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In der Romandie lösten verschiedene «Polit-Affären», wie sie die Aargauer Zeitung bezeichnete, Diskussionen über die Rechte und Pflichten von Regierungsmitgliedern hinsichtlich Spesen und Annahme von Geschenken, aber auch über die Abwählbarkeit von Exekutivmitgliedern aus.
Der einstige Bundesratskandidat und Genfer Sicherheitsdirektor Pierre Maudet (GE, fdp) musste zugeben, dass er sich mit seiner Familie 2015 nach Abu Dhabi hatte einladen lassen, obwohl die Annahme von Geschenken für Genfer Staatsräte verboten ist. Weil gegen ihn ein Strafverfahren wegen Vorteilnahme eingeleitet wurde und später auch noch der Verdacht auf Steuerhinterziehung auftauchte, musste er nicht nur als Regierungspräsident zurücktreten, sondern auch Teile seines Departements aufgeben. Weil Maudet lange über die Affäre gelogen und damit sehr viel Vertrauen verloren hatte, legte ihm die FDP Schweiz gar einen Parteiaustritt nahe. Allerdings «krallt sich Pierre Maudet an sein Amt» kommentierte die Sonntags-Zeitung und schloss einen Rücktritt aus.
Nicht nur die Reisen in den nahen Osten – unter anderen wie Maudet ebenfalls nach Abu Dhabi –, sondern vor allem die Spesen des Genfer Nationalrats und Mitglieds der Genfer Stadtregierung Guillaume Barazzone (cvp), wurden Gegenstand medialer Berichterstattung: Die CHF 40'000 pro Jahr, wovon CHF 17'000 alleine für Mobiltelefonkosten verbucht wurden, veranlassten wütende Genferinnen und Genfer dazu, auf die Strasse zu gehen.
Auch der Waadtländer Finanzdirektor Pascal Broulis (VD, fdp) geriet in den Fokus der Strafbehörden. Er soll auf Reisen eingeladen worden sein, und zwar von niemand geringerem als «einem der reichsten Einwohner seines Kantons», der von einer «umstrittenen Pauschalbesteuerung» profitiere (Blick). Für Fragezeichen sorgte jedoch die tiefe Steuerrechnung von Broulis, die in der Folge publik gemacht wurde. Die vermutete unrechtmässige Optimierung konnte zwar nicht nachgewiesen werden, kosteten den FDP-Politiker aber viel Vertrauen.
Im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen zog Géraldine Savary (sp, VD), der gute Chancen auf einen Bundesratssitz nachgesagt wurden, sollte Alain Berset einst zurücktreten, und die 2020 als erste Frau SP-Ständeratspräsidentin hätte werden sollen, die Konsequenzen aus einer Wahlspendenaffäre und beendete ihre politische Karriere. Sie hatte vom gleichen Unternehmer, der die Reisen vieler Westschweizer Politiker bezahlt hatte und im Kanton Waadt pauschalbesteuert wird, eine Wahlkampfspende von CHF 7'500 angenommen. Die informellen Richtlinien der SP Waadt erlauben jedoch lediglich CHF 5'000. Obwohl ihr Rücktritt auch von zahlreichen Genossinnen und Genossen bedauert wurde und sie nichts Widerrechtliches getan habe, sei sie letztlich «über den Klassenfeind gestolpert» und habe das Pech gehabt, dass die Geschichte in dem Moment publik wurde, «als die halbe welsche Politprominenz wegen ähnlicher Geschenke, undurchsichtiger Steuerarrangements und exorbitanter Spesenbezüge am Pranger» stünden, so der Tages-Anzeiger.

Die «Affären» lösten einige Recherchen und Diskussionen aus. So listete etwa der Sonntags-Blick die Spesenrechnungen aller Kantonsregierungen für das Jahr 2017 auf. Auch wenn die Vergleichbarkeit schwierig sei, da unterschiedliche Zulagen in diesen Abrechnungen geregelt werden und die Regierungen unterschiedlich viele Mitglieder haben, überrasche die Bandbreite, die zwischen CHF 50'000 (Kanton Schaffhausen) und CHF 241'356 (Kanton Bern) variiere. Die Aargauer Zeitung vermutete, dass die «Affäre Maudet» den Forderungen nach mehr Transparenz Flügel verleihen werde. In der Tat hatte das Parlament beschlossen, dass Parlamentsmitglieder, die auf Staatskosten ins Ausland reisen, dies publik machen müssen. Allerdings galt dies nicht für Reisen auf Einladung von Interessengruppen. Die Sonntags-Zeitung brachte mit dem Thema «Ruhegehälter» einen weiteren Aspekt in die Diskussion ein. Sie vermutete, dass Maudet auch deshalb nicht zurücktreten wolle, weil in diesem Fall sein Anspruch auf eine lebenslange Rente verfallen würde. Die Zeitung listete alle Kantone auf, die entweder gar keine Entschädigung (VS, OW), eine befristete Entschädigung im Sinne eines «goldenen Fallschirms» (AG, JU, SG, NW, UR, TG, SO, BL, ZG, SH, GL, ZH, BS, AI, AR, LU) oder eine lebenslange Rente (TI, VD, GE, FR, NE, BE, GR, SZ, inkl. Bund) ausrichteten. Neben dem augenfälligen Unterschied zwischen Deutsch- und Westschweiz überraschte auch die Varianz der kantonalen Gesamtbeträge, die zum Zeitpunkt der Befragung (Juni 2019) an «Polit-Rentner» – so die Sonntags-Zeitung – ausgerichtet werden und die sich von CHF 153'000 (AR) bis CHF 4 Mio. (TI) pro Jahr erstreckten. Laut Sonntags-Zeitung bezahlt der Bund für total 23 Personen (inkl. 4 Bundeskanzler und 2 Witwen) CHF 4.4 Mio. Die Basler Zeitung schliesslich machte sich Gedanken über das Volksrecht auf Abwahl der Regierung. In der Tat könne Maudet nicht zu einem Rücktritt gezwungen werden: «Nur ein einziger Mensch entscheidet, ob ich zurücktrete oder nicht – ich selbst», zitierte die Zeitung. Im Extremfall könne Maudet gar noch im Gefängnis Regierungsrat bleiben. Die Abwahl eines Regierungsrats sei in sechs Kantonen möglich: In den Kantonen Bern, Schaffhausen, Solothurn, Tessin und Thurgau kann mittels kantonaler Volksinitiative eine Abstimmung über die Absetzung der Regierung (in corpore) verlangt werden. Im Kanton Uri können einzelne Amtsträger – also auch Ständerätinnen und -räte oder der Landamman – per Volksinitiative abgesetzt werden. In Neuenburg wurde 2014 mit der so genannten Lex Hainard ein Amtsenthebungsverfahren eingesetzt. Hier hat das Parlament die Möglichkeit, ein Regierungsmitglied abzusetzen.

Affäre Maudet

Bevor der Nationalrat in der Sommersession über die Umsetzung der parlamentarischen Initiative Aeschi (svp, ZG) zur Einführung eines Verordnungsvetos debattierte, hatte sich der Bundesrat in die Diskussion eingebracht. In ihrer Stellungnahme beantragte die Regierung, nicht auf das Geschäft einzutreten. Sie machte dabei geltend, dass dem Parlament bereits wirksame Instrumente (Motion, parlamentarische Initiative, Konsultationsrechte) zur Verfügung stünden, um Einfluss auf die Verordungsgebung des Bundesrats zu nehmen. Ein Veto würde hingegen nicht nur zu Verzögerungen führen, sondern sei – weil es die Gewaltenteilung verletze – auch verfassungswidrig. Im Falle eines Eintretens verlangte der Bundesrat Ausnahmen etwa im Falle völkerrechtlicher Verpflichtungen, für Verordnungen rein technischen Inhalts oder für Verordnungen zur Wahrung der inneren oder äusseren Sicherheit. Zudem seien Verordnungen auszunehmen, die bei dringlichen Bundesgesetzen erlassen werden müssen. In seiner Stellungnahme äusserte sich der Bundesrat zudem zu den verschiedenen Anträgen der von der SPK-NR ausgearbeiteten Vorlage.

Der Entwurf der SPK-NR sieht vor, dass ein Drittel der Mitglieder eines Rates innerhalb von 15 Tagen nach deren Veröffentlichung gegen Verordnungen des Bundesrats ein Veto einlegen kann. Nach höchsten 60 Tagen muss die verantwortliche Kommission über den Antrag befinden. Lehnt sie diesen ab, ist er erledigt; stimmt sie ihm zu, wird er von den Räten in der nachfolgenden ordentlichen Session behandelt. Diese entscheiden dann, ob eine Verordnung der Ansicht des Gesetzgebers widerspricht und folglich neu verfasst werden muss oder nicht. Ziel sei es, dem Eindruck zu begegnen, dass die Umsetzung von vom Parlament beschlossenen Gesetzen durch die bundesrätlichen Verordnungen nicht immer dem Willen des Gesetzgebers entsprächen. Das Veto hätte so also auch präventive Wirkung, warb Kommissionssprecher Matthias Jauslin (fdp, AG) in der Eintretensdebatte für die Vorlage.
Diese Eintretensdebatte wurde ziemlich ausführlich geführt und machte die Kontrahentinnen und Kontrahenten sichtbar, die sich insbesondere am zentralen Element der Gewaltenteilung rieben. Die vom Bundesrat unterstützte, gegen Eintreten optierende Minderheit, bestehend aus den geschlossen stimmenden Fraktionen der SP und der GP sowie aus Minderheiten der CVP- und der FDP-Fraktion, erachtete das Veto gegen Verordnungen als Instrument, mit dem die Teilung der Gewalten je nach Lesart «geritzt» oder gar «verletzt» werde. Die gesetzgebende Gewalt dürfe sich nicht in die technische Arbeit der vollziehenden Gewalt einmischen, wurde argumentiert. Angelo Barrile (sp, ZH) warnte mit Blick auf die Vernehmlassungsantworten, in denen sich die «Lobbys» für ein Verordnungsveto ausgesprochen hätten, dass der Einfluss von Interessenorganisationen mit dem neuen Instrument auch auf die Umsetzung von Gesetzen ausgedehnt würde. Die Minderheit verwies zudem auf das «Verzögerungs- und Blockadepotenzial» des Verordnungsvetos, so etwa Nadine Masshardt (sp, BE). Das Veto lade zudem dazu ein, politisch zu taktieren, und erteile keinen Auftrag, weil man mit ihm Verordnungen nur ablehnen oder gutheissen könne, monierte Marianne Streiff-Feller (evp, BE) für die Minderheit der CVP-Fraktion. Und Balthasar Glättli (gp, ZH) wies darauf hin, dass das Parlament mit der parlamentarischen Initiative ja ein viel stärkeres Instrument habe, selber Gesetze zu verfassen. Die Mehrheit beharrte hingegen darauf, dass der Bundesrat sich mit Verordnungen immer wieder dem Willen des Souveräns widersetze. Wirklich stossende Abweichungen der Gesetzgebung durch Verordnungen müssten darum sozusagen mittels «Notbremse» verhindert werden können, so Beat Flach (glp, AG) für die GLP-Fraktion. Es handle sich um ein staatsrechtliches Experiment, auf das man sich einlassen und das man diskutieren solle. Es gehe nicht um die Frage, ob dieser Vorstoss verfassungskonform sei oder nicht – nahm Gregor Rutz (svp, ZH) für die SVP-Fraktion Stellung –, sondern um den Schutz der Verfassung selber. Man habe zwar kein Verfassungsgericht, aber die Kontrolle gegen ein Gesetz könne mittels Referendum wahrgenommen werden. Dies sei nun aber bei Verordnungen eben nicht möglich. Heute stamme ein Drittel aller Regelungen aus Verordnungen und lediglich 12 Prozent aus Gesetzen. Deshalb sei ein Korrekturinstrument dringend. Für die FDP-Fraktion ergriff schliesslich Kurt Fluri (fdp, SO) das Wort: Es sei wichtig, zu sehen, dass das Veto kassatorisch sei. Es gehe eben gerade nicht darum, neue Regelungen zu diskutieren oder anzustossen – was mit den parlamentarischen Anstossinstrumenten mitunter Jahre dauere –, sondern einzig darum, den Bundesrat aufzufordern, Gesetze im Sinne des Parlaments und nicht «seinen eigenen Willen» umzusetzen. Fluri ging zudem auf die Erfahrungen in seinem Kanton Solothurn ein, der ein Verordnungsveto kennt. In den 30 Jahren zwischen 1988 und 2018 sei lediglich gegen 77 von 1115 Verordnungen ein Veto eingelegt worden, acht dieser beanstandeten Verordnungen seien von der Regierung zurückgezogen und etwa jede fünfte korrigiert worden. Es könne – zumindest im Kanton Solothurn – nicht von systematischer Blockade gesprochen werden. Bundeskanzler Walter Thurnherr äusserte sich am Schluss der Eintretensdebatte im Namen des Bundesrats und warnte vor der Vermischung der Gewalten und einem unverhältnismässigen Aufwand. Zudem fehle aus Sicht der Regierung die verfassungsmässige Grundlage für das neue Instrument. Mit 115 zu 64 Stimmen wurde dann – aufgrund der Positionen der einzelnen Fraktionen eher wenig überraschend – Eintreten beschlossen.
Bei der Detailberatung wurden alle Vorschläge des Bundesrates für zusätzliche Ausnahmen abgelehnt.Auch ein Minderheitsantrag der SVP, wonach nicht die Kommissionsmehrheit das letzte Wort haben soll, sondern ein Minderheitsantrag auch im Rat diskutiert werden sollte, fand keine Mehrheit. Es soll also die Kommission beziehungsweise deren Mehrheit sein, die entscheidet, ob über einen Antrag auf ein Veto abgestimmt wird oder nicht. Das gleiche Schicksal der Ablehnung ereilte ein Minderheitsantrag der SP, mit dem die Erläuterungen zu den Verordnungen im Bundesblatt hätten veröffentlicht werden sollen. Alle weiteren Minderheitsanträge, mit denen Ausnahmen geschaffen werden sollten, lehnte die Ratsmehrheit ab. Mit ein Grund dafür war wohl das von Kommissionssprecher Jauslin vorgebrachte Argument, dass hier ein neues Instrument geschaffen werde und man zuerst Erfahrungen sammeln müsse, um dann vielleicht später in einzelnen Bereichen Ausnahmen zu schaffen. In der Gesamtabstimmung erhielt die unveränderte Vorlage der SPK-NR 113 Stimmen. Die 67 Gegenstimmen stammten von allen anwesenden GP- (11) und SP-Mitgliedern (40) sowie von 10 Mitgliedern der FDP- und 6 der CVP-Fraktion. Sechs der acht Grünliberalen enthielten sich der Stimme. Damit ging die Vorlage an den Ständerat.

Veto gegen bundesrätliche Verordnungen (Pa. Iv. 14.422)
Dossier: Vorstösse für ein Veto des Parlamentes gegen Verordnungen des Bundesrates

Aus drei Gründen wollte Roger Köppel (svp, ZH) mit Hilfe einer parlamentarischen Initiative Bundesratssitzungen und Mitberichtsverfahren öffentlich machen: Erstens verschweige der Bundesrat politisch relevante Entscheide und umgehe damit das Mitwirkungsrecht des Parlaments – Köppel verwies auf die Kohäsionszahlung an die EU in der Höhe von CHF 1.3 Mrd., die die Regierung «geheim» gehalten habe; zweitens würden mit öffentlichen Sitzungen die Indiskretionen aufhören, welche einzelne Departemente gezielt nach aussen dringen liessen, um den Anliegen der eigenen Departementschefin oder des Departementschefs zum Durchbruch zu verhelfen, um andere Regierungsmitglieder anzugreifen oder um die öffentliche Meinung zu beeinflussen; drittens könne dank dem einzuführenden Öffentlichkeitsprinzip auf das Amt einer Bundesratssprecherin oder eines Bundesratssprechers verzichtet werden. Köppel wies darauf hin, dass die Verhandlungen der Kantonsregierung im Kanton Solothurn schon seit 1875 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und der Kanton damit gute Erfahrungen gemacht habe.
Die Ablehnung der SPK-NR war mit 18 zu 3 Stimmen bei 2 Enthaltungen deutlich. Die Forderung sei nicht vereinbar mit dem Kollegialitätsprinzip, weil die Veröffentlichung von Verhandlungen dazu führen könnte, dass die Parteien vermehrt Einfluss auf ihre Bundesratsmitglieder nehmen würden, womit die Kompromissfindung erschwert würde, begründete die Kommissionsmehrheit ihren Entscheid.

Bundesratssitzungen öffentlich machen

Mitte Mai 2018 nahm die SPK-SR mit 11 zu 0 Stimmen bei einer Enthaltung einen Gesetzesentwurf an, der die Kündigung von Staatsverträgen regelt. Zwar seien wichtige Verträge bis heute nie gekündigt worden, es gelte aber – insbesondere vor dem Hintergrund von Volksinitiativen, die in jüngerer Vergangenheit in ihrer Umsetzung die Kündigung völkerrechtlicher Verträge forderten – die Regeln «vor dem Spiel» und nicht erst «während des Spiels» zu klären. Die Kommission stellte sich gegen die Haltung des Bundesrates, dass dieser alleine zuständig sei für die Kündigung von internationalen Abkommen. Vielmehr sei die Kündigung gleich zu regeln wie der Abschluss von völkerrechtlichen Verträgen: Die Bundesversammlung sei es, die Abschlüsse für wichtige, rechtsetzende Verträge genehmige, also müsse es auch das Parlament sein, das solche Verträge auflösen könne. Mitberücksichtigt werden müsste dabei auch das Referendumsrecht: Auch hier müsse das Prinzip des «actus contrarius», also ein Parallelismus der Zuständigkeiten, angewendet werden. Kündigungen von wichtigen Verträgen seien dem Referendum zu unterstellen.
Auf die Vernehmlassung des Gesetzesentwurfs gingen 36 Stellungnahmen ein. Zwei Drittel (die 15 Kantone BE, SZ, NW, ZG, SO, BS, BL, SH, AR, AI, SG, GR, AG, TI, NE; die fünf Parteien BDP, CVP, FDP, GLP, SP sowie der Städteverband, der Gewerbeverband, der Centre Patronal und die Gesellschaft für Aussenpolitik) sahen nicht nur Handlungsbedarf in der Frage zur Klärung der Zuständigkeit für die Kündigung völkerrechtlicher Verträge, sondern beurteilten den Vorentwurf der SPK-SR auch positiv. Die Kantone Thurgau und Glarus sowie die SVP sprachen sich gegen den Vorschlag aus. Die restlichen Kantone (OW, ZH, LU, FR, VD, VS und GE) und Verbände (Gemeindeverband, economiesuisse) nahmen entweder keine Stellung oder enthielten sich, weil sie mitunter die Notwendigkeit einer Gesetzesänderung nicht sahen (z.B. economiesuisse). Die Gegner der Vorlage befürchteten eine Verkomplizierung des Verfahrens und eine Relativierung der Kompetenzen der Regierung. Die SVP lehnte die Vorschläge ab, weil sie faktisch darauf hinausliefen, die direktdemokratische Mitbestimmung einzuschränken; zwar nicht beim Abschluss aber bei Neuaushandlung oder Kündigung von Staatsverträgen.

Kündigung von Staatsverträgen

Die mittlerweile fast schon traditionelle Bundesratssitzung ‚extra muros‘ fand 2016 in Lausanne statt. Der Kanton Waadt sei ein bedeutender Standort für Berufsbildung, Forschung und Innovation, was die Regierung mit ihrem Besuch würdigen wolle, so die Pressemitteilung. Anders als in den Vorjahren wurde der im Anschluss an die Sitzung geplante Besuch bei der Bevölkerung von Protestaktionen begleitet. Ein Aktivist eines Flüchtlingskollektivs wollte dem Bundesrat vergeblich einen Brief überreichen – er wurde von der Polizei abgeführt –, im Gebäude der Ecole des métiers skandierten einige Personen „Stopp Dublin“ und beim Apéro mit der Bevölkerung auf der Place Saint-François positionierten sich verschiedene Gruppierungen, um etwa mit Sprüchen auf Plakaten auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Die „Jeunesse socialiste vaudoise“ überreichte Bundesrat Maurer während des Anlasses eine Petition. Freilich bestand für die Regierungsmitglieder keinerlei Gefahr. Auf das Bad in der Bevölkerung wolle und könne er denn auch nicht verzichten, gab etwa Bundesrat Alain Berset zu Protokoll. Wenn man den offenen Umgang mit den Menschen suche, dann müsse man auch mit solchen Aktionen rechnen. Die zahlreichen Selfie- und Autogrammjägerinnen und -jäger zeigten denn auch, dass die Idee der Sitzung ausserhalb des Bundeshauses durchaus auf Anklang stösst.

Bundesratssitzungen ‚extra muros‘

Bereits 2010 hatte der Bundesrat begonnen, einige Sitzungen ausserhalb des Bundeshauses abzuhalten. Die auf eine Idee von Micheline Calmy-Rey zurückgehenden Bundesratssitzungen ‚extra muros‘ sollen die Verbundenheit der Regierung mit der Bevölkerung in allen Regionen der Schweiz unterstreichen. Nachdem der Bundesrat 2010 in Bellinzona und Delémont getagt hatte, waren im März 2011 Altdorf, am 17. August Siders und am 19. Oktober Basel Schauplatz der Bundesratssitzungen, in deren Anschluss jeweils nicht nur Besprechungen mit den Regierungsbehörden, sondern auch Treffen mit der Bevölkerung stattfanden.

Bundesratssitzungen ‚extra muros‘

Ohne grosse Diskussion gab der Nationalrat mit 152 zu 11 Stimmen einer parlamentarischen Initiative der SVP-Fraktion Folge, die ein Veto des Parlaments gegen Verordnungen des Bundesrates einführen will. Konkret sieht der Text der Initiative vor, dass jeder Rat über ein Veto zu einer bundesrätlichen Verordnung abstimmt, wenn dies von einem Drittel seiner Mitglieder verlangt wird. Die SPK des Nationalrats unterstützte diesen Antrag, obwohl er von der Schwesterkommission des Ständerats aus Gründen der Gewaltenteilung abgelehnt worden war. Die Mehrheit der SPK-NR begründete ihre Unterstützung des SVP-Anliegens damit, dass in den letzten Jahren die Regierung oft Verordnungen zur Umsetzung von Gesetzen erlassen habe, welche nicht in allen Punkten den Intentionen des Gesetzgebers entsprochen hätten. Die Erfahrung im Kanton Solothurn, wo diese Regelung seit mehr als zwanzig Jahren besteht, hätte zudem die Praktikabilität dieses Instruments erwiesen. In der Frühjahrssession hatte der Nationalrat eine parlamentarische Initiative Kunz (svp, LU) (06.471) für einen Parlamentsentscheid über sämtliche Verordnungen als nicht praktikabel abgelehnt.

Veto des Parlaments gegen Verordnungen des Bundesrates (Pa.Iv. 08.401)
Dossier: Vorstösse für ein Veto des Parlamentes gegen Verordnungen des Bundesrates