Suche zurücksetzen

Inhalte

  • Grosse Parteien

Akteure

  • Freisinnig Demokratische Partei.Die Liberalen (FDP)

Prozesse

225 Resultate
Als PDF speichern Weitere Informationen zur Suche finden Sie hier

Für einen Eklat sorgte die Nomination des Polizeikommandanten Christian Varone im Kanton Wallis. Varone war in die Schlagzeilen geraten, weil er in seinem Urlaub in der Türkei festgenommen wurde. Grund für die Festnahme war ein Stein in seinem Gepäck, den er in der Nähe einer archäologischen Stätte gefunden habe. Varone erklärte Anfang September bei der Nominationsversammlung der FDP, für die Regierungsratswahlen von 2013 trotz Anklage wegen versuchten Diebstahls von Kulturgut für die FDP antreten zu wollen, was ihm prompt eine Schelte von alt-Bundesrat Pascal Couchepin einbrachte. Dieser forderte Varone auf, sich bei einer Verurteilung von der Kandidatur zurückzuziehen. Couchepin wurde in der Folge ausgebuht und Varone mit grosser Mehrheit im ersten Wahlgang zum offiziellen Regierungskandidaten nominiert. Das Urteil gegen Varone aus der Türkei stand Ende Berichtjahr noch aus.

Wallis

Anders als bei der Mutterpartei kam es bei den Jungfreisinnigen zu einer Kampfwahl um das neue Präsidium. Das Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Maurus Zeier (LU) und Philippe Nantermod (VS) endete im dritten und letzten Wahlgang mit einem Unentschieden, worauf der Kongress der JFDP entschied, neu ein Co-Präsidium mit den beiden Kandidaten einzurichten. Die Jungfreisinnigen lehnten sich im Berichtjahr einige Male gegen die Mutterpartei auf. So hatten sie etwa noch 2011 das Referendum gegen die Buchpreisbindung mitgetragen und sich 2012 an der Seite von Auns und Juso für die Unterstützung der letztlich allerdings gescheiterten Referenden gegen die Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland, Österreich und Grossbritannien eingesetzt. Dezidiert stellte sich die Jungpartei auch hinter das Bankgeheimnis. Die Mutterpartei lobte die aufmüpfige und provokative Art ihrer Jungmannschaft.

Die Jungfreisinnigen im Jahr 2013

Ihren vor einem Jahr festgelegten Verhaltenskodex für die Entgegennahme von Parteispenden – damals eine Massnahme, um im Wahljahr zu zeigen, dass der Freisinn nicht am Tropf der Wirtschaft hänge – lockerte die FDP bereits im Berichtjahr wieder. Um Spendengelder des Stromkonzerns Alpiq zu erhalten, wurde einer der fünf Punkte im Kodex aufgeweicht, der eigentlich nur Spenden von Privatpersonen, Stiftungen und Unternehmen erlaubt, die ganz oder mehrheitlich in privater Hand sind. Rund 70% der Alpiq-Aktien befinden sich allerdings in öffentlicher Hand.

Verhaltenskodex für die Entgegennahme von Parteispenden

Für einige auch hämische Kommentare sorgte der Misserfolg der FDP mit ihrer Bürokratie-Initiative. Das im Wahljahr als Vehikel hochstilisierte Volksbegehren forderte eine unbürokratische, einfache und effiziente Anwendung von Gesetzen. Früh zeichnete sich ab, dass das Unterschriftenquorum wohl nur knapp erreicht werden würde, weshalb in einem Kraftakt in den letzten beiden Monaten noch 20'000 Unterschriften gesammelt wurden. Noch-Präsident Pelli hatte die Initiative zur Prestigesache erklärt. Der Abgabetermin wurde gar von 17.30 auf 20.45 Uhr, also rund drei Stunden vor Ablauf der Sammelfrist, verschoben, da noch einzelne Unterschriftenbögen nachgereicht wurden. Die Bundeskanzlei musste – ein Novum in der Geschichte – die Initiative deshalb ausserhalb der Bürozeiten entgegennehmen. Die FDP übergab 100'650 Unterschriften, die allerdings in der Folge von der Bundeskanzlei noch geprüft werden mussten. Das Resultat dieser Prüfung war – nach dreimaliger Auszählung – dann aber eine bittere Pille für die Freisinnigen. Gültig waren nämlich nur 97'537 Unterschriften. Zum ersten Mal in der Geschichte musste damit eine Initiative mit mehr als 100'000 eingereichten Unterschriften als nicht zustande gekommen beurteilt werden. Das Scheitern der FDP wurde in der Presse als schmerzhaft, ja peinlich kommentiert. Die FDP habe nach eigenen Angaben 130 000 Mitglieder, schaffe es aber nicht, die nötigen Unterschriften für ein eigenes Begehren zu sammeln, so das Credo. Der Partei wurde allerdings zu Gute gehalten, dass sie mit dem Oppositionsinstrument Volksinitiative bisher keine Erfahrung gehabt habe. Mit dem Scheitern stand zwar die Initiativ- und Referendumsfähigkeit der Partei in Frage, einige Parteiexponenten deuteten die Niederlage aber in einen Sieg um. Der Kraftakt gegen Ende der Sammelphase habe gezeigt, dass die Partei durchaus fähig wäre, genügend Unterschriften für Volksbegehren zu sammeln; man müsse sich deshalb überlegen, auch in Zukunft zu diesem Instrument zu greifen. Gegen diese Idee stellte sich allerdings der neue Präsident der FDP, Philipp Müller.

Gescheiterte Bürokratie-Initiative der FDP

An der Delegiertenkonferenz in Saint-Maurice, der ersten mit Philipp Müller als neuem Präsidenten, präsentierte die FDP ein neues Positionspapier zu einer liberalen Familienpolitik. Handlungsbedarf gebe es laut dem Papier bei der Schaffung von vorschulischen Betreuungsplätzen. Das Unternehmertum und private Initiativen beim Aufbau von Kinderkrippen sollen gefördert werden, die Fremdbetreuung von den Steuern abgezogen werden können und die unnötige Bürokratie für die Führung von Krippen verschlankt werden. Zudem sollen Tagesschulen zur Norm werden und mit Teilzeitstellen auch auf Kaderebene sowie der Förderung von Telearbeit soll der Nachfrage nach flexiblen Lösungen von Arbeitnehmern während der Familienphase begegnet werden. Insbesondere die FDP-Frauen begrüssten das Papier, mit dem die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf angestrebt werde. Allerdings wehrte sich zumindest ein Teil der FDP dagegen, dass Familienpolitik eine Aufgabe des Bundes sein solle. Gegen den Familienartikel, der in der Verfassung festgeschrieben werden soll und im Sommer in den Räten angenommen wurde, stellten sich 16 Nationalräte der FDP. Die neun Befürworter liessen bereits einen parteiinternen Graben in dieser Frage erahnen.

FDP Positionspapier für eine liberale Familienpolitik

Für einigen Wirbel sorgte der FDP-Regierungsrat Mark Muller im Kanton Genf. Einerseits eckte er mit seiner Politik an: Trotz heftiger Opposition setzte er seine Idee eines kantonalen Richtplans 2030 um, und der Rechnungshof ortete verschiedene Probleme bei der Departementsführung. Andererseits sorgte er auch mit seinem Privatleben für Schlagzeilen. Bereits 2011 war bekannt geworden, dass der Baudirektor Muller mitten in Genf in einer verbilligten 7-Zimmer-Wohnung lebt. Das Fass zum Überlaufen brachte aber eine Schlägerei mit einem Barkeeper in der Silvesternacht in einer Genfer Disco, die mit einem Vergleich und einer Entschädigungszahlung Mullers endete. Muller trat schliesslich Ende Februar zurück. Die Affäre schadete der Genfer FDP allerdings nicht. Für Muller wurde der Genfer Stadtpräsident Pierre Maudet gewählt.

Mark Muller tritt als Regierungsrat zurück

In der Asylpolitik blieb die FDP ihrer harten Linie treu. Sie hiess in der Asyldebatte im Sommer alle Verschärfungen bis auf die chancenlose SVP-Forderung nach Internierungslagern für renitente Asylbewerber gut. Prompt kam die Kritik von links, dass die FDP mit ihrem neuen Präsidenten Philipp Müller, der ja einst bereits mit der 18%-Forderung auf sich aufmerksam gemacht habe, einen Rechtsrutsch durchmache.

Asylpolitik

Für die fünf Sitze des Vizepräsidiums bewarben sich sechs Kandidierende. Um eine bessere regionale Vertretung zu erhalten, hatte die FDP das Vizepräsidium von vier auf fünf Sitze erweitert. Gewählt wurden Christian Lüscher (GE), Christian Wasserfallen (BE), Isabelle Moret (VD), Vincenzo Pedrazzini (SZ) und Carla Speziali (TI). Über die Klinge springen musste Carmen Walker-Späh (ZH).

Neues Vizepräsidium für die FDP

Die FDP gehörte im Berichtsjahr – nimmt man ihre Parolenfassung für die nationalen Volksabstimmungen zur Grundlage – bei fünf der zwölf Abstimmungen zu den Verlierern. Damit schnitt der Freisinn hinter der SVP, bei der die Parole sieben Mal nicht mit dem Abstimmungsausgang zusammenpasste, am zweitschlechtesten ab. Mitte Februar beschlossen die Delegierten ein Nein zur Ferieninitiative (mit 224 zu 4 Stimmen bei 3 Enthaltungen) und zur Buchpreisbindung (mit 248 zu 5 Stimmen bei 3 Enthaltungen). Für die Bausparinitiative und den Gegenentwurf zur Geldspiel-Initiative hatte die Konferenz der Kantonalpräsidenten bereits vorher ein Ja empfohlen und für die Zweitwohnungsinitiative ein Nein beschlossen. Bei der Bausparinitiative wichen allerdings vier Kantonalsektionen ab und die Buchpreisbindung wurde von den Jungfreisinnigen bekämpft, die zusammen mit anderen Jungparteien das Referendum ergriffen hatten. Zu einem parteiinternen Schlagabtausch kam es Ende April aufgrund der Managed Care-Vorlage, zu der die Delegierten in Bern schliesslich mit 222 zu 75 Stimmen die Ja-Parole fassten, eine Opposition, die sich in drei abweichenden Kantonalsektionen manifestieren sollte. Zwei abweichende Kantonsempfehlungen gab es auch bei der zweiten HEV-Initiative, die von der Konferenz der Kantonalpräsidenten im März zur Annahme empfohlen worden war. Einstimmig war das Nein gegen die Staatsvertragsinitiative. Ein Nein empfahl die Delegiertenversammlung mit 173 zu 3 Stimmen bei drei Enthaltungen Ende Juni auch für die Initiative „Schutz vor Passivrauchen“. Wiederum hatte die Kantonalpräsidentenkonferenz bereits vor der Abgeordnetenversammlung den Gegenvorschlag zur Initiative „Jugend und Musik“ sowie die Initiative „Sicheres Wohnen im Alter“ zur Ablehnung empfohlen. Während es bei der von den Delegierten abgelehnten Passivraucherinitiative keine abweichenden kantonale Empfehlungen gab, fassten bei den beiden anderen Vorlagen je fünf Kantonssektionen eine von der Mutterpartei abweichende Parole. Für Wirbel sorgte dabei die Drohung der Ständerätin Christine Egerszegi (AG) aus der Kantonalpartei auszutreten, wenn diese nicht ein Ja für die von ihr unterstützte Musikvorlage empfehle. Für das Tierseuchengesetz wurde Ende Oktober die Ja-Parole beschlossen.

FDP-Parolenfassung zu den Volksabstimmungen im Jahr 2013

Die Niederlagen bei den nationalen Wahlen im Herbst 2011 veranlassten die FDP zu einer Diskussion um eine programmatische Neupositionierung. Eine von den Kantonsparteipräsidenten und dem nationalen Präsidium verfasste Resolution hatte zum Ziel, das liberale Credo wieder zu stärken. Gefordert wurde die Stärkung von Freiheit und Selbstverantwortung. Immer neuen Gesetzen, Staatsausgaben, Verschuldung und Steuern müsse der Kampf angesagt werden. Darüber hinaus müsse die Partei ihr aufgrund von Boniexzessen negatives Wirtschafts- und Bankenimage loswerden. Anfang Februar wurde das in der Presse als einfallslos bezeichnete Papier an der Delegiertenversammlung in Bern begrüsst, aber kaum kontrovers diskutiert. Dies rief die so genannte Aktion Freiheit 24.ch, eine Gruppe aus Olten, auf den Plan, die mit provokativen Thesen und einer Debattentagung Ende März versuchte, der FDP neue Impulse zu geben und aus der Partei wieder eine Volksbewegung zu machen.

Neupositionierung

Auch bei den kantonalen Gesamterneuerungswahlen, die im Berichtsjahr in sieben Kantonen (AI, AR, BL, FR, LU, TI und ZH) stattfanden, musste die FDP Verluste verkraften. Insgesamt gab der Freisinn in diesen sieben Kantonen 26 Parlamentsmandate und einen Regierungssitz ab. In den drei Kantonen Basel-Landschaft, Luzern und Zürich verlor die FDP je sechs Legislativsitze: In Basel-Landschaft gar ein Viertel ihrer Wählerschaft (neu: 15,2% und 14 Sitze). Die beiden Landratssitze konnten jedoch knapp verteidigt werden. Im Kanton Zürich hielt die FDP nach den kantonalen Wahlen noch 23 Sitze, was einer Halbierung der Sitzzahl innert 16 Jahren gleichkam (12,9% Wähleranteil). Der Verlust der sechs Mandate und der drei Prozentpunkte im Vergleich zu 2007 waren eine grosse Enttäuschung. Man habe ein Glaubwürdigkeitsproblem, da man sich zwar auch für die derzeit wichtigen ökologischen Themen einsetze, dies bei der Wählerschaft aber offenbar nicht ankomme, gab Kantonalpräsident Beat Walti zu Protokoll. Trösten konnte man sich in Zürich mit dem guten Abschneiden der beiden amtierenden Regierungsräte. Auch im Kanton Luzern musste die FDP einen Verlust von sechs Sitzen verkraften. Mit neu 18,9% Wähleranteil (-4 Prozentpunkte) und 23 Mandaten wurde sie von der SVP als zweitstärkste Kraft im Luzerner Kantonsrat abgelöst. Ihren Regierungssitz konnte sie allerdings verteidigen. Im Kanton Tessin wurde einer der letzten FDP-Hochburgen geschleift. Mit 25,2% (-4,2 Prozentpunkte) und 23 Sitzen (-4 Mandate) blieb die FDP zwar knapp vor der Lega stärkste Fraktion, musste aber einen ihrer beiden Regierungssitze an die rechtskonservative Regionalpartei abgeben. Seit der Verkleinerung der Tessiner Regierung auf fünf Sitze im Jahr 1923, hatte der Freisinn immer über zwei Regierungssitze verfügt. Im Kanton Appenzell Ausserrhoden blieb die FDP ebenfalls stärkste Fraktion, aber auch hier musste sie zwei Sitze abgeben (neu 24 Mandate). Die vier Appenzeller FDP-Regierungsräte wurden zwar bestätigt, allerdings stellte die Partei erstmals in ihrer Geschichte nicht den Landammann. Auch im Kanton Freiburg verloren die Freisinnigen aufgrund eines Rückgangs des Wähleranteils um 3,3 Prozentpunkte zwei Sitze (neu: 15,3%, 17 Mandate). Im Staatsrat konnte der einzige Sitz zwar verteidigt werden, der Angriff auf ein frei werdendes Regierungsmandat blieb jedoch erfolglos. Viele FDP-Vertreterinnen und Vertreter erklärten sich die kantonalen Niederlagen mit einem Fukushima-Effekt. Die schwache Präsenz der FDP in der Umweltpolitik und der Einsatz gegen das Verbandsbeschwerderecht hätten sich hier gerächt. Insgeheim wurde die Schuld aber auch der nationalen Mutterpartei zugeschoben, die es verpasst habe, die energiepolitische Wende mitzugehen und ihr Image als Partei der Hochfinanz zu bekämpfen.

Die Resultate der FDP bei kantonalen Wahlen 2011

Weil die Tessiner FDP eine Amtszeitbeschränkung von 16 Jahren für Volksvertreter kennt, hätte Fulvio Pelli (TI) eigentlich nicht mehr zu den Nationalratswahlen antreten dürfen. Die Statuten sehen allerdings Sonderbewilligungen vor, die dem Parteipräsidenten und Aushängeschild der Tessiner FDP vom Parteivorstand auch gewährt wurden. Pelli selber kündigte an, solange im Nationalrat zu bleiben, wie er Präsident sei. Er war aufgrund der gehäuften Niederlagen seiner Partei bei kantonalen Wahlen und der intransparenten Kommunikation in seiner Funktion als Verwaltungsratspräsident bei der Tessiner Kantonalbank auch in der Südschweiz nicht unumstritten. Seine äusserst knappe Wiederwahl in den Nationalrat – 54 Stimmen verhalfen ihm dazu – liess die Kritiker ebenfalls nicht verstummen. Pelli selber gab nach der Niederlage bei den eidgenössischen Wahlen bekannt, im April 2012 sein Amt abzugeben. Dies habe er bereits vor zwei Jahren beschlossen. Als potentielle Nachfolgerinnen und Nachfolger wurden Karin Keller-Sutter (SG), Philipp Müller (AG), Christian Wasserfallen (BE), Ruedi Noser (ZH) und Andrea Caroni (AR) ins Spiel gebracht. Keller-Sutter kündigte früh an, dass für sie das Amt als Parteipräsidentin mit jenem als Ständerätin unvereinbar sei. Eine Findungskommission wurde im Dezember eingesetzt und als Wahltermin der 21. April 2012 festgelegt.

Amtsübergabe als FDP-Präsident von Pelli zu Müller (2012)
Dossier: FDP-Präsidentinnen und -Präsidenten seit 2000

Die Atomkatastrophe in Fukushima wurde in den Medien auch als Menetekel für die Bundesratswahlen herangezogen. Da die FDP sich weniger dezidiert gegen die Atomenergie geäussert habe, sei nicht so sehr der Sitz von BDP-Bundesrätin Widmer-Schlumpf gefährdet, die auf die Unterstützung der Anti-Atomkraft-Parteien zählen könne, sondern einer der beiden FDP-Sitze. Als besonders wacklig wurde der Sitz von Johann Schneider-Ammann betrachtet, da dieser aufgrund seiner Kommunikation in der Frankenkrise stark kritisiert wurde. Bei den Wahlen Mitte Dezember erfolgte denn auch ein Angriff der SVP auf den Sitz von Schneider-Ammann, der jedoch wie zuvor sein Parteikollege in der Exekutive, Didier Burkhalter, im ersten Wahlgang bestätigt wurde. Damit verfügten die Freisinnigen nach wie vor über zwei Bundesratssitze.

Wahlkampf und Resultate der FDP bei den eidgenössischen Wahlen 2011
Dossier: Resultate der wichtigsten Parteien bei nationalen Wahlen 2011

Auch bei den Wahlen in den Ständerat musste die FDP Verluste hinnehmen. Mit neu elf Mandaten in der kleinen Kammer musste der Freisinn zwar im Vergleich zu 2007 per Saldo lediglich einen Sitzverlust verkraften. Dies bedeutete aber erstens ein Rekordtief und zweitens gleich viele Sitze wie die SP, die zusammen mit der FDP neu die zweitstärkste Kraft in der kleinen Kammer stellt. Verteidigen konnte der Freisinn seine Ständeratssitze in den Kantonen Zürich (Gutzwiller), Luzern (Theiler), Obwalden (Hess), Glarus (Freitag), Appenzell Ausserrhoden (Altherr), Aargau (Egerszegi) und Neuenburg (Comte). Neu in den Ständerat zogen – den freisinnigen Sitz in ihrem jeweiligen Kanton verteidigend – Karin Keller-Sutter (SG), die trotz einer gegen sie gerichteten Kampagne der Weltwoche einen grossen Erfolg feierte, Joachim Eder (ZG) und – wenn auch nur äusserst knapp mit 763 Stimmen Vorsprung – Fabio Abate (TI). Im Kanton Graubünden konnte zudem der Sitz der nicht mehr angetretenen SVP erobert werden (Martin Schmid). Historische Niederlagen musste die FDP hingegen in den Kantonen Solothurn und Schaffhausen hinnehmen. In beiden Kantonen konnte der Ständeratssitz, den man in Solothurn seit 163 Jahren inne gehabt hatte, nicht gehalten werden. Mit dem Verlust in Schaffhausen war der dortige Freisinn erstmals seit 1848 nicht mehr in Bern vertreten. Keine Chance auf einen Sitzgewinn hatten die Freisinnigen Kandidierenden schliesslich in den Kantonen Bern (weder im Frühjahr für die Ersatzwahl von Bundesrätin Sommaruga noch im Herbst), Schwyz, Freiburg, Basel-Stadt, Thurgau, Waadt, Wallis, Genf und Jura.

Wahlkampf und Resultate der FDP bei den eidgenössischen Wahlen 2011
Dossier: Resultate der wichtigsten Parteien bei nationalen Wahlen 2011

2008 hatten die Delegierten der Liberalen Partei und der FDP die Fusion beschlossen, die 2009 vertraglich geregelt wurde. Es wurde eine Übergangsfrist bis 2015 vorgesehen, während derer die Fusion in allen Kantonen umgesetzt werden sollte. Während der Zusammenschluss in den Kantonen Wallis und Neuenburg noch 2008 vollzogen worden war, stand die liberal-radikale Fusion im Berichtsjahr in den Kantonen Basel-Stadt, Genf und Waadt weiterhin aus. Im Kanton Basel-Stadt ist eine Fusion vorderhand kein Thema, im Kanton Waadt ist sie für 2012 geplant. Im Kanton Genf wurde der offizielle Akt nach rund zweijährigen Vorverhandlungen im Mai des Berichtsjahres – also noch vor den Nationalratswahlen – vollzogen. Der Parti Libéral Genevois (PLG) und der Parti Radical Genevois (PRG), beide mehr als hundert Jahre alt, gaben ihre Eigenständigkeit und ihre Namen am 24. Mai zugunsten des neuen Parti libéral-radical (PLR) auf. Die Fusion in Genf ging allerdings nicht ohne Nebengeräusche über die Bühne. Viele Delegierte sprachen von einer Vernunftheirat ohne Enthusiasmus. Dennoch stimmten die Abgeordneten beider Parteien (PLG: 213 zu elf Stimmen und zwei Enthaltungen; PRG: 149 zu 19 Stimmen bei drei Enthaltungen) letztlich deutlich für den Zusammenschluss. Der neue Präsident der Partei – Alain-Dominique Mauris – wurde Ende Mai per Akklamation gewählt.

Fusion der LPS und der FDP
Dossier: Die Fusion von LPS und FDP

Die ausser in den Kantonen Basel-Stadt und Waadt abgeschlossene Fusion der FDP mit den Liberalen brachte bei den Nationalratswahlen nicht die erhoffte Entspannung und das Wahlziel wurde deutlich verpasst. Erneut mussten die Freisinnigen Wählerverluste in Kauf nehmen. Unter Berücksichtigung der summierten Anteile von FDP und LP bei den Wahlen 2007 ging der Wähleranteil des liberalen Lagers um 2,5 Prozentpunkte zurück und liegt neu bei 15,1% (2007 LP: 1,9%; FDP: 15,8%). Damit konnte der seit 30 Jahren anhaltende Rückgang der Wählergunst erneut nicht aufgehalten werden und die FDP schloss abermals mit dem schlechtesten Resultat ihrer Geschichte ab. In praktisch allen Kantonen musste der Freisinn dabei Verluste verkraften. In den Kantonen Wallis, Neuenburg und Genf allerdings profitierte die FDP von der Fusion mit den Liberalen und sie konnte ihren Wähleranteil hier im Vergleich zu 2007 steigern. Auch in den Kantonen Waadt und Basel-Stadt, wo die Fusion für 2012 geplant bzw. kein Thema ist, konnte die FDP leicht zulegen. Allerdings erreichte die einst stärkste Partei der Schweiz nur noch in zwei Nicht-Majorzkantonen mehr als 20% Wähleranteil: In den Kantonen Tessin und Neuenburg blieb die FDP zudem auch stärkste Partei. Die grössten Verluste musste der Freisinn in den Kantonen Appenzell Ausserrhoden (-20,5 Prozentpunkte), Uri (-13 Prozentpunkte), Bern (- 6,5 Prozentpunkte), Basel-Landschaft (-5,6 Prozentpunkte), Schaffhausen (-14,4 Prozentpunkte) und Graubünden (-7,2 Prozentpunkte) hinnehmen. In der Romandie (20,3%; 2007: 13,8%) weisen die Freisinnig-Liberalen neu eine etwas stärkere Verankerung auf als in der Deutschschweiz (13,1%; 2007: 15,6%) und sie blieben stark in ihrer traditionellen Hochburg Tessin (24,3%; 2007: 27,6%). Die Wählerverluste resultierten letztlich im Verlust eines Nationalratssitzes. Werden allerdings die Sitzverluste der LP mitgezählt, so verlor das liberale Lager insgesamt fünf Sitze. Den vier Sitzgewinnen in Genf und Neuenburg (jeweils dank der Fusion mit der LP) sowie in Zug und Schwyz, wo die FDP ihre vor acht Jahren an die Grünen bzw. an die SVP verlorenen Sitze dank Listenverbindungen mit der CVP bzw. der BDP zurückerobern konnte, standen die Sitzverluste in Bern, Nidwalden, Graubünden, Thurgau und im Tessin gegenüber. Die FDP verfügte damit in der grossen Kammer neu über 30 Mandate.

Wahlkampf und Resultate der FDP bei den eidgenössischen Wahlen 2011
Dossier: Resultate der wichtigsten Parteien bei nationalen Wahlen 2011

Im Januar des Berichtsjahres trat die FDP mit Vorschlägen zur Migrationspolitik vor die Medien. Im Hinblick auf die aufgrund der Unruhen in Nordafrika zu erwartende Zunahme von Einwanderungen sei eine Verschärfung der Regulierung anzustreben. Die Immigration aus Drittstaaten müsse eingeschränkt werden, was insbesondere mit einer Erschwerung des Familiennachzugs erreicht werden solle. Nur wer keine Sozialhilfe beziehe, soll in Zukunft seine Familie in die Schweiz holen dürfen. Zudem sollen Asylverfahren beschleunigt und Rückführungen konsequenter durchgesetzt werden. Allerdings müsse die Zuwanderung von qualifizierten Einwanderern verstärkt gefördert werden. Das Positionspapier, das unter der Federführung von Philipp Müller (AG) entstanden war, stiess parteiintern auf Widerstand. FDP-Vertreter aus der lateinischen Schweiz, wie etwa Dick Marty (TI) oder Claude Ruey (VD), erinnerten an die humanitäre Tradition der FDP und des Landes. Am Parteitag Mitte Februar in Zürich sprach sich die Mehrheit der Delegierten jedoch für eine härtere Gangart aus. In der Folge reichte die FDP Ende September sieben Motionen zur Asylpolitik ein. Sie distanzierte sich allerdings deutlich von der SVP-Masseneinwanderungsinitiative, durch die sie die Personenfreizügigkeit und somit die Schweizer Wirtschaft gefährdet sah [30].

Migrationspolitik

Bereits im Januar machte die FDP Vorschläge, wie mit dem starken Franken umgegangen werden könnte. Erfolgversprechender als eine interventionistische Politik sei die Bekämpfung der Produktionskosten im Inland. So sollten etwa Gewinnsteuern gesenkt und die Mehrwertsteuer einheitlich auf 5,5% verringert werden. Die Haltung des Freisinns zum 2-Milliarden-Paket des Bundesrats für die Wirtschaft war gespalten. Einerseits sprach man sich für kurzfristige Hilfsmassnahmen aus, andererseits herrschte Uneinigkeit darüber, wie diese auszusehen hätten. Langfristig wichtig sei eine „wirtschaftliche Fitnesskur“, wie sie etwa mit der Bürokratie-Initiative angeregt werde.

FDP-Vorschläge zur Bekämpfung des starken Franken

Bei den nationalen Wahlen nahm sich die CVP vor, in jenen Kantonen zu punkten, in denen sie noch nicht stark vertreten war. Zum obersten Ziel der eidgenössischen Wahlen erklärte sie einen Wähleranteil von 17% und damit auch die Rückeroberung des zweiten, 2003 verlorenen Bundesratssitzes. Zudem wolle man die stärkste Kraft im Ständerat bleiben. Nicht emotionale, auf Missstände fokussierte Boulevard-Debatten, sondern sachpolitische Diskussionen wollte die CVP im Wahljahr führen. Mit einem Budget von CHF 3 Mio. und den Familien-Initiativen wollte die CVP vor allem auch Wählerinnen und Wähler von Mitte-Links überzeugen. Zur Führung der Wahlkampagne bestimmte die CVP eine leitende Kommission, bestehend aus den Nationalräten Gerhard Pfister (ZG) und Luc Barthassat (GE) sowie dem Parteipräsidenten Christophe Darbellay (VS).

Wahlkampf und Resultate der CVP bei den eidgenössischen Wahlen 2011
Dossier: Resultate der wichtigsten Parteien bei nationalen Wahlen 2011

Bereits im September des Vorjahres hatte die FDP die Bürokratie-Initiative lanciert, mit der sie sich im Wahlkampf zusätzliche Aufmerksamkeit erhoffte. Das Begehren fordert einfache und verständliche Gesetze und unbürokratische Verfahren. Die Unterschriftensammlung verlief allerdings recht harzig und das Ziel, die Initiative noch vor den Wahlen einzureichen, wurde deutlich verpasst. Ende des Berichtjahrs lief die Unterschriftensammlung noch.

Wahlkampf und Resultate der FDP bei den eidgenössischen Wahlen 2011
Dossier: Resultate der wichtigsten Parteien bei nationalen Wahlen 2011

Die Atomkatastrophe im Japanischen Fukushima führte auch bei den Freisinnigen, welche die Kernenergie vor dem GAU als unverzichtbar eingeschätzt hatten, zu einer eigentlichen Kehrtwende in der Energiepolitik. Allerdings benötigte die Partei – im Gegensatz etwa zur CVP – für das Umdenken relativ lange, das denn auch nicht ganz so radikal ausfiel. Mitte März kündigte die Parteispitze die Erarbeitung verschiedener Szenarien an, wobei ein Ersatz von Kernkraftwerken als nicht mehrheitsfähig betrachtet wurde. Mitte April trafen sich rund 60 freisinnige Energiepolitiker in Bern, um eine Lagebeurteilung vorzunehmen und die Grundlagen für ein Positionspapier zu erarbeiten. Aus der internen Debatte resultierte eine Vier-Säulen-Strategie, die Anfang Juni unter dem Slogan „liberaler Umbau der Energieversorgung“ präsentiert wurde: Bestehende AKWs sollten während der vorgesehenen Laufzeit in Betrieb gehalten werden, ein Neubau von AKWs der momentanen Reaktorgeneration sei auszuschliessen, Energieeffizienz und erneuerbare Energien seien zu fördern – etwa mit erleichterten Vorschriften für private Solaranlagen – und in zehn Jahren (2022) solle eine Volksabstimmung über den erwünschten Energiemix stattfinden. Die Versorgungssicherheit – so die Quintessenz des Papiers – müsse auf jeden Fall gewährleistet bleiben. Ein blinder sofortiger Ausstieg sei keine Option. Es seien alle Alternativen, insbesondere auch ein Weg ohne „Technologieverbot“ zu prüfen. Bei der Abstimmung über die Motion zum AKW-Ausstieg in der Sommersession enthielten sich die FDP-Nationalräte der Stimme.

Energiepolitik

Im Zuge der Diskussion um die Parteienfinanzierung machte sich die FDP mit einem Spendenkodex für mehr Transparenz stark. Damit wollte sie auch gegen den Ruf ankämpfen, am Tropf der Wirtschaft zu hängen. Durch die Befolgung des Kodex‘ werde der Einfluss von Spendern dadurch gemindert, dass eine Einzelspende nicht mehr als 1/15 des Jahresbudgets überschreiten dürfe. Dies entspreche einer Summe von CHF 200'000. Die Regelung soll auch für Abstimmungskampagnen gelten. Allerdings werden die Namen der Spender weiterhin nicht publik gemacht.

Verhaltenskodex für die Entgegennahme von Parteispenden

Eine härtere Gangart forderte die FDP auch in der Kriminalitätsbekämpfung. Jugendgewalt und Internetkriminalität müssten entschieden bekämpft werden. Als griffige Massnahmen verlangte die Partei Ende Juni an einem Treffen in Bern die Haftung der Eltern für randalierende Kinder, den raschen Strafvollzug für jugendliche Straftäter und die Ausschöpfung des Jugendstraffrechts. Darüber hinaus sollten Jugendstraftäter mit Migrationshintergrund zu Integrations- und Deutschkursen gezwungen werden können. Die Internetkriminalität müsse mit mehr Aufklärung in der Schule und einer besseren Koordination zwischen den Kantonen angegangen werden. Datenschutz müsse bei der Bekämpfung von Internetverbrechen zweitrangig sein.

Kriminalitätsbekämpfung

An der Delegiertenversammlung Anfang Mai in Luzern forderte die FDP in einer Resolution rasche Massnahmen bei den Sozialversicherungen. Ergänzend zur laufenden Reform der AHV seien das Rentenalter 65 für Mann und Frau und eine Schuldenbremse einzurichten. Darüber hinaus solle die IV-Revision möglichst rasch umgesetzt werden. Bei der beruflichen Vorsorge wollte sich die FDP für die Erhaltung des Kapitaldeckungsverfahrens einsetzten.

Sozialversicherungen

Im Vorfeld der kantonalen Wahlen in Zürich wurde in der Sonntagszeitung ein brisanter parteiinterner Streit kolportiert. 2006 hätte sich die Zürcher Kantonalsektion gegen die Aufnahme des damals aus der Grünen Partei ausgetretenen Martin Bäumle (glp) in die FDP-Fraktion gestellt, obwohl die nationale Partei dies befürwortet hätte. Nationalrat Ruedi Noser (ZH) warf Nationalrätin Doris Fiala (ZH), damals Kantonsrätin vor, die Aufnahme von Bäumle verhindert zu haben, weil sie den Verlust des eigenen guten Listenplatzes bei den nationalen Wahlen 2007 befürchtet habe. Die FDP hätte – so Noser gemäss „Sonntagszeitung“ – heute weniger Konkurrenz zu fürchten, hätte man Bäumle damals aufgenommen.

Alter Streit um die Aufnahme von Martin Bäumle in die FDP