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Bei einer hohen Stimmbeteiligung von 59.6 Prozent hiess eine solide Mehrheit von 56.6 Prozent der Schweizer Stimmbevölkerung das Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Terrorismusbekämpfung (PMT) in der Referendumsabstimmung vom 13. Juni 2021 gut. Einzig der Kanton Basel-Stadt sprach sich mit einem Ja-Anteil von 45.1 Prozent mehrheitlich gegen das Gesetz aus. Hohe Zustimmung erfuhr die Vorlage derweil in der Romandie, insbesondere im Wallis (65.0%), in Freiburg (63.6%), in Neuenburg (62.0%) und im Jura (61.0%). In den Medien wurde gemutmasst, dass die Westschweiz aufgrund der Nähe zum von Terroranschlägen stark betroffenen Frankreich das Gesetz eher für notwendig gehalten habe, während in der freiheitsliebenden Deutschschweiz die staatlichen Grundrechtseingriffe kritischer beurteilt worden seien.
Die schweizweite Zustimmung blieb damit etwas hinter den von den vorhergehenden Umfragen geschürten Erwartungen zurück. Wie die Presse berichtete, habe es das Nein-Lager kurz vor dem Abstimmungstermin doch noch geschafft, seinen Bedenken bezüglich der Rechtsstaatlichkeit der Massnahmen verstärkt Gehör zu verschaffen. So zeigte sich die Waadtländer Grünen-Nationalrätin Léonore Porchet gegenüber «Le Temps» erfreut, dass man der zuständigen Bundesrätin Karin Keller-Sutter im Vorfeld der Abstimmung einige Klarstellungen zu umstrittenen Punkten im Gesetz abringen konnte, etwa die Bekräftigung, dass Aktivistinnen und Aktivisten sozialer Bewegungen nicht vom Gesetz betroffen sein werden. Nichtsdestotrotz kündigten die Grünen bereits am Abstimmungssonntag an, eine parlamentarische Initiative einreichen zu wollen, mit dem Ziel, die umstrittene, in ihren Augen zu unklar gefasste Terrorismusdefinition zu konkretisieren. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International betonten, nun die konkrete Anwendung des Gesetzes genau im Auge zu behalten und Menschenrechtsverletzungen gegebenenfalls anzuprangern. Die NZZ wertete das Ergebnis denn auch als «grossen Vertrauensbeweis gegenüber der Polizei»; immerhin habe die Bevölkerung ein Gesetz angenommen, das der Polizei in zentralen Punkten einen grossen Spielraum lasse. «Die Bürgerinnen und Bürger gehen offenkundig davon aus, dass von den Befugnissen menschenrechtskonform und verhältnismässig Gebrauch gemacht wird – und die Gerichte nötigenfalls korrigierend eingreifen», kommentierte die Zeitung. Die Befürwortendenseite zeigte sich indessen zufrieden mit dem Resultat. Die Schweiz könne damit eine Lücke in ihrer Terrorismusabwehr schliessen, erklärte Justizministerin Keller-Sutter gegenüber den Medien.
Noch nicht geschlagen geben wollte sich aus dem unterlegenen Lager die Piratenpartei. Sie hoffte, berichteten «L'Express» und «Le Nouvelliste», dass die Abstimmung wiederholt werden würde. So seien beim Bundesgericht rund 600 Beschwerden gegen die Abstimmung eingereicht worden, die monierten, das Bundesbüchlein sei nicht objektiv gewesen, habe keine klare Meinungsbildung ermöglicht, irreführende Informationen enthalten und wichtige rechtliche Konsequenzen des Gesetzes verschwiegen.


Abstimmung vom 13. Juni 2021

Beteiligung: 59.6%
Ja: 1'811'795 (56.6%)
Nein: 1'390'383 (43.4%)

Parolen:
– Ja: EVP, FDP (1*), KVP, Libertäre Partei, Mitte (Junge Mitte: 1*), Piratenpartei, SVP (2*; JSVP: 2*), BastA!, CSP OW, PCSI JU
– Nein: GLP, GP, PdA, SD, SP, Jungfreisinnige; VPOD, Amnesty International, Chaos Computer Club, Demokratische JuristInnen Schweiz (DJS), Digitale Gesellschaft, Ensemble à Gauche, GSoA, Greenpeace, Schweizerische Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände (SAJV), Schweizerischer Friedensrat, Solidarité sans frontières, Verein «Freunde der Verfassung»
– Stimmfreigabe: EDU; SSV
* Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT; 19.032)
Dossier: Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung
Dossier: PMT und damit umgesetzte Vorstösse
Dossier: Vorstösse und Massnahmen zur Bekämpfung islamistischer Radikalisierungstendenzen

Am 7. Juni lehnten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger die Volksinitiative «S.o.S. – Schweiz ohne Schnüffelpolizei», welche die Abschaffung der Staatsschutzorgane verlangte, mit deutlicher Mehrheit ab. Die Kampagne warf kaum Wellen und stand total im Schatten der gleichzeitig zur Abstimmung gelangenden Genschutzinitiative. Obwohl das befürwortende Komitee von zwei sozialdemokratischen Nationalräten angeführt wurde (de Dardel, GE und Rechsteiner, SG) engagierte sich auch die SP nur lauwarm für die Initiative. Neben ihr hatten auch die GP, die PdA und die Lega dei ticinesi die Ja-Parole ausgegeben; der Gewerkschaftsbund hatte hingegen auf eine Parole verzichtet. Das Hauptargument der Befürworter bestand darin, dass die präventiv wirkenden Staatsschutzorgane überflüssig seien, da bei einem Verdacht auf strafbare Handlungen ohnehin die gerichtspolizeilichen Instanzen zuständig seien.
Für die Gegner des Volksbegehrens war dieses einerseits überflüssig, weil das 1997 vom Parlament beschlossene neue Staatsschutzgesetz die politische Polizei im Sinne einer Gesinnungsschnüffelei ausdrücklich verbietet. Andererseits sei diese Initiative auch gefährlich, weil in den Bereichen des verbotenen Nachrichtendienstes sowie der Bekämpfung des organisierten Verbrechens und des politisch motivierten Terrorismus auf die Früherkennung durch eine präventive Ermittlung, aber auch auf den diesbezüglichen internationalen Informationsaustausch nicht verzichtet werden dürfe.


Abstimmung vom 7. Juni 1998

Beteiligung: 40.1%
Nein: 1'383'055 (75.4%) / 23 6/2 Stände
Ja: 451'089 (24.6%) / 0 Stände

Parolen:
– Ja: SP (1*), GP, Lega, PdA.
– Nein: FDP, CVP, SVP, FP, SD, LP, LdU, EVP, EDU; Vorort, SGV, SBV, Angestelltenverband.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen


Das Resultat fiel mit 75.4 Prozent ablehnenden Stimmen deutlich aus. Kein einziger Kanton wies eine Ja-Mehrheit auf; am besten schnitt die Initiative im Jura ab, wo sich knapp ein Drittel dafür aussprachen. Die Ablehnung war in ländlichen Gebieten etwas stärker als in den städtischen Agglomerationen, hingegen waren kaum Unterschiede in bezug auf Sprachregion auszumachen. Die Vox-Analyse ergab, dass das Interesse der Stimmberechtigten an diesem Thema nur gering war. Sie zeigte weiter auf, dass auch Personen mit linker politischer Grundhaltung die Initiative mehrheitlich ablehnten und nur etwa die Hälfte der Sympathisanten der SP die Parteiparole befolgt hatten. Nach der Ablehnung der S.o.S.-Initiative stand der Inkraftsetzung des neuen Staatsschutzgesetzes nichts mehr im Wege; sie erfolgte auf den 1. Juli.

Neues Staatsschutzgesetz und Volksinitiative «S.o.S. – Schweiz ohne Schnüffelpolizei» (BRG 94.028)
Dossier: Der Fichenskandal und seine Folgen