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  • Partei der Arbeit (PdA)
  • Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SPS)
  • Christlichdemokratische Volkspartei (CVP; -2020)
  • Maret, Marianne (pdc/cvp, VS) SR/CE
  • Fontana, Katharina
  • Häberli-Koller, Brigitte (cvp/pdc, TG) SR/CE
  • Frick, Bruno (cvp/pdc, SZ) SR/CE

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Noch bevor der Abstimmungskampf zur Änderung der direkten Bundessteuer zur steuerlichen Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten, über die im Mai 2020 hätte abgestimmt werden sollen, richtig begonnen hatte, gab der Bundesrat im März 2020 bekannt, die Abstimmung aufgrund des Corona-bedingten Lockdowns auf September 2020 zu verschieben.
Die Abstimmungsvorlage umfasste zwei Aspekte: einerseits die im Titel aufgeführte Erhöhung des Drittbetreuungsabzugs von CH 10'000 auf CHF 25'000, andererseits die der Vorlage von der bürgerlichen Parlamentsmehrheit hinzugefügte Erhöhung des Kinderabzugs von CHF 6'500 auf CHF 10'000. Im Zentrum der Abstimmungskampagne stand der zweite Aspekt, die Erhöhung des Kinderabzugs, wobei dieselbe Frage die Diskussion dominierte, die schon im Rahmen der Parlamentsdebatte im Mittelpunkt gestanden hatte: Wer profitiert von den Kinderabzügen? Zur Beantwortung dieser Frage stützten sich beide Seiten auf die Daten der ESTV, welche Finanzminister Maurer in der Parlamentsdebatte präsentiert hatte.
Die Befürworterinnen und Befürworter stellten den Nutzen der Vorlage für den Mittelstand in den Mittelpunkt ihrer Kampagne. «Der Mittelstand profitiert», warb etwa die CVP auf ihrer Internetseite. Stütze man sich auf die Definition des BFS für «Mittelstand», erhalte der Mittelstand 49 Prozent der Ermässigungen, argumentierte Marianne Binder-Keller gegenüber dem Sonntagsblick. Gegen diese Darstellung wehrten sich die Gegnerinnen und Gegner der Vorlage: Der (obere) Mittelstand profitiere zwar auch, in erster Linie nütze die Vorlage aber vor allem den Gutverdienenden, kritisierten sie: Je höher das Einkommen, desto grösser sei der Spareffekt. 70 Prozent der Gesamtentlastung kämen so den 15 Prozent der Familien mit den höchsten Löhnen zu, während 45 Prozent der Familien keine Entlastung erfahren würden, da sie keine Bundessteuern bezahlten. Gar als «Klientelpolitik» bezeichnete etwa das liberale Komitee, vor allem bestehend aus Mitgliedern der GLP, die Vorlage. Noch einseitiger sei die Verteilung schliesslich, wenn nicht nur die Familien, sondern alle Haushalte, also auch die Alleinstehenden und die kinderlosen Paare, die ja ebenfalls von den Steuerausfällen betroffen wären, berücksichtigt würden, betonte überdies Jacqueline Badran (sp, ZH). Berücksichtige man diese ebenfalls, profitierten lediglich sechs Prozent aller Haushalte von 70 Prozent der Steuerausfälle. Man lasse jedoch den Mittelstand im Glauben, dass er von der Vorlage profitiere, indem in der Debatte sowie im Abstimmungsbüchlein jeweils das steuerbare Einkommen aufgeführt werde. Dies sei «total irreführend» (Badran gemäss Blick), da niemand die Höhe seines persönlichen steuerbaren Einkommens kenne. Die ESTV begründete die Verwendung des steuerbaren Einkommens jedoch damit, dass sich der tatsächliche Steuerbetrag beim Bruttoeinkommen zwischen verschiedenen Personen stark unterscheiden könne.
Obwohl die Befürworterinnen und Befürworter immer betonten, dass die Mehrheit der Familien profitiere, gab zum Beispiel Philipp Kutter (cvp, ZH), der die Erhöhung der Kinderabzüge im Nationalrat eingebracht hatte, in einem Interview gegenüber der NZZ unumwunden zu, dass die Vorlage auch eine Steuersenkung für Gutverdienende beinhalte: Über den Steuertarif seien allgemeine Steuersenkung für Gutverdienende «chancenlos», mehrheitsfähig sei einzig der «Weg über die Kinderabzüge».

Nicht nur der Mittelstand, sondern auch die Familien standen im Zentrum der Vorlage. Diese müssten endlich unterstützt werden, betonte Philipp Kutter, was mithilfe der aktuellen Vorlage möglich sei: 60 Prozent aller Familien könnten von einer Erhöhung des Kinderabzugs profitieren. Dem entgegnete etwa die NZZ, dass die Familien in den letzten Jahren stark entlastet worden seien (v.a. durch die Reduktion der Bundessteuer für Haushalte mit Kindern), deutlich stärker zumindest als Kinderlose. Brigitte Häberli-Koller (cvp, TG) befürwortete indes insbesondere, dass durch die aktuelle Vorlage alle Familienmodelle unabhängig der Betreuungsform entlastet würden. Die Gesellschaft habe als Ganzes ein Interesse daran, dass die Leute Kinder bekommen, ergänzte Kutter. Familiäre Strukturen seien für die Gesellschaft wichtig, überdies sei man dadurch weniger auf Zuwanderung angewiesen, die ja ebenfalls teilweise auf Ablehnung stosse. Demgegenüber wurde in der NZZ die Frage diskutiert, ob Kinderabzüge überhaupt gerechtfertigt seien. So könne man es als private Konsumentscheidung ansehen, Kinder zu haben; in diesem Falle würden Kinderabzüge der Besteuerung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit widersprechen. Es gäbe aber einen politischen Konsens, dass das Steuerrecht Kinderkosten berücksichtigen solle. Die Entscheidung, wie diese Unterstützung erfolgen solle (durch degressiv wirkende Kinderabzüge, neutral wirkende Abzüge vom Steuerbetrag oder durch progressiv wirkende Kinderzulagen zum Erwerbseinkommen), sei dann eine weitere, umverteilungspolitische Entscheidung.

Ein weiteres Argument der Gegnerinnen und Gegner der Erhöhung des Kinderabzugs lag in den daraus folgenden hohen Kosten: Die Vorlage verursache voraussichtlich fast 40mal höhere Kosten, als für die Erhöhung des Drittbetreuungsabzugs geplant worden war, und übertreffe damit auch die Kosten der medial deutlich umstritteneren Verlängerung des Vaterschaftsurlaubs. Dadurch sei zukünftig weniger Geld für andere, sinnvollere Projekte vorhanden, argumentierten sie. SP, Grüne und die Kritikerinnen und Kritiker der Vorlage aus der FDP stellten dabei insbesondere die Individualbesteuerung in den Mittelpunkt. Dieser sprachen sie eine deutlich grössere Wirkung auf die Erwerbstätigkeit von Frauen zu als den Drittbetreuungsabzügen. Da sie aber ebenfalls zu hohen Steuerausfällen führen würde, befürchteten sie, dass die Abschaffung der Heiratsstrafe bei Annahme der aktuellen Vorlage auf die lange Bank geschoben würde, weil kein Geld mehr vorhanden wäre. Verstärkt wurde dieses Argument durch die hohen Kosten zur Bewältigung der Corona-Pandemie: Hatte der Bundesrat während der Budgetdebatte fürs Jahr 2020 noch mit einem Überschuss von CHF 344 Mio. gerechnet, wurde jetzt ein Defizit über CHF 20 Mrd. erwartet. Die Medien vermuteten von diesem Defizit nicht nur Auswirkungen auf die Vorlage zum Drittbetreuungs- und zum Kinderabzug, sondern auch auf die gleichzeitig stattfindenden Abstimmungen zu den Kampfflugzeugen und über den Vaterschaftsurlaub. «Angesichts enormer Zusatzlasten kann sich unsere Gesellschaft erst recht keine Steuergeschenke mehr leisten, die nichts bringen», argumentierte etwa GLP-Nationalrat Thomas Brunner (glp, SG). Das sahen die Befürwortenden anders, Philipp Kutter etwa betonte: «Das wird den Bund nicht umbringen».

Schliesslich waren sich Befürwortende und Gegnerschaft nicht einig, inwiefern das ursprüngliche Ziel der Vorlage, die Förderung der Beschäftigung hochgebildeter Personen, insbesondere von Frauen, durch die Ergänzung der Kinderabzüge gefördert wird. Raphaela Birrer argumentierte im Tages-Anzeiger, dass die Erhöhung der Kinderabzüge die Anreize zur Erhöhung der Erwerbstätigkeit verstärke. In einer Studie zur Wirkung der beiden Abzüge (Kinderabzug und Drittbetreuungsabzug) auf die Erwerbstätigkeit bestätigte Avenir Suisse diesen Effekt nur bedingt: Zwar senkten beide Abzüge den Grenzsteuersatz (also die Besteuerung von zusätzlichem Einkommen) und förderten damit die Erwerbstätigkeit, jedoch sei der entsprechende Effekt des Kinderabzugs gering. Zudem senke er auch den Grenzsteuersatz von Einverdienerhaushalten, wodurch die Erwerbstätigkeit von Frauen nicht gesteigert werde. Von der Erhöhung des Betreuungskostenabzugs sei hingegen ein deutlich stärkerer Effekt auf die Erwerbstätigkeit zu erwarten, damit könne der Anreiz des aktuellen Steuersystems für Zweitverdienende, nicht oder nur wenig zu arbeiten, gemildert werden. Die GLP stellte entsprechend insbesondere diesen Aspekt in den Mittelpunkt und sprach von einer Mogelpackung, weil die Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch die Erhöhung des Kinderabzugs nicht verbessert werde. Nationalrätin Christa Markwalder (fdp, BE), die sich ebenfalls im liberalen Komitee engagierte, reichte im Juni 2020 eine parlamentarische Initiative (Pa.Iv. 20.455) ein, mit der sie das Originalanliegen der Vorlage, also den Drittbetreuungsabzug, erneut aufnahm. Damit sollte dieser bei einer Ablehnung der Vorlage möglichst schnell verwirklicht werden können.
Die Frage, ob die Vorlage Anreize zur Erhöhung der Erwerbstätigkeit beinhalte oder nicht, hatte aber noch eine zweite Komponente. So störte sich die Weltwoche überhaupt daran, dass das Steuerrecht «für alle möglichen Zwecke instrumentalisiert» werde. Es sei nicht dafür da, «bestimmte Lebensmodelle zu fördern», argumentierte Katharina Fontana. Zudem sei es unmöglich, Steuergerechtigkeit herzustellen, zumal sich niemand jemals gerecht besteuert fühle.

Bezüglich der Komitees gibt es weniger zu sagen. Auf der Befürworterseite der Vorlage standen insbesondere die CVP und die SVP. Ja-Parolen gaben auch die BDP, EVP und die FDP.Liberalen aus, unterstützt wurden sie vom Gewerbeverband. Die Medien interessierten sich indes insbesondere für die Position der Freisinnigen, zumal sie die Vorlage im Parlament anfangs bekämpft, ihr mit ihrem Meinungswandel dann aber zum Durchbruch verholfen hatten. Nun wolle sich die Partei nicht an der Kampagne beteiligen, so die WOZ, zumal sie intern gespalten war: Einzelne Personen, darunter Ständerat Andrea Caroni (fdp, AR) und Nationalrätin Christa Markwalder, sprachen sich gegen die Vorlage aus und beteiligten sich gar am liberalen Nein-Komitee. Dieses setzte sich insbesondere aus Mitgliedern der GLP zusammen und kämpfte vor allem dagegen, dass die «Mogelpackung» viel koste, aber keine oder gar negative Auswirkungen hätte. Damit würden «keine Anreize für arbeitstätige Elternteile geschaffen», betonte Kathrin Bertschy (glp, BE). Auf linker Seite kämpften vor allem die SP und die Grünen, welche die Unterschriften für das Referendum gesammelt hatten, für ein Nein. Unterstützt wurden sie von den Gewerkschaften, aber auch Avenir Suisse sprach sich gegen die Kinderabzüge aus. Stimmfreigabe erteilten hingegen unter anderem die FDP Frauen. Sie befürworteten zwar den Drittbetreuungsabzug, störten sich aber an den hohen Kosten des Kinderabzugs, durch den das wichtigere Projekt der Individualbesteuerung weiter hinausgeschoben werde. Auch der Arbeitgeberverband entschied sich für Stimmfreigabe, nachdem er das Projekt im Parlament noch bekämpft hatte, da es «kaum zu einer stärkeren Arbeitstätigkeit der Eltern beitrage», wie der Blick berichtete. Dasselbe geschah mit Economiesuisse, der das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Vorlage anfangs zu wenig ausgewogen gewesen sei. Der Sonntags-Blick vermutete, dass sich die Verbände nicht zu einer Nein-Parole hätten durchringen können, da das Referendum «aus dem falschen politischen Lager» stammte. Interessant war für die Medien schliesslich auch die Position des Bundesrates, insbesondere von Finanzminister Maurer. Dieser hatte die Vorlage im Parlament mit deutlichen Worten bekämpft, vertrat nun aber – wie im Gesetz für politische Rechte geregelt – die Position des Parlaments. Ersteres hatte er so gut getan, dass sich auch die NZZ nicht sicher war, ob er denn nun die Vorlage persönlich befürworte, wie seine Partei, oder sie ablehne.

Der Abstimmungskampf zur Vorlage verlief ungemein schwach. So stand sie deutlich im Schatten der Corona-Pandemie sowie der anderen vier Vorlagen. Sie wurde gemäss Analysen vom Fög und von Année Politique Suisse einerseits nur sehr schwach in Zeitungsinseraten beworben und andererseits auch in den Medien vergleichsweise selten thematisiert. Die briefliche Stimmabgabe deutete anfänglich auf mässiges Interesse am Super-Sonntag hin, wie der Abstimmungstag mit fünf Vorlagen in den Medien genannt wurde. Die SP schaltete sieben kurze Animationsfilme und gab ein Comic-Heftchen zu den Filmen aus, um zu verhindern, dass die Vorlage untergeht. Die ersten Vorumfragen Mitte August 2020 zeigten dann auch, dass die Meinungsbildung zur Vorlage noch nicht weit fortgeschritten war. Auf diese Tatsache wurde in den entsprechenden Berichten das Zwischenergebnis, wonach die Sympathisierenden von SP und Grünen die Vorlage mehrheitlich befürworteten, zurückgeführt. Besserverdienende gaben zu diesem Zeitpunkt an, der Vorlage eher zuzustimmen. Christian Levrat (sp, FR) hoffte, diese Personen durch die Kampagne noch umstimmen zu können. Die erste Tamedia-Umfrage ergab insgesamt eine Zustimmung («dafür» oder «eher dafür») von 55 Prozent und eine Ablehnung von 37 Prozent, während die SRG-Vorumfrage mit 51 Prozent zu 43 Prozent zu ähnlichen Ergebnissen kam. Diese Zahlen kehrten sich bis zum Termin der letzten Welle Mitte September um: Die Tamedia-Umfrage ergab eine Zustimmung von 46 Prozent und eine Ablehnung von 51 Prozent, die SRG-Umfrage eine von 43 Prozent zu 52 Prozent. Bei den Sympathisierenden von SP und Grünen war die Zustimmung vom ersten zum zweiten Termin gemäss SRG-Umfragen um 19 respektive 14 Prozentpunkte gesunken, bei den Sympathisierenden der GLP ebenfalls um 12 Prozentpunkte. Bei den übrigen Parteien nahm sie ebenfalls leicht ab.

Das Resultat der Abstimmung zur Änderung der direkten Bundessteuer über die steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten war schliesslich deutlicher, als die Vorumfragen und die Ausgangslage viele Kommentatorinnen und Kommentatoren hatten vermuten lassen: Mit 63.2 Prozent Nein-Stimmen lehnte das Stimmvolk die Vorlage mit einer vergleichsweise hohen Stimmbeteiligung von 59.2 Prozent deutlich ab. Dieses Nein lasse jedoch einigen Interpretationsspielraum, betonten die Medien. So gab es zwischen den Kantonen doch beträchtliche Unterschiede: Am kritischsten zeigte sich die Stimmbevölkerung im Kanton Appenzell-Ausserrhoden (28.1%), gefolgt von denjenigen in Appenzell-Innerrhoden (29.3%) und Bern (29.5%), am höchsten lag die Zustimmung im Tessin (52.0%) und in Genf (50.1%), beide Kantonsbevölkerungen hätten die Vorlage angenommen. Allgemein wurde gemäss BFS ersichtlich, dass die italienischsprachige (52.0%) und die französischsprachige Schweiz (48.5%) der Vorlage deutlich mehr abgewinnen konnten als die Deutschschweiz. Kaum Unterschiede waren zwischen Stadt und Land erkennbar: Die ländlichen Regionen (35.3%) lehnten die Vorlage ähnlich stark ab wie die Kernstädte (35.8%). Das Resultat könne nicht mit dem Links-Rechts-Schema erklärt werden, betonte die NZZ. Stattdessen seien vor allem die persönliche Einstellung zur Familienpolitik und zur Rolle des Staates relevant gewesen. Die externe Kinderbetreuung würde in der Romandie stärker akzeptiert und durch den Staat stärker unterstützt als in der Deutschschweiz, betonte denn auch CVP-Ständerätin Marianne Maret (cvp, VS) gegenüber der NZZ. Entsprechend habe in der Westschweiz vor allem der Drittbetreuungsabzug im Mittelpunkt gestanden, während in der Deutschschweiz hauptsächlich über den Kinderabzug diskutiert worden sei, stellte SP-Nationalrätin Franziska Roth (sp, SO) fest. Eine zu späte Kampagne in der Romandie machte schliesslich SP-Nationalrat Roger Nordmann für den hohen Anteil Ja-Stimmen in der französischsprachigen Schweiz verantwortlich. Christian Levrat erachtete das Ergebnis insgesamt als Absage des Volkes an die bürgerliche Steuerpolitik und als Ausblick auf andere bürgerliche Projekte zur Abschaffung der Stempelabgabe, der Industriezölle, des Eigenmietwerts oder der Heiratsstrafe. Stattdessen müssten nun Familien mit tiefen und mittleren Einkommen entlastet werden, insbesondere durch die Senkung der Krankenkassenprämien und die kostenlose Bereitstellung von Kita-Plätzen. Philipp Kutter wollte die Entlastung von Familien weiterverfolgen und plante anstelle des Kinderabzugs einen Abzug vom Steuerbetrag. Dass neben der Erhöhung des Kinderabzugs auch die Erhöhung des Drittbetreuungsabzugs gescheitert war, erachtete Christa Markwalder nicht als entmutigend und setzte auf ihre eingereichte parlamentarische Initiative. Anders als bei der ersten Behandlung des Themas im Nationalrat, als sich die SP- und die Grüne-Fraktion gegen Eintreten ausgesprochen hatten, kündigte Christian Levrat an, die parlamentarische Initiative zu unterstützen. Dies sei aber nur ein erster Schritt, zusätzlich brauche es auch Lösungen, die sich für die Mehrheit der Bevölkerung auszahlten.


Abstimmung vom 27. September 2020

Beteiligung: 59.2%
Ja: 1'164'415 (36.8%)
Nein: 2'003'179 (63.2%)

Parolen:
- Ja: BDP (1*), CVP, EVP (1*), FDP (1*), SVP; SGV
- Nein: EDU, GLP (1*), GPS, PdA, SD, SP; SGB, SSV, Travail.Suisse, VPOD
- Stimmfreigabe: Economiesuisse, SAV
* Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten

An ihrer ersten Tagung in der 50. Legislatur Ende November 2015 bestätigte die neu zusammengesetzte CVP-Fraktion – fünf Nationalräte und vier Ständeräte waren nach den eidgenössischen Wahlen neu dabei – das Fraktionspräsidium der CVP. Sowohl Filippo Lombardi (TI) als Präsident als auch Viola Amherd (VS) als Vizepräsidentin wurden einstimmig gewählt.
Der restliche Fraktionsvorstand wurde zu Beginn der Wintersession 2015 konstituiert. Als Ersatz für den vor den Wahlen zurückgetretenen Peter Bieri (ZG) wurde Stefan Engler (GR) gewählt. Die restlichen Mitglieder – Pirmin Bischof (SO), Jean-Paul Gschwind (JU), Daniel Fässler (AI), Ruth Humbel (AG), Elisabeth Schneider-Schneiter (BL) und Brigitte Häberli-Koller (TG) – wurden allesamt bestätigt. Von Amtes wegen gehörte auch Parteipräsident Christoph Darbellay (VS) dem Vorstand an, obwohl er, der nicht mehr zu den Wahlen 2015 angetreten war, gar nicht mehr im Parlament vertreten war. In der CVP-Fraktion Unterschlupf finden auch die beiden EVP-Nationalrätinnen, weshalb auch Marianne Streiff (evp, BE) dem Fraktionsvorstand angehörte.

Fraktionspräsidium der CVP

Der Bundesrat hat dem Parlament gesetzliche Änderungen zur Förderung inländischer Arbeitskräfte zu unterbreiten. Dieser Auffassung war der Ständerat in der Frühjahrssession 2015. Die kleine Kammer nahm zwei gleichlautende Motionen der CVP- und der BDP-Fraktion diskussionslos an (14.3835 bzw. 14.3844). Eine weitere gleichlautende Motion Häberli-Koller (cvp, TG) wurde im Sommer 2015 vom Nationalrat gutgeheissen (14.3795). Der Bundesrat hatte sich von Beginn weg für die Annahme der Vorstösse ausgesprochen. Man wolle, so Wirtschaftsminister Schneider-Ammann, die gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Ausschöpfung des inländischen Fachkräftepotenzials laufend verbessern.

Gesetzliche Änderungen zur Förderung inländischer Arbeitskräfte (Mo. 14.3795)
Dossier: Mangel an qualifizierten Arbeitskräften

In der Wintersession 2014 stimmte der Ständerat einer Motion Häberli-Koller (cvp, TG) und der Nationalrat zwei gleichlautenden Motionen der CVP- und der BDP-Fraktion zu, welche den Bundesrat beauftragen, den nationalen Räten gesetzliche Änderungen zur Förderung inländischer Arbeitskräfte zu unterbreiten. Neben der verbesserten Ausschöpfung der bereits vorhandenen Arbeitspotenziale forderten die Motionäre, dass auch die Bildungspolitik vermehrt auf die Nachfrage nach Arbeitskräften ausgerichtet wird. Die Vorstösse waren zum Jahresende in der jeweils anderen Kammer noch hängig.

Gesetzliche Änderungen zur Förderung inländischer Arbeitskräfte (Mo. 14.3795)
Dossier: Mangel an qualifizierten Arbeitskräften

Bereits 2011 hatten diverse Mitteparteien mit einer CVP/EVP/glp-Fraktionsmotion auf einen zu erwartenden Mangel an Pflege- und Betreuungspersonal reagiert. Mit Umschulungsmöglichkeiten und Zweitausbildungen für Pflegepersonal soll es Personen, welche den beruflichen Wiedereinstieg suchen, erleichtert werden Fuss zu fassen. Die vorberatende Kommission des Nationalrates und das Ratsplenum hatten das Anliegen im Vorjahr gegen den Willen des Bundesrates angenommen. Im März des Berichtsjahres beriet nun die kleine Kammer das Geschäft. Deren SGK hatte sich ebenfalls für die Annahme ausgesprochen, weswegen keine grössere Gegenwehr aus dem Rat zu erwarten war. Neben der Kommissionssprecherin Häberli-Koller (cvp, TG) setzte sich auch der ehemalige Zuger Gesundheitsdirektor, Ständerat Eder (fdp, ZG) für die Motion ein. Trotz deutlichen Voten und den positiven Vorzeichen aus dem Nationalrat setzte sich Bundesrat Schneider-Ammann aufgrund bereits bestehender Bestrebungen nochmals gegen den Vorstoss ein. Mit 24 zu 3 Stimmen genoss die Motion jedoch schliesslich auch im Ständerat solide Unterstützung.

Umschulungsmöglichkeiten und Zweitausbildungen für Pflegepersonal

Auch Urs Schwaller (FR) kündigte an, sein Amt als Fraktionspräsident in den nächsten Jahren aufgeben zu wollen. Als Kronfavoritin wurde in der Presse bereits Brigitte Häberli-Koller (TG) gehandelt.

Fraktionspräsident

Immerhin wurde das Ziel, stärkste Partei der kleinen Kammer zu bleiben, erreicht. Allerdings mussten auch bei den Ständeratswahlen Verluste verkraftet werden. Mit insgesamt dreizehn Mandaten präsentierte sich die CVP zwar um zwei Sitze stärker als die FDP und SP (je elf Sitze), musste aber im Vergleich zu 2007 per Saldo zwei Mandate abgeben. Den Urner Sitz hatte die Partei bereits bei den Ersatzwahlen 2010 an die GLP verloren. Bei den ordentlichen Wahlen büsste sie zudem beide Sitze in den Kantonen Schwyz und St. Gallen ein. In Schwyz konnte der langjährige Ständerat Bruno Frick seinen Sitz nicht gegen die Angriffe der SVP halten. Im Kanton St. Gallen fiel der Sitz der CVP der SP zu. Auch hier verteidigte mit Eugen David ein langjähriger Ständerat seinen Sitz erfolglos. David trat nicht mehr zum zweiten Wahlgang an und mit ihrem Ersatzkandidaten war die CVP gegen die Angriffe von links und rechts chancenlos. Dass sie im Vergleich zu 2007 nicht drei Mandatsverluste beklagen musste, verdankte sie Pirmin Bischof, der den Sitz der FDP im Kanton Solothurn erobern konnte. Ihre Sitze verteidigen konnte die CVP zudem in den Kantonen Luzern (Graber), Nidwalden (Niederberger), Zug (Bieri), Freiburg (Schwaller), Appenzell Innerrhoden (Bischofberger), Tessin (Lombardi), Wallis (Fournier und Imoberdorf) und Jura (Seydoux). Neue CVP-Kantonsvertreter verteidigten den Sitz ihrer Partei in den Kantonen Uri (Isidor Baumann), Graubünden (Stefan Engler) und Thurgau (Brigitte Häberli). Chancenlos waren die Christlichdemokraten in den Kantonen Zürich, Bern, Basel-Landschaft, Aargau, Waadt, Neuenburg und Genf.

Wahlkampf und Resultate der CVP bei den eidgenössischen Wahlen 2011
Dossier: Resultate der wichtigsten Parteien bei nationalen Wahlen 2011

Nicht alle Parlamentarier der CVP waren einverstanden mit der Strategie der Parteispitze, bei den Bundesratsersatzwahlen den frei werdenden FDP-Bundesratssitz nicht anzugreifen. Nachdem die Kampfkandidatur Schwaller für die Nachfolge von Bundesrat Couchepin im Jahr 2009 gescheitert war, wollte man sich nicht auf eine neuerliche Herausforderung der FDP einlassen. Da Ständerat Bruno Frick (SZ) befürchtete, dass mit der Wahl von Schneider-Ammann der CVP auf längere Zeit die erneute Besetzung eines zweiten Sitzes verwehrt bleiben wird, schlug er eine Fusion mit der BDP vor. Eine Idee, die bei diversen Exponenten seiner Partei durchaus Beachtung fand.

CVP greift den vakanten FDP-Sitz nicht an

An ihrer Delegiertenversammlung am 26. April in Belp (BE) diskutierte die CVP kontrovers über den Gesundheitsartikel. Die CVP-Delegierten beschlossen die Nein-Parole mit 165 zu 63 Stimmen, dies trotz des Einsatzes für die Vorlage durch Krankenkassenlobbyisten innerhalb der Partei, wie der für Santésuisse tätigen Nationalrätin Ruth Humbel (AG). Vor allem die Delegierten aus der Romandie lehnten den Gesundheitsartikel fast geschlossen ab. Aber auch alle amtierenden CVP-Gesundheitsdirektoren waren dagegen. Das Hauptargument gegen den Gesundheitsartikel war, dass man den Krankenkassen nicht Steuergelder überlassen sollte, ohne dass diese einer demokratischen Kontrolle unterstehen würden. Zur SVP-Einbürgerungsinitiative beschlossen die Delegierten mit 272 zu 13 Stimmen die Nein-Parole. Die CVP besetzte zudem ihr erweitertes Präsidium mit 11 Mitgliedern (darunter der Fraktionspräsident Urs Schwaller als Mitglied von Amtes wegen). Parteipräsident Darbellay wurde bestätigt, ebenso die bisherigen Präsidiumsmitglieder Dominique de Buman (FR), Ida Glanzmann (LU), Lucrezia Meier-Schatz (SG), Luigi Pedrazzini (TI) und Heidi Z’Graggen (UR). Glanzmann wurde als Nachfolgerin von Bruno Frick zudem neben de Buman zur Vizepräsidentin der CVP Schweiz gewählt. Zu neuen Präsidiumsmitgliedern wurden in einer Kampfwahl Pirmin Bischof (SO), Kathrin Amacker (BL), Barbara Schmid-Federer (ZH) und Patricia Mattle (SG) bestimmt, letztere als Vertreterin der Jungen CVP. Die ebenfalls kandidierenden Ruth Humbel (AG) und Gerhard Pfister (ZG) hatten das Nachsehen.

CVP erweitert Parteipräsidium

Im Berichtsjahr stimmten die Räte insgesamt elf Motionen zur Vereinfachung der Mehrwertsteuer und zur Vereinheitlichung der Steuersätze zu: Der Nationalrat überwies zwei von der kleinen Kammer im Vorjahr gebilligte Vorstösse der WAK-SR (Mo. 05.3465 und Mo. 05.3466), je zwei Motionen der Fraktionen der CVP (Mo. 05.3798 und Mo. 05.3800), der SVP (Mo. 05.3147 und Mo. 05.3302) und von Philipp Müller (fdp, AG) (Mo. 06.3261 und Mo. 06.3262) sowie je eine Motion Schlüer (svp, ZH) (Mo. 04.3338) und Triponez (fdp, BE) (Mo. 03.3622), der Ständerat eine Motion Frick (cvp, SZ) (Mo. 05.3813); ebenfalls überwiesen wurde ein Postulat Gutzwiller (fdp, ZH) (Po. 06.3376) zur Mehrwertsteuerproblematik bei Subventionen. Die Vorstösse forderten u.a. eine Befristung der Ausnahmen von der Mehrwertsteuer auf fünf Jahre, eine Vereinfachung der Deklaration (u.a. Massnahmen, damit die Mehrwertsteuerabrechnung möglichst rasch elektronisch eingereicht werden kann; anwendungsfreundliche Publikation aller Instruktionen und Entscheide auf Internet; konsequente Umsetzung der Systematik), vorteilhaftere Saldosteuersätze bei der vereinfachten Abrechnungsmethode, raschere Auskunft der Eidg. Steuerverwaltung auf schriftliche Anfragen zu den mehrwertsteuerlichen Konsequenzen von konkret umschriebenen Sachverhalten, mehr Rechtssicherheit in der Mehrwertsteuer (formeller Entscheid nach jeder Mehrwertsteuerrevision, gleich lange Spiesse im Revisions- und im Einspracheverfahren, uneingeschränkte Respektierung der Rechte der Angeschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren) sowie Genehmigung der Weisungen der Mehrwertsteuerbehörden durch den Vorsteher des EFD, um Gleichheit herzustellen mit anderen von der Regierung erlassenen Verordnungen. Bundesrat Merz betrachtete die Vorstösse als Rückenwind und Ermunterung für die laufenden Arbeiten.

Elf Motionen aus dem Jahr 2005 für eine Vereinfachung der Mehrwertsteuer
Dossier: Vereinfachung des Steuersystems

Anfang Juni wurde Parteipräsidentin Doris Leuthard (AG) einstimmig zur einzigen Kandidaten der CVP für die Nachfolge von Joseph Deiss im Bundesrat nominiert und am 14. Juni von der Vereinigten Bundesversammlung gewählt. Übergangsweise übernahmen Bruno Frick (SZ) und Dominique de Buman (FR) die Leitung der Partei.

CVP wählt Christophe Darbellay zu ihrem neuen Präsidenten (2006)
Dossier: CVP-Präsidenten seit 2000

Mitte Januar gaben sowohl die als Kronfavoritin für die Parteileitung gehandelte Vizepräsidentin Doris Leuthard (AG) als auch Bruno Frick (SZ) ihren Verzicht auf eine Kandidatur bekannt. Da die Suche nach einem geeigneten Nachfolger für Stähelin erfolglos blieb, entschied das Parteipräsidium, die Ersatzwahlen auf den Sommer zu verschieben. Doris Leuthard erklärte sich bereit, interimistisch die Parteigeschäfte zu übernehmen.

Wechsel an der CVP-Parteispitze – Doris Leuthard (2003-2004)
Dossier: CVP-Präsidenten seit 2000

Einen Tag nach der Bundesratswahl gab Philipp Stähelin seinen Rücktritt als Parteipräsident nach nur zweieinhalb Jahren Amtsdauer bekannt. Mit seinem Rücktritt zu Beginn einer neuen Legislatur wolle er der neuen Parteiführung ermöglichen, die eidgenössischen Wahlen 2007 in aller Ruhe vorzubereiten. Das neue Präsidium solle an einer ausserordentlichen Delegiertenversammlung Anfang 2004 gewählt werden. Der neue Präsident müsse laut Stähelin ein Mitglied des Parlaments sein, da eine enge Verbindung zur nationalen Politik wichtig sei, und von der Fraktion getragen werden. Er würde sich besonders freuen, wenn eine Frau seine Nachfolge anträte. Als Favoriten gehandelt wurden Vizepräsidentin Doris Leuthard (AG), Ständerat Bruno Frick (SZ), Nationalrätin Lucrezia Meier-Schatz (SG), Nationalrätin Thérèse Meyer (FR) und Fraktionschef Jean-Michel Cina (VS). Die Junge CVP forderte den Ausschluss von Ständerat Carlo Schmid (AI) aus Partei und Fraktion. Falls noch andere Fraktionsmitglieder bei den Bundesratswahlen für Christoph Blocher statt Ruth Metzler gestimmt hätten, solle auch gegen diese ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet werden.

Wechsel an der CVP-Parteispitze – Doris Leuthard (2003-2004)
Dossier: CVP-Präsidenten seit 2000

Als erste Kantonalpartei nominierte die Freiburger CVP mit Joseph Deiss ihren Kandidaten. Mit den Nationalräten Remigio Ratti (TI), Peter Hess (ZG), Adalbert Durrer (OW), Jean-François Roth (JU) sowie Ständerat Bruno Frick (SZ) wurden von den dafür zuständigen Kantonalsektionen weitere männliche Bewerber angemeldet. Dabei wurde von den Medien die Kandidatur von Parteipräsident Durrer als für die CVP nicht ganz unproblematisch erachtet, da davon ausgegangen werden konnte, dass die Fraktion nicht darum herumkommen würde, neben einer Frau auch ihren Präsidenten zu nominieren, was die Chancen einer „lateinischen“ Kandidatur gefährden würde. Der in den letzten Jahren von vielen Medien als Kronfavorit für einen CVP-Bundesratsposten gehandelte St. Galler Nationalrat Eugen David verzichtete angesichts der beiden aussichtsreichen weiblichen Kandidatinnen aus der Ostschweiz darauf, sich um eine Nomination zu bewerben. Die Auswahl von weiblichen Kandidatinnen der CVP war nicht ganz ohne Probleme. National bekannte Politikerinnen, wie etwa die Nationalrätinnen Judith Stamm (LU) oder Rosmarie Zapfl (ZH), welche 60 und mehr Jahre zählen, wurden parteiintern als zu alt beurteilt. Von den kantonalen Regierungsrätinnen stellten sich einige, welche auch national über einen gewissen Bekanntheitsgrad verfügen, nicht zur Verfügung (Brigitte Mürner, LU, Elsbeth Schneider, BL). Von ihren Kantonalsektionen als offizielle Kandidatinnen angemeldet wurden schliesslich die Regierungsrätinnen Rita Roos (SG) und Ruth Metzler (AI).

Zur Nachfolge von Arnold Koller präsentierte die CVP-Fraktion Ruth Metzler und Rita Roos, ohne sich für eine der beiden zu entscheiden. Sogar ein Dreierpack mit Parteipräsident Durrer sowie Deiss und Ratti schlug sie für den zweiten Bundesratssitz vor. Die Fraktionen der anderen Bundesratsparteien verzichteten darauf, Empfehlungen für die Wahl abzugeben und der Anspruch der CVP auf die Wiederbesetzung der beiden Sitze wurde weiterhin von keiner Seite in Frage gestellt.

Bundesratswahl 1999

Auch das Parlament vertröstete sich grösstenteils auf das Stabilisierungsprogramm 98 und das Haushaltsziel 2001. Als Erstrat lehnte der Ständerat zwei Rückweisungsanträge Uhlmann (svp, TG) und Weber (ldu, ZH) ab, die ein Defizit von maximal CHF 6 Mrd. bzw. CHF 7 Mrd. zulassen wollten. Dem befristeten Lohnopfer des Bundespersonals von höchstens 3% stimmte er zu, wobei er dieses gemäss dem Kommissionsantrag abstufte. Einen Antrag Seiler (svp, SH), der untere Lohnkategorien von der Lohnkürzung ausnehmen wollte, lehnte er ab, ebenso wie einen Antrag Frick (cvp, SZ), der die Parlamentarierentschädigungen kürzen wollte. Der Ständerat folgte durchwegs seiner Finanzkommission und sanktionierte schliesslich ein Defizit von CHF 7.78 Mrd. Auch im Nationalrat waren drei Rückweisungsanträge chancenlos. Die SVP verlangte Kürzungen von CHF 2.4 Mrd., der LdU ein Defizit von höchstens CHF 7 Mrd. und die Demokratische Fraktion ein solches von höchstens CHF 4 Mrd. Wie im Ständerat war auch in der grossen Kammer das Lohnopfer der Bundesbeamten Zankapfel. Während ein Antrag Hafner (sp, SH) tiefere Lohnklassen vor Abstrichen bewahren wollte, forderte Blocher (svp, ZH) eine generelle Besoldungsrevision und einen Abbau von 100 Stellen. In einer «unheiligen Allianz» brachten Linke und SVP lineare Lohnkürzungen zu Fall. Ansonsten folgte auch der Nationalrat seiner Finanzkommission und lehnte unter anderem einen Antrag Blocher, den Etat für die Flüchtlingshilfe um CHF 47 Mio. zu kürzen, ab. Die SP hatte keinen Erfolg mit Angriffen auf die Mittel des EMD, und die Lastwagenlobby scheiterte erneut mit dem Versuch, die Entwicklung eines Fahrleistungsmessgerätes zur Erhebung der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe zu stoppen. Den Bauern versagte der Nationalrat den Wunsch, die von der Kommission um CHF 10 Mio. gekürzten Finanzen für Bodenverbesserungen und landwirtschaftliche Hochbauten wieder aufzustocken. In der Differenzbereinigung schloss sich der Ständerat bei den meisten Positionen dem sparfreudigeren Nationalrat an. Abstriche von CHF 40 Mio. bei der Rüstung lehnte er aber ab und ging auch auf einen Vermittlungsantrag für eine Reduktion von CHF 16 Mio. nicht ein. Auch bezüglich des Lohnopfers hielt der Ständerat an seiner Position fest. Der Nationalrat lehnte zwar lineare Lohnkürzungen erneut ab, verweigerte mit Hilfe der SVP aber auch eine Aufstockung des Budgets. Der Bundesrat stellte deshalb Einsparungen andernorts beim Personal in Aussicht.
Zum Lohnopfer der Bundesbeamten siehe auch oben, Teil I, 1c (Verwaltung).

Voranschlag 1998

Der Nationalrat verabschiedete den Bundesbeschluss in der Herbstsession ohne Gegenstimme. Von allen Fraktionen wurde die Notwendigkeit einer lückenlosen Aufklärung der Vergangenheit betont. Eine solche liege – namentlich nach den zum Teil sehr undifferenzierten Anschuldigungen aus den USA und Grossbritannien – sowohl im Interesse des Landes als auch der Banken und der übrigen Wirtschaft. Während Rechsteiner (SG) als Sprecher der SP–Fraktion den Druck aus dem Ausland vorbehaltlos begrüsste, machte der Sprecher der FDP (Suter, BE), darauf aufmerksam, dass dahinter auch ganz konkrete Wirtschaftsinteressen des New Yorker bzw. Londoner Finanzplatzes gegen die im Rahmen der Globalisierung verstärkte Konkurrenz aus der Schweiz stecken dürften. Diese Kontroverse tauchte auch in den Fraktionserklärungen vor der Schlussabstimmung noch einmal auf, als Rechsteiner diesen Beschluss als Startpunkt für eine Debatte über den aktuellen Finanzplatz Schweiz bezeichnete. Dieser Verweis der SP auf Gegenwartsprobleme wurde – mit Hinweis auf den Streit um die Vermögen des philippinischen Ex–Staatschefs Marcos und des zairischen Präsidenten Mobutu – übrigens auch in der Eintretensdebatte im Ständerat von Plattner (sp, BS) und den CVP-Vertretern Schmid (AI) und Frick (SZ) gemacht. Nationalrat Ziegler (sp, GE) reichte unmittelbar nach der Debatte eine Motion für die Aufhebung der staatlich sanktionierten Verschwiegenheitspflicht der Bankangestellten (sogenanntes Bankgeheimnis) ein.

Aufklärung über allfällige Vermögenswerte von Nazi–Opfern auf Schweizerbanken (Mo. 95.3257)
Dossier: Nachrichtenlose Konten von Naziopfern auf Schweizer Banken

Die in den letzten Jahren wenig erfolgreiche CVP bekundigte den klaren Willen, ihren Rang als drittstärkste Partei vor der SVP zu verteidigen und den 1994 begonnenen parteiinternen Erneuerungsprozess zu vertiefen und zu beschleunigen. Drei Arbeitsgruppen gingen ans Werk; sie befassten sich mit der Zukunft der Partei (Gruppe Eugen David), mit der Programmatik (Gruppe Bruno Frick) und mit den eigentlichen Parteistrukturen (Gruppe Adalbert Durrer).
Gestützt auf deren Vorarbeit wurden im November an einem Parteitag in Biel inhaltliche und organisatorische Neuerungen verabschiedet. Programmatisch präsentierte sich die CVP als jene aktive Gegenkraft zu den Parteien, die die Schweiz polarisierten und lähmten und betonte ihren Führungsanspruch im politischen Zentrum. Von der Rolle der Mehrheitsbeschafferin will sie wegkommen und vermehrt eigenständige Positionen erarbeiten. Im Wirtschaftsbereich reklamierte die CVP bezüglich der KMU-Politik (kleine und mittlere Unternehmen) die Führungsrolle; sie will ausserdem zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen einen neuen «contrat social» initiieren.
Als zweiten Schwerpunkt nannte die Partei die soziale und familiäre Sicherheit. Die Delegierten sprachen sich für Kinderzulagen von mindestens 200 CHF pro Monat aus sowie - gegen den Widerstand des Wirtschaftsflügels - für die Schaffung einer Mutterschaftsversicherung für Mütter im unteren und mittleren Einkommensbereich. Diese soll ohne zusätzliche Lohnprozente über die Erwerbsersatzordnung finanziert werden. Andererseits sprach sich die CVP für eine Stabilisierung der schweizerischen Sozialleistungsquote auf dem heutigen Niveau aus. Ein allfälliger Ausbau einzelner Sozialwerke müsste folglich bei anderen kompensiert werden. Ihre Haltung gegenüber dem europäischen Einigungsprozess will die CVP 1997 endgültig klären.

Parteiinterner Erneuerungsprozess der CVP ab 1994

Diese Argumente stiessen hingegen im Ständerat auf offene Ohren: Er lehnte die Initiativen zwar gleichermassen ab, nahm aber mit 32:5 Stimmen einen von seiner Kommission ausgearbeiteten Gegenvorschlag zu "Jugend ohne Drogen" an. Demnach sollte in der Verfassung das Ziel der drogenfreien Gesellschaft explizit verankert werden. Der Ständerat übernahm dabei grosso modo den Vorschlag der CVP, der auch von der gesamten "Parlamentariergruppe Drogenpolitik" unterstützt wurde. Die Verschreibung von Drogen sollte unter der Bedingung der medizinischen Anwendung weiter möglich sein. Für den Gegenvorschlag machten sich vor allem die CVP-Ständeräte Cottier (FR), Danioth (UR) und Frick (SZ) stark. Zusammen mit den SP-Abgeordneten Plattner (BS) und Gentil (JU) sowie Dick Marty (fdp, TI) bot Bundesrätin Dreifuss dem Gegenvorschlag vergebens die Stirn. Das Argument, dass juristisch keine Notwendigkeit für einen neuen Verfassungsartikel zur Drogenpolitik bestehe, wog im Rat weniger schwer als die mehrfach vorgebrachte Warnung davor, der Initiative "Jugend ohne Drogen" in der Abstimmung mit leeren Händen gegenüber zu treten.

Volksinitiativen «für eine vernünftige Drogenpolitik» (Droleg-Initiative) und «Jugend ohne Drogen» sowie direkter Gegenvorschlag (BRG 95.046)