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In seinem Ende Juni in die Vernehmlassung gegebenen Entwurf für eine Totalrevision der Bundesverfassung (BRG 96.091) regte der Bundesrat an, Änderungen im Bestand der Kantone weiterhin von Volk und Ständen gutheissen zu lassen. Für Gebietsveränderungen wie im Fall Vellerat soll hingegen das Parlament zuständig sein, dessen Beschluss freilich dem fakultativen Referendum unterstehen würde. Voraussetzung für eine Genehmigung bliebe auf jeden Fall die Zustimmung der direkt betroffenen Bevölkerung und der beteiligten Kantone. Der Kanton Jura reichte eine ähnliche Standesinitiative (95.306) ein, möchte allerdings auf das fakultative Referendumsrecht verzichten.

Vernehmlassung und «Volksdiskussion» zur Reform der Bundesverfassung
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 1/2: Vorgeschichte (1966 bis 1996)

Vor dem Bundesstrafgericht in Lausanne fand der Prozess gegen den ehemaligen Leiter des Bélier, Daniel Pape, sowie zwei weitere Ex-Mitglieder dieser Organisation statt, die 1993 wegen Besitz von Sprengstoff resp. Anschlägen verhaftet worden waren. Das Urteil von 2 (für Pape) resp. 15 und 18 Monate bedingt wurde von der Presse als milde bezeichnet und in einen Zusammenhang mit der Entspannung der politischen Situation im Berner Jura gebracht.

Verhaftung und Prozess Daniel Pape (Chef des Bélier)
Dossier: Jurakonflikt: Anschläge und Terrorismus

Eine im Auftrag der schweizerischen UNESCO-Kommission durchgeführte Untersuchung in den Kantonen Neuenburg und Jura, welche als einzige das Ausländerstimmrecht kennen, ergab keine überraschenden Resultate: Die Ausländer machen von diesem Recht relativ wenig Gebrauch, und die parteipolitischen Kräfteverhältnisse sind durch ihre Beteiligung nicht verändert worden.

Vorstösse zum Ausländerstimmrecht auf kantonaler Ebene
Dossier: Einführung des Ausländerstimmrechts

Die Kantone Bern, Freiburg, Neuenburg und Solothurn, zu denen sich später auch noch der Jura gesellte, beschlossen, einen "Wirtschaftsraum Mittelland" zu gründen. In dessen Rahmen soll insbesondere die Zusammenarbeit im Bildungs-, Wirtschaftsförderungs- und Verkehrsbereich verbessert werden.

"Wirtschaftsraum Mittelland"

Mehrere Kantone hatten bereits in den vergangenen Jahren die Einbürgerungsbestimmungen für in der Schweiz aufgewachsene junge Ausländer vereinfacht. Die Regierungen der französischsprachigen Kantone (ohne das Wallis) und Berns unterzeichneten als Reaktion auf den gescheiterten Verfassungsartikel eine Konvention, worin sie sich verpflichteten, die nötigen Schritte zu unternehmen, um die vom geplanten Bundesgesetz vorgesehenen Erleichterungen in ihren Kantonen einzuführen.

Kantone Einbürgerungsbestimmungen

Die Kantone Bern, Freiburg, Neuenburg und Solothurn, zu denen sich später auch noch der Jura gesellte, beschlossen, einen "Wirtschaftsraum Mittelland" zu gründen. In diesem Rahmen soll die Zusammenarbeit v.a. im Bildungs-, Wirtschaftsförderungs- und Verkehrsbereich verbessert und administrative Hindernisse zwischen den beteiligten Kantonen abgebaut werden. Davon erhoffen sich die Initianten eine strukturelle und wirtschaftliche Stärkung ihrer Region, welche ihre Chancen im Konkurrenzkampf mit den besser gestellten Wirtschaftszentren Genf/Lausanne und Zürich vergrössern würde. Das Projekt "Wirtschaftsraum Mittelland" fand nicht uneingeschränkte Zustimmung. Regierungsvertreter aus dem Kanton Waadt meldeten ihre Befürchtungen an, dass mit dieser, die Sprachgrenzen überschreitenden Zusammenarbeit die Solidarität der Romandie geschwächt würde. Eine Beitrittseinladung beantworteten sie ablehnend; immerhin bekundeten sie Interesse, sich an speziellen Projekten zu beteiligen. Einen ähnlich ausgerichteten Zusammenarbeitsvertrag schlossen gegen Jahresende die sechs Innerschweizer Kantone Luzern, Nid- und Obwalden, Schwyz, Uri und Zug ab. (Zur Regionalpolitik siehe hier.)

Espace Mittelland

Der in die jurassische Regierung gewählte Jean-François Roth (cvp) musste seinen Sitz im Ständerat aufgrund kantonaler Bestimmungen aufgeben. Ständerat Michel Flückiger (fdp) trat zurück. Da der Jura - als einziger Kanton - den Ständerat im Proporzverfahren wählt, rutschten die Zweitplazierten nach: Roth wurde durch die Christlichdemokratin Marie-Madeleine Prongué ersetzt, die damit die fünfte Ständerätin wurde. Den Sitz von Michel Flückiger übernahm Nicolas Carnat (fdp).

Neue Ständeräte für den Kanton Jura 1994

Der bernische Grosse Rat stimmte im Herbst ohne Gegenstimme dem von der Regierung im Frühjahr vorgeschlagenen Wechsel der Gemeinde Vellerat zum Kanton Jura zu; die kantonale Volksabstimmung wird im März 1995 erfolgen. Das Gesetz ist einzig für den Kantonswechsel von Vellerat konzipiert und bleibt nur bis zum Abschluss dieses Verfahrens in Kraft. Die jurassische Regierung legte im Dezember ebenfalls ein Gesetz über die Aufnahme von Vellerat vor. In seiner Antwort auf eine Interpellation Zwahlen (cvp, BE) (93.3515), der die Prozedur als zu langsam und umständlich kritisierte, unterstützte der Bundesrat das vom Kanton Bern gewählte Vorgehen. Er hielt dabei namentlich auch fest, dass seiner Ansicht nach eine eidgenössische Genehmigung durch Volk und Stände auf jeden Fall erforderlich sei.

Abstimmung im Grossen Rat Bern bezüglich der Gemeinde Vellerat
Dossier: Vellerat und Ederswiler

In der Jurafrage wurde im Berichtsjahr ein wichtiger Schritt zur Versachlichung der Auseinandersetzung eingeleitet. Unter dem Patronat des Bundesrats einigten sich die Regierungen der Kantone Bern und Jura, den Dialog zwischen Vertretern des Kantons Jura und des Berner Juras zu institutionalisieren. Dazu soll eine paritätisch zusammengesetzte und von einer vom Bundesrat bezeichneten neutralen Persönlichkeit präsidierte "Assemblée interjurassienne" geschaffen werden. Dieses Forum soll einerseits über die Zukunft der Region diskutieren und andererseits zuhanden der Kantonsregierungen Vorschläge für eine Intensivierung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit entwickeln. Die Entscheidungen dieses Rates müssen sich auf die mehrheitliche Zustimmung in beiden Delegationen stützen. Aus dem Bericht Widmer wurde also die Idee einer gemeinsamen Institution übernommen, nicht aber die Vorgabe, dass der Dialog zu einem Vorschlag für einen Anschluss der drei französischsprachigen Berner Bezirke an den Kanton Jura führen müsse. Beide Seiten hatten Konzessionen gemacht. Bern hatte der These zugestimmt, dass die sechs jurassischen Bezirke gemeinsame Interessen haben. Die jurassische Regierung anerkannte die Gültigkeit der bestehenden Kantonsgrenzen und kündigte an, dass sie das Ausführungsgesetz zur Volksinitiative "Unir", welche den Kampf für eine Wiedervereinigung zu einem prioritären Staatsziel deklariert, zurückziehen werde.
Die Reaktionen fielen in der Presse sehr positiv aus. Weniger eindeutig war das Echo im Jura selbst. Im Berner Jura kritisierte zwar die SVP des Bezirks Moutier die Nachgiebigkeit der Berner Regierung und bemängelte vor allem, dass die bernische Delegation ohne Vertreter der Stadt Biel gebildet werden soll. Die SP und die FDP begrüssten hingegen das Abkommen ebenso wie ihre jurassischen Schwesterparteien und die berntreue "Force démocratique" (FD). Bei der CVP war die jurassische Sektion eher positiv, die bernjurassische zum Teil engagiert negativ eingestellt.
Auf Seite der Autonomisten verurteilte das "Mouvement autonomiste jurassien" (MAJ), die Nachfolgeorganisation der beiden jurassischen Autonomie-Bewegungen "Rassemblement jurassien" und "Unité jurassiennne", die Vereinbarung mit scharfen Worten. Die jurassische Regierung wurde des Verrats bezichtigt, da sie den Berner Jura als nicht per se zum Kanton Jura gehörende Region anerkennen und damit das Ziel einer Wiedervereinigung preisgeben würde. Nach der Zustimmung des jurassischen Parlaments zum Abkommen passte sich das MAJ den neuen Gegebenheiten an - ohne allerdings seine Verratsvorwürfe an die Adresse der jurassischen Regierung zurückzunehmen - und deklarierte, dass es sich in der nächsten Zeit für eine möglichst grosse Autonomie der bernjurassischen Bezirke innerhalb des Kantons Bern einsetzen werde. Diese Autonomie werde dann zwangsläufig zu einer "Befreiung des Südjuras" und einer Wiedervereinigung des gesamten jurassischen Volkes führen. Eine ähnliche Begründung führte der "Bélier" bereits in einer ersten Stellungnahme an: Er begrüsste das Abkommen und gab sich überzeugt, dass sich die Südjurassier in einem Dialog ohne die Anwesenheit deutschbernischer und Bieler Vertreter rasch von den Vorteilen eines Kantonswechsels überzeugen lassen würden. In späteren Äusserungen meldete auch der Bélier Vorbehalte an, allerdings ohne sich gegen die Einsetzung eines Diskussionsforums auszusprechen.
Die bernische Regierung hatte bereits beim Abschluss der Vereinbarung bekanntgegeben, dass die bernjurassische Delegation aus den 12 Kantonsparlamentariern der drei Bezirke Courtelary, Moutier und La Neuveville (darunter drei Autonomisten) gebildet werde. Der Berner Grosse Rat stimmte der Vereinbarung bei lediglich zwei Gegenstimmen aus dem Lager der Autonomisten zu. Die jurassische Regierung beschloss, das Abkommen angesichts seiner grossen politischen Bedeutung ebenfalls vom Parlament ratifizieren zu lassen. Dieses stimmte mit 47:4 Stimmen bei 8 Enthaltungen zu; auf eine Forderung des MAJ nach einer kantonalen Volksabstimmung trat es nicht ein, und das MAJ verzichtete auch auf die Lancierung eines Referendums.
Die eröffnende Sitzung der "Assemblée interjurassienne" fand am 11. November in Moutier (BE) statt; der Bundesrat hatte mit dem Einverständnis der Kantone Bern und Jura alt Bundesrat Felber zum Vorsitzenden ernannt.

Gründung der Assemblée interjurassienne
Dossier: Assemblée interjurassienne AIJ

Im Jura mussten die letzten Minister der ersten Stunde, François Lachat (cvp), Pierre Boillat (cvp) und Jean-Pierre Beuret (unabh. csp) wegen der Amtszeitbeschränkung ausscheiden. Zudem galt es für die FDP und die SP, ihre im Vorjahr bei Ergänzungswahlen verlorenen Sitze zurückzuerobern. Im ersten Durchgang schaffte keiner der 19 Kandidierenden das absolute Mehr für einen der fünf Regierungssitze, wobei mit drei CVP- und einem FDP-Vertreter die Bürgerlichen die Rangliste anführten. Bereits wurde über eine rein bürgerliche Regierung nach dem Vorbild Genfs spekuliert, was der zweite Wahlgang aber nicht bestätigte: Mit dem zweitbesten Resultat konnte sich der Sozialdemokrat Claude Hêche durchsetzen. Mit drei gewählten Kandidaten, dem Bisherigen Pierre Kohler sowie den Neuen Jean-François Roth und Gérald Schaller, eroberte die CVP das absolute Mehr in der Regierung. Die Freisinnigen konnten ihren 1993 verlorenen Sitz mit einer Frau, Anita Rion, zurückgewinnen, verpassten aber ihr Ziel einer Zweiervertretung knapp. Nicht wiedergewählt wurde Odile Montavon von der linksgrünen Gruppierung Combat socialiste, die 1993 bei den Ergänzungswahlen als erste Frau in die jurassische Regierung gewählt worden war.

Regierungswahlen Jura 1994
Dossier: Kantonale Wahlen - Jura
Dossier: Kantonale Regierungswahlen 1994

Das jurassische Stimmvolk entschied sich bei den Parlamentswahlen für stabile Verhältnisse. Im sechzigköpfigen Parlament kam es nur gerade zu einer Sitzverschiebung: Die CVP gewann einen Sitz und konnte ihre Sitzzahl von 21 auf 22 erhöhen, während die linksgrüne Gruppierung Combat socialiste einen ihrer drei Sitze verlor. Die FDP mit 15, die SP mit 12, die CSP mit 8 und die SVP mit einem Sitz verfügen über eine unveränderte Sitzzahl. Die Grünen, die erstmals antraten, schafften den Sprung ins Parlament nicht. Der Frauenanteil blieb mit 13,3% unverändert.

Wahlen Parlament Jura 1994
Dossier: Kantonale Wahlen - Jura
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 1994

Les Chambres ont décidé de classer une initiative du canton du Jura demandant une décriminalisation du non-paiement de la taxe militaire, cette exigence étant désormais sans objet puisque, grâce à la révision de la loi sur la taxe d'exemption du service militaire, elles ont décidé que les arrêts ne seraient plus requis contre une telle infraction.

Initiative cantonale du Jura: Suppression de la taxe militaire pour les handicapés (Iv.ct. 90.204)
Dossier: Abschaffung des Militärpflichtersatzes für Schwerbehinderte

Bei den Gesamterneuerungswahlen für acht Kantonalparlamente (BE, GL, GR, JU, NW, OW, VD, ZG) kam es nur zu leichten Sitzverschiebungen. Die FDP und die SVP konnten mit fünf, respektive drei Sitzgewinnen ihren Aufwärtstrend insgesamt leicht fortsetzen, wobei dieser in den verschiedenen Kantonen nicht einheitlich verlief. In Zug, wo die SVP zum ersten Mal antrat, erreichte sie auf Anhieb Fraktionsstärke. Die CVP konnte ihre Erosion bremsen und büsste gesamtschweizerisch - vor allem dank fünf Sitzgewinnen in Ob- und Nidwalden - nur einen Sitz ein, wobei sie in Zug mit drei Sitzen die meisten Mandate verlor. Die SP konnte im Kanton Waadt drei Sitze dazugewinnen, büsste aber insgesamt vier Sitze ein. Gleich sechs Mandatsverluste und somit den grössten Aderlass musste die Grüne Partei hinnehmen, wobei die Verluste im Kanton Bern mit vier Sitzeinbussen am empfindlichsten waren. Dafür konnte im Kanton Bern die Auto-Partei (neu Freiheits-Partei) fünf Sitze dazugewinnen.

Sehr ausgeprägt bestätigte sich auch dieses Jahr der Zuwachs des Frauenanteils in den Kantonalparlamenten. Während in Bern 16 Frauen neu ins Parlament einzogen, waren es im Kanton Waadt und im Graubünden je 10, was im Graubünden einer Verdoppelung des Frauenanteils gleichkommt. (Der Vergleich basiert auf den kantonalen Wahlen 1990. Später ins Parlament nachrutschende bzw. zurücktretende Frauen wurden nicht berücksichtigt.) Obwalden und Nidwalden konnten ihren Frauenanteil ebenfalls fast verdoppeln. Lediglich im Kanton Jura blieb der Frauenanteil konstant. Insgesamt waren in den acht Kantonen von 855 gewählten Parlamentsmitgliedern 169 Frauen (19,8%), wobei die SP mit 50 einmal mehr am meisten Frauen in die kantonalen Legislativen schickte. Gesamtschweizerisch lag der Frauenanteil in den kantonalen Parlamenten Ende 1994 bei 21% (1993: 19,1%), wobei sich Genf mit 36% weiterhin an der Spitze befindet. Glarus bildet mit 7,5% das Schlusslicht.

Deutlich manifestierte sich auch im Berichtsjahr eine sinkende Wahlbeteiligung, ein Trend, von dem lediglich der Kanton Waadt leicht abwich. Im Kanton Baselland, wo es sechs zusätzliche Mandate im Landrat zu verteilen gab, fanden Ergänzungswahlen statt.

Kantonale Parlamentswahlen 1994
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 1994

Bei den Wahlen in die Kantonsregierungen kam es parteipolitisch in vier Kantonen zu einer neuen Zusammensetzung: In Glarus konnte die SP der CVP einen Regierungssitz wegnehmen, in Baselland gewann die CVP einen Sitz auf Kosten der SVP. Im Waadt verlor die FDP einen Sitz zugunsten der Grünen, während im Jura der Combat socialiste und die CSP ausschieden und der FDP und der SP den Wiedereintritt in die Regierung ebneten. Auffällig ist die Nichtbestätigung gleich dreier bisheriger Regierungsmitglieder: Jules Landolt (cvp, GL), Odile Montavon (combat socialiste, JU) und Philippe Pidoux (fdp, VD) wurden nicht wiedergewählt. Deutlich ist auch die Zunahme des Frauenanteils in den Exekutiven: Baselland und Zug wählten ihr erstes weibliches Regierungsmitglied, während Appenzell Ausserrhoden auf Anhieb zwei Frauen in die Regierung schickte und damit dem Beispiel des Kantons Bern folgte, der mit Elisabeth Zölch ebenfalls eine zweite Frau in die Regierung gewählt hat. Bis Ende des Berichtsjahres waren damit von 166 kantonalen Exekutivämtern 16 (9,6%) von Frauen besetzt (1993: 11; 6,6%).

Kantonale Regierungswahlen 1994
Dossier: Kantonale Regierungswahlen 1994

Trotz verschiedentlichem Drängen autonomistischer Organisationen nahm der Bundesrat noch nicht Stellung zum Bericht. Im Dezember kündigte er an, dass er auch zu Beginn des Jahres 1994 seine Konsultationen mit den beiden betroffenen Kantonsregierungen fortsetzen wolle. Einig sei man sich in den bisherigen Treffen über die Notwendigkeit eines Dialog geworden, noch nicht aber über Form und Inhalt dieser Gespräche.

Ernennung der Konsultativkommission Widmer (1992)
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt

Ebenfalls nicht fachspezifisch ausgerichtet ist die im Juni gegründete Konferenz der Westschweizer Kantone, in der die Regierungspräsidenten sowie ein weiteres Exekutivmitglied aus den vier französischsprachigen Kantonen Genf, Jura, Neuenburg und Waadt sowie den drei sprachlich gemischten Kantonen Bern, Freiburg und, Wallis vertreten sind. In der Deutschschweiz bestehen derartige regionale Regierungspräsidentenkonferenzen schon seit längerer Zeit.

Konferenz der Westschweizer Kantone

Wenigstens in einem Punkt ging die Berner Regierung mit den Ratschlägen der Kommission Widmer einig und leitete bereits erste Schritte zu deren Realisierung ein. Sie beschloss, unverzüglich und ohne Vorbedingungen die Grundlagen für den Kantonswechsel der Gemeinde Vellerat zu schaffen, die nach den Plebisziten als einzige gegen ihren Willen beim Kanton Bern bleiben musste. Dabei soll das bisher für Gebietsveränderungen übliche Verfahren mit Abstimmungen in der Gemeinde, dann in den beiden betroffenen Kantonen und schliesslich im Bund eingehalten werden. Ein entsprechendes Gesetz will die Regierung 1994 dem Grossen Rat vorlegen. Im Gegensatz zu früheren diesbezüglichen Vorschlägen verzichtete sie jetzt darauf, das Schicksal von Vellerat mit demjenigen von Ederswiler, der einzigen deutschsprachigen Gemeinde des Kantons Jura, zu verknüpfen. Im November gab die Regierung einen entsprechenden Gesetzesentwurf in die Vernehmlassung. Die Forderung der Gemeinde Vellerat nach einem beschleunigten Verfahren, das auf einem nur vom eidgenössischen Parlament zu genehmigenden Konkordat zwischen den betroffenen Kantonen beruht und auf Volksabstimmungen verzichtet, lehnte sie als nicht bundesrechtskonform ab.

Grundlagen für den Kantonswechsel der Gemeinde Vellerat
Dossier: Vellerat und Ederswiler

Die jurassische Regierung beschloss, den zu einer Freiheitsstrafe von 22 Monaten verurteilten Pascal Hêche nicht an den Kanton Bern auszuliefern und ihn seine Strafe unter Aufsicht der jurassischen Vollzugsbehörden absitzen zu lassen. Dieser Entscheid, der dem Bundesgerichtsurteil vom Vorjahr entsprach, trug ihr heftige Kritik des Bélier und des RJ (Rassemblement jurassien) ein, welche einen neuen Prozess forderten. Das jurassische Kantonsparlament beschloss kurz nach dem Strafantritt, auf ein Gnadengesuch Hêches einzutreten und ihm mit dem Argument, dass seine Tat politisch motiviert gewesen sei, die Hälfte der Strafe zu erlassen. Die Berner Regierung bestritt die Kompetenz des jurassischen Parlaments zu dieser Begnadigung; sie verzichtete aber auf eine Beschwerde beim Bundesgericht, da die Erfahrung mit der Initiative "Unir" gezeigt habe, dass sich dieses Parlament ohnehin nicht an Urteile dieser Instanz halten würde.

Pascal Hêche-Mitglied der Gruppe Bélier
Dossier: Jurakonflikt: Anschläge und Terrorismus

Die Reaktionen auf den Bericht Widmer fielen sehr unterschiedlich aus. Die Berner Regierung bekundete ihre Enttäuschung, die berntreuen Organisationen des Berner Juras waren empört. Ihre Hauptkritik richtete sich an die Vorgabe, dass der aufzunehmende Dialog, der an sich begrüssenswert sei, einzig auf das Ziel einer Vereinigung ausgerichtet sein soll. Die Force Démocratique (FD) als wichtigste antiseparatistische Organisation machte die Aufnahme eines Dialogs abhängig vom Verzicht des Kantons Jura auf seine "Annexionsgelüste", wie sie insbesondere im Ausführungsgesetz zur Unir-Initiative zum Ausdruck kämen. Unzufrieden mit dem Bericht waren auch die Behörden der Stadt Biel. Sie kritisierten, dass die Konsequenzen der von der Kommission postulierten Abtrennung des mit der Stadt eng verbundenen Berner Juras für die Zukunft ihrer zweisprachigen Stadt nicht analysiert worden seien. Innert weniger Wochen sammelten die Kritiker des Berichts im Berner Jura und in Biel 20'000 Unterschriften für eine Petition an den Bundesrat mit der Aufforderung, den Empfehlungen des Berichts keine Folge zu leisten.
Positiv nahmen die jurassische Regierung, die Behörden der Stadt Moutier und die autonomistischen Organisationen – diese sahen im Bericht den wichtigsten "moralischen Sieg" des Juras seit 1815 – die Ausführungen der Kommission auf und beurteilten sie als realistische Konfliktlösungsvorschläge. Das RJ betonte aber, dass dieser vorgeschlagene Dialog keinesfalls die Begründung einer Kooperation über die bestehenden Kantonsgrenzen zum Ziel haben dürfe, sondern einzig der Vereinigung gewidmet sein müsse. Von den nationalen Parteien kritisierte die FDP den Bericht, während er von der CVP gelobt wurde. Auf lokaler Ebene veröffentlichte die jurassische SP gemeinsam mit der SP und der autonomistischen PSA des Berner Juras eine Stellungnahme, welche die Aufnahme eines Dialogs begrüsst, dabei aber dem von der Kommission Widmer postulierten Ziel einer Vereinigung nicht erste Priorität einräumt.

Ernennung der Konsultativkommission Widmer (1992)
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt

Am 13. September, einen Tag nach dem Fest des jurassischen Volkes, verstarb der an Krebs erkrankte Roland Béguelin in seinem 72. Altersjahr. Der aus Tramelan (BE) stammende Béguelin war seit 1950 Redaktor der Wochenzeitschrift "Jura libre" und seit 1952 Generalsekretär des RJ gewesen. Er hatte in diesen Funktionen wesentlichen Anteil am Kampf für die Trennung der drei nordjurassischen Bezirke vom Kanton Bern und an der Gründung des Kantons Juras gehabt. Die Übernahme eines Exekutivamtes im neuen Kanton hatte er jedoch abgelehnt, um sich ganz dem mit unnachgiebiger Härte verfolgten Ziel einer Vereinigung der bernisch gebliebenen südlichen Bezirke mit dem Kanton Jura zu widmen.

Tod Roland Béguelins
Dossier: Rassemblement jurassien (RJ) nach der Gründung des Kantons Jura

Die Bundesanwaltschaft verhaftete im Laufe der Untersuchung zwei Mitglieder des Béliers und entdeckte nicht zuletzt dank deren Geständnissen mehrere Sprengstoffdepots in den Freibergen (JU) sowie Pläne für weitere Anschläge. Ende Februar verhaftete die Bundespolizei dann auch noch den Chef des Bélier, Daniel Pape, und fand im Keller seines Wohnhauses 50 Handgranaten. Nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft dementierte Pape Indiskretionen aus dem EJPD, die besagten, dass er über die Anschläge informiert gewesen sei. Zu den Handgranaten gab er an, dass er sie vor seiner Haustüre gefunden und dann versteckt habe, um zu verhindern, dass jemand sie verwenden könnte. Als Leiter des Bélier trat er zurück.

Verhaftung und Prozess Daniel Pape (Chef des Bélier)
Dossier: Jurakonflikt: Anschläge und Terrorismus

Auch in den Organisationen der Autonomisten gewann die Überzeugung an Boden, dass mit der bisherigen unerbittlichen Konfliktstrategie nie eine Mehrheit unter der Bevölkerung der drei bernischen Bezirke gewonnen werden könne. Gegen den Willen des zu diesem Zeitpunkt schon schwerkranken Roland Béguelin, des Sekretärs des Rassemblement jurassien, beschlossen der Vorstand des RJ und die Leitung der im Berner Jura aktiven Unité jurassienne eine Fusion ihrer beiden Organisationen einzuleiten. Mit dieser neuen Organisation unter dem Namen Mouvement autonomiste jurassien soll nach Ansicht der Promotoren nicht nur die Position der Autonomisten in den bernisch gebliebenen Bezirken gestärkt, sondern auch eine undogmatischere und dialogbereitere Politik eingeleitet werden.

Fusion mit der Unité jurassienne (UJ) zum Mouvement autonomiste jurassien (MAJ)
Dossier: Rassemblement jurassien (RJ) nach der Gründung des Kantons Jura

Bei den Ersatzwahlen für die zurückgetretenen jurassischen Regierungsräte Mertenat (sp) und Brahier (fdp) erreichte im ersten Wahlgang bei einer Beteiligung von nur 42,9% (1990: 1. Wahlgang: 61,6%) keiner der Kandidaten das absolute Mehr. Die beiden Kandidaten der SP und der FDP, Jacques Stadelmann und Ständerat Michel Flückiger, landeten hinter Odile Montavon von der links-grünen Organisation "Combat socialiste" und Pierre Kohler (Junge CVP). Im zweiten Wahlgang, bei welchem die Beteiligung 52,4% betrug, wurden überraschenderweise beide Aussenseiter gewählt. Der 29jährige, auf einer freien Liste kandidierende Kohler erreichte mit einem Stimmenanteil von 45,5% das beste Resultat, während Odile Montavon, welche bei den letzten Gesamterneuerungswahlen im zweiten Wahlgang unterlegen war, an zweiter Stelle mit 37,9% der Stimmen gewählt wurde. Stadelmann und Flückiger erzielten nur 31,5% resp. 30,1%. Ohne eigene Kandidatur hat die CVP somit in der Regierung die Mehrheit erlangt, und anstelle der SP vertritt Combat socialiste, welcher im Parlament nur mit drei Sitzen repräsentiert ist, fortan die Anliegen der Linken. Mit Odile Montavon wurde zum ersten Mal eine Frau in die jurassische Regierung gewählt. Wiederum muss die ursprünglich antiseparatistische FDP, wie von Beginn der Kantonsgründung im Jahre 1978 bis 1986, auf eine Regierungsbeteiligung verzichten.

Ersatzwahlen Regierungsrat Jura 1993
Dossier: Kantonale Wahlen - Jura
Dossier: Kantonale Regierungswahlen 1993

Plusieurs Grands Conseils romands (JU, GE, FR notamment) ont adopté une résolution demandant au Conseil fédéral de maintenir sa demande d'ouverture de négociations en vue d'une adhésion à l'Union européenne.
(c.f. aussi: politique de coopération transfrontalière)

Resolution pour le renforcement de l'incluence des cantons (1993)
Dossier: Verhandlungen über den Beitritt der Schweiz zur Europäischen Union (EU)
Dossier: Reaktionen auf das EWR-Nein (1992–2001)

Am 7. März präsentierte die im Vorjahr vom Bundesrat eingesetzte Konsultativkommission unter dem Vorsitz des ehemaligen Zürcher Stadtpräsidenten Widmer (ldu) ihren Bericht. Sie beurteilte darin die Beibehaltung des Status quo als unhaltbar. Geschichtliche, kulturelle und wirtschaftliche Faktoren würden für eine Vereinigung der drei bernischen Bezirke mit dem Kanton Jura sprechen. Da zur Zeit rund zwei Drittel der betroffenen Bevölkerung des Berner Juras gegen einen Kantonswechsel sind, soll zuerst eine paritätisch zusammengesetzte und von einem neutralen Vorsitzenden präsidierte Kommission mit Mitgliedern aus dem Kanton Jura und dem Berner Jura einen Dialog aufnehmen. Ziel dieser Gespräche wären die Ausarbeitung von Garantien zugunsten des Berner Juras nach einer Vereinigung mit dem Kanton Jura. Diese Vereinbarung würde dann nach spätestens sieben Jahren den Stimmberechtigten beider Regionen getrennt zur Abstimmung vorgelegt und, im Falle einer Annahme durch beide Körperschaften, zur Gründung eines neuen Kantons führen. Sollte sich dieser Weg nicht durchsetzen, wäre für die Kommission die Gründung eines Halbkantons "Jura-Süd" noch vor einem Autonomiestatut im Kanton Bern die nächstbeste Lösung. Im schlechtesten Fall wäre ein Kantonswechsel der Gemeinden mit autonomistischer Mehrheit ins Auge zu fassen. Für die Gemeinden Vellerat und Ederswiler schlägt die Kommission die sofortige Einleitung eines Verfahrens zum Kantonswechsel vor, hingegen soll sich die mehrheitlich separatistische Gemeinde Moutier bis zum Abschluss des angestrebten Dialogs gedulden.

Ernennung der Konsultativkommission Widmer (1992)
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt