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Bereits im Juni 2022 häuften sich die Meldungen, wonach die Krankenkassenverbände eine starke Erhöhung der Krankenkassenprämien für das Jahr 2023 erwarteten. In den letzten drei Jahren hatte der Anstieg der mittleren Prämie maximal 0.5 Prozent betragen, was die Medien als eine Art «Erholungspause» erachteten. Nun war jedoch von einem Anstieg bis zu 10 Prozent die Rede, Santésuisse schrieb von einer «dramatische[n] Kostenentwicklung». Bis Ende September verdichteten sich die Anzeichen auf einen Prämienschock, so dass die Medien die Mitteilung von Gesundheitsminister Berset zur tatsächlichen Erhöhung der mittleren Prämie schon fast mit Erleichterung aufnahmen: Die mittlere Prämie für das Jahr 2023 stieg gegenüber dem Vorjahr um 6.6 Prozent.
Das EDI begründete den Prämienschub hauptsächlich mit der Covid-19-Pandemie: Einerseits hätten 2020 und im ersten Halbjahr 2021 deutlich weniger ärztliche Behandlungen stattgefunden – diese würden seit dem zweiten Halbjahr 2021 nun nachgeholt. Neben diesem «Nachholeffekt» habe die Pandemie selbst aber auch hohe zusätzliche Kosten verursacht, Santésuisse sprach etwa von CHF 250 Mio. für Impfungen, CHF 300 Mio. für stationäre Aufenthalte – bis Ende 2022 wurden gut 60'000 Spitaleintritte mit oder wegen Covid-19 registriert – sowie Zusatzkosten in unbekannter Höhe durch Covid-19-bedingte Arztbesuche.

Die mittlere Prämie stieg in allen Kantonen an, wie üblich gab es jedoch beträchtliche Unterschiede. Am höchsten war der Prämienanstieg in den Kantonen Neuenburg (9.5%), Appenzell Innerrhoden (9.3%) und Tessin (9.2%), am niedrigsten in Basel-Stadt (3.9%), Genf (4.7%) und Glarus (4.8). Besonders erzürnt zeigten sich die Medien in Neuenburg und Tessin, die zusammen mit verschiedenen anderen französischsprachigen Kantonen eine bisher erfolglose Offensive für tiefere Krankenkassenprämien gestartet hatten. Unterschiede gab es erneut auch zwischen den Krankenversicherungen, wobei diese jedoch tiefer zu liegen kamen als in früheren Jahren. Die Medien spekulierten daher, ob die Zeit der Billigkassen nun vorbei sei. Nicht vorbei waren hingegen die Diskussionen zu den Prämienverbilligungen, welche durch den Prämienanstieg erneut Schwung erhielten.

Auch für die Zukunft erwartete das EDI weiterhin einen Anstieg der Gesundheitskosten, der – wie in den Jahren vor der Pandemie – wieder eher auf den «medizinisch-technischen Fortschritt», die steigende Anzahl Gesundheitsleistungen und die Alterung der Gesellschaft zurückzuführen sein werde. Daneben machten die Medien aber zahlreiche weitere Gründe für den Kostenanstieg aus, etwa die starke Gesundheitslobby, die zu passiven Kantone, die zu teuren Medikamente, die zu hohen Verwaltungskosten der Krankenkassen, die zu grosse Anzahl regionaler Spitäler, die zu hohen Löhne verschiedener Ärztinnen und Ärzte, aber auch die zu häufigen medizinischen Konsultationen der Versicherten.
Zwar nicht den Anstieg der Gesundheitskosten, wohl aber denjenigen der Prämien führten die Medien überdies auf den Reserveabbau des Vorjahrs zurück. Dank dem Abbau der Krankenkassenreserven war die mittlere Prämie 2022 erstmals seit Jahren leicht zurückgegangen – und dies obwohl die Gesundheitskosten gemäss einer Schätzung von Santésuisse 2021 um 6.4 Prozent gestiegen waren. Zwar war diese Entlastung inmitten der Pandemie damals breit befürwortet worden, nun fragten sich die Medien jedoch, ob die Reserven nicht besser für grössere Notfälle – wie eben im aktuellen Jahr – aufgespart worden wären. Zwar konnten die Prämien auch in diesem Jahr durch den Abbau von Reserven teilweise gesenkt werden, das EDI betonte jedoch, dass dies aufgrund der von 205 auf 155 Prozent gesunkenen Solvenzquote der Krankenkassen nur beschränkt möglich gewesen sei. Die tiefere Solvenzquote führte das Bundesamt auf Verluste an den Finanzmärkten, steigende Zinsen und höhere Kosten zurück.

Als problematisch wurde der Prämienanstieg insbesondere im Hinblick auf die Teuerung verstanden – zum «Strompreishammer» komme nun also auch noch der «Prämienschock», titelte etwa der Blick. Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier nahmen die hohen Krankenkassenprämien denn auch in ihre ausserordentliche Session zum Thema «Kaufkraft» auf und behandelten verschiedene Vorstösse für einen höheren Bundesanteil an den Prämienverbilligungen oder für einen vollständigen Abzug von den Bundessteuern; sie wurden aber allesamt abgelehnt.

Krankenkassenprämien 2023
Dossier: Prämien- und Kostenentwicklung in der Krankenversicherung (seit 2010)

Stillschweigend sprach sich der Ständerat in der Herbstsession bezüglich der fünf Standesinitiativen der Kantone Tessin (Kt.Iv. 20.300), Genf (Kt.Iv. 20.304), Jura (Kt.Iv. 20.330), Freiburg (Kt.Iv. 20.333) und Neuenburg (Kt.Iv. 21.300), die einen stärkeren Einbezug der Kantone bei der Genehmigung der Prämientarife fordern, gegen Folgegeben aus. Zuvor hatte der Rat auch der nachträglich eingereichten Standesinitiative des Kantons Waadt (Kt.Iv. 21.323) Folgegeben verweigert. Das Anliegen der Initiativen werde bereits durch die Überweisung der Motion Lombardi (damals noch cvp; TI; Mo. 19.4180) an den Bundesrat weiterverfolgt, wurde der Entscheid begründet. Damit sind die fünf Ende 2020 eingereichten Standesinitiativen vom Tisch, nicht aber die Standesinitiative des Kantons Waadt, die als nächstes vom Nationalrat beraten wird.

Standesinitiativen für eine Stellungnahme der Kantone bei der Genehmigung der Prämientarife (Kt.Iv. 20.300, Kt.Iv. 20.304, Kt.Iv. 20.330, Kt.Iv. 20.333, Kt.Iv. 21.300 & Kt.Iv. 21.323)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Offensive für tiefere Krankenkassenprämien der Kantone Tessin, Genf, Jura, Freiburg und Neuenburg (2020) sowie des Kantons Waadt (2021)

In der Frühjahrssession 2022 behandelte der Nationalrat die fünf Standesinitiativen der Kantone Tessin (Kt.Iv. 20.300), Genf (Kt.Iv. 20.304), Jura (Kt.Iv. 20.330), Freiburg (Kt.Iv. 20.333) und Neuenburg (Kt.Iv. 21.300) für einen stärkeren Einbezug der Kantone bei der Genehmigung der Prämientarife – nicht jedoch eine in der Zwischenzeit ebenfalls eingereichte Standesinitiative des Kantons Waadt (Kt.Iv. 21.323). Die Kommission hatte zuvor mit 22 zu 1 Stimmen bei 2 Enthaltungen beantragt, den Standesinitiative keine Folge zu geben. Kommissionssprecher Mäder (glp, ZH) beteuerte jedoch die grundsätzliche Unterstützung des Anliegens durch die Kommission: Inhaltlich befürworte man das Anliegen, verfolge dazu aber lieber die Motion Lombardi (damals cvp, TI; Mo. 19.4180) weiter, welche im Nationalrat bereits angenommen worden sei. Eine zusätzliche Weiterverfolgung der Standesinitiativen würde daher «einzig ein[en] administrative[n] Mehraufwand ohne inhaltlichen Zusatznutzen» bedeuten. Stillschweigend sprach sich die grosse Kammer bei allen fünf Standesinitiativen gegen Folgegeben aus.

Standesinitiativen für eine Stellungnahme der Kantone bei der Genehmigung der Prämientarife (Kt.Iv. 20.300, Kt.Iv. 20.304, Kt.Iv. 20.330, Kt.Iv. 20.333, Kt.Iv. 21.300 & Kt.Iv. 21.323)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Offensive für tiefere Krankenkassenprämien der Kantone Tessin, Genf, Jura, Freiburg und Neuenburg (2020) sowie des Kantons Waadt (2021)

Nachdem die RK-SR die Vorprüfung der fünf Standesinitiativen (Kt.Iv. BE 08.316; Kt.Iv. SG 09.313; Kt.Iv. TI 09.314; Kt.Iv. FR 09.332; Kt.Iv. ZG 10.302) wieder aufgenommen hatte, nachdem sie zuvor zehn Jahre lang sistiert gewesen waren, kam sie zum Schluss, dass die Forderungen der fünf Standesinitiativen für einen stärkeren Schutz von Jugendlichen vor gewaltvollen Videospielen im Entwurf des Bundesrates zum neuen Bundesgesetz zum Jugendschutz in den Bereichen Film und Videospiel einbezogen würden und dass beide Kammern im Rahmen der Debatte über das Gesetz ihre Anliegen einbringen können. Da damit keine weiteren Massnahmen nötig seien, beantragten die RK-SR sowie die RK-NR, den kantonalen Begehren keine Folge zu geben. Die beiden Räte folgten diesen Anträgen diskussionslos und stillschweigend.

Verbot von gewaltvollen Videospielen (Kt.Iv. BE 08.316; Kt.Iv. SG 09.313; Kt.Iv. TI 09.314; Kt.Iv. FR 09.332; Kt.Iv. ZG 10.302)

Wie er ein Jahr zuvor angekündigt hatte, empfahl der Bundesrat die Prämien-Entlastungs-Initiative in seiner im September 2021 publizierten Botschaft zur Ablehnung und stellte ihr einen indirekten Gegenvorschlag gegenüber. Er wolle das Anliegen der Initiative, die «Bevölkerung bei den Prämien zu entlasten», im Rahmen des KVG umsetzen, eine Verfassungsänderung sei dafür nicht notwendig. So wolle er dafür sorgen, dass die Anteile verschiedener Kantone an der Prämienverbilligung nicht weiter sinken. Demnach soll zukünftig ein Mindestbeitrag für die Kantone in Abhängigkeit der Bruttokosten der OKP für die im Kanton Versicherten sowie in Abhängigkeit der mit den Prämienverbilligungen verbleibenden Belastung der Versicherten festgesetzt werden.
In der dazu durchgeführten Vernehmlassung mit 57 Teilnehmenden, unter anderem der GDK, der SODK, allen Kantonen, sechs Parteien sowie verschiedenen Verbänden, war der Gegenvorschlag auf geteilte Meinungen gestossen. Ihre Unterstützung sagten die Kantone Waadt und Tessin, die SP und die Grüne Partei, der Gewerkschaftsbund sowie verschiedene Konsumenten- und andere Verbände zu und auch die FDP, die Mitte, die EVP und die Versichererverbände begrüssten gemäss Botschaft den Vorentwurf. Ablehnend reagierten elf Kantone (AR, BL, GL, LU, NW, OW, SG, SZ, UR, ZG, ZH), die SVP und der Gewerbeverband. Alternativvorschläge machten die CLASS, welche die Bundesbeiträge nach deren Bedarf an die Kantone verteilen wollte, und die GDK, die alle kantonalen Beiträge an die Prämien, auch diejenigen über die Sozialhilfe oder die EL, zur Berechnung des Mindestanteils einbeziehen wollte.

Eidgenössische Volksinitiative «Maximal 10 Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämien-Entlastungs-Initiative)» und indirekter Gegenvorschlag (BRG 21.063)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Prämienverbilligung
Dossier: Volksinitiativen zum Thema «Krankenkasse» (seit 2015)

In der Sommersession 2021 behandelte der Ständerat die fünf Standesinitiativen für eine Beschränkung der maximal möglichen Reserven der Krankenversicherungen zusammen mit den Standesinitiativen für kostenkonforme Prämien. Mit diesem Block an Standesinitiativen sollten die Krankenkassen ihre Reserven zwingend auf 150 Prozent reduzieren müssen. Die Initiativen gingen somit weiter als eine bundesrätliche Verordnungsänderung, welche die Reduktion für die Krankenkassen vereinfachte, jedoch nicht zwingend machte. Der zweite Block an Standesinitiativen sah eine Pflicht für die Krankenkassen vor, die zukünftigen Prämien in einem Kanton zu senken, wenn ihre Prämieneinnahmen in diesem Kanton die kumulierten Kosten in einem Jahr übersteigen.
Die SGK-SR hatte zuvor sämtliche Standesinitiativen zur Ablehnung empfohlen. Erich Ettlin (cvp, OW) vertrat unter Offenlegung seiner Interessenbindung als Verwaltungsrat der CSS-Krankenversicherung die Kommissionsmehrheit. Heute betrügen die Reserven über 200 Prozent – 100 Prozent wäre das vorgeschriebene Minimum. Auch in der von der Kommission durchgeführten Anhörung habe es Stimmen gegeben, die eine Muss-Formulierung und die Festsetzung eines Grenzwertes gefordert hätten, betonte Ettlin. Die Versicherungen hätten indes vor einem Jo-Jo-Effekt gewarnt, gemäss dem es bei zu tiefen Prämien zu einem Neukundenzugang komme, wodurch Solvenzprobleme aufträten und die Prämien im Folgejahr erhöht werden müssten. Durch die Reduktion der Reserven könne man unkontrollierbare Eigendynamiken auslösen, warnte Ettlin. Entsprechend unterstütze die Kommission den freiwilligen Abbau gemäss der Verordnungsänderung, nicht aber die Standesinitiativen. Marina Carobbio Guscetti (sp, TI) vertrat die Standesinitiativen für den Kanton Tessin, der diesbezüglich die Federführung innehatte. Sie verwies darauf, dass die Reduktion der Reserven zwar das Grundproblem – den Prämienanstieg der Krankenkassen – nicht lösen könne, aber man den Versicherten so immerhin zurückgeben könne, was ihnen gehöre. Gemäss dem Vorschlag des Bundesrates würden aber die zu viel eingenommenen Prämien nicht denjenigen Personen vergütet, die zu viel gezahlt hatten, sondern für eine genauere Kalkulation zukünftiger Prämien verwendet. Die GDK unterstütze denn auch die Initiativen, so Carobbio Guscetti. Mit 20 zu 17 Stimmen (bei 1 Enthaltung) sprach sich der Ständerat bei allen zehn Standesinitiativen gegen Folgegeben aus. Zum dritten Block an Standesinitiativen zu den Krankenkassenreserven hatte sich der Ständerat bereits in der Frühjahrssession ablehndend geäussert.

Standesinitiativen für angemessene Reserven (Kt.Iv. 20.301, Kt.Iv. 20.305, Kt.Iv. 20.329, Kt.Iv. 20.334, Kt.Iv. 21.301 & Kt.Iv. 21.324)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Krankenkassenreserven
Dossier: Offensive für tiefere Krankenkassenprämien der Kantone Tessin, Genf, Jura, Freiburg und Neuenburg (2020) sowie des Kantons Waadt (2021)

In der Sommersession 2021 behandelte der Ständerat die fünf Standesinitiativen für kostenkonforme Prämien zusammen mit den fünf Standesinitiativen für eine Beschränkung der maximal möglichen Reserven der Krankenversicherungen. Wie die Kommission zuvor empfohlen hatte, entschied sich die kleine Kammer mit 22 zu 17 Stimmen gegen Folgegeben. Erich Ettlin (mitte, OW) hatte für die Kommission zuvor erklärt, dass man stattdessen auf die Verordnungsänderung des Bundesrates setze, da man verhindern wolle, dass es zukünftig «zu einer unstetigen Prämienentwicklung» mit Reserveabbau im einen und einem Prämienanstieg im nächsten Jahr komme.

Standesinitiativen für kostenkonforme Prämien (Kt.Iv. 20.302, Kt.Iv. 20.306, Kt.Iv. 20.328, Kt.Iv. 20.335, Kt.Iv. 21.302 & Kt.Iv. 21.325)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Offensive für tiefere Krankenkassenprämien der Kantone Tessin, Genf, Jura, Freiburg und Neuenburg (2020) sowie des Kantons Waadt (2021)

In Erfüllung einer Motion der SGK-SR (Mo. 18.4091) legte der Bundesrat im Mai 2021 die Botschaft zum Bundesgesetz über die Regulierung der Versicherungsvermittlertätigkeit in der OKP und den Zusatzversicherungen vor. Wie von der Motion vorgesehen, soll der Bundesrat im Sinne der Selbstregulierung Branchenlösungen der Krankenversicherungen im Bereich der Vermittlertätigkeit allgemeinverbindlich erklären können, wenn sie von Versicherungen eingereicht werden, die mindestens zwei Drittel aller Versicherten in der Schweiz abdecken. Dadurch würden die Bestimmungen auch für Versicherungen, die der Vereinbarung nicht beigetreten sind, obligatorisch. Solche Regelungen sind vorgesehen bezüglich eines Verbots der Telefonwerbung bei Personen, die nie bei der fraglichen Versicherung versichert waren, bezüglich der Ausbildung der Vermittlerinnen und Vermittler, einer Einschränkung ihrer Entschädigungen und der Notwendigkeit von unterschriebenen Beratungsprotokollen.

Zwischen Mai und September 2020 hatte der Bundesrat dazu eine Vernehmlassung durchgeführt, bei der 84 Stellungnahmen eingingen. Vollständig einverstanden mit dem Gesetz zeigten sich 13 Kantone (AI, AR, BE, BL, NE, NW, OW, SO, TG, TI, UR, VS, ZG), die CVP sowie der Schweizerische Verband der Versicherungsgeneralagenten. Vollständig abgelehnt wurde sie von Economiesuisse und dem Gewerbeverband, dem Schweizerischen Konsumentenforum kf und verschiedenen Versicherungsbrokern. Die übrigen Akteure anerkannten jeweils den Regulierungsbedarf, empfanden den Entwurf aber als zu weitgehend (FDP, SVP, Bauernverband, Centre Patronal und verschiedene Versicherer sowie Curafutura und Santésuisse) respektive als zu wenig weitgehend (Kantone AG, BS, GE, JU, LU, VD; SP, Grüne, Gewerkschaftsbund, Konsumentenverbände FRC und SKS, Ombudsstelle Krankenversicherung).
Die Organisationen, welchen der Entwurf zu weit ging, kritisierten insbesondere die Definition der Vermittlertätigkeit, bei der der Bundesrat neben den externen auch die internen Vermittlerinnen und Vermittler berücksichtigt. Kritisiert wurde auch das vorgesehene Sanktionssystem und der vorgeschriebene Ausbildungsstandard, da dieser nicht durch das SBFI überprüft werde. Zudem wurde die Notwendigkeit eines neuen Gesetzes von verschiedenen Teilnehmenden verneint und eine Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit von kleinen Versicherungen befürchtet. Weiterführende Forderungen waren hingegen eine Muss- statt einer Kann-Bestimmung zum Abschluss einer Vereinbarung sowie die Schaffung einer subsidiären Kompetenz des Bundesrates, wenn die Versicherungen keine gemeinsame Vereinbarung erzielen.

Bundesgesetz über die Regulierung der Versicherungsvermittlertätigkeit (BRG 21.043)

Im Laufe des Jahres 2020 reichten die Kantone Tessin (Kt.Iv. 20.301), Genf (Kt.Iv. 20.305), Jura (Kt.Iv. 20.329), Freiburg (Kt.Iv. 20.334) und Neuenburg (Kt.Iv. 21.301) im Rahmen ihrer Offensive für tiefere Krankenkassenprämien Standesinitiativen ein, mit denen sie verlangten, dass die Reserven der Krankenversicherungen zukünftig maximal 150 Prozent des gesetzlich vorgeschriebenen Wertes betragen dürfen und ansonsten durch Rückerstattungen an die Versicherten auf diesen Wert reduziert werden müssen. Bisher sei nämlich der Begriff der «übermässigen Reserven» weder im KVAG noch in der KVAV genauer definiert. Der Wert von 150 Prozent entspreche demjenigen Wert, den das BAG im Jahr 2017 zur Rückerstattung von Reserven genehmigt hatte.
Die Kantone Tessin und Genf begründeten ihre Vorstösse damit, dass die Reserven seit 2012 unter Berücksichtigung der Risiken der Krankenkassen berechnet würden und somit nicht mehr einem fixen Prozentsatz der Prämien entsprächen. Heute stellten aber nicht mehr zu tiefe, sondern zu hohe Reserven ein Problem dar – teilweise liegen die Reserven bei über 200 Prozent –, da sich diese auf die Prämienentwicklung auswirkten.
Im April 2021 beantragte die SGK-SR mit 9 zu 4 Stimmen, den fünf Standesinitiativen keine Folge zu geben und stattdessen auf den freiwilligen Reserveabbau zu setzen, wie ihn der Bundesrat im Rahmen der KVAV-Revision angekündigt hatte.

Standesinitiativen für angemessene Reserven (Kt.Iv. 20.301, Kt.Iv. 20.305, Kt.Iv. 20.329, Kt.Iv. 20.334, Kt.Iv. 21.301 & Kt.Iv. 21.324)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Krankenkassenreserven
Dossier: Offensive für tiefere Krankenkassenprämien der Kantone Tessin, Genf, Jura, Freiburg und Neuenburg (2020) sowie des Kantons Waadt (2021)

In ihrer Offensive für tiefere Krankenkassenprämien reichten die Kantone Tessin (Kt.Iv. 20.302), Genf (Kt.Iv. 20.306), Jura (Kt.Iv. 20.328), Freiburg (Kt.Iv. 20.335) und Neuenburg (Kt.Iv. 21.302) je eine Standesinitiative für kostenkonforme, kostendeckende und kostengerechte Prämien ein. Darin forderten sie eine Pflicht für die Krankenkassen, die zukünftigen Prämien entsprechend zu senken, wenn ihre Prämieneinnahmen in einem Kanton die kumulierten Kosten in diesem Kanton in einem Jahr übersteigen. Ein nachträglicher datenbasierter Prämienausgleich sei aufgrund des KVAG möglich, aber nicht bindend und unterliege somit dem Willen der Versicherungen. Stattdessen solle eine solche Rückzahlung aber systematisiert werden und zukünftig eine Selbstverständlichkeit darstellen, forderten die fünf Kantone.
Im April 2021 beschäftigte sich die SGK-SR mit den Standesinitiativen und beantragte mit 9 zu 4 Stimmen, diesen keine Folge zu geben. Stattdessen verwies sie auf die kurz zuvor erfolgte Änderung der KVAV durch den Bundesrat.

Standesinitiativen für kostenkonforme Prämien (Kt.Iv. 20.302, Kt.Iv. 20.306, Kt.Iv. 20.328, Kt.Iv. 20.335, Kt.Iv. 21.302 & Kt.Iv. 21.325)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Offensive für tiefere Krankenkassenprämien der Kantone Tessin, Genf, Jura, Freiburg und Neuenburg (2020) sowie des Kantons Waadt (2021)

Im Rahmen ihrer Offensive für tiefere Krankenkassenprämien reichten die Kantone Tessin (Kt.Iv. 20.300), Genf (Kt.Iv. 20.304), Jura (Kt.Iv. 20.330), Freiburg (Kt.Iv. 20.333) und Neuenburg (Kt.Iv. 21.300) im Jahr 2020 je eine Standesinitiative ein, mit denen sie einen stärkeren Einbezug der Kantone bei der Genehmigung der Prämientarife forderten. Demnach sollte das KVAG dahingehend geändert werden, dass den Kantonen ein Recht auf eine Stellungnahme «zu den für ihren Kanton geschätzten Kosten und zu den für ihren Kanton vorgesehenen Prämientarifen gegenüber den Versicherern und der Aufsichtsbehörde» eingeräumt wird. Dazu sollten die Kantone Zugang zu den dafür notwendigen Informationen erhalten. Die fünf Kantone störten sich daran, dass die Kantone seit einem Beschluss des BAG aus dem Jahr 2019 keine Prämiendaten zu Analysezwecken mehr erhielten, wodurch ihre Rolle im Prämiengenehmigungsverfahren weiter eingeschränkt worden sei. Seit der Änderung des KVAG beschränke sich diese auf eine Stellungnahme bezüglich der Kosten, aber nicht mehr zu den Prämientarifen. Da Kosten und Prämien jedoch «untrennbar miteinander verbunden» seien, verhindere dies eine Wahrnehmung der Aufsichtsrolle durch die Kantone. Diese sei jedoch im Hinblick auf eine demokratische Kontrolle der sozialen Krankenversicherung von grosser Bedeutung.
Im Februar 2021 beantragte die Mehrheit der SGK-SR, den Initiativen keine Folge zu geben. Zuvor hatte die Kommission Vertreterinnen und Vertreter der GDK, der fünf Kantone, der Versicherungen sowie der Prämienzahlenden angehört. Die Kommission betonte die Relevanz der Stellungnahme der Kantone zu den kantonalen Gesundheitskosten. Eine entsprechende Ausdehnung auf die Prämien lehnte die Kommissionsmehrheit jedoch ab, da diese auf Faktoren beruhten, die auf Bundesebene berechnet würden. Daher verfüge nur das BAG, nicht aber die Kantone über einen entsprechenden Gesamtüberblick, der die Prüfung der Prämien erlaube. Das Prämiengenehmigungsverfahren solle überdies nicht weiter erschwert werden.

In der Frühjahrssession 2021 behandelte der Ständerat die fünf Standesinitiativen zusammen mit der Motion Lombardi (cvp, TI; Mo. 19.4180), mit welcher der Motionär ebenfalls eine Weitergabe der für die Prüfung der Prämien nötigen Daten an die Kantone forderte. Erich Ettlin (cvp, OW) legte anfänglich die Position der Kommissionsmehrheit dar und betonte vor allem den grossen Aufwand und die Verzögerung, die entstehen würden, wenn 26 Kantone die Prämien von 50 Krankenversicherungen prüfen würden. Für die Kommissionsminderheit, welche den Standesinitiativen Folge geben und die Motion annehmen wollte, erläuterte Marina Carobbio Guscetti (sp, TI) die Situation der Kantone: Diese fühlten sich im Prozess der Prämiengenehmigung nicht angemessen vertreten, obwohl sie die Leistungserbringenden und Versicherungen in ihren Kantonen gut kennen würden, mit der demografischen Entwicklung im Kanton vertraut seien und gleichzeitig über das nötige Fachwissen verfügten, um die Prämien zu prüfen. Sie seien überdies durch individuelle Prämienverbilligungen, Ergänzungsleistungen und Sozialhilfe an der Bezahlung der Prämien beteiligt. Eine Prüfung der Prämien würde es ihnen zudem erlauben, als Gegengewicht zu den Krankenversicherern aufzutreten und die Entwicklung der Krankenkassenprämien zu beeinflussen. Diese Argumentation schien die Ständekammer zu überzeugen, mit 21 zu 20 Stimmen (bei 1 Enthaltung) gab sie den Standesinitiativen Folge. Auch die Motion Lombardi nahm sie mit 22 zu 18 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) an.

Standesinitiativen für eine Stellungnahme der Kantone bei der Genehmigung der Prämientarife (Kt.Iv. 20.300, Kt.Iv. 20.304, Kt.Iv. 20.330, Kt.Iv. 20.333, Kt.Iv. 21.300 & Kt.Iv. 21.323)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Offensive für tiefere Krankenkassenprämien der Kantone Tessin, Genf, Jura, Freiburg und Neuenburg (2020) sowie des Kantons Waadt (2021)

Im Juli 2018 lösten Zeitungsberichte darüber, dass eine Krankenkasse im Tessin das Krebsmedikament zur Behandlung eines zwölfjährigen Jungen nicht übernehmen wolle, da dieses für die Behandlung von Kindern nicht zugelassen und bei der Schweizer Arzneimittelbehörde nicht registriert sei, in der Öffentlichkeit Empörung aus. In der Folge entschied sich die Krankenkasse, die Kosten dennoch zu übernehmen. Damit war aber ein allgemeines Problem ans Licht gelangt: Fast 80 Prozent der Medikamente, die in der Kinderonkologie eingesetzt würden, seien nicht für Kinder zugelassen, war den Medien zu entnehmen. Wegen der geringen Fallzahlen habe die Pharmaindustrie kein Interesse an entsprechenden klinischen Studien, weshalb die Zulassung fehle.

Im Oktober 2018 nahm auch das Parlament den Vorfall auf: Die SGK-NR reichte ein Postulat ein, mit dem die Vergütung von Medikamenten für krebskranke Kinder untersucht werden sollte. Der zu verfassende Bericht sollte die Voraussetzungen für eine Übernahme durch die Krankenkassen, Rückerstattungsmöglichkeiten für Kosten von im Ausland, nicht aber in der Schweiz zugelassenen Medikamenten sowie Möglichkeiten zur Vermeidung der Ungleichbehandlung durch die verschiedenen Krankenkassen bei der Kostenübernahme von sogenannten Off-Label-Use-Medikamenten, also Medikamenten, die nur für Erwachsene zugelassen sind, untersuchen. Die Problematik sei bei Kindern besonders gross, da aufgrund der geringen Anzahl Krebsfälle nur wenige spezifische Medikamente auf den Markt gebracht würden, erklärte die Kommission. Der Bundesrat verwies auf die geplante Evaluation der Umsetzung der Arzneimittelvergütungen durch das BAG und den entsprechenden Passus in der KVV. Nach Abschluss dieser Evaluation könne der Bundesrat einen entsprechenden Bericht ausarbeiten, erklärte er. Stillschweigend nahm der Nationalrat das Postulat in der Frühjahrssession 2019 an.

Vergütung von Medikamenten für krebskranke Kinder (Po. 18.4098)

An der Vernehmlassung zum ersten Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen zwischen September und Dezember 2018 beteiligten sich 150 Einheiten und Organisationen, darunter alle Kantone, die sieben grossen nationalen Parteien, der Städte- und der Gemeindeverband, Dachverbände der Wirtschaft, Konsumenten-, Patienten-, Leistungserbringenden- sowie Versichererverbände. Entsprechend breit war trotz Lobes für die Bemühungen des Bundesrates zur Kostensenkung auch die Kritik an dem neuen Projekt. Insbesondere wurde vor Wechselwirkungen mit anderen Revisionen, vor Finanzierungs- oder Versorgungsproblemen sowie vor einer verstärkten Bürokratisierung oder staatlichen Steuerung gewarnt, wie das BAG in seinem Ergebnisbericht erklärte.

Erstes Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen (BRG 19.046)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)

Im Juni 2017 schickte der Bundesrat eine Änderung des KVG in die Vernehmlassung. Da der Anstieg der Gesundheitskosten – jährlich steigen die Vergütungen von medizinischen Leistungen durch die OKP pro Kopf um etwa 4 Prozent – nicht nur durch demografische Faktoren erklärt werden könne, sondern auch auf eine Mengenausweitung zurückzuführen sei, wollte der Bundesrat die Franchisen regelmässig an die Kostenentwicklung der OKP anpassen. Durch diese Massnahme, wie sie durch die Motion Bischofberger (cvp, AI; Mo. 15.4157) angeregt worden war, könne die Eigenverantwortung der Versicherten gestärkt werden, erklärte der Bundesrat. Konkret sollen alle Franchisen um CHF 50 erhöht werden, sobald die durchschnittlichen Bruttokosten der Leistungen pro Person mehr als dreizehnmal höher sind als die ordentliche Franchise. Damit soll das maximale Verhältnis von 1:12 zwischen der Höhe der ordentlichen Franchise und den Bruttokosten, wie es bei Einführung des KVG und bei der letzten Erhöhung der Franchisen vorgelegen hatte, gewahrt werden. Somit werden die Zeitabstände der Franchisenerhöhungen von der Kostenentwicklung in der OKP abhängig gemacht. Der Bundesrat rechnete damit, dass eine Bruttokostenhöhe von CHF 3'900 eine erste automatische Erhöhung der Franchisen im Jahr 2020 nötig machen würde.

In der Vernehmlassung, die zwischen Juni und Oktober 2017 stattfand, meldeten sich 65 Organisationen zu Wort. Die Mehrheit der Organisationen – darunter 14 Kantone, die meisten teilnehmenden Parteien (CVP, FDP, GLP und SVP), economiesuisse und der SGV sowie die Verbände der Leistungserbringer – stimmte der Vorlage vorbehaltlos zu. Gelobt wurden insbesondere die Stärkung der Eigenverantwortung und die erwartete dämpfende Wirkung auf den Leistungsbezug.
Auf Ablehnung stiess die Vorlage auf linker Seite: Unter anderem die SP, die Grünen und der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB), aber zum Beispiel auch der Schweizerische Gehörlosenbund und Inclusion Handicap sowie sieben Kantone (BE, FR, NE, SO, TI, VD, VS) lehnten die entsprechende Änderung des KVG ab. Kritisiert wurde, dass durch die Änderung mehr Personen von der Sozialhilfe abhängig würden und dass dadurch sowie durch die höheren Ausgaben der EL die Kosten für Kantone und Gemeinden anstiegen. Die Kritiker der Vorlage bezweifelten überdies, dass die Änderung tatsächlich zu einer Senkung der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen führen würde: Bei den Versicherten mit der Grundfranchise, auf die sich eine Franchisenerhöhung am stärksten auswirke, würde eine Erhöhung um CHF 50 kaum ins Gewicht fallen, da sie bereits sehr hohe Kosten hätten. Somit würden diese auch kaum ihr Verhalten ändern. Stattdessen untergrabe die Vorlage die Solidarität zwischen Gesunden und Kranken – wurde kritisiert –, weil diejenigen bestraft würden, die Leistungen beanspruchen müssten.

Bundesratsgeschäft für eine regelmässige Anpassung der Franchisen an die Kostenentwicklung (BRG 18.036)
Dossier: Krankenversicherung: Vorstösse zu Wahlfranchisen

Die Schweiz verfügt über eine der höchsten Dichten an praktizierenden Ärztinnen und Ärzten in der OECD. Zur Beschränkung der Ärztezahl hatte das Parlament 2000 eine zeitlich begrenzte Bedürfnisklausel eingeführt und diese bis 2011 dreimal verlängert. Aufgrund der grossen Zahl an Praxiseröffnungen nach dem Auslaufen der Bedürfnisklausel schränkte das Parlament die Zulassung von Leistungserbringenden 2013 in einem dringlichen Bundesgesetz erneut ein. Nachdem der Nationalrat einen Vorschlag zur langfristigen Steuerung des ambulanten Bereichs in der Schlussabstimmung abgelehnt hatte, musste die Zulassungsbeschränkung 2016 erneut verlängert werden. Gleichzeitig beauftragte das Parlament den Bundesrat, einen neuen Vorschlag zur Zulassung der Leistungserbringenden in die Vernehmlassung zu schicken. Diesen Vorschlag basierte der Bundesrat auf den Bericht zur Erfüllung eines Postulats der SGK-SR.
Der Bundesrat schlägt dabei Massnahmen auf drei Interventionsebenen vor. Eine erste Ebene dient der Sicherung der Qualifikation der Leistungserbringenden; dabei sollen Anforderungen an Aus- und Weiterbildung, an das Erlangen von Diplomen sowie an die Anerkennung ausländischer Diplome formuliert werden. Auf einer zweiten Ebene sollen die Anforderungen an die Leistungserbringenden durch ein formales Zulassungsverfahren mit allfälliger Wartefrist von zwei Jahren, durch einen Nachweis der Qualität der Leistungserbringung sowie durch die Knüpfung der Tätigkeit zu Lasten der OKP an Auflagen erhöht werden. Die Versicherer sollen eine Organisation schaffen, welche über die Zulassungsgesuche entscheidet. Die dritte Interventionsebene beschreibt Massnahmen, die es den Kantonen erlauben, das Versorgungsangebot nach Bedarf zu regeln. Dazu gehören Höchstzahlen an zu Lasten der OKP im ambulanten Sektor tätigen Ärztinnen und Ärzten sowie Zulassungseinschränkungen in Bereichen mit massivem Kostenanstieg.

An der Vernehmlassung, die vom 5. Juli 2017 bis zum 25. Oktober 2017 stattfand, beteiligten sich 91 Organisationen. Mehrheitlich einig war man sich über die Notwendigkeit der Zulassungssteuerung, die einzelnen Massnahmen der Vorlage stiessen jedoch auf unterschiedlich grossen Anklang. Klar für die Vorlage sprachen sich die SP, die GDK und CLASS, alle Kantone (ausser AG, GR, JU, LU und TG), die Konsumentenverbände, der Patientenverband DVSP sowie die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Berggebiete (SAB) aus. Die SVP und FDP, die meisten Dachverbände der Wirtschaft, die Versichererverbände, die Konferenz der kantonalen Ärztegesellschaften (KKA) und die meisten kantonalen und regionalen Ärztegesellschaften lehnten die Vorlage deutlich ab. Gespalten zeigten sich die Verbände der Leistungserbringenden: Einige befürworteten den bundesrätlichen Vorschlag, die meisten sprachen sich allerdings dagegen aus oder kritisierten ihn zumindest stark.
Viel Kritik gab es für den Vorschlag, die Zulassungssteuerung den Versicherern zu übertragen. Dies wurde als erster Schritt zur Aufhebung des Vertragszwangs gewertet. Stattdessen solle die Zulassung von den Kantonen gesteuert werden, argumentierten zahlreiche Akteure. Mehrfach wurde zudem eine Verschärfung der Zulassungskriterien gefordert. Unter anderem sollen Ärztinnen und Ärzte mindestens drei Jahre an schweizerischen Bildungsstätten gearbeitet haben müssen und über ausreichende Sprachkenntnisse verfügen, bevor sie zur Tätigkeit zu Lasten der OKP zugelassen werden. CVP, FDP und SVP schlugen zudem vor, die Zulassungsbeschränkungen mittelfristig mit einer einheitlichen Leistungsfinanzierung zu verknüpfen.

KVG. Zulassung von Leistungserbringern (BRG 18.047)
Dossier: Zulassungsbeschränkung für Ärztinnen und Ärzte (seit 1998)

In der Sommersession 2008 reichten die Kantone Bern, Freiburg, St. Gallen, Tessin und Zug Standesinitiativen ein, welche alle im Kern dasselbe forderten: einen stärkeren Jugendschutz vor gewaltvollen Videospielen. Die Forderungen reichten von einem gezielten schweizweiten Schutz von Jugendlichen und Kindern vor solchen Spielen, mit einer einheitlichen Alterskennzeichnung und einem Verkaufsverbot von nicht altersgerechten Computer- und Videospielen als Mindestforderung (Kt.Iv. ZG 10.302), über ein generelles Herstellungs- und Verkaufsverbot (Kt.Iv. BE 08.316, Kt.Iv. TI 09.314, Kt.Iv. FR 09.332), bis hin zu einem Herstellungs- und Verkaufsverbot mit zusätzlichem Ausbau des Jugendschutzes (Kt.Iv. SG 09.313). Im Sommer 2010 hiessen die beiden Räte zwei Motionen gut, die ebenfalls ein Verkaufsverbot (Mo. 07.3870), oder gar ein Herstellungs- und Verkaufsverbot (Mo. 09.3422) verfolgten. Da es keinen Sinn ergebe, dass sich das Parlament parallel über dieselbe Gesetzesvorlage beuge wie der Bundesrat, die RK-SR den dringenden Handlungsbedarf in diesem Bereich jedoch anerkenne, entschied sie in der Frühlingssession 2011 einstimmig, den Gesetzesentwurf des Bundesrates abzuwarten und die Beratung der Standesinitiativen damit für mehr als ein Jahr auszusetzen. Die RK-NR folgte ihrer Schwesterkommission und Stände- und Nationalrat nahmen den Antrag auf Sistierung in der Herbst- und Wintersession 2011 stillschweigend und diskussionslos an.

Verbot von gewaltvollen Videospielen (Kt.Iv. BE 08.316; Kt.Iv. SG 09.313; Kt.Iv. TI 09.314; Kt.Iv. FR 09.332; Kt.Iv. ZG 10.302)

Der Kanton Tessin tut sich offenbar schwer mit seiner Alternativkultur. Seit eine Gruppe Jugendlicher im Oktober 1996 im Luganeser Vorort Viganello eine leerstehende Industriemühle besetzt und in ein selbstverwaltetes Gemeinschaftszentrum umgewandelt hatte, bemühten sich Gemeinde und Kanton mit den Betroffenen - Besetzer und Anwohner - eine tragfähige Lösung zu finden. Allerdings vergeblich, denn nach einer Eskalation der Bürgerproteste ging die Liegenschaft Mitte Juni in Flammen auf. Grund war eindeutig Brandstiftung. Der Versuch, die Autonomen in einem dem Kanton in Canobbia gehörenden Grotto anzusiedeln, scheiterte ebenfalls.

Tessin Alternativkultur

Obwohl ein Archiv für Tondokumente einen wichtigen Beitrag zu einer nationalen Kulturpolitik leisten könnte, gelingt es der Landesphonothek in Lugano aus finanziellen und räumlichen Gründen kaum, ihren Hauptaufgaben nachzukommen. Als geographisches Gegengewicht zur Landesbibliothek in Bern und zur Cinémathèque in Lausanne nahm die Landesphonothek 1987 Sitz in Lugano. Von Anfang an kämpfte die Stiftung, die vom Bund, vom Kanton Tessin sowie von der Stadt Lugano finanziell getragen wird, mit materiellen Schwierigkeiten. Mit der für 1991 erfolgten Aufstockung der Beiträge von 450'000 auf 900'000 Fr. können nun wenigstens die wichtigsten Bedürfnisse dieser Institution befriedigt werden. Unterstützung erhielten die Anliegen der Stiftung auch durch eine im Vorjahr vom Nationalrat angenommene Motion, die den Bundesrat beauftragt, nach Lösungen für die Schaffung einer zentralen Phono- und Videothek zu suchen; der Ständerat überwies diesen Vorstoss allerdings nur in der unverbindlicheren Form eines Postulates.

Bundesgesetz über Radio und Fernsehen (RTVG) vom 21. Juni 1991
Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)