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Im Dezember 2021 präsentierte der Bundesrat den Bericht zum Potenzial von Fernwärme- und Fernkälteanlagen aus erneuerbaren Energien in der Schweiz. Ein entsprechendes Postulat der FDP-Fraktion, das der Nationalrat 2019 angenommen hatte, hatte den Bundesrat dazu aufgefordert, eine diesbezügliche Auslegeordnung zu erstellen. Der Bundesrat hielt in seinem umfassenden Bericht fest, dass ein grosses reales Potenzial für eine nachhaltige Wärmeversorgung durch thermische Netze bestehe (17 bis 22 TWh), welches aktuell nur etwa zur Hälfte (8.4 TWh) ausgeschöpft werde und deshalb schnell erschlossen werden müsse. Der Wärmebereich mache heute einen Anteil von rund 45 Prozent am totalen nationalen Energieverbrauch aus und verursache mehr als 35 Prozent aller CO2-Emissionen in der Schweiz. Zur Erreichung der Klimaziele sei daher eine Dekarbonisierung und Umstrukturierung der Wärmeversorgung unumgänglich. Auf föderaler Ebene seien die Kantone gefordert, räumliche Energieplanungen zu schaffen, um den Gemeinden aufzeigen zu können, mit welchen Technologien sie ihre Wärmeversorgung langfristig sicherstellen können. Weiter diskutierte der Bundesrat im Bericht beispielsweise die Rolle von Erdgas oder von Pilotprojekten und zog Vergleiche zur Situation im Ausland.

Auslegeordnung zum Potenzial von Fernwärme- und Fernkälteanlagen (Po. 19.4051)

Am 26. Mai 2021 brach der Bundesrat die Verhandlungen über das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU offiziell ab. Nach dem Treffen von Bundespräsident Parmelin mit Kommissionspräsidentin von der Leyen Ende April 2021, hatte sich in dem Dossier lang wenig bewegt, bis schliesslich Radio SRF mit der Publikation eines vom Bundesrat als geheim eingestuften Dokuments, welches die Risiken und Nebenwirkungen eines gescheiterten Rahmenabkommens aufschlüsselte, für neuen Gesprächsstoff sorgte. Potenziell schwerwiegende Konsequenzen drohten in einer ganzen Palette von Themenbereichen, die von Strom und Handel über Gesundheit bis zur Filmförderung reichten. Insbesondere auf die Gefahr, dass bestehende Abkommen nicht erneuert werden, oder dass die EU die Äquivalenz der Schweizer Gesetzgebung nicht anerkennen würde, wurde hingewiesen. So könne beispielsweise eine fehlende Gleichwertigkeit beim Datenschutz zahlreiche Schweizer KMUs und deren Geschäftspraktiken bedrohen, hielt der Bericht fest. Nichtsdestotrotz fand sich im Medienecho zu jenem Zeitpunkt zumindest ein Funken Hoffnung auf einen positiven Ausgang der Verhandlungen. Der Sonntags-Blick zitierte in der Ausgabe vom 23. Mai aus einer E-Mail der EU-Chefunterhändlerin Riso, in der diese die Diskussion über die Unionsbürgerrichtlinie als «am wenigsten finalisierte» Frage bezeichnete, gleichzeitig aber eine gewisse Kompromissbereitschaft der EU ausdrückte, den Vertrag erneut durchzugehen und nach Lösungen zu suchen. Gleichentags veröffentlichte die Sonntagszeitung jedoch die Meldung, dass der Bundesrat den Abbruch der Verhandlungen über das Rahmenabkommen am 26. Mai vorsehe. Gemäss Sonntagszeitung plante der Bundesrat stattdessen einen Auffangplan, um den Konflikt mit der EU und die negativen wirtschaftlichen Folgen innen- und aussenpolitisch abzuschwächen. Unter anderem sei die Freigabe des zweiten Kohäsionsbeitrags vorgesehen, um Kooperationen wie das Forschungsprogramm Horizon weiterführen zu können. Eine weitere Möglichkeit der Bekräftigung des bilateralen Wegs – «Stabilex» genannt – beinhalte die einseitige Anpassung des Schweizer Rechts in politisch unumstrittenen Bereichen an EU-Bestimmungen, berichteten sowohl die Sonntagszeitung wie auch die NZZ.

Am 26. Mai bestätigte der der Bundesrat also diese Gerüchte und erklärte die Verhandlungen in einer Medienmitteilung für beendet. Dieser war zu entnehmen, dass der Bundesrat in zentralen Bereichen des Abkommens – Lohnschutz, Unionsbürgerrichtlinie, staatliche Beihilfen – weiterhin substanzielle Differenzen identifiziert hatte, weshalb er sich entschieden habe, das InstA nicht zu unterzeichnen und dies der EU auch so mitzuteilen. Im offiziellen Schreiben an die Europäische Kommission bot der Bundesrat die Einrichtung eines regelmässigen politischen Dialogs sowie die Prüfung von Problemen hinsichtlich der bestehenden Abkommen und die Suche nach pragmatischen Lösungen an. Er formulierte darin auch die Erwartungshaltung, dass die geltenden Abkommen «von beiden Parteien weiterhin vollumfänglich angewandt und im Falle relevanter Weiterentwicklungen des EU-Rechts aktualisiert» würden. Dabei hob er vor allem die Zusammenarbeit im Gesundheits- und Strombereich hervor. In seiner Medienmitteilung gestand der Bundesrat, dass das Nichtzustandekommen gewisse Nachteile mit sich bringe, wie zum Beispiel die Tatsache, dass keine neuen Marktzugangsabkommen abgeschlossen werden können. Er betonte jedoch, dass die Schweiz die bilaterale Zusammenarbeit mit der EU weiterführen wolle, weil man nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht verbunden sei, sondern auch eine europäische Wertegemeinschaft bilde und gemeinsam globale Herausforderungen angehe. Der Bundesrat versprach, den politischen Dialog mit der EU zu suchen und sich für eine rasche Deblockierung der Kohäsionsmilliarde einzusetzen. Er liess auch verlauten, dass er das EJPD damit beauftragt habe, gemeinsam mit anderen Departementen die Möglichkeit von eigenständigen Anpassungen im Schweizer Recht (Stabilex) zu prüfen, um dadurch die bilateralen Beziehungen zu stabilisieren.
Die EU-Kommission bezog gleichentags Stellung zur «einseitige[n] Entscheidung» und drückte ihr Bedauern über den Ausgang der Verhandlungen aus. Das InstA hätte eine Verbesserung des bilateralen Ansatzes ermöglicht und dessen Weiterentwicklung sichergestellt, liess die Kommission verlauten. Aus Kreisen der Kommission wurden zudem Stimmen laut, die behaupteten, die EU hätte zurzeit dringendere Probleme als die Schweiz, beispielsweise die Lage in Belarus. Der luxemburgische Aussenminister Jean Asselborn wünschte sich im Gespräch mit Le Temps eine solide Verhandlungsbasis, weil man die Situation so nicht auf sich beruhen lassen könne. Weitere prominente EU-Parlamentarier reagierten prompt auf diesen Paukenschlag. Andreas Schwab, der Vorsitzende der EU-Parlamentsdelegation für die Beziehungen zur Schweiz, sah durch den Entscheid mehr als sieben Jahre Verhandlungen «sinnlos vergeudet», wobei die offenen Fragen auch nach dem Verhandlungsabbruch weiter bestünden. Die vom Bundesrat geplante Freigabe der Kohäsionsmilliarde würde die angespannte Situation seiner Meinung nach nicht verbessern. Er warnte auch, dass sich die EU-Kommission in Zukunft noch genauer darauf achten werde, ob die Schweiz die geltenden bilateralen Verträge korrekt umsetze. Die NZZ berichtete, dass die EU auf den Schweizer Vorschlag der selektiven Rechtsangleichung verärgert reagiert habe. Neue sektorielle Marktzugangsabkommen in den Bereichen Strom oder Medizinaltechnik seien ohne übergeordneten Rahmen nicht denkbar, schliesslich habe die EU-Kommission klar gemacht, dass ein privilegierter Zugang zum Binnenmarkt gleiche Regeln und Pflichten voraussetze, so die NZZ.

«Gratulation an den Bundesrat» titelte der Blick am Tag nach der Entscheidung und sowohl SVP-Parteipräsident Chiesa (svp, TI) wie auch SGB-Präsident Maillard (sp, VD) zeigten sich erleichtert über den Abbruch, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Maillard äusserte seine Zufriedenheit über den Abbruch an der Delegiertenversammlung des SGB, wo er klar machte, dass die Gewerkschaften nie eine Schwächung des Lohnschutzes hingenommen hätten. Der SGB forderte für das weitere Vorgehen die Beibehaltung der bilateralen Abkommen, mehr sozialen Schutz, Mindestlöhne und verbindliche Tarifverträge, nur dann würde man Reformen unterstützen, sagte Maillard. Chiesa sah im Abbruch indes einen «Sieg für die Selbstbestimmung, die direkte Demokratie und die Schweizer Bevölkerung». Die Reaktionen der Schweizer Parteien fielen sowohl bezüglich Inhalt als auch Intensität unterschiedlich aus. Als «das grösste Armutszeugnis, das ich von unserer Landesregierung je gesehen habe» kritisierte Jürg Grossen (glp, BE) den Bundesrat harsch für dessen Entscheid. Er sparte auch nicht mit Kritik an anderen Parteien wie der SP, die sich von den Gewerkschaften habe treiben lassen, der Mitte, deren Präsident eine schädliche Haltung vertreten habe, und der FDP, welche laut Grossen mit ihren zwei Bundesräten die Hauptverantwortung für das Scheitern trage. Die SP und die FDP bedauerten das Scheitern des InstA zwar beide, machten aber mit Ignazio Cassis respektive den Gewerkschaften unterschiedliche Akteure dafür verantwortlich. SP-Co-Präsident Wermuth (sp, AG), der sich lange optimistisch gegeben hatte und einen Kompromiss bei der Unionsbürgerrichtlinie in Betracht gezogen hatte, kritisierte den Bundesrat im Tages-Anzeiger dafür, dass er parallel zum Abbruch keinen Plan B vorlegen konnte und forderte eine Auslegeordnung, bei der auch der EWR- und EU-Beitrittsverhandlungen zur Wahl stehen. Petra Gössi (fdp, SZ) griff an gleicher Stelle hingegen die Gewerkschaften an, die «jeden Kompromiss beim Lohnschutz verhindert» hätten und forderte neben einer gemeinsamen Lösungssuche mit der EU auch ein «Fitnessprogramm», beispielsweise einen Einheitssatz bei der Mehrwertsteuer. Gössi erklärte, dass sich die FDP für den bilateralen Weg nach aktuellem Stand einsetze und weder eine Vertiefung noch einen Rückbau der Beziehungen unterstütze. Konkret fordere sie eine limitierte Dynamisierung der Bilateralen in technischen Sachbereichen, die unbestritten sind; aktive Partnerschaften mit Drittstaaten durch neue Freihandelsabkommen und einen flexibleren Arbeitsmarkt mit höheren Kontingenten für Fachkräfte aus Drittstaaten. Zufrieden zeigten sich gegenüber dem Tages-Anzeiger Mitte-Präsident Gerhard Pfister (mitte, ZG), der gemäss Blick an den Von-Wattenwyl-Gesprächen Anfang Mai bereits offen den Verhandlungsabbruch gefordert haben soll und sich über die neu herrschenden Klarheit freute, – ebenso wie Thomas Aeschi (svp, ZG), der einzig das Abkommen über die Medizinaltechnik als Problem anerkannte. Ebenjene Medtech-Branche wurde von den Medien zum «ersten Opfer» des Verhandlungsabbruchs ernannt, denn am gleichen Tag, an dem das Rahmenabkommen beerdigt wurde, trat eine neue EU-Regulierung zu Medizinprodukten in Kraft. Zwar hatte die Schweiz ihr Recht an diese neue Regulierung angepasst, doch da die EU die Erneuerung des Abkommens zur gegenseitigen Anerkennung von Produktbescheinigungen verzögerte, galten Schweizer Anbieter in der EU fortan als Drittstaatenanbieter. Daher mussten Schweizer Exportfirmen plötzlich Bevollmächtigte mit Niederlassung im EU-Raum bestimmen und deren Produkte benötigten eine spezifische Etikettierung. Insgesamt rechnete der Branchenverband Swiss Medtech mit einmaligen Zusatzkosten von CHF 110 Mio. und einem jährlichen Zusatzaufwand in Höhe von CHF 75 Mio., was einer Exportsteuer von 1.4 bis 2 Prozent gleichkäme. Laut Swiss Medtech mache diese neue Regelung die Schweiz als Hauptsitz für aussereuropäische Firmen unattraktiv.

Wie der Tages-Anzeiger berichtete, hatten europafreundliche Akteure aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft schon im Vorfeld des Verhandlungsabbruchs unter der Leitung der Operation Libero über eine Volksinitiative zur institutionellen Einigung mit der EU beraten. Die Operation Libero verkündete, dass die Idee einer Volksinitiative nach dem Scheitern des Rahmenabkommens «überhaupt nicht vom Tisch» sei. Zwar sei es schwieriger geworden, die Unterzeichnung des Rahmenabkommens zu fordern, doch es gebe weiter Ideen, wie man die institutionellen Fragen mit der EU klären könnte. Der emeritierte Rechtsprofessor Thomas Cottier befürwortete die Lancierung einer Volksinitiative, denn es müsse endlich eine richtige europapolitische Debatte in Gang gesetzt werden. Den Plan B des Bundesrats, sich durch Stabilex einseitig an EU-Recht anzupassen, bezeichnete er als «kolossales Eigentor» und den Ausgang der Verhandlungen als «Regierungsversagen», weil die Schweiz sich damit noch stärker als bisher selbstständig an das EU-Recht anpassen werde ohne über ein Mitspracherecht zu verfügen und ohne dass dadurch der Marktzugang gesichert werde. Cédric Wermuth und SP-Nationalrat Eric Nussbaumer (sp, BL) gingen in ihren Vorschlägen noch weiter und stellten einen EU- oder EWR-Beitritt in Aussicht. Um diese Annäherung zu starten, schlug die SP ein ganzes Bündel an Massnahmen, Reformen und Gesprächsangeboten vor. Die Kohäsionsmilliarde solle nicht nur freigegeben, sondern auch substanziell erhöht werden. Darüber hinaus solle die Schweiz in den Bereichen Migration, Green New Deal, Wirtschaftsprogramm nach Covid aber auch in Steuerfragen, wie der Unternehmensbesteuerung, Kooperationsverträge mit der EU abschliessen. Mittelfristig könne man so die Beziehung zur EU wieder normalisieren, erklärte Parteipräsident Wermuth. Die Forderung des EU-Beitritts mit Opting-Out (Ausnahmebestimmungen) seines Parteikollegen Fabian Molina beurteilte Wermuth nüchtern als «kein kurzfristig realistisches Szenario», aber er hielt die Beitrittsdiskussion für nötig. Molinas Extremposition stiess bei den Grünen und den Grünliberalen zu diesem Zeitpunkt jedoch auf wenig Unterstützung. Sowohl Balthasar Glättli (gp, ZH) wie auch Jürg Grossen bevorzugten gemässigtere Alternativen wie ein neues Rahmenabkommen oder den EWR. Die Mitte und die FDP distanzierten sich hingegen in der Öffentlichkeit von Annäherungsmassnahmen, die über die Freigabe der Kohäsionsmilliarde hinausgingen. Im Parlament wurden Anfang Juni verschiedene Vorstösse eingereicht, die vom Bundesrat eine umfassende Auslegeordnung der bilateralen Beziehungen forderten oder konkrete Handlungsalternativen vorschlugen, darunter auch eine Motion von Molina zum EU-Beitritt.

Abbruch der Verhandlungen über das Rahmenabkommen mit der EU
Dossier: Institutionelles Rahmenabkommen

Nach dem mit Spannung erwarteten Treffen zwischen Bundespräsident Parmelin und der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula Von der Leyen, am 23. April 2021 schien die Lage mehr oder weniger unverändert. Die Verhandlungen zu einem Rahmenabkommen wurden nicht abgebrochen, angenähert hatte man sich aber auch nicht und darüber hinaus seien auch keine weiteren Treffen vereinbart worden, berichtete die NZZ am Folgetag. «Wir haben festgestellt, dass wir in unseren Positionen weiterhin erhebliche Differenzen haben», fasste Bundespräsident Parmelin die Ergebnisse des eineinhalbstündigen Gesprächs vor der Presse lapidar zusammen. Der Chefsprecher der EU-Kommission erklärte im Nachgang des Treffens, dass die Schweiz die drei umstrittenen Bereiche gänzlich aus dem Abkommen herauslösen wolle, was aus Sicht der EU «nicht akzeptabel» sei. Dennoch zeigte sich die EU für weitere Verhandlungen offen und forderte die Schweiz auf, Kompromisse einzugehen. Bundesrat Parmelin liess verlauten, dass der Gesamtbundesrat die Situation analysieren werde und dafür auch die zuständigen Parlamentskommissionen, die Kantone und die Sozialpartner konsultieren wolle. Im Interview mit dem Sonntagsblick meinte Guy Parmelin, dass eine Verhandlung «immer das Risiko eines Scheiterns» beinhalte, wobei die Verhandlungen mit der EU aber noch nicht vorbei seien. Er deutete dabei an, dass der Bundesrat «immer in Alternativen denkt», relativierte aber zugleich, dass eine Diskussion über Alternativen zum Rahmenabkommen noch verfrüht sei. Die Stimmbevölkerung solle aber nur dann über das Abkommen entscheiden dürfen, wenn der Bundesrat von dessen Inhalt überzeugt sei.
Die Reaktionen der Schweizer Parteien verdeutlichten die Ungewissheit über den Zustand des Rahmenabkommens. Während die SVP offiziell die Beerdigung des Rahmenvertrags forderte, begrüsste die FDP die Weiterführung der Gespräche. Jürg Grossen (glp, BE) kritisierte, dass der Bundesrat Maximalforderungen eingebracht habe, womit er mutwillig das Scheitern des Abkommens riskiert habe. Economiesuisse und Swissmem bedauerten die ausbleibenden Fortschritte, wohingegen die Mitte und die SP bekräftigten, den Vertrag in der vorliegenden Form ablehnen zu wollen. Die Gewerkschaften zeigten sich weiterhin unerbittlich und hielten daran fest, das Abkommen zu blockieren, solange der Lohnschutz nicht davon ausgenommen werde. Ausgerechnet in der SP – die sich lange auf diesen Standpunkt gestellt hatte – regte sich nach dem Treffen jedoch vereinzelt Widerstand gegen diese Haltung. Eine Gruppe prominenter Parteimitglieder – darunter Alt-Bundesrat Moritz Leuenberger und Nationalrat Molina (sp, ZH) – setzten sich hingegen dafür ein, dass der Lohnschutz zwar ins Abkommen aufgenommen wird, dort aber garantiert wird. Diesem Vorgehen diametral entgegen stand SGB-Präsident Maillard, der den EuGH nicht an der Auslegung der Schweizer Lohnschutzmassnahmen teilhaben lassen wollte. Die APK-NR gab in einer Stellungnahme bekannt, dass sie den Bundesrat dazu auffordere, erneut Kompromissvorschläge auszuarbeiten, um die drei offenen Punkte zu lösen – flankierende Massnahmen, Unionsbürgerrichtlinie und staatliche Beihilfen – und das Abkommen zeitnah abzuschliessen. Die APK-SR machte sich hingegen bereits auf ein Scheitern des Rahmenabkommens gefasst und nahm einen Antrag an, der vom Bundesrat ein aussenpolitisches Konzept forderte, in dem dieser aufzeigen solle, wie die Beziehungen mit der EU im Sinne eines «Modus Vivendi» für die kommenden Jahre konstruktiv und stabil gestaltet werden könnten.
Die EU schien nach dem ergebnislosen Spitzentreffen auf Nebenschauplätzen zusätzlichen Druck auf die Schweiz aufbauen zu wollen. Am 26. April berichtete die NZZ über Aussagen einer EU-Beamtin, dergemäss die Gespräche über die Teilnahme am Forschungsprogramm Horizon Europe erst dann beginnen würden, wenn die Schweiz den zweiten Kohäsionsbeitrag freigegeben habe. Dieser war von der Schweiz blockiert worden, nachdem die EU der Schweiz die Börsenäquivalenz entzogen hatte. Wegen der fehlenden Assoziierung der Schweiz an Horizon Europe wurde zudem Anfang Mai der Aufnahmeantrag der SBB für ein paneuropäisches Bahnprojekt sistiert und der Tages-Anzeiger vermutete auch hinter der Aufhebung der Exportkontrolle für Corona-Impfstoffe der EU für Liechtenstein eine Ungleichbehandlung gegenüber der Schweiz.
Für Aufsehen sorgte wenige Tage nach dem Treffen in Brüssel die Veröffentlichung des Schweizer Verhandlungsmandats, welches gegen den Willen des Bundesrats an die Medien gelangt war. Die NZZ stellte fest, dass die Schweiz in den drei strittigen Punkten zwar weitreichende Eingeständnisse gefordert habe, diese jedoch nicht so weit gingen, wie es die EU dargestellt hatte. So habe die Schweiz zwar den expliziten Ausschluss gewisser Aspekte, aber keinen vollständigen Ausschluss der Unionsbürgerrichtlinie gefordert. Als Knackpunkt erwies sich offensichtlich vor allem das «Recht auf Daueraufenthalt», da das EJPD Fürsorgeabhängigkeit und erschwerte Ausschaffungsbedingungen befürchtete.
In der Zwischenzeit blieb auch das Parlament nicht untätig. Die FDP-Fraktion sowie Aussenpolitikerinnen und Aussenpolitiker verschiedener Parteien verlangten vom Bundesrat eine Stellungnahme zu den potenziellen Risiken im Falle eines Scheiterns des Rahmenabkommens. Hervorgehoben wurden in der Interpellation (Ip. 21.3516) vor allem die auslaufenden Marktzugangsabkommen sowie die Nachteile bei Forschungs- und Bildungsprogrammen. Auch die APK-NR wurde aktiv und forderte vom Bundesrat die Herausgabe eines als geheim deklarierten Dokuments, welches die negativen Folgen eines Scheiterns im Detail darstellte. Nationalrätin Schneider-Schneiter (mitte, BL) liess verlauten, dass der Inhalt dieser Studie zentral für die Meinungsbildung sei, und ihr Ratskollege Nussbaumer (sp, BL) befand es für «unsäglich», wie der Bundesrat in diesem Dossier die «Rechte des Parlaments beschnitten» habe.
Während die Meinungsbildung der Aussenpolitikerinnen und Aussenpolitiker noch im Gange war, verlangten die Kantone vom Bundesrat die Fortführung der Verhandlungen. Auch aufseiten der EU fand sich weiterhin Unterstützung für das Rahmenabkommen. Am 11. Mai trafen sich die Europa-Minister der 27 EU-Mitgliedstaaten und ermutigten die Kommission dazu, die Verhandlungen mit der Schweiz nicht abzubrechen, sondern eine einvernehmliche Lösung zu erarbeiten. Weiterhin blieb jedoch unklar, welche Form eine derartige Lösung annehmen könnte, da beide Seiten keine weiteren Kompromisse einzugehen bereit waren. Die NZZ und der Tages-Anzeiger zeigten sich am 14. Mai in ihrer Berichterstattung etwas überrascht davon, dass Verteidigungsministerin Amherd dem Gesamtbundesrat einen «Plan B» vorgelegt habe. In einer Phase, in der viele Politiker das Abkommen bereits für tot erklärt hätten, setzte sich Amherd für ein Entgegenkommen der Schweiz ein. Ihr Vorschlag sah vor, dass die Schweiz die Unionsbürgerrichtlinie übernähme und im Gegenzug eine Schutzklausel eingeführt würde, mithilfe derer man die neuen Regeln in den ersten Jahren widerrufen könne, falls gewisse Grenzwerte überschritten würden. Damit wolle Amherd den Ergebnissen einer ersten bundesrätlichen Aussprache entgegenwirken, bei der eine Mehrheit der Ratsmitglieder zum Abbruch der Verhandlungen tendiert habe, wie der Tages-Anzeiger berichtete. Amherds Vorschlag fand Zuspruch bei der APK-NR, die wenige Tage darauf den Bundesrat zur Anpassung des Verhandlungsmandats aufforderte, um doch noch einen Kompromiss zu ermöglichen. Zudem machte sie wie zuvor schon ihre Schwesterkommission deutlich, dass der Verhandlungsabbruch ohne Konzept für die Weiterführung der bilateralen Verträge keine Möglichkeit darstelle. Schliesslich manifestierte sich auch in der Zivilbevölkerung Widerstand gegen das drohende Verhandlungsende. Eine «Allianz von Europafreunden», wie der Tages-Anzeiger sie bezeichnete, erarbeitete einen Initiativtext, um das Rahmenabkommen notfalls vor das Stimmvolk zu bringen. Diese Allianz setzte sich auf unterschiedlichen Interessensgruppen zusammen, darunter die Operation Libero, das Komitee «Progresuisse», aber auch die Alt-Bundesräte Arnold Koller (cvp) und Doris Leuthard (cvp).

Abbruch der Verhandlungen über das Rahmenabkommen mit der EU
Dossier: Institutionelles Rahmenabkommen

Stillschweigend und diskussionslos nahm die grosse Kammer in der Wintersession 2019 ein Fraktionspostulat der FDP an, mit welchem ein Bericht zum Potenzial von Fernwärme- und Fernkälteanlagen aus erneuerbaren Energien in der Schweiz gefordert wurde. Die vom Bundesrat unterstützte freisinnige Fraktion erhoffte sich davon die Darstellung von Möglichkeiten zur CO2-Reduktion im Sinne des Netto-null-Emissionsziels bis 2050 und zur Sicherung der Energieversorgung im Land. Der Bericht sollte insbesondere das Zusammenspiel zwischen den föderalen Ebenen erläutern, die Rolle der städtischen Energieversorger einordnen, einen Vergleich mit dem Ausland und eine Statistik zum CO2-Verbrauch der in der Fernwärmeindustrie eingesetzten Energieträger erstellen, zeigen wie das Potenzial besser ausgeschöpft werden könnte und aktuelle Hindernisse im Ausbau erörtern.

Auslegeordnung zum Potenzial von Fernwärme- und Fernkälteanlagen (Po. 19.4051)

Dafür, dass bei europapolitischen Vorlagen im Durchschnitt rund 51 Prozent der Stimmberechtigten an der Abstimmung teilnehmen, war die Beteiligung bei der Abstimmung über die Übernahme der geänderten EU-Waffenrichtlinie vom 19. Mai 2019 mit 43.9 Prozent ausserordentlich tief. Dieser Befund, der aus der im Juli 2019 veröffentlichten VOTO-Studie hervorging, ging Hand in Hand mit der für eine Europa-Abstimmung ungewöhnlich geringen Bedeutung, die die Befragten der Abstimmungsvorlage zumassen. Überdies auffallend für eine Europa-relevante Frage war, dass die SVP, die als einzige grosse Partei das Nein-Lager repräsentierte, nur 35 Prozent ihrer Wählerschaft mobilisieren konnte, während bei den anderen grösseren Parteien immerhin zwischen 42 (Grüne) und 60 Prozent (CVP) der Sympathisantinnen und Sympathisanten an der Abstimmung teilnahmen.
Wenig überraschend stimmten Schusswaffenbesitzerinnen und -besitzer der Vorlage seltener zu als Personen, die keine Schusswaffe besitzen, wobei der Schusswaffenbesitz aber nicht mit einer sicheren Ablehnung der Vorlage einherging. Ausserdem schien die Frage den klassischen Links-Rechts-Konflikt zu bedienen: Je weiter links sich eine Person selbst einstufte, desto eher stimmte sie Ja; je weiter rechts, desto eher Nein. Dies spiegelte sich auch teilweise in den Parteisympathien: Während Anhängerinnen und Anhänger der Grünen, der SP und der GLP zu rund 90 Prozent der Vorlage zustimmten, hiessen sie bei der CVP-Anhängerschaft noch rund 70 Prozent und bei jener der FDP rund 60 Prozent gut. SVP-Sympathisantinnen und -Sympathisanten verwarfen den Entwurf hingegen zu 75 Prozent. Dass sich bei einer europapolitischen Fragestellung ein Viertel der Anhängerschaft der Volkspartei gegen die Parteilinie stellte, ist wiederum bemerkenswert.
Eher unerwartet gaben fast zwei Drittel der befragten Stimmenden an, sie hätten es für eher oder sehr unwahrscheinlich gehalten, dass die Schweiz bei einer Ablehnung der Waffenrichtlinie wirklich aus Schengen/Dublin ausgeschlossen worden wäre. Dies war im Abstimmungskampf das Hauptargument der Befürworterseite gewesen und stellte sich nun als nicht wirklich überzeugend heraus. Die Autoren der Studie vermuteten, dass die Vorlage trotzdem angenommen wurde, weil hier viele Stimmende im Sinne einer Risikovermeidungsstrategie lieber Ja stimmten, als einen, auch unwahrscheinlichen, Ausschluss in Kauf zu nehmen. So war die Nicht-Gefährdung von Schengen/Dublin denn auch für eine grosse Gruppe der Ja-Stimmenden das Hauptmotiv für ihren Stimmentscheid gewesen. Eine weitere grosse Gruppe der Ja-Stimmenden gab als Hauptmotiv den verbesserten Schutz vor Waffengewalt an, wobei für Frauen dieser Aspekt wichtiger war als für Männer. Das von den Nein-Stimmenden am häufigsten genannte Motiv war, dass die Schweiz sich nicht dem Druck der EU beugen solle; der Slogan der Gegnerseite «Nein zum Entwaffnungsdiktat der EU» schien somit ins Schwarze getroffen zu haben. Das am zweitmeisten genannte Nein-Motiv war die Sorge um die Schweizer Schiesssporttradition, wobei Schusswaffenbesitzerinnen und -besitzer dieses häufiger nannten als andere Personen. Die Analyse der Argumente zeigte zudem, dass der Graben zwischen dem Ja- und dem Nein-Lager primär entlang der Konfliktlinie Pro-EU und Kontra-EU verlief, während die Waffenrechtsverschärfung selber eine untergeordnete Rolle spielte. Zur komfortablen Mehrheit verhalfen der Vorlage somit jene, so die Schlussfolgerung der Studie, «die eine Verschärfung für nicht (dringend) notwendig hielten, aber die Schengen- und Dublin-Abkommen nicht aufs Spiel setzen wollten».

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Nach einem langen und emotionalen Abstimmungskampf nahm die Schweizer Stimmbevölkerung am 19. Mai 2019 die Übernahme der geänderten EU-Waffenrichtlinie mit 63.7 Prozent Ja-Stimmen deutlich an. Die Stimmbeteiligung lag bei 43.9 Prozent. Ausser im Tessin (45.5% Ja) überwog die Zustimmung in allen Kantonen. Am höchsten fiel sie in Basel-Stadt mit 75 Prozent Ja-Stimmen aus, gefolgt von den drei Westschweizer Kantonen Genf, Neuenburg und Waadt sowie dem Kanton Zürich mit jeweils über 70 Prozent. Gesamtschweizerisch zeigte sich ein klarer Stadt-Land- oder Zentrum-Peripherie-Graben, wobei die Zustimmung in den städtischen Zentren am höchsten und – nebst dem Tessin – in den ländlichen Regionen wie dem Berner Oberland, der Innerschweiz und den Bündner Südtälern am niedrigsten ausfiel.
Vertreterinnen und Vertreter der Befürworterseite werteten das Ergebnis in der Presse als positives Signal für die Beziehungen der Schweiz zur EU und blickten zuversichtlich in Richtung der anstehenden europapolitischen Entscheidungen über die Begrenzungsinitiative sowie über das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU. Demgegenüber sah das unterlegene Nein-Lager im Resultat kein Ja zu Europa, sondern schöpfte daraus neuen Elan für den Kampf gegen die Personenfreizügigkeit und das Rahmenabkommen. «Solche angstgetriebenen Abstimmungsergebnisse wären künftig die Regel, falls der Bundesrat das Rahmenabkommen mit der EU unterschreibt», zitierte beispielsweise die Aargauer Zeitung eine Mitteilung der SVP. Die Gesellschaft für ein freiheitliches Waffenrecht ProTell, die an vorderster Front gegen die Änderungen im Waffenrecht gekämpft hatte, liess derweil verlauten, man werde die Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie nun sehr genau überwachen und den Bundesrat an seinen Versprechungen messen, die er im Abstimmungskampf gemacht habe.
Der Ausgang der Abstimmung wurde sowohl von der Befürworter- als auch von der Gegnerseite zu einem grossen Teil der neuen Justizministerin Karin Keller-Sutter zugeschrieben. Sie habe mit ihrer Glaubwürdigkeit als ehemalige Polizeidirektorin eines Grenzkantons die Unentschlossenen überzeugt, lobte sie etwa der Waadtländer FDP-Nationalrat Laurent Wehrli in der «Tribune de Genève». Auch der Walliser SVP-Nationalrat und Interimspräsident von ProTell Jean-Luc Addor bezeichnete die Übernahme des EJPD durch Karin Keller-Sutter gegenüber der gleichen Zeitung als «Schlüsselmoment» in der Kampagne, weil die St. Gallerin – im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin und «historischen Waffengegnerin» Simonetta Sommaruga – im Dossier als glaubwürdig wahrgenommen worden sei. Die neue Bundesrätin bestand ihre Feuertaufe vor dem Stimmvolk offensichtlich mit Bravour.


Abstimmung vom 19. Mai 2019

Beteiligung: 43.9%
Ja: 1'501'880 (63.7%)
Nein: 854'274 (36.3%)

Parolen:
– Ja: BDP, CVP, EVP, FDP (Jungfreisinnige: 3*), GLP, GP, KVP, SP; KdK, Economiesuisse, SAV, SGV, SGB, Travail.Suisse, Gastrosuisse, Hotelleriesuisse, SBLV
– Nein: EDU, FP, SD, SVP; IGS, SOG, Schweizerischer Unteroffiziersverband, Jagd Schweiz, ProTell, SBV
* Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Am 17. Januar 2019 reichte das Komitee für das Referendum gegen die Übernahme der EU-Waffenrichtlinie bei der Bundeskanzlei nach eigenen Angaben fristgerecht gut 125'000 beglaubigte Unterschriften ein. Der Bundesrat setzte die Volksabstimmung auf den 19. Mai 2019 an.
In der Presse wurde unterdessen über die Erfolgschancen des Referendums spekuliert. Einerseits seien in den letzten Jahren immer mehr Waffenerwerbsscheine beantragt worden, was auf eine Aufrüstung in der Bevölkerung hinweise, andererseits nähmen jedoch nur noch rund 10 Prozent der Armeeangehörigen nach Dienstende ihre Waffe mit nach Hause, was auf ein abnehmendes Interesse an Waffen hindeute. 2004 seien es noch über 40 Prozent der entlassenen Armeeangehörigen gewesen, welche die Dienstwaffe übernahmen, wie der «Blick» berichtete. Laut einer Studie des Kriminologen Martin Killias, die von der NZZ aufgegriffen wurde, habe auch der Anteil an Haushalten, die über eine Waffe verfügten, von 35 Prozent im Jahr 2000 auf 23 Prozent im Jahr 2015 abgenommen. Die Sicherheitsstudie 2018 der ETH zeigte indes beim Sicherheitsempfinden in der Bevölkerung keinen abnehmenden Trend, im Gegenteil: 2018 fühlten sich 95 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer sicher, so viele wie nie seit den 1990er-Jahren. All dies deute darauf hin, dass tendenziell immer weniger Leute immer mehr Waffen kauften, resümierte die NZZ. Wie es um die Bedeutung der vom Referendumskomitee betonten Schweizer Waffentradition tatsächlich steht, wird sich am Abstimmungstermin zeigen.
Auf der Befürworterseite des angepassten Waffengesetzes äusserten sich die CVP und die FDP dahingehend, dass keine Partei den Lead im Abstimmungskampf übernehmen werde. Statt des für die bürgerlichen Parteien sonst typischen, orchestrierten Vorgehens wolle man je auf die eigenen Zielgruppen fokussieren. Das fixe Lead-System sei nicht mehr zeitgemäss, begründete FDP-Sprecher Martin Stucki dieses Vorgehen gegenüber dem Tages-Anzeiger.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Als Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands muss die Schweiz, ihres Zeichens assoziiertes Schengen-Mitglied, die Änderung der EU-Waffenrichtlinie (2017/853) übernehmen. Dazu muss die Bundesversammlung einerseits einen entsprechenden völkerrechtlichen Vertrag (in Form eines Notenaustausches) genehmigen und andererseits das Schweizer Waffengesetz anpassen, um die Änderungen im Landesrecht umzusetzen. Für die Übernahme und Umsetzung der EU-Richtlinie hat die Schweiz bis am 31. Mai 2019 Zeit, sonst droht der Ausschluss aus den Abkommen von Schengen und Dublin. Nachdem das diesbezügliche Vernehmlassungsverfahren kurz nach Jahresbeginn abgeschlossen worden war, verabschiedete der Bundesrat Anfang März 2018 seine Botschaft zur Genehmigung und Umsetzung der geänderten EU-Waffenrichtlinie. Da sich ein Grossteil der in der Vernehmlassung geäusserten Kritik eher auf die Vorgaben der Richtlinie als auf deren tatsächliche Umsetzung konzentriert hatte und auch der Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung praktisch ausgeschöpft worden war, weist der Entwurf zuhanden des Parlaments im Vergleich zur Vernehmlassungsvorlage nur wenige Anpassungen auf. So sieht etwa Art. 33 Abs. 1 Bst. a WG vor, die Waffe von Sportschützinnen und -schützen zu beschlagnahmen und die Strafverfolgung wegen unberechtigten Waffenbesitzes zu eröffnen, falls diese die Auflage missachten, entweder die Mitgliedschaft in einem Schiessverein oder auf andere Art den regelmässigen Gebrauch ihrer Feuerwaffe für das sportliche Schiessen zu belegen und diesen Nachweis nach fünf und nach zehn Jahren zu wiederholen. Sei der Erwerb der Waffe seinerzeit jedoch rechtmässig erfolgt, soll der betreffenden Person mittels einer Ergänzung von Art. 31 Abs. 2 WG die Möglichkeit gegeben werden, ein neues Gesuch für eine Ausnahmebewilligung einzureichen oder die Waffe einer berechtigten Person zu übertragen, um den strafrechtlichen Konsequenzen zu entrinnen. Zu den wichtigsten Änderungen zählt des Weiteren die Verlängerung der Frist, innerhalb welcher der Besitz einer neu verbotenen Waffe vom kantonalen Waffenbüro bestätigt werden muss, von zwei auf drei Jahre, um die Arbeitslast für die Kantone besser zu verteilen. Ebenso wurde die Frist, innerhalb welcher die Waffenhändlerinnen und -händler den kantonalen Waffenbüros Meldung über erfolgte Transaktionen im Zusammenhang mit halbautomatischen Waffen erstatten müssen, von zehn auf zwanzig Tage ausgedehnt. Damit blieben die zentralen Punkte der Vorlage grösstenteils unangetastet. Halbautomatische Feuerwaffen werden von der Kategorie B der bewilligungspflichtigen Waffen in die Kategorie A der verbotenen Waffen überführt, wodurch sie zukünftig nur noch mit einer Ausnahmebewilligung erworben werden können. Verschiedene Ausnahmetatbestände für Sportschützen, Waffensammlungen und für aktuelle Besitzerinnen und Besitzer von neu verbotenen Waffen sowie bei der Übernahme der Armeewaffe ermöglichen jedoch weiterhin den Einsatz dieser Waffen im schweizerischen Schiesswesen. Es sind weder medizinische oder psychologische Tests noch die Einführung eines zentralen Waffenregisters vorgesehen. Hingegen werden zur besseren Rückverfolgbarkeit von Waffen die Markierungspflicht auf alle wesentlichen Bestandteile von Feuerwaffen ausgedehnt und der Informationsaustausch mit anderen Schengen-Staaten erweitert.

Schützen- und Waffenkreise konnten der Vorlage nach wie vor nichts abgewinnen. Der Bundesrat sei überhaupt nicht auf die ihrerseits in der Vernehmlassung geäusserten Einwände eingegangen; der Gesetzesentwurf sei ein «Affront gegenüber den Schützen» und ein «Kniefall vor der EU», liess SVP-Nationalrat Werner Salzmann, Präsident des Berner Schiesssportverbandes und Wortführer der Gegner einer Waffenrechtsverschärfung, in der Presse verlauten. Das Gesetz trage nichts dazu bei, die Sicherheit in der Schweiz zu verbessern, stattdessen würden unbescholtene Bürger plötzlich zu Besitzern von verbotenen Waffen gemacht. Das könne nicht akzeptiert werden und falls das Parlament hier keine Kehrtwende vollziehe, müsse das Referendum ergriffen werden. Dass damit die Schweizer Beteiligung an Schengen/Dublin aufs Spiel gesetzt werde, sei er sich bewusst, Schuld daran habe aber der Bundesrat, weil er es versäumt habe, den Schützen entgegenzukommen. Auch ProTell befand den Vorschlag des Bundesrates für inakzeptabel und kündigte das Referendum an, falls er so vom Parlament verabschiedet würde. Die Gesetzesänderung sei ein «Misstrauensvotum gegen all jene Bürger, die Waffen besitzen», drückte es ProTell-Generalsekretär Robin Udry gegenüber den Medien aus. Präsident ad interim und SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor (VS) störte sich laut dem «Blick» daran, dass die neuen Regeln vor allem ehrliche Waffenbesitzer träfen anstatt «Terroristen [...], die sich über unsere Gesetze lustig machen.» Der Bundesrat zerstöre damit das traditionelle Vertrauen zwischen Bürger und Staat. Auch er drohte mit dem Referendum. Gemäss einem vom Tages-Anzeiger zitierten Communiqué wolle auch die SVP «alle unnötigen Verschärfungen in unserem Waffengesetz entschieden bekämpfen» und das Referendum unterstützen, würden die fraglichen Punkte vom Parlament nicht verbessert.
Zufrieden mit dem bundesrätlichen Entwurf zeigten sich unterdessen die Kantone, deren Anliegen der Bundesrat auch Rechnung getragen hatte. Hans-Jürg Käser, Präsident der KKJPD, glaubte erst gar nicht, dass es den mit dem Referendum drohenden Kritikern wirklich um die halbautomatischen Waffen gehe: «Diese Kritiker sind gegen die EU und gegen alles Europäische wie Schengen», argwöhnte er in der NZZ, das Schengen-Abkommen bringe der Schweiz jedoch viel Sicherheit und dürfe deshalb nicht «wegen einer pragmatischen Anpassung des Waffenrechts» gefährdet werden. Die Bedeutung von Schengen/Dublin betonten auch FDP und CVP, welche den Vorschlag des Bundesrates ebenfalls unterstützten. CVP-Nationalrätin Ida Glanzmann-Hunkeler (LU) sprach von einem «moderaten» Gesetz, das «wirklich nur ein Minimum» verlange, während FDP-Ständerat Joachim Eder (ZG) den Bundesrat lobte, er habe «gut verhandelt».

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Anfang Februar 2018 veröffentlichte das Fedpol den Ergebnisbericht der Vernehmlassung zur Übernahme der geänderten EU-Waffenrichtlinie. Nebst den zahlenmässig sehr gut vertretenen Schützen- und Waffenkreisen – darunter der schweizerische Schiesssportverband (SSV), der schweizerische Büchsenmacher- und Waffenfachhändlerverband (SBV), ProTell, Legalwaffen Schweiz (LEWAS) und Jagd Schweiz – befanden sich auch alle Kantone, sieben nationale und drei kantonale Parteien, die KKJPD und die RK MZF, Economiesuisse, der schweizerische Gewerbeverband (SGV), der schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) und der schweizerische Städteverband unter den insgesamt 2205 Vernehmlassungsteilnehmenden. Davon sprachen sich der SSV und jene 2055 Stellungnehmenden, die sich dessen Stellungnahme angeschlossen hatten – darunter insbesondere Jagd Schweiz und die Aktion «Finger weg vom Schweizer Waffenrecht!», aber auch eine Vielzahl von Schützenvereinen und Privatpersonen – sowie der SBV, ProTell, LEWAS, die AUNS, die Gruppe Giardino, das Centre Patronal, der SGV, Swiss Olympic und zahlreiche weitere Schützen-, Waffensammler- und militärnahe Organisationen dezidiert gegen die geplante Änderung des Waffengesetzes aus. Einen grundsätzlich ablehnenden Standpunkt vertraten zudem auch die SVP Schweiz, ihre Sektionen Neuenburg, Jura und Valais Romand sowie die Kantone Nidwalden und Schwyz. Neun Kantone gaben zu verstehen, dass sie zwar die Ziele der EU-Waffenrichtlinie unterstützten, die vorgesehenen Änderungen am Waffengesetz aber ablehnten, da sie keinen genügenden Beitrag zur Bekämpfung von Waffenmissbrauch leisteten. Demgegenüber erklärte sich die Mehrheit der Kantone mit den Neuerungen grundsätzlich einverstanden. Insgesamt positiv beurteilt wurde der Entwurf auch von der BDP, der GLP, der FDP, der SP und den Grünen – wobei die letzteren beiden ausdrücklich bedauerten, dass er keine weitergehenden Massnahmen umfasste. Ebenso überwiegend befürwortend äusserten sich u.a. die KKJPD, die RK MZF, Economiesuisse, der Städteverband, die FER, der SGB, die GSoA, Terre des Hommes Schweiz, der schweizerische Friedensrat, die Frauen für den Frieden Schweiz, die Evangelischen Frauen Schweiz, die Haus- und Kinderärzte Schweiz und die schweizerische Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie. Unter den zustimmenden Stellungnahmen ausdrücklich positiv hervorgehoben wurden das Ziel, den Waffenmissbrauch zu bekämpfen bzw. den Zugang zu halbautomatischen Waffen einzuschränken, sowie die Vorteile der Schengen-Assoziierung für die Schweiz. Ansonsten äusserte sich die Zustimmung zur Vorlage hauptsächlich durch die Abwesenheit von Kritik.

An Letzterer wurde jedoch nicht gespart. Anlass dazu boten neben den einzelnen Bestimmungen des Waffengesetzes und deren konkreter Ausgestaltung vor allem die Stossrichtung der Revision im Allgemeinen. In der Schweiz, wo das Recht auf Waffenbesitz ein Aspekt der Unabhängigkeit und Souveränität des Staates sei, manifestiere sich im liberalen Waffenrecht der gegenseitige Respekt zwischen Staat und Bürgern, weshalb Verschärfungen nicht angebracht seien, argumentierten etwa ProTell, der SSV die RK MZF, die SVP sowie fünf Kantone (AI, AR, GL, SG, OW). Des Weiteren wurden die Entwaffnung der Bürger und schwere (Ruf-)Schäden für das Schweizer Schiesswesen befürchtet. Problematisch am Vorhaben sei ausserdem, dass darin Regelungen vorgesehen seien, die in der jüngeren Vergangenheit vom Volk abgelehnt worden waren. So komme die Registrierungspflicht für rechtmässig erworbene, aber neu verbotene halbautomatische Feuerwaffen einer Nachregistrierung gleich und der für den Erwerb einer solchen Waffe künftig erforderliche Nachweis einer Mitgliedschaft in einem Schiessverein bzw. alternativ des regelmässigen Gebrauchs der Waffe für das sportliche Schiessen erinnere zu stark an eine Bedürfnisklausel. Beide Massnahmen waren 2011 bei der Volksabstimmung über die Initiative gegen Waffengewalt abgelehnt worden – ein Umstand, den ausser Schützen- und Waffenkreisen auch die SVP und vier Kantone (AR, GE, SZ, TI) betonten. Von verschiedenen Seiten wurde zudem die fehlende Verhältnismässigkeit der Vorlage bemängelt. Während Angehörige der Waffenlobby ausführten, dass mit dem Entwurf eher die legalen Waffenbesitzer bestraft als Terroranschläge verhindert würden, äusserten sich zahlreiche Kantone und die CVP dahingehend, dass trotz erheblichen bürokratischen Mehraufwandes kaum ein Sicherheitsgewinn resultiere. Entgegen der Ankündigung des Bundesrates befanden der SSV, der SBV und ProTell den Umsetzungsvorschlag nicht für «pragmatisch» und die CVP sowie die grosse Mehrheit der Kantone bezweifelten, dass der Bundesrat den Handlungsspielraum bei der Umsetzung vollständig ausgeschöpft habe. Schützenkreise wiesen überdies auf eine hängige Klage am EuGH hin, in der die Tschechische Republik die Rechtmässigkeit der neuen EU-Waffenrichtlinie angefochten hatte, weil die Terrorabwehr den Einzelstaaten obliege und gar nicht in die Zuständigkeit der EU falle. Die Schweiz solle diesem Urteil nicht vorgreifen und das Waffenrecht nicht vorschnell anpassen.

Inhaltlich sei der Entwurf hinsichtlich zentraler Begrifflichkeiten – beispielsweise der Definitionen von «Faustfeuerwaffe» und «Handfeuerwaffe» – zu wenig präzise und überlasse zu viele Klärungen dem Verordnungsgeber, was Rechtsunsicherheit mit sich bringe. In diesem Zusammenhang forderten der SSV, der SBV, ProTell, LEWAS, der Städteverband sowie neun Kantone den Bundesrat auf zu definieren, was «Regelmässigkeit des sportlichen Schiessens» bedeute. Die Notwendigkeit einer solchen Präzisierung zeigte sich bereits in den unterschiedlichen Vorstellungen des Begriffs, welche die Vernehmlassungsantworten offenbarten: Hielten der SBV und ProTell einmal in fünf Jahren für eine angemessene Regelmässigkeit, sahen die Kantone Neuenburg, Tessin, Waadt und Wallis eine ausreichende Regelmässigkeit ab einer zweimaligen Nutzung pro Jahr gegeben. Ganz konkrete Kritik betraf darüber hinaus die vorgesehene Unterscheidung von Waffenkategorien anhand der Magazinkapazität. Diese sei kein Indikator für die Gefährlichkeit einer Waffe und die Regelung daher nicht nachvollziehbar; stattdessen wäre eine Unterscheidung anhand des Kalibers, des Munitions-Typs und einer allfälligen Serienfeuer-Möglichkeit zu diesem Zweck dienlicher. Da Magazine zum Teil waffentypübergreifend eingesetzt und separate Magazine bewilligungsfrei erworben werden könnten, sei die Regelung leicht zu umgehen und Missbrauch schwer zu verhindern, stellten mehrere Kantone fest. Die Skepsis der Waffenlobby sowie des Kantons Schwyz weckte zudem die Pflicht für Waffensammler, den Zweck der Sammlung offenzulegen. Der Mensch sei seit jeher ein Sammler, wie es ProTell ausdrückte, und viele Sammlungen dienten keinem besonderen Zweck ausser der Freude am Objekt selbst, weshalb eine solche Bestimmung verfehlt sei. Die Kritik am Entwurf beschränkte sich jedoch nicht darauf, dass er zu viele Einschränkungen vorsehe; an einigen Stellen wurde auch bemängelt, dass die Regelungen zu wenig weit gingen. So schlugen beispielsweise die SP, die GLP und fünf Kantone (NE, TI, VD, VS, GE) vor, es sei auch von Eigentümern von Ordonnanzwaffen ein Nachweis zu verlangen, dass sie die Waffe regelmässig für den Schiesssport verwendeten.

Auch lehnten nicht alle Kritiker der Waffenrechtsanpassung ebenso die Genehmigung des Notenaustausches mit der EU ab. Der Notenaustausch ist im Grunde genommen das Verfahren zur Übernahme eines weiterentwickelten Rechtsakts, der dem Schengen-Besitzstand angehört. Nachdem die EU der Schweiz am 31. Mai 2017 die neue Waffenrichtlinie als Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes notifiziert hatte, versicherte der Bundesrat in seiner Antwortnote vom 16. Juni 2017 der EU, dass die Schweiz die Richtlinie – vorbehaltlich der parlamentarischen Genehmigung – innerhalb einer Frist von zwei Jahren übernehmen und umsetzen werde. Die SVP, der SSV und LEWAS waren der Meinung, die Schweiz könne der EU mitteilen, die Waffenrichtlinie zu übernehmen – wozu sie als Vertragsstaat von Schengen/Dublin verpflichtet ist –, ohne dafür die Schweizer Rechtslage anpassen zu müssen. Sie hielten das Schweizer Waffenrecht für den Anforderungen der EU-Richtlinie dem Sinn nach entsprechend und sahen darum keinen Bedarf für eine Änderung des Schweizer Waffenrechts, auch wenn der Notenaustausch genehmigt würde. In die gleiche Richtung äusserte sich auch die CVP, welche die Frage stellte, ob das geltende Waffengesetz keine ausreichende Grundlage darstelle, um die Ziele der EU-Waffenrichtlinie weitgehend zu erfüllen. ProTell und der Kanton Schwyz lehnten indes auch die Genehmigung des Notenaustausches ab und forderten weitere Verhandlungen mit der EU.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Auch 2017 trafen sich die Präsidentinnen und Präsidenten der Bundesratsparteien und deren Fraktionen viermal im Rahmen der von-Wattenwyl-Gespräche mit den Bundesrätinnen und Bundesräten, um strategische Gespräche zu führen.
Die Einschätzung der aktuellen aussen- und sicherheitspolitischen Lage war Hauptdiskussionspunkt Anfang Februar. Übereinstimmung bestand bei allen Akteurinnen und Akteuren darin, dass die Schweiz ihre Interessen auch zu Zeiten von Cyberkriminalität, Terrorismus und Falschinformationen wahren müsse. Über die Bedeutung der anstehenden Abstimmung zur Unternehmenssteuerreform III herrschte jedoch keine Einigkeit.
Mitte Mai stand der Brexit im Fokus der Gespräche, wobei auch die Fortschritte beim Rahmenabkommen mit der EU diskutiert wurden. Hierbei betonten die Parteien, dass nicht nur die Aussen-, sondern auch die Innenpolitik beachtet werden müsse.
Die Gesundheits- und erneut die Europapolitik waren die Traktanden für die Gespräche Anfang September. Ein gut zugängliches und tragbares Gesundheitswesen stelle innerhalb der Legislaturziele 2015-2019 ein Hauptziel des Bundesrates dar, wie dies in der Strategie Gesundheit 2020 dargelegt werde. Betreffend Informationen zu den Verhandlungen mit der EU über die institutionellen Fragen vertröstete der Bundesrat die Parteien auf den Herbst; geplant sei aber ein Treffen von Doris Leuthard mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.
Nicht wie im Vorjahr festgelegt an der dritten Sitzung, dafür bei den Gesprächen Mitte November, die als Klausur organisiert wurden, nahm der Bundesrat in corpore teil. Hauptgegenstand war freilich, wie im Vorjahr vereinbart, die Präsentation der Jahresziele 2018. Darüber hinaus äusserte die Regierung ihre Sorge zur Gewaltenteilung zwischen Exekutive und Legislative, die sie momentan durch das diskutierte Verordnungsveto in Gefahr sehe. Bezüglich der EU erklärte Neo-Aussenminister Ignazio Cassis, dass man im Rahmen eines weiteren Treffens mit Juncker im November die nächsten Schritte in den verschiedenen Bereichen der Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der EU definieren wolle.

Von-Wattenwyl-Gespräche seit 2013

Die Motion Vollassoziierung der Schweiz an Erasmus Plus ab 2021 wurde im Nationalrat zusammen mit dem Geschäft Förderung der internationalen Mobilität 2018 bis 2020 beraten. Vor der Nationalratsdebatte hatte sich bereits die WBK-NR mit 16 zu 9 Stimmen für die Motion ausgesprochen. Marcel Dettling (svp, SZ) sprach im Rat für die Kommissionsminderheit. Im Moment wisse man nicht, wie das Nachfolgeprojekt von Erasmus Plus aussehen werde, weder was es beinhalte, noch was es koste. „Das heisst, wir würden den Bundesrat in einen reinen Blindflug schicken“, so Dettling. Das sei nicht sehr schlau, insbesondere auch nicht vor dem Hintergrund, dass die jetzige Lösung administrativ einfacher und kostengünstiger sei und das Geld hauptsächlich den eigenen Teilnehmenden zugutekomme. Die Motion sei deswegen abzulehnen.
Dennoch wurde der Vorstoss am Ende der Debatte mit 109 zu 80 Stimmen (1 Enthaltung) angenommen. Die ablehnenden Stimmen setzten sich aus der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion (65 Stimmen) sowie aus 15 (von 33) Mitgliedern der FDP-Fraktion zusammen.

Vollassoziierung an Erasmus Plus ab 2021
Dossier: Erasmus und Horizon

Ziemlich überraschend – sogar für seine eigene Partei – gab Didier Burkhalter Mitte Juni 2017 seinen Rücktritt bekannt. Nach acht Jahren im Bundesrat – zwei Jahre als Innen- und sechs Jahre als Aussenminister – und vorher sechs Jahren im Nationalrat habe er das Bedürfnis, etwas anderes zu machen: „J'ai ressenti le besoin de changer de vie”. In den Medien war Burkhalter seit einiger Zeit zwar als etwas amtsmüde dargestellt worden – insbesondere seine häufige Absenz in Bundesbern und der Umstand, dass er lieber von Neuenburg aus arbeite, wurden moniert –, zudem habe er zunehmend den Rückhalt für das Europadossier verloren, der Rücktritt war aber doch nicht erwartet worden. Insbesondere auch, weil er wenige Tage vor einer EU-Standortbestimmung im Bundesrat erfolgte. Der Zeitpunkt des Rücktritts wurde denn auch als äusserst ungünstig bezeichnet, weil die Regierung dadurch aussenpolitisch während Monaten gelähmt sei, so etwa die Reaktion von CVP-Präsident Gerhard Pfister.
Die Bilanz zu Burkhalters Wirken, die in den Medien im Anschluss an die Rücktrittserklärung gezogen wurde, war gemischt. Burkhalter sei ein guter Bundesrat gewesen, „weltoffen und weltfremd zugleich” so etwa die BaZ. Zwar habe Burkhalter auf dem internationalen Parkett brilliert – von praktisch allen Medienbeiträgen erwähnt wurde immer wieder seine Rolle als Vorsitzender der OSZE in der Ukraine-Krise –, in der Innen- bzw. Europapolitik habe er sich aber immer wieder selbst ins Abseits gestellt. Die Erwartungen, die man in ihn gesetzt habe, etwa als Gegenspieler von Christoph Blocher das Rahmenabkommen mit der EU abzuschliessen, habe er nicht erfüllt. Dass das EU-Dossier an einem toten Punkt angelangt sei, sei „le gros point noir de son bilan”, schlussfolgerte die Tribune de Genève. Darüber hinaus habe er sich von seiner Partei immer mehr distanziert. Als Westschweizer Liberaler habe er eine Mitte-Links-Politik priorisiert, was ihm in der Partei angekreidet worden sei, so die NZZ. Als Indiz für das schlechte Verhältnis zwischen Partei und Magistrat wurde der Umstand gedeutet, dass die FDP erst rund zwei Stunden vor der Ankündigung vom Rücktritt in Kenntnis gesetzt worden sei. Vor allem von rechtsbürgerlicher Seite wurde der Vorwurf immer lauter, dass Burkhalter daran schuld sei, dass sich die SVP-FDP-Mehrheit in der Exekutive nicht deutlicher zeige.

Bereits am Tag der Rücktrittsmeldung stellten die Medien Spekulationen bezüglich potenzieller Nachfolger an. Gute Karten habe vor allem Ignazio Cassis, der aktuelle Fraktionspräsident der FDP, da der Anspruch des Kantons Tessin, nach 1999 wieder einen Sitz in der Regierung zu haben, kaum mehr umgangen werden könne und die Westschweiz auch mit nur noch zwei Magistraten adäquat vertreten sei. Werde der Sitz jetzt nicht dem Tessin zugesprochen, würden wohl weitere 10 Jahre vergehen, bis es eine neue Chance gäbe, rechnete Ex-FDP-Präsident Fulvio Pelli vor. Neben Cassis wurden auch dem Tessiner Staatsrat Christian Vitta und der ehemaligen National- und Staatsrätin Laura Sadis sowie Karin Keller-Sutter und Martin Schmid als Vertreterin oder Vertreter der Ostschweiz, die ebenfalls seit längerem Anspruch auf einen Bundesratssitz erhebt, gute Chancen eingeräumt. Die Romandie sei aber nicht zum Vornherein auszuschliessen, weil die Freisinnig-Liberalen in der Westschweiz deutlich auf dem Vormarsch seien. Den verlorenen Sitz werde die französische Schweiz wohl nicht kampflos preisgeben, war in den Medien zu lesen. Aus der Westschweiz fielen denn auch rasch die Namen des Genfer Regierungsrats Pierre Maudet und des Nationalrats Christian Lüscher. Die beiden Waadtländer Staatsräte Jacqueline de Quattro und Pascal Broulis, aber auch Nationalrätin Isabelle Moret und Ständerat Olivier Français wurden trotz ihres Handicaps, wie bereits Guy Parmelin aus dem Kanton Waadt zu stammen, ebenfalls als valable Kandidatinnen und Kandidaten auf das sich drehende Karussell gesetzt. Auch der Name Raphaël Comte wurde für den Kanton Neuenburg ins Spiel gebracht.

Dass die FDP einen Anspruch auf einen zweiten Bundesratssitz hat, war kaum umstritten. Die Parteileitung machte rasch klar, dass es sich beim Nachfolger von Burkhalter um einen „Lateiner” handeln soll – ob Tessiner oder Romand liess man bewusst offen. Die FDP-Frauen, die seit 1989 keine Vertretung mehr in der Landesregierung gehabt hatten, forderten per Kommuniqué bei dieser oder spätestens der nächsten Vakanz eine Bundesrätin. Auch die Grünen verlangten, dass die FDP eine Frau portiere. Die SVP forderte einen Kandidaten mit klar bürgerlichem Profil. Die Mitte-Rechts-Mehrheit müsse jetzt endlich auch im Bundesrat durchgesetzt werden. Die FDP machte früh deutlich, dass man sicher kein Einerticket präsentieren wolle. Bis Mitte August hatten die Kantonalsektionen Zeit, Vorschläge zu machen. Die Fraktion wollte sich dann Anfang September entscheiden.

Die Tessiner Kantonalsektion portierte – nach langer Diskussion, ob man ein Einer- oder ein Zweierticket präsentieren wolle – am 1. August einzig Ignazio Cassis. Sowohl Sadis als auch Vitta sagten Cassis ihre Unterstützung zu. Obwohl Sadis sowohl die Ansprüche aus dem Tessin, als auch der Frauenvertretung hätte erfüllen können, wurde sie nicht berücksichtigt. Vor allem ihre (zu) lange Absenz von der (nationalen) Politik dürfte hierfür mitentscheidend gewesen sein. Mit nur einem Kandidaten aus dem Tessin würde zudem das Risiko von Stimmenaufteilung minimiert, so die kantonale Parteileitung. Das Einerticket wurde auch als Referenz an die Romandie interpretiert; der Weg sei jetzt offen, um eine Frau aus der Romandie zu portieren. Die Frauenfrage wurde auch deshalb noch virulenter, weil Doris Leuthard ebenfalls am 1. August ihren Rücktritt ankündigte. Als Kandidatinnen aus der Romandie gerieten insbesondere Isabelle Moret und Jacqueline de Quattro in den Fokus. Der zweite offizielle Kandidat war dann allerdings doch wieder ein Mann: Am 8. August wurde Pierre Maudet von der Genfer Kantonalsektion einstimmig auf den Schild gehoben. Der Genfer Regierungsrat rechnete sich zwar nur geringe Chancen aus, wollte aber mit Jugend, Modernität und Urbanität punkten. Der zweite, lange ebenfalls als Kandidat gehandelte Genfer, Christian Lüscher, hatte sich kurz zuvor aus persönlichen Gründen selber aus dem Rennen genommen und eine Lanze für seinen jüngeren Genfer Parteikollegen gebrochen. Komplizierter gestaltete sich die offizielle Nominierung der dritten potenziellen Kandidatin. In der Presse wurde ein parteiinterner Zwist über und zwischen den drei Papabili der FDP-Sektion Waadt vermutet. Jacqueline de Quattro und Olivier Français zogen sich dann allerdings zurück, um den Platz für Isabelle Moret frei zu machen, die sich zwar erst spät – und später als die beide anderen – für eine Kandidatur entschieden hatte, am 10. August von ihrer Kantonalsektion aber als einzige Kandidatin aufgestellt wurde.

Nach Ablauf der Meldefrist standen also drei Kandidierende aus drei Kantonen fest. Sofort gingen die Spekulationen los, ob die FDP ein Zweierticket oder ein Dreierticket aufstellen würde. Dabei schien klar, dass Cassis gesetzt war, folglich entweder nur gegen Moret oder aber gegen Moret und Maudet antreten würde. Der Umstand, dass Moret zwar aus dem Kanton Waadt kommt, die FDP aber nicht auf eine mögliche Frauenvertretung verzichten konnte, sowie der umtriebige „Wahlkampf” von Maudet – der Blick sprach von schlechten Karten, die der Genfer aber brillant spiele – waren wohl die Hauptgründe für das Dreierticket, das die FDP-Fraktion offiziell am 1. September aufstellte. Das „tricket” (LT), das in der Fraktion knapp mit 22 zu 19 Stimmen beschlossen worden sei, stosse niemanden vor den Kopf, sei aber auch der Weg des geringsten Widerstands (NZZ) und ein klarer Etappensieg für Maudet (BaZ). Das Dreierticket wurde auch als gute Kunde für den Favoriten Cassis gewertet, dessen Chancen sich dadurch noch weiter erhöhten, weil sich die Stimmen seiner Gegner aufteilen dürften.

Die Kandidatin und die beiden Kandidaten wurden in der Presse unterschiedlich porträtiert. Cassis galt von Anfang an als eigentlicher Kronfavorit. Einziges Manko des in Bundesbern bestens vernetzten Tessiner Arztes sei seine mit der Präsidentschaft beim Krankenkassenverband Curafutura verbundene Nähe zu den Krankenkassen. Insbesondere der Lega, aber auch der SP, war dieses Amt von „Krankencassis” (SGT, So-Bli, TA, WW) ein Dorn im Auge. Ausführlich diskutiert wurde zudem die politische Position des Tessiners. Das Parlamentarierrating der NZZ zeigte, dass er seit seinem Amtsantritt als Fraktionspräsident der FDP vom linken Rand der Partei leicht in die Mitte gerückt war. Insbesondere die SVP betrachtete Cassis freilich als den ihr am nächsten stehenden der drei Kandidierenden. Letztlich gab es aber kaum etwas, was die „occasione d'oro per il Ticino” (CdT) behindert hätte. Die zahlreichen giftigen Angriffe auf die Gesundheitspolitik von Cassis konnten ihm scheinbar nichts anhaben. Auch seine doppelte Nationalität bzw. der Umstand, dass er seinen italienischen Pass abgab und damit zwar Applaus von rechts, aber auch Kritik von links erhielt und eher unfreiwillig eine Debatte um die doppelte Nationalität von Mitgliedern von Bundesbehörden lancierte – diskutiert wurde sogar die Frage, ob man als Doppelbürger loyal sein könne –, schadete dem Südschweizer nicht.
Der grosse Trumpf von Isabelle Moret sei, dass sie eine Frau sei, war den Medien zu vernehmen. Die dezidiert bürgerlich politisierende 46-Jährige spreche drei Landessprachen fliessend, sei gut vernetzt, in den über 10 Jahren im Nationalrat aber kaum aufgefallen. Dies beinhalte immerhin auch, dass sie bisher keine Fehler gemacht habe (TA). Moret selber betonte von Anfang an, dass „Frausein” kein politisches Argument sei. Sie wolle lieber mit ihrer Dynamik punkten und frischen Wind ins Europadossier bringen. Sie betonte allerdings auch, dass sie die erste Mutter mit Schulkindern in der Exekutive wäre. Allerdings hinterliess die Anwältin laut verschiedenen Medien in ihrem Wahlkampf keinen überzeugenden Eindruck (WW), wurde von vielen Seiten angegriffen und wirkte ab und zu nicht wirklich souverän (NZZ). Ihr Wahlkampf sei „ungenügend” (SGT) und „harzig” (AZ) und wurde gar als chaotisch bezeichnet (24 Heures).
Pierre Maudet, 39 Jahre alt, wurde als politisches Naturtalent beschrieben. Der forsche und ambitionierte Regierungsrat habe sich innert kurzer Zeit vom Stadtpräsidenten zum Aushängeschild der Kantonsregierung entwickelt, was ihm auch Vergleiche mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron einbringe (AZ). Sein Nachteil sei allerdings die schwache Vernetzung in Bundesbern. In der Regel würden die Bundesparlamentarierinnen und -parlamentarier einen Bundesrat oder eine Bundesrätin aus den eigenen Reihen vorziehen. Sein Wahlkampf wurde hingegen als exzellent bezeichnet (Blick). Maudet sei vor allem in der Deutschschweiz unterschätzt worden, was das Beste sei, was einem Politiker passieren könne (TA). Vor allem inhaltlich konnte Maudet mit verschiedenen originellen Positionen überzeugen: Er spreche als einziger wirklich „Klartext” (BaZ), gelte in der Europafrage aber als EU-Turbo (WW), was ihn bei der Ratsrechten wohl Stimmen kosten werde.

Die „Kampagne” vor den Bundesratswahlen – eigentlich ein Unding, wenn man bedenkt, dass der Bundesrat von der Vereinigten Bundesversammlung und nicht von der Bevölkerung gewählt wird – nahm ein Ausmass an, das angesichts der Ausgangslage erstaunte. Da die Bundesratswahlen eine in der Schweizer Politik eher seltene Chance für eine Personalisierung der Politik bieten, liefen die Medien auf Hochtouren. In der APS-Zeitungsdokumentation finden sich von Burkhalters Rücktrittsankündigung Mitte Juni bis Ende September mehr als 800 Zeitungsartikel zum Thema Bundesratswahlen. Die FDP selber trug freilich mit geschicktem Politmarketing das Ihre dazu bei, dass die Berichterstattung am Kochen blieb. Mit einer FDP-Roadshow tingelten die Kandidierenden durch die Schweiz. Zahlreiche Homestories, Lifechats, Bevölkerungsbefragungen und gar graphologische Gutachten fanden den Weg in die Presse. Inhaltlich ging es letztlich primär um die Frage, ob die Vertretung der Sprachregion oder die Vertretung der Frauen höher gewichtet werden soll. Oder mit anderen Worten: ob die 20 Jahre Bundesrat ohne Tessiner oder die 30 Jahre ohne FDP-Frau beendet werden sollten. Wirklich inhaltliche Diskussionen wurden hingegen kaum geführt, auch wenn die Aussen- bzw. Europapolitik bzw. der Reset-Knopf, den Cassis in den Verhandlungen mit der EU zu drücken angekündigt hatte, sich angeboten hätten.

Nach der offiziellen Bekanntgabe des Dreiertickets standen am 12. und am 19. September die Hearings auf dem Programm, womit auch die anderen Parteien wieder stärker in den medialen Fokus gerieten. Den Auftakt machte die SVP, deren Parteipräsident Albert Rösti die beiden Romand.e.s stark kritisierte und sich früh für Cassis aussprach. Wichtigstes Kriterium für die Volkspartei sei die Haltung zum Rahmenabkommen mit der EU. Allerdings wurde gemutmasst, dass die Bauern in der SVP-Fraktion wohl eher auf Moret setzen würden, da diese mehr Sympathien für die Anliegen der Landwirtschaft gezeigt habe. Unzufrieden mit dem Dreierticket zeigte sich die SP: „Zwei Super-Lobbyisten und ein Hardliner in der Aussenpolitik” weckten keine Begeisterung (SP-Fraktionspräsident Roger Nordmann in der BZ). Inhaltliche Kriterien stellten die Genossen aber – wie auch die CVP und die GP – nicht auf. Der CVP-Parteipräsident Gerhard Pfister hatte sich allerdings ebenfalls schon früh für die Ansprüche des Tessins, also für Cassis, ausgesprochen. Dieser sei allerdings für einige CVP-Mitglieder zu weit rechts, mutmasste die Zeitung LeTemps. Nach den Hearings zeigten sich die Parteien zwar noch bedeckt – mit Ausnahme der SVP, die demonstrativ für Cassis Stellung bezog –, die Favoritenrolle des Tessiner Kandidaten schien sich allerdings noch einmal verstärkt zu haben. Maudet schien hingegen eher nicht auf Wohlwollen gestossen zu sein. Die SP und die CVP konnten sich nicht auf einen der drei Kandidierenden einigen und gaben entsprechend keine Wahlempfehlung ab – anders als die FDP- und die GLP-Fraktion, die alle drei Kandidierenden empfahlen, die SVP-Fraktion, die sich für Cassis aussprach, die GP-Fraktion, die Moret empfahl, und die BDP-Fraktion, die Maudet auf den Schild hob.

Kurz vor der Ersatzwahl bilanzierte die WOZ die vorherrschende Meinung, dass sich grundsätzlich keine Überraschung abzeichne: Die Bundesratswahlen hätten bisher viel Tamtam, aber nur wenig Spannung verheissen. Mit der Diskussion verschiedener Szenarios versuchten die Medien dieser Spannungslosigkeit entgegenzuwirken. Drei Möglichkeiten, Cassis zu verhindern, seien denkbar: Isabelle Moret könne dank ihrem Frauenbonus und der Unterstützung aller Bauernvertreter sowie mit Hilfe der Stimmen all jener Parlamentarierinnen und Parlamentarier, welche die Frauenfrage möglichst rasch klären wollten, gewinnen; ein Sieg von Pierre Maudet wäre dann möglich, wenn sich die Mehrheit der Bundesversammlung von seinen Fähigkeiten überzeugen liesse. Dies sei durchaus möglich, wenn es ab dem dritten Wahlgang zu einem Zweikampf zwischen Cassis und Maudet kommen würde. Ins Spiel gebracht wurde mit Laura Sadis auch eine Sprengkandidatin, die vor allem bei der Linken auf Unterstützung zählen könnte. Roger Nordmann gab zu Protokoll, dass die Tessinerin in der Tat die Synthese der drei aktuell Kandidierenden gewesen wäre: „Elle a une expérience d’exécutif, elle est italophone et elle a la capacité d’être une femme” (LT). Die Lust der SP auf Experimente halte sich allerdings in Grenzen.

Die Ersatzwahl am 20. September war schliesslich noch weniger spannend, als von den zahlreichen Medien vor Ort befürchtet worden war. Schon im zweiten Wahlgang wurde Ignazio Cassis zum 87. Bundesrat gewählt und zum Nachfolger von Didier Burkhalter gekürt. Der achte Bundesrat aus dem Kanton Tessin hatte bereits im ersten Wahlgang 109 Stimmen erhalten, damit allerdings das absolute mehr von 122 Stimmen verfehlt. Weil die Basler Nationalrätin Sibel Arslan (basta, BS) im ersten Durchgang fehlte, waren lediglich 245 Wahlzettel eingegangen. Die Baslerin erklärte ihr Fernbleiben als stillen Protest gegen den Rücktritt von Bundesrat Burkhalter, dessen Abschiedsrede sie bewegt habe. Wie erwartet splitteten sich die Stimmen für Maudet (62 Stimmen) und Moret (55 Stimmen) auf. Diverse erhielten 16 Stimmen und drei Stimmzettel waren leer geblieben. Weil von den Diversen niemand zehn Stimmen erreicht hatte, wurden keine Namen genannt. Ob also beispielsweise Laura Sadis im Rennen war oder nicht, wird das Geheimnis des Stimmbüros bleiben. Im zweiten Umgang fielen zahlreiche Stimmen für Moret auf Cassis. Die 125 Stimmen reichten dem Tessiner knapp für die absolute Mehrheit. Maudet konnte zwar noch einmal zulegen und erhielt 90 Stimmen, dies reichte allerdings nicht für einen dritten Wahlgang. Moret ihrerseits erhielt lediglich noch 28 Stimmen. Eine Stimme entfiel auf Diverse und zwei Stimmzettel blieben erneut leer – wahrscheinlich stammten sie von den beiden Lega-Parlamentariern, die zwar für eine Tessiner Vertretung waren, nicht aber für Cassis stimmen wollten.
In den Medien wurde gemutmasst, dass vor allem die Stimmen der SVP entscheidend gewesen seien, von denen im ersten Durchgang vereinzelte noch an Moret gegangen, dann aber geschlossen für Cassis eingelegt worden seien. Weil Moret im ersten Wahlgang auch von ihrer eigenen Partei zu wenig Unterstützung erhalten habe, hätte die SP im zweiten Wahlgang umgeschwenkt und ziemlich geschlossen für Maudet gestimmt, um die Wahl von Cassis zu verhindern. Den Namen Moret hätten lediglich noch die Grünen sowie einige Ratsmitglieder aus der BDP, der CVP, der GLP und der SVP auf den Wahlzettel geschrieben.

Cassis erklärte die Annahme der Wahl und bedankte sich bei allen Ratsmitgliedern, auch bei denen, die ihm die Stimme verwehrt hätten. Man könne anderer Meinung sein, letztlich würden aber alle die gleichen übergeordneten Ziele für die Schweiz anstreben. Freiheit sei auch immer die Freiheit der anders Denkenden, zitierte er Rosa Luxemburg, womit er vor allem die Ratslinke überraschte und sichtlich erfreute. Er verspreche vor allem seiner Frau, der Gleiche zu bleiben wie vor der Wahl. Er fühle sich vor allem der Kollegialität verpflichtet und werde als Brückenbauer die ganze Schweiz vertreten. Bereits um 9.30 nahm die Sitzung mit der Vereidigung des neuen Bundesratsmitglieds ihr Ende.

Die Regionen- und Sprachenfrage sei letztlich stärker gewichtet worden als die Frauenfrage, so die Bilanz in den Medien am Tag nach der Wahl. „E la Svizzera è più svizzera”, die Schweiz sei wieder ein bisschen mehr Schweiz, titelte der Corriere del Ticino. Die Wahl von Cassis sei keine Überraschung und Maudet habe eine ehrenvolle Niederlage eingefahren, so die ziemlich einhellige Meinung in den Deutsch- und Westschweizer Medien. Vor wenigen Wochen hätte niemand in Bundesbern den Genfer gekannt und jetzt habe er 90 Stimmen erhalten. Allerdings zeige seine Nichtwahl auch die Schwierigkeiten für einen Kandidierenden, der nicht der Bundesversammlung angehört. Für Moret hingegen, sowie für die Vertretung der Frauen im Bundesrat im Allgemeinen, sei der Ausgang der Wahlen eine Schmach. Verschiedene Politikerinnen kritisierten, dass das Beispiel Moret gezeigt habe, dass an Frauen wesentlich höhere Massstäbe gesetzt würden als an Männer. Die SP habe Cassis nicht verhindern können und müsse sich nun Vorwürfe gefallen lassen, weshalb sie auf Maudet gesetzt und so die Vertretung der Frauen hintergangen habe. Die SP wies die Kritik allerdings an die FDP zurück: Wäre Laura Sadis portiert worden, hätte die SP sie unterstützt. Während sich die Rechte auf einen Mitte-Rechts-Bundesrat freute – Cassis wisse, wem er seine Wahl zu verdanken habe, liess sich SVP-Präsident Rösti nach der Wahl zitieren –, winkte die Linke ab: Es müssten auch im neuen Gremium nach wie vor unterschiedliche Koalitionen geschmiedet werden, so etwa SP-Parteipräsident Christian Levrat. Die WOZ befürchtete allerdings eine Zunahme der Polarisierung. Mit der Wahl von Cassis sei die Kirche aber wieder im Dorf und die Sprachenfrage für eine Weile geregelt. Jetzt müssten die Regionen wieder besser vertreten werden – so der Tenor vor allem aus der Ostschweiz. Verschiedene Politikerinnen forderten zudem eine adäquatere Vertretung von Frauen. Die Idee einer parlamentarischen Initiative, mit der eine angemessene Frauenvertretung in der Verfassung festgeschrieben werden soll, verdichtete sich. Die FDP-Frauen forderten zudem bei der nächsten FDP-Vakanz ein Frauen-Zweierticket.

Über die nach der Ersatzwahl anstehende Departementsverteilung war bereits früh spekuliert worden. Insbesondere Alain Berset waren Ambitionen auf das frei gewordene EDA nachgesagt worden. Allerdings hätte der Departementswechsel von Berset einen unangenehmen Beigeschmack gehabt, weil kurz nach der Departementsverteilung die Abstimmung zur Altersreform 2020 anstand, für die Berset mit Herzblut geworben hatte. Der Wechsel ins Aussendepartement hätte von der Stimmbevölkerung als Flucht interpretiert werden können. Der Bundesrat solle deshalb mit der Departementsverteilung warten, forderte der ehemalige SVP-Präsident Toni Brunner (svp, SG) kurz vor den Bundesratswahlen in der Presse. Wenn nämlich die AHV-Vorlage verloren ginge, wäre Berset nicht mehr der richtige Innenminister. Ende September kam es dann aber schliesslich zur mehrheitlich erwarteten Departementsverteilung. Das freie EDA wurde vom neuen Kollegiumsmitglied Ignazio Cassis übernommen. Er setzte damit eine eigentliche Tradition fort, da Tessiner Bundesräte sehr häufig als Aussenminister amteten. Die Italianità und seine Vielsprachigkeit dürften Vorteile des neuen EDA-Chefs sein. Mit ein Grund dafür, dass sonst alles beim Alten blieb, dürfte auch die im Vorfeld der Bundesratswahl gemachte Aussage von Cassis gewesen sein, dass es vielleicht nicht gut sei, wenn er mit seinen Verbindungen das Innendepartement übernehmen würde. Cassis werde als Aussenminister „der bessere Burkhalter” sein, weil er mehr Verständnis für die Deutschschweiz habe, besser kommuniziere und mehr Kampfgeist habe, urteilte der Tages-Anzeiger. Auf ihn wartet nun das komplexe Europadossier – und zahlreiche Erwartungen von links bis rechts.

Bundesratsersatzwahl 2017 – Nachfolge Didier Burkhalter
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Die Vernehmlassung zur Totalrevision des Datenschutzgesetzes (DSG) und zur Änderung weiterer Erlasse zum Datenschutz umfasste neben diesem Hauptentwurf auch einen Entwurf für einen Bundesbeschluss betreffend die Genehmigung und Umsetzung des Notenaustausches zwischen der Schweiz und der EU zur Übernahme der Richtlinie (EU) 2016/680 sowie einen Entwurf für die Revision des Übereinkommens SEV 108 des Europarates zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten. Im Zentrum des Gesetzgebungsprojektes stehen die Verbesserung der Transparenz von Datenbearbeitungen, die Förderung der Selbstregulierung bei den Verantwortlichen in Form von Empfehlungen der guten Praxis sowie die Stärkung der Position und Unabhängigkeit des EDÖB. Im Einklang mit den europäischen Datenschutzbestimmungen soll darüber hinaus der Schutz von Daten juristischer Personen aufgehoben werden, um insbesondere den Datenaustausch mit dem Ausland zu erleichtern. Einige Anforderungen der EU-Richtlinie 2016/680 erfordern ausserdem Anpassungen im Strafgesetzbuch, in der Strafprozessordnung, im Rechtshilfegesetz und im Schengen-Informationsaustauschgesetz.
Unter den insgesamt 222 Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmern befanden sich alle Kantone, acht politische Parteien (BDP, CVP, FDP, GLP, GP, SP, SVP, PP), drei eidgenössische Gerichte (Bundesgericht, Bundespatentgericht, Bundesverwaltungsgericht) sowie zahlreiche weitere Organisationen aus den betroffenen Kreisen. Während die Übernahme der EU-Richtlinie 2016/680 sowie der Anforderungen im SEV 108 unumstritten waren, wurde die Revision des DSG und weiterer Erlasse zum Datenschutz von der Mehrheit der Vernehmlasserinnen und Vernehmlasser im Grundsatz ebenfalls begrüsst. Vielerseits gelobt wurde beispielsweise das Vorhaben, das schweizerische Datenschutzrecht so weit an die europäischen Vorgaben anzupassen, dass die Schweiz von der EU weiterhin als Drittstaat mit angemessenem Datenschutzniveau anerkannt wird. Vorbehalte bestanden jedoch gegenüber dem – insbesondere für KMU – grossen Verwaltungsaufwand sowie gegenüber dem «Swiss Finish»: Rund die Hälfte der Teilnehmenden bemängelte, dass der Entwurf unnötigerweise über die europäischen Anforderungen hinaus gehe. Demgegenüber ging er rund einem Fünftel der Teilnehmenden – hauptsächlich aus Konsumentenschutzkreisen – zu wenig weit. Auf harsche Kritik von verschiedensten Seiten stiess das vorgesehene Sanktionensystem. Laut Bericht wünschten sich «sehr viele Teilnehmer» dessen «vollständige Überarbeitung», darunter BDP, CVP, FDP, GP und SP, 18 Kantone sowie Economiesuisse, der Verein Unternehmens-Datenschutz, die FRC, Privatim und die Stiftung für Konsumentenschutz. Hauptsächlich wurde kritisiert, dass keine direkte Strafbarkeit für Unternehmen vorgesehen ist, sondern strafrechtliche Sanktionen, die in erster Linie auf natürliche Personen ausgerichtet sind. In diesem Zusammenhang herrschte die Befürchtung, es könnten einfache Angestellte ohne Entscheidungs- und Vertretungsbefugnis verurteilt werden. Dies wiederum erschwere es den Unternehmen, qualifiziertes und motiviertes Personal – insbesondere Datenschutzverantwortliche – zu rekrutieren. Der häufigste Änderungsvorschlag zielte daher auf ein Modell mit Verwaltungssanktionen anstatt Strafverfahren, die direkt gegen die Unternehmen und nicht gegen Privatpersonen verhängt werden könnten. Verwaltungssanktionen, so die Hoffnung, hätten eine grössere Wirksamkeit als das bislang für die Strafbestimmungen im DSG nur selten angewandte Strafverfahren. Weitere umstrittene Punkte waren auch die Höhe der Bussen – welche einerseits als zu hoch und andererseits als zu niedrig kritisiert wurde – sowie der Katalog der strafbaren Verhaltensweisen, welcher ebenfalls wahlweise als unvollständig bzw. zu umfangreich bezeichnet wurde. Kritisiert wurden des Weiteren auch die mangelhafte Regulierungsfolgeabschätzung und die fehlenden Ausführungen zum Verhältnis zwischen dem Datenschutzrecht des Bundes und jenem auf kantonaler Ebene. Hierzu äusserten auch die Kantone Glarus, Solothurn und Zürich Bedenken, dass die Frist für die Anpassung des kantonalen Rechts zu kurz bemessen sei. Die SVP, die Kantone Schwyz und Waadt sowie einige betroffene Kreise – darunter der AGVS, Auto Schweiz, die FER, PharmaSuisse, Santésuisse sowie der VSV – lehnten den Vorentwurf in der vorliegenden Form ausdrücklich ab, befanden sich damit jedoch klar in der Minderheit aller Vernehmlassungsteilnehmenden.

Revision des Datenschutzgesetzes (BRG 17.059)
Dossier: 2. Revision des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG)

Die Motion der FDP-Fraktion „Gegen Doppelspurigkeiten im Datenschutz“ brachte, nachdem sie im Dezember 2016 vom Nationalrat stillschweigend angenommen worden war, auch im Ständerat keinen Diskussionsbedarf mit sich. Die SPK-SR erwägte in ihrer Vorberatung einzig, dass sie sich den Ausführungen des Bundesrates anschliesse und beantragte einstimmig die Annahme der Motion. In der Frühjahrssession 2017 hiess die Ständekammer den Vorstoss diskussionslos gut. Der Bundesrat muss nun mit der EU Sondierungsgespräche über Zuständigkeiten im Datenschutz aufnehmen.

Gegen Doppelspurigkeiten im Datenschutz (Mo. 16.3752)

Die Fraktion der FDP befürchtete, dass es im Nachgang der Revision des Bundesgesetzes über den Datenschutz sowie des Inkrafttretens der EU-Datenschutzgrundverordnung zu Doppelspurigkeiten im Datenschutz kommen werde, weil die Datenschutzaufsichten der EU und der Schweiz nicht aufeinander abgestimmt seien. Wenn in der Schweiz niedergelassene Personen Daten von Personen bearbeiten, die sich in der EU befinden, fällt diese Datenbearbeitung auch in den Anwendungsbereich der EU-Verordnung. Dadurch unterstünden Schweizer Unternehmen mit Kunden im EU-Raum nicht mehr nur der Aufsicht des EDÖB, sondern auch jener aller betroffenen EU-Datenschutzbehörden, was gerade in puncto Meldepflichten einen erheblichen, unnötigen Mehraufwand mit sich bringe. In einer Motion forderte die FDP-Fraktion den Bundesrat auf, mit der EU Sondierungsgespräche zu führen mit dem Ziel, die Anwendung des jeweils geltenden Datenschutzrechts zu koordinieren. Der Bundesrat betonte in seiner Stellungnahme, dass eine effiziente Zusammenarbeit in diesem Bereich sowohl im Interesse der Schweizer Behörden als auch der Behörden der EU liegen müsse und signalisierte auch seine Bereitschaft zur Aufnahme solcher Sondierungsgespräche mit der EU. Im Nationalrat erfuhr der Vorstoss in der Wintersession 2016 stillschweigende Zustimmung.

Gegen Doppelspurigkeiten im Datenschutz (Mo. 16.3752)

Les modifications légales nécessaires pour le couplage des système d'échange de quota d'émission (SEQE) suisse et européen ont été mises en consultation, en même temps que la révision totale de la loi sur le CO2 et l'approbation de l'Accord de Paris. Des acteurs du secteur de l'énergie, des organisations de politiques énergétiques, des organisations des transports publics et privés, des organisations de protection de l'environnement et des associations faîtières de l'économie ont pris part à la consultation outre les entités cantonales, communales et les partis politiques.
Le projet de couplage a rencontré un large soutien - tous les cantons sauf Schwyz et Berne, les commissions et conférences communales, le PBD, le PCS, le PDC, les Vert'libéraux, le PLR, les associations faîtières de l'économie, les acteurs du secteur de l'énergie, quelques organisations des transports publics et privés et autres organisations l'ont approuvé. D'après les partisans, le couplage permettrait à l'économie suisse d'être sur un pied d'égalité avec ses concurrents directs dans l'UE et la Suisse aurait ainsi accès à un marché plus liquide des droits d'émission. Sur les 256 avis, 26 participants ont rejeté le projet. Il s'agit des cantons de Berne, de Schwyz, des Verts, des Jeunes Vert-e-s, de l'UDC, de la SES, des organisations des transports publics et privés, des organisations de protection de l'environnement et d'autres organisations. L'efficacité du système européen comme instrument de politique climatique a été mise en doute en raison des bas prix des droits d'émission. Plusieurs participants souhaitaient intégrer l'aviation dans le système d'échange afin que ce secteur réduise également ses émissions. Cette mesure était supportée par 15 cantons (FR, JU, AR, AI, GR, GL, ZG, ZH, UR, GE, SG, OW, LU, VS, NW), la Conférence gouvernementale des cantons alpins, la DTAP, l'EnDK, le PS, les Verts, les Jeunes Vert-e-s, le PDC, le PLR, la SES et les organisations de protection de l'environnement. Elle était refusée par le Centre Patronal, l'USAM, economiesuisse, l'UP, Aerosuisse et la SIAA. Le principal argument avancé était que l'Organisation de l'aviation civile internationale (OACI) avait déjà proposé des mesures dans ce domaine. Sur la question de l'intégration des centrales thermiques à combustibles fossiles dans le SEQE, 14 cantons (BL, ZH, UR, AR, AI, GR, GL, ZG, SG, OW, LU, VS, NW, FR) y étaient favorables. La Conférence gouvernementale des cantons alpins, la DTAP, l'EnDK, l'UP, Forum suisse de l'énergie, l'AES, la SES, Swisselectric, les organisations de protection de l'environnement ont également approuvé la proposition. Finalement, le Centre Patronal, l'USAM, Swissmem, l'USP et economiesuisse ont proposé que les entreprises puissent demander de sortir du SEQE ou à y être intégré.
Le Conseil fédéral a pris connaissance de ces résultats. Il présentera un message au Parlement pour l'approbation de l'accord sur le couplage des SEQE suisse et européen.

Verknüpfung der Emissionshandelssysteme (Schweiz-EU) (BRG 17.073)
Dossier: Die Kyoto-Protokolle
Dossier: Totalrevision des CO2-Gesetzes

La procédure de consultation a permis de recueillir 256 avis relatifs à la politique climatique post-2020, particulièrement quant à l'approbation de l'Accord de Paris sur le climat, la révision de loi sur le CO2 et l'approbation de l'accord sur le couplage des SEQE suisse et européen. Des acteurs du secteur de l'énergie, des organisations de politiques énergétiques, organisations des transports publics et privés, organisations de protection de l'environnement et des associations faîtières de l'économie ont pris part à la consultation outre les entités cantonales, communales et les partis politiques.
La ratification de l'Accord de Paris récolte un large soutien. Toutefois, les objectifs de réduction des émissions de CO2 sont plus disputés. La plupart des participants sont favorables à l'objectif global de réduction des émissions de 50% par rapport à 1990 d’ici 2030. A propos de la répartition des parts de réduction d'émissions entre la Suisse et l'étranger, une très faible majorité estime que la part à réaliser en Suisse devrait être plus élevée que celle proposée dans le projet. Les acteurs de l'économie, les entreprises et un nombre assez important de cantons appellent à la flexibilisation de ces parts. Finalement, la fixation d'un objectif moyen révèle des avis mitigés. Au sujet du couplage des SEQE, seul un quart des participants s'y oppose. Du côté des partisans, un nombre important d'acteurs doutent de l'efficacité du système européen en raison des prix bas des droits d'émission. D'autres souhaiteraient intégrer l'aviation dans le SEQE pour que le secteur réduise aussi ses émissions. Pour le projet de révision de la loi sur le CO2, la hausse du montant maximal de la taxe sur le CO2 perçue sur les combustibles satisfait la plupart des cantons, presque toutes les commissions, conférences et associations de communes et quelques partis politiques. Les organisations de protection de l'environnement voudraient un montant plus élevé que 240 francs ou alors qu'aucun montant maximal ne soit fixé pour pouvoir adapter la taxe au degré d'atteinte des objectifs. La majorité des participants est favorable au maintien des exemptions de la taxe sur le CO2 perçue sur les combustibles, au maintien de l'obligation de compenser pour les importateurs de carburants, au maintien des prescriptions relatives aux émissions de CO2 pour les véhicules, au maintien des activités de formation, d'information au public et de conseil aux professionnels. Un tiers des participants est pour l'interdiction subsidiaire des chauffages à combustibles fossiles. La proposition de l'abandon de l'affectation partielle du produit de la taxe sur le CO2 au Programme Bâtiments, ainsi que l'abandon de l'affectation partielle du produit de la taxe sur le CO2 au fond de technologie, ne rencontre pas de soutien.
Suite à la procédure de consultation, le Conseil fédéral a pris connaissance des résultats. Le projet concernant l'approbation de l'Accord de Paris a été transmis au Parlement dans le cadre d'une procédure accélérée.

Klimagesetzgebung ab 2020 (Lima 2014)
Dossier: Die Kyoto-Protokolle
Dossier: Klimawandel in der Schweiz
Dossier: UNO-Klimakonferenzen

Zur letzten offiziellen Aufgabe des Alterspräsidenten nach eidgenössischen Wahlen gehört die Organisation der Wahl des Nationalratspräsidenten oder der Nationalratspräsidentin. 2015 oblag diese Aufgabe Luzi Stamm (svp, AG). Zur Wahl vorgeschlagen war die Vizepräsidentin von 2014, Christa Markwalder (fdp, BE), die offiziell von allen Fraktionen unterstützt wurde. Von den 199 eingelangten Wahlzetteln stand auf 159 der Name der Freisinnigen. 14 Wahlzettel blieben leer, zwei waren ungültig, zwölf gingen an den Parteikollegen Christian Wasserfallen – der Markwalder 2013 in der FDP-internen Ausmarchung unterlegen war – und 12 Stimmen fielen auf Diverse. Markwalder bedankte sich in einer Rede für die Wahl. Sie wolle ihr Präsidialjahr unter das Motto "Respekt" stellen. Sie zog einen Vergleich zwischen Politik und Musik: Es gelte den richtigen Ton zu treffen, taktvoll zu sein und Disharmonien zu korrigieren. Um diese Metapher zu unterstreichen, spielte Markwalder zusammen mit Kathrin Bertschy (glp, BE), Maja Ingold (evp, ZH) und Balthasar Glättli (gp, ZH), die zusammen das Bundeshausquartett bilden, einen Walzer von Antonin Dvorak. Dass ein "Miliz-Streichquartett" aus vier verschiedenen Parteien die Legislatur eröffne – so Markwalder weiter – symbolisiere das Zusammenspiel, dass auch in der Politik essenziell sei.
In der Presse wurde die 40-jährige Markwalder als gut vernetzte Aussenpolitikerin beschrieben. Sie sitzt seit ihrem 28. Lebensjahr im Nationalrat und steht für eine enge Verbindung zwischen der Schweiz und der EU ein. Acht Jahre lang war sie Präsidentin der Neuen Europäischen Bewegung Schweiz (Nebs), die einen EU-Beitritt anstrebt. Immer wieder wurde auch die so genannte "Kasachstan-Affäre" beschrieben, bei der die Bernerin mit "einem blauen Auge davongekommen" sei (NZZ). Dass ihr die Sache kaum geschadet hat, bewies nicht nur ihre Wiederwahl im Oktober 2015, sondern auch die Wahl zur Nationalratspräsidentin, die die Krönung ihrer Karriere darstelle (AZ), auch wenn die 159 Stimmen ein vergleichsweise "mässiges Resultat" ergäben (TA).
Mit der Wahl von Christa Markwalder zur Nationalratspräsidentin und der gleichzeitigen Wahl von Raphaël Comte (fdp, NE) zum Ständeratspräsidenten sowie von Johann Schneider-Ammann zum Bundespräsidenten, waren die höchsten Ämter der Eidgenossenschaft 2015 ganz in den Händen der FDP – 2014 war die SP Nutzniesserin dieser aufgrund von Rotation allerdings eher zufälligen Konstellation.
Zum ersten Vizepräsidenten wurde Jürg Stahl (svp, ZH) gewählt. Er erhielt 163 von 181 gültigen Stimmen. Von den 192 eingelangten Wahlzetteln waren neun leer, zwei ungültig und 18 enthielten diverse andere Namen. Der Sitz des zweiten Vizepräsidenten wird 2015 von Dominique de Buman (cvp, FR) besetzt. Der Freiburger Christdemokrat konnte 107 Stimmen auf sich vereinen. Von den lediglich noch 153 eingelangten Wahlzetteln blieben 20 leer und auf 26 standen andere Namen als de Buman.

Wahl des Nationalratspräsidenten 2015
Dossier: Nationalrat und Ständerat. Wahl des Präsidiums und des Büros

Die Bilateralen Verträge seien der «Königsweg für die Beziehungen zur EU» – so das Credo der FDP, deren Delegierten an ihrer Versammlung Ende Juni 2015 in Amriswil ein Grundsatzpapier zur Ausrichtung der Europapolitik verabschiedeten. Nach dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative solle zwar die Zuwanderung besser kontrolliert, aber auch die Bilateralen gestärkt und modernisiert werden. Das Ja sei nicht als Nein zum bilateralen Weg zu deuten, so das Papier. Bedingung für erneuerte Beziehungen sei aber, dass die Stimmbevölkerung das letzte Wort bei der Übernahme von EU-Recht haben müsse. In einem Interview mit der «Schweiz am Wochenende» gab Parteipräsident Philipp Müller (fdp, AG) zu Protokoll, dass sich die FDP der «ultimativen Schlacht um die Rolle der EU» lustvoll stellen und sich dafür einsetzen werde, dass die bilateralen Verträge erhalten bleiben und weiterentwickelt werden. Umfragen schienen der Positionierung der FDP recht zu geben. Nicht mehr der SVP wurde viel Kompetenz in der EU-Politik zugeschrieben, sondern vermehrt dem Freisinn.

FDP Europa im Wahlkampf

Au mois de juin, le Conseiller national Müller (plr, AG), a déposé un postulat demandant que l'application de l'accord sur la libre circulation des personnes (ALCP) soit améliorée. Il s'agit d'analyser si la mise en œuvre de l'ALCP présente des lacunes en ce qui concerne les conditions de l'octroi d'une première autorisation de cinq ans. Le postulat Müller se base sur des points que le PLR met en évidence depuis 2009. Il exige qu'un examen des circonstances concrètes ait lieu avant l'octroi d'une première autorisation afin d'être sûr que les rapports de travail durent plus d'une année, que les autorisations ne soient pas automatiquement converties en autorisation d'établissement et que celles-ci ne soient pas prolongées s'il existe une dépendance à l'aide sociale.
Le Conseil fédéral a proposé d'accepter ce postulat dans son message du 20 août. Le Conseil national l'a adopté le 26 septembre sans aucune discussion.

Améliorer l'application de l'accord sur la libre circulation des personnes (Po. 14.3462)

Eine Motion der FDP-Liberale Fraktion für eine Offensive in der tiefen Geothermie, welche im Juni 2013 vom Nationalrat angenommen worden war, fand am 4. Juni 2014 keine Mehrheit im Ständerat. Die UREK-SR hatte bei 5 zu 5 Stimmen mit Stichentscheid des Präsidenten die Ablehnung beantragt. Den Ausschlag für die Ablehnung gab nicht die inhaltliche Stossrichtung, sondern der Umstand, dass bereits mehrere Motionen mit ähnlichen Aufträgen angenommen worden waren und der Bundesrat die Geothermie in seine Energiestrategie aufgenommen hatte.

Motion der FDP-Liberale Fraktion für eine Offensive in der tiefen Geothermie (Mo. 11.3498)
Dossier: Tiefengeothermie

Eine 2012 eingereichte Motion der FDP-Liberale Fraktion zur Vergabepraxis bei der KEV (kostendeckende Einspeisevergütung) wurde am 17. März 2014 im Nationalrat behandelt. Die Motion fordert eine Änderung der Vergabepraxis, so dass bereits realisierte Projekte Vorrang vor den erst projektierten erhielten. Viele Projekte auf der langen Warteliste für KEV-Beiträge seien durch Einsprachen blockiert und verblieben deshalb lange Zeit auf der Warteliste. Dadurch würden bereits gebaute Projekte am Bezug von KEV-Beiträgen gehindert. Der Bundesrat lehnte die Motion ab, da sie die Mitnahmeeffekte der KEV erhöhe und durch die ständige Bearbeitung der Warteliste zu administrativem Mehraufwand führe. Bundesrätin Leuthard führte weiter an, die KEV werde im Rahmen der Energiestrategie 2050 in der UREK-NR diskutiert und bat den Rat, dieser Diskussion nicht vorzugreifen. Trotz diesem Votum stimmte der Nationalrat mit überwältigender Mehrheit zu: Allein die GLP-Fraktion stimmte (zusammen mit einer Stimme der Grünen) gegen die Motion, welche mit 170 zu 11 Stimmen bei 5 Enthaltungen angenommen wurde. Der Ständerat hat sich 2014 nicht zum Geschäft geäussert.

Vergabepraxis bei der KEV

Was prägte 2013 die Schweizer Politik? Welches waren die bedeutenden Geschäfte im Parlament? Und was hat die politisch interessierte Öffentlichkeit bewegt? Nachfolgend werden die wichtigsten Ereignisse im Jahr 2013 zusammengefasst und anschliessend nach Thema geordnet aufgelistet. Mit den Links gelangen Sie direkt zu diesen im Berichtsjahr zentralen Geschäften und Ereignissen. Vous trouverez ici la version française de cet article.

Ein Überblick über ein Jahr Schweizer Politik kommt nicht um die Betrachtung direktdemokratischer Prozesse und Entscheidungen aus. Hier macht auch das Jahr 2013 keine Ausnahme. In der Tat prägten verschiedene Entscheide der Stimmbevölkerung an der Urne aber auch Diskussionen um den Gebrauch der direktdemokratischen Instrumente das politische Jahr. Die im Frühjahr an der Urne erfolgreiche Abzockerinitiative – das seit 1891 insgesamt zwanzigste Volksbegehren, das von der Bevölkerung gutgeheissen wurde – warf dabei Wellen bis ins Ausland. Für einmal wurde die Schweiz dort aufgrund von Abstimmungsergebnissen nicht als ausländerfeindlich wahrgenommen, wie dies etwa bei der Minarett- und der Ausschaffungsinitiative der Fall gewesen war, sondern als leuchtendes Beispiel gefeiert. Nicht mehr vorwiegend rechtskonservative und populistische Parteien, sondern linke Kreise feierten die direkte Demokratie der Schweiz als nachahmenswertes Vorbild. Auch innenpolitisch schien die angenommene Initiative von Thomas Minder der Linken einigen Schub zu verleihen. Im Laufe des Jahres scheiterten dann allerdings die beiden von linker Seite gestützten Volksinitiativen zur Abschaffung der Wehrpflicht und «1:12 – für gerechte Löhne» deutlich. Der Wirtschaftsverband Economiesuisse – einer der grössten Verlierer der Abstimmung zur Abzockerinitiative – unterzog sich einer Neustrukturierung.

Die zunehmenden Erfolgschancen von Volksbegehren fachten aber auch eine generelle Diskussion über die Instrumente der direkten Demokratie an. Aufgrund der scheinbar steigenden Zahl an lancierten und abzustimmenden Volksbegehren wurde in der Presse vor einer eigentlichen Initiativenflut gewarnt und eine Erhöhung der Hürden zur Einreichung einer Initiative angemahnt.

Zu reden gab auch die zusehends schwieriger werdende Umsetzung von erfolgreichen Initiativen. Da sie eine Verwässerung ihrer Ausschaffungsinitiative befürchtete, hatte die SVP schon 2012 eine Durchsetzungsinitiative lanciert, die im Berichtjahr vom Bundesrat als teilungültig erklärt wurde; dies stellt ein mit der Verfassungsrevision 1999 möglich gewordenes Novum dar. In die Diskussion über die Umsetzung von Volksbegehren schaltete sich indirekt auch das Bundesgericht ein, das bei Fragen zu Ausschaffung und Verwahrung in einzelnen Fällen Völkerrecht über Landesrecht stellte. Während deswegen aus rechtskonservativer Perspektive ein Abbau der direkten Demokratie befürchtet wird, argumentiert die andere Seite, dass hier lediglich institutionelle Kontrollen greifen.

Dass direktdemokratische Institutionen – so oder so – überaus träge und reformresistent sind, zeigte sich im Berichtjahr nicht nur am nach wie vor sehr hohen Institutionenvertrauen der Bevölkerung, sondern auch am Umstand, dass die Initiative für eine Volkswahl des Bundesrates als möglicher Ausbau der direkten Demokratie an der Urne sehr deutlich abgeschmettert wurde. Darüber hinaus wurden die sanften Reformvorschläge des Bundesrates – die mögliche Warnung von Umsetzungsproblemen einer Initiative bereits im Unterschriftensammelstadium und eine Anpassung der Ungültigkeitsgründe – bereits in der Vernehmlassung versenkt. 2013 fielen im Falle des Familienartikels das Stände- und das Volksmehr zum zwölften Mal auseinander. Schliesslich verlief auch die nach solchem Abstimmungsausgang fast schon obligate Diskussion um eine Reform des Doppelmehrs im Sande.

Mehr Reformwille zeigte sich im Berichtjahr in den Kantonen. Auch angestossen von einem Bundesgerichtsentscheid wurden in zahlreichen Kantonen Wahlrechtsreformen angegangen oder bereits umgesetzt. Zu reden gab dabei insbesondere der Fall Schwyz: Das in der neuen Kantonsverfassung vorgesehene Mischverfahren zwischen Proporz und Majorz wurde vom nationalen Parlament als nicht bundesverfassungskonform betrachtet. In der Folge wurde das neue Schwyzer Wahlrecht nicht gewährleistet – ein Entscheid, der im nationalen Parlament nur extrem selten und mit grosser Zurückhaltung gefällt wird. Reformwille zeigte sich auch bei den kantonalen Regierungsratswahlen. Aus den fünf Gesamterneuerungs- und den vier Ersatzwahlen resultierte in nicht weniger als sieben Kantonen eine neue parteipolitische Regierungszusammensetzung.

Die Schweizerische Aussenpolitik kann auch 2013 mit dem Adjektiv «harzig» umschrieben werden. Zwar brachte die Schweiz als erstes europäisches Land – allerdings nach teilweise heftigen parlamentarischen Debatten – ein Freihandelsabkommen mit China unter Dach und Fach. Mit den Nachbarstaaten und den USA fand die Schweiz jedoch keine Einigung in den umstrittenen Dossiers. Das Parlament lehnte das neue Erbschaftssteuerabkommen mit Frankreich ab und Deutschland legte den lange ausgehandelten Staatsvertrag zur Beilegung des Fluglärmstreits auf Eis. Die Beziehungen zu den USA wurden nach wie vor durch den Steuerstreit belastet. Zwar billigten die Räte ein Abkommen zur vereinfachten Umsetzung zu FATCA, das von den Vereinigten Staaten angebotene, lange Zeit intransparente und unilaterale Programm zur Lösung des Steuerstreits stiess im Parlament allerdings auf taube Ohren. Die Banken müssen sich entsprechend ohne parlamentarische Rückendeckung zwischen Verletzung schweizerischen Rechts (Bankgeheimnis) und Kooperation mit US-Behörden zwecks Verhinderung einer Strafe wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung entscheiden.

Auch die Beziehungen mit der EU kamen 2013 erneut nicht richtig vom Fleck. Nach wie vor wurde um institutionelle Fragen gerungen. Trotz teilweise heftiger Kritik optierte der Bundesrat für ein Verhandlungsmandat, bei dem der Europäische Gerichtshof bei strittigen Auslegungsfragen der Bilateralen Verträge als Schiedsgericht vorgesehen ist, wobei das Mandat auch die Idee einer Ausstiegsklausel beinhaltet. Auf wenig Verständnis innerhalb der EU stiess die Anrufung der Ventilklausel gegenüber den alten Mitgliedstaaten der EU und die Verlängerung dieser Klausel gegenüber den osteuropäischen Staaten. Vielversprechender waren die Beziehungen der Schweiz mit der EU im Berichtjahr im Feld der Bildungspolitik. Das Parlament bewilligte fast CHF 4.5 Mrd. Franken für die Beteiligung der Schweiz an Horizon 2020, dem Rahmenprogramm für Forschung und Innovation der EU, und der Bundesrat beantragte Gelder für die Partizipation am EU-Programm für allgemeine und berufliche Bildung – «Erasmus für alle». Zudem machte ein an der ETH Lausanne angesiedeltes Projekt mit dem Namen «Human Brain Project» das Rennen um die EU-Fördermilliarde.

Wirtschaftlich konnte sich die Schweiz nach wie vor von ihren Nachbarn absetzten. Das BIP wuchs 2013 um zwei Prozent und die Staatsrechnung schloss zum wiederholten Mal entgegen den Erwartungen mit einem Überschuss. Statt dem budgetierten Defizit von CHF 400 Mio. resultierte ein rund CHF 1.3 Mrd. starker Gewinn. Die Arbeitslosenquote stieg zwar im Berichtjahr leicht an, war aber im europaweiten Vergleich mit 3.2 Prozent nach wie vor sehr niedrig.

Viel Druckerschwärze wurde im Berichtjahr aufgrund der geplanten Beschaffung des Kampfjets «Gripen» verbraucht. Nach den zahlreichen in der Presse kolportierten Indiskretionen bezüglich Evaluation und Kaufvertrag der 22 schwedischen Jets, die für CHF 3.126 Mrd. gekauft werden sollten, wurde auch immer wieder die Frage aufgeworfen, ob es sich beim Gripen um das geeignete Flugzeug handle. In den Räten wurde das Beschaffungsgeschäft nach einigem Hin und Her relativ knapp gutgeheissen. Der Entscheid stand allerdings noch unter Vorbehalt, da das Gripen-Fondsgesetz, mit dem die Beschaffung finanziert werden sollte, dem fakultativen Referendum unterstand. Die Linke und die GSoA, die bereits vor den Ratsdebatten ihren Referendumswillen bekundet hatten, aber auch ein bürgerliches Komitee mit der GLP an der Spitze sammelten in kurzer Zeit die nötigen Unterschriften. Die Abstimmung wurde auf Mai 2014 terminiert; der Abstimmungskampf wurde allerdings schon Ende 2013 lanciert. Im September des Berichtjahres bekundete die Bevölkerung mit der deutlichen Ablehnung der Initiative «Aufhebung der Wehrpflicht» eine grundsätzlich armeefreundliche Haltung.

Wichtige Pflöcke wurden 2013 bei der Infrastrukturpolitik eingeschlagen. Im Frühjahr stimmte die Bevölkerung mit deutlichem Mehr dem revidierten Raumplanungsgesetz zu, das einen haushälterischen Umgang mit der Ressource Boden verspricht. Die mit der Revision verbundene Rückzonungspflicht von überdimensionierten Bauzonen stiess einzig im Kanton Wallis auf grossen Widerstand, was sich in einem wuchtigen Nein-Anteil von über 80 Prozent manifestierte. Alle anderen Kantone befürworteten die Gesetzesänderung. Mit der Bereinigung des Bundesbeschlusses über die Finanzierung und den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur (FABI) wurden in den Räten wichtige Weichen für einen Ausbau des öffentlichen Verkehrs gelegt. Die beiden Kammern genehmigten dabei mit rund CHF sechs Mrd. fast doppelt so viel Geld wie vom Bundesrat ursprünglich vorgesehen. Da mit FABI Verfassungsänderungen vorgesehen sind, wurde das obligatorische Referendum auf 2014 festgesetzt. Einen Dämpfer erhielt die Verkehrspolitik Ende Berichtjahr, als die Stimmbevölkerung eine Erhöhung der Nationalstrassenabgabe von 40 auf 100 Franken ablehnte. Das erfolgreiche Referendum verhinderte damit auch die an die Vignettenvorlage geknüpfte Erweiterung des Nationalstrassennetzes um rund 400 km. Der 2011 beschlossene Ausstieg aus der Atomenergie nahm im Berichtjahr mit der bundesrätlichen Botschaft zum ersten Massnahmepaket der Energiestrategie 2050 konkretere Formen an. Mit einer Reduktion des Energieverbrauchs und der Intensivierung der Entwicklung und Nutzung von Quellen erneuerbarer Energien soll das Energiesystem so umgebaut werden, dass die fünf Kernkraftwerke am Ende ihrer Betriebsdauer ersatzlos stillgelegt werden können. Um die Länge eben dieser Betriebsdauer wurde auch 2013 gerungen. Nachdem im Februar eine Gruppe internationaler Sicherheitsexperten Mängel beim AKW Mühleberg aufgezeigt hatte, entschied sich die Betreiberin BKW für eine Stilllegung im Jahr 2019, weil sich die nötigen sicherheitstechnischen Verbesserungen wirtschaftlich nicht lohnen würden. Eine kantonale Abstimmung zur sofortigen Stilllegung des Bernischen AKW steht für 2014 an.

Eine in den nächsten Jahren noch weiter an Bedeutung gewinnende Baustelle stellen die Gesundheits- und Sozialpolitik dar. Auf der einen Seite bedingen die demographischen Veränderungen Anpassungen im Gesundheitswesen. Auch die zusätzlich durch den medizinisch-technischen Fortschritt verursachten, wachsenden Gesundheitskosten müssen längerfristig gebremst werden. Mit seiner Gesamtschau Gesundheit2020 legte der Bundesrat ein Massnahmepaket vor, mit dem das Gesundheitssystem auf die kommenden Herausforderungen ausgerichtet werden soll. Auf der anderen Seite steigert die zunehmende Alterung der Bevölkerung aber auch den Druck auf die Sozialwerke. Auch hier präsentierte der Bundesrat ein Perspektivpapier. Die Altersvorsorge 2020 sieht eine umfassende und gleichzeitige Reform der ersten und der zweiten Säule vor. Ein flexibles Referenzrentenalter 65 für Frauen und Männer, die Senkung des Umwandlungssatzes und die Erhöhung der Mehrwertsteuer sollen die Finanzierung der AHV sichern, ohne Einbussen in den Renten hinnehmen zu müssen. Auch die Invalidenversicherung muss saniert werden. Im Berichtjahr versenkte allerdings eine Allianz aus ratslinken und -rechten Parlamentariern nach über zweijähriger Kommissions- und Parlamentsdebatte den zweiten Teil der 6. IV-Revision.

Zweimal äussern durfte sich die Schweizer Stimmbevölkerung 2013 zu arbeitsmarktpolitischen Anliegen. Im September wurde eine Liberalisierungsvorlage im Bereich der Ladenöffnungszeiten von Tankstellenshops auf Autobahnraststätten und Hauptverkehrswegen angenommen. Gegen diese Bestimmungen hatten Gewerkschaften, SP, Grüne, CSP und EVP zusammen mit kirchlichen Kreisen das Referendum ergriffen. Darüber hinaus und nach einer langen und intensiven Abstimmungskampagne sprach sich das Volk im November klar gegen das Volksanliegen der JUSO aus, womit der höchste Lohn in einem Unternehmen maximal das Zwölffache des tiefsten Lohnes im Unternehmen hätte betragen dürfen.

Familienpolitik war im Berichtjahr Thema zwei weiterer Volksabstimmungen. Der Familienartikel, welcher eine verbesserte Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf in der Verfassung verankern wollte, scheiterte – wie seit 1848 insgesamt nur elf weitere Abstimmungsvorlagen – am Doppelmehr. Während das Volk den Artikel mit 54.3 Prozent Ja-Stimmen annehmen wollte, stellte sich die Deutschschweiz mit 11 4/2 Standesstimmen grossmehrheitlich dagegen. Ebenfalls keine Mehrheit fand die im November zur Abstimmung gelangte SVP-Familieninitiative, die steuerliche Erleichterung für Familien forderte, die ihre Kinder selber betreuen. Hierzu sagte neben den meisten Ständen auch das Volk relativ deutlich Nein.

Das Programm zur Agrarpolitik 2014 bis 2017 passierte zwar nach langen Debatten die Räte, stiess aber nicht überall auf Anklang. Nachdem ein Referendum gegen den Beschluss abgebrochen wurde, lancierte der Bauernverband unterstützt von der SVP eine Initiative zur Lebensmittelversorgung, mit der die im Parlament gefassten Entscheide wieder umgestossen werden sollen. Eine Initiative der Grünen zur Ernährung und die wieder aufgenommenen Beratungen zum Lebensmittelgesetz dürften in nächster Zeit die Landwirtschaftspolitik beherrschen.

Im Berichtjahr feierten gleich drei Parteien runde Geburtstage. Die SP beging ihr 125-jähriges Jubiläum, die GP wurde 30 jährig und die BDP feierte ihr fünfjähriges Bestehen. Zu feiern hatte im Berichtjahr aber auch die SVP, die erstmals mehr als 20 kantonale Regierungsmandate besetzen und auch in den kantonalen Parlamenten – insbesondere in den Kantonen Neuenburg und Wallis – zulegen konnte. Während die jungen Mitteparteien BDP und GLP 2013 in den vier kantonalen Parlamentswahlen erneut Sitzgewinne verbuchen konnten, mussten per Saldo sowohl die SP, die GP, die FDP und die CVP Federn lassen – letztere konnte immerhin den Umstand feiern, zum ersten Mal in allen 26 kantonalen Parlamenten vertreten zu sein. In Genf (MCG) und in Lausanne (Ensemble à Gauche) legten die Kräfte an den Polen zu.

Politische Grundfragen:
– Die Nationalhymne soll mittels eines von der SGG ausgeschriebenen Wettbewerbs erneuert werden.
– Das Verbot für Parteianlässe auf dem Rütli wird gelockert.
– Diskussionen um ein Jubiläum zur Schlacht bei Marignano 1515 decken parteipolitisch unterschiedliche Geschichtsbilder auf.
– Direktdemokratische Entscheidungen beeinflussen das Bild der Schweiz im Ausland.
Zukunftsängste und Sorgen nehmen im Vergleich zu den Vorjahren ab; das Vertrauen in die politischen Institutionen bleibt ungebrochen hoch.

Rechtsordnung:
– Der Kanton Tessin nimmt eine Volksinitiative zum Vermummungsverbot an.
– Das Parlament debattiert die Totalrevision des Bürgerrechtsgesetzes.
– Die Revision des Geldwäschereigesetzes erleichtert den Austausch von Finanzdaten.
– Der Bundesrat plant ein Bundesgesetz über die Potentatengelder.
– Zwei tragische Mordfälle entfachen eine lebhafte Diskussion über den Schweizer Strafvollzug.
– Das Bundesgericht definiert die Kriterien für eine lebenslange Verwahrung.
– Der Fall «Carlos» führt zu einer Debatte über den Jugendstrafvollzug.
– Die Transportpflicht für Fangruppen von Sportvereinen wird gelockert.
– Die Bundesversammlung überweist eine Motion zur verstärkten Bekämpfung des Waffenmissbrauchs.
– Die gemeinsame elterliche Sorge wird unabhängig vom Zivilstand der Eltern zum Regelfall.

Institutionen und Volksrechte:
– Die Initiative zur Volkswahl des Bundesrates wurde von der Stimmbevölkerung und allen Ständen deutlich abgelehnt.
– Mitte September schaltete der Bund im Rahmen von Open Government eine Open-Data-Plattform auf.
– Nicht weniger als fünf Nationalräte tauschten 2013 ihr nationales Mandat mit einem kantonalen Regierungsposten.
– Der Ständerat führte nach einigen Zählpannen bei Abstimmung durch Handerheben eine elektronische Abstimmungsanlage ein.
– Mit der Abzockerinitiative wurde das zwanzigste Volksbegehren seit 1891 angenommen und zum zwölften Mal wies mit dem Familienartikel eine Abstimmungsvorlage eine Divergenz zwischen Volks- und Ständemehr auf.
– Der Bundesrat empfahl die Durchsetzungsinitiative für teilungültig.
– Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht sowie die Umsetzung von mit internationalem Recht nicht kompatiblen Volksinitiativen, wurden in Politik und Gesellschaft kontrovers diskutiert.
E-Voting stiess auch im Parlament zusehends auf Skepsis.

Föderativer Aufbau:
– Der Nationalrat gewährleistete das neue Schwyzer Wahlrecht nicht.
– Die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) feierte ihr 20-jähriges Bestehen.
– Der Nationale Finanzausgleich wird immer stärker kritisiert und zahlreiche Änderungsvorschläge stehen zur Debatte.
– Die Zahl der Gemeinden erreichte erneut einen Tiefststand, der Trend zu Gemeindefusionen hielt unvermindert an.
– Die Fusionsinitiativen in den Kantonen Basel-Landschaft und Basel-Stadt kamen zustande, die Diskussionen darüber verliefen eher leidenschaftslos.
– Der Berner Jura und der Kanton Jura starten kein Verfahren über eine mögliche Fusion: In der Volksabstimmung wurde der Vorschlag zwar vom Kanton Jura angenommen, vom französischsprachigen Gebiet des Kantons Bern aber verworfen.

Wahlen:
– In zahlreichen Kantonen wurden Wahlrechtsreformen diskutiert und teilweise umgesetzt.
– In vier Kantonen fanden Gesamterneuerungswahlen für die Parlamente statt. Zu den Gewinnern gehörten dabei neben der GLP und der BDP auch die SVP. In Genf legte der MCG aber auch die extreme Linke zu. Verluste musste vor allem die FDP einfahren.
– In fünf Kantonen wurde die Regierung neu besetzt. Einzig in Solothurn wurde die Regierungszusammensetzung bestätigt. In den Kantonen Appenzell Innerrhoden, Wallis, Genf und Neuenburg kam es zu teilweise grossen Änderungen und zur Abwahl bisheriger Regierungsmitglieder.
– In zwei von drei Kantonen (AR, BL) kam es bei Ersatzwahlen zu neuen Regierungszusammensetzungen; im Kanton Freiburg konnte die CVP ihren Sitz nur knapp gegen den Angriff der SP verteidigen.
– Im Kanton Tessin musste die Lega per Akklamation einen Kandidaten nachnominieren, weil niemand mehr auf der Liste war, um nachrutschen zu können.
– In Lugano eroberte die Lega bei Erneuerungswahlen auf Kosten der FDP einen dritten Stadtratssitz. In Zürich zog die Alternative Linke bei Ersatzwahlen zulasten der FDP in die städtische Exekutive ein.

Aussenpolitik:
– Das Parlament bekämpfte die Schliessung von Konsulaten und Botschaften, die durch das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) aufgrund von Sparvorgaben ebendieses Parlaments angeordnet wurde.
– Die institutionellen Fragen blockierten weiterhin die Abschlüsse von neuen Abkommen mit der EU.
– Der Bundesrat rief die Ventilklausel gegenüber den alten Mitgliedsstaaten der EU an und verlängerte jene gegenüber acht osteuropäischen Staaten (EU-8).
– Die Beziehungen zu Frankreich wurden durch die Aufkündigung der Pauschalbesteuerung sowie durch das neue Erbschaftsabkommen, das von den eidgenössischen Räten abgelehnt wurde, belastet.
– Mit China wurde ein Freihandelsabkommen unterzeichnet.
– Die Schweiz nahm auf Einladung Russlands am G20-Gipfel in Moskau teil.
– In Genf fanden verschiedene internationale Konferenzen zur Beilegung des Krieges in Syrien sowie Verhandlungen über das iranische Atomprogramm statt.

Landesverteidigung:
– Der Swisscoy-Einsatz im Rahmen der multinationalen Kosovo Force (KFOR) soll bis 2017 verlängert werden.
– Die Beschaffung des Kampfjets «Gripen» übersteht trotz Gegenwehr und Nebengeräuschen die Hürde Parlament.
– Der Bundesrat hat die Weiterentwicklung der Armee (WEA) skizziert, sie bedeutet die Umsetzung des Armeeberichts und des Sicherheitspolitischen Berichts von 2010.
– Die Volksinitiative zur Aufhebung der Wehrpflicht erleidet eine deutliche Niederlage an der Urne.
– Die Zukunft des Zivilschutzes wird in einer Strategie 2015+ vorgestellt.

Wirtschaftspolitik:
– Das Bruttoinlandprodukt der Schweiz wuchs im Berichtsjahr um zwei Prozent.
– Im Rahmen der Swissness-Vorlage einigten sich die eidgenössischen Räte auf die Kriterien zum Schutz der «Marke Schweiz».
– Der Ständerat stimmte einer Revision des Kartellgesetzes zu.
– Die Stimmbevölkerung nahm die Abzocker-Initiative an, verwarf hingegen die 1:12-Initiative.
– Das Parlament führte im Zusammenhang mit der Revision des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes (SchKG) eine Sozialplanpflicht bei Massenentlassungen ein.

Geld, Währung und Kredit:
– Die Nationalbank hielt den Mindestkurs gegenüber dem Euro aufrecht und aktivierte den antizyklischen Kapitalpuffer zur Abkühlung des Immobilienmarkts.
– Das Parlament billigte das Abkommen zur vereinfachten Umsetzung von FATCA.
– Die USA bot zur Lösung des Steuerstreits ein unilaterales Programm zur Vergangenheitsbewältigung an.
– Der Bundesrat erklärte, dass er den automatischen Informationsaustausch übernehmen wolle, sobald dieser internationaler Standard sei.
– Eine Expertengruppe zur Zukunft des Schweizer Finanzplatzes wurde ins Leben gerufen.

Landwirtschaft:
– Die Agrarpolitik 2014 bis 2017 wurde von den Räten verabschiedet und in Verordnungen umgesetzt.
Zwei Initiativen zur Ernährung und Lebensmittelversorgung der Schweizer Bevölkerung wurden lanciert.
– Die Verwaltung und das Parlament ergriffen verschiedene Massnahmen zur Verhinderung des Bienensterbens.
– Mit einem Anstieg des Milchpreises entspannte sich die Lage für die Produzenten erstmals seit der Aufhebung der Kontingentierung 2009 geringfügig.
– Die Räte nahmen die Beratungen über die Revision des Lebensmittelgesetzes auf.
– Der Bund ergriff Massnahmen zum besseren Herdenschutz vor Grossraubtieren.

Öffentliche Finanzen:
– Der Nationalrat lehnte das Erbschaftssteuerabkommen mit Frankreich ab.
– Der Bundesrat empfahl die Volksinitiative «Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe» der CVP zur Annahme.
– Im Bereich der Mehrwertsteuer trat das Parlament nicht auf das Zwei-Satz-Modell ein.
– Der Nationalrat wies das Konsolidierungs- und Aufgabenüberprüfungspaket 2014 an den Bundesrat zurück.
– Die Staatsrechnung 2013 schloss mit einem Überschuss von CHF 1.3 Mia. weit besser ab als erwartet.
– Der Voranschlag 2014 budgetierte einen Überschuss von CHF 121 Mio.

Energie:
– Der Bundesrat legte dem Parlament seine Botschaft zum ersten Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 vor.
– Die Stromeffizienz-Initiative kam zu Stande.
– Die Bernischen Kraftwerke (BKW) gaben bekannt, dass das Atomkraftwerk Mühleberg (BE) im Jahre 2019 vom Netz genommen wird.
– Der Ständerat lehnte die Wiedereinführung des Kantonsvetos in Bezug auf die Endlagerung radioaktiver Abfälle ab.
– Das Parlament hob die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) stark an, worauf die SP die Cleantech-Initiative zurückzog.

Verkehr und Kommunikation:
– Die Differenzen in der FABI-Vorlage wurden in der parlamentarischen Beratung bereinigt.
– Kritische Stellungnahmen in der Vernehmlassung zur Sanierung des Gotthardstrassentunnels änderten nichts an der Absicht des Bundesrates, eine zweite Röhre zu bauen.
– Das Bundesgesetz zum Bau und zur Finanzierung eines durchgehenden 4-Meter-Korridors durch den Gotthard wurde vom Parlament gutgeheissen.
– Das Nationalstrassenabgabegesetz wurde an der Urne verworfen.
– Der Staatsvertrag zur Beilegung des Fluglärmstreits zwischen Deutschland und der Schweiz wurde von der Bundesversammlung ratifiziert, von Deutschland jedoch auf Eis gelegt.

Raumplanung und Wohnungswesen:
– Im März wurde das revidierte Raumplanungsgesetz an der Urne deutlich angenommen; einzig der Kanton Wallis lehnte die Vorlage mit einem Nein-Anteil von über 80 Prozent äusserst klar ab.
– Das Parlament beauftragte den Bundesrat mit breit abgestützter Mehrheit, die Vorlage zur Aufhebung der Lex Koller abzuschreiben.
– Das Bundesgericht hiess in einem Leitentscheid zwei Beschwerden von Helvetia Nostra gegen den Bau von Zweitwohnungen nach dem Volksentscheid gut und attestierte der Organisation das Verbandsbeschwerderecht.
– Der Bundesrat präsentierte seinen Entwurf zur Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative, der von den Bergregionen begrüsst und von Natur- und Umweltschutzorganisationen abgelehnt wurde.
– Ein Postulat veranlasste den Bundesrat zur Prüfung einer möglichen Ausweitung der flankierenden Massnahmen auf das Wohnungswesen.

Umweltschutz:
– Der Bundesrat beschloss, der Volksinitiative «für eine nachhaltige und ressourceneffiziente Wirtschaft» einen indirekten Gegenvorschlag gegenüberzustellen und schickte einen entsprechenden Entwurf in die Vernehmlassung.
– Die 2011 als indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative «lebendiges Wasser» in Kraft getretene Anpassung des Gewässerschutzgesetzes führte bis Ende 2013 zur Einreichung von neun Standesinitiativen; ein vom Nationalrat angenommenes Postulat fordert nun einen Bericht über die Auswirkungen der Ausscheidung von Gewässerräumen auf die Landwirtschaft und auf Eigentümer von eingezontem Bauland.
– Eine von den Kommissionen angenommene parlamentarische Initiative betraut den Bundesrat mit der Erarbeitung einer Regelung, die Littering mit einer Busse bestrafen soll.
– Das Parlament verabschiedete eine Revision zur Lärmsanierung der Eisenbahn, die den Lärmschutz für Bahnanwohnerinnen und -anwohner verstärken will.

Bevölkerung und Arbeit:
– Der Bundesrat rief gegenüber den EU-Staaten die Ventilklausel an.
– Die Arbeitslosenquote stieg von 2.9 Prozent auf 3.2 Prozent an.
– Die Nominallöhne stiegen um 0.7 Prozent, die Reallöhne um 1.0 Prozent.
– Das Parlament verwarf die Mindestlohn-Initiative.
– Die Stimmbevölkerung nahm eine Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten von Tankstellenshops an.
– Der neue Gesamtarbeitsvertrag der Maschinenindustrie führte Mindestlöhne ein.

Gesundheit, Sozialhilfe, Sport:
– In der Gesamtschau «Gesundheit2020» zeigte der Bundesrat auf, wie die Gesundheitspolitik in den nächsten Jahren aussehen soll, und schuf damit ein Gefäss für mehrere Programme.
– Das Parlament formulierte einen Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Ja zur Hausarztmedizin», welche in der Folge zurückgezogen wurde.
– Der Ständerat behandelte als Erstrat eine Revision des Transplantationsgesetzes.
– Das neue Humanforschungsgesetz trat in Kraft.
– Nach erfolgreicher Differenzbereinigung beschloss das Parlament in einem Dringlichkeitsverfahren einen befristeten Ärztestopp.
«Mehr Ausbildungsplätze in der Humanmedizin» werden in einer lancierten Volksinitiative gefordert.
– Das Stimmvolk hat das Epidemiengesetz in der Referendumsabstimmug angenommen.
– Die in beiden Räten beratene Alkoholgesetzrevision brachte mehrere Differenzen hervor.
– Nach dem negativen Bündner Volksentscheid wird keine Kandidatur für die Olympischen Winterspiele 2022 eingereicht.

Sozialversicherungen:
– Die Volksinitiativen «AHVplus» und «für ein bedingungsloses Grundeinkommen» kamen zustande.
– Der Bundesrat konkretisierte seine umfassende Reformstrategie «Altersvorsorge 2020», welche eine finanzielle Konsolidierung bei Erhaltung des Leistungsniveaus bringen soll.
– Die Räte konnten sich bei grossen Teilen des zweiten Massnahmenpakets der 6. IV-Revision nicht einigen und versenkten das Revisionsvorhaben schliesslich.
– Nach heftiger Kritik in der Vernehmlassung verzichtete der Bundesrat auf einen Gegenentwurf zur Initiative «für eine öffentliche Krankenkasse».
– In einem Dringlichkeitsverfahren führten die Räte die bedarfsabhängige Zulassung für Spezialärzte vorübergehend wieder ein.

Soziale Gruppen:
– Der Bundesrat hat erste Lösungsansätze zur Umsetzung der SVP-Volksinitiative «für die Ausschaffung krimineller Ausländer» vorgestellt.
– Die Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» wurde von beiden Kammern zur Ablehnung empfohlen und die beginnende Abstimmungskampagne versprach heiss zu werden.
– Das von der Grünen Partei ergriffene Referendum gegen die dringlichen Änderungen des Asylgesetzes scheiterte an der Urne.
– Trotz Volksmehr konnte der Bundesbeschluss über die Familienpolitik die Mehrheit der Stände nicht überzeugen.
– Das Parlament empfahl die Volksinitiative «Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache» zur Ablehnung.
– Die Familieninitiative zur Einführung von Steuerabzügen für Eltern, die ihre Kinder selber betreuen, wurde in der Volksabstimmung abgelehnt.
– Der Ständerat räumte homosexuellen Paaren das Adoptionsrecht für die Kinder des Partners ein.

Bildung und Forschung:
– Die Schweiz wird sich am Programm «Erasmus für alle» der Europäischen Union für allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport 2014–2020 beteiligen, wofür der Bundesrat CHF 305.5 Mio. beantragte.
– Das Weiterbildungsgesetz setzt den Verfassungsauftrag von 2006 um.
– Die Stipendieninitiative des Verbandes der Schweizer Studierendenschaften (VSS) ist gültig. Der Bundesrat legte einen indirekten Gegenvorschlag vor.
Numerus clausus, Studiengebühren und die qualitative Auswahl von Studierenden haben vor allem Diskussionen im Bereich der eidgenössischen technischen Hochschulen befeuert.
– Das Parlament hat einen Gesamtkredit über CHF 4'389 Mio. genehmigt, der die Beteiligung der Schweiz an den Forschungs- und Innovationsprogrammen der EU, Horizon 2020, ermöglichen soll.

Kultur, Sprache, Kirchen:
– Die Annahme eines Postulats veranlasst den Bundesrat zur Prüfung von Möglichkeiten zur öffentlichen Ausstellung der Bundeskunstsammlung.
– Die Regierung verabschiedete einen Entwurf für ein totalrevidiertes Kulturgüterschutzgesetz zuhanden des Parlaments.
– In Lugano versammelten sich Lehrpersonen zur ersten Tagung der Italienischlehrer zur verstärkten Förderung der dritten Landessprache.
– Der Nationalrat forderte den Bundesrat zum Erstellen eines Berichts über die Präsenz von religiösen Symbolen im öffentlichen Raum auf.
– Aufgrund der zu Ungehorsam gegen die katholische Kirche aufrufenden Pfarrei-Initiative hatten die Bischöfe der Bistümer Basel, Chur und St. Gallen einer Einladung nach Rom zu folgen.
– Ein vom Bundesrat veröffentlichter Bericht zur Lage der Muslime in der Schweiz ortete keine gewichtigen religiösen Differenzen.

Medien:
– Sowohl die von Bundesrat Maurer wie auch den Autoren des Jahrbuchs «Qualität der Medien» geäusserten Bedenken zur abnehmenden Medienvielfalt wurden von Seiten der Pressebranche beanstandet.
– Aufgrund des neu eingesetzten Messverfahrens zur Erhebung der Fernsehquoten und dem daraus resultierenden Protest der Privatsender, allen voran «3Plus», verzögerte sich die Publikation der Nutzungsdaten zum Ärgernis der Werbekunden um mehr als ein halbes Jahr.
– Der Bundesrat präsentierte seine Botschaft zur Änderung des Radio- und Fernsehgesetzes, mit welcher die geräteabhängige Empfangsgebühr der Billag durch eine generelle Abgabepflicht ersetzt werden soll.
– Eine Konzessionsänderung ermöglichte der SRG SSR unter Kritik von bürgerlichen Parteien und privaten Anbietern eine Erweiterung ihres Online-Angebots.
– Ein in Erfüllung eines Postulats erstellter Bericht des Bundesrates ortete keine namhaften gesetzgeberischen Lücken betreffend der Rechtslage von Social Media.

Parteien:
– Gleich drei Parteien feierten 2013 ein Jubiläum: die SP wurde 125-jährig, die GP 30-jährig und die BDP feierte ihr 5-jähriges Bestehen.
– Die Familienpolitik führte in der FDP zu Auseinandersetzungen zwischen den FDP-Frauen und der Mutterpartei.
– Die SVP scheiterte mit zwei Initiativen: Noch nie erhielt die SVP an der Urne so wenig Unterstützung wie für ihre Idee einer Volkswahl des Bundesrates.
– Zum ersten Mal in ihrer Geschichte hatte die SVP mehr als 20 kantonale Regierungssitze inne.
– Die CVP ereilte eine historische Schlappe im Kanton Wallis; mit ihrem Sitzgewinn im Kanton Neuenburg war die Partei aber erstmals in allen Kantonsparlamenten der Schweiz vertreten.
– Die GLP ist die erste nicht-linke Partei, die mit dem Referendum gegen das Kampfflugzeug Gripen Opposition gegen ein Armeebeschaffungsvorhaben ausübte.
– Die Protestpartei MCG feierte in Genf Erfolge, während die Lega im Tessin den Tod ihres Gründers Giuliano Bignasca verkraften musste.

Verbände und übrige Interessenorganisationen:
– Nach der Niederlage bei der Abzocker-Initiative unterzog sich die Economiesuisse einer fundamentalen Neustrukturierung.
– Beim Schweizerischen Bauernverband wurde erstmals eine Frau zur Vizepräsidentin gewählt.
– Sowohl die Gewerkschaften als auch traditionelle Vereine hatten weiterhin mit Mitgliederschwund zu kämpfen.
– Vier Krankenkassen verliessen den Dachverband Santésuisse und bildeten eine Konkurrenzorganisation namens Curafutura.
– Das frei gewordene VCS-Präsidium wurde mit einer SP-Nationalrätin besetzt.

Jahresrückblick / Rétrospective annuelle 2013
Dossier: Jahresrückblicke 2004 bis 2014

Qu'est-ce qui figurait à l'agenda politique suisse en 2013? Quelles étaient les affaires les plus importantes au Parlement? Et qu'est-ce qui a interpellé le public intéressé par la politique ? Les événements les plus importants en 2013 sont résumés ci-dessous et ensuite listés par thème. Les liens vous mèneront directement à ces objets et événements clés de l'année en cours. Hier finden Sie die deutsche Version dieses Artikels.

Un aperçu d’une année de politique suisse n’échappe pas au thème de la démocratie directe. L’année 2013 ne fait pas exception à cette règle. En effet, les décisions du peuple, mais également des discussions portant sur l’usage des instruments de la démocratie directe ont marqué l’année politique 2013. Le succès de l’initiative populaire sur les rémunérations abusives au printemps – la vingtième acceptation d’une initiative populaire depuis 1891 – a même suscité des réactions à l’étranger. Une fois n’est pas coutume, la Suisse n’a pas été considérée comme étant xénophobe, comme cela fut le cas lors des initiatives sur les minarets et sur le renvoi des étrangers criminels, mais comme un exemple radieux de démocratie. Cette fois-ci, se sont surtout les milieux de gauche et non les partis de la droite conservatrice ou populiste qui ont célébré la démocratie directe suisse comme un modèle digne d’être suivi. Sur le plan de la politique intérieure, l’acceptation de l’initiative de Thomas Minder semblait donner des impulsions à la gauche. Néanmoins, avec l’abrogation du service militaire et l’initiative 1:12, deux initiatives populaires émanant de la gauche ont été nettement rejetées au cours de l’année. L’organisation faîtière Economiesuisse, une des plus grandes perdantes de la votation sur les rémunérations abusives, s’est soumise à une restructuration interne.

L’augmentation des chances de succès des initiatives populaires devant les urnes a stimulé un débat sur les instruments de la démocratie directe. En raison d’un nombre présumé croissant d’initiatives populaires lancées et soumises au vote, le spectre d’une véritable avalanche d’initiatives a été pointé du doigt dans la presse. Il a notamment été question de renforcer les critères nécessaires à la qualification des initiatives.

Les difficultés liées à la mise en œuvre des initiatives acceptées ont également été au centre des discussions. Comme elle craignait une dilution de l’initiative sur les renvois, l’UDC avait lancé dès 2012 une initiative de mise en œuvre, initiative qui a été déclarée partiellement nulle par le Conseil fédéral durant l’année sous revue. Cette première a été rendue possible par la révision constitutionnelle de 1999. Quant au Tribunal fédéral, celui-ci s’est indirectement immiscé dans le débat en estimant que le droit international primait sur le droit interne en matière de renvoi et d’internement à vie. Alors que la droite conservatrice a redouté un démontage de la démocratie directe, les partisans de cette décision ont fait valoir le bon fonctionnement des contrôles institutionnels.

Quoi qu’il en soit, il s’est de nouveau avéré que les institutions de la démocratie directe étaient léthargiques et difficiles à réformer au cours de l’année. En effet, la confiance qu’accorde la population aux institutions est très élevée et l’initiative populaire demandant l’élection du Conseil fédéral par le peuple a été balayée. Par ailleurs, deux modestes propositions de réforme émanant du Conseil fédéral (possibilité de lancer, dès la récolte des signatures, un avertissement concernant les initiatives pouvant causer des problèmes de mise en œuvre ainsi qu’une modification des motifs de nullité) ont été rejetées au stade de la procédure de consultation. Dans le cas de l’article constitutionnel sur la politique familiale, la majorité du peuple et celle des cantons n’ont pas rendu le même verdict et cela pour la douzième fois dans l’histoire de la Confédération. Les discussions, quasi obligées, portant sur une réforme de la double majorité, qui ont suivi le résultat du vote, n’ont cependant pas abouti.

Une plus grande volonté de réforme a pu être observée dans les cantons. Notamment en raison d’une décision du Tribunal fédéral, de nombreux cantons ont entamé ou déjà mis en œuvre une réforme de leur système électoral. C’est surtout le cas du canton de Schwytz qui a fait parler de lui. Le parlement fédéral a considéré que le procédé électoral mixte, prévu dans la nouvelle constitution du canton et oscillant entre scrutin proportionnel et scrutin majoritaire, était contraire à la constitution fédérale. Dans la foulée, la nouvelle loi électorale n’a pas été garantie. Il est extrêmement rare que l’on assiste à ce type de décision, le parlement fédéral faisant preuve d’une grande réticence. Une volonté de réforme s’est également montrée lors des élections aux exécutifs cantonaux. Parmi les cinq élections de renouvellement et les quatre élections de remplacement, la composition partisane des divers gouvernements a changé dans pas moins de sept cantons.

La politique étrangère suisse s’est de nouveau avérée difficile en 2013. Certes, la Suisse a, en tant que premier pays européen et malgré un débat parlementaire houleux dans les chambres fédérales, mené à bon port l’accord de libre-échange avec la Chine. Mais, avec les pays européens et les Etats-Unis, la Suisse n’a cependant pas trouvé d’accord dans les dossiers brûlants. Le parlement a refusé la convention avec la France en matière de successions et l'Allemagne a mis en veille la convention bilatérale, sur le différend concernant le bruit du trafic aérien, négociée de longue date avec l’Allemagne. Les relations avec les Etats-Unis ont continué d’être affectées par le conflit fiscal. Il est vrai que les chambres fédérales ont adopté un accord visant à faciliter la mise en œuvre de FATCA, mais un programme visant à résoudre le conflit fiscal, programme proposé par les Etats-Unis de manière unilatérale et longuement tenu opaque, s’est heurté à la sourde oreille du parlement. En conséquence, les banques devront, en l’absence de soutien du parlement, opter entre violation du droit suisse (secret bancaire) et coopération avec les autorités américaines en vue d’éviter une sanction pour complicité en matière de soustraction d'impôt.

Les relations avec l’Union européenne n’ont toujours pas eu le vent en poupe en 2013. Celles-ci se sont heurtées aux questions institutionnelles. Malgré des critiques parfois virulentes, le Conseil fédéral a opté pour un mandat de négociation prévoyant la Cour de justice des Communautés européennes comme tribunal d’arbitrage en cas de litiges relatifs aux accords bilatéraux, le mandat contenant cependant l’idée d’une clause d’exemption. L’activation de la clause de sauvegarde par rapport aux anciens membres de l’Union européenne et la prolongation de cette clause vis-à-vis des états de l’Europe de l’Est n’a suscité que peu de compréhension au sein de l’UE. Dans le domaine de la politique de l’éducation, les relations avec l’UE se sont révélées bien plus prometteuses au cours de l’année sous revue. Le parlement a accordé 4.5 milliards de francs à la participation de la Suisse à «Horizon 2020», le programme-cadre de l’Union européenne en matière de recherche et d’innovation et le parlement a proposé des fonds quant à la participation à «Erasmus pour tous», le programme d’éducation, de formation, de jeunesse et de sport de l’UE. En outre, le projet de recherche intitulé «Human Brain Project» de l’Ecole polytechnique fédérale de Lausanne a décroché un milliard d’euros octroyés par la Commission européenne de la recherche.

Sur le plan de l’économie, la Suisse s’est de nouveau distinguée de ses voisins. Le PIB a progressé de deux pourcents et les comptes de la Confédération ont une fois de plus affiché un excédent. Alors que le budget prévoyait un déficit de 400 millions de francs, un surplus conséquent d’environ 1.3 milliards de francs a été enregistré. Le taux de chômage a légèrement augmenté durant l’année sous revue, mais en comparaison européenne le niveau affiché, de l’ordre de 3.2 pourcent, est resté très bas.

L’acquisition prévue d’avions de combat du type «Gripen» a fait couler beaucoup d’encre durant l’année sous revue. Des indiscrétions publiées dans la presse au sujet de l’évaluation et du contrat de vente des 22 avions d’un montant de 3.126 milliards de francs ont soulevé la question de savoir si le Gripen était l’avion approprié. Après bien des tergiversations, les Chambres fédérales se sont prononcées en faveur de l’acquisition à une assez courte majorité. Cette décision n’était cependant pas définitive. Etant donné que la loi fédérale sur le fonds d’acquisition était soumise au référendum facultatif, les partis de gauche et le GSsA, qui avaient déjà fait part de leur intention de lancer le référendum lors des délibérations parlementaires, mais également un comité libéral, sous la responsabilité des Vert’libéraux, ont récolté en un court laps de temps le nombre de signatures requises. Malgré le fait que la votation ait été programmé pour mai 2014, la campagne a démarré dès la fin de l’année 2013. En septembre de l’année sous revue, la population a exprimé une attitude fondamentalement favorable à l’armée en rejetant l’initiative populaire « oui à l’abrogation du service militaire obligatoire ».

En matière de politique d’infrastructure, des décisions importantes sont intervenues en 2013. Au printemps, la population a accepté à une large majorité la révision de la loi sur l’aménagement du territoire ayant pour but une gestion plus économe du sol. La révision, qui stipule notamment un déclassement de zones à bâtir surdimensionnées, n’a soulevé une grande opposition que dans le canton du Valais, ce qui s’est manifesté par un rejet massif à hauteur de plus de 80 pourcent. Les autres cantons ont tous approuvé la révision de la loi. En adoptant le projet de financement et d’aménagement de l’infrastructure ferroviaire (FAIF), les Chambres fédérales ont posé d’importants jalons quant à l’extension des transports publics. Le parlement a autorisé une enveloppe d’environ six milliards de francs, ce qui correspond presque à un doublement des fonds par rapport à la proposition du Conseil fédéral. Etant donné que FAIF contient des amendements constitutionnels, c’est le peuple qui s’exprimera sur cet objet en 2014. La politique des transports a essuyé un revers à la fin de l’année sous revue lorsque les citoyens ont rejeté une augmentation du prix de la vignette autoroutière de 40 à 100 francs. Cette décision référendaire a également eu pour conséquence la non-réalisation de l’extension du réseau autoroutier d’environ 400 km. La décision prise en 2011 de sortir de l’énergie nucléaire a été concrétisée sous forme d’un message du Conseil fédéral portant sur le premier paquet de mesures de la Stratégie énergétique 2050. Afin de pouvoir arrêter les cinq centrales nucléaires sans que celles-ci ne soient remplacées, le gouvernement préconise une réduction de la consommation d’énergie et la promotion des énergies renouvelables. La question des délais a fait l’objet d’âpres affrontements. Après qu’un groupe d’experts internationaux ait constaté des manquements en matière de sécurité dans la centrale de Mühleberg, l’exploitant FMB a décidé la fermeture du site d’ici à 2019 pour des raisons économiques. Une initiative cantonale demandant une mise à l’arrêt immédiate de la centrale bernoise est programmée pour 2014.

La politique de la santé et la politique sociale constituent des chantiers qui continueront de gagner en importance au cours des prochaines années. D’une part, les évolutions démographiques demanderont des adaptations au sein du système de santé publique. D’autre part, les coûts liés aux avancées technologiques devront être maîtrisés à long terme. Par sa stratégie globale « Santé2020 », le Conseil fédéral a présenté un paquet de mesures afin que le système sanitaire puisse faire face aux défis à venir. D’autre part, le vieillissement croissant de la population accroît la pression sur les assurances sociales. Le Conseil fédéral a également publié un document de vue d’ensemble. La « Prévoyance vieillesse 2020 » vise à réformer en profondeur et de manière simultanée le premier ainsi que le second pilier. Il est prévu que le financement de l’AVS puisse être garanti, sans baisse au niveau des rentes, par une flexibilisation de l’âge de la retraite, la référence se situant à 65 ans pour les femmes comme pour les hommes, par un abaissement du taux de conversion minimal dans le cadre de la prévoyance professionnelle et par une hausse de la TVA. L’assurance invalidité doit également être assainie. Toutefois, après plus de deux ans de débats au sein des commissions et du parlement, une alliance composée de la gauche et de la droite conservatrice a fait couler la deuxième partie de la sixième révision de l’AI au cours de l’année sous revue.

Le peuple suisse a eu l’occasion de se prononcer à deux reprises sur des objets portant sur la politique du marché du travail. En septembre, il a accepté un projet de libéralisation dans le domaine des heures d’ouverture des magasins de stations-service situés sur les aires d'autoroutes ou le Iong d'axes de circulation importants fortement fréquentés. En coopération avec des organisations religieuses, les syndicats, le PS, les Verts, le CSP et le PEV avaient lancé le référendum. Par ailleurs, le peuple a nettement rejeté l’initiative populaire «1:12» de la Jeunesse socialiste à la suite d’une campagne longue et intense. L’initiative souhaitait que le salaire le plus élevé ne puisse être plus de douze fois supérieur au salaire le plus bas versé par la même entreprise.

La politique familiale a également fait l’objet de deux votations durant l’année sous revue. L’article constitutionnel, qui avait pour but une meilleure conciliation entre vie familiale et professionnelle, a échoué, comme cela fut le cas pour seulement onze votations depuis 1848, à l’une des deux majorités requises. Alors que les votants ont approuvé le texte à hauteur de 54.3 pourcent, la plupart des cantons alémaniques, représentant une majorité de 11 4/2 voix de cantons, s’y sont opposés. En novembre, l’initiative populaire de l’UDC qui demandait des allègements fiscaux en faveur des parents qui gardent eux-mêmes leurs enfants n’a pas obtenu de majorité non plus. L’initiative a été assez nettement rejetée tant par la peuple que par les cantons.

La politique agricole 2014-2017 a certes été adoptée par les Chambres, mais le programme a été loin de faire l’unanimité. Après que le référendum contre le programme ait été abandonné, l’Union Suisse des paysans a lancé, avec le soutien de l’UDC, une initiative portant sur la sécurité alimentaire dont le but consiste à revenir sur des décisions prises par le parlement. Une initiative lancée par les Verts visant à des aliments équitables et la reprise des délibérations parlementaires relatives à la loi sur les denrées alimentaires marqueront la politique agricole dans les prochaines années.

Au cours de l’année sous revue, pas moins de trois partis ont fêté des anniversaires importants. Le PS a célébré ses 125 ans, les Verts leurs 30 ans et le PBD ses 5 ans d’existence. Quant à l’UDC, elle a pu se réjouir du fait qu’elle ait, pour la première fois, dépassé la barre des 20 mandats au niveau des exécutifs cantonaux et gagné du terrain pour ce qui est des parlements cantonaux, notamment à Neuchâtel et en Valais. Alors que le PBD et les Vert’libéraux, les jeunes partis du centre, ont de nouveau enregistré une augmentation de leurs sièges, le PS, les Verts, le PLR et le PDC y ont au final tous laissé des plumes. Les chrétiens-démocrates se sont consolés par le fait d’être, pour la première fois de leur histoire, représentés dans tous les 26 parlements cantonaux. A Genève (MCG) et à Lausanne (Ensemble à Gauche), ce sont des forces politiques aux extrêmes qui ont progressé.

Problèmes politiques fondamentaux:
– La SSUP, qui souhaite remplacer l’hymne national suisse actuel, a lancé un concours artistique.
– L’interdiction faite aux partis politiques de se rendre sur la prairie du Grütli a été assouplie.
– Les discussions autour de l’anniversaire de la bataille de Marignan de 1515 ont mis en avant des conceptions de l’histoire qui divergent selon les partis politiques.
– Des décisions de la démocratie directe suisse influencent l’image de la Suisse à l’étranger.
– Les peurs de l’avenir et les soucis diminuent comparé aux années précédentes; la confiance en les institutions politiques reste élevée.

Ordre juridique:
– Le Tessin a voté pour une interdiction de porter la burqa et le niqab dans l’espace public.
– Le parlement discute la révision totale de la loi fédérale sur la nationalité suisse.
– La révision de la loi sur le blanchiment d’argent améliore l'échange d'informations financières.
– Le Conseil fédéral projet une loi sur le blocage et la restitution des valeurs patrimoniales d’origine illicite de personnes politiquement exposées à l’étranger.
– Une vive discussion sur les exécutions des peines en Suisse est déclenchée par deux assassinats tragiques.
– Le Tribunal fédéral définie les critères qui mènent à un internement à vie.
L’affaire «Carlos» ouvre un débat sur l'exécution des peines applicables aux mineurs.
L’obligation de transporter des groupements de supporters des clubs sportifs est assouplie.
– L’Asemblée fédérale transmet une motion pour lutter contre l'utilisation abusive des armes.
L’autorité parentale conjointe deviendra la règle.

Institutions et droits populaires:
– L'initiative demandant l'élection du Conseil fédéral par le peuple a été clairement refusée par le peuple et par les cantons.
– Au milieu du mois de septembre, la Confédération a ouvert une plateforme Open-Data dans le cadre du projet pilote Open Government.
– En 2013, pas moins de cinq conseillers nationaux ont échangé leur costume de parlementaire contre celui de ministre cantonal.
– Le Conseil des Etats a introduit un système de vote électronique suite à quelques imprécisions de comptabilisation des votes à mains levées.
– L’acceptation de l’initiative Minder a marqué la vingtième demande populaire acceptée depuis 1891, et pour la douzième fois, une divergence entre la majorité du peuple et des cantons a été fatale pour l’arrêté fédéral sur la politique familiale.
– Le Conseil fédéral a recommandé de déclarer l’initiative de mise en œuvre partiellement invalide.
– La relation entre le droit international et national, ainsi que la mise en œuvre d’initiatives populaires contraires au droit international ont été largement discutées dans l’espace public et politique.
– Le parlement s’est montré de plus en plus sceptique face à l’introduction du e-voting.

Structures fédéralistes:
– Le Conseil national n’a pas validé le nouveau droit de vote du canton de Schwytz.
– La Conférence des gouvernements cantonaux (CdC) a fêté ses 20 ans d’existence.
– La péréquation financière nationale est de plus en plus critiquée; de nombreuses propositions de modifications animent les débats.
– Le nombre de commune a atteint le niveau le plus bas; la forte tendance à des fusions s’est poursuivie.
L’initiative sur la fusion des cantons de Bâle-Campagne et Bâle-Ville a été conclue, les discussions qui l’entourent n’ont pas passionné.
– Le Jura bernois et le canton du Jura n’ont entamé aucune procédure concernant une possible fusion: si la proposition a été acceptée par le canton du Jura lors de la votation populaire, elle a été rejetée par la partie francophone du canton de Berne.

Elections:
– Dans de nombreux cantons, des réformes du droit de vote ont été discutées et en partie mises en œuvre.
– Dans quatre cantons, les parlements cantonaux ont été renouvelés. Du côté des vainqueurs, nous retrouvons les vert’libéraux, le PBD et aussi l’UDC. A Genève, le MCG et l’extrême gauche ont progressé. Les principales pertes sont à déplorer du côté du PLR.
– Dans cinq cantons, les élections pour le gouvernement ont eu lieu. Il n’y a qu’à Soleure que la composition du gouvernement ait été confirmée. Du côté des cantons d’Appenzell Rhodes-Intérieures, du Valais, de Genève et de Neuchâtel, nous avons assisté à des modifications relativement importantes des gouvernements, avec notamment la non-réélection d’anciens membres.
– Dans deux des trois cantons où des élections complémentaires ont eu lieu, la composition partisane du gouvernement a changé (AR, BL); dans le canton de Fribourg, le PDC a réussi à défendre son siège face au PS.
– N’ayant pas de viennent-ensuite sur leur liste électorale, la Lega a désigné un nouveau ministre.
– A Lugano, lors des élections du conseil municipal, la Lega a conquis un troisième siège au dépend du PLR. A Zurich, la gauche alternative est entrée à l’exécutif au frais du PLR.

Politique étrangère:
– Les fermetures de consulats et d’ambassades ordonnées par le Département fédéral des affaires étrangères (DFAE) suite aux demandes d’économies du parlement ont été combattues par ce même parlement.
– Le règlement des questions institutionnelles a continué de bloquer la conclusion de nouveaux accords avec l’UE.
– Le Conseil fédéral a maintenu la clause de sauvegarde envers les pays de l’UE-8 et l’a également élargie aux pays de l’UE-17.
– Les relations avec la France ont été entachées par la dénonciation des forfaits fiscaux accordés à certains expatriés fiscaux et la nouvelle convention sur les successions refusée par le parlement helvétique.
– Un accord de libre-échange a été signé avec la Chine.
– Invitée par la Russie, la Suisse a participé au G20 à Moscou.
– Genève a accueilli des conférences internationales visant à mettre un terme à la guerre en Syrie, ainsi que des pourparlers sur le dossier du nucléaire iranien.

Armée:
– L’engagement de la Swisscoy au sein de la Kosovo Force multinationale (KFOR) a été prolongé jusqu’en 2017.
– L’acquisition des avions de combat «Gripen» a passé la rampe parlementaire malgré des sons discordants.
– Le Conseil fédéral a esquissé les contours du Développement de l’armée (DEVA), qui constitue la mise en œuvre du rapport sur l’armée 2010 et du rapport sur la politique de sécurité de 2010.
– L’initiative populaire demandant l’abrogation du service militaire obligatoire a subi une nette défaite aux urnes.
– L’avenir de la protection civile sera présenté dans le cadre d’une Stratégie 2015+.

Politique économique:
– Le produit intérieur brut de la Suisse a progressé de deux pourcents au cours de l’année sous revue.
– Dans le cadre du projet Swissness, les chambres fédérales se sont mises d’accord sur les critères permettant une meilleure protection de la «marque suisse».
– Le Conseil des Etats a adopté une révision de la loi sur les cartels.
– Le peuple suisse a accepté l’initiative populaire contre les rémunérations abusives, mais a rejeté l’initiative 1à12.
– En relation avec la révision de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite (LP), le parlement a introduit une obligation de plan social s’agissant des licenciements collectifs.

Crédit et monnaie:
– La Banque Nationale a maintenu le cours plancher face à l’Euro et a activé le volant de fonds propres anticyclique afin d’éviter une surchauffe du marché immobilier.
– Le parlement a approuvé un accord en vue d’une mise en œuvre simplifiée de l’accord FATCA.
– Les Etats-Unis ont proposé un programme unilatéral visant le règlement du passé des banques afin de résoudre le différend fiscal.
– Le Conseil fédéral a exprimé son intention d’instaurer l’échange automatique d’informations dès que ce dernier serait considéré comme un standard international.
– Un groupe d’experts pour le futur de la place financière suisse a été créé.

Agriculture:
– La politique agricole de 2014 à 2017 a été acceptée par les différents conseils et inscrite comme décret.
Deux initiatives à propos de l’alimentation et des provisions du peuple suisse ont été lancées.
– L’administration et le parlement ont pris différents mesures pour empêcher l’extinction des abeilles.
– Avec une hausse du prix du lait, la première depuis la suppression des contingents en 2009, une situation favorable pour les producteurs semble se dessiner.
– Les conseils ont menés des consultations à propos de la loi sur les denrées alimentaires.
– Le Conseil fédéral a pris des mesures dans le cadre de la protection des troupeaux face à nos grands prédateurs.

Finances publiques:
– Le Conseil fédéral a rejeté la Convention en matière d’imposition sur les successions avec la France.
– Le Conseil fédéral a recommandé d’accepter l’initiative populaire «pour le couple et la famille – non à la pénalisation du mariage» émanant du PDC.
– Dans le domaine de la TVA, le parlement a décidé de ne pas entrer en matière sur le modèle à deux taux.
– Le Conseil national a renvoyé au Conseil fédéral le programme de consolidation et de réexamen des tâches 2014.
– Les comptes 2013 ont affiché un excédent de 1.3 milliards de francs, un résultat nettement supérieur aux prévisions.
– Le budget 2014 a affiché un surplus de 121 millions de francs.

Energie:
– Le Conseil fédéral a présenté au parlement son message relatif au premier paquet de mesures de la Stratégie énergétique 2050.
– L’initiative populaire «Pour un approvisionnement en électricité sûr et économique» a abouti.
– Les Forces motrices bernoises (FMB) ont annoncé qu’elles débrancheraient la centrale atomique de Mühleberg (BE) en 2019.
– Le Conseil des Etats a rejeté la réintroduction du droit de véto des cantons en matière de dépôts de déchets radioactifs.
– Le parlement a fortement augmenté la rétribution à prix coûtant du courant injecté (RPC), ce qui a amené le parti socialiste à retirer son initiative populaire cleantech.

Transports et communications:
– Les divergences au sujet de FAIF ont pu être éliminées durant les délibérations parlementaires.
– Des prises de position critiques dans le cadre de la consultation relative à l’assainissement du tunnel routier du Gothard n’ont en rien changé l‘intention du Conseil fédéral de construire un deuxième tube.
– Le parlement a adopté la loi fédérale sur la construction et le financement d’un corridor continu de quatre mètres au Gothard.
– Le peuple suisse a rejeté la loi sur la vignette autoroutière.
– Le traité international destiné à résoudre le conflit portant sur le bruit de trafic aérien a été ratifié par l’Assemblée fédérale, mais mis en veilleuse par l’Allemagne.

Aménagement du territoire et logement:
– En mars, la loi révisée sur l’aménagement du territoire a été largement acceptée dans les urnes; seul le canton du Valais l’a très clairement refusée à plus de 80 pourcent de non.
– Le parlement a chargé le Conseil fédéral, à une large majorité, de classer le projet visant à abroger la Lex Koller.
– Le Tribunal fédéral a accepté deux plaintes de Helvetia Nostra relatives à la construction de résidences secondaires après la votation, il a confirmé aussi le droit de recours de l’organisation.
– Le Conseil fédéral a présenté son projet relatif à la mise en œuvre de l’initiative sur les résidences secondaires, s’il a été salué par les régions de montagne, des organisations de protection de la nature et de l’environnement l’ont refusé.
– Un postulat a incité le Conseil fédéral à examiner la prise des mesures d’accompagnement dans le domaine du logement.

Protection de l'environnement:
– Le Conseil fédéral a décidé d’un contre-projet indirect à l’initiative «pour une économie durable et fondée sur une gestion efficiente des ressources». Il a envoyé le projet en consultation.
– Le contre-projet indirect à l’initiative populaire «Eaux vivantes» concernant la protection et l’utilisation des eaux, effectué en 2011, a provoqué neuf initiatives cantonales jusqu’à fin 2013; un postulat accepté par le Conseil national exige un rapport sur les effets de la délimitation des espaces réservés aux eaux sur l’agriculture et sur les propriétaires de zones à bâtir classées.
– Une initiative parlementaire acceptée par la commission confie au Conseil fédéral l’élaboration d’un règlement qui devrait condamner l’abandon de déchets sur la voie public (Littering).
– Le parlement a accepté une révision de la loi sur la réduction du bruit émis par les chemins de fer. L’objectif est de renforcer la protection contre le bruit pour les riverains du rail.

Population et travail:
– Le Conseil fédéral a activé la clause de sauvegarde à l’égard des pays de l’Union européenne.
– Le taux de chômage est passé de 2.9 pourcent à 3.2 pourcent.
– Les salaires nominaux ont progressé de 0.7 pourcent, les salaires réels de 1.0 pourcent.
– Le parlement a rejeté l’initiative populaire sur les salaires minimums.
– Le peuple a accepté une libéralisation des heures d’ouverture des magasins de stations-services.
– La nouvelle convention collective du travail de l’industrie des machines a introduit des salaires minimums.

Santé, assistance sociale, sport:
– Dans le cadre de la stratégie «Santé2020», le Conseil fédéral a esquissé les contours de la politique sanitaire des prochaines années et a ainsi mis sur pied plusieurs programmes.
– Le parlement a émis un contre-projet à l’initiative «oui à la médecine de famille», ce qui a provoqué son retrait.
– Le Conseil des Etats s’est penché en tant que premier conseil sur la révision de la loi sur la transplantation.
– La nouvelle loi relative à la recherche sur l’être humain est entrée en vigueur.
– Suite à l‘élimination de divergences, le parlement a décidé une limitation à durée déterminée de l’admission des médecins spécialistes.
– Une initiative populaire demandant «davantage de places de formation en médecine humaine» a été lancée.
– Le peuple a accepté la nouvelle loi sur les épidémies lors d’une votation référendaire.
– La révision de la loi fédérale sur l’alcool a créé plusieurs divergences entre les deux Chambres.
– Après le refus par le peuple grison, la Suisse ne sera pas candidate à l’organisation des jeux olympiques d’hiver de 2022.

Assurances sociales:
– Les initiatives populaires «AVSplus» et «Pour un revenu de base inconditionnel» ont abouti.
– Le Conseil fédéral a concrétisé sa stratégie de réforme global de la «Prévoyance vieillesse 2020» laquelle doit amener une consolidation financière du niveau des prestations.
– Les conseils ont largement rejeté le deuxième paquet de mesure de la révision 6b de l’AI et enterré ainsi les projets de révisions.
– Après avoir essuyé de nombreuses critiques lors de la consultation, le Conseil fédéral a renoncé à lancer un contre-projet à l’initiative «Pour une caisse publique d’assurance-maladie».
– Dans un contexte d’urgence, les conseils ont autorisé temporairement de nouveau l’admission de médecins spécialistes.

Groupes sociaux:
– Le Conseil fédéral a dévoilé ses premières pistes afin de mettre en œuvre l’initiative de l’UDC «pour le renvoi des criminels étrangers».
– L’initiative «contre l’immigration de masse» a été refusée par les chambres et les débuts de campagnes avant la votation populaire ont été enflammés.
– Le référendum lancé par les Verts contre les mesures urgentes décidées dans le domaine de l’asile a échoué devant le peuple.
– Bien qu’acceptée majoritairement par le peuple, l’initiative demandant l’introduction d’un article constitutionnel pour la famille n’a pas su convaincre la majorité des cantons suisses.
– Les chambres fédérales ont refusé l’initiative populaire «financer l’avortement est une affaire privée».
– L’initiative visant à instaurer des déductions fiscales pour les personnes qui gardent leurs enfants elles-mêmes a été refusée en votation populaire.
– Le Conseil des Etats a introduit la possibilité pour les couples homosexuels d’adopter les enfants de leur conjoint.

Enseignement et recherche:
– Dotée d’un crédit de 305.5 millions, la Suisse participera au programme «Erasmus pour tous» d’éducation, de formation, de jeunesse et de sport de l’UE (2014-2020).
– La loi sur la formation continue concrétise le mandat constitutionnel de 2006.
– L’initative sur les bourses de l’Union des Etudiant-e-s de Suisse (UNES) est valable. Un contre-projet indirect du Conseil fédéral a été mis en place.
Numerus clausus, taxes d’études et sélection qualitative ont animé les débats, notamment dans le cadre des Ecoles polytechniques fédérales (EPF).
– Le Parlement a validé le crédit de 4'389 millions de francs qui assure la participation de la Suisse aux programmes-cadres de recherches européens Horizon 2020.

Culture, langues, églises:
– L’acceptation d’un postulat pousse le Conseil fédéral à examiner la possibilité d’exposer publiquement la collection d’art de la Confédération.
– A l’intention du Parlement, le gouvernement a adopté une révision complète de la loi sur la protection des biens culturels.
– A Lugano, les enseignants se sont rencontrés dans le cadre de la première conférence sur un renforcement de l’italien comme troisième langue nationale.
– Le Conseil national a invité le Conseil fédéral à établir un rapport sur la présence de symboles religieux dans les lieux publics.
– Suite à l’initiative des paroisses qui demande de la désobéissance envers l’église catholique, les évêques de Bâle, Coire et Saint-Gall ont dû suivre une invitation à Rome.
– Le rapport du Conseil fédéral sur la situation des musulmans en Suisse n’a relevé aucune différence religieuse significative.

Médias:
– Selon le conseiller fédéral Maurer mais aussi les auteurs des quatrièmes Annales «Qualités des médias», il existe des problèmes concernant la diversité des médias qui diminue.
– Suite à une nouvelle méthode pour mesurer la part d’audience et en raison de la contestation de ces résultats par les stations privées – «3Plus» en particulier – la publication du nombre de téléspectateurs a été retardée de plus d’une demie année – source de colère des annonceurs.
– Le Conseil fédéral a présenté son message pour la modification de la loi sur la radio et la télévision, avec comme objectif un remplacement de la taxe Billag par une redevance générale.
– Malgré les critiques des partis bourgeois et des fournisseurs privés, un changement de concession a permis à la SRG SSR d’élargir son offre en ligne.
– Dans le cadre d’un rapport en réponse à un postulat, le Conseil fédéral n’a trouvé aucune lacune dans la législation au sujet des réseaux sociaux.

Partis:
– En 2013, trois partis ont fêté un anniversaire important: le PS a célébré ses 125 ans, les Verts leur 30 ans et le PBD ses 5 ans d’existence.
– La politique familiale a engendré des tensions au sein du PLR entre les femmes PLR et la direction du parti.
Deux initiatives de l’UDC ont échoué: l’UDC n’avait jamais reçu si peu de soutien populaire qu’avec son idée d’élection du Conseil fédéral par le peuple.
– Pour la première fois de son histoire, l’UDC détient plus de 20 sièges dans les exécutifs cantonaux.
– Le PDC a connu un revers historique dans le canton du Valais; mais en gagnant un siège dans le canton de Neuchâtel, il est pour la première fois représenté dans tous les parlements cantonaux de Suisse.
– Avec son référendum contre l’acquisition du Gripen, les Vert’libéraux ont été le premier parti ne se réclamant pas de gauche à s’opposer à un projet d’achat de l’armée.
– Alors que le parti de protestation MCG a connu un grand succès à Genève, la Lega a dû faire le deuil de son fondateur Giuliano Bignasca.

Associations et autres groupes d’intérêt:
– A la suite de son échec dans le cadre de l’initiative sur les rémunérations abusives, Economiesuisse s’est fondamentalement restructurée.
– Pour la première fois, une femme a été élue vice-présidente de l’Union Suisse des Paysans.
– Les syndicats ainsi que les associations traditionnelles ont dû constater une régression du nombre de membres.
– Quatre caisses d’assurance-maladie ont quitté l’association Santésuisse et mis en place une organisation concurrente du nom de Curafutura.
– Une conseillère nationale socialiste a repris la présidence de ATE.

Jahresrückblick / Rétrospective annuelle 2013
Dossier: Jahresrückblicke 2004 bis 2014

Le 20 juillet, un projet de géothermie basé à Saint-Gall a causé un tremblement de terre d’une magnitude de 3,6 sur l’échelle de Richter. Les travaux de forage ont été temporairement interrompus. Ce séisme a semé le doute quant à l’avenir de la géothermie en Suisse. Malgré cet événement et contre l’avis du Conseil fédéral, le Conseil national a adopté durant la session d’été une motion rédigée par le groupe libéral-radical visant à mettre en place des conditions incitatives à l’investissement dans la géothermie profonde. Le texte prévoit que la Confédération crée un groupe de travail, lance une offensive de communication, génère des financements de départ remboursables en faveur de projets pilotes, étende la garantie contre les risques d’exploitabilité, fixe les règles juridiques relatives à l’exploration et la sécurisation des sites, établisse des procédures d’autorisation uniformisées et accélérées, soutienne les cantons et les communes dans le choix des sites et participe de manière active aux projets de recherche à l’échelle internationale. Le Conseil des Etat ne s’est pas encore prononcé sur cet objet.

Motion der FDP-Liberale Fraktion für eine Offensive in der tiefen Geothermie (Mo. 11.3498)
Dossier: Tiefengeothermie