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In der Sommersession 2021 behandelte der Ständerat den Vorschlag seiner SGK über die Vollstreckung der Prämienzahlungspflicht. Kommissionssprecher Rechsteiner (sp, SG) fand anerkennende Worte für die ihr zugrundeliegende Standesinitiative des Kantons Thurgau, zumal diese nicht nur vollständig umgesetzt werde – was für Standesinitiativen sehr ungewöhnlich sei –, sondern im Gesetzesvorschlag gar übertroffen werde. Basierend auf der Initiative sei die Kommission die Probleme in diesem Themenbereich mithilfe der Verwaltung, der GDK und der Versichererverbände nämlich gleich «integral» angegangen. Eintreten war in der Folge unbestritten.
Ohne Diskussionen und stillschweigend bereinigte der Ständerat anschliessend die meisten Aspekte der Vorlage: eine Übernahme von 85 Prozent der Forderungen der Krankenversicherungen durch die Kantone sowie eine Zusage von 50 Prozent des Erlöses bei Zahlung der Schuld im Gegenzug gegen die Übertragung der Verlustscheine auf die Kantone; das Verbot, volljährig gewordene Personen für ausstehende Prämien aus ihrer Kindheit zu belangen sowie das Verbot, Kinder wegen Prämienausständen auf eine schwarze Liste zu setzen und ihnen folglich Leistungen zu verweigern (entsprechend der Motion 19.4290); die Beschränkung der maximalen Anzahl Betreibungen auf zwei – ausser die Betreibungen haben zu einem Verlustschein geführt; die Einführung einer eingeschränkten Wahl der Leistungserbringenden für säumige und betriebene Prämienzahlende sowie die Ermächtigung für den Bundesrat, Bestimmungen über die Bemessung von Gebühren zu erlassen.
Bereits in der Eintretensdebatte hatte sich jedoch gezeigt, dass ein Aspekt der Vorlage sehr umstritten sein würde, nämlich die Frage, ob Listen säumiger Prämienzahlender, sogenannte schwarze Listen, zukünftig verboten werden sollen. Diesen Antrag einer Kommissionsminderheit kritisierte der Thurgauer Ständerat Jakob Stark (svp, TG), dessen Kanton entsprechende Listen führt, deutlich. In seinem Kanton habe sich gezeigt, dass etwa die Hälfte der Personen, die ihre Prämien nicht bezahlten, durchaus über genügend Geld verfügen würden. Sein Kanton biete den Betroffenen ein Case-Management an, mit dem sie ihren Finanzhaushalt sanieren könnten. Von diesem Angebot machten die meisten Leute jedoch erst dann Gebrauch, wenn sie auf der schwarzen Liste stünden. Diese Verbindung von schwarzer Liste und Case-Management sei sehr erfolgreich, so fielen in vergleichbaren Kantonen vier- bis fünfmal höhere Kosten für ausstehende Prämien an als im Kanton Thurgau. Entsprechend müsse man eine solche Verbindung eigentlich allen Kantonen vorschreiben, solle es ihnen aber zumindest nicht verbieten. Paul Rechsteiner (sp, SG) erläuterte für die Kommission, dass heute noch sechs Kantone (AG, LU, SG, TG, TI, ZG) eine solche Liste führten, während die Kantone Graubünden, Solothurn und Schaffhausen sie in den letzten Jahren abgeschafft hätten und auch der Kanton St. Gallen dabei sei, die entsprechende Regelung zu streichen. Die Kommissionsmehrheit wolle den Kantonen diese Möglichkeit belassen und stattdessen den umstrittenen Begriff eines «medizinischen Notfalls» im Hinblick auf das Gerichtsurteil von 2018 aus dem Kanton St. Gallen auf Bundesebene definieren. Josef Dittli (fdp, UR) verteidigte in der Folge den Minderheitsantrag auf Streichung der schwarzen Listen. Diese Streichung sei in der Vernehmlassungsvorlage noch enthalten gewesen und von der Mehrheit der Teilnehmenden befürwortet worden, darunter von sämtlichen Krankenversicherungen, 19 Kantonen, der GDK und der FMH. Zahlreiche Kantone hätten die Listen in der Zwischenzeit abgeschafft, da sie «nicht die gewünschten Ergebnisse» erzielt und mehr Aufwand als Nutzen gebracht hätten. Aufgrund einer Ungleichbehandlung der Versicherten hinsichtlich des Zugangs zur medizinischen Versorgung, zahlreicher Umsetzungsprobleme, fehlender Evidenz für eine Wirkung der Listen auf die offenen Ausstände, der Verlagerung des Problems an die Leistungserbringenden, eines hohen Administrationsaufwands sowie hoher Kosten beantrage die Kommissionsminderheit die Streichung der Listen. Mit 22 zu 22 Stimmen zeigte sich die Meinung im Ständerat zu dieser Frage geteilt: Mit Stichentscheid von Präsident Kuprecht (svp, SZ) sprach sich die kleine Kammer für die Kommissionsmehrheit und somit für ein Beibehalten der schwarzen Listen aus. Fast einstimmig (mit 43 zu 1 Stimme) nahm sie den Entwurf anschliessend in der Gesamtabstimmung an.

Vollstreckung der Prämienzahlungspflicht der Versicherten (Kt. Iv. 16.312)
Dossier: Schwarze Liste für säumige Prämienzahlende

Ende Januar 2021 publizierte die SGK-SR ihren Entwurf zur Umsetzung der Standesinitiative des Kantons Thurgau über die Vollstreckung der Prämienzahlungspflicht. Dabei ging es um die Schulden, die dadurch entstehen, dass Eltern die Krankenkassenprämien und Kostenbeteiligungen ihrer Kinder nicht bezahlten. Bisher wurden die Kinder bei Erreichen der Volljährigkeit für die Schulden haftbar. Neu sollten diese Schulden jedoch auch bei Volljährigkeit der Kinder in der Verantwortung der Eltern verbleiben. Beibehalten wollte die Kommissionsmehrheit hingegen die schwarzen Listen säumiger Prämienzahlender, gemäss denen Personen mit ausstehenden Prämienforderungen in einigen Kantonen nur zu Notfallbehandlungen zugelassen werden. Kinder sollten aber in Übereinstimmung mit der Motion Barrile (sp, ZH; Mo. 19.4290) neu von dieser Regelung ausgenommen werden. Eine Minderheit Dittli (fdp, UR) beantragte die Streichung der Möglichkeit für schwarze Listen und schlug stattdessen vor, den Betroffenen nur eine eingeschränkte Wahl der Leistungserbringenden zuzugestehen. Personen, für die noch Prämien aus ihrer Kindheit offen sind, sollten von diesen Massnahmen jedoch ausgenommen werden.
Im April 2021 nahm der Bundesrat Stellung zum Entwurf der Kommission. Er befürwortete, dass die Schulden der Prämien von Kindern bei deren Erreichen der Volljährigkeit bei den Eltern verbleiben sollten, betonte aber noch einmal seine Ablehnung der schwarzen Listen. In der Vernehmlassung hätten sich zudem zahlreiche Akteure aus dem Gesundheitswesen, auch eine Mehrheit der Kantone, gegen diese ausgesprochen. Stattdessen beantragte er, der Kommissionsminderheit Dittli zu folgen. Darüber hinaus schlug er einige weitere Änderungen am Gesetzestext vor. So sollten bereits für Prämienschulden aus ihrer Kindheit eingeleitete Betreibungen von jungen Erwachsenen für nichtig erklärt werden. Schon vorgängig umstritten sei überdies die Frage gewesen, wie häufig pro Jahr die Betroffenen betrieben werden können, führte der Bundesrat aus. Anfänglich habe sich die Kommission hier für vier Betreibungen pro Jahr entschieden, diese Zahl aufgrund des Einwands der GDK, wonach dies einen unverhältnismässigen Aufwand mit sich bringen würde, jedoch auf zwei reduziert. Diese Reduktion unterstütze der Bundesrat, auch wenn die Eidgenössische Kommission für Schuldbetreibung und Konkurs befürchte, dass den Kantonen damit höhere Kosten verblieben als bei einer unbeschränkten Anzahl. Hingegen schlug der Bundesrat in seiner Stellungnahme vor, Betreibungen für Forderungen, für die bereits ein Verlustschein vorliegt, von dieser Anzahl auszunehmen, damit auch Personen mit ausstehenden Prämien aus dem Vorjahr betrieben werden können.

Vollstreckung der Prämienzahlungspflicht der Versicherten (Kt. Iv. 16.312)
Dossier: Schwarze Liste für säumige Prämienzahlende

Basierend auf der Standesinitiative des Kantons Thurgau schickte die SGK-SR im Juni 2020 den Vorentwurf der KVG-Ergänzung über die Vollstreckung der Prämienzahlungspflicht der Versicherten in die Vernehmlassung. Damit wolle sie «den Anliegen der Kantone, der Versicherten, der Versicherer und der Leistungserbringer ausgewogen Rechnung» tragen, erklärte die Kommission in einer Medienmitteilung. So soll das Verfahren bei Nichtbezahlen von Prämien und Kostenbeteiligungen geklärt werden. Unter anderem sollen Eltern zukünftig für die ausstehenden Prämien und die Kostenbeteiligung ihrer Kinder bei deren Erreichen der Volljährigkeit haftbar bleiben, wie es die Motionen Heim (sp, SO; Mo. 17.3323) und Brand (svp, GR; Mo. 18.4176) verlangt hatten. Schwarze Listen soll es zudem zukünftig nicht mehr geben und die Krankenversicherungen sollen die Versicherten nur noch maximal viermal jährlich betreiben können. Stattdessen erhalten sie die Möglichkeit, säumigen Versicherten ein günstigeres Versicherungsmodell zuzuweisen. Schliesslich sollen die Kantone entsprechend der Forderung des Kantons Thurgau neu 90 statt 85 Prozent der ausgewiesenen Forderungen der Krankenversicherungen übernehmen und dafür die Verlustscheine erhalten und bewirtschaften können. Eine Minderheit beantragte, den Kantonen die Führung schwarzer Listen weiterhin zu erlauben. Die Vernehmlassung läuft bis Anfang Oktober 2020.

Vollstreckung der Prämienzahlungspflicht der Versicherten (Kt. Iv. 16.312)
Dossier: Schwarze Liste für säumige Prämienzahlende

In der Sommersession 2020 behandelte der Ständerat die Standesinitiative des Kantons Thurgau zusammen mit der Motion der SGK-NR zur Schaffung einer Notfalldefinition durch die Kantone (Mo. 18.3708) und diskutierte über eine Fristverlängerung für Erstere. Die Standesinitiative sah einen Gläubigerwechsel hin zum Kanton vor, wenn dieser 90 Prozent der offenen Forderungen der Krankenversicherungen gegenüber den Versicherten übernimmt – bisher mussten die Kantone 85 Prozent der ausstehenden Forderungen übernehmen und erhielten nach Begleichung der Schuld nur 50 Prozent von den Krankenversicherungen zurück. Kommissionssprecher Rechsteiner (sp, SG) erklärte, dass die Kommission aufgrund der Standesinitiative zusammen mit der Verwaltung eine Vernehmlassungsvorlage über die Vollstreckung der Prämienzahlungspflicht der Versicherten erarbeitet habe. Entsprechend würdigte Rechsteiner die Thurgauer Standesinitiative auch als eine der wenigen, welche «zu einem konkreten Gesetzgebungsentwurf geführt» hätten, und beantragte, ihre Behandlungsfrist zu verlängern. Dagegen wehrte sich Jakob Stark (svp, TG) – gemäss seiner eigenen Aussage als ehemaliger Thurgauer Regierungsrat «nicht ganz unschuldig daran, dass diese Initiative zustande gekommen ist» –, weil dadurch der materiell unbestrittene Gegenstand der Initiative weiter verzögert werde. Dabei gehe es auch «etwas um den Respekt vor einem kantonalen Parlament». Rechsteiner verwies jedoch darauf, dass die Kantonsparlamente den Stellenwert von Standesinitiativen im Bundesparlament tendenziell überschätzten. Zudem brauche es bei Gesetzen mit wenigen Ausnahmen eine Vernehmlassung – entsprechend dauere es halt etwas länger als in kantonalen Exekutiven. Mit 29 zu 3 Stimmen (bei 1 Enthaltung) folgte der Ständerat der Einschätzung der Kommission und stimmte der Fristverlängerung zu.

Vollstreckung der Prämienzahlungspflicht der Versicherten (Kt. Iv. 16.312)
Dossier: Schwarze Liste für säumige Prämienzahlende

Zwischen Juni und Dezember 2018 reichten die Kantone St. Gallen (Kt.Iv. 18.309), Thurgau (Kt.Iv. 18.318), Basel-Stadt (Kt.Iv. 18.322) und Basel-Landschaft (Kt.Iv. 18.324) vier ähnliche Standesinitiativen für eine kostendeckende Finanzierung der Kinderspitäler und Kinderkliniken ein. Darin forderten sie, dass die erbrachten ambulanten wie stationären Leistungen in Kinderspitälern und -kliniken in der Tarifstruktur kostendeckend vergütet werden sollten. Die vier Kantone betonten als Standort- (SG, BS, BL) respektive Trägerkantone (TG) eines der drei eigenständigen Schweizer Kinderspitäler ihre Betroffenheit, zumal sie die defizitären Spitäler seit Jahren subventionieren müssten – die beiden Basler Kantone zum Beispiel mit CHF 10 Mio. jährlich.
Sowohl im spitalambulanten als auch im stationären Bereich sei die Tarifierung für die eigenständigen Kinderspitäler und die in Erwachsenenspitälern integrierten Kinderkliniken ungenügend, kritisierten sie. Bei den Kinderspitälern kämen verschiedene, erschwerende Faktoren zusammen: So müssten diese einerseits die ganze Leistungskette von der Grund- bis zur hochspezialisierten Medizin anbieten, regelmässig besonders aufwendige angeborene Erkrankungen behandeln und hätten andererseits kaum je die Möglichkeit zur Quersubventionierung durch privat oder halbprivat versicherte Patientinnen und Patienten.
Zusätzlich angestiegen seien die jährlichen Defizite zudem durch den Tarmed-Eingriff des Bundesrates 2018. Das Defizit des Ostschweizer Kinderspitals zum Beispiel sei in der Folge von CHF 4.2 Mio. (2016) auf CHF 6.3 Mio. (2018) gestiegen; der Kostendeckungsgrad im ambulanten Bereich des Basler Kinderspitals sei von 78 auf 68 Prozent gesunken. Nicht besser sehe es im stationären Bereich aus, wo die Fallpauschalen der Swiss DRG die Leistungen ebenfalls nicht adäquat abbildeten. Diese Probleme würden jedoch von der IV und gewissen Krankenkassen nicht anerkannt, obwohl sowohl nationale als auch internationale Evidenz die höheren Kosten von Kinderspitälern gegenüber Erwachsenenspitälern in der Höhe von 20 bis 30 Prozent belege.
Der Kanton Basel-Landschaft ergänzte die generelle Handlungsaufforderung der anderen drei Kantone durch eine Liste mit konkreten Forderungen: Er verlangte die Aufhebung der Tarmed-Zeitlimitierungen für die Konsultationszeit, eine separate, kostendeckende Taxpunktbewertung, die Ausnahme der Kinderkliniken von der «Liste der grundsätzlich ambulant durchzuführenden elektiven Eingriffe» (also von Eingriffen, die zeitlich relativ frei gewählt werden können), eine Anpassung der Swiss-DRG-Tarifstruktur auf einen Kostendeckungsgrad der Kinderspitäler von 100 Prozent sowie eine genügende Abbildung der IV-Fälle in der Tarifstruktur.

Im August 2019 behandelte die SGK-SR die vier Standesinitiativen gemeinsam und liess dabei Vertreterinnen und Vertreter der vier Kantone zu Wort kommen. Die Kommission anerkannte, dass die Eigenheiten der Kindermedizin bei der Tarifierung oft ungenügend berücksichtigt würden, empfand aber eine Kommissionsmotion als das zielführendere Mittel als die Standesinitiativen, da der Bundesrat die Tarifstrukturen im ambulanten und stationären Bereich genehmigen müsse. Folglich nahm sie die Forderung der vier Kantone in eine eigene Motion (Mo. 19.3957) auf und empfahl die vier Standesinitiativen zur Vermeidung von Doppelspurigkeiten zur Ablehnung.
Im Dezember 2019 folgte der Ständerat dem Kommissionsantrag stillschweigend, lehnte die vier Initiativen ab und nahm stattdessen die Kommissionsmotion an.

Kostendeckende Finanzierung der Kinderspitäler und Kinderkliniken

In einer Standesinitiative beantragte der Kanton Thurgau eine Änderung des KVG bezüglich der Vollstreckung der Prämienzahlungspflicht der Versicherten. Bisher müssen Kantone beim Nachweis von Verlustscheinen durch nicht bezahlte Krankenkassenprämien den Versicherern 85 Prozent der Kosten erstatten, erhalten nach der Begleichung der Schulden durch die Versicherten jedoch nur 50 Prozent des Geldes von den Versicherern zurück. Dadurch dass die Verlustscheine bei den Versicherern verbleiben – die überdies nicht zur Bewirtschaftung der Forderungen verpflichtet sind –, können die Kantone die Eintreibung der Gelder nicht beeinflussen. Entsprechend liegt der Anteil Rückerstattungen gemäss GDK lediglich bei 0.55 Prozent. Der Kanton Thurgau schlug daher vor, dass die Kantone in Zukunft entweder das bisherige Verfahren mit einer Übernahme von 85 Prozent wählen können oder dass sie stattdessen den Versicherern 90 Prozent der Forderungen bezahlen und von diesen dafür zusätzlich den Verlustschein oder gleichwertige Rechtstitel zur Bewirtschaftung erhalten. Die Entscheidung zur Einreichung der Standesinitiative war im Thurgauer Grossen Rat einstimmig mit 117 zu 0 Stimmen verabschiedet worden, was gemäss dem SVP-Kantonsparlamentarier Kurt Baumann „ein starkes Signal nach Bern” darstelle. Die Initiative war vom Verband Thurgauer Gemeinden initiiert worden, da der Kanton Thurgau als einziger die Kosten der unbezahlten Krankenkassenprämien den Gemeinden auferlegt.
Im März 2017 gab die SGK-SR nach Kenntnisnahme einer Stellungnahme der GDK der Standesinitiative mit 6 zu 0 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) Folge, im Januar 2018 folgte ihre Schwesterkommission mit 16 zu 6 Stimmen (bei einer Enthaltung).

Vollstreckung der Prämienzahlungspflicht der Versicherten (Kt. Iv. 16.312)
Dossier: Schwarze Liste für säumige Prämienzahlende

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Zusammenfassung
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Vollstreckung der Prämienzahlungspflicht der Versicherten (Kt.Iv. 16.312)

Im Jahr 2016 forderte der Kanton Thurgau in einer Standesinitiative mehr Einflussmöglichkeiten der Kantone bei der Vollstreckung der Prämienzahlungspflicht. Bisher mussten die Kantone den Versicherungen beim Nachweis von Verlustscheinen durch nicht bezahlte Krankenkassenprämien 85 Prozent der Kosten erstatten, ohne Einflussmöglichkeiten auf die Eintreibung der Schulden zu haben. Nach Begleichung der Schulden durch die Versicherten erhielten sie überdies nur 50 Prozent des Geldes von den Versicherungen zurück. Neu sollen die Kantone stattdessen den Versicherungen 90 Prozent der Kosten bezahlen können, dafür aber die Verlustscheine erhalten und somit Gläubiger werden. Im März 2017 und Januar 2018 gaben die Kommissionen der Initiative Folge. Die Vernehmlassungsvorlage der SGK-SR wurde um die Forderung ergänzt, wonach Eltern auch nach Erreichen der Volljährigkeit ihrer Kinder für ausstehende Prämien haftbar bleiben sollen. Zudem sollte die Möglichkeit für die Kantone, Listen säumiger Prämienzahlenden zu erstellen, gestrichen werden – dieser Punkt fand jedoch im Parlament keine Mehrheit. Die übrigen Massnahmen hiessen beide Kammern gut. Zudem schufen sie eine Möglichkeit, die Arbeitgebenden dazu zu verpflichten, einen Teil der Löhne in der Höhe der laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen an das zuständige Amt zu überweisen.

Chronologie
Kommissionen entscheiden auf Folgegeben
Fristverlängerung durch den Ständerat
Vernehmlassung zum Entwurf
Der Entwurf der SGK-SR
Ständerätliche Erstberatung
Der Nationalrat schafft Differenzen
Differenzbereinigung und Schlussabstimmungen
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Vollstreckung der Prämienzahlungspflicht der Versicherten (Kt. Iv. 16.312)
Dossier: Schwarze Liste für säumige Prämienzahlende

Der Nationalrat folgte in der Herbstsession 2016 dem Ständerat und der einstimmigen Empfehlung seiner eigenen Kommission für Gesundheit und Soziales darin, einer Standesinitiative des Kantons Thurgau bezüglich der Restfinanzierung von Pflegeleistungen keine Folge zu geben. Im betroffenen Bereich bestehe kein Handlungsbedarf, so die Argumentation.

Ergänzung von Artikel 25a KVG betreffend die Pflegefinanzierung

Eine Standesinitiative des Kantons Thurgau verlangte, das Krankenversicherungsgesetz so zu ergänzen, dass die Kantone die Kompetenz erhalten, pflegebedürftigen Personen mit hohem Einkommen oder Vermögen keine oder nur reduzierte Leistungen aus der Restfinanzierung für medizinische Leistungen in Pflegeheimen auszuzahlen. Zudem soll der vom Bundesrat festgesetzte höchste Pflegebeitrag in Zukunft regelmässig an die tatsächlichen – steigenden – Pflegekosten angepasst werden. Der Ostschweizer Kanton begründete seine Forderung mit den hohen Kosten, welche den Gemeindekassen und der Kantonskasse durch die Restfinanzierung von Pflegekosten anfallen. Diese funktioniere nach dem Giesskannenprinzip. Ohne eine Anpassung des maximalen Pflegebeitrags an die steigenden tatsächlichen Kosten nehme zudem der Anteil der öffentlichen Hand an der Pflegefinanzierung laufend zu. Die Kommission des Ständerates empfahl, der Initiative keine Folge zu geben. Die Kommissionssprecherin argumentierte, die Leistungen der obligatorischen Krankenversicherung stünden allen Versicherten offen, unabhängig von deren Einkommens- oder Vermögenslage. Mit der Restfinanzierung werden nur medizinische Leistungen abgedeckt, nicht jedoch Hotellerie- oder Betreuungsleistungen. Die Mitfinanzierung medizinischer Leistungen durch die öffentliche Hand, namentlich im Spitalbereich, sei im System fest verankert und würde durch Steuereinnahmen abgedeckt, zu welchen namentlich vermögende Einwohnerinnen und Einwohner stark beitragen. Bezüglich der Anpassung der Pflegebeiträge an die Pflegekosten seien derzeit Abklärungen des BAG im Gange, womit eine allfällige Anpassung bereits angestossen sei. Der Rat folgte diesem Votum und gab der Standesinitiative keine Folge.

Ergänzung von Artikel 25a KVG betreffend die Pflegefinanzierung

Im Nachgang an den Rückzug der Krankenkasse Visana aus der Grundversicherung in acht Kantonen hatten fünf Ostschweizer Kantone (Thurgau, beide Appenzell, Glarus und Graubünden (Kt. Iv. 99.306, 99.310, 00.300, 00.304) bei den eidgenössischen Räten je eine gleichlautende Standesinitiative eingereicht. Danach sollte der Versicherer bei einem Kassenwechsel eines Versicherten die anteiligen Reserven und die durch die abwandernden Personen nicht beanspruchten anteiligen Rückstellungen dem neuen Versicherer weitergeben – und zwar rückwirkend ab dem 1. Juli 1998. Das Konkordat der Krankenversicherer (KSK) sprach sich gegen die Initiativen aus, da sie zu enormen Zusatzkosten führen und kleinere Versicherungen benachteiligen würden. Der Ständerat folgte einstimmig dieser Einschätzung, verwies auf die im Rahmen der 1. Teilrevision des KVG bereits gefassten Beschlüsse und gab den Standesinitiativen keine Folge.

Verschiedene Standesinitiativen verlangen eine Weitergabe von Rückstellungen bei einem Kassenwechsel der Versicherten (Kt.Iv. 99.306, Kt.Iv. 99.310, Kt.Iv. 00.300, Kt.Iv. 00.304)
Dossier: Visana-Debakel 1998
Dossier: Krankenkassenreserven