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Ende Februar 2019 legte der Bundesrat die Botschaft zur Änderung des BetmG und der damit verbundenen Ausführungsverordnung vor. Damit entsprach er Forderungen von fünf gleichlautenden Motionen zur Schaffung gesetzlicher Grundlagen, welche die Durchführung von Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe ermöglichen soll. Die Motionen waren jeweils in den erstberatenden Räten auf Zustimmung gestossen (Nationalrat: Mo. 17.4111; Mo. 17.4112; Mo. 17.4113; Mo.17.4114. Ständerat: Mo. 17.4210). Verschiedene Städte und Kantone hatten in der Vergangenheit Interesse an entsprechenden Projekten bekundet, um Erkenntnisse zu alternativen Regulierungsmodellen zu generieren, da die momentane Situation mit florierendem Schwarzmarkt, fehlender Qualitätskontrolle und hohen Repressionskosten unbefriedigend sei. Aufgrund der bisher gültigen Rechtsgrundlage war die Realisierung solcher Studien bisher jedoch nicht möglich gewesen.

Der bundesrätliche Entwurf sah für die einzelnen Pilotversuche eine örtliche Begrenzung auf eine oder mehrere Gemeinden und eine zeitliche Begrenzung auf maximal fünf Jahre (mit Verlängerungsmöglichkeit um zwei Jahre) pro Studie vor. Weiter soll die Zahl der an einer entsprechenden Studie teilnehmenden Personen nicht mehr als 5'000 betragen. Zur Gewährleistung des Jugendschutzes müssten die Partizipantinnen und Partizipanten volljährig sein, bereits vor Studienbeginn Cannabis konsumiert haben und in einer Gemeinde wohnen, die an einem entsprechenden Pilotversuch teilnimmt. Der Gesamt-THC-Gehalt soll auf 20 Prozent beschränkt werden. Ebenso sollen die Bezugsmenge einer Begrenzung unterliegen, das Produkt zum Eigenverbrauch verwendet werden und die Weitergabe des Cannabis an Drittpersonen verboten sein. Während der Bezug der Droge nicht unentgeltlich erfolgen soll, soll diese aber von der Tabaksteuer befreit werden. Abgegeben werden soll das Produkt an speziell im Rahmen der Studien festzulegenden Verkaufsstellen wie Apotheken oder Cannabis Social Clubs. Der Konsum im öffentlich zugänglichen Raum soll nicht zulässig sein und der Gesundheitszustand der Studienteilnehmenden müsse überwacht werden. Auch soll verschiedenen Pflichten zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nachgekommen werden. Als Bewilligungsbehörde würde das BAG für die Kontrolle der Einhaltung rechtlicher Vorgaben verantwortlich sein. Ferner wollte der Entwurf des Bundesrates die Gültigkeit des Experimentierartikels auf zehn Jahre einschränken. Danach sollen die durch die unterschiedlichen Versuche gemachten Befunde im Hinblick auf die Weiterführung einer evidenzbasierten Diskussion über die Cannabispolitik zusammengeführt werden. Das allgemeine Cannabisverbot gelte aber weiterhin in der ganzen Schweiz. Nicht Bestandteil des Entwurfes sei zudem die Diskussion um den medizinischen Cannabis.

Anlässlich der Vernehmlassung, die vom 4. Juli 2018 bis zum 25. Oktober 2018 dauerte, gingen 126 Stellungnahmen ein. Im Grossen und Ganzen waren die Vernehmlassungsteilnehmenden positiv gegenüber der Änderung des BetmG und der Ausführungsverordnung eingestellt. Bei den Kantonen hatten Aargau, Appenzell Ausserrhoden und Solothurn keine Vorbehalte, Bern, Glarus, Nidwalden und Schwyz sprachen sich jedoch grundsätzlich gegen die Vorlage aus. 18 weitere Kantone stimmten ihr mit Vorbehalten und Änderungswünschen zu, währenddem der Kanton Freiburg eine grundsätzliche Überarbeitung verlangte. Die Piratenpartei war die einzige Partei, die den Entwurf ohne Weiteres begrüsste. BDP, FDP, GPS, SP und up! zeigten sich unter Vorbehalten damit einverstanden, die SVP, CVP, EVP und EDU waren hingegen dagegen. Zehn Gemeinden (Bern, Zürich, Luzern, Lausanne, Winterthur, Biel, Ostermundigen, St. Gallen, Thun, Werdenberg) hiessen die Vorlage generell gut; es wurden jedoch noch einzelne Vorbehalte und Änderungswünsche angebracht. Von den Vertreterinnen und Vertretern aus dem Bereich Gesundheit/Sucht und Wissenschaft sagten 31 mit Vorbehalten und vier (Vereinigung Cerebral Schweiz, RADIX, Infodrog, SNF) ausdrücklich Ja zum Entwurf, drei (JoD, EgD, DAD) lehnten ihn ab. Es war in erster Linie die Verordnung, auf die in den Stellungnahmen eingegangen wurde. Dabei waren hauptsächlich die Besteuerung der Cannabisprodukte, die Teilnahmebedingungen an den wissenschaftlichen Studien und Fragen zum Vollzug im öffentlichen Raum ein Thema.

Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (BRG 19.021)
Dossier: Voraussetzungen für die Durchführung von Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe für Genusszwecke schaffen

Anfang Mai 2010 wird das 2008 vom Parlament gutgeheissene neue Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen in Kraft treten. Der Bundesrat erliess im Berichtsjahr eine Ausführungsverordnung. Das neue Regelwerk gibt beim Nichtraucherschutz einen nationalen, einheitlichen Mindeststandard vor. Die Kantone sind jedoch ermächtigt, darüber hinauszugehen und strengere Vorschriften zum Schutz der Gesundheit zu erlassen. In Basel-Land akzeptierten die Bürgerinnen und Bürger mit einer Mehrheit von 65% eine Volksinitiative für ein Rauchverbot in Restaurants und anderen öffentlichen Räumen. In den Kantonen St. Gallen und Uri lehnten die Stimmberechtigten Lockerungen der bestehenden Rauchverbote in Restaurants ab. Im Kanton Genf nahmen sie die Ausführungsgesetzgebung zu der im Vorjahr angenommenen Volksinitiative zum Schutz vor dem Passivrauchen an.

Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen (BRG 04.476)
Dossier: Rauchverbote

Ungeachtet der Diskussion um ein nationales Rauchverbot, schritt der Prozess in den Kantonen weiter voran. Nach den Kantonen Tessin, Solothurn, Graubünden und Appenzell-Ausserrhoden verbot Genf als fünfter und erster Kanton in der Romandie das Rauchen in öffentlichen Räumen. Fast 80% der Stimmenden hiessen die Volksinitiative „Passivrauchen und Gesundheit“ gut. Das Rauchverbot im Kanton Genf geht weiter als in den anderen Kantonen, da es auch abgetrennte Raucherräume untersagt. In Restaurants, Bars, Diskotheken und der Verwaltung darf künftig nicht mehr geraucht werden. Eine Konzession musste den Rauchern auf Weisung des Bundesgerichts gemacht werden und betrifft die Pflegeanstalten und Gefängnisse, wo das Rauchen in gewissen Räumen zugelassen wird.

Kantonale Rauchverbote vor der bundesrechtlichen Lösung
Dossier: Rauchverbote

Das im Jahr 2000 im Kanton Genf erlassene Verbot jeglicher von öffentlichem Grund aus sichtbarer Plakatwerbung für Tabak und mehr als 15-prozentige Alkoholika verstösst weder gegen übergeordnetes Bundesrecht noch gegen Bestimmungen in der Bundesverfassung. Dies ging aus einem Urteil des Bundesgerichtes hervor, in dem eine aus Kreisen der Werbe-, Tabak- und Alkoholwirtschaft stammende staatsrechtliche Beschwerde abgewiesen wurde. (Zur Lockerung des Alkoholwerbeverbots bei den privaten TV-Sendern siehe hier).

Plakatwerbung für Tabak und mehr als 15-prozentige Alkoholika

Als erster Kanton nahm Genf eine äusserst restriktive Regelung der Tabak- und Alkoholwerbung an. Diese wird sowohl im öffentlichen Raum wie in privaten Räumen, die von der Öffentlichkeit eingesehen werden können, verboten. Vertreter der Liberalen Partei und des Gewerbes drohten mit Referendum oder Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Letztere wurde im Oktober beim Bundesgericht eingereicht.

Tabak- und Alkoholwerbung

Im Abstimmungskampf, der von beiden Seiten sehr intensiv und emotional geführt wurde, waren die Fronten von Anbeginn klar. Die drei Bundesratsparteien CVP, FDP und SP sowie die Grünen engagierten sich in einem gemeinsamen Abstimmungskomitee gegen die Initiative. Sie fanden die Unterstützung von rund 20 gesamtschweizerischen Organisationen aus den Bereichen Medizin, Drogen, Sozialarbeit, Kirche und Jugendfragen, die sich in einer Nationalen Arbeitsgemeinschaft Suchtpolitik (NAS) zusammenschlossen, sowie die praktisch einhellige Gefolgschaft aller Printmedien, auch jener aus der Romandie. Mehrere Kantons- und Stadtregierungen, die für gewöhnlich keine Empfehlungen für eidgenössische Urnengänge abgeben, sprachen sich ebenfalls gegen die Initiative aus, unter anderem jene in den besonders von der Drogenproblematik betroffenen Kantonen Basel-Stadt, Bern, Genf und Zürich. Ihnen schloss sich der 1996 zum Zweck einer intensiveren drogenpolitischen Koordination gebildete Nationale Drogenausschuss von Bund, Kantonen und Städten an. Der Bundesrat seinerseits eröffnete seinen Abstimmungskampf viel früher als gewöhnlich. In ungewohnt scharfer Weise bezeichnete Bundesrätin Dreifuss die Ziele der Initiative als unrealistisch, unwirksam und unmenschlich; eine Annahme der Initiative hätte für die eigentlichen Opfer, die Drogensüchtigen, verheerende Folgen und würde dazu führen, dass weiterhin die (noch) nicht ausstiegswilligen Konsumenten härter bekämpft würden als die eigentlichen Profiteure einer repressiven Drogenpolitik, nämlich die Drogenmafia.

Volksinitiativen «für eine vernünftige Drogenpolitik» (Droleg-Initiative) und «Jugend ohne Drogen» sowie direkter Gegenvorschlag (BRG 95.046)

Als erster welscher Kanton will sich auch Genf an den Versuchen mit der medizinisch kontrollierten Heroinabgabe beteiligen. Der Genfer Grosse Rat nahm eine entsprechende – von allen Parteien mit Ausnahme der LP unterstützte – Motion ohne grosse Diskussionen an. Der Staatsrat stimmte ebenfalls zu, worauf Genf in die Liste der Teilnehmer an den ausgeweiteten Heroinprogrammen aufgenommen wurde. Aber auch in den anderen Westschweizer Kantonen weichten sich die starren Fronten – zumindest was die Methadon- und Spritzenabgabe anbelangt – allmählich auf.

Massnahmenpaket zur Drogenpolitik: Ärztlich kontrollierter Zugang zu Heroin (1991–1997)
Dossier: Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin

Nach einer ersten konsequenten «Ausdünnung» der offenen Drogenszene am Zürcher Letten wurde das Areal Mitte Februar 1995 polizeilich geräumt. Die aufgegriffenen Drogensüchtigen wurden an ihre Wohngemeinden oder -kantone überstellt. Anfänglich dominierte der Eindruck, dass diese Auflösung besser koordiniert und deshalb erfolgreicher sei als jene des Platzsspitzes 1993. Nach einigen Monaten zeigte sich jedoch, dass wieder eine Verlagerung zu schwer kontrollierbaren «Kleinszenen» in den angrenzenden Stadtkreisen erfolgt war.
Einzelne Kantone (insbesondere Genf) machten rechtsstaatliche Bedenken gegenüber den polizeilich durchgeführten Rückschaffungen der auswärtigen Drogenkonsumenten in ihre Wohngemeinden oder -kantone geltend, worauf dem freiwilligen und zivilen Charakter der Rückführungen mehr Rechnung getragen wurde. Geschlossen wurden Ende Januar 1995 auch die offenen Szenen in Solothurn und Olten.

Koordinierte Aktion der Städte gegen die offene Drogenszene (1991–1995)

Die einzige Überraschung des Abstimmungsresultates lag denn auch in seiner Deutlichkeit. 1979 hatten sich noch 41 Prozent der Stimmenden für ein analoges Volksbegehren («Guttempler-Initiative») ausgesprochen, Basel-Stadt sogar mit mehr als 50 Prozent. Besonders massiv wurden die beiden Initiativen in der Westschweiz (mit Ausnahme von Genf) und im Kanton Schwyz abgelehnt, wo sich über vier Fünftel der Urnengängerinnen und Urnengänger gegen sie aussprachen. Am «verbotsfreundlichsten» zeigten sich die Kantone Basel-Stadt und Zürich mit rund 33 Prozent bzw. 31 Prozent Ja-Stimmen.

Volksinitiative «zur Verhinderung der Alkoholprobleme».
Abstimmung vom 28. November 1993

Beteiligung: 44.7%
Nein: 1'527'165 (74.7%) / 20 6/2 Stände
Ja: 516'054 (25.3%) / 0 Stände

Parolen:
– Nein: FDP, CVP (4*), SVP, LP, AP, Lega; Vorort, SGV
– Ja: SP (3*), GP, PdA (1*), LdU (3*), EVP, EDU, SD (3*)

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen


Volksinitiative «zur Verminderung der Tabakprobleme».
Abstimmung vom 28. November 1993

Beteiligung: 44.7%
Nein: 1 521 885 (74.5%) / 20 6/2 Stände
Ja: 521 433 (25.5%) / 0 Stände

Parolen:
– Nein: FDP, CVP (3*), SVP, LP, AP, Lega; Vorort, SGV
– Ja: SP (3*), GP, PdA (1*), LdU (3*), EVP, EDU, SD (3*)

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen


Wie die Vox-Analyse dieser Abstimmung zeigte, fanden die beiden Initiativen bei den Frauen erheblich mehr Zustimmung als bei den Männern. Seit dem Beginn der Vox-Analysen 1977 wurde nie eine so grosse Differenz zwischen dem Stimmverhalten der Frauen und der Männer – 18 Prozent beim Tabakverbot – beobachtet. Tiefe Ja-Anteile ergaben sich in der jüngsten Alterskategorie, in der Romandie und in den ländlichen Gebieten. Besonders im rot-grünen Lager beeinflusste der politische Standort das Stimmverhalten nur teilweise. Einzig die Gefolgschaft von LdU/EVP stimmte beiden Initiativen zu, die Grünen nahmen nur die Tabakinitiative an, während die Anhänger der SP mehrheitlich nicht der Parteiparole folgten. Die meistgenannten Motive zur Verwerfung der Initiativen waren die Angst vor zusätzlicher Arbeitslosigkeit und die Überzeugung, dass ein Verbot wirkungslos wäre bzw. durch ausländische Medien umgangen würde.

Zwillingsinitiativen für ein Tabak- und Alkoholwerbeverbot und indirekter Gegenvorschlag (BRG 92.031)
Dossier: «Zwillingsinitiativen», indirekter Gegenvorschlag und andere Präventionsmassnahmen zwischen 1990 und 2000

Gemäss den offiziellen Statistiken starben im Berichtsjahr 419 Menschen am Drogenkonsum, 14 mehr als 1991. In den Kantonen Bern, Waadt und Zürich nahm die Anzahl der Drogentoten ab, in angrenzenden Kantonen wie Genf, Luzern, Solothurn, St. Gallen, Tessin und Wallis stieg sie dagegen an.

Zahl der Drogentoten (1991–1993)