen (St.Iv. 20.331; St.Iv. 21.304; St.Iv. 21.307; St.Iv. 21.312)

Im Frühling 2021 gab das UVEK bekannt, die letzte Bewilligung für die Durchführung einer Sondierbohrung erteilt zu haben. Damit hatte die NAGRA bei der Suche nach geeigneten Standorten für die Errichtung von Tiefenlagern vom Bund insgesamt 22 Mal grünes Licht für solche Bohrungen zur Erkundung des Untergrundes erhalten (und bei zwei der insgesamt 24 eingereichten Gesuche nachträglich einen Rückzug vorgenommen). In dieser dritten Etappe der Standortevaluierung, in welcher vornehmlich die drei Standortgebiete Jura Ost (AG), Nördlich Lägern (AG und ZH) sowie Zürich Nordost (ZH und TG) im Fokus stehen, soll ein genaueres und detaillierteres Verständnis der Eignung des Untergrunds für die Endlagerung radioaktiver Abfälle erlangt werden. Im November 2020 hatte die NAGRA bestätigt, dass sie diese drei Standortgebiete weiterhin als geeignet betrachte und dass dort sichere Tiefenlager gebaut werden könnten, wie die NZZ schrieb. Im Jahr 2022 will die NAGRA bekannt geben, für welche Gebiete sie bis 2024 Rahmenbewilligungsgesuche beim Bundesrat einreichen möchte. Bereits im Jahr zuvor wurde die Untersuchung von Standorten für die Errichtung von Tiefenlagern teils emotional mitverfolgt. Der Aargauer Zeitung zufolge erklärte der Aargauer Regierungsrat im April 2021 etwa, dass er zwar konstruktiv bei der Suche mitarbeiten möchte, ein Tiefenlager auf dem Kantonsgebiet aber unerwünscht sei. Der Kanton Aargau trage bereits «überproportionale Lasten für die ganze Schweiz» (namentlich den Durchgangsverkehr und die bestehenden Atomkraftwerke, wie der Tages-Anzeiger ausführte), weshalb ihm eine weitere Belastung «nicht zugemutet werden» könne, gab das Blatt die Haltung der Kantonsregierung wieder. Die Zürcher Kantonsregierung liess verlauten, sich nicht mehr grundsätzlich gegen die Errichtung eines Endlagers auf dem Kantonsgebiet zu wehren, zog jedoch eine «rote Linie» (Thurgauer Zeitung) bei der Frage des Verpackungszentrums. Diese sogenannte «heisse Zelle», wie die oberirdische Anlage für die Endverpackung der radioaktiven Abfälle in spezielle Behälter genannt wird, dürfe im Sinne einer Lastenverteilung nicht auch noch auf dem Gebiet des Kantons Zürich zu stehen kommen, wie der Tages-Anzeiger im April 2021 berichtete. Nebst dieser Bedingung nannte der Zürcher Regierungsrat auch, dass durch die vielen Bauten an der Oberfläche keine Trinkwasserressourcen gefährdet werden dürften, eine Forderung, welcher sich auch der Kanton Thurgau und der Kanton Schaffhausen anschlossen. Der Regierungsrat des Kantons Thurgau werde gemäss der Thurgauer Zeitung für den sichersten Standort einstehen und setze sich deshalb für einen transparenten, sachbasierten und nachvollziehbaren Prozess ein. Man widersetze sich damit einer Standortwahl im Kanton Thurgau nicht grundsätzlich. Der an die Standortregion Zürich Nordost angrenzende Kanton Schaffhausen krisierte hingegen den Prozess der Standortsuche, zumal die detaillierten Begründungen zur Standortwahl nicht im Jahr 2022 mit der Bekanntgabe der Standortwahl, sondern erst zwei Jahre später mit der Einreichung des Rahmenbewilligungsgesuchs erfolgen werden. Bevor nicht alle Aspekte im Detail geklärt seien, dürfe die NAGRA im Jahr 2022 deshalb keine Standortwahl treffen, so die Meinung des Schaffhauser Regierungsrats. Zu Diskussionen führte schliesslich auch die Frage nach finanziellen Entschädigungen: Bezüglich Belastung forderten die drei Standortregionen in einem gemeinsamen Brief, dass sie, falls sie für die Errichtung des Endlagers ausgewählt würden, für ihren Beitrag zu einer Lösung über einige Jahre hinweg finanziell – in den Medien wurde eine Zahl von total mindestens CHF 800 Mio. genannt – entschädigt würden, so wie dies von den Entsorgungspflichtigen ursprünglich vorgesehen worden sei. Wenn eine Gemeinde einen Anteil von den «zehn Dreifachturnhallen», die «bis unters Dach» mit Atommüll gefüllt sind, unter sich beherberge, so habe dies beispielsweise grosse Auswirkungen auf die Immobilienpreise, auf den Absatz von Agrarprodukten oder auf den Tourismus, wie die Thurgauer Zeitung schrieb. Eine finanzielle Entschädigung sei zwar gesetzlich nicht vorgeschrieben, entspreche jedoch wohl dem politischen Willen einer Mehrheit, wie BFE-Sprecher Stefan Jordi gegenüber der Thurgauer Zeitung erklärte.

Endlager für radioaktive Abfälle (3. Etappe; 2018–2029)
Dossier: Debatte um die Entsorgung radioaktiver Abfälle ab dem Jahr 2000

Im Zuge der 2020 und 2021 anhaltenden Proteste gegen die Covid-19-Massnahmen der Behörden entstand eine ganze Reihe neuer politischer Organisationen, und manche ältere Gruppierungen gewannen neuen Schwung. Zu den Organisationen, die in der öffentlichen Debatte in der Folge eine teils prominente Rolle einzunehmen vermochten, gehörten die folgenden:

Der Verein «Freunde der Verfassung» wurde an Pfingsten 2020 auf dem Rütli gegründet, ein Jahr später zählte er rund 12'000 Mitglieder. Viele von diesen – auch die meisten Vorstandsmitglieder – waren davor kaum politisch aktiv. Der Verein sah durch die Covid-19-Massnahmen, aber auch durch andere Vorhaben der Behörden die verfassungsmässigen Grundrechte und die bürgerlichen Freiheiten verletzt. Um solche Vorhaben zu bekämpfen, nutzten die Freunde der Verfassung stark den direktdemokratischen Kanal, wobei sie eine bemerkenswerte Fähigkeit zum Sammeln zahlreicher Unterschriften bewiesen. Nebst den Referenden gegen das Covid-19-Gesetz und gegen dessen zweite Revision waren sie auch massgeblich an den Referenden gegen das E-ID-Gesetz, gegen das Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen gegen Terrorismus (PMT) und gegen das Medienpaket beteiligt. Ausserdem wirkten sie bei der Unterschriftensammlung für die Volksinitiative gegen eine Impfpflicht (Initiative «Für Freiheit und körperliche Unversehrtheit») mit und gaben im Sommer 2021 bekannt, eine Volksinitiative zur Einführung der Gesetzesinitiative zu planen. Die Geldmittel für diese zahlreichen Kampagnen stammten «von Mitgliedern, aus Spenden und von einer Handvoll sehr besorgter Unternehmer, von denen keiner Blocher heisst», wie die Freunde der Verfassung sich in der NZZ zitieren liessen. Das Präsidium des Vereins teilten sich Marion Russek und Werner Boxler. In der medialen Öffentlichkeit stark in Erscheinung traten zudem Mediensprecher Michael Bubendorf, ein ehemaliges SVP-Mitglied, und Kampagnenleiter Sandro Meier, nach eigener Aussage ein «ehemaliger Links-Grün-Wähler». Verschiedene Medien sahen zudem den Solothurner Publizisten Christoph Pfluger als wichtige Figur bei den Freunden der Verfassung.

Der im Februar 2021 gegründete Verein «Mass-voll!» verstand sich als Jugendbewegung gegen die Behördenmassnahmen. Die jüngere Generation sei durch eine Covid-19-Infektion gesundheitlich am wenigsten gefährdet, doch gerade diese Generation werde in ihrer Entwicklung und Freiheit durch die Massnahmen besonders getroffen. Ähnlich wie die Freunde der Verfassung, aber oft in deutlich schärferem Ton prangerte Mass-voll die «Freiheitsberaubung und Überwachung der Bürger», «eine Zweiklassengesellschaft von Geimpften und Nichtgeimpften» sowie eine zu grosse Machtkonzentration beim Bundesrat an, die dieser für «menschenverachtende» Massnahmen und die «Abschaffung der Grundrechte» missbrauche. Zur Verbreitung ihrer Positionen setzte Mass-voll stark auf die Sozialen Medien sowie auf Kundgebungen. Bekanntester Exponent war Co-Präsident Nicolas Rimoldi, der auch im Vorstand der Auns sitzt und bereits vor der Pandemie mit libertären Positionen innerhalb der FDP aufgefallen war. Neben ihm war zunächst Carla Wicki und ab Sommer 2021 Viola Rossi Co-Präsidentin. Andere leitende Mitglieder von Mass-voll waren gemäss NZZ für die SVP aktiv.

Das «Aktionsbündnis Urkantone für eine vernünftige Corona-Politik» entstand im Herbst 2020 und hatte seine Basis in den Kantonen Uri, Schwyz, Ob- und Nidwalden. Im Herbst 2021 zählte es nach eigenen Angaben «deutlich über 1'000 eingeschriebene Unterstützer». Das Aktionsbündnis trat zum einen als Mitorganisator von Kundgebungen in Erscheinung, zum anderen auch in den Abstimmungskampagnen gegen das Covid-19-Gesetz und gegen dessen zweite Revision. Es kritisierte die «Corona-Zwangsmassnahmen» als «unsinnig, schädlich und unverhältnismässig». Nach eigenen Angaben setzte sich das Aktionsbündnis «für die freie Diskussion und sachliche Aufklärung der Bevölkerung» ein und orientierte sich an «unabhängigen Informationsquellen über die Auswirkungen auf unsere Gesellschaft und dem Stand der nicht einer politischen Agenda unterworfenen Wissenschaft». Bekanntestes Gesicht des Aktionsbündnisses war der Schwyzer Unternehmer Josef Ender.

Das «Netzwerk Impfentscheid» war schon 2011 als Zusammenschluss impfkritischer Personen gegründet worden und hatte 2013 erfolglos mit einem Referendum gegen das Epidemiengesetz gekämpft. Die Covid-19-Pandemie verlieh dem Netzwerk gemäss NZZ «neuen Schub». Das Netzwerk sah sich als Stimme gegen die «Impfpropaganda» der Behörden und gegen eine aus seiner Sicht drohende Impfpflicht. Prominentester Exponent des als Verein organisierten Netzwerks war der Naturheilpraktiker Daniel Trappitsch.

Die «Freiheitliche Bewegung Schweiz» war schon vor der Covid-19-Pandemie vom ehemaligen Luzerner SVP-Politiker Richard Koller gegründet worden. Sie fand mit dem Kampf gegen Maskenpflicht, Impfen und Einschränkungen des privaten und öffentlichen Lebens ein neues Tätigkeitsfeld. Am 1. Dezember 2020 startete die Freiheitliche Bewegung die Volksinitiative «Für Freiheit und körperliche Unversehrtheit», die sich gegen eine Impfpflcht richtet. Andere Forderungen der Bewegung betrafen den Erhalt des Bargelds oder die Möglichkeit für alle Gemeinden, autonom über die Einführung des Mobilfunkstandards 5G zu entscheiden. Die NZZ charakterisierte die Bewegung im März 2021 als «Sammelbecken für Menschen, die dem Staat grundsätzlich misstrauen und sich durch seine <Machenschaften> bedroht sehen».

Die «Freiheitstrychler» traten im Herbst 2020 erstmals in Erscheinung. An Protestkundgebungen gegen Covid-19-Massnahmen zogen sie mit ihren unüberhörbaren Trycheln und den weissen Hirtenhemden in der Folge viel Aufmerksamkeit auf sich, auch medial. Im Mai 2021 bestanden sie gemäss Medienberichten aus rund 100 Personen, die grossmehrheitlich aus dem Kanton Schwyz stammten. Ihr Gründer, der Schwyzer Andy Benz, ist SVP-Mitglied.

Organisationen der Covid-Protestbewegung
Dossier: Schutz des Bargelds in der Schweiz

Die Kantone Schaffhausen, Aargau, Tessin und Basel-Stadt verlangten in vier ähnlich gelagerten Standesinitiativen (Kt.Iv. 20.331; Kt.Iv. 21.304; Kt.Iv. 21.307; Kt.Iv. 21.312) die Beteiligung des Bundes an den Ertragsausfällen der Spitäler, die auf das durch den Bundesrat erlassene Verbot von «nicht dringend angezeigten medizinischen Eingriffe[n] und Therapien» vom März 2020 zurückzuführen sind. Es gehe nicht an, dass sich der Bund nun aus der Verantwortung stehle, ist etwa der Begründung des Kantons Schaffhausen zu entnehmen. Damit keine kantonalen Ungleichbehandlungen entstünden, solle die Koordination der Kompensation zwischen dem Bund, den Kantonen und den Krankenkassen über die GDK erfolgen. Im November 2021 nahm sich die SGK-SR den Standesinitiativen an. Ihr zufolge falle das Bereitstellen der für die Pandemie notwendigen Spitalkapazitäten in den Aufgabenbereich der Kantone. In Krisensituationen liege es an allen Staatsebenen, einen Teil der Last zu übernehmen. Bislang sei es der Bund gewesen, der 80 Prozent der Kosten, die im Zusammenhang mit der Pandemie angefallen sind, übernommen habe. Daher beantragte die Kommission mit 9 zu 3 Stimmen, den Standesinitiative keine Folge zu geben.

Auch der Bund soll für die Spitäler zahlen (St.Iv. 20.331; St.Iv. 21.304; St.Iv. 21.307; St.Iv. 21.312)

Der Nationalrat befasste sich in der Herbstsession 2021 mit einer Motion Hösli (svp, GL), welche von Jakob Stark (svp, TG) übernommen worden war, zur Verkleinerung des Gewässerraums. Die Kommissionssprechenden Pierre-André Page (svp, FR) und Priska Wismer-Felder (mitte, LU) erläuterten die Argumente der knappen Kommissionsmehrheit (13 zu 12 Stimmen), welche die Motion zur Annahme empfahl. Wismer-Felder führte aus, dass ein von der Kommission verlangter Zusatzbericht zu den Auswirkungen der Motion aufgezeigt habe, dass in den drei im Bericht untersuchten Kantonen Glarus, Graubünden und Aargau lediglich rund 1.8 Prozent der Landwirtschaftsbetriebe von der in der Motion geforderten Bestimmung betroffen wären. Mit der vorliegenden Motion könne das GSchG so geändert werden, dass diesen Betrieben, die mit der geltenden Regelung in ihrer Existenz bedroht seien, geholfen werden könne.
Martina Munz (sp, SH) vertrat die Kommissionsminderheit. Sie kritisierte, dass die Mehrheit der UREK-NR ignoriere, dass mit dieser Motion der Schutz der Biodiversität sowie der Hochwasserschutz leiden würden. Während in den drei untersuchten Kantonen 0.1 bis 1.4 Prozent an ertragreicher Futtermittelfläche gewonnen werden könnten, gingen zwischen 25 und 75 Prozent der Gewässerraumfläche verloren. Sie sei doch sehr erstaunt darüber, dass einige wenige Landwirte mehr Gehör erhielten als die Kantone durch ihre LDK und BPUK, zumal Erstere bereits mit CHF 200 Mio. entschädigt worden seien. Die Mehrheit des Rates sah dies ähnlich: Die grosse Kammer lehnte die Motion mit 100 zu 84 Stimmen (bei 1 Enthaltung) ab. Die befürwortenden Stimmen stammten von den geschlossen stimmenden Grünen-, SP- und GLP-Fraktionen, von der Hälfte der FDP.Liberalen-Fraktion sowie von einzelnen Mitgliedern der Mitte- und der SVP-Fraktionen. Der Vorstoss ist damit erledigt.

Gewässerräume. Geografische und topografische Verhältnisse besser berücksichtigen (Mo. 19.4374)

Ende September 2021 gab das BAG bekannt, dass die mittlere Krankenkassenprämie 2022 erstmals seit 2008 nicht ansteigen, sondern um 0.2 Prozent sinken werde. Seit 2011 war die mittlere Prämie, also die durchschnittlich bezahlte Prämie, jährlich durchschnittlich um 2.4 Prozent angestiegen. Der Bundesrat führte den Rückgang auf seine Änderung der KVAV von April 2021 zurück, gemäss welcher die Versicherungen die Prämie durch Reserveabbau um 1.2 Prozent hätten senken und ihre Prämien allgemein knapper hätten kalkulieren können. Darüber hinaus werden die Versicherungen 2021 CHF 134 Mio. an zu hohen Prämieneinnahmen auf Genehmigung des BAG zurückerstatten. Somit war der Prämienrückgang also nicht durch einen Kostenrückgang begründet, wie etwa die NZZ betonte.
Weiterhin gross waren die regionalen Unterschiede in der Prämienentwicklung: In 14 Kantonen sanken die Prämien, in Basel-Stadt und Genf gar um 2.1 und 1.5 Prozent, hingegen kam es in 12 Kantonen, insbesondere der Ost- und Zentralschweiz, zu einem Prämienanstieg (OW: 1.4%, GL: 1.1%, NW: 0.9%, AI: 0.7%, AR, TG und LU: alle 0.6%, UR: 0.5%, SO: 0.4%, AG: 0.3%, SG und SH: beide 0.2%). Somit erfuhren für einmal diejenigen Kantone mit überdurchschnittlich hohen Prämien eine Entlastung, während die Kantone mit unterdurchschnittlichen Prämien einen Prämienanstieg zu verzeichnen hatten. Kaum Auswirkungen hatte dies jedoch auf die regionalen Unterschiede in der Prämienhöhe: Im Jahr 2022 weisen weiterhin die Kantone Basel-Stadt (CHF 409.80) und Genf (CHF 399.90) die höchsten mittleren Prämien auf, die niedrigsten fallen weiterhin in den Kantonen Appenzell-Innerrhoden (CHF 214.80) und Uri (CHF 243.80) an.
Insbesondere in der Ostschweiz sorgte die Prämienerhöhung für Ärger, wie die regionalen Medien berichteten. Die tiefen Prämien in der Ostschweiz seien durch tiefe Gesundheitskosten begründet, entsprechend sei die aktuelle Prämienerhöhung auf eine Umverteilung der Prämiengelder von der Ost- in die Westschweiz zurückzuführen, wurde vermutet. Dies veranlasste Christian Lohr (mitte, TG; Ip. 21.4263), Jakob Stark (svp, TG; Ip. 21.4328) und Mike Egger (svp, SG; Ip. 21.4228) zu Interpellationen an den Bundesrat. Der Bundesrat erklärte, dass Prämienveränderungen nicht aufgrund der aktuellen Höhe der Kosten, sondern aufgrund der erwarteten Änderungen der Kosten entstünden – in verschiedenen Ost- und Zentralschweizer Kantonen werde mit einem Kostenanstieg, in Basel-Stadt und Genf hingegen mit einer Kostenreduktion gerechnet. Zudem seien die Prämien etwa in den Ostschweizer Kantonen im Jahr 2021 gleich geblieben oder sogar gesenkt worden, weshalb jetzt eine Korrektur nötig sei.

Krankenkassenprämien 2022
Dossier: Prämien- und Kostenentwicklung in der Krankenversicherung (seit 2010)

Stände- und Nationalrat haben in der Herbstsession 2021 den geänderten Verfassungen der Kantone Uri, Schaffhausen, Aargau, Tessin und Genf oppositionslos die Gewährleistung erteilt. Die einzige Wortmeldung zum Geschäft kam von Kommissionssprecher Andrea Caroni (fdp, AR) im Ständerat. Er führte aus, dass das Geschäft auch in der Kommission kaum zu Diskussionen Anlass gegeben hatte. Einzige Ausnahme seien die neuen Genfer Verfassungsbestimmungen über die Steuerpolitik gewesen, nach denen sich der Kanton für eine Verringerung des interkantonalen Steuerwettbewerbs und bei der kantonalen Umsetzung von Steuerreformen des Bundes für eine stärkere Steuerprogression einsetzen soll. Die Kommission sei aber wie schon der Bundesrat in seiner Botschaft zum Schluss gekommen, dass diese Bestimmungen unproblematisch seien, solange sich der Kanton Genf bei der Umsetzung in den Grenzen des Bundesrechts bewege. Einer Gewährleistung stehe somit nichts im Weg.

Garantie des constitutions cantonales (UR, SH, AG, TI, GE) (MCF 21.040)
Dossier: Gewährleistung kantonaler Verfassungen