Suche zurücksetzen

Inhalte

Akteure

  • Weissrussland
  • Taiwan

Prozesse

29 Resultate
Als PDF speichern Weitere Informationen zur Suche finden Sie hier

Jahresrückblick 2022: Aussenpolitik

Nach der Corona-Pandemie und dem institutionellen Rahmenabkommen 2020 und 2021 wurde das Jahr 2022 nun von einem gänzlich neuen Thema dominiert: Der Angriffskrieg Russlands in der Ukraine löste in der Schweiz nicht nur Diskussionen zum Sanktionswesen aus, sondern auch eine Grundsatzdebatte zur Schweizer Neutralitätspolitik. Die APS-Zeitungsanalyse für das Jahr 2022 zeigt – im Vergleich zu den Vorjahren – das Aufkommen komplett neuer Themenschwerpunkte wie «Neutralität» und «Sanktionen» in der Medienberichterstattung (vgl. Abbildung 2 der Analyse im Anhang). Wenig überraschend zeigen sich Ausschläge in der Artikelzahl zum Thema Aussenpolitik im Februar und März rund um den Kriegsausbruch in der Ukraine. Zwar nahm der prozentuale Anteil der Berichte dazu in den folgenden Monaten ab, hielt sich aber bis in den Herbst hinein auf einem hohen Niveau.

Das Jahr 2022 begann aussenpolitisch mit einem grossen Paukenschlag, dem Kriegsausbruch in der Ukraine Ende Februar, der den Bundesrat gemäss Medien völlig auf dem falschen Fuss erwischte. Noch im Januar hatten sich die Aussenminister Russlands und der USA in Genf getroffen, um die angespannte Lage an der russisch-ukrainischen Grenze zu deeskalieren. Aussenminister Cassis hatte damals von einer «freundschaftlichen, aber konzentrierten Stimmung» gesprochen. Der Angriff Russlands auf die Ukraine im Donbass löste im Parlament, wie auch in der Bevölkerung heftige Reaktionen aus. Stände- und Nationalrat verabschiedeten wenige Tage nach Kriegsausbruch eine Erklärung, mit der sie einen sofortigen Waffenstillstand verlangten, und übten in der Folge Druck auf den Bundesrat aus, wirtschaftliche Sanktionen der EU zu übernehmen. Nach mehreren verbalen Verurteilungen des Vorgehen Russlands als völkerrechtswidrig und aufgrund des massiven Drucks aus dem In- und Ausland beschloss der Bundesrat am 27. Februar die Übernahme der Sanktionspakete der EU gegen Russland. Bundespräsident Cassis wurde in der Folge nicht müde zu betonen, dass die Schweiz ihre Neutralität mit dieser Art der Sanktionsübernahme beibehalte. In den folgenden Wochen und Monaten übernahm die Schweiz sämtliche Ausweitungen der Sanktionen der EU gegen Russland – und später auch gegen Belarus. Fast zeitgleich zur Übernahme des EU-Sanktionsregimes gab die Regierung bekannt, die ukrainische Bevölkerung mit Hilfsgütern zu unterstützen. Ein erstes Paket in Höhe von CHF 8 Mio. wurde in raschen Abständen durch weitere Hilfsgüterlieferungen und die finanzielle Unterstützung von humanitären Organisationen ergänzt. Im Bereich der Guten Dienste unterstützte die Schweiz den Reform- und Wiederaufbauprozess in der Ukraine mithilfe der von langer Hand geplanten Ukraine Recovery Conference, die im Juli in Lugano stattfand. Die seit 2017 jährlich stattfindende Ukraine Reform Conference wurde angesichts des Kriegsgeschehens umbenannt und inhaltlich neu ausgerichtet.

Der Erlass und die Übernahme von Sanktionen stellten nicht nur den Bundesrat, sondern auch das Parlament vor neue Fragen und hielten dieses auf Trab. Davon zeugen nicht nur die parlamentarischen Vorstösse zum Thema, sondern auch die intensiven Debatten, die im Rahmen der Anpassung des Embargogesetzes geführt wurden. Eine bereits im Jahr 2019 eingereichte parlamentarische Initiative zur Einführung einer Rechtsgrundlage für gezielte Sanktionen bei schweren Menschenrechtsverletzungen und Korruption durch hochrangige Politiker und Politikerinnen erhielt aufgrund der geopolitischen Umstände besondere Relevanz. Zwar wurde diese vom Ständerat abgelehnt, doch trug sie massgeblich zu einer umfassenden Debatte innerhalb des Parlaments über das Schweizer Sanktionswesen bei. Im Mai 2022 verlangte die APK-NR vom Bundesrat mittels einer Kommissionsmotion die Entwicklung einer kohärenten, umfassenden und eigenständigen Sanktionspolitik. Der reine Nachvollzug von EU- und UNO-Sanktionen genügten nach Ansicht der Kommission nicht, um die Landesinteressen der Schweiz in den Bereichen Sicherheit, Versorgungssicherheit und Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten.

Eng mit den Überlegungen zur Sanktionsthematik verknüpft war die Frage, inwiefern die Schweiz diese mit ihrer Neutralität respektive mit ihrer Neutralitätspolitik vereinbaren könne. Während die SVP die Schweizer Neutralität durch die übernommenen EU-Sanktionen als bedroht erachtete, liess Alt-Bundesrat Blocher bezüglich der Sanktionsübernahme verlauten: «Wer hier mitmacht, ist eine Kriegspartei.» Derweil wünschte sich die APK-SR vom Bundesrat in einem Postulat mehr Klarheit und Orientierung in der Neutralitätspolitik. Diese Forderung versprach der Bundesrat durch einen aktualisierten Neutralitätsbericht – der letzte stammte aus dem Jahr 1993 – zu erfüllen. Aussenminister Cassis scheiterte jedoch Anfang September mit der Konzeptionierung der von ihm geprägten «kooperativen Neutralität», als der Gesamtbundesrat den Neutralitätsbericht zurückwies. Erst Ende Oktober verabschiedete die Regierung den Bericht in Erfüllung des Postulats und beschloss, an der Neutralitätspraxis aus dem Jahr 1993 festzuhalten. Im gleichen Monat kündigte die neu gegründete nationalkonservative Gruppierung «Pro Schweiz» an ihrer Gründungsversammlung die Lancierung einer Volksinitiative an, mit der sie die «immerwährende bewaffnete Neutralität» der Schweiz in der Verfassung festschreiben will.

Wenn auch nicht im gleichen Ausmass wie in den Jahren zuvor, sorgten aber auch im Jahr 2022 die bilateralen Beziehungen mit der EU für einige Schlagzeilen. Insbesondere die vom Bundesrat im Januar vorgestellte neue Stossrichtung für das Verhandlungspaket mit der EU sorgte aufgrund des gewählten sektoriellen Ansatzes vielerorts für Kopfschütteln, nicht zuletzt bei EU-Vertreterinnen und -Vertretern selbst. Auch das Parlament kämpfte weiterhin mit den Nachwehen des gescheiterten Rahmenabkommens und beschäftigte sich mit der Vielzahl der 2021 eingereichten parlamentarischen Vorstösse, deren Forderungen von einer nachhaltigen Zusammenarbeit mit der EU, über einen EWR-Beitritt bis zum EU-Beitritt reichten. Der vom Bundesrat versprochene Europabericht, welcher eine Vielzahl der Vorstösse hätte beantworten sollen, liess indes auf sich warten. Im März schwebte überdies die Abstimmung über das Frontex-Referendum wie ein Damoklesschwert über der sowieso schon belasteten Beziehung mit der EU. Ein Nein hätte unter Umständen den Ausschluss aus dem Schengen/Dublin-Abkommen nach sich ziehen können. Zwar verschwanden entsprechende Diskussionen nach dem deutlichen Ja im März 2022 rasch, ein im Sommer publik gewordener Briefwechsel zwischen EU-Vize-Kommissionspräsident Maros Sefčovič und Staatssekretärin Livia Leu warf jedoch ein erneut negatives Licht auf den Stand der bilateralen Verhandlungen. Daraus ging hervor, dass auf beiden Seiten weiterhin Unklarheiten über die jeweiligen Forderungen und roten Linien existierten. Etwas Versöhnlichkeit zeigte das Parlament im März, als es einer Aktualisierung des Abkommens mit der Europäischen Gemeinschaft über Zollerleichterungen und Zollsicherheit zustimmte, sowie in der Herbstsession mit der Annahme zweier Vorlagen zur Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Auch die Anpassungen der Systeme ETIAS und VIS waren in beiden Räten ungefährdet.

Im Gegensatz zu den stagnierenden Beziehungen zur EU zeigte sich die Schweiz sehr aktiv im Umgang mit einzelnen Partnerländern. Das Verhältnis zum Vereinigten Königreich wurde im Frühling 2022 unter anderem durch ein Mobilitätsabkommen für Dienstleistungserbringende, ein Sozialversicherungsabkommen und durch einen Präsidialbesuch von Bundespräsident Cassis in London gestärkt. Ebenfalls im Frühjahr reiste Cassis wenige Wochen nach der Annahme des neuen Grenzgängerabkommens mit Italien im Parlament nach Italien, um sich unter anderem mit dem italienischen Aussenminister Luigi di Maio zu treffen. Generell zeigte sich Cassis in seiner Doppelrolle als Aussenminister und Bundespräsident sehr reise- und gesprächsfreudig. Das belegen unter anderem Staatsbesuche in Österreich und der Tschechischen Republik, Polen und Moldawien, Japan, Niger und dem Vatikan, aber auch Gespräche mit dem Aussenminister der VAE und der slowakischen Präsidentin Zuzana Čaputová.
In seiner Chinapolitik musste der Bundesrat 2022 innenpolitisch mehrere Dämpfer hinnehmen: Das Parlament stimmte gegen seinen Willen mehreren Motionen zu, mit denen die wirtschaftlichen Beziehungen mit China und der Whole-of-Switzerland-Ansatz anders ausgestaltet werden sollen.
Auf multinationaler Ebene stach insbesondere die erfolgreiche Wahl der Schweiz als nichtständiges Mitglied des UNO-Sicherheitsrats im Juni hervor. Darüber hinaus beschloss das Parlament, dass sich die Schweiz weiterhin an der internationalen Währungshilfe beteiligen soll, und verabschiedete einen Verpflichtungskredit in Höhe von CHF 10 Mrd. bis 2028, der als Notreserve bei starken Störungen des internationalen Währungssystems eingesetzt werden kann.

Jahresrückblick 2022: Aussenpolitik
Dossier: Jahresrückblick 2022

Ende Mai 2022 traf sich eine Delegation des Bundesrates zum bereits zweiten Mal nach dem Treffen im März mit allen im Parlament vertretenen Parteien im Hotel Bellevue in Bern zu einem Gespräch über den Krieg in der Ukraine und dessen Folgen für die Schweiz. Der Bundesrat erläuterte den Parlamentarierinnen und Parlamentariern, dass sich die Schweizer Antwort auf den russischen Angriffskrieg auf vier Pfeiler stütze, namentlich Recht, Solidarität, Sicherheit und Gute Dienste. Diskutiert wurde nicht nur die anstehende Ukraine Recovery Conference in Lugano, sondern auch die Schweizer Auslegung der Neutralität und der Neutralitätsbericht, den der Bundesrat angekündigt hatte. Die bundesrätliche Delegation legte die sicherheitspolitischen Folgen des Krieges dar, wobei auch der Zusatzbericht des VBS zum Sicherheitspolitischen Bericht 2021 angesprochen wurde. Dieser befasse sich mit der Möglichkeit einer verstärkten internationalen Kooperation in der Sicherheitspolitik, verriet der Bundesrat. Auch zur Beschaffung der F-35A-Jets, zur Migrationspolitik angesichts der ukrainischen Schutzsuchenden und der Energie- und Wirtschaftspolitik stand die Regierung den Parteien Rede und Antwort.

Anfang Juni beurteilte der Bundesrat mehrere umstrittene Kriegsmaterial-Geschäfte. Unter anderem lagen der Schweiz Anfragen von Deutschland (Munition und Radschützenpanzer) und Dänemark (Radschützenpanzer) zur Weitergabe von Kriegsmaterial an die Ukraine vor. Die Regierung lehnte beide Gesuche aufgrund der geltenden Ausfuhrkriterien gemäss Kriegsmaterialgesetz und des neutralitätsrechtlichen Gleichbehandlungsgebots ab. Der Bundesrat stellte jedoch klar, dass Kriegsmaterial-Zulieferungen an europäische Rüstungsunternehmen weiterhin möglich seien, auch wenn die Gefahr bestehe, dass einige der gelieferten Komponenten in Kriegsmaterial verbaut in die Ukraine gelangen könnten. Das Kriegsmaterialgesetz sehe vor, dass sich Schweizer Unternehmen an den internationalen Wertschöpfungsketten beteiligen können, jedoch dürfe gemäss bundesrätlicher Praxis der Anteil der Schweizer Einzelteile am Endprodukt eine gewisse Warenwertschwelle nicht überschreiten. Da zwei weitere Gesuche aus Deutschland (Panzerfaustkomponenten) und Italien (Flugabwehrkomponenten) diese Vorgaben einhielten, wurden sie vom Bundesrat bewilligt.

Eine Woche später beschloss die Landesregierung die Übernahme eines weiteren EU-Sanktionspakets gegen Russland (sechstes Sanktionspaket), das ein Embargo auf Rohöl und gewisse Erdölerzeugnisse aus Russland umfasste. Nebst dem Kauf wurden auch die Einfuhr, Durchfuhr und der Transport in und durch die Schweiz untersagt. Auch die Erbringung entsprechender Dienstleistungen, darunter Versicherungs- und Rückversicherungsdienstleistungen für den Erdöltransport, waren damit nicht mehr erlaubt. Im Finanzbereich wurden diverse Dienstleistungen für die russische Regierung oder für in Russland niedergelassene juristische Personen und Organisationen verboten. Auch ein Werbeverbot, das Medien wie Russie Today oder Sputnik betraf, war im Sanktionsbündel enthalten. Das WBF habe die notwendigen Massnahmen getroffen, um die EU-Sanktionen in Schweizer Recht zu überführen, so die Regierung in ihrer Medienmitteilung. Das WBF habe zudem weitere russische und belarussische Personen und Organisationen auf die Sanktionsliste gesetzt und den Ausschluss von vier russischen und belarussischen Banken aus dem Nachrichtensystem SWIFT bewilligt. Auch die Liste der mit einem Ausfuhrverbot belegten Militär- und Technologiegüter wurde ergänzt.

Über einen Monat später, Anfang August, sah sich die Landesregierung angesichts der «anhaltenden russischen Militäraggression» gezwungen, weitere EU-Sanktionen gegen Russland («Paket zur Aufrechterhaltung und Anpassung») zu verabschieden, deren Umsetzung sie zeitlich oder materiell für dringlich befunden hatte. Es handelte sich hierbei primär um das Verbot, Gold und Golderzeugnisse aus Russland zu kaufen, einzuführen oder zu transportieren, wobei auch Dienstleistungen im Kontext dieser Güter verboten wurden. Um zur Bekämpfung der weltweiten Ernährungs- und Energiekrisen beizutragen, führte der Bundesrat einige Ausnahmebestimmungen ein, unter anderem richteten sich die Verbote nicht gegen Transaktionen im Zusammenhang mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen und der Lieferung von Öl in Drittländer. Ende August übernahm die Schweiz dann auch die technischen Massnahmen des gleichen Sanktionspakets, unter anderem das Verbot, Einlagen entgegenzunehmen, oder Verbote im Zusammenhang mit Ratingdiensten. Auch die Vergabe von öffentlichen Aufträgen an russische Staatsangehörige und in Russland niedergelassene Organisationen wurden übernommen, nachdem der Bundesrat zuvor behördliche Abklärungen zu dieser Frage in Auftrag gegeben hatte.

Da die EU ihr Visumserleichterungsabkommen mit Russland Anfang September vollständig suspendierte, tat ihr dies die Schweiz wenige Wochen später gleich. Damit setzte sie das seit 2009 bestehende Abkommen vorübergehend ausser Kraft, russische Staatsangehörige konnten jedoch weiterhin über das ordentliche Visaverfahren ein Visum beantragen. Bereits im Frühling 2022 hatte die Schweiz Visaerleichterungen für gewisse Personengruppen, unter anderem russische Diplomatinnen und Diplomaten, aufgehoben.

Ende September verkündete der russische Präsident Wladimir Putin die Annexion der von Russland teilweise besetzten Gebiete der Ukraine. Der Bundesrat verurteilte diesen Schritt als «schwerwiegende Verletzung des Völkerrechts» und anerkannte diese Aneignung nicht. Er rief Russland dazu auf, das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte einzuhalten und einen raschen und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe auf dem gesamten ukrainischen und dem von Russland besetzten Territorium zu gewährleisten, da der bevorstehende Winter humanitäre Hilfe für die Bevölkerung notwendig mache. In Zusammenhang mit der russischen Annexion hiess das WBF Mitte Oktober die Sanktionierung von 30 weiteren russischen Personen und Organisationen gut. Betroffen waren vor allem Personen, die in die von Russland organisierten Referenden in ukrainischen Regionen involviert waren. Damit stimmte die Schweizer Sanktionsliste zu diesem Zeitpunkt mit derjenigen der EU überein.

Obwohl die EU ihr achtes Sanktionspaket bereits Anfang Oktober 2022 verabschiedet hatte, zog die Schweiz erst Ende November des gleichen Jahres vollständig nach. Mit diesem Paket schuf die Schweiz eine Rechtsgrundlage für die Einführung von Preisobergrenzen für russisches Rohöl und Erdölprodukte sowie für Einschränkungen für weitere Eisen- und Stahlprodukte, Luft- und Raumfahrtgüter und weitere wirtschaftlich bedeutende Güter. Zudem wurde die Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen IT, Architektur, Rechtsberatung, Ingenieurwesen an die russische Regierung oder an russische Unternehmen verboten. Nebst den Massnahmen des achten Sanktionspakets erliess der Bundesrat ein Rüstungsgüterembargo gegen Russland, welches aufgrund der Schweizer Neutralität in Teilen auch auf die Ukraine anwendbar war.

Kurz vor Jahresende kündigte der Bundesrat Mitte Dezember erneut die Übernahme eines Sanktionspakets der EU an, wobei dieses vor allem Anpassungen in Bezug auf die Preisobergrenze für Rohöl und Erdölerzeugnisse mit sich brachte – die entsprechenden Bestimmungen stimmten nun mit derjenigen der EU überein. Eine Woche zuvor hatte das WBF bereits die rechtlichen Grundlagen für die Umsetzung ins Schweizer Recht geschaffen und weitere Personen den Schweizer Finanzsanktionen unterstellt.

Die Schweiz übernimmt die EU-Sanktionen gegen Russland
Dossier: Schweizer Reaktion auf die russischen Aggressionen in der Ukraine (ab 2014)
Dossier: Die Schweizer Neutralität

Im August 2022 reichte die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats eine Kommissionsmotion mit dem aussagekräftigen Titel Schaffung einer Taskforce für die Sperrung von russischen und belorussischen Oligarchengeldern ein. Die geforderte Taskforce solle die im Zuge des Ukraine-Kriegs verhängten internationalen Sanktionen gegen Russland und Belarus umsetzen und insbesondere die in der Schweiz gelagerten Vermögenswerte von sanktionierten Personen finden und sperren.
Eine grosse Minderheit Schneeberger (fdp, BL) beantragte, die Motion abzulehnen. Gleiches tat der Bundesrat, der wie schon in seinen Stellungnahmen zu den ähnlich ausgerichteten Motionen von Carlo Sommaruga (sp, GE) und der SP-Fraktion darauf hinwies, dass die Umsetzung der Sanktionen die betroffenen Bundesstellen allgemein vor neue Herausforderungen stelle (Mo. 22.3236; Mo. 22.3214). Der Bundesrat zeigte sich aber überzeugt, dass die Prozesse zwischen den Bundesbehörden und den privaten Unternehmen funktionierten, das belege nicht zuletzt die hohe Zahl an Meldungen und die grossen Summen an eingefrorenen Vermögenswerten. Der Sanktionsvollzug werde vom SECO koordiniert und überwacht, zudem seien die verschiedenen Ämter in einer ständigen Koordinationsgruppe «Sanktionspolitik» zusammengefasst. Darüber hinaus tausche sich die Schweiz mit der Europäischen Kommission und den EU-Mitgliedstaaten im Rahmen der Taskforce «Freeze and Seize» über die Umsetzung der Sanktionen aus, wobei auch eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen internationalen und nationalen Behörden im Raum stehe. Der Bundesrat sah aus diesen Gründen keinen Handlungsbedarf in dieser Angelegenheit.

Der Nationalrat setzte sich in der Wintersession 2022 mit der Motion seiner Kommission auseinander. Kommissionssprecher Bendahan (sp, VD) stellte seiner Begründung voran, dass die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates bereits 2018 ein Koordinationsdefizit bei der Einführung von Sanktionen festgestellt habe und eine verbesserte Überwachung und Koordination durch das SECO verlange. In den Augen der WAK-NR könne die vorgeschlagene Taskforce ein Sanktionsregime effizienter umsetzen, als wenn sich die verschiedenen Departemente koordinieren müssen. Zudem könne ein derartig multidisziplinäres Gremium besser mit den komplexen Problemstellungen umgehen, die bei der Einführung von Sanktionen auftreten. Die WAK-NR wolle damit verhindern, dass die Schweiz im internationalen Netzwerk der Sanktionspartner zu einem schwachen Glied werde, fügte Bendahan weiter an. Der Motionstext sei bewusst offen formuliert, um dem Ständerat und dem Bundesrat genügend Spielraum für situative Anpassungen zu erlauben. Kathrin Bertschy (glp, BE) ergänzte, dass die vorliegende Motion im Gegensatz zu den ähnlich lautenden Vorstössen aus der Sommersession 2022 darauf verzichte, die Vermögenswerte einzuziehen. Daniela Schneeberger vertrat eine grosse Kommissionsminderheit – 12 Kommissionsmitglieder hatten die Ablehnung beantragt – und argumentierte, dass eine derartige Taskforce keinen Mehrwert bringe, sondern eher als Misstrauensvotum gegen das «funktionierende und etablierte System der Zusammenarbeit von Staat und privaten Akteuren» gelesen werden müsste. Eine neue Instanz würde vor allem erhöhten Koordinationsaufwand mit sich bringen, was nicht gerechtfertigt wäre, da nur ein kleiner Teil aller Sanktionen die blockierten Gelder betreffe. Wirtschaftsminister Guy Parmelin wies anschliessend darauf hin, dass die Schaffung einer Taskforce mit der Kompetenz, Vermögen zu blockieren, zahlreiche Doppelspurigkeiten mit dem SECO schaffen würde. Er warnte auch davor, die Wirksamkeit der Sanktionen an der Höhe der gesperrten Vermögenswerte messen zu wollen, da die Sperrung nur eine von vielen Massnahmen sei.
Die grosse Kammer nahm die Motion jedoch gegen den Willen des Bundesrats, sowie der Fraktionen der SVP und der FDP mit 101 zu 84 Stimmen (bei 7 Enthaltungen) an.

Schaffung einer Taskforce für die Sperrung von russischen und belorussischen Oligarchengeldern

Im März 2022 forderten Ständerat Sommaruga (sp, GE) und die Fraktion der SP (Mo. 22.3214) im Nationalrat in fast identischen Motionen die Schaffung einer Taskforce für die Sperrung von russischen und belorussischen Oligarchengeldern. Die Taskforce solle die Guthaben von reichen russischen und belorussischen Staatsangehörigen, die auf der Liste der im Kontext des Ukrainekriegs sanktionierten Personen stehen, finden, sperren und gegebenenfalls konfiszieren. Sommaruga und die SP-Fraktion nannten eine ähnliche Taskforce aus den Vereinigten Staaten als Vorbild und kritisierten das SECO dafür, dass es seit Kriegsbeginn nur eine Deklarationspflicht für solche Gelder eingeführt habe. Der Bundesrat gestand in seiner Stellungnahme, dass die Umsetzung der Sanktionen die verschiedenen Departemente vor neue Herausforderungen stelle. Die Prozesse zwischen Bundesbehörden und privaten Unternehmen funktionierten jedoch gut und seien effizient, zumindest deuteten die zahlreichen Meldungen und die hohe Summe an eingefrorenen Vermögenswerten darauf hin. Die Schaffung einer Taskforce erachtete der Bundesrat zu jenem Zeitpunkt daher als nicht notwendig. Die Schweiz habe zudem auf Einladung der Europäischen Kommission schon an mehreren Treffen der EU-Taskforce «Freeze and Seize» teilgenommen und werde sich weiterhin darum bemühen, die Wirksamkeit der Sanktionsdurchsetzung in Europa zu stärken. Aus diesen Gründen beantragte der Bundesrat die Ablehnung beider Motionen.

In der Sommersession 2022 diskutierte der Ständerat über die Motion Sommaruga und beschloss auf einen Ordnungsantrag von Benedikt Würth (fdp, SG), den Vorstoss zur Vorprüfung der zuständigen Kommission zuzuweisen. Würth erklärte, dass es unabhängig vom Ukraine-Krieg einige Entwicklungen im Bereich der «Financial Action Task Force» gebe, beispielsweise zur Identifizierung der wirtschaftlich berechtigten Personen bei juristischen Personen. Er verlangte daher, dass der Ständerat einen Bericht des EFD zur Feststellung der wirtschaftlich Berechtigten von juristischen Personen an den Bundesrat im dritten Quartal 2022 abwarten solle, um dessen Erkenntnisse in die Beurteilung einfliessen zu lassen. Motionär Sommaruga begrüsste den Ordnungsantrag, da das heikle Thema noch einige vertiefte Abklärungen nötig mache. Sommaruga forderte, dass sich die Rechtskommission mit der Motion befassen solle, da sie sich sowieso im Rahmen von Anhörungen mit der Thematik beschäftige. Tatsächlich wurde das Geschäft in der Folge der RK-SR zugewiesen.

Ebenfalls in der Sommersession 2022 befasst sich der Nationalrat im Rahmen einer ausserordentlichen Session mit der Motion der SP-Fraktion. Baptiste Hurni (sp, NE) kritisierte den Bundesrat scharf dafür, dass die Schweiz bislang nur CHF 6 Mrd. von insgesamt über CHF 200 Mrd. blockiert habe, die gemäss Schätzungen der Schweizerischer Bankiervereinigung in der Schweiz liegen würden. Er störte sich auch daran, dass der Bundesrat zwar von der multilateralen Taskforce «Russian Elites, Proxies, and Oligarchs» der G7-Staaten Kenntnis genommen habe, aber noch keine Entscheidung betreffend eine Teilnahme gefällt habe. Auch seine Parteikollegin Mattea Meyer (sp, ZH) plädierte dafür, mehr Gelder zu blockieren und den Krieg in der Ukraine «nicht mehr aus der Schweiz heraus» mitzufinanzieren. Die Meldepflicht des SECO sei hierfür nicht ausreichend, denn es sei zu einfach, die jetzigen Kontrollen zu umgehen. Die Grünliberalen kritisierten in der Person von Jürg Grossen (glp, BE) die mangelhafte Umsetzung der beschlossenen Sanktionen. Man anerkenne zwar, dass die Sperrung der Vermögenswerte nicht einfach sei – beispielsweise weil die Betroffenen mehrere Staatsbürgerschaften hätten –, aber man erwarte die Schaffung eines sauberen rechtstaatlichen Verfahrens, wie dies auch beim Potentatengeldergesetz geschehen sei. Grossen meinte, dass eine Taskforce diesbezüglich eine wichtige Aufnahme übernehmen könne. Auch die Fraktion der Grünen unterstützte das Motionsanliegen. Die Mitte sei zwar dafür, dass Bewegung in die Sanktionsumsetzung komme, lehne das Motionsanliegen jedoch ab, erklärte Philipp Bregy (mitte, VS). Die Beschlagnahmung von Vermögen sei rechtsstaatlich nicht vertretbar, nur eine Sperrung wäre vorstellbar. Da sich die Motion inhatlich nicht splitten lasse, lehne die Mitte diese deswegen ab. Bregy kündigte aber an, dass man das Thema einer Taskforce in der APK-NR wieder aufnehmen werde, falls der Bundesrat den Prozess nicht selber vorantreibe. Beat Walti (fdp, ZH) erklärte hingegen, dass die FDP mit der Arbeit der bestehenden Koordinationsgruppe Sanktionspolitik zufrieden sei und auch die «Bestrebungen bezüglich der Mitwirkung in der international ausgerufenen Taskforce» für erfolgversprechend befände. Gregor Rutz (svp, ZH) lehnte die Motion schliesslich im Namen der SVP-Fraktion gänzlich ab und warf den Unterstützerinnen und Unterstützern vor, sich gegen grundlegende Prinzipien des Rechtsstaats zu wenden. Bundesrat Parmelin erläuterte, dass die Umsetzung der Sanktionen durch die betroffenen Bundesstellen mittlerweile effizient verlaufe und auch Vermögenswerte eingefroren würden. Eine neue Taskforce erbringe keinen Mehrwert, da die Behörden im Rahmen der geltenden Rechtsgrundlagen bereits nach Vermögen suchten und diese blockieren könnten. Eine Einziehung von Vermögenswerten wäre hingegen rechtlich nicht möglich und würde eine Gesetzesrevision nötig machen, erläuterte der Bundesrat. Die grosse Kammer lehnte den Vorstoss der SP-Fraktion mit 103 zu 78 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) gegen den Willen der SP, der Grünliberalen und der Grünen ab.

Schaffung einer Taskforce für die Sperrung von russischen und belorussischen Oligarchengeldern (Mo. 22.3236 & Mo. 22.3883)

Als Vertreter von Sportministerin Viola Amherd nahm BASPO-Direktor Matthias Remund im März 2022 an einer virtuellen Konferenz zum russischen Angriff auf die Ukraine teil. Anlässlich dieser Konferenz unterzeichneten Sportministerinnen, Sportminister, Staatssekretärinnen und Staatssekretäre aus verschiedenen europäischen, nordamerikanischen, asiatischen und ozeanischen Staaten eine Deklaration, mit der sie verlangten, dass der ukrainische Sport unterstützt und Massnahmen gegen Russland und Belarus ergriffen würden. Die zentralen Punkte bestanden im Ausrichtungsverbot von internationalen Veranstaltungen durch die beiden letztgenannten Länder, im Ausschluss ihrer Vertreterinnen und Vertreter (sowohl Spitzensportlerinnen und Spitzensportlern als auch Mannschaften und Funktionäre und Funktionärinnen) von Wettkämpfen in anderen Staaten als auch im Ergreifen von Massnahmen gegen Investitionen, die im Zusammenhang mit Sport und dem russischen Staat stehen. Sämtliche internationale Sportverbände wurden dazu aufgerufen, diese Punkte umzusetzen. Sie sollen solange Gültigkeit haben, bis wieder nach den völkerrechtlichen Grundprinzipien zusammengearbeitet werden könne. Ferner wurden die Sportverbände zur Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung angehalten.

Sport-Deklaration gegen Russland

Am 23. Februar 2022 verurteilte die Schweizer Regierung erstmals öffentlich das völkerrechtswidrige Vorgehen Russlands in der Ostukraine. Der Bundesrat beobachte die Lage wegen der Eskalationsgefahr mit grosser Sorge und setze sich für eine friedliche Lösung des Konflikts ein, unter anderem durch die Unterstützung der OSZE. Um der Umgehung der EU-Sanktionen gegen Russland vorzubeugen, werde man die Sanktionen analysieren und anschliessend entscheiden, wie man zu verfahren habe. Der Bundesrat verwies in seiner Medienmitteilung auf das Embargogesetz, auf dessen Grundlage der Bund Zwangsmassnahmen erlassen könne, um Sanktionen der UNO, der OSZE oder der wichtigsten Handelspartner durchzusetzen.
Tags darauf veröffentlichte der Bundesrat eine Erklärung von Bundespräsident Cassis, in der er sich zum bewaffneten Konflikt in der Ukraine äusserte. Der Bundesrat verurteile die Intervention Russlands «aufs Schärfste» und rufe die Konfliktparteien dazu auf, das humanitäre Völkerrecht zu respektieren, so Cassis. Er nahm auch Bezug auf die zusätzlich erlassenen Sanktionen der EU gegen Russland. Diese hatte Finanz- und Reisesanktionen gegen Banken und Geschäftspersonen sowie gegen Mitglieder der Duma, der Armee und der Regierung erhoben, aber auch Handelsrestriktionen bezüglich der Regionen Donetsk und Luhansk erlassen. Zudem wurde der Zugang zum europäischen Finanz- und Kapitalmarkt für die russische Regierung und die Zentralbank beschränkt. Der Bundespräsident kündigte an, dass die Schweiz diese Sanktionen in Form von «Umgehungsverhinderungsmassnahmen» in die Verordnung zur Verhinderung der Umgehung der EU-Sanktionen aus dem Jahr 2014 übernehmen werde. Man werde die Liste der von der EU sanktionierten Personen und Unternehmen grundsätzlich übernehmen. Auf Nachfrage der anwesenden Journalistinnen und Journalisten bei der Pressekonferenz konnte Cassis in der Folge jedoch nicht bestätigen, dass die Schweiz die EU-Sanktionen übernehmen werde. Laut Sonntagsblick und Republik gebe es keine Grundlage für die Genehmigung von konkreten Sanktionen, weil Wirtschaftsminister Parmelin dem Gesamtbundesrat aus Versehen keinen formellen Antrag dazu vorgelegt habe. Wie die Sonntagszeitung berichtete, lud die APK-NR Aussenminister Cassis in der Folge zu einer ausserordentlichen Sitzung ein, an der er die Sanktionspolitik der Schweiz rechtfertigten sollte. Während in allen Parteien eine Mehrheit für die Übernahme von Sanktionen vorhanden sei, lehne die SVP dies unter Berufung auf die Schweizer Neutralität ab, so die Sonntagszeitung weiter. Alt-Bundesrat Blocher verurteilte indes die Sanktionsübernahme in der Aargauer Zeitung und betonte, die Schweiz sei dadurch eine «Kriegspartei» geworden.
Die zurückhaltende Reaktion des Bundesrats stiess bei den meisten Parteien und der Bevölkerung auf Unverständnis und sorgte für Kritik. Der Sonntagsblick zitierte Mitte-Präsident Gerhard Pfister (mitte, ZG), für den die Massnahmen nicht weit genug gingen, und FDP-Präsident Burkart (fdp, AG), der eine vollumfängliche Übernahme der EU-Sanktionen forderte. In Bern kam es zur grössten Friedensdemonstration seit dem Irakkrieg im Jahr 2003, an der nicht mit Kritik am Bundesrat gespart wurde. Auch aussenpolitisch wurde Druck auf den Bundesrat ausgeübt: Sowohl die USA wie auch die EU brachten dem Vorgehen des Bundesrats wenig Verständnis entgegen. EU-Botschafter Mavromichalis ermutigte die Schweiz, «Mut und Entschlossenheit» zu zeigen und die EU-Sanktionen zu unterstützen. Die stellvertretende Aussenministerin der USA – Wendy Sherman – ging sogar noch weiter und suchte ein direktes Gespräch mit Staatssekretärin Livia Leu, um die Lage in der Ukraine zu besprechen.

Nur vier Tage später reagierte der Bundesrat im Rahmen einer ausserordentlichen Sitzung auf die dramatische Lage in der Ukraine und beschloss die Übernahme der Sanktionspakete der EU gegen Russland sowie Hilfsgüterlieferungen für die ukrainische Bevölkerung. Die Schweiz setzte mit sofortiger Wirkung die Güter- und Finanzsanktionen der EU um, was zur Folge hatte, dass die Vermögen der sanktionierten Personen und Unternehmen gesperrt und die Eröffnung neuer Geschäftsbeziehungen verboten wurden. Gegen Präsident Putin, Premierminister Mishustin und Aussenminister Lavrov wurden aufgrund schwerwiegender Verstösse gegen das Völkerrecht zusätzliche Finanzsanktionen erlassen. Das Einfuhr-, Ausfuhr- und Investitionsverbot, das seit 2014 für das Gebiet der Krim angewendet wurde, erweiterte der Bundesrat auf die Regionen Donezk und Luhansk. Ausserdem entschied der Bundesrat, das Abkommen über Visaerleichterungen mit Russland teilweise zu suspendieren und Einreiseverbote gegen verschiedene Personen zu erlassen, die einen Bezug zur Schweiz hatten und Vladimir Putin nahestanden. Im Sinne der Luftraumsperrungen anderer europäischer Länder wurde auch der schweizerische Luftraum für sämtliche russischen Flüge gesperrt, mit Ausnahme von Flugbewegungen für humanitäre, medizinische und diplomatische Zwecke. Trotz der in diesem Ausmass bisher noch nie dagewesenen Sanktionsübernahmen betonte der Bundesrat, dass er die Neutralität bei seiner Entscheidung berücksichtigt habe und die Schweiz auch weiterhin mit ihren Guten Diensten zur Lösung des Konflikts beitragen wolle. Dieser Kurswechsel wurde in den Medien positiv aufgenommen, wenngleich der Bundesrat für seine Zögerlichkeit kritisiert wurde. Die AZ bezeichnete den Entscheid als «Berner Pirouette», während die WOZ die Entscheidfindung der Exekutive mit einem tagelangen Irrlauf verglich. Aussenminister Cassis verteidigte sich im Interview mit dem Sonntagsblick Anfang März und argumentierte, dass der Bundesrat «selten etwas so Wichtiges so schnell entschieden» habe. Er warb für Verständnis, denn der Bundesrat habe zuerst einen Weg finden müssen, so weit wie möglich mit der EU mitzuziehen, ohne die Neutralität zu verletzen und damit die Handlungsfähigkeit der Schweizer Diplomatie einzuschränken.

Es sollte nicht lange dauern, bis die Schweizer Exekutive am 4. März das Sanktionsregime wiederum dem neusten Stand der EU anpassen musste. Der Bundesrat beschloss daher die Totalrevision der «Verordnung über Massnahmen im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine». Neu war der Export aller doppelt (zivil und militärisch) verwendbarer Güter nach Russland verboten und zwar unabhängig vom Endverwendungszweck oder dem Endverwender. Auch die Ausfuhr von Gütern, die zur militärischen oder technologischen Stärkung Russlands oder zur Entwicklung des Verteidigungs- und Sicherheitssektors beitragen könnten, untersagte der Bundesrat. Darunter fielen auch die Vermittlung oder das Bereitstellen von Finanzmitteln und die Erbringung technischer Hilfe. Weitere Ausfuhrverbote betrafen Güter und Dienstleistungen im Ölsektor und in der Luft- und Raumfahrtindustrie sowie damit zusammenhängende Dienstleistungen wie Versicherungen, Inspektionen, Vermittlungsdienste und Finanzhilfen. Die Finanzsanktionen wurden ebenfalls ausgeweitet; so beschloss die Regierung das Verbot von Transaktionen mit der russischen Zentralbank und den Ausschluss Russlands aus dem Kommunikationsnetzwerk SWIFT. Erneut wurde der Bundesrat nicht müde zu betonen, dass die Umsetzung der Sanktionen nicht gegen die Schweizer Neutralität verstosse und dass damit keine humanitären Aktivitäten behindert würden.

Eine Woche später entschied der Bundesrat, Überfluggesuche der beiden Konfliktparteien und anderer Staaten, die diese mit Kriegsmaterial unterstützen wollten, nicht zu genehmigen. Der Schweizer Luftraum blieb somit in der Folge für sämtliche Flüge, die im Zusammenhang mit dem bewaffneten Konflikt standen, verboten, ausgenommen davon waren weiterhin Überflüge aus humanitären oder medizinischen Zwecken. Die SVP reagierte auf diesen Ausbau der Sanktionen, indem Roger Köppel (svp, ZH) im Nationalrat anlässlich der Diskussion über den Schweizer Sitz im UNO-Sicherheitsrat nicht nur auf dessen Ablehnung pochte, sondern auch eine Beendigung der Sanktionen gegen Russland forderte.

Am 16. März übernahm die Schweiz auch die Sanktionen, welche die EU gegen Belarus wegen dessen Mitverantwortung an den russischen Völkerrechtsverletzungen in der Ukraine erhoben hatte. Auch in diesem Fall handelte es sich um Güter- und Finanzsanktionen, die inhaltlich sehr stark an die Sanktionen gegen Russland angelehnt waren. Abweichend davon wurden jedoch auch Einfuhrverbote geschaffen, die unter anderem den Import von Holz- und Kautschukprodukten, Eisen, Stahl und Zement untersagten.

Die schrittweise Ausdehnung der Sanktionen gegen Russland setzte sich am 18. März fort, als die Schweiz das vierte Sanktionspaket der EU nachvollzog. Dieses umfasste weitergehende Massnahmen im Güterbereich, Einschränkungen von Transaktionen mit gewissen russischen Staatsunternehmen, ein Verbot von Ratingdiensten für russische Kunden sowie den Entzug der Meistbegünstigungsbehandlung Russlands im Rahmen der WTO.

Und nur sieben Tage später folgte eine weitere Ausdehnung der Sanktionen, die nun auch die Ausfuhr von Gütern für den Energiesektor und damit verbundene Dienstleistungen unmöglich machten. Ebenso verboten wurde die Beteiligung und Bereitstellung von Darlehen oder anderweitigen Finanzmitteln an Energieunternehmen. Auch neue Einfuhr- und Ausfuhrverbote gegenüber Russland fanden sich auf der Liste der EU-Sanktionen, darunter Importe von Eisen- und Stahlerzeugnissen aus oder mit Ursprung in Russland und Exporte von Luxusgütern und Gütern zur «maritimen Navigation». Etwas überraschend entschied sich der Bundesrat hingegen dazu, die anfangs März erlassenen Massnahmen der EU gegen russische Medienkanäle nicht zu übernehmen. Sputnik und Russia Today durften somit weiterhin in der Schweiz publizieren und ausstrahlen, obwohl der Bundesrat anerkannte, dass die Sender als Propagandawerkzeuge zur Streuung von Desinformation genutzt würden.
Eine Umfrage des Forschungsinstituts Gallup International, die Ende März im Sonntagsblick veröffentlicht wurde, zeigte auf, dass ein Grossteil der Schweizer Bevölkerung die Sanktionen für angemessen befand (50%) oder gar schärfere Massnahmen forderte (34%). Eine Mehrheit befürchtete jedoch auch wirtschaftliche Schäden und eine Inflation sowie Probleme bei der Energieversorgung. Nichtsdestotrotz war die Unterstützung für das Sanktionsregime ungebrochen gross. Derweil forderte der ukrainische Botschafter in der Schweiz, Artym Rybchenko, vom Bundesrat mehr Initiative bei der Beschlagnahmung von Vermögenswerten russischer Oligarchen. Obwohl Rybchenko Bundespräsident Cassis zugute hielt, schon viel für die Ukraine getan zu haben, erwartete er mehr und schnellere Sanktionen in den Bereichen Finanzen, Energie und Banken.

Anfang April tauchten Bilder auf, die den Verdacht auf russische Kriegsverbrechen in der Ukraine erhärteten. Bundesrätin Karin Keller-Sutter verurteilte die Handlungen Russlands in einem NZZ-Interview explizit als «Kriegsverbrechen» und äusserte die Erwartung, dass die EU und damit auch die Schweiz ihre Sanktionen gegen Russland verstärken würden. Noch im gleichen Monat kam es dann in zwei Etappen tatsächlich zu einer weiteren Übernahme von EU-Sanktionen gegen Russland und Belarus: Das fünfte Sanktionspaket umfasste ein Importverbot für Kohle, Holz, Zement, Meeresfrüchte und Wodka, die für Russland wichtige Einnahmequellen darstellten, sowie ein Exportverbot von Kerosin und weiterer Güter, die der Stärkung der industriellen Kapazitäten Russlands dienen könnten. Auch die finanzielle Unterstützung von öffentlichen russischen Einrichtungen wurde untersagt. Das WBF sanktionierte des Weiteren über 200 natürliche und juristische Organisationen, darunter zwei Töchter des russischen Präsidenten Putin. In Abweichung zur EU sah die Schweiz jedoch noch davon ab, die Vergabe öffentlicher Aufträge an russische Staatsangehörige und in Russland ansässige Organisationen zu verbieten. Die Umsetzung eines solchen Verbots habe Fragen hinsichtlich der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen und dessen Geltungsbereich aufgeworfen. Bis Ende Juni 2022 sollten die zuständigen Stellen die Unklarheiten jedoch klären und in einem Bericht Stellung dazu beziehen. Wie die NZZ berichtete, wurde zunehmend die Forderung laut, dass die Schweiz «aktiv» nach den Vermögen der von den Sanktionen betroffenen Personen suchen müsse. Während Banken dies im Rahmen der Geldwäschereibekämpfung sowieso tun müssten, verfügten kantonale Grundbuchämter kaum über die nötigen Ressourcen, um derartige Abklärung vorzunehmen, erklärte die NZZ.

Ende April sorgten zwei mit den Sanktionen zusammenhängende Enthüllungen für medialen Wirbel. Zuerst gelangte ein vertraulicher Brief der GPDel an die Medien, in dem diese den Bundesrat für dessen schlechte Vorbereitung auf die russische Invasion im Februar rügte. Le Temps zitierte aus dem Brief und führte aus, dass die Kerngruppe Sicherheit – zusammengesetzt aus der Staatssekretärin des EDA sowie den Direktoren des NDB und des Fedpol – den Sicherheitsausschuss des Bundesrats unzureichend und zu spät informiert habe. Viola Amherd, Karin Keller-Sutter und Ignazio Cassis, die Teil des Ausschusses seien, hätten daher den Gesamtbundesrat nicht adäquat über die Lage in der Ukraine aufklären können.
Kurz darauf machte CH Media öffentlich, dass das Seco Deutschland daran gehindert habe, Panzermunition aus der Schweiz in die Ukraine zu exportieren. Das Seco erklärte, dass das Schweizer Gesetz den Export von Kriegsmaterial verbiete, wenn das Empfängerland in einen internen oder internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt sei. Während dieser Entscheid von einer Mehrheit der Schweizer Parteien gutgeheissen wurde, äusserte sich Mitte-Präsident Gerhard Pfister gegenteilig. Er argumentierte, dass der Bundesrat seine notrechtlichen Kompetenzen ausnutzen könnte, um im Rahmen des Embargogesetzes derartige Lieferungen an die Ukraine zu erlauben, solange dabei die Interessen der Schweiz gewahrt würden. Das Seco schob dieser Forderung aber in seiner Stellungnahme einen Riegel vor und argumentierte, die von Pfister angesprochene Klausel in der Bundesverfassung käme nur zum Tragen, wenn eine klare gesetzliche Regelung fehle oder die Anwendung ebenjener Klausel im Gesetz explizit vorgesehen werde. Im Gegensatz zum Embargogesetz – wo der Bundesrat durchaus Spielraum beim Erlass von Sanktionen hat – sei das beim Kriegsmaterialgesetz aber nicht der Fall, so das Seco.

Die Schweiz übernimmt die EU-Sanktionen gegen Russland
Dossier: Schweizer Reaktion auf die russischen Aggressionen in der Ukraine (ab 2014)
Dossier: Die Schweizer Neutralität

Jahresrückblick 2021: Aussenpolitik

Nach dem Jahr 2020, das auch im Bereich der Aussenpolitik mehrheitlich von der Covid-19-Pandemie dominiert worden war, kehrten 2021 wieder andere Themen ins Scheinwerferlicht zurück. Allen voran gewannen die Beziehungen zur EU aufgrund unvorhergesehener Ereignisse an Salienz. Die Zeitungsanalyse 2021 von Année Politique Suisse unterstreicht diese Entwicklung eindrücklich: Zeitungsartikel zu den Beziehungen zwischen der Schweiz und Europa machten im vergangenen Kalenderjahr rund die Hälfte aller Artikel im Themenbereich Aussenpolitik aus (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse 2021 im Anhang).

Hauptgrund für die Prominenz der bilateralen Beziehungen in den Medien dürfte das Ende der Verhandlungen über das Rahmenabkommen mit der EU im Mai 2021 gewesen sein. Zwar widerspiegelte der mediale Tonfall nach dem Treffen zwischen Bundespräsident Parmelin und EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen Ende April die Hoffnung, dass sich die Verhandlungen in eine weitere Runde würden retten können, doch die Reaktionen aus Politik und Wirtschaft zeigten die verhärteten Fronten in der Diskussion in der Schweiz auf. Auch das Parlament übte Ende April/Anfang Mai zunehmend Druck auf den Bundesrat aus, endlich neue Ansätze in die seit längerem blockierten Verhandlungen zu bringen. Ein Abbruch der Verhandlungen schien für den Bundesrat schliesslich angesichts der bestehenden Differenzen unvermeidlich, wobei die einseitige Entscheidung von der EU überhaupt nicht begrüsst wurde. Verschiedene politische und zivilgesellschaftliche Akteure wie die SP und die Operation Libero drängten nach dem Verhandlungsabbruch auf neue Lösungsansätze, der polarisierendste zielte gar auf einen EU-Beitritt ab. Eine in der Folge rasch ergriffene Massnahme betraf die seit 2019 blockierte zweite Kohäsionsmilliarde, die auf Initiative des Bundesrats in der Herbstsession von beiden Räten freigegeben wurde. Nachdem dieser zweite Schweizer Beitrag aufgrund der Nichtverlängerung der Börsenäquivalenz 2019 blockiert worden war, erhoffte sich der Bundesrat von der Freigabe nun die Assoziierung an Horizon Europe.

Die Verschlechterung der Beziehungen zur EU hatte sich zu Beginn des Jahres noch nicht unbedingt abgezeichnet. Im März hatte der Bundesrat die Botschaft zur Prümer Zusammenarbeit und dem Eurodac-Protokoll veröffentlicht und damit die Grundlage für eine vertiefte Kooperation mit der EU in Sachen Kriminalitätsbekämpfung gelegt. Diese waren in den beiden Räten unbestritten und wurden einstimmig angenommen. Auch ein weiteres Geschäft im Rahmen der Schengen-Weiterentwicklung, die Interoperabilität zwischen den EU-Informationssystemen, fand im Ständerat eine grosse Mehrheit. Etwas umstrittener gestalteten sich die Ratsdebatten über die Schweizer Beteiligung an der Weiterentwicklung von Frontex und über eine dafür nötige Revision des AIG. Da die Räte und die vorberatenden Kommissionen der EU-Migrationspolitik kritisch gegenüberstanden, brachten sie Ausgleichsmassnahmen in die Vorlage ein, um der humanitären Tradition der Schweiz gerecht zu werden. In der Folge wurde vor allem über deren Ausgestaltung diskutiert und weniger über den Frontex-Beitrag, der personelle und finanzielle Mittel umfasste und aufgrund der drohenden Beendigung der Schengen-Assoziierung bei einer Nichtübernahme unbestritten schien.

Deutlich positiver als die EU-Politik liest sich die Bilanz der Schweiz im Hinblick auf die Kooperation mit einzelnen europäischen Staaten. Die bilateralen Beziehungen zum Vereinigten Königreich im Nachgang des Brexit nahmen 2021 weiter Form an. Im Januar nahm der Ständerat als Zweitrat eine Motion Cottier (fdp, NR) an, die eine vertiefte Handelsbeziehung im Rahmen der «Mind the Gap-Strategie» des Bundesrats verlangte. Zudem veröffentlichte der Bundesrat im Juni die Botschaft zum Abkommen mit dem Vereinigten Königreich über die Mobilität von Dienstleistungserbringenden, durch das die Schweiz einen vereinfachten Zugang zum britischen Arbeitsmarkt erhalten soll. Dieses nahm die kleine Kammer in der Wintersession einstimmig an. Auch die Nutzung des französischen Satellitensystems «Composante Spatiale Optique» wurde von beiden Räten ohne grösseren Widerstand angenommen.

Auch in der Aussenwirtschaftspolitik ereignete sich im vergangenen Jahr einiges, angefangen mit der Abstimmung über das Freihandelsabkommen mit Indonesien, welches die Schweizer Bevölkerung im März mit 51.6 Prozent Ja-Stimmen knapper als erwartet annahm. Deshalb werteten auch die unterlegenen Gegner und Gegnerinnen des Abkommens dieses Resultat als Erfolg, insbesondere im Hinblick auf das Freihandelsabkommen mit dem Mercosur, welches gemäss geltender Gesetzgebung automatisch dem fakultativen Referendum unterstellt werden soll. Erwähnenswert war im Kontext des Aussenhandels auch die Anpassung des Embargogesetzes, durch die das Einfuhrverbot von Feuerwaffen, Waffenbestandteilen, Munition und weiteren Gütern aus Russland und der Ukraine fortgeführt werden konnte und die es dem Bundesrat erlaubt, in vergleichbaren Situationen nicht mehr die Bundesverfassung für ein Embargo bemühen zu müssen.

Deutlich weniger Veränderungen als in anderen Jahren gab es bei den Beziehungen zu internationalen Organisationen. Hervorzuheben ist hier die Sistierung des UNO-Migrationspakts durch den Ständerat, welcher die Ergebnisse der Subkommissionen der aussenpolitischen Kommissionen zum Thema «Soft Law» abwarten wollte. Ebenfalls von Bedeutung waren die Bewilligung der von der WAK-SR geforderten ständigen parlamentarischen Delegation bei der OECD durch die beiden Räte in der Herbstsession und die Ratifikation der ILO-Übereinkommen 170 und 174.

Einen Bedeutungsaufschwung erlebten die bilateralen Beziehungen der Schweiz mit China, was sich in einer Vielzahl an parlamentarischen Vorstössen äusserte. Auslöser für die rege Tätigkeit des Parlaments war die mit Spannung erwartete Publikation der Schweizer China-Strategie im März. Diese wurde unter anderem für ihren unklaren Umgang mit den chinesischen Menschenrechtsverletzungen kritisiert, weshalb die aussenpolitischen Kommissionen der Räte selbst aktiv wurden. Bereits vor Veröffentlichung der China-Strategie hatte die APK-NR in der Frühjahrssession einen Bericht zur Umsetzung des bilateralen Menschenrechtsdialogs eingefordert – mit diesem sollte die China-Strategie beurteilt werden. Auch die Situation der tibetischen Exilgemeinschaft in der Schweiz, die laut APK-NR unter der zunehmenden Einflussnahme Chinas leidet, wurde in der Frühjahrssession thematisiert. Kurz darauf engagierte sich die APK-NR auch in diesem Themenfeld: Mittels Motion forderte sie einen stärkeren Fokus der Schweiz auf die Förderung der Menschenrechte in China, der auch in der Schweizer China-Strategie zum Ausdruck kommen sollte. Die Motion wurde vom Nationalrat zwar befürwortet, aber vom Ständerat abgelehnt. Die APK-NR war es auch, die den Bundesrat im Sommer mit einem Postulat ins Schwitzen brachte, das die Prüfung von vertieften Beziehungen mit Taiwan – unter anderem auf politischer Ebene – forderte, was ganz und gar nicht zur Ein-China-Politik der Schweiz passte und vom Bundesrat daher abgelehnt wurde. Anders sah dies der Nationalrat, der das Postulat überwies. Etwas allgemeiner ging die APK-SR vor, die in einer von ihrem Rats bereits unterstützten Motion eine Institutionalisierung des zwischenstaatlichen Austauschs und der Koordination von Schweizer Akteuren mit China verlangte, um die politische Kohärenz der China-Politik sicherzustellen.

Zu kleineren Ausschlägen in der APS-Zeitungsanalyse 2021 führten zudem die Guten Dienste der Schweiz (vgl. Abbildung 1). Im Juni fand in Genf das viel beachtete Treffen zwischen US-Präsident Biden und dem russischen Präsidenten Putin statt, das von den Bundesräten Cassis und Parmelin genutzt wurde, um die Bedeutung des internationalen Genfs als Standort für interdisziplinäre Kooperation hervorzuheben. Im August verstärkte sich die Berichterstattung in diesem Themenbereich aufgrund der durch die Machtübernahme der Taliban ausgelösten Krise in Afghanistan. In deren Wirren evakuierte die Schweiz ihr DEZA-Kooperationsbüro in Kabul und vergab den lokalen Mitarbeitenden der Schweizer Aussenstellen insgesamt 230 humanitäre Visa. Im Bereich der Menschenrechte hatte der Bundesrat noch vor diesen beiden Grossereignissen die Leitlinien Menschenrechte 2021-2024 publiziert.

Die vorübergehenden Lockerungen der globalen Corona-Massnahmen machte sich im EDA vor allem anhand der Auslandreisen von Aussenminister Cassis bemerkbar. Nach einem mageren 2020 schien der EDA-Vorsteher 2021 einiges nachzuholen und reiste in mehrere Länder, die im Fokus der Schweizer MENA-Strategie standen, darunter Algerien, Mali, Senegal, Gambia, Irak, Oman, Libanon, Libyen und Saudi-Arabien. Von besonderer Bedeutung war der Staatsbesuch in der Ukraine, den Cassis zum Anlass nahm, um den Vorbereitungsprozess für die Ukraine-Reformkonferenz 2022 einzuläuten.

Jahresrückblick 2021: Aussenpolitik
Dossier: Jahresrückblick 2021

Im Juni 2021 hatte die APK-NR das Postulat «Verbesserungen der Beziehungen mit Taiwan» eingereicht. Der Vorstoss forderte vom Bundesrat einen Bericht, der aufzeigen soll, in welchen Bereichen von Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Kultur die Beziehungen zu Taiwan vertieft werden könnten. In seiner Stellungnahme machte der Bundesrat klar, dass die Schweiz eine Ein-China-Politik verfolge und daher Taiwan nicht als eigenständigen Staat anerkenne. Daher gebe es auch keine Möglichkeit, die politischen Beziehungen auf Regierungsebene zu intensivieren. Man verfolge einen «pragmatischen Ansatz der Zusammenarbeit» mit Taiwan, was auch in der China-Strategie 2021-2024 festgehalten worden sei. In den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung sei man sich der Bedeutung Taiwans bereits bewusst und besässe gute Beziehungen. Aufgrund der bereits bestehenden Zusammenarbeit und der gegenwärtig angespannten Lage zwischen China und Taiwan befand der Bundesrat den geforderten Bericht für «nicht angebracht» und beantragte die Ablehnung des Postulats.
In der Herbstsession 2021 beantragte die SVP-Fraktion die Ablehnung des Postulats, während sich die Kommission für die Annahme ihres Vorstosses aussprach. Nicolas Walder (gp, GE) hob die zahlreichen Parallelen und Gemeinsamkeiten zwischen der Schweiz und Taiwan hervor und kritisierte den Bundesrat dafür, dass dieser Taiwan in seiner China-Strategie nicht mehr Platz eingeräumt hatte. Die Kommission anerkenne die Ein-China-Strategie des Bundesrats und sei überzeugt, dass das Postulat diese auch nicht in Frage stelle. Sein Kommissionskollege Portmann (fdp, ZH) verglich die Beziehungen zu Taiwan mit denen zwischen der Schweiz und Baden-Württemberg als Bundesland von Deutschland. Portmann entkräftigte auch die Argumente der Minderheit, welche eine Verletzung der Schweizer Neutralität befürchtete. Da sich Taiwan und China nicht in einer kriegerischen Auseinandersetzung befänden, würde sich diese Frage gar nicht erst stellen. Der anwesende Aussenminister Cassis stellte die Frage in den Raum, ob eine Vertiefung der Beziehungen der Sache Taiwans diene oder ob die Fortsetzung der «pragmatischen Politik» der Schweiz nicht vielversprechender sei. Aus Sicht des Bundesrates sei Letzteres der Fall. Der Nationalrat folgte jedoch dem Vorschlag seiner Kommission und nahm das Postulat mit 129 zu 43 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) an. Die Gegenstimmen stammten aus den Reihen der SVP- und FDP.Liberalen-Fraktionen.

Verbesserungen der Beziehungen mit Taiwan

Im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus setzten mehrere früh von der Pandemie betroffene Länder, beispielsweise China, Singapur, Südkorea oder Taiwan, auf staatlich verordnetes Mobiltelefon-Tracking, damit die Behörden den Standort einer Person verfolgen und so einerseits die Einhaltung von Isolation und Quarantäne überwachen und andererseits Passanten vor infizierten Personen warnen konnten. Ende März berichtete die Presse, dass auch in der Schweiz das BAG Handydaten zur Bewältigung der Pandemie nutze. Im Fokus stand dabei jedoch nicht das personalisierte Tracking, sondern die Auswertung anonymisierter Massendaten aus dem Mobilfunknetz der Swisscom, um zu überprüfen, ob sich die Bevölkerung an das Verbot von Ansammlungen von mehr als fünf Personen im öffentlichen Raum hielt und wo sich allenfalls zu grosse Menschenansammlungen bildeten. Auf Kritik aus Datenschutzkreisen entgegnete das BAG in der Presse, die Daten liessen keine Rückschlüsse auf einzelne Personen zu und würden nicht in Echtzeit verwendet, weshalb es sich nicht um eine Überwachung, sondern um eine verhältnismässige Massnahme handle.
Die permanente Mitverfolgung des Standorts aller Personen durch den Staat, mit der einige asiatische Länder schnelle Erfolge in der Eindämmung der Pandemie erzielten, war in Europa datenschutzrechtlich undenkbar. Ein paneuropäisches Konsortium von 130 Forschungseinrichtungen aus acht Ländern, darunter auch die ETHZ und die EPFL, das Anfang April in den Medien vorgestellt wurde, arbeitete daher an einer auf Europa zugeschnittenen, die Privatsphäre bewahrenden Lösung, um die Rückverfolgung der Kontakte infizierter Personen zu unterstützen. Ziel war eine Smartphone-App zum Proximity Tracing, d.h. zum Erkennen, welche Personen sich so nah waren, dass eine Übertragung des Coronavirus möglich gewesen wäre. Die europäische App setzte allerdings nicht auf die Standort-Lokalisierung der Nutzerinnen und Nutzer, sondern auf eine extra zu diesem Zweck von Apple und Google gemeinsam entwickelte Bluetooth-Schnittstelle. Über Bluetooth soll die App andere Smartphones in einem gewissen Umkreis erkennen, auf denen die Anwendung ebenfalls aktiviert ist, und diese Kontakte anonym speichern. Eine positiv auf das Coronavirus getestete Person kann dann über die App die registrierten Kontaktpersonen warnen, sodass sich diese frühzeitig in Quarantäne begeben und testen lassen können. Für den Bundesrat sei diese Anwendung «interessant», wie Karin Keller-Sutter gegenüber dem Tages-Anzeiger sagte. Man kläre derzeit ab, wie dieses System in der Schweiz zum Einsatz kommen könnte und wie die Rechtslage aussehe. Aus Datenschutzsicht hielt EDÖB Adrian Lobsiger diesen Weg gemäss Tages-Anzeiger für «gangbar», solange das Herunterladen der App freiwillig sei. Wie in den Medien erklärt wurde, sammle das System keine personalisierten Daten; vielmehr würden die Kontakte für eine begrenzte Zeit als verschlüsselte Codes abgespeichert.
Den beiden Schweizer Hochschulen erschien das europäische Projekt nach einiger Zeit jedoch zu wenig transparent und sie befanden, es lege zu wenig Wert auf den Schutz der Privatsphäre. Mitte April zogen sie sich daher – wie auch einige weitere Institutionen, die zum gleichen Schluss gekommen waren – daraus zurück und kündigten an, stattdessen eine eigene Lösung zu entwickeln, die im Gegensatz zum europäischen System keine Kontaktdaten sammle, sondern sie jeweils dezentral direkt auf dem Smartphone speichere. So könne weder nachverfolgt werden, welche Personen miteinander in Kontakt waren, noch welche sich infiziert und damit eine Warnung ausgelöst haben, selbst wenn die Server der App-Betreiber gehackt werden sollten, erklärten die Medien. Auch der EDÖB, das Nationale Zentrum für Cybersicherheit und die Nationale Ethikkommission zeigten sich in der Presse zufrieden mit dem gewählten dezentralen Ansatz: Damit werde die Privatsphäre bestmöglich geschützt.
In seiner Medienkonferenz vom 29. April bestätigte der Bundesrat schliesslich, dass er plane, der Bevölkerung zeitnah eine solche Corona-Warn-App zur Verfügung zu stellen; diese werde derzeit von der ETHZ und der EPFL gemeinsam mit dem Bund entwickelt. Weiter versicherte die Regierung, dass der Gebrauch der App freiwillig sein und sie nur für die Dauer der Krise eingesetzt werde. Bis anhin hatte sich der Bundesrat dazu nur sehr zurückhaltend geäussert, was in den Medien bereits für Spekulationen gesorgt hatte, weil vonseiten des BAG und der beteiligten Hochschulen bereits Tage zuvor ein konkretes Datum kommuniziert worden war, an dem die App bereitstehen sollte.
Gleichzeitig erörterte die Presse viele noch offene Fragen zur geplanten Corona-Warn-App. Vor dem Hintergrund einer Experteneinschätzung, wonach 60 Prozent der Bevölkerung die App nutzen müssten, damit sie wirksam sei, wurde debattiert, ob die Freiwilligkeit der richtige Weg sei. Dies wurde aus ethischen Gründen – namentlich, weil ein App-Zwang einen inakzeptablen Eingriff in die persönliche Selbstbestimmung darstellte – grösstenteils bejaht, aber gleichzeitig anerkannt, dass eine so weit verbreitete, freiwillige Verwendung der App eine grosse Akzeptanz und damit ein grosses Vertrauen seitens der Bevölkerung voraussetze. Dieses Vertrauen basiere seinerseits gerade auf der Freiwilligkeit und nur schon der geringste Anschein, der Staat wolle die Menschen zur Benutzung der App drängen, könnte es zerstören, warnte etwa die Zürcher GLP-Nationalrätin und Geschäftsführerin des IT-Verbandes Swico Judith Bellaïche im Tages-Anzeiger. Gegen die App wurde indessen das Argument ins Feld geführt, sie bringe nichts, weil sie das manuelle Contact Tracing nicht ersetzen könne. Dem widersprach der massgeblich an der Entwicklung der App beteiligte EPFL-Epidemiologe Marcel Salathé nicht, erklärte aber gegenüber dem «Blick», dass die Contact-Tracing-Stellen durch die App entscheidend entlastet werden könnten und dass jede Installation helfe, auch wenn weniger als 60 Prozent der Bevölkerung die App nutzten.
Eine Mitte April im Auftrag der NZZ durchgeführte Befragung, deren Ergebnisse die Zeitung Anfang Mai publizierte, hatte ergeben, dass knapp drei Viertel der Schweizer Bevölkerung sich bereit erklärten, eine Tracking-App zu installieren, wenn diese zur Eindämmung des Coronavirus und damit zur Verkürzung des Lockdowns beitragen könnte. Dabei würden die Befragten am ehesten eine App installieren, die vom Bundesrat herausgegeben würde – gut die Hälfte erklärte sich dazu bereit –, während das BAG, die Kantone und andere vorgeschlagene Institutionen deutlich weniger Vertrauen genossen. Bei den Bundesparlamentarierinnen und -parlamentariern, unter denen die NZZ eine ähnliche Umfrage durchgeführt hatte, konnte sich ebenfalls gut die Hälfte vorstellen, die Corona-App des Bundes zu installieren, wobei einzig in der Grünen Fraktion klar die Skepsis überwog. Ein Obligatorium für die Anwendung wurde von den Parlamentarierinnen und Parlamentariern hingegen grossmehrheitlich abgelehnt.

Einführung der SwissCovid-App

Alors que le franc suisse s'est apprécié depuis le début de l'année 2017, plusieurs analystes économiques ont sous-entendu que l'attitude passive de la Banque nationale suisse (BNS) pourrait être dictée par l'ombre de l'administration américaine. En effet, un rapport, du Trésor américain, sur les politiques de taux de change placerait des pays comme l'Allemagne, la Chine, la Corée du Sud, Taïwan, le Japon et la Suisse dans le collimateur de l'administration américaine. Ainsi, la BNS opterait pour une attitude passive par crainte de se faire accuser de manipulation de sa monnaie. Si les Etats-Unis devraient calquer prioritairement leur viseur sur la Chine, qui possède un surplus commercial de 337 milliards de dollars sur les Etats-Unis, alors que le surplus commercial de la Suisse n'est que de 11 milliards de dollars, l'instabilité politique américaine actuelle pèserait comme une menace sur la tête de la BNS. A l'opposé, d'autres experts ont souligné que l'attitude passive de la BNS était tout simplement prévisible. L'économie suisse s'est accoutumée à un franc plus fort, et l'année 2016 fut très active. En effet, la BNS fut très active sur le marché des devises. Cette situation s'explique notamment par la situation du franc fort ou encore par rapport à l'impact du Brexit. Par conséquent, la BNS devrait moins intervenir en 2017.

manipulation monnaie franc fort

En mars, les chambres ont approuvé le rapport sur la politique extérieure 2011. L’année sous revue a été caractérisée par une importante ouverture des marchés. La conclusion d’accords bilatéraux, ainsi que le renforcement de la coopération avec l’UE, a permis à la Suisse de consolider sa position économique. Plus particulièrement, le gouvernement a noté la conclusion d’accords de libre-échange entre l’AELE et Hong Kong, ainsi qu’avec le Monténégro, la proche conclusion d’un accord avec la Bosnie et Herzégovine et l’entrée en vigueur d’accords avec le Pérou et la Colombie. La Suisse a également entamé des négociations avec la Chine, l’Indonésie ainsi qu’avec la Russie, le Bélarusse et le Kazakhstan et a poursuivi les négociations avec l’Inde afin de signer un accord de libre-échange. En 2012, elle prévoit de négocier avec le Vietnam et les Etats d’Amérique centrale. Au niveau européen, le gouvernement a décidé de continuer une stratégie d’ensemble et coordonnée en incluant des discussions sur les questions institutionnelles qui freinent depuis longtemps l’avancement d’accords sectoriels avec l’UE. D’un point de vue financier, la situation fragile de la monnaie européenne a renforcé le franc suisse provoquant une diminution des exportations suisses. Concernant les organisations internationales, au sein de l’OMC, le Cycle de Doha n’a toujours pas abouti. La Suisse vise toujours une participation au G20. En 2011, elle s’est ainsi impliquée dans les réunions préparatoires. Lors de l’évaluation du rapport, les commissions ont regretté que le rapport n’ait pas inclus un chapitre traitant des marchés et des systèmes financiers internationaux, ainsi qu’un chapitre traitant de la politique suisse des matières premières. L’aspect très descriptif du rapport a également soulevé quelques critiques. La Commission de politique extérieure du Conseil des Etats (CPE-CE) a également discuté de l’introduction d’éléments en faveur du développement durable dans les accords de libre-échanges ainsi que des problèmes créés par la diminution des matières premières. Finalement, les deux chambres ont pris acte du rapport. Le Conseil fédéral a également présenté son message sur l’approbation de mesures touchant le tarif des douanes. Ce dernier a été approuvé à l’unanimité par les chambres.

Rapport sur la politique économique extérieure 2011
Freihandelsabkommen

Trotz starkem Schweizer Franken und anhaltender wirtschaftlicher Unsicherheiten nahmen die Exporte im Berichtsjahr um 2.1% zu. Die Dynamik liess im Berichtsjahr aber merklich nach; im dritten Quartal 2011 nahmen die Exporte gegenüber dem Vorjahr sogar leicht ab. Die Exportwirtschaft versuchte die Einbussen durch ein Entgegenkommen bei den Preisen wettzumachen, was sich in einem Rückgang der Exportpreise um durchschnittliche 5.5% niederschlug. Insgesamt wurden im Jahr 2011 Waren im Wert von CHF 197.6 Mia. ausgeführt. Rückläufig waren die Ausfuhren vor allem in der Papier- und der graphischen Industrie sowie der Bekleidungs- und Textilbranche. Von der Nachfrage in Asien profitierte die Uhrenindustrie, welche ihre Ausfuhren im Berichtsjahr um 19.3% steigerte. Die Schweizer Exporteure setzten vor allem in Deutschland, Irland und den Vereinigten Arabischen Emiraten mehr ab. Ebenfalls wuchsen die Ausfuhren nach Indien, Taiwan und Russland, jeweils zwischen 13% und 15%.

Die Importe betrugen 2011 CHF 173.7 Mia., was nahezu dem Wert des Vorjahres entsprach. Real wuchsen die Einfuhren um 1.9%. Während die ersten drei Monate 2011 noch ein grösseres Importvolumen aufwiesen, zeigten die anderen drei Quartale gegenüber der jeweils gleichen Zeitspanne 2010 negative Werte an. Einen Rückgang an Einfuhren vermeldeten insbesondere die Investitions- und Konsumgüterbranche. Bei letzterer schlugen die Einbussen bei den Importen der Bijouterie- und Juwelierbranche sowie der Unterhaltungselektronik zu Buche. Bezogen auf die geographische Herkunft wuchsen die Einfuhren aus Kasachstan um satte 78% was auf die starke Erdölnachfrage zurückzuführen ist. Die Importe aus Indien, Polen und Brasilien stiegen ebenfalls stark an.

Der Saldo der Ein- und Ausfuhren schlug sich in einem neuen Rekordüberschuss von knapp CHF 24 Mia. nieder. Gegenüber dem Vorjahr wuchs der Handelsbilanzüberschuss somit um CHF 4 Mia.

Aussenhandel 2011

Durant l’année sous revue, les chambres ont traité deux motions relatives à la position du gouvernement vis-à-vis de la participation de Taïwan à l’OMS. Une première motion (04.3686), déposée en 2004 par André Reymond (udc, GE), qui demandait au Conseil fédéral de statuer que la délégation suisse soutiendra la demande d’adhésion de Taïwan à l’OMS, ou s'abstient de voter, lorsque la République de Chine déposera sa demande d’adhésion. Si le Conseil national a adopté cette motion au mois de mars, par 94 voix contre 62, le Conseil des Etats l’a toutefois rejetée au mois de juin. Il a suivi à ce titre la majorité de sa commission compétente. Il a toutefois adopté une motion apparentée de sa commission de politique extérieure, qui demandait, elle, au Conseil fédéral de se prononcer, au sein des instances de l'OMS, pour que Taïwan, indépendamment de son statut international, participe à la mise en oeuvre des missions de la politique sanitaire mondiale, en particulier en matière de prévention, de surveillance et d'échanges d'informations concernant les nouvelles maladies infectieuses. Le Conseil national s’est ensuite prononcé à son tour en faveur de cette seconde motion.

Participation de Taïwan à l’OMS

Mit der Ausbreitung der Gefahr von Pandemien (Sars, Übertragung der Vogelgrippe auf den Menschen) wird es immer wichtiger, eine lückenlose Einbindung möglichst aller Staaten in weltgesundheitliche Aufgaben zu erreichen. Die aussenpolitische Kommission des Ständerates forderte den Bundesrat mit einer Motion auf, sich bei der WHO für den Einbezug Taiwans in die Prävention, die Überwachung sowie in den Informationsaustausch von neu auftretenden Infektionskrankheiten einzusetzen, ungeachtet seines internationalen Status. Da das bereits seit Längerem der von den Schweizer Behörden verfolgten Haltung in den internationalen Gremien entspricht, beantragte der Bundesrat Annahme der Motion. In beiden Kammern wurde betont, das bedeute keine Abkehr der Schweiz von der seit 1950 betriebenen „Ein-China“-Politik; hier gehe es vielmehr um eine pragmatische Handhabung eines weltweiten Gesundheitsrisikos. Der Vorstoss wurde von beiden Räten oppositionslos angenommen. (Für eine Motion, welche eine Vollmitgliedschaft Taiwans in der WHO verlangte, siehe hier)

Participation de Taïwan à l’OMS

Die Weltwirtschaft lief auch 2007 auf hohen Touren und erreichte ein Jahreswachstum von rund 5%. Am dynamischsten waren weiterhin die Schwellenländer, vor allem in Asien (China, Singapur, Südkorea und Taiwan). Aber auch Europa entwickelte sich mit einer Wachstumsrate von 2,7% wieder sehr stark, während sich das Wachstum in den USA nochmals leicht abschwächte und mit 2,2% deutlich unter dem langjährigen Mittel lag. Geprägt war das Wirtschaftsjahr allerdings ebenso wie durch das Wachstum durch die explodierenden Erdölpreise und die grosse Unsicherheit auf den Finanzmärkten. Für die Verteuerung des Erdöls wurde vor allem die kräftige Nachfrage aus den Schwellenländern verantwortlich gemacht, für die Volatilität der Finanzmärkte und Aktienbörsen die Probleme auf dem so genannten Subprime-Hypothekenmarkt der USA. Die Arbeitslosigkeit entwickelte sich im EU-Raum zurück und erreichte mit 7,2% den tiefsten Wert seit dem dem Beginn der Messungen anfangs der 90er Jahre. Der Inflationsdruck nahm infolge der stark steigenden Erdöl- und Nahrungsmittelpreise heftig zu. Im Dezember betrug der Teuerungsindex der Konumentenpreise in den USA fast 4% und in der EU knapp 3%.

Weltwirtschaft, Arbeitslosigkeit und Inflation 2007

Der Nationalrat lehnte eine Motion Freysinger (svp, VS) ab, welche die Abschaffung der Visumspflicht für Taiwan-Chinesen verlangt hatte, überwies aber gegen den Willen des Bundesrates eine Motion Darbellay (cvp, VS; Mo. 04.3047) zur erleichterten Einreise für chinesische Touristen mit einem Schengen-Visum. Im Ständerat obsiegten Sicherheitsüberlegungen gegenüber den Interessen des Tourismusgewerbes: Schengen-Visa würden oft gefälscht, ganze Reisegruppen tauchten in der EU unter, die Schweiz habe mit China keine Rückübernahmeabkommen geschlossen und solange sie dem Schengen-Raum nicht angehöre, seien EU-Einreisesperren für die Schweizer Behörden gar nicht erkennbar.

Visumspflicht

Suite à l’échec de la Conférence de Cancún, la délégation suisse dirigée par l’ambassadeur Luzius Wasescha a pris part, à la fin du mois de mars à Genève, à la reprise des négociations dans le cadre de l’OMC. L’ambassadeur a annoncé que la Suisse et le G10, groupe des dix pays importateurs nets de produits agricoles (Suisse, Bulgarie, Taïwan, Islande, Corée du Sud, Japon, Israël, Liechtenstein, Ile Maurice, Norvège) étaient d’accord d’envisager l’élimination de toutes leurs subventions aux exportations, à condition que leurs positions sur l’accès aux marchés et les aspects non commerciaux de l’agriculture soient pris en considération. Ces pays défendent les subventions agricoles et les droits de douane élevés qui protègent leurs produits « sensibles » (tel le riz, défendu par des tarifs de 500% au Japon). L’Union suisse des paysans (USP) s’est encore une fois clairement positionnée contre cet accord agricole ne convenant, selon elle, qu’à une poignée de pays exportateurs. Elle a mis en garde que les agriculteurs suisses pourraient perdre plus de 2,5 milliards de francs par année si les scénarios en discussion à l’OMC aboutissaient. Pour l’USP, la principale menace pour l’agriculture suisse est la réduction des droits de douane frappant les produits agricoles étrangers, qui pourrait faire diminuer les recettes de l’agriculture jusqu’à 25%. Elle plaide par conséquent en faveur de droits de douane offrant de la souplesse dans leur application à l’échelon national, et a déploré finalement que les négociations n’aient pas pris en compte la multifonctionnalité de l’agriculture suisse.

négociations dans le cadre de l’OMC Union suisse des paysans (USP)

Le Tribunal fédéral, dans un arrêt rendu dans le cadre de l’affaire des frégates françaises livrées à Taïwan, a affirmé que Taïwan était « un Etat souverain et indépendant ». Loin d’être anodine, cette décision de la haute autorité judiciaire a mis la Confédération dans l’embarras, puisqu’elle contredit la politique du Conseil fédéral à l’égard de la Chine. Aux yeux du gouvernement, Taïwan n’est en effet qu’une « province » de cette dernière. De plus, si la Suisse reconnaissait Taïwan, cela entraînerait la rupture des relations diplomatiques avec la Chine. Le DFAE a très brièvement commenté la situation en déclarant que la décision du Tribunal fédéral n’avait pas d’influence sur la politique étrangère de la Confédération.

Reconaissance de Taïwan de la part du Tribunal fédéral

Avant la Conférence ministérielle de l’OMC prévue à Cancún (Mexique), s’inscrivant dans le cycle de Doha initié en 2001, l’Union suisse des paysans (USP) a réaffirmé ses exigences dès le début de l’année. Elle a jugé inacceptable le premier projet de l’OMC concernant les négociations agricoles. Cette libéralisation à sens unique ne réserverait la production agricole qu’aux seuls sites favorisés et la multifonctionnalité ne serait plus reconnue. C’est lors d’une séance au mois d’avril que le Conseil fédéral a défini, entre autres, le mandat agricole pour les négociations de l’automne. Il y mentionnait, d’une part, son engagement pour l’adoption de règles favorisant la multifonctionnalité, d’autre part, la nécessité d’adopter des chiffres réalistes de réduction des droits de douane et des subventions. Une libéralisation par étape lui semblait plus souhaitable que des changements en bloc. Il a également estimé que les projets présentés par l’OMC ne remplissaient, en l’état, pas les exigences de la délégation suisse et ne pouvaient pas servir de base de négociation. Une proposition concrète de la Suisse à l’OMC a été présentée à la presse durant la troisième semaine d’août. L’ambassadeur Luzius Wasescha, responsable du dossier au Secrétariat d’Etat à l’économie, a annoncé que la Suisse s’était alliée à un certain nombre de pays (Bulgarie, Taiwan, Islande, Corée du Sud, Liechtenstein) pour que la vulnérabilité et la petite taille de leurs secteurs agricoles soient prises en compte avec le maintien d’un niveau d’aide étatique suffisant. Il a également rappelé que la Suisse s’engageait pour les aspects non commerciaux de l’agriculture comme l’information du consommateur, la protection de l’environnement ou la défense des appellations d’origine.

menacé de lancer un référendum contre tout accord accepter un certain nombre de sacrifices

Après avoir pris acte du rapport sur la politique économique extérieure 1993/1+2, les Chambres fédérales ont approuvé les arrêtés fédéraux concernant la ratification de deux accords de libre-échange entre les Etats de l'AELE et la République de Bulgarie, d'une part, et la Hongrie, d'autre part. Elles se sont également prononcées en faveur des arrêtés fédéraux sur l'approbation de mesures économiques extérieures, de l'accord de libre-échange entre la Suisse et les îles Féroé, de même que des accords de commerce et de coopération économique avec les Républiques d'Ouzbékistan et du Bélarus ainsi que du Vietnam. Enfin, le parlement a adopté les arrêtés fédéraux relatifs au nouvel accord international sur le cacao et sur la prorogation de l'arrangement concernant le commerce international des textiles.

La ratification d'accords de libre-échange, de commerce et de coopération économique ainsi que sur le cacao et sur la prorogation de l'arrangement concernant le commerce international des textiles
Freihandelsabkommen

Le Conseil fédéral a approuvé l'ouverture d'une limite d'engagements pour l'octroi de garanties de crédit d'un montant de CHF 200 millions en faveur de plusieurs républiques de la Communauté des Etats indépendants (CEI). Cette somme a été prélevée sur le crédit supplémentaire de CHF 600 millions pour la poursuite de la coopération avec les Etats d'Europe Centrale et Orientale approuvé par les Chambres entre 1992 et 1993. Sur le montant global de cette aide, CHF 100 millions sont attribués à la Russie, 30 millions à l'Ukraine, 20 millions au Bélarus et le reste, soit 50 millions de francs, aux républiques du Kazakhstan et de l'Ouzbékistan.

Un crédit de programme prévu pour la poursuite de la coopération avec les Etats d'Europe centrale et orientale
Dossier: Zusammenarbeit mit osteuropäischen Ländern

Malgré la situation déprimée de l'économie internationale, une concurrence très dure et un raffermissement du franc à partir de juin 1992, les secteurs d'exportation sont parvenus à accroître leurs livraisons à l'étranger de 4,3% en volume – 5,0% en valeur nominale –, contrebalançant ainsi la forte chute de l'activité intérieure. Les bons résultats des exportations sont répartis de manière inégale entre les principales branches. Ainsi, des taux de croissance élevés ont été enregistrés dans l'industrie chimique et plastique, l'alimentation et l'industrie horlogère. Les exportations de vêtements, après deux années positives, ont reculé, tandis que celles des biens d'investissement – machines, appareils, instruments – ont pu se maintenir à leur niveau de l'année précédente en dépit de la faiblesse des investissements sur le plan international.

L'évolution des exportations par région illustre la meilleure conjoncture économique qu'ont connu de nombreux pays extérieurs à la zone de l'OCDE, à l'exception de l'Europe centrale et orientale. Les livraisons vers les pays non-membres de l'OCDE ont augmenté de 8,5%, alors qu'elles ne progressaient que de 4,2% pour les pays membres. La proportion des exportations vers la zone de l'OCDE n'a cependant guère diminué (79,9% contre 80,7% en 1991). En moyenne, les exportations vers la CE (+4,5%) et les pays de l'OCDE non-européens (+4,0%) – à signaler: +9,3% vers les Etats-Unis et -5,4% vers le Canada – ont évolué dans des proportions similaires; seules les livraisons vers les pays de l'AELE (+2,8%) ont connu une progression légèrement plus faible.

En dehors de la zone de l'OCDE, la croissance des exportations en direction de la Chine (+32,5%) et des pays de l'OPEP (+12,7%) a été particulièrement forte. La même tendance a pu être observée pour les livraisons à différents pays récemment industrialisés du Sud-Est asiatique et de l'Amérique latine: Taiwan (+37,4%), Hongkong (+14,7%) et Mexique (+29,9%). Par contre, les exportations vers les pays d'Europe centrale et orientale ont dans l'ensemble diminué de 3,8%; cette réduction a été particulièrement marquée en ce qui concerne la CEI (–35,3%), alors que les livraisons à la Tchécoslovaquie progressaient de 34,3%.

Malgré la situation déprimée de l'économie internationale, une concurrence très dure et un raffermissement du franc à partir de juin 1992, les secteurs d'exportation sont parvenus à accroître leurs livraisons à l'étranger de 4,3% en volume

Lors de la session de printemps, le radical bernois J.P. Bonny a déposé une interpellation urgente invitant le Conseil fédéral à augmenter massivement (si possible de 600 millions de francs) le crédit de programme prévu pour la poursuite de la coopération renforcée avec les Etats d'Europe centrale et orientale, notamment sous la forme de garantie de crédits (92.3054). Selon l'intervenant, cette augmentation de l'aide devrait s'adresser prioritairement aux 12 républiques indépendantes de l'ex-Union soviétique, réunies au sein de la Communauté des Etats Indépendants (CEI) depuis la fin de l'année 1991; ces Etats, en raison de la situation politique incertaine, n'avaient en effet pas été inclus parmi les pays bénéficiant du crédit de 800 millions de francs. Les députés et le Conseil fédéral ont réagi positivement à cette proposition; les représentants socialistes et écologistes, ainsi que le libéral J.S. Eggly (GE), ont toutefois insisté pour que la garantie de crédits ne serve pas en priorité les intérêts des secteurs d'exportation helvétiques et qu'elle ne se fasse pas au détriment de la coopération technique.

Quelques mois plus tard, conformément à ce qu'il avait annoncé, le Conseil fédéral proposait l'octroi d'un crédit supplémentaire de 600 millions de francs, destiné en priorité à la Communauté des Etats Indépendants (CEI) (92.065). Les trois quarts des 600 millions prévus seront consacrés à l'aide financière, principalement sous la forme de garantie contre les risques à l'exportation; le reste servira à la coopération technique. A la fin de l'année, le Conseil des Etats a accepté à la quasi-unanimité ce nouveau crédit. Il a ainsi rejeté une proposition de l'argovien Loretan (prd) qui demandait le blocage de l'aide suisse en faveur de la Russie tant que les troupes russes n'auraient pas quitté les pays baltes.

Un crédit de programme prévu pour la poursuite de la coopération avec les Etats d'Europe centrale et orientale
Dossier: Zusammenarbeit mit osteuropäischen Ländern