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Die Reaktionen auf den Bericht Widmer fielen sehr unterschiedlich aus. Die Berner Regierung bekundete ihre Enttäuschung, die berntreuen Organisationen des Berner Juras waren empört. Ihre Hauptkritik richtete sich an die Vorgabe, dass der aufzunehmende Dialog, der an sich begrüssenswert sei, einzig auf das Ziel einer Vereinigung ausgerichtet sein soll. Die Force Démocratique (FD) als wichtigste antiseparatistische Organisation machte die Aufnahme eines Dialogs abhängig vom Verzicht des Kantons Jura auf seine "Annexionsgelüste", wie sie insbesondere im Ausführungsgesetz zur Unir-Initiative zum Ausdruck kämen. Unzufrieden mit dem Bericht waren auch die Behörden der Stadt Biel. Sie kritisierten, dass die Konsequenzen der von der Kommission postulierten Abtrennung des mit der Stadt eng verbundenen Berner Juras für die Zukunft ihrer zweisprachigen Stadt nicht analysiert worden seien. Innert weniger Wochen sammelten die Kritiker des Berichts im Berner Jura und in Biel 20'000 Unterschriften für eine Petition an den Bundesrat mit der Aufforderung, den Empfehlungen des Berichts keine Folge zu leisten.
Positiv nahmen die jurassische Regierung, die Behörden der Stadt Moutier und die autonomistischen Organisationen – diese sahen im Bericht den wichtigsten "moralischen Sieg" des Juras seit 1815 – die Ausführungen der Kommission auf und beurteilten sie als realistische Konfliktlösungsvorschläge. Das RJ betonte aber, dass dieser vorgeschlagene Dialog keinesfalls die Begründung einer Kooperation über die bestehenden Kantonsgrenzen zum Ziel haben dürfe, sondern einzig der Vereinigung gewidmet sein müsse. Von den nationalen Parteien kritisierte die FDP den Bericht, während er von der CVP gelobt wurde. Auf lokaler Ebene veröffentlichte die jurassische SP gemeinsam mit der SP und der autonomistischen PSA des Berner Juras eine Stellungnahme, welche die Aufnahme eines Dialogs begrüsst, dabei aber dem von der Kommission Widmer postulierten Ziel einer Vereinigung nicht erste Priorität einräumt.

Ernennung der Konsultativkommission Widmer (1992)
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt

Der Wechsel des bisher bernischen Bezirks Laufen zum Kanton Basel-Land wurde im Berichtsjahr definitiv beschlossen. Der Bundesrat beantragte in seiner Botschaft vom 27. Januar dem Parlament sowie Volk und Ständen, dieser territorialen Veränderung, welche zuvor von den Stimmberechtigten der beiden betroffenen Kantone angenommen worden war, ebenfalls zuzustimmen.
Der Ständerat hiess diesen Antrag ohne Gegenstimmen gut. In der Diskussion im Nationalrat gab vor allem die äusserst knappe Mehrheit zu reden, mit der sich 1989 die Laufentaler für Basel-Land entschieden hatten (51,7% zu 48,3%). Ein Nichteintretensantrag Scherrer (edu, BE), der die Forderung nach einer qualifizierten Mehrheit der Betroffenen für Gebietsveränderungen ins Feld führte, wurde abgelehnt. Nicht durchzusetzen vermochte sich auch ein Antrag Seiler (svp, BE), der die Anerkennung des Kantonswechsels davon abhängig machen wollte, dass in der eidgenössischen Abstimmung nicht nur Volk und Stände, sondern auch der betroffene Bezirk zustimmen. Im Gegensatz zu dem etwa beim Bau von Infrastrukturanlagen üblichen Diskurs wandten sich nun vor allem die Vertreter der SP und der Grünen gegen eine derartige "Betroffenheitsdemokratie", während sie für eine Mehrheit der SVP und der FDP in diesem seltenen Fall eines "Heimatwechsels" berechtigt erschien. Die Gegner einer solchen "dreifachen" Mehrheit von Volk, Ständen und betroffenem Bezirk argumentierten zusammen mit Bundesrat Koller im wesentlichen verfassungsrechtlich, indem sie darauf hinwiesen, dass weder in der bernischen noch in der eidgenössischen Verfassung ein derartiges Verfahren vorgesehen sei. Nationalrat Bonny (fdp, BE) reichte eine Motion ein, welche für Kantonswechsel in Zukunft eine Zweidrittelsmehrheit der Stimmenden des betroffenen Gebiets fordert. In der Schlussabstimmung hiessen die Räte mit 30:2 resp. 112:27 den bundesrätlichen Antrag gut.
Die Kampagne zur Volksabstimmung vom 26. September warf keine hohen Wellen. Von den Parteien entschieden sich auf nationaler Ebene ausser den SD, der AP und der EDU alle für die Genehmigung des Kantonswechsels. Weniger eindeutig fielen jedoch die Parolen bei den Parteien der umliegenden Kantone aus. Die Delegierten der bernischen SVP empfahlen mit 147:90 Stimmen bei 76 Enthaltungen die Nein-Parole; mit 131:52 noch deutlicher war die Ablehnung bei der bernischen FDP. Im Kanton Solothurn entschied sich die CVP knapp für ein Ja, während die Freisinnigen die Stimme freigaben; die SVP lehnte ebenso ab wie diejenige des Kantons Aargau. Für Stimmfreigabe plädierten auch die Neuenburger Freisinnigen. Wichtigstes Argument der Befürworter war, dass der Entscheid des Laufentals jetzt sanktioniert werden müsse und diese Region geografisch, wirtschaftlich und kulturell ohnehin zu Basel-Land gehöre. In der Propaganda der Gegner wurde das Hauptgewicht auf die Knappheit der Laufentaler Volksabstimmung gelegt und die Befürchtung artikuliert, dass mit der Anerkennung eines derartigen "Zufallsentscheids" Grenzveränderungen Tür und Tor geöffnet würden.

Kantonswechsel Laufental
Abstimmung vom 26. September 1993

Beteiligung: 39,5,%
Ja: 1 188 941 (75,2%) / 20 6/2 Stände
Nein: 392 893 (24,8%) / 0 Stände

Parolen: Ja: FDP (2*), SP, CVP, SVP (5*), GP, LP, LdU, EVP, PdA.
Nein: AP, SD, EDU.
Stimmfreigabe: Lega.
*Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Das Ergebnis der Volksabstimmung fiel mit einer Dreiviertelmehrheit klar aus. Kein einziger Kanton lehnte den Kantonswechsel ab. Die knappste Zustimmung resultierte in den Kantonen Solothurn (55,6%), Bern (57,2%), Schaffhausen (64,7%) und Basel-Land (66,8%). Im betroffenen Bezirk Laufen selbst stimmten bei einer hohen Beteiligung (rund 90%) 4'906 Personen dafür, 4'390 dagegen (52,8% zu 47,2%); in 6 der 13 Gemeinden, darunter auch im Bezirkshauptort, überwogen die Gegner.
Auf 1. Januar 1994 wurde der Übertritt vollzogen. Die dazu erforderlichen administrativen Vereinbarungen waren vorher von den Regierungen der beiden Kantone ausgehandelt und vom Laufentaler Bezirksrat gutgeheissen worden. Damit wurde der mit dem bernischen Verfassungszusatz aus dem Jahre 1970 eröffnete Weg der Selbstbestimmung der 1815 zum Kanton Bern gestossenen Teile des ehemaligen Fürstbistums Basel abgeschlossen.

Eidgenössische Volksabstimmung 1993 (BRG 93.009)
Dossier: Kantonswechsel des Laufentals

Die bernische Regierung reichte beim Bundesgericht staatsrechtliche Klage gegen die Gutheissung der Volksinitiative "Unir" durch das jurassische Parlament und gegen die staatlichen Beiträge an den "Wiedervereinigungsfonds" ein. Sie sieht darin einen Verstoss gegen die in der Bundesverfassung verankerte Garantie des kantonalen Territoriums, welcher noch gravierender sei, als der 1977 von der Bundesversammlung gestrichene Wiedervereinigungsartikel der jurassischen Kantonsverfassung. Bereits vorher war die bernische Exekutive vom Grossen Rat mit einer von SVP, SP und FDP unterstützten Motion Houriet (fdp) aufgefordert worden, sich mit konkreten Massnahmen gegen die Gebietsansprüche des Kantons Jura zu widersetzen. Ebenfalls mit einer Motion hatte ein anderer Berner Jurassier (Benoit, svp) verlangt, dass als Gegengewicht zum jurassischen Wiedervereinigungsfonds ein bernischer Fonds zur Verteidigung der territorialen Integrität zu gründen sei. Auf Antrag der Regierung, welche auf die schlechten Erfahrungen mit staatlichen Propagandafonds hinwies, lehnte der Grosse Rat diesen Vorstoss ab.

Volksinitiative "Unir" (1988-1992)
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt
Dossier: Rassemblement jurassien (RJ) nach der Gründung des Kantons Jura