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Im Mai 2020 präsentierte der Bundesrat seine Botschaft zum Bundesgesetz über elektronische Verfahren im Steuerbereich, mit dem er die rechtliche Grundlage für die Weiterentwicklung der Digitalisierung von Verfahren schaffen wollte. Damit sollen das Ziel der ESTV, zukünftig alle Daten elektronisch zu erhalten und zu verschicken, sowie die Motion Schmid (fdp, GR; Mo. 17.3371) erfüllt werden. Die Vorlage sah daher vor, die vollständig elektronische Einreichung der Steuererklärung zu ermöglichen, die Authentizität und Integrität der übermittelten Daten sicherzustellen sowie eine elektronische Bestätigung der Daten anstelle einer Unterzeichnung zu realisieren. Geplant war diese Änderung für Einkommens-, Vermögens-, Gewinn- und Kapitalsteuern, für den Antrag auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer von natürlichen Personen mit Wohnsitz in der Schweiz sowie für die Wehrpflichtersatzabgabe – auch weiterhin sollte jedoch eine analoge Eingabe der Steuererklärung möglich bleiben. Bei Steuern, die in der Zuständigkeit des Bundes liegen, sowie beim internationalen Informationsaustausch sollten die Betroffenen hingegen zu einem elektronischen Verfahren verpflichtet werden können. Bereits heute sei eine elektronische Einreichung der Steuererklärung in den meisten Kantonen möglich, dem stehe nur die Unterzeichnungspflicht entgegen, erklärte der Bundesrat. Zukünftig solle dieses Verfahren medienbruchfrei möglich sein.
Darüber hinaus enthielt die Vorlage zwei weitere Änderungen, die zwar gemäss Bundesrat nicht direkt mit dem eigentlichen Anliegen der Vorlage zu tun hatten, aber der Verhältnismässigkeit wegen nicht in einer eigenen Vorlage behandelt würden. So sollten die Versicherungen der ESTV neu die Ausrichtung von Kapitalleistungen und Renten der zweiten Säule melden. Zudem sollten die Durchführungsbestimmungen in Art. 72 STHG, welche die Frist zur Anpassung des kantonalen Rechts an das STHG beinhalteten, vereinheitlicht und vereinfacht werden. Dabei sollte auch die Bestimmung zur Verwendung einheitlicher Formulare für die Steuererklärungen aufgehoben werden, da sie aufgrund von Eigenheiten der Kantone nie vollständig umgesetzt werden konnte.

Von Juni bis Oktober 2019 hatte die Vernehmlassung zum neuen Bundesgesetz über elektronische Verfahren im Steuerbereich stattgefunden. 25 Kantone (ausser NE), 7 Parteien (BDP, CVP, FDP, GLP, SVP, SP, Piratenpartei) und 17 Verbände und Organisationen, darunter der SSV, Economiesuisse, SGV, SGB, FDK oder TreuhandSuisse, hatten sich daran beteiligt. Sie alle stimmten der Vorlage grundsätzlich zu, stellten aber teilweise noch weitergehende Forderungen. Die Kantone, die FDK und die SSK forderten, die Bestimmung über einheitliche Formulare, wie vom Bundesrat vorgeschlagen, aufzuheben, während Economiesuisse, BDO, EXPERTsuisse und swissICT diese Pflicht beibehalten wollten. Drei Parteien (CVP, FDP, SVP) und sechs Organisationen (economiesuisse, EITSwiss, SGV, SSV, Städtische Steuerkonferenz, TreuhandSwiss) wollten dem Bundesrat nicht die Möglichkeit geben, den Steuerzahlenden bei Steuern in seiner Zuständigkeit elektronische Verfahren vorzuschreiben. In der Folge nahm der Bundesrat eine Änderung vor: So vereinheitlichte er die Übernahmefrist für Änderungen im STHG. Hingegen beliess er es bei der geplanten Streichung der Bestimmung über die einheitlichen Formulare.

Elektronische Verfahren im Steuerbereich (BRG 20.051)

Nationalrat Strahm (sp, BE) verlangte mit einer parlamentarischen Initiative (Pa.Iv. 98.426) eine materielle Harmonisierung der direkten Steuern und eventuell auch der Erbschafts- und Schenkungssteuern zwischen den Kantonen. Seiner Ansicht nach zerstört die Steuerkluft zwischen den Ständen den nationalen Zusammenhalt. Auch der Neue Finanzausgleich (siehe unten) werde die wachsenden Disparitäten nicht ausgleichen können. Mit der Globalisierung der Wirtschaft und der Konzentration in Holding- und Sitzgesellschaften würden diese Disparitäten weiterhin anwachsen. Cavadini (fdp, TI) und Schmid (svp, BE) bekämpften die Initiative im Namen der Kommissionsmehrheit. Sie wollten die Steuerautonomie der Kantone nicht beschneiden und befürchteten von der Umsetzung der Initiative allgemein höhere Steuern. Der Steuerwettbewerb trägt ihrer Meinung nach zu sparsameren Haushalten bei. Mit 85 zu 56 Stimmen folgte das Plenum dem Mehrheitsantrag und wies die Initiative zurück. Mit den gleichen Argumenten lehnte der Nationalrat auch eine praktisch identische Motion (Mo. 97.3666) der SP-Fraktion ab.

Parlamentarische Initiative für eine materielle Steuerharmonisierung

Eine Motion der SP-Fraktion (Mo. 97.3663), welche die Besteuerung von natürlichen und juristischen Personen vom Wohnsitz in den Kanton des Arbeitsorts verlagern wollte, wurde vom Nationalrat auch als Postulat mit 75 zu 51 Stimmen abgelehnt. Die SP wies in ihrer Begründung darauf hin, dass die Zentrumslasten zentraler Orte durch diese Verlagerung ausgeglichen werden könnten. Eine angemessene Rückerstattung an den Wohnsitzkanton wurde dabei in Aussicht gestellt. Ruey (lp, VD) und Bundesrat Villiger waren jedoch der Meinung, dass das Problem der Zentrumslasten nicht durch eine Verlagerung der Besteuerung sondern durch den Finanzausgleich angegangen werden sollte. Diese Thematik war im Berichtsjahr vor allem in der Westschweiz aktuell geworden. Das Bundesgericht hatte im Oktober dem Kanton Genf untersagt, bei Pendlern aus der Waadt Steuern einzufordern. Der Kanton Genf hatte im November 1998 einzelnen gut verdienenden Pendlern schriftlich eine Steuerpflicht in Aussicht gestellt, nachdem der Kanton Waadt es mehrmals abgelehnt hatte, sich an den Zentrumslasten des Stadtkantons Genf zu beteiligen. Das Bundesgericht verwies in seinem Urteil auf das Verbot einer Doppelbesteuerung.
Zur Besteuerung von Wohneigentum siehe unten, Teil I, 6c (Wohnungsbau und -eigentum).

Motion SP-Fraktion: Veranlagungsort der Steuerpflichtigen

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund lancierte die Volksinitiative «für eine Kapitalgewinnsteuer», wonach in Zukunft auch realisierte Gewinne natürlicher Personen, die mit Aktien und Obligationen etc. erzielt werden, versteuert werden müssen. Nach geltender Regelung sind nur juristische Personen dieser Steuer unterworfen. Der Steuersatz soll mindestens 20% betragen, ein Freibetrag von CHF 5000 wird gewährt und Verluste sollen abgezogen werden können. Unterstützung fand die Volksinitiative bei der SP, mit der Unterschriftensammlung wurde im Mai begonnen.

Volksinitiative «für eine Kapitalgewinnsteuer»

Die Oppositionsgruppe rekrutierte sich aus den Kreisen der PdA und des Landesrings. Die ersten stellten der Finanzvorlage, die sie als «Reform für die Reichen» bezeichneten, ein prinzipielles Nein entgegen. Die zweiten begründeten ihre Ablehnung mit Mängeln der Vorlage. Sie kritisierten das Fehlen von Ansätzen zu einer Steuerharmonisierung, die mangelnde Rücksicht auf die arbeitenden Ehefrauen, den Verzicht auf jede Reform und auch die «Privilegierung der Reichen». Schliesslich lehnte auch die EVP die Finanzordnung ab, und zwar weil der Bundesrat den Bierbrauern bei der Regelung der Biersteuer «ungerechtfertigte Sonderrechte» eingeräumt habe. Alle übrigen bedeutenden schweizerischen Parteien, Verbände und Gruppierungen empfahlen den Stimmbürgern, ein Ja in die Urne zu legen. Sie taten dies ohne grosse Begeisterung und im Bewusstsein, dass für grössere Reformen, wie sie von den Parteien in ihren Wahlprogrammen postuliert wurden, keine tragfähige Mehrheit zu finden war. Die Abstimmung vom 6. Juni warf keine hohen Wellen. Sie ergab einen komfortablen Stimmenüberschuss (930'878 Ja, 348'702 Nein) für die Vorlage. Kein einziger Stand lehnte sie ab. Das nochmalige Absinken der Stimmbeteiligung auf 37 Prozent wurde teilweise der erstmaligen Teilnahme der Frauen an einem eidgenössischen Urnengang zugeschrieben. Das Aktionskomitee für die Rechte von Volk und Ständen in Steuersachen, das im November 1970 die damalige Vorlage mit einer Gegeninitiative bekämpft hatte, sah seine Ziele erreicht und verzichtete auf die Einreichung des Volksbegehrens.


Abstimmung vom 06. Juni 1971

Beteiligung: 37.76%
Ja: 930'878 (72.75%) / Kantone: 19 6/2
Nein: 348'702 (27.25%) / Kantone: 0

Parolen:
- Ja: CVP, FDP, LPS, SD, SPS, SVP
- Nein: EVP, LdU, PdA

Neue Finanzordnung 1972 (BRG 10736)