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In der ersten Woche der Sommersession 2018 wurde die Motion Quadri (lega, TI) auch vom Ständerat behandelt. Robert Cramer (gp, GE) wies in seiner Funktion als Kommissionssprecher den Rat darauf hin, dass ein Kommissionsmitglied seit der Veröffentlichung des Kommissionsberichtes im April offensichtlich eine Positionsänderung vollzogen habe. Während sich die RK-SR in ihrem Bericht noch mit 10 zu 0 Stimmen bei einer Enthaltung geschlossen für die Ablehnung der Motion ausgesprochen hatte, beantragte nun Ständerat Minder (parteilos, SH) – er hatte sich zuvor noch der Stimme enthalten – mittels eines Einzelantrags die Annahme derselben. Als Antrieb des Meinungswechsels führte Minder die jüngst erteilte Baubewilligung zum Bau der Aksa-Moschee in seinem Heimatkanton Schaffhausen an, welche von ihm selbst auch als neustes «Sorgenkind» im Rahmen dieses Vorstosses betitelt wurde. Die Kantonsbevölkerung habe ob diesem Grossprojekt grosse Bedenken und es herrsche eine weitläufige Aufregung, nicht nur aufgrund der Bedenken hinsichtlich einer zunehmenden Islamisierung, sondern auch weil sich vermehrt die Frage nach der Finanzierung des Projektes aufdränge – folglich die gleiche Frage, wie sie von der angeführten Motion aufgegriffen werde. Die Diskrepanz zwischen den von der Bauherrschaft angegebenen und von externen Bauexperten geschätzten Kosten sei dermassen frappant, dass sich der Vorstand des Türkisch-Islamischen Vereins genötigt gesehen habe, einen öffentlichen Informationsanlass zu veranstalten, um der sowohl medial als auch in der Bevölkerung geschürten Debatte Einhalt zu gebieten. Laut Minder seien Grossmoscheen in der Schweiz definitiv ein heikles Thema, nicht zuletzt auch seit der Schliessung der An-Nur-Moschee in Winterthur. Zudem zeige der Umstand, dass die Motion von einem Tessiner Volksvertreter eingereicht wurde, dass sich das Problem mittlerweile auf mehrere Kantone ausgeweitet habe. Wenn man die Bedenken der Bevölkerung nicht ernst nehme, sei es lediglich noch eine Frage der Zeit, bis diese eine entsprechende Volksinitiative lancieren werde. Diese würde dann entweder Grossmoscheen gänzlich verbieten oder die Forderung der vorliegenden Motion eines Verbots der Auslandsfinanzierung islamischer Gebetsstätten in der Schweiz sowie einer Offenlegungspflicht der Herkunft ihrer finanziellen Mittel aufgreifen. Daher bat Minder den Ständerat, es dem Nationalrat gleichzutun und die Motion anzunehmen.
Der Ständerat kam dieser Bitte aber nicht nach und lehnte den Vorstoss mit 29 zu 7 Stimmen bei 4 Enthaltungen ab. Offensichtlich hatten die abschliessenden Worte von Bundesrätin Sommaruga zu diesem Thema eine grössere Überzeugungskraft als jene von Ständerat Minder. Mit dem Verweis, dass sie mit dem genannten Projekt in Schaffhausen nicht vertraut sei und entsprechend keine Stellung dazu nehmen könne, bat sie Ständerat Minder, dennoch eine klare Trennlinie zwischen dem Bau einer Moschee und den Überlegungen zur Verhinderung von Terrorismusfinanzierung zu ziehen. Wenn jeder Moscheebau mit dem Generalverdacht der Terrorismusfinanzierung einhergehe, sei dies weder ein Dienst an den hiesigen Behörden, die sich effektiv mit dieser Problematik auseinandersetzten, noch ermögliche dies der muslimischen Gemeinschaft, ihre Gebetskultur in der Schweiz zu pflegen. Mit dem Nationalen Aktionsplan zur Verhinderung und Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus seien genau solche Fragen mit Nachdruck diskutiert worden und man habe sich über die verschiedenen Staatsebenen auf 26 Massnahmen mit entsprechenden Zuständigkeiten geeinigt, deren Umsetzung nun vom Sicherheitsverbund Schweiz in Angriff genommen werde. Die Bundesrätin erläuterte dem Plenum, dass sie am Vorabend der Debatte an einer Diplomübergabe im Rahmen einer Weiterbildung für religiöse Betreuungspersonen an der Universität Bern teilgenommen habe und dort auf einen regen Austausch zwischen verschiedenen Religionsgruppen gestossen sei. Dies zeige ihr auf, wie man religiöse Betreuung in gewünschter Weise sicherstellen könne: interreligiös und in gegenseitigem Respekt vor den unterschiedlichen Religionen. Es gelte folglich, solche Bestrebungen zu unterstützen; und nicht etwa eine Motion, die einfach generell etwas sage und damit ganze Religionsgemeinschaften unter Generalverdacht stelle.

Islamische Gebetsstätten: Verbot der Finanzierung durch das Ausland und Offenlegungspflicht (Mo. 16.3330)
Dossier: Sicherheitsverbund Schweiz (SVS)
Dossier: Vorstösse und Massnahmen zur Bekämpfung islamistischer Radikalisierungstendenzen

Im Mai des Berichtsjahr reichte das überparteiliche Komitee „Guastafeste“ (Spielverderber) rund um den streithaften Journalisten Giorgio Ghiringhelli im Kanton Tessin eine Volksinitiative ein, die ein Verhüllungsverbot im öffentlichen Raum verlangt. Damit wird die Stimmbevölkerung des Kantons Tessin als erster Schweizer Souverän zu einem Verhüllungsverbot Stellung nehmen.

Volksinitiative ein, die ein Verhüllungsverbot im öffentlichen Raum

In der Volksabstimmung vom 29. November nahmen Volk und Stände die Minarett-Initiative (Volksinitiative „gegen den Bau von Minaretten“) trotz klarem Nein von Bundesrat und Parlament mit einem deutlichen Ja-Anteil von 57,5% an. Einzig der Kanton Genf verwarf die Initiative klar (40,3% Ja-Stimmen) und die Kantone Basel-Stadt, Neuenburg und Waadt wiesen ein knappes Nein aus. Alle übrigen Kantone nahmen die Initiative an. Während der Kanton Zürich nur äusserst knapp zustimmte, waren es im Kanton Bern drei von fünf Personen. Die Zustimmungsrate im Kanton Tessin sowie in einigen Kantonen der Zentral- und Ostschweiz überstieg sogar 65%. Neben der SVP und der EDU sprachen sich im Vorfeld auch die übrigen Rechtsparteien für ein Minarettverbot aus. Alle übrigen Parteien sowie economiesuisse, die Gewerkschaften und die Kirchen beschlossen die Nein-Parole. Nach der Abstimmung kam es zu spontanen Mahnwachen und Demonstrationen in verschiedenen Städten. Reaktionen in ausländischen Medien und Stellungnahmen von Regierungsvertretern und anderen Politikern waren zahlreich und mit Ausnahme von Seiten der Rechtspopulisten überwiegend negativ. Der Europarat, das UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte und die Organisation der islamischen Konferenz der UNO verurteilten den Entscheid. Auch im islamischen Raum sorgte das Minarettverbot für Enttäuschung und Empörung; mehrere religiöse Führer warnten aber die Muslime in der Schweiz vor einer Überreaktion und ermutigten sie zur Weiterführung und Verstärkung des interkulturellen Dialogs. Aufrufe zum Boykott wurden hauptsächlich im Internet publiziert. Online-Umfragen europäischer Zeitungen zeigten jedoch, dass Bürger anderer europäischer Länder der Initiative auch mehrheitlich zugestimmt hätten. Stimmen von verschiedensten Seiten wurden laut, welche dazu aufriefen, die Ängste der Bevölkerung ernst zu nehmen und der grassierenden Verunsicherung gegenüber anderen Kulturen aktiv entgegen zu wirken.


VI „gegen den Bau von Minaretten“
Abstimmung vom 29. November 2009

Beteiligung: 53,8%
Ja: 1 535 010 (57,5%) / 17 5/2 Stände
Nein: 1 134 440 (42,5%) / 3 1/2 Stände

Parolen:
– Ja: SVP, SD, EDU, FPS, Lega.
– Nein: FDP, CVP(1)*, SP, EVP, CSP, PdA, GP, KVP, GLP, BDP; ZSA, economiesuisse, SGB, Travail.Suisse.

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Volksinitiative «Gegen den Bau von Minaretten» (BRG 08.061)

In Genf wurde das «Centre intercantonal d’information sur les croyances et les activités des groupements à caractère religieux, spirituel ou ésotérique» eröffnet. Das Zentrum, das gemeinsam von den Kantonen Genf, Waadt, Wallis und Tessin finanziert wird, ist eine Antwort auf die Ereignisse rund um den Sonnentemplerorden, denen Mitte der 90er Jahre über 70 Personen in der Westschweiz und in Frankreich zum Opfer fielen.

Eröffnung eines Zentrums als Antwort auf die Ereignisse rund um den Sonnentempelorden

Im Juni trafen sich Vertreter aller Kantone der Romandie sowie des Tessins in Genf, um Massnahmen gegen sektenähnliche Organisationen gemeinsam anzugehen. Da sie grosse Unterschiede in der kantonalen Gesetzgebung und der tatsächlichen Betroffenheit feststellten, beschlossen sie, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, um ein einvernehmliches Vorgehen gegenüber den Sekten abzustimmen.

Massnahmen gegen sektenähnliche Organisationen

Die Neuernennungen in den Diözesen St. Gallen, Lugano, Sion und Freiburg-Lausanne-Genf gingen ohne störende Zwischentöne über die Bühne. In Sion folgte der als konservativ eingeschätzte Norbert Brunner auf Henri Schwery, der trotz seines Rücktritts als Bischof weiterhin Kardinal bleiben wird. In Lugano und Freiburg wurden - als Nachfolger des verstorbenen Bischofs Correcco und des zurückgetretenen Bischofs Mamie - mit den Prälaten Giuseppe Torti und Amedée Grab zwei Kirchenmänner zu Bischöfen ernannt, welche sich in der Vergangenheit dem ökumenischen Gedankengut gegenüber aufgeschlossen gezeigt hatten. In St. Gallen, wo der Bischof nicht vom Heiligen Stuhl bestimmt, sondern aus einer von Rom genehmigten Liste durch lokale Gremien ernannt wird, wurde erwartungsgemäss der bisherige Administrator der Bistums, Ivo Fürer, zum neuen Bischof gewählt.

Neuernennungen in den Diözesen St. Gallen, Lugano, Sion und Freiburg-Lausanne-Genf

Im Tessin wurde eine neue Runde im Kruzifix-Streit eingeläutet. Nachdem das Bundesgericht 1990 entschieden hatte, ein derart symbolträchtiger Wandschmuck verstosse in Schulstuben gegen Art. 27 Abs. 3 BV, welcher einen konfessionell neutralen Unterricht in den öffentlichen Schulen garantiert, geriet nun der kantonale Parlamentssaal in Bellinzona ins Visier der Freidenker. In einer 1989 eingereichten Petition kritisierten sie, es sei unziemlich, dass das Parlament seine Funktion im Zeichen religiöser Symbole wahrnehme. Das Tessiner Kantonsparlament lehnte die Petition mit 51 zu 15 Stimmen bei drei Enthaltungen klar ab und sprach sich damit deutlich für die Beibehaltung des religiösen Wandschmuckes aus.

Freidenker gehen gegen religiösen Wandschmuck im Tessiner Parlament vor

Die verschiedenen zum Tessiner Kruzifixstreit hängigen Interpellationen wurden von den eidgenössischen Räten behandelt. Dass sich zumindest der Nationalrat nicht in diese heikle rechtliche Frage einmischen will, wurde klar, als er den Antrag des Interpellanten Ruckstuhl (cvp, SG) auf Diskussion der bundesrätlichen Antwort ablehnte. Etwas länger wurde die Angelegenheit im Ständerat aufgrund einer Interpellation Danioth (cvp, UR) debattiert. Insbesondere wurde die Frage aufgeworfen, wie weit Bundesrat und Parlament bei der Beurteilung ähnlicher Fälle an das Urteil aus Lausanne gebunden wären, und ob es sich beim Kruzifix um ein allgemein christliches oder ein spezifisch katholisches Symbol handle. Bundesrat Koller bekräftigte noch einmal die Auffassung der Regierung, wonach es ihr nicht zustehe, Entscheide des Bundesgerichts zu kritisieren, vertrat aber dennoch die Meinung, das Urteil müsse sich auf Klassenzimmer öffentlicher Schulen beschränken und dürfe keinesfalls eine Verbannung der christlichen Symbole aus dem öffentlichen Leben bedeuten.

Tessiner «Kruzifix-Streit»

Im Tessiner 'Kruzifix-Streit' fällte das Bundesgericht sein Urteil. Es befand, derart symbolträchtiger Wandschmuck verstosse gegen Art. 27 Abs. 3 BV, welcher einen konfessionell neutralen Unterricht in den öffentlichen Schulen garantiert, weshalb die Kruzifixe in den Klassenzimmern zu entfernen seien. Das Urteil löste in katholischen Kreisen und insbesondere im Tessin Bestürzung aus und führte zu drei Interpellationen an den Bundesrat, welche bis zu Ende des Berichtsjahres im Parlament nicht behandelt wurden. Der Bundesrat liess aber im Dezember seine Stellungnahme dazu veröffentlichen. Er verwies darauf, dass er ursprünglich anders entschieden habe als das Bundesgericht. Aus Rücksicht auf den Grundsatz der Gewaltenteilung stehe es ihm jedoch nicht zu, das Urteil des Bundesgerichts zu kritisieren. Nach seiner Ansicht beschränke sich das Urteil jedoch auf öffentliche Schulen und dürfe ausserhalb derselben keinen Präzedenzcharakter haben.

Tessiner «Kruzifix-Streit»

Der Tessiner «Kruzifix-Streit», bei dem es letztlich um das Verhältnis zwischen Kirche und Staat geht, beschäftigte nun auch die eidgenössischen Räte. Der «Fall», der in der Zwischenzeit deutlich Kulturkampf-Charakter angenommen hat, begann 1984, als im Neubau der Schule von Cadro TI – einer Gemeinde im Hinterland von Lugano – in allen Klassenzimmern Kruzifixe aufgehängt wurden. Dagegen protestierte ein Lehrer bei der Gemeinde, die sich jedoch hinter die Schulleitung stellte. Unterstützt von der Vereinigung der Freidenker legte der Lehrer beim Staatsrat Rekurs ein, wurde jedoch erneut abgewiesen. Anderer Ansicht war das Tessiner Verwaltungsgericht, das die Beschwerde mit dem Hinweis auf die konfessionelle Neutralität der Schulen (Art. 27 Abs. 3 BV) schützte. Diesen Bescheid mochte die abgewiesene Gemeinde nicht gelten lassen, und sie zog den Fall ans Bundesgericht. Nach längerem Hin und Her gaben die Lausanner Richter die Angelegenheit an den Bundesrat weiter, der 1988 unter Berufung auf die Präambel der Bundesverfassung zugunsten der Gemeinde entschied. Dies wiederum wollten Lehrer und Freidenker nicht hinnehmen und gelangten mit einer Beschwerde an die Bundesversammlung. Am 4. Oktober beschloss die Vereinigte Bundesversammlung auf Vorschlag der Begnadigungskommission, den Entscheid des Bundesrates wegen mangelnder Zuständigkeit aufzuheben und den Fall dem Bundesgericht zur Beurteilung zu überweisen.

Tessiner «Kruzifix-Streit»

Die Diskussion, ob die Kirchen sich politisch engagieren sollten, wurde durch den Beschluss des Weltkirchenrates (ÖRK) angeregt, an Organisationen, die den Rassismus bekämpfen, Beiträge auszurichten. Dass auch die interkonfessionelle Konferenz «Schweiz – Dritte Welt», die während zweier Tagungen ein Konzept schweizerischer Entwicklungspolitik zu erarbeiten versuchte, beschloss, den Weltkirchenrat in seinem Kampf gegen den Rassismus zu unterstützen, stiess in weiten Kreisen auf Ablehnung. Im Herbst veröffentlichte die schweizerische Bischofskonferenz (SBK) Richtlinien zum Mischehendekret des Papstes, die wegen ihres offenen und ökumenischen Inhalts von der protestantischen Kirche günstig aufgenommen wurden; diese erklärte sich zu weiteren Gesprächen bereit. Die eidgenössischen Räte ermächtigten den Bundesrat, die mit dem Heiligen Stuhl abgeschlossene Vereinbarung über die Abtrennung der Apostolischen Administratur des Tessins vom Bistum Basel und ihre Umwandlung in ein Bistum zu ratifizieren. Ein Schritt zur Annäherung der Rechtsstellung der fast einen Drittel der Bevölkerung umfassenden katholischen Kirche an die protestantische vollzog der Kanton Waadt. Das neue Katholiken-Statut wurde trotz starker Opposition insbesondere der Sozialdemokraten, die sich gegen die Staatskirche aussprachen, in der Volksabstimmung angenommen. Ferner blieb die Revision der konfessionellen Ausnahmeartikel während des ganzen Jahres im Stadium der Diskussion.

Kirche und Gesellschaft

Im Zusammenhang mit der Bewegung in den Kirchen fühlten sich kirchliche Kreise vermehrt zu einem politischen Engagement verpflichtet. So riefen junge evangelische Theologen anlässlich der Zwinglifeiern in Zürich nach Reformen und nach einem Heraustreten der Kirchen aus ihrem Glasgehäuse zum Kampf für eine gerechtere Welt. Als wichtigste kirchenpolitische Ereignisse sind die Einleitung eines Vernehmlassungsverfahrens über die konfessionellen Ausnahmeartikel und der Papstbesuch in Genf zu nennen. Auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe intensivierte sich die Zusammenarbeit protestantischer und katholischer Organisationen bei der Aufklärung der Bevölkerung und bei Geldsammlungen; die Kirchenleitungen empfahlen den Kirchgemeinden, feste Entwicklungshilfebeiträge in ihre Voranschläge aufzunehmen. Den veränderten konfessionellen Verhältnissen entsprach es, wenn der Tessiner Staatsrat gleichzeitig mit der Bildung einer besonderen tessinischen Diözese die Revision eines Verfassungsartikels beantragte, der die römisch-katholische Konfession zur Staatsreligion erklärt; dadurch soll den protestantischen Kirchgemeinden die öffentlich-rechtliche Anerkennung verschafft werden. Anderseits meldeten sich in katholischen Kantonen konservative Widerstände gegen eine Einschränkung der Zahl der allgemeinen Feiertage in Anpassung an das eidgenössische Arbeitsgesetz; so wurde im Kanton Freiburg eine Verlegung des Festes «Mariä Empfängnis» auf den folgenden Sonntag, die als Kompensation für eine dritte obligatorische Ferienwoche gedacht war, mit dem fakultativen Referendum angefochten und vom Volk verworfen.

Kirche und Politik

Von kultur- wie von ordnungspolitischer Bedeutung ist auch die Tatsache einer inneren Erschütterung der Kirchen. Es sei hier nur andeutungsweise die Opposition gegen die päpstliche Enzyklika «Humanae vitae», die sich gegen eine allgemeine Geburtenregelung wendet, oder die Auflehnung junger protestantischer Theologen gegen traditionelle Formen und Gebräuche erwähnt. Demgegenüber bildet das vom Bundesrat auf tessinisches Begehren mit dem Vatikan getroffene Abkommen über eine Erhebung der apostolischen Administratur Lugano zum selbständigen Bistum eine bloss formale kirchenpolitische Neuerung, wobei das am 24. Juli unterzeichnete Abkommen noch der Ratifikation bedarf.

Römisch-katholische Landeskirche