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Jahresrückblick 2020: Sozialversicherungen

Über den Themenbereich «Sozialversicherungen» berichteten die Medien im Jahr 2020 deutlich weniger als in den Vorjahren (ersichtlich in Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse 2020). Jedoch war die Berichterstattung zu Beginn des Jahres noch vergleichsweise stark (vgl. Abbildung 1); zu diesem Zeitpunkt dominierte die Frage nach den Überbrückungsleistungen und damit nach der Schaffung einer neuen Sozialversicherung. Diese Frage wurde bis zum Ende der Sommersession 2020 geklärt, als das Parlament die Vorlage in der Einigungskonferenz und somit noch vor der Abstimmung über die Begrenzungsinitiative, die Corona-bedingt auf Ende September hatte verschoben werden müssen, bereinigte. Das von Mitgliedern der SVP angestrebte fakultative Referendum kam nicht zustande. Neu erhalten somit Ausgesteuerte ab 60 Jahren ÜL, wenn sie mindestens 20 Jahre, fünf davon ab dem Alter von 50 Jahren, in die AHV einbezahlt haben, ihr Erwerbseinkommen mindestens 75 Prozent des AHV-Höchstbeitrags betrug und ihr Reinvermögen unterhalb der EL-Vermögensschwelle liegt.

Nach diesem Anfangsinteresse an den Sozialversicherungen geriet die Thematik aufgrund der Corona-Pandemie stark in den Hintergrund. Zwar wurden die Kurzarbeitsentschädigung sowie der Erwerbsersatz als zwei der drei Hauptmassnahmen zur Abfederung der Auswirkungen der Pandemie (neben den Corona-Krediten) wichtiger als jemals zuvor, dies widerspiegelte sich jedoch nicht in der entsprechenden medialen Berichterstattung (siehe Abbildung 1). Darüber hinaus wirkte sich Corona auch stark auf die Debatte im Krankenversicherungsbereich sowie bezüglich der finanziellen Lage des AHV-Ausgleichsfonds und der Pensionskassen aus.

Besonders viele Neuerungen gab es im Jahr 2020 bei der Arbeitslosenversicherung (ALV). Noch vor Ausbruch der Pandemie bereinigte das Parlament die Vorlage zur Vereinfachung der Bestimmungen zur Kurzarbeit im Arbeitslosenversicherungsgesetz und sah darin unter anderem vor, dass der Bundesrat bei schwieriger Konjunktur die Höchstbezugsdauer für Kurzarbeitsentschädigung (KAE) verlängern kann. Aufgrund des Abbruchs der Frühjahrssession konnte die Schlussabstimmung zum Gesetz erst in der Sommersession durchgeführt werden. Als der Bundesrat während der ersten Corona-Welle entschied, zur Abfederung der Pandemie unter anderem auf Kurzarbeitsentschädigungen zu setzen, stützte er sich in seiner Verordnung somit noch auf die bisherigen Gesetzesbestimmungen. Von diesen bundesrätlichen Corona-Massnahmen zur ALV fiel insbesondere die Ausdehnung des Zugangs zu KAE auf zusätzliche Kategorien von Erwerbstätigen, etwa auf nicht kündbare Temporärangestellte, Lehrlinge oder arbeitgeberähnliche Angestellte ins Gewicht. Damit die ALV die Massnahmen finanzieren konnte – bei Überschuldung der ALV tritt ihre Schuldenbremse in Kraft, wodurch die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge im Folgejahr erhöht werden müssen –, sprach das Parlament auf Antrag des Bundesrates in der ersten Nachmeldung zum Nachtrag I zum Voranschlag 2020 eine Zusatzfinanzierung von CHF 6 Mrd. und erhöhte diese im Nachtrag IIa um weitere CHF 14.2 Mrd. Diese Zusatzfinanzierung bedurfte jedoch einer Änderung des AVIG, welche National- und Ständerat in der Herbstsession 2020 guthiessen.
Neben den KAE setzte der Bundesrat zur Bewältigung der Pandemie auch auf Erwerbsersatz, dessen Einsatz er ebenfalls in einer Verordnung regelte. Neu sollten nicht nur Dienstleistende der Schweizer Armee und Mütter nach der Geburt in den Genuss von EO kommen, sondern temporär und unter gewissen Bedingungen auch Selbständigerwerbende, sofern ihr Betrieb vom Bund geschlossen wurde, sie sich in ärztlich verordnete Quarantäne begeben mussten oder wegen Betreuungsaufgaben ihrer Arbeit nicht nachgehen konnten. Betreuungsaufgaben wegen Schulschliessungen konnten überdies auch Angestellte geltend machen. Für diese Massnahme genehmigte das Parlament einen Nachtragskredit über CHF 4 Mrd., zumal auch der EO-Fonds nur flüssige Mittel von CHF 1 Mrd. aufwies.

Diskutiert wurde im Bereich der Krankenversicherungen vor allem darüber, wer die hohen Corona-Kosten im Gesundheitswesen übernehmen soll: Zwar wurden für die Krankenkassen für das Jahr 2020 wegen Corona tiefere Kosten erwartet, zumal zeitweise alle nicht dringlichen Behandlungen untersagt worden waren, teuer würden hingegen ebendiese Ausfälle von Behandlungen für die Spitäler werden.
Unabhängig von der Corona-Pandemie waren Bundesrat und Parlament im Krankenversicherungsbereich sehr aktiv, insbesondere bei den Massnahmen zur Kostendämpfung, von denen sie sich eine Eindämmung des Prämienanstiegs erhofften. Das erste Massnahmenpaket teilte die SGK-NR vor der ersten Ratsbehandlung im Mai 2020 in zwei Teile auf: In einem ersten Schritt sollten im Teilpaket 1a die weniger umstrittenen Aspekte behandelt werden, wobei sich bei den Behandlungen rasch zeigte, dass es im Gesundheitsbereich beinahe keine unumstrittenen Aspekte gibt. Entsprechend begann der Nationalrat noch vor Abschluss dieses Teilpakets mit der Behandlung des Teilpakets 1b mit den als umstrittener eingeschätzten Massnahmen. Gleichzeitig führte der Bundesrat zwischen August und November 2020 auch eine Vernehmlassung zum zweiten Massnahmenpaket zur Kostendämpfung durch, dessen Hauptmassnahme die Einführung einer Zielvorgabe für die Kostenentwicklung in der OKP darstellt. Da auch die von der CVP in der Zwischenzeit erfolgreich eingereichte eidgenössische Initiative «Für tiefere Prämien» eine Kostenbremse im Gesundheitswesen forderte, schlug der Bundesrat das zweite Massnahmenpaket als indirekten Gegenvorschlag zur CVP-Initiative vor.
Auch der Prämien-Entlastungs-Initiative der SP stellte der Bundesrat mit der Vorlage zu den individuellen Prämienverbilligungen einen indirekten Gegenvorschlag zur Seite. Darin beantragte er als Reaktion auf die stetige Senkung der IPV-Beiträge durch die Kantone, die entsprechenden Kantonsbeiträge an die kantonalen Bruttokosten sowie an die verbleibende Prämienbelastung zu knüpfen. Auch diesen Gegenvorschlag schickte er in der Folge in die Vernehmlassung. Mit der KVG-Ergänzung über die Vollstreckung der Prämienzahlungspflicht der Versicherten, dem Bundesgesetzes über die Datenweitergabe der Versicherungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung standen auch zwei auf parlamentarischen Initiativen basierende Gesetzesvorlagen kurz vor oder am Anfang der parlamentarischen Beratung, während bei der Einführung eines monistischen Finanzierungssystems für die Gesundheitsleistungen (EFAS) 2020 keine Fortschritte erzielt werden konnten. Abgeschlossen wurde hingegen die Vorlage zur Zulassung von Leistungserbringenden in der Sommersession 2020, mit welcher die bisher zeitlich befristete Zulassungsbeschränkung der Leistungserbringenden permanent geregelt wurde. In der Wintersession 2020 einigten sich die Räte auch auf neue Regelungen zur Vergütung des Pflegematerials.

Der Themenbereich Altersvorsorge erhielt im Jahr 2020 von den Medien deutlich weniger Aufmerksamkeit als in den Vorjahren. Dies hing sicherlich einerseits damit zusammen, dass anders als in den Jahren 2017 (Altersvorsorge 2020) und 2019 (STAF) keine eidgenössische Abstimmung zu diesem Thema stattfand. Andererseits überdeckte auch in diesem Themenbereich die Corona-Berichterstattung verschiedene, durchaus berichtenswerte Ereignisse. So machte der Bundesrat bezüglich der Reform der beruflichen Vorsorge einen Schritt vorwärts. Nachdem der Arbeitgeberverband, Travail.Suisse und der Gewerkschaftsbund im Juli 2019 ihren Kompromissvorschlag für die BVG-Revision präsentiert hatten, wurden bald von allen Seiten Kritik und Alternativvorschläge laut, insbesondere bezüglich des Rentenzuschlags im Umlageverfahren. Dennoch entschied sich der Bundesrat Ende November 2020 in der Botschaft zum neu als «BVG 21» betitelten Geschäft, am Kompromiss der Sozialpartner festzuhalten.
Wenige Aktivitäten gab es bezüglich der Revision der AHV. Zwar begann die SGK-SR im August 2020 die Vorberatung der Vorlage zur Stabilisierung der AHV (AHV 21), diese dauerte jedoch aufgrund vertiefter Abklärungen so lange, dass die Vorlage im Jahr 2020 noch nicht im Plenum beraten werden konnte.
Für zwei Volksinitiativen zur Altersvorsorge – für die Volksinitiative «Berufliche Vorsorge – Arbeit statt Armut» sowie für die Volksinitiative «für eine generationengerechte Altersvorsorge (Vorsorge Ja – aber fair)» – verstrichen die Sammelfristen im Jahr 2020 unbenutzt. Zudem wurde im Februar 2020 die Volksinitiative «Für ein besseres Leben im Alter (Initiative für eine 13. AHV-Rente)» durch den Gewerkschaftsbund lanciert. Einiges zu reden wird zukünftig auch ein Urteil des EGMR geben, der die Schweiz wegen unzulässiger Ungleichbehandlung von Witwen und Witwern rügte: Das Gericht kritisierte, dass ein verwitweter Vater nur eine Rente erhält, bis seine Kinder volljährig sind, während verwitwete Mütter ein Leben lang eine Rente erhalten.
Doch auch das Thema «Altersvorsorge» blieb von der Corona-Pandemie nicht unberührt. So verloren sowohl der AHV-Ausgleichsfonds als auch die Pensionskassen durch den Corona-bedingten Aktiensturz viel Geld. Die OAK BV berichtete im Mai 2020, dass der Deckungsgrad der Pensionskassen durchschnittlich um 6 Prozent auf 105.6 Prozent gefallen war, vermeldete dann aber im Laufe des Jahres wieder steigende Zahlen: Ende September 2020 lag der durchschnittliche Deckungsgrad bereits wieder bei 110.2 Prozent. Auch das BSV erwartete mittelfristig nur geringe Folgen durch die Pandemie – es nutzte für seine Prognose gemäss NZZ aber auch positivere Wirtschaftsprognosen als die restliche Bundesverwaltung. Ein grosses, nicht nur Corona-bedingtes Problem im Rahmen des BVG löste der Bundesrat Anfang Juli, als er der Auffangeinrichtung BVG erlaubte, Gelder bis CHF 10 Mrd. aus dem Freizügigkeitsbereich zinslos und unentgeltlich bei der Bundestresorie anzulegen. Da Freizügigkeitsguthaben nicht mit Negativzinsen belastet werden dürfen, war eine sichere Anlage der Gelder aufgrund der Negativzinsen zuvor kaum möglich gewesen.

Schliesslich schloss das Parlament in der Sommersession 2020 auch die Weiterentwicklung der IV erfolgreich ab. Mit der Vorlage hatte der Bundesrat beabsichtigt, die bisher noch unzureichende Wiedereingliederung bei Kindern, Jugendlichen und Menschen mit psychischen Erkrankungen zu verbessern. Entgegen anfänglicher Entscheide des Nationalrats, die Kinderrenten zu senken und die Kinderrenten in «Zulage für Eltern» oder «Zusatzrente für Eltern» umzubenennen, entschied sich das Parlament zum Schluss, auf beide Massnahmen zu verzichten.

Jahresrückblick 2020: Sozialversicherungen
Dossier: Jahresrückblick 2020

Jahresrückblick 2020: Öffentliche Finanzen

Im Jahr 2020 wurde in den Medien im Verhältnis zu anderen Themen deutlich weniger über den Themenbereich «Öffentliche Finanzen» berichtet als in den Jahren 2017 bis 2019. Dies lag jedoch nicht am Unterthema «Finanzlage», im Gegenteil: 2020 wurde häufiger über das Budget, die Staatsrechnung oder die öffentlichen Finanzen diskutiert als im Vorjahr. Grund dafür war die Corona-Pandemie, die bei den Medien das Interesse an der Frage weckte, wie es ob der Pandemie um die Bundesfinanzen stehe. Diese Frage war durchaus berechtigt, zumal die Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie sowohl einnahmen- als auch ausgabenseitig grosse Konsequenzen nach sich zogen. Die hohen Ausgaben kündigten sich bereits im März 2020 an, als der Bundesrat dem Parlament in zwei Nachmeldungen zum ersten Nachtragskredit CHF 41.9 Mrd. als Verpflichtungskredite für die Corona-Soforthilfe für Unternehmen sowie CHF 15.3 Mrd. als Nachtragskredite beantragte. Hinzu kamen im zweiten Nachtragskredit im Mai 2020 noch einmal CHF 14.9 Mrd., womit der Bundesrat mehr als CHF 30 Mrd. zur Bekämpfung der Pandemie und ihrer Auswirkungen einzusetzen plante.
Auch die Einnahmen des Bundes litten mehrfach unter Corona: Der Wirtschaftseinbruch führte zu einer Reduktion des Konsums und dadurch zu einem Mehrwertsteuerausfall, die steigende Arbeitslosigkeit sowie die Lohnreduktion durch Kurzarbeit führten zu einer Reduktion der Erträge der Einkommenssteuer, tiefere Gewinne und Konkurse von Unternehmen führten zu tieferen Unternehmenssteuern und die Möglichkeit, Steuerzahlungen im Jahr 2020 zinslos aufzuschieben, führte in mehreren Bereichen zu Steuerausfällen. Zwar war unklar, wie hoch diese Steuerausfälle schlussendlich sein würden, die FK-NR rechnete aber während des ersten Lockdowns mit Ausfällen in der Höhe von CHF 6 bis 8 Mrd. Zusammengenommen ergaben die höheren Ausgaben und tieferen Einnahmen ein erwartetes Defizit von CHF 30 bis 40 Mrd. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 hatte der Bund einen Überschuss von CHF 3 Mrd. erwirtschaftet. Die Gesamtleistung des Bundes im Rahmen der Corona-Krise über die nächsten Jahre hinweg schätzte Finanzminister Maurer im April 2020 gar auf CHF 70 bis CHF 80 Mrd. – sie entspräche damit ungefähr den Bundesausgaben eines Jahres.
Zwar gab es Mitte August 2020 eine zeitweise Entwarnung, als der Bundesrat im Nachtrag IIb ankündigte, dass ein Teil der bereits veranschlagten CHF 31 Mrd. nicht ausgeschöpft werden müsse: Insgesamt fielen «nur» ausserordentliche Ausgaben von CHF 17.8 Mrd. an. Jedoch zeigte sich zu demselben Zeitpunkt auch, dass die Fiskaleinnahmen im ersten Halbjahr 2020 um fast 1.3 Mrd. tiefer lagen als im gleichen Zeitraum 2019. In der Folge gelang es dem Bundesrat aber, die erwarteten Corona-bedingten Mehrkosten für das Jahr 2021 im ordentlichen Voranschlag unterzubringen, ohne dabei die Schuldenbremse auszureizen. Wie Bundesrat Maurer aber bereits zu diesem Zeitpunkt betont hatte, waren diese positiven Meldungen unter anderem von der weiteren Entwicklung der Pandemie abhängig, und so machte die zweite Welle dem Finanzminister noch einmal einen Strich durch die Rechnung: Im September 2020 beantragte der Bundesrat dem Parlament in einer Nachmeldung zum Voranschlag 2021 noch einmal CHF 1.4 Mrd. zur Bekämpfung der Auswirkungen der Pandemie, bewegte sich aber auch damit noch immer im Rahmen des von der Schuldenbremse Erlaubten.
Dass die Schweiz 2020 ein Defizit machen würde, stand ob der grossen Hilfspakete des Bundesrates ausser Frage. Diskutiert wurde in den Medien aber die Frage, wie dieses Defizit verbucht und anschliessend abgebaut werden soll. Sollten die ausserordentlichen Corona-Ausgaben auf das Amortisationskonto der Schuldenbremse gebucht werden oder sollten sie an der Schuldenbremse vorbeigeschleust werden, wie eine 19-zu-5-Mehrheit der FK-NR (Mo. 20.3470) forderte? Einig war man sich mehrheitlich, dass eine Kompensation in den nächsten sechs Jahren, wie es die aktuelle Regelung bei einer Buchung auf das Amortisationskonto verlangen würde, kaum möglich wäre. Stattdessen wurde darüber diskutiert, ob die Schulden innert 10, 20 oder 30 Jahren oder gar ohne zeitliche Zielvorgabe zurückgezahlt werden sollen. Vorgeschlagen wurde auch, den Schuldenabbau durch zusätzliche Einnahmen, zum Beispiel durch die fixe Zuweisung des Gewinnanteils des Bundes an den Einnahmen der SNB, zu beschleunigen (Motion der WAK-NR: Mo. 20.3450).

Abgesehen von Corona lief 2020 insbesondere im Bereich der «Direkten Steuern» einiges. Dass der Themenbereich verglichen mit den Jahren 2017 bis 2019 deutlich weniger mediale Aufmerksamkeit generierte, liegt an den Abstimmungen über die sehr umstrittenen Revisionen der Unternehmenssteuern in den vergangenen Jahren (2017: USR III, 2019: STAF). Im Jahr 2020 stand hingegen zu den direkten Bundessteuern «nur» das Referendum gegen die steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten an, das deutlich weniger Aufmerksamkeit generierte. Hier hatte das Parlament das ursprüngliche Anliegen der Vorlage, den Drittbetreuungsabzug von CH 10'000 auf CHF 25'000 zu erhöhen, um eine Erhöhung des Kinderabzugs von CHF 6'500 auf CHF 10'000 ergänzt. Dagegen hatten SP und Grüne das Referendum ergriffen, weil sie die hohen Kosten dieser Massnahme, das fehlende Geld für andere Projekte und den einseitigen Nutzen der Erhöhung des Kinderabzugs für die Gutverdienenden kritisierten. Die Befürworterinnen und Befürworter der Änderung warben hingegen damit, dass die Vorlage Mittelstand und Familien entlaste. Mit 63.2 Prozent Nein-Stimmen lehnten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger die Änderung eher überraschend ab.
Daneben wurde im Themenbereich «Direkte Steuern» einmal mehr über die Abschaffung der Heiratsstrafe und damit verbunden über die Volksinitiative «Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe» der CVP diskutiert. Nachdem das Bundesgericht die Abstimmung zur CVP-Initiative im April 2019 annulliert hatte, reichte das Initiativkomitee im Februar 2020 – auch auf Anraten von CVP-Präsident Gerhard Pfister – die von 14 der 15 Mitgliedern unterzeichnete Rückzugserklärung bei der Bundeskanzlei ein. Eine Beschwerde des Vereins Human Life, der sich mit Verweis auf ein Rechtsgutachten gegen den Rückzug wehrte, lehnte das Bundesgericht im Oktober 2020 ab.
Darüber hinaus bereinigte das Parlament das Bundesgesetz über die steuerliche Behandlung finanzieller Sanktionen, welches entsprechend einer Motion Luginbühl (bdp, BE; Mo.14.3450) die Steuerabzüge von Bussen mit Strafzweck sowie von Bestechungszahlungen an Private und Aufwendungen zur Ermöglichung von Straftaten streichen wollte. Das Parlament entschied sich jedoch, vom Ausland verhängte Bussen weiterhin steuerlich abzugsfähig zu machen, sofern die Sanktionen gegen den schweizerischen Ordre public verstossen oder wenn das Unternehmen glaubhaft darlegen kann, dass es «alles Zumutbare unternommen hat, um sich [nach ausländischem Recht] rechtskonform zu verhalten».

Nicht zuletzt präsentierte der Bundesrat verschiedene neue Reformprojekte, unter anderem das Bundesgesetz über administrative Erleichterungen und die Entlastung des Bundeshaushalts, dessen Ziel die Entlastung des Bundeshaushalts durch verschiedene strukturelle Reformen in der Bundesverwaltung ist. Bereits ein erstes Mal im Parlament behandelt wurden das Bundesgesetz über elektronische Verfahren im Steuerbereich sowie die Botschaft zur Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern» der SP, welche der Bundesrat zuvor zur Ablehnung empfohlen hatte. Anträge auf Erarbeitung eines direkten Gegenentwurfs sowie auf Annahme der Initiative wurden abgelehnt. Auch im Bereich indirekte Steuern sorgte ein neues Initiativprojekt für einiges mediales Aufsehen, nämlich die Volksinitiative «Mikrosteuer auf dem bargeldlosen Zahlungsverkehr». Die Initiative will jede Belastung und Gutschrift des bargeldlosen Zahlungsverkehrs anfänglich mit 0.05 Promille belasten und dafür die Mehrwertsteuer, die direkte Bundessteuer sowie die Stempelabgabe abschaffen. Das Komitee begann im Februar 2020 mit der Unterschriftensammlung.

Ein Novum bei den Voranschlägen gab es Corona-bedingt im Jahr 2020 ebenfalls: Im November erarbeitete die FK-NR aufgrund einer parlamentarischen Initiative (Pa.Iv. 20.481) einen Übergangs- oder Notvoranschlag für das Jahr 2021. Dieser stützte sich auf die bundesrätliche Botschaft und die Mehrheitsentscheide der Kommissionen und sollte zur Anwendung kommen, falls das Parlament bis Ende Jahr kein Budget verabschieden konnte. Soweit kam es jedoch nicht: Nach langwierigen Debatten verabschiedeten National- und Ständerat Mitte Dezember den ordentlichen Voranschlag 2021.

Jahresrückblick 2020: Öffentliche Finanzen
Dossier: Jahresrückblick 2020

Im Dezember 2020 kamen gleich sechs SP-Motionen im Bereich der Fotovoltaik zur Abschreibung, da sie nicht innert der Zweijahresfrist vom Parlament behandelt wurden. Eine Motion Jans (sp, BS; Mo. 18.4297) forderte, dass der Bundesrat das Potenzial der Fotovoltaik in der Schweiz genauer identifiziert, Daten öffentlich zugänglich macht und Möglichkeiten prüft, wie die sich in öffentlicher Hand befindenden Flächen zur Verwendung von Sonnenenergie nutzbar gemacht werden könnten. Den Ausbau der Fotovoltaik vorantreiben wollte auch Mathias Reynard (sp, VS), der in seiner Motion (18.4272) eine Beschleunigung und Priorisierung der Auszahlung von einmaligen Investitionsbeiträgen gegenüber anderen Techniken (wie bspw. Wasserkraft) forderte. Vor allem mit grossen Fotovoltaikanlagen könnten verglichen mit anderen Stromproduktionstechniken der günstigste Strom geliefert und die Mittel des Netzzuschlagsfonds am effizientesten genutzt werden, begründete der Walliser seine Motion. Beschleunigen wollte dieses Verfahren auch Claudia Friedl (sp, SG; Mo. 18.4245), die für die Auszahlung der Investitionsbeiträge bei Fotovoltaik-Kleinanlagen die Einführung einer maximalen Wartefrist von drei Monaten verlangte. Nicht beschleunigen, aber erhöhen sollte der Bundesrat zudem die Auszahlung der einmaligen Investitionsbeiträge für fassadenintegrierte (vertikale) Fotovoltaikanlagen. Motionärin Jaqueline Badran (sp, ZH; Mo. 18.4218) wollte damit sicherstellen, dass solche Anlagen, die aufgrund ihrer vertikalen Ausrichtung vor allem im Winter erneuerbaren Strom liefern und damit zu einer Entschärfung des Stromengpasses in den kalten Monaten beitragen, auch aus ökonomischer Sicht rentabel betrieben werden können. Eine Entschärfung des Problems der Winterstromknappheit wollte auch Silva Semadeni (sp, GR; Mo. 18.4215) erreichen, indem die finanziellen Aspekte für Netzanschlüsse von Fotovoltaikanlagen in peripheren Lagen, beispielsweise an sonnenreichen vertikalen Stellen entlang von Bahnlinien oder Strassen, neu geregelt werden, damit diese aus ökonomischer Sicht realisiert werden können. Den Vorteil von vertikaler Fotovoltaik in den Wintermonaten strich zuletzt auch Mathias Reynard heraus, der sich mit einer weiteren Motion (18.4271) eine Honorierung für solche Anlagen wünschte, die dem winterlichen Versorgungsengpass entgegensteuern. Der Bundesrat hatte in seinen Stellungnahmen sämtliche sechs Motionen zur Ablehnung empfohlen, zumal er die geltenden Regelungen und laufenden Arbeiten als ausreichend eingestuft hatte.

Unbehandelte SP-Motionen im Bereich der Fotovoltaik (Abschreibung Dezember 2020)

Le Groupe socialiste retire son initiative parlementaire demandant une indemnité en cas de RHT de 100 pour cent du salaire pour une durée de perception supérieure à 60 jours, comme l'Assemblée fédérale a décidé – dans le cadre de la loi Covid-19 – d'indemniser à 100 pour cent la part du salaire assuré jusqu'à CHF 3'470.

Augmenter l'indemnité en cas de réduction de l'horaire de travail, pour les bas et les moyens revenus en cas de crise de longue durée (Iv.pa 20.417)

In der Vernehmlassung wurde das Vorhaben des Bundesrates, einen nationalen Adressdienst (NAD) zu schaffen, mehrheitlich befürwortet. Von den 55 eingegangenen Vernehmlassungsantworten äusserten sich 35 positiv zum Vorentwurf, darunter 21 Kantone sowie die BDP, die SP und die SVP. Zehn Teilnehmende positionierten sich nicht eindeutig oder zogen ein gemischtes Fazit, wobei nicht der Nutzen des Dienstes, sondern dessen konkrete Ausgestaltung in Frage gestellt wurde. Zu dieser Gruppe zählten die Kantone Appenzell Ausserrhoden und Graubünden, die CVP, der Gemeinde- und der Städteverband sowie der Gewerbeverband. Überwiegend ablehnend äusserten sich ebenfalls zehn Teilnehmende, darunter die Kantone Tessin und Waadt sowie die FDP. Während einige Organisationen die Notwendigkeit des neuen Registers in Frage stellten und Datenschutzbedenken äusserten (SKS, HEV, Privatim, Centre Patronal), forderte auf der anderen Seite der Verband der Einwohnerdienste die Schaffung eines zentralen Einwohnerregisters, das alle Daten der Einwohnerregister umfasst und nicht nur die Wohnadressen.
Die Stellungnahmen hätten insgesamt bestätigt, dass der geplante nationale Adressdienst einem Bedürfnis entspreche, gab der Bundesrat im Dezember 2020 per Medienmitteilung bekannt. Mit dem NAD sollen Schweizer Behörden die Wohnadresse der Einwohnerinnen und Einwohner auch über Kantonsgrenzen hinweg suchen und bestehende Adressdaten aktualisieren können. Das geplante Adressdienstgesetz (ADG) enthält die gesetzliche Grundlage für einen solchen Dienst und soll unter anderem den Inhalt, die Zugriffsmöglichkeiten und den Datenschutz regeln.
Die Vernehmlassungsergebnisse veranlassten den Bundesrat dazu, das Vorhaben weiterzuverfolgen, aber zuvor noch einige aufgeworfene Fragen zu klären. Er kündigte an, die Datenschutzbestimmungen und die Regelung der Datenhoheit zu präzisieren sowie die Abfragemöglichkeiten und die Rolle der Kantone und Gemeinden noch vertieft zu prüfen. Überdies wolle er bereits vor der Inbetriebnahme des NAD geklärt haben, ob und mit welchen zusätzlichen Datenquellen von Bund, Kantonen oder Gemeinden die Aktualität der bereitgestellten Daten verbessert werden könnte. Die Regierung beauftragte das EDI, die notwendigen Abklärungen zu treffen und anschliessend eine Botschaft auszuarbeiten.

Adressdienstgesetz (BRG 23.039)

Im Dezember 2020 wurde die Motion der SP-Fraktion im Rahmen der Besprechung des Berichts des Bundesrats über Motionen und Postulate der eidgenössischen Räte im Jahr 2019 abgeschrieben. Der Vorstoss hatte den Bundesrat damit beauftragt, sich für eine massenvernichtungswaffenfreie Zone im Nahen und Mittleren Osten einzusetzen. Die ursprünglich zu diesem Zweck unterstützte im Ausland angestellte Planung einer Konferenz zur Schaffung einer solchen Zone war 2015 zum Stillstand gekommen. 2018 wurden zwar neue Bemühungen lanciert, um eine derartige Konferenz durchzuführen. Die Schweiz hatte sich aber nur punktuell als Beobachterin engagiert. Laut Bericht hatte die Schweiz dann aber die 2019 erstmals stattfindende Konferenz über ihren regulären UNO-Beitrag mitfinanziert, womit der Vorstoss als erfüllt betrachtet wurde. Der Bundesrat teilte beim Antrag zur Abschreibung zudem mit, dass er sich auch weiterhin für eine solche Zone aussprechen und bei sich bietender Gelegenheit Unterstützung leisten werde.

Für eine von Massenvernichtungswaffen freie Zone im Nahen und Mittleren Osten

Im März 2020 reichten die Grüne (Pa.Iv. 20.403) und die sozialdemokratische Fraktion (Pa.Iv. 20.404) je eine parlamentarische Initiative ein, mit der sie die Einsetzung einer PUK zur Aufarbeitung der Crypto-Affäre forderten. Während die Grüne Fraktion als Begründung anführte, die umfassende Aufklärung der Crypto-Affäre liege im Interesse der Rechtsstaatlichkeit, der Souveränität und der Neutralität der Schweiz, führte die SP-Fraktion in ihrer Begründung eine Vielzahl an Fragen auf, die es zu klären gelte. Konkret verlangte sie die Beleuchtung von sechs Themenkomplexen: Komplizenschaft des NDB, Rolle der Armee, Rolle der Bundesanwaltschaft, Rolle des Fedpol und dessen Zusammenarbeit mit dem NDB, Rolle weiterer Bundesbehörden sowie Verantwortung des Bundesrates.
Das Büro des Nationalrates lehnte das Begehren der beiden Fraktionen im November mit 8 zu 5 Stimmen ab. Nach Anhörung der beiden initiierenden Fraktionen, des GPDel-Präsidenten und einer Vertretung des Bundesrates sei es zur Ansicht gelangt, dass der kurz zuvor veröffentlichte Untersuchungsbericht der GPDel die aufgeworfenen Fragen beantwortet habe, gab es per Medienmitteilung bekannt.

Crypto-Affäre

Le Groupe socialiste estime qu'une perception de l'indemnité en cas de réduction de l'horaire de travail (RHT) implique, pour les salarié.e.s, de renoncer à 20 pourcent de leur salaire. En cas de crise de longue durée, les bas et les moyens revenus perdent du pouvoir d'achat, en plus d'être confrontés à des charges financières supplémentaires. Par le biais d'une initiative parlementaire, le Groupe socialiste souhaite donc que l'indemnité en cas de RHT soit portée à 100 pourcent de la perte de gain considérée, si la durée de la perception de l'indemnité est supérieure à 60 jours au cours d'une année et que la perte de gain est inférieure au salaire médian en Suisse.
Lors de l'examen préalable, la CSSS-CN a proposé, par 15 voix contre 9 et 1 abstention, de ne pas y donner suite.

Augmenter l'indemnité en cas de réduction de l'horaire de travail, pour les bas et les moyens revenus en cas de crise de longue durée (Iv.pa 20.417)

Die im Frühjahr 2020 durchgeführte Vernehmlassung zur Änderung des Asylgesetzes – angestossen durch eine parlamentarische Initiative Rutz (svp, ZH) – ergab, dass die Mehrheit der Stellungnehmenden die Möglichkeit begrüssten, zur Identitätsüberprüfung von Asylsuchenden deren mobile Geräte zu nutzen. 24 von 25 stellungnehmenden Kantonen – alle mit Ausnahme des Kantons Neuenburg – sowie die Parteien der CVP, FDP und SVP stimmten diesem Vorhaben im Grundsatz zu, da sie sich davon eine effiziente Methode zur Identifizierung von Personen erhofften, für die keine Identitätsdokumente vorliegen würden. Opposition erfuhr der Entwurf von den linken Parteien und von den meisten stellungnehmenden interessierten Kreisen. Diese erachteten die Massnahme als unverhältnismässigen Eingriff in die persönlichen Grundrechte, vermissten eine gesetzliche Grundlage und bezweifelten darüber hinaus die postulierte Effizienz eines solchen Vorgehens. Nicht zuletzt brachten sie datenschutzrechtliche Bedenken vor. Fünf Kantone und die SVP setzten sich auf der anderen Seite für die Möglichkeit einer zwangsweisen Abnahme der elektronischen Datenträger ein. Der Entwurf der Kommission sah eine Mitwirkungspflicht, aber keinen Zwang vor. Einige stellungnehmende Akteure, darunter auch der EDÖB, machten deutlich, dass sie die Grundrechtskonformität im Falle eines Zwanges nicht mehr gegeben sähen. Der EDÖB forderte etwa auch die Schaffung einer Gesetzesgrundlage für die Bearbeitung personenbezogener Daten von Drittpersonen, da diese auch von den zur Identitätserkennung unternommenen Auswertungen betroffen sein könnten.
Die zuständige SPK-NR übernahm gewisse Empfehlungen aus der Vernehmlassung, insbesondere datenschutzrechtliche Belange, und verabschiedete im Oktober 2020 mit 13 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen die Vorlage an den Bundesrat.

Mitwirkungspflicht im Asylverfahren. Überprüfungsmöglichkeit bei Mobiltelefonen (Pa. Iv. 17.423)

Im Dezember 2019 reichten Vertreterinnen und Vertreter der SP-, Grünen-, Mitte- sowie der FDP.Liberale-Fraktion vier gleichlautende parlamentarische Initiativen ein (Pa.Iv. 19.504 Munz (sp, SH); Pa.Iv. 19.505 Roduit (cvp, VS); Pa.Iv. 19.506 Eymann (lpd, BS); Pa.Iv. 19.507 Trede (gp, BE)). Mit diesen Vorstössen wurde der Bundesrat aufgefordert, für vergünstigte Tarife im öffentlichen Verkehr für Schulklassen zu sorgen. Exkursionen von Schulklassen erfüllten wichtige pädagogische, soziale und kulturelle Funktionen für die Kinder und Jugendlichen und sollten entsprechend gefördert werden, so die Initiantinnen und Initianten.
Die zuständige KVF-NR befasste sich im Oktober 2020 mit den Initiativen und gab dem Vorhaben mehrheitlich Folge (15 zu 10 Stimmen). Die Kommission vertrat die Ansicht, dass ausserschulische Aktivitäten für die Bildung der Kinder und Jugendlichen wichtig seien. Eine Minderheit war hingegen der Auffassung, dass damit in die Kompetenz der Kantone und Gemeinden eingegriffen würde, die für Bildungsfragen zuständig seien.

Vier parlamentarische Initiativen zu vergünstigten Tageskarten für Schulklassen (Pa.Iv. 19.504; Pa.Iv. 19.505; Pa.Iv. 19.506; Pa.Iv. 19.507)

Knapp zwei Wochen nach den Schlussabstimmungen zum Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Terrorismusbekämpfung (PMT) gaben die Jungen Grünen, die Juso und die Junge GLP zusammen mit der Piratenpartei und dem Chaos Computer Club bekannt, gegen das von links-grün heftig kritisierte Gesetz das Referendum zu ergreifen. Die Massnahmen gegen potenziell gefährliche Personen, die jedoch keine Straftat begangen haben, seien ein «Frontalangriff auf den Rechtsstaat», wie die Presse das Komitee zitierte. In einem Rechtsstaat sei es unabdingbar, dass die Polizei einem Gericht plausibel erklären müsse, warum eine Massnahme nötig sei, bevor sie angeordnet werde; diese Entscheidung unterliege nun aber dem Gutdünken der Polizei, die auf Basis blosser Indizien handeln könne. Jeder und Jede könne so zum terroristischen Gefährder bzw. zur terroristischen Gefährderin gemacht werden. Weiter erachteten es die PMT-Gegnerinnen und -Gegner als fraglich, ob das Gesetz überhaupt mehr Sicherheit bringe. Wer wirklich einen Terroranschlag plane, lasse sich von einer Fussfessel oder von Hausarrest auch nicht aufhalten, argumentierten sie. Die Referendumsfrist läuft bis am 14. Januar 2021.

Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT; 19.032)
Dossier: Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung
Dossier: PMT und damit umgesetzte Vorstösse
Dossier: Vorstösse und Massnahmen zur Bekämpfung islamistischer Radikalisierungstendenzen

Im Oktober 2020 wurde der Ergebnisbericht zur Vernehmlassung des indirekten Gegenvorschlags zur Organspende-Initiative, welche vom 13. September bis zum 13. Dezember 2019 gedauert hatte, veröffentlicht. Insgesamt hatten 81 Akteurinnen und Akteure Stellung genommen, wobei sich mit 53 von ihnen ein Grossteil der Vernehmlassungsteilnehmenden vollumfänglich oder grundsätzlich zustimmend zum Gegenvorschlag aussprachen. Zu ihnen gehörten 21 Kantone, die beiden Parteien GLP und GPS sowie dreissig Organisationen, darunter auch Swisstransplant, eine Unterstützerin der Volksinitiative. Explizit abgelehnt wurde die Vorlage von 16 Vernehmlassungsteilnehmenden. Als Gründe für die ablehnende Haltung wurden die Befürwortung der Volksinitiative (JU), des Erklärungsmodells (LU, CVP, EVP, CBCES, EKS, MERH_UZH, NEK) oder der parlamentarischen Initiative Nantermod (fdp, VS; pa.Iv. 18.443; FDP), aber auch die zu enge Zustimmungslösung (ÄPOL) und der Wunsch nach Beibehaltung der aktuell gültigen erweiterten Zustimmungslösung (HGS) aufgeführt. Weitere Argumente gegen den indirekten Gegenvorschlag liessen sich auf ethische Bedenken (SH, HLI, MIGUNIBE, SPO) oder auf die Forderung zurückführen, dass die Vorlage Teil eines Gesamtprojekts zur Einwilligung in der Gesundheits- und Humanforschung sein sollte (Privatim). Weder eine zustimmende noch eine ablehnende Haltung nahmen aus diversen Gründen zehn Vernehmlassungsteilnehmende ein (BL, TG, iEH2, SPS, BDP, SVP, GDK, insieme, SBK und SGG). Der SAV, santésuissse und der SSV verzichteten auf eine Stellungnahme.

Positiv aufgenommen wurde von der Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden die geplante Einbindung der Angehörigen. In diesem Zusammenhang kam denn auch mehrfach die Forderung auf, dass eine Organentnahme nur zulässig sein soll, wenn die Angehörigen erreicht werden können. Auch die gesetzliche Verankerung eines Registers wurde grösstenteils befürwortet, wobei verschiedene Änderungsvorschläge eingingen. Einer von ihnen bestand darin, dass neben der Dokumentation des Widerspruchs auch eine Zustimmung festgehalten werden können sollte. Von verschiedenen Seiten wurde zudem der Wunsch geäussert, dass der Stiftung Swisstransplant die Registerführung zukommen soll, weil sie bereits über ein Register verfüge. Ferner wurde der Information der Bevölkerung über das Widerspruchsmodell ein hoher Stellenwert beigemessen.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Noch bevor der Abstimmungskampf zur Änderung der direkten Bundessteuer zur steuerlichen Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten, über die im Mai 2020 hätte abgestimmt werden sollen, richtig begonnen hatte, gab der Bundesrat im März 2020 bekannt, die Abstimmung aufgrund des Corona-bedingten Lockdowns auf September 2020 zu verschieben.
Die Abstimmungsvorlage umfasste zwei Aspekte: einerseits die im Titel aufgeführte Erhöhung des Drittbetreuungsabzugs von CH 10'000 auf CHF 25'000, andererseits die der Vorlage von der bürgerlichen Parlamentsmehrheit hinzugefügte Erhöhung des Kinderabzugs von CHF 6'500 auf CHF 10'000. Im Zentrum der Abstimmungskampagne stand der zweite Aspekt, die Erhöhung des Kinderabzugs, wobei dieselbe Frage die Diskussion dominierte, die schon im Rahmen der Parlamentsdebatte im Mittelpunkt gestanden hatte: Wer profitiert von den Kinderabzügen? Zur Beantwortung dieser Frage stützten sich beide Seiten auf die Daten der ESTV, welche Finanzminister Maurer in der Parlamentsdebatte präsentiert hatte.
Die Befürworterinnen und Befürworter stellten den Nutzen der Vorlage für den Mittelstand in den Mittelpunkt ihrer Kampagne. «Der Mittelstand profitiert», warb etwa die CVP auf ihrer Internetseite. Stütze man sich auf die Definition des BFS für «Mittelstand», erhalte der Mittelstand 49 Prozent der Ermässigungen, argumentierte Marianne Binder-Keller gegenüber dem Sonntagsblick. Gegen diese Darstellung wehrten sich die Gegnerinnen und Gegner der Vorlage: Der (obere) Mittelstand profitiere zwar auch, in erster Linie nütze die Vorlage aber vor allem den Gutverdienenden, kritisierten sie: Je höher das Einkommen, desto grösser sei der Spareffekt. 70 Prozent der Gesamtentlastung kämen so den 15 Prozent der Familien mit den höchsten Löhnen zu, während 45 Prozent der Familien keine Entlastung erfahren würden, da sie keine Bundessteuern bezahlten. Gar als «Klientelpolitik» bezeichnete etwa das liberale Komitee, vor allem bestehend aus Mitgliedern der GLP, die Vorlage. Noch einseitiger sei die Verteilung schliesslich, wenn nicht nur die Familien, sondern alle Haushalte, also auch die Alleinstehenden und die kinderlosen Paare, die ja ebenfalls von den Steuerausfällen betroffen wären, berücksichtigt würden, betonte überdies Jacqueline Badran (sp, ZH). Berücksichtige man diese ebenfalls, profitierten lediglich sechs Prozent aller Haushalte von 70 Prozent der Steuerausfälle. Man lasse jedoch den Mittelstand im Glauben, dass er von der Vorlage profitiere, indem in der Debatte sowie im Abstimmungsbüchlein jeweils das steuerbare Einkommen aufgeführt werde. Dies sei «total irreführend» (Badran gemäss Blick), da niemand die Höhe seines persönlichen steuerbaren Einkommens kenne. Die ESTV begründete die Verwendung des steuerbaren Einkommens jedoch damit, dass sich der tatsächliche Steuerbetrag beim Bruttoeinkommen zwischen verschiedenen Personen stark unterscheiden könne.
Obwohl die Befürworterinnen und Befürworter immer betonten, dass die Mehrheit der Familien profitiere, gab zum Beispiel Philipp Kutter (cvp, ZH), der die Erhöhung der Kinderabzüge im Nationalrat eingebracht hatte, in einem Interview gegenüber der NZZ unumwunden zu, dass die Vorlage auch eine Steuersenkung für Gutverdienende beinhalte: Über den Steuertarif seien allgemeine Steuersenkung für Gutverdienende «chancenlos», mehrheitsfähig sei einzig der «Weg über die Kinderabzüge».

Nicht nur der Mittelstand, sondern auch die Familien standen im Zentrum der Vorlage. Diese müssten endlich unterstützt werden, betonte Philipp Kutter, was mithilfe der aktuellen Vorlage möglich sei: 60 Prozent aller Familien könnten von einer Erhöhung des Kinderabzugs profitieren. Dem entgegnete etwa die NZZ, dass die Familien in den letzten Jahren stark entlastet worden seien (v.a. durch die Reduktion der Bundessteuer für Haushalte mit Kindern), deutlich stärker zumindest als Kinderlose. Brigitte Häberli-Koller (cvp, TG) befürwortete indes insbesondere, dass durch die aktuelle Vorlage alle Familienmodelle unabhängig der Betreuungsform entlastet würden. Die Gesellschaft habe als Ganzes ein Interesse daran, dass die Leute Kinder bekommen, ergänzte Kutter. Familiäre Strukturen seien für die Gesellschaft wichtig, überdies sei man dadurch weniger auf Zuwanderung angewiesen, die ja ebenfalls teilweise auf Ablehnung stosse. Demgegenüber wurde in der NZZ die Frage diskutiert, ob Kinderabzüge überhaupt gerechtfertigt seien. So könne man es als private Konsumentscheidung ansehen, Kinder zu haben; in diesem Falle würden Kinderabzüge der Besteuerung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit widersprechen. Es gäbe aber einen politischen Konsens, dass das Steuerrecht Kinderkosten berücksichtigen solle. Die Entscheidung, wie diese Unterstützung erfolgen solle (durch degressiv wirkende Kinderabzüge, neutral wirkende Abzüge vom Steuerbetrag oder durch progressiv wirkende Kinderzulagen zum Erwerbseinkommen), sei dann eine weitere, umverteilungspolitische Entscheidung.

Ein weiteres Argument der Gegnerinnen und Gegner der Erhöhung des Kinderabzugs lag in den daraus folgenden hohen Kosten: Die Vorlage verursache voraussichtlich fast 40mal höhere Kosten, als für die Erhöhung des Drittbetreuungsabzugs geplant worden war, und übertreffe damit auch die Kosten der medial deutlich umstritteneren Verlängerung des Vaterschaftsurlaubs. Dadurch sei zukünftig weniger Geld für andere, sinnvollere Projekte vorhanden, argumentierten sie. SP, Grüne und die Kritikerinnen und Kritiker der Vorlage aus der FDP stellten dabei insbesondere die Individualbesteuerung in den Mittelpunkt. Dieser sprachen sie eine deutlich grössere Wirkung auf die Erwerbstätigkeit von Frauen zu als den Drittbetreuungsabzügen. Da sie aber ebenfalls zu hohen Steuerausfällen führen würde, befürchteten sie, dass die Abschaffung der Heiratsstrafe bei Annahme der aktuellen Vorlage auf die lange Bank geschoben würde, weil kein Geld mehr vorhanden wäre. Verstärkt wurde dieses Argument durch die hohen Kosten zur Bewältigung der Corona-Pandemie: Hatte der Bundesrat während der Budgetdebatte fürs Jahr 2020 noch mit einem Überschuss von CHF 344 Mio. gerechnet, wurde jetzt ein Defizit über CHF 20 Mrd. erwartet. Die Medien vermuteten von diesem Defizit nicht nur Auswirkungen auf die Vorlage zum Drittbetreuungs- und zum Kinderabzug, sondern auch auf die gleichzeitig stattfindenden Abstimmungen zu den Kampfflugzeugen und über den Vaterschaftsurlaub. «Angesichts enormer Zusatzlasten kann sich unsere Gesellschaft erst recht keine Steuergeschenke mehr leisten, die nichts bringen», argumentierte etwa GLP-Nationalrat Thomas Brunner (glp, SG). Das sahen die Befürwortenden anders, Philipp Kutter etwa betonte: «Das wird den Bund nicht umbringen».

Schliesslich waren sich Befürwortende und Gegnerschaft nicht einig, inwiefern das ursprüngliche Ziel der Vorlage, die Förderung der Beschäftigung hochgebildeter Personen, insbesondere von Frauen, durch die Ergänzung der Kinderabzüge gefördert wird. Raphaela Birrer argumentierte im Tages-Anzeiger, dass die Erhöhung der Kinderabzüge die Anreize zur Erhöhung der Erwerbstätigkeit verstärke. In einer Studie zur Wirkung der beiden Abzüge (Kinderabzug und Drittbetreuungsabzug) auf die Erwerbstätigkeit bestätigte Avenir Suisse diesen Effekt nur bedingt: Zwar senkten beide Abzüge den Grenzsteuersatz (also die Besteuerung von zusätzlichem Einkommen) und förderten damit die Erwerbstätigkeit, jedoch sei der entsprechende Effekt des Kinderabzugs gering. Zudem senke er auch den Grenzsteuersatz von Einverdienerhaushalten, wodurch die Erwerbstätigkeit von Frauen nicht gesteigert werde. Von der Erhöhung des Betreuungskostenabzugs sei hingegen ein deutlich stärkerer Effekt auf die Erwerbstätigkeit zu erwarten, damit könne der Anreiz des aktuellen Steuersystems für Zweitverdienende, nicht oder nur wenig zu arbeiten, gemildert werden. Die GLP stellte entsprechend insbesondere diesen Aspekt in den Mittelpunkt und sprach von einer Mogelpackung, weil die Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch die Erhöhung des Kinderabzugs nicht verbessert werde. Nationalrätin Christa Markwalder (fdp, BE), die sich ebenfalls im liberalen Komitee engagierte, reichte im Juni 2020 eine parlamentarische Initiative (Pa.Iv. 20.455) ein, mit der sie das Originalanliegen der Vorlage, also den Drittbetreuungsabzug, erneut aufnahm. Damit sollte dieser bei einer Ablehnung der Vorlage möglichst schnell verwirklicht werden können.
Die Frage, ob die Vorlage Anreize zur Erhöhung der Erwerbstätigkeit beinhalte oder nicht, hatte aber noch eine zweite Komponente. So störte sich die Weltwoche überhaupt daran, dass das Steuerrecht «für alle möglichen Zwecke instrumentalisiert» werde. Es sei nicht dafür da, «bestimmte Lebensmodelle zu fördern», argumentierte Katharina Fontana. Zudem sei es unmöglich, Steuergerechtigkeit herzustellen, zumal sich niemand jemals gerecht besteuert fühle.

Bezüglich der Komitees gibt es weniger zu sagen. Auf der Befürworterseite der Vorlage standen insbesondere die CVP und die SVP. Ja-Parolen gaben auch die BDP, EVP und die FDP.Liberalen aus, unterstützt wurden sie vom Gewerbeverband. Die Medien interessierten sich indes insbesondere für die Position der Freisinnigen, zumal sie die Vorlage im Parlament anfangs bekämpft, ihr mit ihrem Meinungswandel dann aber zum Durchbruch verholfen hatten. Nun wolle sich die Partei nicht an der Kampagne beteiligen, so die WOZ, zumal sie intern gespalten war: Einzelne Personen, darunter Ständerat Andrea Caroni (fdp, AR) und Nationalrätin Christa Markwalder, sprachen sich gegen die Vorlage aus und beteiligten sich gar am liberalen Nein-Komitee. Dieses setzte sich insbesondere aus Mitgliedern der GLP zusammen und kämpfte vor allem dagegen, dass die «Mogelpackung» viel koste, aber keine oder gar negative Auswirkungen hätte. Damit würden «keine Anreize für arbeitstätige Elternteile geschaffen», betonte Kathrin Bertschy (glp, BE). Auf linker Seite kämpften vor allem die SP und die Grünen, welche die Unterschriften für das Referendum gesammelt hatten, für ein Nein. Unterstützt wurden sie von den Gewerkschaften, aber auch Avenir Suisse sprach sich gegen die Kinderabzüge aus. Stimmfreigabe erteilten hingegen unter anderem die FDP Frauen. Sie befürworteten zwar den Drittbetreuungsabzug, störten sich aber an den hohen Kosten des Kinderabzugs, durch den das wichtigere Projekt der Individualbesteuerung weiter hinausgeschoben werde. Auch der Arbeitgeberverband entschied sich für Stimmfreigabe, nachdem er das Projekt im Parlament noch bekämpft hatte, da es «kaum zu einer stärkeren Arbeitstätigkeit der Eltern beitrage», wie der Blick berichtete. Dasselbe geschah mit Economiesuisse, der das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Vorlage anfangs zu wenig ausgewogen gewesen sei. Der Sonntags-Blick vermutete, dass sich die Verbände nicht zu einer Nein-Parole hätten durchringen können, da das Referendum «aus dem falschen politischen Lager» stammte. Interessant war für die Medien schliesslich auch die Position des Bundesrates, insbesondere von Finanzminister Maurer. Dieser hatte die Vorlage im Parlament mit deutlichen Worten bekämpft, vertrat nun aber – wie im Gesetz für politische Rechte geregelt – die Position des Parlaments. Ersteres hatte er so gut getan, dass sich auch die NZZ nicht sicher war, ob er denn nun die Vorlage persönlich befürworte, wie seine Partei, oder sie ablehne.

Der Abstimmungskampf zur Vorlage verlief ungemein schwach. So stand sie deutlich im Schatten der Corona-Pandemie sowie der anderen vier Vorlagen. Sie wurde gemäss Analysen vom Fög und von Année Politique Suisse einerseits nur sehr schwach in Zeitungsinseraten beworben und andererseits auch in den Medien vergleichsweise selten thematisiert. Die briefliche Stimmabgabe deutete anfänglich auf mässiges Interesse am Super-Sonntag hin, wie der Abstimmungstag mit fünf Vorlagen in den Medien genannt wurde. Die SP schaltete sieben kurze Animationsfilme und gab ein Comic-Heftchen zu den Filmen aus, um zu verhindern, dass die Vorlage untergeht. Die ersten Vorumfragen Mitte August 2020 zeigten dann auch, dass die Meinungsbildung zur Vorlage noch nicht weit fortgeschritten war. Auf diese Tatsache wurde in den entsprechenden Berichten das Zwischenergebnis, wonach die Sympathisierenden von SP und Grünen die Vorlage mehrheitlich befürworteten, zurückgeführt. Besserverdienende gaben zu diesem Zeitpunkt an, der Vorlage eher zuzustimmen. Christian Levrat (sp, FR) hoffte, diese Personen durch die Kampagne noch umstimmen zu können. Die erste Tamedia-Umfrage ergab insgesamt eine Zustimmung («dafür» oder «eher dafür») von 55 Prozent und eine Ablehnung von 37 Prozent, während die SRG-Vorumfrage mit 51 Prozent zu 43 Prozent zu ähnlichen Ergebnissen kam. Diese Zahlen kehrten sich bis zum Termin der letzten Welle Mitte September um: Die Tamedia-Umfrage ergab eine Zustimmung von 46 Prozent und eine Ablehnung von 51 Prozent, die SRG-Umfrage eine von 43 Prozent zu 52 Prozent. Bei den Sympathisierenden von SP und Grünen war die Zustimmung vom ersten zum zweiten Termin gemäss SRG-Umfragen um 19 respektive 14 Prozentpunkte gesunken, bei den Sympathisierenden der GLP ebenfalls um 12 Prozentpunkte. Bei den übrigen Parteien nahm sie ebenfalls leicht ab.

Das Resultat der Abstimmung zur Änderung der direkten Bundessteuer über die steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten war schliesslich deutlicher, als die Vorumfragen und die Ausgangslage viele Kommentatorinnen und Kommentatoren hatten vermuten lassen: Mit 63.2 Prozent Nein-Stimmen lehnte das Stimmvolk die Vorlage mit einer vergleichsweise hohen Stimmbeteiligung von 59.2 Prozent deutlich ab. Dieses Nein lasse jedoch einigen Interpretationsspielraum, betonten die Medien. So gab es zwischen den Kantonen doch beträchtliche Unterschiede: Am kritischsten zeigte sich die Stimmbevölkerung im Kanton Appenzell-Ausserrhoden (28.1%), gefolgt von denjenigen in Appenzell-Innerrhoden (29.3%) und Bern (29.5%), am höchsten lag die Zustimmung im Tessin (52.0%) und in Genf (50.1%), beide Kantonsbevölkerungen hätten die Vorlage angenommen. Allgemein wurde gemäss BFS ersichtlich, dass die italienischsprachige (52.0%) und die französischsprachige Schweiz (48.5%) der Vorlage deutlich mehr abgewinnen konnten als die Deutschschweiz. Kaum Unterschiede waren zwischen Stadt und Land erkennbar: Die ländlichen Regionen (35.3%) lehnten die Vorlage ähnlich stark ab wie die Kernstädte (35.8%). Das Resultat könne nicht mit dem Links-Rechts-Schema erklärt werden, betonte die NZZ. Stattdessen seien vor allem die persönliche Einstellung zur Familienpolitik und zur Rolle des Staates relevant gewesen. Die externe Kinderbetreuung würde in der Romandie stärker akzeptiert und durch den Staat stärker unterstützt als in der Deutschschweiz, betonte denn auch CVP-Ständerätin Marianne Maret (cvp, VS) gegenüber der NZZ. Entsprechend habe in der Westschweiz vor allem der Drittbetreuungsabzug im Mittelpunkt gestanden, während in der Deutschschweiz hauptsächlich über den Kinderabzug diskutiert worden sei, stellte SP-Nationalrätin Franziska Roth (sp, SO) fest. Eine zu späte Kampagne in der Romandie machte schliesslich SP-Nationalrat Roger Nordmann für den hohen Anteil Ja-Stimmen in der französischsprachigen Schweiz verantwortlich. Christian Levrat erachtete das Ergebnis insgesamt als Absage des Volkes an die bürgerliche Steuerpolitik und als Ausblick auf andere bürgerliche Projekte zur Abschaffung der Stempelabgabe, der Industriezölle, des Eigenmietwerts oder der Heiratsstrafe. Stattdessen müssten nun Familien mit tiefen und mittleren Einkommen entlastet werden, insbesondere durch die Senkung der Krankenkassenprämien und die kostenlose Bereitstellung von Kita-Plätzen. Philipp Kutter wollte die Entlastung von Familien weiterverfolgen und plante anstelle des Kinderabzugs einen Abzug vom Steuerbetrag. Dass neben der Erhöhung des Kinderabzugs auch die Erhöhung des Drittbetreuungsabzugs gescheitert war, erachtete Christa Markwalder nicht als entmutigend und setzte auf ihre eingereichte parlamentarische Initiative. Anders als bei der ersten Behandlung des Themas im Nationalrat, als sich die SP- und die Grüne-Fraktion gegen Eintreten ausgesprochen hatten, kündigte Christian Levrat an, die parlamentarische Initiative zu unterstützen. Dies sei aber nur ein erster Schritt, zusätzlich brauche es auch Lösungen, die sich für die Mehrheit der Bevölkerung auszahlten.


Abstimmung vom 27. September 2020

Beteiligung: 59.2%
Ja: 1'164'415 (36.8%)
Nein: 2'003'179 (63.2%)

Parolen:
- Ja: BDP (1*), CVP, EVP (1*), FDP (1*), SVP; SGV
- Nein: EDU, GLP (1*), GPS, PdA, SD, SP; SGB, SSV, Travail.Suisse, VPOD
- Stimmfreigabe: Economiesuisse, SAV
* Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten

Im Mai 2020 legte der Bundesrat dem Parlament die Änderung des KVG bezüglich der Vergütung des Pflegematerials vor. Ziel der Vorlage war es, in Übereinstimmung mit einer Motion der SGK-NR (Mo. 18.3710) eine einheitliche Vergütung für Pflegematerial, das von der betroffenen Person selbst oder von Laien angewendet wird, und von Pflegematerial, das von Pflegefachpersonen angewendet wird, einzuführen. 2017 hatte das Bundesverwaltungsgericht die Position des Bundesrates bestätigt, wonach gemäss dem bestehenden Gesetz die von Pflegefachpersonen verwendeten Materialien Bestandteil der Pflegeleistung seien und nicht separat verrechnet werden dürften. Die von den Versicherten selbst angewendeten Materialien seien hingegen separat von der OKP zu übernehmen.
Neu sollen die Materialien in drei Kategorien gegliedert werden: Die Kategorie A enthält einfache Verbrauchsmaterialien mit direktem Bezug zu den Pflegeleistungen (z.B. Handschuhe) sowie Material und Gegenstände zum Mehrfachgebrauch für verschiedene Patientinnen und Patienten (z.B. Blutdruckmessgeräte), diese sollen auch zukünftig gemäss den Regeln der Pflegefinanzierung von OKP, Versicherten und Kantonen bezahlt werden. Zur Kategorie B gehören Mittel und Gegenstände für die Untersuchung oder Behandlung einer Krankheit gemäss MiGeL (z.B. Verbandmaterial), diese werden neu unabhängig von der anwendenden Person durch die OKP finanziert. Auch die Materialien der Kategorie C, Mittel und Gegenstände, die nicht von der versicherten Person selbst oder durch eine nichtberuflich mitwirkende Person verwendet werden können (z.B. Heimventilation), werden von der OKP übernommen.
Die Vorlage soll eine Entlastung für Gemeinden und Kantone in der Höhe von jährlich CHF 65 Mio. mit sich bringen und stattdessen die Gesamtkosten der OKP um 0.2 Prozent erhöhen. Da die Höhe des Bundesbeitrags an die Prämienverbilligung 7.5 Prozent der OKP-Bruttokosten beträgt, steigt auch der entsprechende Bundesbeitrag um CHF 4.9 Mio.

Zwischen Dezember 2019 und Februar 2020 fand die Vernehmlassung zur Vergütung des Pflegematerials statt. Dabei gingen 126 Stellungnahmen ein. Die Kantone und mit ihnen die GDK sowie die Leistungserbringenden sprachen sich für die Änderung aus. Auch die CVP, EVP, FDP, GLP und SP zeigten sich mehrheitlich zufrieden, äusserten jedoch teilweise Vorbehalte, insbesondere bezüglich der Kostenverlagerung zur OKP. Die SVP lehnte die Vorlage ab, da sie dadurch eine Mengenausweitung ohne qualitative Verbesserung der Pflegeleistungen befürchtete. Auch die Versichererverbände lehnten die Vorlage ab, da sie die höheren Kosten fürchteten.

In der Herbstsession 2020 behandelte der Nationalrat die Vorlage. Hatte sich die SVP im Rahmen der Vernehmlassung als einzige Partei noch gegen die KVG-Änderung ausgesprochen, stimmte auch sie der Gesetzesänderung nun zu: Einstimmig mit 189 zu 0 Stimmen nahm der Nationalrat die Vorlage an.

Änderung des KVG bezüglich Vergütung des Pflegematerials (BRG 20.046)
Dossier: Änderungsvorschläge zur Mittel- und Gegenständeliste (MiGeL)

Durch die Annahme zweier Motionen (Mo. 20.2451; Mo. 20.3460) war der Bundesrat vom Parlament in der Sommersession 2020 beauftragt worden, eine Vorlage zur Regelung der Geschäftsmieten auszuarbeiten, die eine Aufteilung der Mietzinse von Betrieben oder Einrichtungen, die während der ersten Welle der Corona-Pandemie behördlich geschlossen werden mussten oder nur stark eingeschränkt betrieben werden konnten, im Verhältnis von 40 (Mieterseite) zu 60 (Vermieterseite) für die Dauer der behördlich verordneten Massnahmen vorsah.

Vom 1. Juli bis zum 4. August 2020 gab der Bundesrat einen Entwurf für ein entsprechendes Covid-19-Geschäftsmietegesetz in die verkürzte Vernehmlassung, deren Ergebnis unter den 178 stellungnehmenden Parteien kontrovers ausfiel. Neben elf Kantonen (AR, BL, GE, LU, NW, OW, SZ, TG, UR, ZG, ZH) lehnten mit den FDP.Liberalen und der SVP auch zwei grosse Parteien sowie Economiesuisse, der Schweizerische Gewerbeverband, der Hauseigentümerverband und Immobilienverbände die Vorlage ab. Zustimmung erfuhr der Entwurf von acht Kantonen (AI, BS, FR, GL, GR, NE, SO, VD), den Parteien der Grünen, SP, CVP und EVP, von den Organisationen der Mieterinnen und Mieter, dem Schweizerischen Städteverband sowie von Gastro- und Berufsverbänden. Sechs Kantone (AG, BE, SG, SH, TI, VS) und die GLP hoben sowohl Vor- als auch Nachteile des Entwurfs hervor. Die sich in der Überzahl befindenden ablehnenden Stellungnehmenden kritisierten, dass der Staat mit einem solchen Gesetz massiv in die Vertragsverhältnisse zwischen Privaten eingreife, was in keinem Verhältnis zum volkswirtschaftlichen Nutzen einer solchen Regelung stehe. Ferner bestehe keine Verfassungsgrundlage für ein solches Vorgehen und ein allgemeiner Verteilschlüssel von 60/40 sei kein geeignetes Mittel, um den unterschiedlichen Situationen der Betroffenen gerecht zu werden. Die befürwortende Seite sprach sich in der Vernehmlassung teilweise für weitergehende Forderungen aus, man akzeptiere jedoch den gewählten Weg als Kompromiss und begrüsse ein rasches Vorwärtsgehen, liess etwa Natalie Imboden, Generalsekretärin des Mieterinnen- und Mieterverbandes, gegenüber Le Temps verlauten. Im Anschluss an die Vernehmlassung passte der Bundesrat die Vorlage punktuell an, in erster Linie, um Unsicherheiten in der Anwendung zu reduzieren.

Am 18. September 2020 präsentierte der Bundesrat seine Botschaft zum Covid-19-Geschäftsmietegesetz. Darin verzichtete er aufgrund der kontroversen Stellungnahmen darauf, dem Parlament die Botschaft zur Annahme zu beantragen, und bekräftigte ebenfalls seine bereits im Frühjahr vertretene negative Haltung gegenüber einer solchen Regelung (vgl. etwa Mo. 20.3161; Mo. 20.3142 oder die Stellungnahme des Bundesrates zur Situation der Geschäftsmieten). Dass der Bundesrat «seine eigene» Vorlage ablehnt (NZZ), war einigen Pressetiteln einen zentralen Vermerk wert. Konkret regelt der Gesetzesentwurf Mietverhältnisse von öffentlich zugänglichen Einrichtungen und Betrieben, die aufgrund der Covid-19-Verordnung 2 (Fassung 17./19./21.3.20) schliessen mussten (z.B. Restaurants, Coiffeursalons), und von Gesundheitseinrichtungen, die ihre Tätigkeiten reduzieren mussten. Für Erstere soll das Gesetz über die gesamte Dauer der vom Bund verordneten Schliessung gelten (17.3-21.6.20), während Gesundheitseinrichtungen, die ihren Betrieb einschränken mussten, gemäss Entwurf lediglich für eine maximale Dauer von zwei Monaten von einer solchen Mietzinsreduktion profitieren könnten. Von der 60/40-Regelung betroffen sind nur Mietverhältnisse, deren Nettomietzins pro Monat CHF 14'999 nicht übersteigt. Bei einem Nettomietzins zwischen 15'000 und 20'000 ist es beiden Mietparteien vorbehalten, durch eine einseitige schriftliche Mitteilung auf die Gesetzesregelung zu verzichten. Die Regelung gilt nur für Vertragsparteien, die zuvor noch keine ausdrückliche Einigung erzielt haben. Für den Fall, dass Vermieterinnen und Vermieter oder Pächter und Pächterinnen durch die Mietzinsreduktion in eine wirtschaftliche Notlage geraten würden, soll beim Bund eine finanzielle Entschädigung beantragt werden können. Dieser stellt dafür einen Härtefallfonds in der Höhe von maximal CHF 20'000 bereit.

Covid-19-Geschäftsmietegesetz
Dossier: Diskussionen um Erlass von Geschäftsmieten während des Lockdown

Der Bundesrat verabschiedete im September 2020 die Botschaft zum neuen Gesetzesentwurf, der den Jugendschutz bei Filmen und Videospielen neu regeln und schweizweit vereinheitlichen soll. Der erste Entwurf war bereits im März 2019 veröffentlicht und bis Juni 2019 in die Vernehmlassung geschickt worden, an welcher insgesamt 88 Akteure partizipiert hatten. Grundsätzlich stimmten die Vernehmlassungsteilnehmenden der Richtung des Gesetzes sowie der geplanten Koregulierung durch die Akteure der Film- und Videospielbranche und den Staat zu. So unterstützten 24 Kantone, die SODK, deren fachtechnische Konferenz für Kinder- und Jugendpolitik (KKJP) sowie die Mehrheit der Wirtschaftsverbände und Organisationen im Bereich Film und Videospiel die Vorlage. Völlig abgelehnt wurde sie hingegen von den Kantonen Schwyz und Zug, da das Gesetz nicht genug Massnahmen im Bereich des Online-Handels sowie bei Abruf- und Plattformdiensten enthielt, obwohl dort der grösste Handlungsbedarf gegeben sei. Auch die SVP, die FDP und der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) sprachen sich gegen die Vorlage aus, da in ihren Augen die Erziehungsberechtigen beim Thema Jugendschutz in der Verantwortung stünden. Prinzipiell befürwortet wurde die Vorlage von der CVP und der SP, wobei Erstere jedoch die Eignung des Lösungsansatzes in Frage stellte und Letztere eine noch stärkere staatliche Regulierung begrüsst hätte. Auf Grund der Rückmeldungen der Vernehmlassungsteilnehmenden nahm der Bundesrat kleinere Anpassungen am Vorentwurf vor, etwa indem er Werbefilme explizit aus der Regelung ausschloss. Hingegen sollten Kinder in Begleitung einer erwachsenen Person Zugang zu sonst unerlaubten Inhalten bekommen, sofern die Begleitperson mindestens 10 Jahre älter ist und das Mindestalter um höchstens 2 Jahre unterschritten wird. Ausserdem werden die Anbieterinnen und Anbieter von Abruf- und Plattformdiensten dazu verpflichtet, Massnahmen für den Jugendschutz im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu treffen. Eine abschliessende Alterskontrolle sei hier nicht realistisch, da nicht kontrolliert werden könne, wer letztendlich die Inhalte konsumiere. Dies zu überprüfen falle in den Verantwortungsbereich der Erziehungsberechtigten. Zukünftig sollen bei der Erarbeitung der Jugendschutzregelung im Rahmen der neu gebildeten Jugendschutzgruppen überdies Expertinnen und Experten miteinbezogen werden müssen.

Bundesgesetz über den Jugendschutz bei Filmen und Videospielen (BRG 20.069)

Irrungen und Wirrungen begleiteten die Beratungen zum Massnahmenpaket zugunsten der Medien in den Kreisen der potentiell begünstigten Verlage. Wenige Tage vor der Kommissionssitzung Ende August 2020, an der eine knappe Kommissionsmehrheit dem Nationalrat die Ausklammerung der Online-Medienförderung aus dem Medienförderungspaket beantragte, hatte der Verleger von CH Media, Peter Wanner, in einem Kommentar in der «Schweiz am Wochenende» Kritik an der im Massnahmenpaket enthaltenen Online-Medienförderung verlauten lassen. Zum einen hatte er sein Unverständnis darüber geäussert, dass unabhängige Lokalzeitungen mehr Unterstützung zugesprochen bekämen als Lokalzeitungen, die grösseren Verlagen angehörten, obwohl Letztere auch über eigene Redaktionen verfügten. Zum anderen hatte er sich unzufrieden darüber gezeigt, dass lediglich digitale Bezahlmedien gefördert würden, wobei etwa das zu CH Media gehörende Onlineportal Watson leer ausgehe. Das Online-Magazin «Republik» wusste darauf zu berichten, dass sich zwei Mitglieder des Präsidiums des Verbands Schweizer Medien (VSM) in einer E-Mail an die Mitglieder der KVF-NR gewandt hätten, um klarzustellen, dass die Mehrheit des Präsidiums hinter dem gesamten Medienpaket stehe. Kurz nach der Kommissionssitzung wandte sich Wanner an die Nationalrätinnen und Nationalräte und stellte klar, dass er mit seinem Beitrag nicht das Medienpaket habe gefährden wollen. Unterdessen hatte die SP verlauten lassen, dass sie sich gegen die Vorlage stellen werde, sollte der Nationalrat die Förderung der Online-Medien aus dem Massnahmenpaket ausklammern. Zusammen mit der SVP, die dem Paket als solches ablehnend gegenübersteht, könnten die Sozialdemokraten das Paket kippen.
Der Präsident des Verlegerverbandes, Pietro Supino, machte Ende August an einer Medienkonferenz der TX Group seinerseits deutlich, dass er sich an die Losung des VSM zu halten habe, dass für ihn als Verwaltungsratspräsident der TX Group die Onlinemedienförderung aber nur eine marginale Rolle spiele. Gegenüber der «Republik» bestätigte er in der Folge, dass er die im Massnahmenpaket präsentierte Digital­förderung noch nicht als zu Ende gedacht ansehe. An besagter Medienkonferenz gab die TX Group ferner massgebliche Sparmassnahmen im Pressesektor bekannt, was den auf den Printmedien lastenden Druck verdeutlichte, der sich durch die Corona-Pandemie noch verstärkt hatte. VSM-Geschäftsführer Andreas Häuptli sprach in einem Gastbeitrag in der NZZ wenige Tage vor der parlamentarischen Beratung im September von einem «Kahlschlag, der nicht mehr aufzuforsten» sei, sollte die Presse nicht in Kürze von der geplanten Erweiterung der indirekten Presseförderung profitieren können. Lehnt der Nationalrat die Aufschnürung des Medienförderungspaketes ab, gelangt dieses zuerst zur Beratung zurück an die Kommission, bevor sich der Rat auch zu den unbestrittenen Punkten des Förderungsvorhabens äussern kann.
In letzter Minute lancierten zehn Medienorganisationen, darunter das Schweizer Syndikat für Medienschaffende, impressum und syndicom, einen Appell zur Unterstützung des integralen Medienpaketes. Auch Häuptli sprach sich in seinem Gastbeitrag für die staatliche Förderung von Online-Medien aus und bekräftigte: «Die Verleger stützen die klare Linie des Bundesrates.»

Massnahmenpaket zur Förderung der Medien (BRG 20.038)
Dossier: Vorstösse zur Presseförderung (2000-)
Dossier: Die geräteunabhängige Radio- und Fernsehabgabe für Unternehmen in der Kritik
Dossier: Diskussionen zur Förderung von Online-Medien

Mitte November 2019 schickte die SPK-NR ihren Vorschlag für eine Änderung des Bundespersonalgesetzes, mit dem die beiden parlamentarischen Initiativen Leutenegger Oberholzer (sp, BL; Pa. Iv. 16.438) und Minder (parteilos, SH; Pa. Iv. 18.428) zur Regelung der Entlohnung und Abgangsentschädigungen bei Topkadern in der Bundesverwaltung umgesetzt werden sollen, in die Vernehmlassung. Das Entgelt der Kader und Mitglieder der Verwaltungsräte der sieben grösseren Bundesunternehmen SBB, RUAG, Skyguide, SUVA, SRG, Swisscom und Post soll die Obergrenze von CHF 1 Mio. pro Jahr nicht übersteigen dürfen, wobei unter Entgelt neben Lohn und Honorar sämtliche so genannte geldwerten Leistungen (z.B. berufliche Vorsorge) gezählt werden sollen. In allen anderen bundesnahen Betrieben soll der Bundesrat die Obergrenze für Entgelte festlegen, was im Bundespersonalgesetz geregelt werden soll. Darüber hinaus umfasste die Vorlage ein Verbot von Abgangsentschädigungen, wie es von der parlamentarischen Initiative Minder gefordert worden war. Der Vater der Abzockerinitiative wollte damit «goldene Fallschirme» für Topkader in der Bundesverwaltung verhindern.
Die Vernehmlassung dauerte bis Ende Februar 2020 und die SPK-NR legte Ende August den Bericht vor. Trotz unterschiedlicher Antworten der insgesamt 49 Stellungnehmenden, entschied sich die Kommission mit 19 zu 5 Stimmen, an ihrem ursprünglichen Entwurf festzuhalten und ihn an den Nationalrat zu verabschieden. Damit wurde zwar der Unterstützung von 21 Vernehmlassungsteilnehmenden Rechnung getragen – darunter 14 Kantone, die GP, die SP und die SVP, die die Vorlage mehrheitlich begrüsst hatten – die teilweise Kritik, die in den restlichen Antworten geäussert worden war, wurde damit aber nicht berücksichtigt. So hatten 13 Teilnehmende an der Vernehmlassung vorgeschlagen, die Swisscom von der Gesetzesänderung auszunehmen, da sie ein börsenkotiertes Unternehmen sei und dem Aktienrecht unterliege. Kritisiert worden war auch die Höhe der Obergrenze und deren fixe Summe. Die Unternehmen müssten unterschiedliche Grenzen oder prozentuale Lösungen festlegen können, war etwa gefordert worden. Mehrheitlich begrüsst worden war das Verbot von Abgangsentschädigungen für Topkader.

Abgangsentschädigung bei Topkadern der Bundesverwaltung (Pa. Iv. 18.428)
Dossier: Kaderlöhne bei Bundes- und bundesnahen Unternehmen

Um zu verhindern, dass die seit dem 13. März 2020 vom Bundesrat verabschiedeten Verordnungen zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie, die sich direkt auf Artikel 185 Absatz 3 der Bundesverfassung stützen, welcher der Regierung das befristete Erlassen von Verordnungen und Verfügungen als Reaktion auf schwere Störungen der öffentlichen Ordnung erlaubt, nach sechs Monaten automatisch ausser Kraft treten, unterbreitete der Bundesrat dem Parlament eine Botschaft über die Rechtsgrundlagen dieser Verordnungen. Seit April 2020 hatten die Bundeskanzlei und das EJPD dieses dringliche Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid 19-Epidemie, kurz Covid-19-Gesetz, erarbeitet. Dieses soll den Bundesrat dazu befähigen, auch künftig entsprechende erforderliche Massnahmen weiterzuführen und anzupassen.

Zwischen dem 19. Juni 2020 und dem 10. Juli 2020 wurde der Gesetzesentwurf in eine verkürzte Vernehmlassung geschickt, in welcher über 1'000 Stellungnahmen eingingen. Der Grossteil der Stellungnehmenden waren Privatpersonen, die der Vorlage argwöhnisch gegenüberstanden. Bei den Kantonen stiess das Gesetz auf grössere Zustimmung, wobei alle von ihnen Änderungsvorschläge oder Kommentare einbrachten. 14 Kantone (ZH, BE, LU, OW, NW, GL, FR, SO, SH, AI, SG, GR, TG und GE) sprachen sich grundsätzlich für den Entwurf aus, da sie die Existenz einer rechtlichen Basis für das Weiterverfolgen der durch den Bundesrat getroffenen Massnahmen als eine Notwendigkeit erachteten. Weder eine ausdrückliche Zustimmung noch eine Ablehnung erfuhr die Vorlage von Seiten weiterer elf Kantone (UR, ZG, BS, BL, AR, AG, TI, VD, VS, NE und JU). Der Kanton Schwyz und die KdK sahen explizit von einer Stellungnahme ab. Letztere wird ihre Meinung aller Voraussicht nach zu einem späteren Zeitpunkt einbringen. Bei den Parteien stiess der Gesetzesentwurf auf unterschiedlich grosse Unterstützung. Während ihm die CVP und EVP bedingungslos zustimmten, knüpften die GLP, die Grünen und die EDU ihre Zustimmung an Vorbehalte. Gegen die Vorlage in der vorliegenden Form sprachen sich FDP.Liberale, SP und SVP aus. Die BDP, Ensemble à Gauche, die Lega und die PdA verzichteten trotz Einladung auf eine Stellungnahme zum Gesetzesentwurf. Von den 60 Organisationen, die am Vernehmlassungsverfahren teilnahmen, unterstützten 27 das Vorhaben, 33 stimmten ihm zwar nicht explizit zu, lehnten es aber auch nicht ausdrücklich ab – keine einzige stellte sich somit ausdrücklich dagegen.

Am 12. August 2020 verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zum Gesetzesentwurf, nachdem er als Reaktion auf die Vernehmlassungsantworten einige Änderungen am Vorentwurf vorgenommen hatte – namentlich die Aufnahme des «generellen und verbindlichen Einbezug[s] der Kantone» und die vollständige Überarbeitung der Bestimmungen zum Gesundheitswesen, dem Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerschutz sowie dem Kulturbereich. Der Gesetzesentwurf besteht insgesamt aus 14 Artikeln, welche die Befugnisse der Landesregierung im Umgang mit der Covid-19-Epidemie insbesondere bezüglich der Eindämmung der Auswirkungen auf die Gesellschaft, Wirtschaft und die Behörden festlegen. Er betrifft überdies auch den Ausländerinnen-, Ausländer- und Asylbereich, die Entschädigung bei Erwerbsausfall, die Arbeitslosenversicherung sowie «justizielle, verfahrensrechtliche, gesellschaftsrechtliche und insolvenzrechtliche Massnahmen». Zudem wurde vorgesehen, dass das Gesetz lediglich bis Ende 2021, anstatt wie ursprünglich geplant bis Ende 2022, befristet werden soll. Für Bestimmungen im Bereich der Arbeitslosenversicherung wurde jedoch eine Befristung bis Ende 2022 festgehalten.

Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid 19-Epidemie (Covid-19-Gesetz; BRG 20.058)
Dossier: Covid-19-Gesetz und Revisionen

Die Motion der SP-Fraktion (Mo. 18.3025), die als Reaktion auf den massiven Stellenabbau bei der SDA eingereicht worden war, wurde in der Sommersession 2020 abgeschrieben, da sie nicht innert der festgelegten Frist von zwei Jahren im Parlament behandelt worden war. Das Anliegen hatte die Möglichkeit einer finanziellen Unterstützung der SDA durch den Bund basierend auf dem Sprachengesetz gefordert. In der Zwischenzeit war das geplante neue Mediengesetz, in welchem Möglichkeiten zur Förderung des Agenturjournalismus hätten geprüft werden sollen, in der Vernehmlassung gescheitert. Der Bund hatte jedoch mit der SDA zu Beginn des Jahres 2019 eine zweijährige Leistungsvereinbarung abgeschlossen, bei deren Erfüllung die SDA jährlich maximal CHF 2 Mio. pro Jahr vom Bund erhält.
Zeitgleich und aus dem selben Grund abgeschrieben wurde eine ähnliche Motion der Grünen Fraktion (Mo. 18.3114). Diese hätte ferner gefordert, dass die Umwandlung der SDA in ein unabhängiges Non-Profit-Unternehmen geprüft wird.

Drei Fraktionsmotionen zum Erhalt des demokratierelevanten Agenturjournalismus (Mo. 18.3009; Mo. 18.3114; Mo. 18.3025)

Le référendum contre l'acquisition de nouveaux avions de combat lancé par le GssA, les Verts et le PS a abouti – après une récolte de signatures suspendue en raison du Covid-19. Les référendaires ont déposé 65'913 paraphes, dont 65'685 valables. Mi-février, ils avaient déjà récolté plus de 53'000 signatures. Le peuple se prononcera alors le 27 septembre 2020 sur l'arrêté fédéral relatif à l'acquisition de nouveaux avions de combat.

Acquisition de nouveaux avions de combat (MCF 19.039)
Dossier: Air2030 – Schutz des Luftraumes
Dossier: Beschaffung neuer Kampfflugzeuge

Im Juni 2020 eröffnete der Bundesrat eine Vernehmlassung zur Präzisierung des Spitalkostenbeitrags der Patientinnen und Patienten. Dort schlug er vor, die bestehende Regelung in der KVV, wonach die Patientinnen und Patienten einen Beitrag in der Höhe von CHF 15 pro Tag an die Spitalkosten bezahlen müssen, dahingehend zu präzisieren, dass diese Beiträge neu weder für den Austrittstag noch für Urlaubstage anfallen sollen. Dadurch würden bei den Krankenversicherungen Mehrkosten in der Höhe von CHF 22 Mio. jährlich anfallen.
An der Vernehmlassung, die bis Oktober 2020 dauerte, nahmen 38 Stellungnehmende teil, darunter 23 Kantone, die GDK, die SP und die Grünen, der SSV, Curafutura und Santésuisse, der SGB sowie FMH, Spitex und die Stiftung Konsumentenschutz aller drei Sprachregionen (SKS, FRC, acsi). Der Grossteil der Befragten, darunter 20 Kantone, die links-grünen Parteien und die Gewerkschaft, aber auch die Leistungserbringenden sprachen sich vorbehaltlos für die Vorlage aus. Einen Vorbehalt brachten hingegen die Konsumentenverbände an: Sie verlangten eine Rückerstattung der ab Anfang 2012 unrechtmässig erhobenen Beträge für den Austrittstag, teilweise auch für den Eintrittstag. Die Versicherungen hingegen forderten, dass die Urlaubstage und teilweise die Austrittstage gleich definiert werden wie in der Tarifstruktur.

Spitalkostenbeitrag: Bundesrat regelt zu bezahlende Tage

Zwischen Dezember 2019 und Mai 2020 führte der Bundesrat eine aufgrund der ausserordentlichen Lage verlängerte Vernehmlassung zur Reform der beruflichen Vorsorge durch. Daran beteiligten sich alle Kantone, acht im eidgenössischen Parlament vertretene Parteien sowie zahleiche Verbände und Gewerkschaften. Wie bereits zuvor in den Medien zu vernehmen gewesen war, stellten der Pensionskassenverband ASIP sowie der Schweizerische Baumeisterverband, Swiss Retail Federation und Arbeitgeber Banken eigene Reformmodelle vor, die insbesondere eine stärkere Reduktion des Umwandlungssatzes beinhalteten und von verschiedenen Vernehmlassungsteilnehmenden unterstützt wurden (etwa dem SGV, Swissbanking, GastroSuisse, ICT Switzerland und verschiedenen Pensionskassen).

Die Mehrheit der Kantone (AR, BE, BS, FR, GE, GL, JU, LU, NE, SH, VD, VS) unterstützte die Stossrichtung der Vorlage, einige lehnten sie jedoch wegen dem vorgeschlagenen Rentenzuschlag insgesamt ab (BL, NW, OW, SG, SZ, ZG, ZH). Der Rentenzuschlag stellte sich denn auch nicht unerwartet als grösster Streitpunkt der Vorlage heraus: Von den Kantonen sprachen sich 14 ausdrücklich dagegen (AI, BE, GL, BL, GR, NE, NW, OW, SZ, TI, UR, VS, ZG, ZH) und acht ausdrücklich dafür aus (AG, BS, JU, LU, SO, SH, TG, VD). Auch die bürgerlichen Parteien BDP, CVP, EVP, FDP und SVP befürworteten die Reform, insbesondere die Senkung des Umwandlungssatzes, lehnten aber den Rentenzuschlag ab. Verschiedene bürgerliche Jungparteien störten sich insbesondere daran, dass die entsprechende Umverteilung auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung und der zukünftigen Generationen geschehe. Umgekehrt nannten die SP und die Grünen die Erhaltung der bisherigen Rentenhöhe – und somit den Rentenzuschlag – als Bedingung für ihre Zustimmung zur Senkung des Umwandlungssatzes. Seitens Verbände erfuhr der bundesrätliche Vorschlag Unterstützung von seinen Urhebern, dem Arbeitgeberverband, dem Gewerkschaftsbund und Travail.Suisse, während diverse andere Verbände wegen dem Rentenzuschlag die Alternativmodelle bevorzugten.
Deutlich weniger umstritten als der Rentenzuschlag und die Senkung des Umwandlungssatzes war die Senkung des Koordinationsabzugs, die alle Teilnehmenden guthiessen. Umstritten war jedoch die Höhe der Senkung. So schlugen beispielsweise BDP, CVP und EVP eine Senkung auf 40 Prozent des AHV-Lohns, aber einen maximalen Abzug von CHF 21'330 vor, die SVP und der Kanton St. Gallen befürworteten eine Senkung bis zur Eintrittsschwelle (CHF 21'330) und die SP und die Grünen bevorzugten eine vollständige Abschaffung des Koordinationsabzugs. Auch bezüglich der Staffelung der Altersgutschriften gab es zahlreiche unterschiedliche Vorschläge, wobei sich viele Vernehmlassungsteilnehmende einen Sparbeginn ab dem 20. Altersjahr wünschten.

Reform der Beruflichen Vorsorge (BVG 21; BRG 20.089)
Dossier: Koordinationsabzug und Eintrittsschwelle BVG

Im Mai 2020 präsentierte der Bundesrat seine Botschaft zum Bundesgesetz über elektronische Verfahren im Steuerbereich, mit dem er die rechtliche Grundlage für die Weiterentwicklung der Digitalisierung von Verfahren schaffen wollte. Damit sollen das Ziel der ESTV, zukünftig alle Daten elektronisch zu erhalten und zu verschicken, sowie die Motion Schmid (fdp, GR; Mo. 17.3371) erfüllt werden. Die Vorlage sah daher vor, die vollständig elektronische Einreichung der Steuererklärung zu ermöglichen, die Authentizität und Integrität der übermittelten Daten sicherzustellen sowie eine elektronische Bestätigung der Daten anstelle einer Unterzeichnung zu realisieren. Geplant war diese Änderung für Einkommens-, Vermögens-, Gewinn- und Kapitalsteuern, für den Antrag auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer von natürlichen Personen mit Wohnsitz in der Schweiz sowie für die Wehrpflichtersatzabgabe – auch weiterhin sollte jedoch eine analoge Eingabe der Steuererklärung möglich bleiben. Bei Steuern, die in der Zuständigkeit des Bundes liegen, sowie beim internationalen Informationsaustausch sollten die Betroffenen hingegen zu einem elektronischen Verfahren verpflichtet werden können. Bereits heute sei eine elektronische Einreichung der Steuererklärung in den meisten Kantonen möglich, dem stehe nur die Unterzeichnungspflicht entgegen, erklärte der Bundesrat. Zukünftig solle dieses Verfahren medienbruchfrei möglich sein.
Darüber hinaus enthielt die Vorlage zwei weitere Änderungen, die zwar gemäss Bundesrat nicht direkt mit dem eigentlichen Anliegen der Vorlage zu tun hatten, aber der Verhältnismässigkeit wegen nicht in einer eigenen Vorlage behandelt würden. So sollten die Versicherungen der ESTV neu die Ausrichtung von Kapitalleistungen und Renten der zweiten Säule melden. Zudem sollten die Durchführungsbestimmungen in Art. 72 STHG, welche die Frist zur Anpassung des kantonalen Rechts an das STHG beinhalteten, vereinheitlicht und vereinfacht werden. Dabei sollte auch die Bestimmung zur Verwendung einheitlicher Formulare für die Steuererklärungen aufgehoben werden, da sie aufgrund von Eigenheiten der Kantone nie vollständig umgesetzt werden konnte.

Von Juni bis Oktober 2019 hatte die Vernehmlassung zum neuen Bundesgesetz über elektronische Verfahren im Steuerbereich stattgefunden. 25 Kantone (ausser NE), 7 Parteien (BDP, CVP, FDP, GLP, SVP, SP, Piratenpartei) und 17 Verbände und Organisationen, darunter der SSV, Economiesuisse, SGV, SGB, FDK oder TreuhandSuisse, hatten sich daran beteiligt. Sie alle stimmten der Vorlage grundsätzlich zu, stellten aber teilweise noch weitergehende Forderungen. Die Kantone, die FDK und die SSK forderten, die Bestimmung über einheitliche Formulare, wie vom Bundesrat vorgeschlagen, aufzuheben, während Economiesuisse, BDO, EXPERTsuisse und swissICT diese Pflicht beibehalten wollten. Drei Parteien (CVP, FDP, SVP) und sechs Organisationen (economiesuisse, EITSwiss, SGV, SSV, Städtische Steuerkonferenz, TreuhandSwiss) wollten dem Bundesrat nicht die Möglichkeit geben, den Steuerzahlenden bei Steuern in seiner Zuständigkeit elektronische Verfahren vorzuschreiben. In der Folge nahm der Bundesrat eine Änderung vor: So vereinheitlichte er die Übernahmefrist für Änderungen im STHG. Hingegen beliess er es bei der geplanten Streichung der Bestimmung über die einheitlichen Formulare.

Elektronische Verfahren im Steuerbereich (BRG 20.051)

Im Mai 2020 gab der Bundesrat bekannt, die Prämien-Entlastungs-Initiative der SP Volk und Ständen zur Ablehnung zu empfehlen. Er störte sich daran, dass sich die Initiative ausschliesslich auf die Finanzierung der Gesundheitsausgaben konzentriere und die Kostenproblematik – mit der sich die Kostenbremseinitiative der CVP ausschliesslich beschäftige – ausser Acht lasse. Er wehrte sich auch dagegen, dass der Bund gemäss Initiative für zwei Drittel der individuellen Prämienverbilligungen aufkommen sollte – was ihn gemäss eigenen Zahlen pro Jahr CHF 6 Mrd. und nicht CHF 2.5 Mrd. bis CHF 3 Mrd., wie die Initianten und Initiantinnen berechnet hatten, kosten würde –, obwohl die Gesundheitskosten stark durch die Entscheidungen der Kantone, etwa bezüglich Spitalplanung, beeinflusst würden. Diese hätten ihre Beiträge an die IPV zudem in den letzten Jahren immer stärker gesenkt. Da er sich der hohen Belastung der Haushalte durch die Krankenversicherungsprämien bewusst sei – diese wurde unter anderem im Monitoring 2017 zur Wirksamkeit der Prämienverbilligungen ausführlich dargelegt –, legte der Bundesrat einen indirekten Gegenvorschlag zur Initiative vor. Darin schlug er vor, den Kantonsbeitrag für die Prämienverbilligungen an die kantonalen Bruttokosten sowie an die verbleibende Prämienbelastung zu knüpfen; dies entspräche der im Bericht zur Überprüfung der Finanzierung der Prämienverbilligung zur Erfüllung des Postulats Humbel (cvp, AG; Po. 17.3880) ausführlich beschriebenen Variante 2. Dies würde für die Kantone schätzungsweise zusätzliche Kosten von CHF 777 Mio. jährlich mit sich bringen, gleichzeitig aber auch Anreize zur Eindämmung des Kostenanstiegs im Gesundheitswesen schaffen, argumentierte er.
Im Oktober 2020 schickte der Bundesrat seinen indirekten Gegenvorschlag in die Vernehmlassung; diese wird bis Februar 2021 andauern.

Eidgenössische Volksinitiative «Maximal 10 Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämien-Entlastungs-Initiative)» und indirekter Gegenvorschlag (BRG 21.063)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Prämienverbilligung
Dossier: Volksinitiativen zum Thema «Krankenkasse» (seit 2015)