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Dass noch immer ein Mangel an Stand- und Durchgangsplätzen für Fahrende in der Schweiz herrsche, wie dies ein vom Bundesrat verabschiedeter Bericht bereits 2006 nachgewiesen hatte, wurde 2014 überdeutlich. Ein paar Tage vor Eröffnung der BEA liessen sich einige hundert Fahrende auf der Kleinen Allmend im Berner Wankdorf nieder, um gegen die Platznot zu protestieren. Da das Areal für Parkplatzmöglichkeiten während der BEA vorgesehen war, beschloss die Stadt Bern bereits am ersten Tag nach Protestbeginn die Räumung des Areals. Die Fahrenden verliessen das Gelände nicht freiwillig, worauf die Polizei über 70 Personen einer Personenkontrolle unterzog. Kurz darauf bewilligten die Städte Bern und Biel, wohin die Fahrenden nach der Räumung der Kleinen Allmend weiterzogen, je einen provisorischen Durchgangsplatz. Der Berner Stadtpräsident Alexander Tschäppät äusserte Kritik am eigenen Kanton, da seit dem Bundesgerichtsentscheid im Jahr 2003 nichts unternommen worden war, um den Rechtsanspruch der Fahrenden durchzusetzen. Zwei Drittel aller Stellplätze innerhalb des Kantons befänden sich bereits in Bern und Biel. Gerhard Müllhauser, Sprecher der Schweizer Fahrenden, hob den Kanton Aargau als einziges Beispiel mit Vorbildcharakter hervor. Seit 2007 sorgt dort die Fachstelle Fahrende für den Bau neuer sowie für den Unterhalt bestehender Plätze. Darüber hinaus ermöglichen Besuche der Behörden auf dem Gelände einen regelmässigen Dialog. Die Akzeptanz der Fahrenden bei der Aargauer Bevölkerung sei hoch, betonte der Leiter der Fachstelle. Dies könne jedoch darauf zurückzuführen sein, dass alle Plätze mit einer Ausnahme ausschliesslich für Schweizer Fahrende vorgesehen seien. Gegenüber ausländischen Fahrenden bestünden nach wie vor grosse Vorbehalte. Ein im September publizierter Bericht der Europäischen Rassismuskommission (ECRI), der sich auf eine 2013 durchgeführte Studie über die Qualität der Schweizer Medienberichterstattung über Roma berief, stellte seit 2007 zwar eine Zunahme der Schweizer Medienberichterstattung über Roma fest. Dabei sei aber nicht wie in anderen Staaten die erlittene Diskriminierung der Roma Thema der Beiträge, sondern es kursierten vorwiegend negative Schlagzeilen, was einen entscheidenden Einfluss auf die öffentliche Wahrnehmung der Gruppe hätte. In ihrem Bericht hält die ECRI fest, dass in Erfüllung des Artikels 19 des Kulturförderungsgesetzes, welcher den Fahrenden ermöglichen soll, im Einklang mit ihrer Kultur zu leben, kaum Fortschritte erzielt würden, resp. sich die Situation in den letzten Jahren teilweise gar verschlechtert habe. Die Kommission empfahl den Schweizer Behörden dringlichst, zusätzliche Stellplätze zu schaffen und angemessene Massnahmen zur Verbesserung der Bildung der Kinder der Fahrenden zu treffen. Ende November präsentierte der Bundesrat seine Kulturbotschaft und damit auch ein Bekenntnis zur Verbesserung der Situation von Fahrenden. Die zu diesem Zwecke eingesetzte Arbeitsgruppe traf sich im November bereits zu einem ersten Treffen, das jedoch mit dem frühzeitigen Verlassen von Vertretern der betroffenen Gruppen abrupt endete. Diese fühlten sich nicht ausreichend involviert und sahen ihre Forderung nach sofortiger Schaffung von zusätzlichen Stellplätzen nicht umgesetzt. Ende Jahr wurde bekannt, dass die Gespräche im Folgejahr doch wieder aufgenommen werden sollen.

Stellplätze für Fahrende

In der Kulturpolitik übte der Bund weiterhin grosse Zurückhaltung; das Schwergewicht der Aktivität lag bei Gemeinden und Kantonen. Wohl konstituierte sich die eidgenössische Expertenkommission für Fragen der schweizerischen Kulturpolitik (Kommission Clottu); von ihrer Tätigkeit drang indessen wenig an die Öffentlichkeit. Durch von den eidgenössischen Räten bewilligte Subventionserhöhungen an Pro Helvetia und an die Stiftung Schweizer Volksbibliothek (SVB) unterstrich der Bund sein Interesse für kulturelle Belange. Im Frühling konnte mit der Sammlung am Römerholz, die Meisterwerke europäischer Malerei im Privathaus des Kunstmäzens zeigt, dem Publikum ein Legat von Oskar Reinhart an die Eidgenossenschaft zugänglich gemacht werden:

Die Frage nach der Stellung der Kulturschaffenden und nach der Funktion des Theaters in der modernen Gesellschaft rief Diskussionen auf gesamtschweizerischer Ebene hervor. Eine Auseinandersetzung über die Frage, ob sich der einzelne Schriftsteller wie auch seine Organisation politisch engagieren müsse, löste im Schweizerischen Schriftstellerverband (SSV) eine Krise aus, die zur Demission von 22 Mitgliedern (darunter Friedrich Dürrenmatt und Max Frisch) führte. Eine Minderheit, welche die Frage bejahte, fühlte sich durch den Verbandspräsidenten wegen seiner aktiven Mitarbeit an der französischen Fassung des Zivilverteidigungsbuchs nicht mehr repräsentiert. Zahlreiche Schwierigkeiten an städtischen Bühnen, insbesondere der zunehmende Besucherschwund, riefen nach einer Besinnung auf die Aufgaben modernen Theaters. Eine Tagung von Sachverständigen im Stapferhaus sprach den Wunsch aus, dass Pro Helvetia die Organisation einer permanenten Theaterkonferenz übernehmen solle.

Mit der Inkraftsetzung des revidierten Filmgesetzes war es erstmals möglich, Bundesbeiträge an Spielfilme auszurichten. Dabei gab die Auszeichnung des Films «Krawall» zu einer Kritik im Nationalrat Anlass. Der Bundesrat befürwortete die Förderungswürdigkeit auch von Filmen, die die staatliche und gesellschaftliche Ordnung zur Diskussion stellen. Vorstösse, die sich mit einer weitergehenden Filmförderung befassten, überwies der Bundesrat der Kommission Clottu zur Prüfung. Dieses Thema wurde in den Motionen der Nationalräte Rasser (LdU, AG) (Mo. 10372) und Ziegler (soz., GE) (Mo. 10189), welche an den Nationalrat als Postulate eingereicht wurden, aufgegriffen. In der Diskussion um eine Aufhebung der Filmzensur wirkte ein Bundesgerichtsentscheid richtungweisend (BGE 96 IV 64). Er betraf den Kanton Bern, der zwar keine Filmzensur kennt, in dem jedoch das Obergericht den schwedischen Sexfilm «Ich bin neugierig» aufgrund einer Strafklage verboten hatte; das Bundesgericht gab den beanstandeten Streifen zur Vorführung frei. Der aargauische Regierungsrat hob die Verordnung über die Vorführung von Filmen und damit die Filmzensur formell auf, und die Zürcher stimmten dem neuen Filmgesetz, das als Gegenvorschlag zu einer Initiative gegen die Filmzensur ausgearbeitet worden war, deutlich zu. Der Luzerner Grosse Rat hiess ein neues Lichtspielgesetz, das keine Zensurvorschriften mehr enthält, in erster Lesung gut. Auseinandersetzungen ergaben sich aus dem wachsenden Angebot pornographischer Schriften; behördliche Massnahmen, auch solche des Jugendschutzes, stiessen verschiedentlich auf Ablehnung.

Nationale Kulturpolitik 1966–1974