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Akteure

  • Bern
  • Flach, Beat (glp/pvl, AG) NR/CN
  • Maurer, Ueli (svp/udc) BR VBS / CF DDPS
  • Aebischer, Matthias (sp/ps, BE) NR/CN

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Obwohl der Kanton Bern aufgrund seines unterdurchschnittlichen Bevölkerungswachstums bei den Nationalratswahlen 2019 schon zum zweiten Mal in Folge ein Mandat in der Grossen Kammer abgeben musste, bewarben sich dieses Jahr deutlich mehr Personen auf einen der verbliebenen 24 Sitze als vor vier Jahren. Unter den total 651 Kandidierenden waren auch 274 Frauen gemeldet. Damit war der Frauenanteil ebenfalls höher als 2015 (2019: 42.1%; 2015: 37.4%). Die Anzahl der Wahllisten stieg von 26 auf 34.

Bei den letzten Nationalratswahlen hatte sich die SVP nach ihrem Sitzgewinn als Wahlsiegerin feiern lassen können. Je einen Sitz verloren hatten damals die BDP und die Grünen. Während der vergangenen Legislatur waren die Berner Nationalratssitze somit wie folgt auf die Parteien verteilt: 9 SVP, 6 SP, 3 BDP, 2 FDP, 2 Grüne, 2 GLP, 1 EVP. Aufgrund des Mandatsverlustes war schon von Beginn weg klar, dass mindestens eine Partei einen Sitz verlieren würde. Die beiden Parteien welche im Vorfeld am stärksten gefährdet schienen, waren die SVP und die BDP. Die Volkspartei hatte 2015 Proporzglück gehabt und den Sitzgewinn nur dank einem Überhangmandat geschafft. Auf kantonaler Ebene hatte die SVP seither Federn lassen müssen, auch weil sie bei den Grossratswahlen 2018 drei Sitze verloren hatte. Keine wirkliche Hilfe waren der Partei die Listenverbindungen – sie verband sich einzig mit der Liste «Gesundheit-Energie-Natur». Ausserdem musste die Volkspartei einen gewichtigen Abgang verkraften: Der langjährige Nationalrat Adrian Amstutz wurde Opfer der parteiinternen Amtszeitbeschränkung. Zwar hatten die SVP-Delegierten eigens eine «Lex Amstutz» beschlossen, die es erlaubt hätte die Beschränkung in einzelnen Fällen zu lockern. Doch Amstutz entschied sich trotz dieser Sonderregel, nicht erneut zu kandidieren. Auch die BDP musste bei den diesjährigen Wahlen auf bekannte Parteigrössen verzichten. Neben dem Rücktritt von Werner Luginbühl aus dem Ständerat kündigte auch Hans Grunder im Frühjahr an, im Oktober nicht erneut kandidieren zu wollen. Schon während der Legislatur war Urs Gasche aus dem Rat geschieden. Ohne ihre langjährigen Zugpferde musste die BDP um ihre drei Sitze bangen. Die Hoffnungen ruhten im Wahljahr deshalb vor allem auf Beatrice Simon. Zusätzlich zu ihrer Ständeratskandidatur figurierte die bekannte Berner Finanzdirektorin auch auf der BDP-Nationalratsliste als Wahllokomotive. Da in Bern ein Doppelmandat in der kantonalen Regierung und im nationalen Parlament verboten ist, hätte Simon im Falle eines Einzuges ins Bundesparlament ihr Regierungsratsmandat abgeben müssen. Da der Posten in der Regierung gemeinhin als erstrebenswerter angesehen wird, wurde Simon von politischen Gegnern vorgeworfen, sie täusche die Wähler, denn sie habe gar nicht vor, eine Wahl in den Nationalrat anzunehmen. Stattdessen habe sie sich nur aufstellen lassen, um der BDP-Liste zu mehr Stimmen zu verhelfen. Simon beteuerte jedoch, dass sie auch eine Wahl in den Nationalrat annehmen würde. Dies wiederum stiess den Bürgerlichen sauer auf, da sie dadurch die 2018 mühselig erkämpfte bürgerliche Mehrheit im Berner Regierungsrat bedroht sahen. Relativ ungefährdet schienen die sechs Sitze der SP zu sein. Die Sozialdemokraten waren bei den Kantonsratswahlen 2018 als Sieger hervorgegangen (+5 Sitze). Zwar hatte auch die SP einen Rücktritt zu vermelden – für Margret Kiener Nellen war wegen der Amtszeitbeschränkung Ende der Legislatur Schluss – doch die national bekannte ehemalige Juso-Chefin Tamara Funiciello sprang in die Bresche. Auch dieses Jahr führte die SP eine separate Frauen- und Männerliste. Bisher waren auf beide Listen je drei Nationalratssitze abgefallen. Doch aufgrund der starken Frauenliste wurde gemutmasst, dass die SP-Frauen ihren männlichen Kollegen einen Sitz wegschnappen könnten. Die männlichen SP-Vertreter, allen voran Adrian Wüthrich, der erst während der Legislatur für den verstorbenen Alexander Tschäppät nachgerutscht war, mussten daher um ihre Wiederwahl bangen. Obwohl in Bern ein Sitz weniger zu vergeben war, peilten 2019 einige Parteien einen Sitzgewinn an. Die FDP, ermutigt durch ihre drei Sitzgewinne bei den Kantonsratswahlen 2018, hatte sich 11 Prozent Wähleranteil und einen dritten Sitz als Ziel gesetzt. Sie ging dafür aber keine überparteiliche Listenverbindung ein. Die CVP strebte derweil nach achtjährigem Unterbruch ihre Rückkehr in den Nationalrat an. Dafür ging sie eine breite Mitte-Verbindung mit den Listen der GLP, EVP, BDP und den Piraten ein. Als aussichtsreichster CVP-Kandidat galt der Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause. Ebenfalls nach achtjähriger Absenz in die Grosse Kammer zurückkehren wollte die EDU. Um die dazu nötigen Wählerprozente zu erreichen, verband sich die EDU mit sechs teilweise recht skurrilen Listen («Schweizer Demokraten», «Die Musketiere», «Landliste», «Partei der unbegrenzten Möglichkeiten», «5G ade!» und «JutziPhilipp.com»). Durch dieses breite Bündnis der Kleinsten wurden der EDU und ihrem Spitzenkandidat Andreas Gafner tatsächlich gute Chancen für den Einzug in den Nationalrat eingeräumt. Da das Thema der Stunde, die Klimapolitik, im Wahlkampf allgegenwärtig war, gehörten auch die Grünen und die Grünliberalen zu den Anwärtern auf einen Sitzgewinn. Beide Parteien wussten national bekannte Zugpferde in ihren Reihen – die Parteipräsidentin der Grünen Schweiz Regula Rytz, der Präsident der GLP Schweiz Jürg Grossen und die Co-Präsidentin der Frauendachorganisation «alliance F» Kathrin Bertschy (GLP). Bei den Grünen hoffte zudem die bisherige Nationalrätin Aline Trede darauf, dieses Mal den Einzug ins Parlament auf Anhieb zu schaffen, nachdem sie schon zwei Mal für aus dem Rat scheidende Parteikollegen nachgerutscht war. Während die GLP in der Mitteverbindung Unterschlupf fand, verbanden die Grünen ihre Listen mit der SP und der Partei der Arbeit (PdA).

Der Wahlsonntag brachte unerwartet grosse Verschiebungen. Die grossen Wahlsieger waren die Grünen und die Grünliberalen. Erstere bauten ihren Wähleranteil gegenüber 2015 um 5.1 Prozentpunkte aus (neu 13.6%) und gewannen zwei Sitze dazu. Neben Rytz und Trede zogen auch Christine Badertscher und Kilian Baumann in den Nationalrat ein. Die GLP vergrösserte ihren Wähleranteil um 3.7 Prozentpunkte (neu 9.7%), was für einen Sitzgewinn reichte. Melanie Mettler schaffte den Einzug ins Parlament zusammen mit den Bisherigen Grossen und Bertschy. Anders als die CVP, die ihren angestrebten Wiedereinzug in den Nationalrat verpasste, holte sich die EDU einen Sitz. Ihre Strategie der Listenverbindungen mit zahlreichen Kleinstgruppierungen war damit aufgegangen. Zwar verpasste sie die vier-Prozent-Marke ganz knapp, doch sie sicherte sich ein Überhangsmandat, womit der EDU-Spitzenkandidat Andreas Gafner ins Parlament einzog. Keine Verschiebungen gab es bei der FDP und der EVP: Die bisherigen Christian Wasserfallen (FDP), Christa Markwalder (FDP) und Marianne Streiff (EVP) wurden wiedergewählt. Ein Debakel waren die Wahlen hingegen für die SP, die SVP und die BDP. Die Sozialdemokraten verloren 2.9 Prozentpunkte ihres Wähleranteils (neu 16.8%) und dazu gleich zwei Sitze, wobei hauptsächlich die SP-Männer unter die Räder kamen. Von der Männerliste schaffte einzig Matthias Aebischer die Wiederwahl, Adrian Wüthrich und Corrado Pardini verpassten ihre Wiederwahl. Die SP-Frauen hielten ihre drei Sitze. Tamara Funiciello ersetzte Kiener Nellen und zog neben Nadine Masshardt und Flavia Wasserfallen in die Grosse Kammer ein. Die SVP (-3.1 Prozentpunkte, neu 30.0%) musste ebenfalls den Verlust von zwei Nationalratssitzen hinnehmen. Zusätzlich zum Rücktritt von Amstutz wurde noch Manfred Bühler abgewählt. Damit schied der einzige Vertreter des französischsprachigen Berner Jura aus dem Nationalrat. Für die SVP verblieben Albert Rösti, Andreas Aebi, Nadja Pieren, Erich von Siebenthal, Erich Hess und Andrea Geissbühler im Rat. Lars Guggisberg rutschte ausserdem für den Neo-Ständerat Werner Salzmann in den Nationalrat nach. Den grössten Wähleranteilverlust (-3.8 Prozentpunkte, neu 8.0%) erlitt die BDP. Trotzdem verlor sie «nur» einen ihrer drei Sitze. Neben Lorenz Hess schaffte auch Beatrice Simon die Wahl. Nach ihrer erfolglosen Ständeratskandidatur verzichtete sie allerdings – entgegen ihren Ankündigungen im Wahlkampf – auf ihr Nationalratsmandat und blieb stattdessen Regierungsrätin. Der Bisherige Heinz Siegenthaler rutschte für sie nach. Die Zusammensetzung der Berner Nationalratsdelegation lautet somit neu: 7 SVP, 4 SP, 4 GP, 3 GLP, 2 FDP, 2 BDP, 1 EVP und 1 EDU. Die Stimmbeteiligung fiel im Vergleich zu 2015 um 1.7 Prozentpunkte auf 47.4 Prozent.

Nationalratswahlen 2019 – Bern
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2019 - Überblick

Im Kanton Bern standen die Grossratswahlen ganz im Zeichen des Wahlkampfes zwischen der SVP und der BDP, deren Abspaltung von der SVP in Bern mit ihren eigentlichen Ursprung hatte. Für die junge BDP waren die Wahlen in Bern besonders wichtig, sollte sich doch hier auch zeigen, ob die Partei auf nationaler Ebene eine Zukunft hat. Die SVP hingegen wollte ihren Besitzstand gegenüber der BDP wahren. Aufgrund der Spaltung hatte sie 17 der ehemals 48 Sitze verloren. Der Zwist führte auch dazu, dass es keine bürgerliche Liste gab. Die SVP und die BDP weigerten sich, eine Listenverbindung einzugehen, was die FDP ihrerseits als Voraussetzung für eine gemeinsame bürgerliche Liste gefordert hätte. Listenverbindungen gingen hingegen die SP und die Grünen, sowie die EVP, die EDU und die CVP ein. Die SVP kooperierte mit den Schweizer Demokraten und den Eidgenossen. Eine Rekordzahl von 1937 Kandidatinnen und Kandidaten bewarb sich um die 160 Grossratssitze, darunter 32% Frauen. Von den Bisherigen traten lediglich 24 Grossrätinnen und Grossräte nicht mehr an, darunter nicht weniger als zehn Sozialdemokraten. Neben den erwähnten Parteien suchten auch die Grünliberalen, deren Berner Kantonalsektion 2008 gegründet worden war, die SD und die Freiheitspartei/Autopartei sowie zahlreiche Kleingruppierungen (Piratenpartei, PNOS, Kein Klimaschaden aus Bern, Die Eidgenossen, Pro Freiheit + IG Freie Schweizer Wirte) Grossratssitze zu erobern. Für die zwölf für den Berner Jura reservierten Sitze bewarben sich 102 Kandidierende aus elf verschiedenen Parteien, darunter die bisherigen PSA (3 Sitze), FDP und SP (je 2 Sitze), GP, Entente (PDC/PLJ), EDU, SVP und BDP (alle je ein Sitz). Im Berner Jura gingen die SVP und die FDP – ohne die BDP – eine Listenverbindung ein. Neu wurde in neun und nicht mehr wie 2006 in acht Wahlkreisen gewählt. Grossräte aus kleinen Amtsbezirken, die nun in einem grösseren Wahlkreis antreten mussten, befürchteten dadurch Nachteile. Die Auseinandersetzungen zwischen der BDP und der SVP prägten den bernischen Wahlkampf. Sowohl Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf als auch Bundesrat Ueli Maurer traten mehrmals als Zugpferde für die jeweilige kantonale Partei in Erscheinung.

Das Duell zwischen der BDP und der SVP brachte schliesslich zwei Sieger hervor. Sowohl die BDP als auch die SVP konnten ihre Sitzanteile stark ausbauen: die SVP gewann 14 Sitze (neu 44 Sitze) und konnte die mit der Abspaltung der BDP erlittenen Verluste praktisch kompensieren. Die BDP übertraf ihr Wahlziel und legte um acht Sitze zu (neu 25 Sitze). Sie ist damit neu drittstärkste Kraft im bernischen Grossen Rat. Auch die GLP konnte mit vier Sitzgewinnen einen Erfolg verbuchen. Alle anderen Parteien, mit Ausnahme der PSA und der CVP, die ihre Sitzanteile halten konnten, mussten teilweise herbe Verluste in Kauf nehmen. Allen voran die FDP und die SP, die neun bzw. sieben Sitze abgeben mussten (SP neu mit 35 Sitzen; FDP neu mit 17 Sitzen). Die Grünen und die EVP verloren drei Sitze (neu 16 bzw. 10 Sitze), während die EDU einen Sitz abgeben musste und neu mit fünf Mandaten im Grossen Rat vertreten ist. Die PDC/PLJ, die SD und die Freiheitspartei verloren ihre Sitze. Im Berner Jura errang die SVP zwei zusätzliche Mandate und die EVP neu einen Sitz und zwar auf Kosten der BDP, der EDU und der PDC/PLJ. Die Wahlbeteiligung lag bei 32.4% (2006: 31.1%). Insgesamt wurden 27 Bisherige, darunter überdurchschnittlich viele Frauen abgewählt. Der Frauenanteil im Grossen Rat ist deshalb auf 26% gesunken (2006: 31%). Alles in allem verzeichnete das Berner Kantonsparlament einen Rechtsrutsch. Die bürgerlichen Parteien SVP, BDP und BDP stellen mit 86 von 160 Sitzen eine relativ deutliche Mehrheit und dürften die links-grün dominierte Regierung stärker als bisher auf einen bürgerlichen Kurs zwingen.

Grossratswahlen Bern 2010
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2010
Dossier: Kantonale Wahlen - Bern