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Irrungen und Wirrungen begleiteten die Beratungen zum Massnahmenpaket zugunsten der Medien in den Kreisen der potentiell begünstigten Verlage. Wenige Tage vor der Kommissionssitzung Ende August 2020, an der eine knappe Kommissionsmehrheit dem Nationalrat die Ausklammerung der Online-Medienförderung aus dem Medienförderungspaket beantragte, hatte der Verleger von CH Media, Peter Wanner, in einem Kommentar in der «Schweiz am Wochenende» Kritik an der im Massnahmenpaket enthaltenen Online-Medienförderung verlauten lassen. Zum einen hatte er sein Unverständnis darüber geäussert, dass unabhängige Lokalzeitungen mehr Unterstützung zugesprochen bekämen als Lokalzeitungen, die grösseren Verlagen angehörten, obwohl Letztere auch über eigene Redaktionen verfügten. Zum anderen hatte er sich unzufrieden darüber gezeigt, dass lediglich digitale Bezahlmedien gefördert würden, wobei etwa das zu CH Media gehörende Onlineportal Watson leer ausgehe. Das Online-Magazin «Republik» wusste darauf zu berichten, dass sich zwei Mitglieder des Präsidiums des Verbands Schweizer Medien (VSM) in einer E-Mail an die Mitglieder der KVF-NR gewandt hätten, um klarzustellen, dass die Mehrheit des Präsidiums hinter dem gesamten Medienpaket stehe. Kurz nach der Kommissionssitzung wandte sich Wanner an die Nationalrätinnen und Nationalräte und stellte klar, dass er mit seinem Beitrag nicht das Medienpaket habe gefährden wollen. Unterdessen hatte die SP verlauten lassen, dass sie sich gegen die Vorlage stellen werde, sollte der Nationalrat die Förderung der Online-Medien aus dem Massnahmenpaket ausklammern. Zusammen mit der SVP, die dem Paket als solches ablehnend gegenübersteht, könnten die Sozialdemokraten das Paket kippen.
Der Präsident des Verlegerverbandes, Pietro Supino, machte Ende August an einer Medienkonferenz der TX Group seinerseits deutlich, dass er sich an die Losung des VSM zu halten habe, dass für ihn als Verwaltungsratspräsident der TX Group die Onlinemedienförderung aber nur eine marginale Rolle spiele. Gegenüber der «Republik» bestätigte er in der Folge, dass er die im Massnahmenpaket präsentierte Digital­förderung noch nicht als zu Ende gedacht ansehe. An besagter Medienkonferenz gab die TX Group ferner massgebliche Sparmassnahmen im Pressesektor bekannt, was den auf den Printmedien lastenden Druck verdeutlichte, der sich durch die Corona-Pandemie noch verstärkt hatte. VSM-Geschäftsführer Andreas Häuptli sprach in einem Gastbeitrag in der NZZ wenige Tage vor der parlamentarischen Beratung im September von einem «Kahlschlag, der nicht mehr aufzuforsten» sei, sollte die Presse nicht in Kürze von der geplanten Erweiterung der indirekten Presseförderung profitieren können. Lehnt der Nationalrat die Aufschnürung des Medienförderungspaketes ab, gelangt dieses zuerst zur Beratung zurück an die Kommission, bevor sich der Rat auch zu den unbestrittenen Punkten des Förderungsvorhabens äussern kann.
In letzter Minute lancierten zehn Medienorganisationen, darunter das Schweizer Syndikat für Medienschaffende, impressum und syndicom, einen Appell zur Unterstützung des integralen Medienpaketes. Auch Häuptli sprach sich in seinem Gastbeitrag für die staatliche Förderung von Online-Medien aus und bekräftigte: «Die Verleger stützen die klare Linie des Bundesrates.»

Massnahmenpaket zur Förderung der Medien (BRG 20.038)
Dossier: Vorstösse zur Presseförderung (2000-)
Dossier: Die geräteunabhängige Radio- und Fernsehabgabe für Unternehmen in der Kritik
Dossier: Diskussionen zur Förderung von Online-Medien

Die Motion der SP-Fraktion (Mo. 18.3025), die als Reaktion auf den massiven Stellenabbau bei der SDA eingereicht worden war, wurde in der Sommersession 2020 abgeschrieben, da sie nicht innert der festgelegten Frist von zwei Jahren im Parlament behandelt worden war. Das Anliegen hatte die Möglichkeit einer finanziellen Unterstützung der SDA durch den Bund basierend auf dem Sprachengesetz gefordert. In der Zwischenzeit war das geplante neue Mediengesetz, in welchem Möglichkeiten zur Förderung des Agenturjournalismus hätten geprüft werden sollen, in der Vernehmlassung gescheitert. Der Bund hatte jedoch mit der SDA zu Beginn des Jahres 2019 eine zweijährige Leistungsvereinbarung abgeschlossen, bei deren Erfüllung die SDA jährlich maximal CHF 2 Mio. pro Jahr vom Bund erhält.
Zeitgleich und aus dem selben Grund abgeschrieben wurde eine ähnliche Motion der Grünen Fraktion (Mo. 18.3114). Diese hätte ferner gefordert, dass die Umwandlung der SDA in ein unabhängiges Non-Profit-Unternehmen geprüft wird.

Drei Fraktionsmotionen zum Erhalt des demokratierelevanten Agenturjournalismus (Mo. 18.3009; Mo. 18.3114; Mo. 18.3025)

An der von Juni bis Oktober 2018 dauernden Vernehmlassung zum Bundesgesetz über elektronische Medien beteiligten sich 253 Organisationen, darunter alle Kantone, die sieben grössten Parteien (BDP, CVP, FDP, GLP, Grüne, SP, SVP), Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete und der Wirtschaft sowie weitere interessierte Kreise. Gemäss Vernehmlassungsbericht gingen die Meinungen der Teilnehmenden weit auseinander. Zwar wurde der Handlungsbedarf mehrheitlich anerkannt, grundsätzliche Zustimmung fand die Vorlage jedoch nur bei der GLP und 16 Kantonen (AI, AR, BE, BL, BS, FR, GR, NE, NW, SG, SO, TI, UR, VS, ZG, ZH) sowie einzelnen weiteren Organisationen. Eher wohlwollend nahmen – trotz ihrem Wunsch nach weitergehender Regulierung – die Grünen, die Kantone St. Gallen und Waadt, die EMEK, Medienverbände und die Gewerkschaften (SGB und Syndicom) das Gesetz auf. Keine Unterstützung fand es bei SP und BDP, die sich ein Mediengesetz gewünscht hätten, das alle Mediengattungen abdeckt. Umgekehrt empfanden die SVP, die Kantone Luzern und Schwyz, die Aktion Medienfreiheit und weitere Organisationen ein neues Gesetz als unnötig. Die SVP, die FDP, die BDP, der Kanton Schaffhausen sowie der Verband Schweizer Medien, Medias Suisses, der Gewerbeverband, Economiesuisse, die Aktion Medienfreiheit sowie zahlreiche Verlage sprachen sich denn auch gegen das neue Gesetz aus.
Besonders häufig kritisiert wurde der Geltungsbereich des Gesetzes, der neu auch den Onlinebereich umfassen soll, obwohl nicht klar sei, ob dies gemäss Verfassung zulässig sei. Im Gegenzug sollten Radios ohne Leistungsvereinbarung nicht mehr davon tangiert werden. Auf Kritik stiessen auch die ausschliessliche Förderung von audio- und audiovisuellen Medienbeiträgen, die Verteilung der Abgabe für elektronische Medien auf einen breiteren Kreis und die nicht vorhandene Unabhängigkeit sowie die Machtfülle der neuen Aufsichtskommission KOMEM. Mehrheitlich auf Zustimmung stiess hingegen die indirekte Förderung elektronischer Medien.

Geplantes Bundesgesetz über elektronische Medien scheitert
Dossier: Diskussionen zur Förderung von Online-Medien

Als Reaktion auf den von der SDA im Januar 2018 angekündigten, massiven Stellenabbau reichten gleich drei Fraktionen Motionen ein, die sich den Erhalt des demokratierelevanten Agenturjournalismus zum Ziel setzten. Sowohl die Motion der SP (Mo. 18.3025) als auch diejenige der Grünen (Mo. 18.3114) forderten die Prüfung einer Möglichkeit zur Schaffung einer Non-Profit-Nachrichtenagentur. Während die Motion der SP-Fraktion darüber hinaus im angekündigten, neuen Mediengesetz eine finanzielle Unterstützung der Schweizerischen Depeschenagentur durch den Bund ermöglichen wollte, verlangte die Grüne Fraktion vom Bundesrat, dass dieser gemeinsam mit der Eigentümerschaft der SDA eine Zukunftsstrategie zur Sicherstellung der dreisprachigen Grundversorgung erarbeite. Ferner konkretisierte sie das Modell einer allfälligen nicht-gewinnorientierten Agentur mit öffentlichem Leistungsauftrag und Gebührenunterstützung. Eine finanzielle Unterstützung durch den Bund erachtete auch die BDP als notwendig, wobei ihre Lösung vorsah, den Einsatz der Mittel an Auflagen in Form einer Leistungsvereinbarung zu knüpfen (Mo. 18.3009).
Der Bundesrat erteilte allen drei Vorstössen eine negative Antwort. Die SDA sei ein privates Unternehmen ohne gesetzlich verankerten Service-public-Auftrag, weswegen die Einflussnahme durch den Bund beschränkt sei. Ferner sei eine direkte Beteiligung durch den Bund auch im Hinblick auf die Staatsunabhängigkeit und die freie Meinungsbildung sehr kritisch zu beurteilen. Die Regierung wies in ihrer Antwort auch darauf hin, dass zurzeit im Rahmen des neuen Mediengesetzes Möglichkeiten zur Förderung des Agenturjournalismus geprüft würden.

Drei Fraktionsmotionen zum Erhalt des demokratierelevanten Agenturjournalismus (Mo. 18.3009; Mo. 18.3114; Mo. 18.3025)

Das zum fünften Mal erscheinende, vom Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) herausgegebene Jahrbuch „Qualität der Medien“ stellte der Schweizer Medienlandschaft das bisher schlechteste Zeugnis aus. Eine Analyse der Front- und Einstiegsseiten von beinahe 30 Print- und Online-Medien zeigte, dass die aktuelle Medienlandschaft von abnehmender Themenvielfalt, rückläufiger Reichweite von qualitativ hochwertigen Medien und verstärkter Beachtung emotional aufgeladener Themen - als Exempel für 2013 statuiert das Jahrbuch den Fall Carlos - geprägt ist. Der Umstand, dass ein Drittel aller durch die 45 grössten Schweizer Zeitungen erzielten Werbeeinnahmen auf die auflagestarken Gratis-Pendlerzeitungen entfalle, verstärke diese Negativspirale, so die Autoren der Studie. Aufgrund dieser Schlussfolgerungen begrüssen die Autoren neue medienpolitische Massnahmen, wie sie aktuell von der Eidgenössischen Medienkommission (EMEK) diskutiert werden. Beim Verband Schweizer Medien wurden die Studienergebnisse als parteipolitisch gefärbt interpretiert. Fög-Leiter Kurt Imhof träume von einer vom Staat subventionierten und kontrollierten Medienlandschaft und lege die Qualitätskriterien in seiner Studie auch entsprechend fest. Das Jahrbuch untersuchte ferner die Präsenz der Parteien in den Medien der Deutsch- und Westschweiz. 37% aller Nennungen entfielen 2013 auf die SVP, womit sie die SP (20%), gefolgt von FDP (16%) und CVP (13%), klar hinter sich liess. Während die Grünen noch 7% aller Parteinennungen ausmachen konnten, belief sich die Präsenz der BDP und der Grünliberalen auf 4% resp. 2%.

Jahrbuch «Qualität der Medien» 2014

Die Parteipresse hatte weiterhin mit Schwierigkeiten zu kämpfen: Während das «SVP-Bulletin» ab Herbst nicht mehr erschien, war der sozialdemokratische «Freie Aargauer Volksrecht» wegen geringen Inserateneinnahmen gezwungen, ab November seine Samstagnummer einzustellen. Ebenfalls wegen fehlenden finanziellen Mitteln beschloss das Zentralkomitee der PdA, seine französischsprachige Tageszeitung «Voix Ouvrière» ab Januar 1980 nur noch als Wochenzeitung erscheinen zu lassen. Neu erschien «Der Freisinn » als monatliche Parteizeitung der FDP. Wegen der oft geringen Verbreitung ihrer Organe sind die Parteien gezwungen, bei Wahlen und Abstimmungen ihre Parolen auch in der parteiungebundenen Presse als Inserate zu publizieren. Wie problematisch dies sein kann, erfuhr die SP, als ihr ohne vorherige Information ein Wahlinserat im «Blick» wegen angeblich nicht bewiesenen Behauptungen zensiert wurde.

Die Parteipresse

Die Parteizeitungen kämpfen seit Jahren einerseits um das finanzielle Überleben, anderseits um die Erhaltung ihrer Unabhängigkeit von kapitalkräftigen Gruppen: Zur Deckung des Defizits des Organs «Freier Aargauer/Volksrecht» beschlossen die SP-Parteitage der Kantone Aargau und Zürich einen zusätzlichen obligatorischen Mitgliederbeitrag. Die Luzerner Liberalen hatten befürchtet, das «Luzerner Tagblatt» werde durch die Publicitas verkauft. Deshalb wurde in der ganzen Innerschweiz erfolgreich für den Kauf von Volksaktien geworben. Mit dem neu gewonnenen Kapital konnte der Anteil des Publicitas-Aktienpaketes auf 25 Prozent vermindert werden.

Parteizeitungen

Die Informationspolitik stand verschiedentlich zur Diskussion, vor allem im Zusammenhang mit den Volksabstimmungen über finanz- und konjunkturpolitische Regierungsvorlagen, deren Verwerfung als Zeichen eines «Informationsnotstandes» gedeutet werden konnte. Informations- und Verständigungsprobleme stellten sich aber nicht nur in der Finanz- und Konjunkturpolitik, sondern auch in zahlreichen anderen Bereichen, am dringlichsten wohl in den Auseinandersetzungen um den Bau von Atomkraftwerken. Daneben zeigten auch bereits zur Sprache gekommene Fragen der Aussenpolitik, der Raumplanung und des Umweltschutzes die Notwendigkeit eines vielfältigen und leistungsfähigen Kommunikationssystems auf. Die Informationspolitik des EMD geriet von verschiedenen Seiten unter Beschuss, namentlich im Zusammenhang einer Intervention des Pressechefs E. Mörgeli gegen eine vom Fernsehen ausgestrahlte «Guetnacht»-Geschichte für Kleinkinder. Die SPS forderte bei den Verhandlungen um die Legislaturziele den Rücktritt E. Mörgelis. Eine Studiengruppe der CVP veröffentlichte «Ziele und mögliche Massnahmen für eine schweizerische Kommunikationspolitik», und eine Motion Oehler (cvp, SG), die ein Gesamtkonzept über die Massenmedien forderte, wurde vom Bundesrat als Postulat entgegengenommen.

Informationspolitik des Bundes

Im Zusammenhang mit der Informationspolitik verwies die Landesregierung in ihren Richtlinien auf die wachsenden finanziellen Schwierigkeiten der politischen Presse, insbesondere der lokalen Tageszeitungen. Die Pressekonzentration begann 1972 ein alarmierendes Tempo anzunehmen. Parteiorgane wie die «Neue Berner Zeitung» (SVP) und die «Zentralschweizer AZ» (SP) gingen ein. Der AZ-Ring musste umgestaltet werden, und in verschiedenen Formen wurde eine Zusammenarbeit zwischen einzelnen Blättern eingeführt. Mit dem «Schweizer Spiegel» verschwand auch ein kulturelles Organ, das jahrzehntelang von Bedeutung gewesen war, und mit dem «Sonntags-Journal» das erste Schweizer Magazin; beide wurden von der «Weltwoche» aufgekauft. Diese Entwicklung bestärkte weite Kreise in der Auffassung, dass die Funktion der politischen Tagespresse in der Demokratie ein Abweichen vom schrankenlosen Wettbewerb rechtfertige. Direkte staatliche Subventionen, wie sie einzelne europäische Staaten kennen, wurden jedoch abgelehnt. In verschiedenen parlamentarischen Vorstössen wurde der Bundesrat aufgefordert, indirekte Hilfsmassnahmen vorzuschlagen. Dieser erklärte indessen, dass er solche Vorschläge von den interessierten Kreisen (Parteien, Zeitungsverleger) erwarte.

Wettbewerbs- und Entwicklungsschwierigkeiten der Printmedien und Zeitungssterben

Das Aktionsprogramm der Sozialdemokraten präsentiert sich in mancher Hinsicht als Gegenstück zum freisinnigen Wahlmanifest. Übereinstimmung herrscht zwar in der Sicht von der Dynamik unserer Zeit. Grosse Differenzen ergeben sich dagegen in der Empfehlung der politischen Mittel. Anpassung an die Dynamik der Zeit erreicht man nach dem Aktionsprogramm nur durch «demokratische Wirtschaftsplanung». Sie erfordert eine klare Unterordnung von Gewinn- und Einzelinteressen unter ein Inventar von Gemeinschaftsaufgaben. Gesamthaft gesehen, beschränkte sich also auch die Sozialdemokratie auf eine zeitgemässe Interpretation ihrer 1959 neu formulierten Doktrin. Sie wich eindeutigen Alternativen ebenso aus wie andere Parteien.

Der Parteitag der schweizerischen Sozialdemokratie, der am 21. Mai unter der Leitung von Parteipräsident Nationalrat Fritz Grütter (sp, BE) in Zürich tagte, hiess zwar das Parteiprogramm einstimmig gut. Im übrigen bot er aber — im Gegensatz zu den Konventen der Schwesterparteien — das Bild einer belebten, ja von inneren Spannungen bewegten Partei. Der Parteivorstand geriet bei verschiedenen Abstimmungen über Sektionsanträge in Minderheit, und zwar in einem Verhältnis von 1 zu 3 oder 4 (Aufhebung der betriebsweisen Plafonierung, grundsätzliche Überprüfung der Landwirtschaftspolitik unter Berücksichtigung der Integrationsprobleme, Kampf für existenzsichernde Renten der AHV).

Die Spannungen innerhalb der Sozialdemokratie machten sich nicht nur am Parteitag, sondern auch bei Wahlen bemerkbar. Im Wallis und Tessin endeten Aktionen von dissidenten Gruppen mit Ausschlüssen.

Nicht aus der Partei, aber aus der bernischen Grossratsfraktion ausgeschlossen wurden die beiden Grossräte Gassmann (BE, sp) und Villard (BE, sp). Sie hatten es unterlassen, der Fraktion ihre parlamentarischen Vorstösse statutengemäss vor dem Einreichen zu unterbreiten. Ganz offensichtlich waren aber die Disziplinarfragen bei diesen Ausschlüssen nur ein Symptom für tiefer liegende Differenzen.
Im Falle Gassmann manifestierten sich die bisher immer noch notdürftig ausgeglichenen Gegensätze zwischen separatistischen und berntreuen Anhängern innerhalb der jurassischen Sozialdemokratie, die sich bereits in den Nationalratswahlen bemerkbar gemacht hatten.
Der Fall Villard war ein weiteres Zeichen für den seit Jahren schwelenden Streit innerhalb der Bieler Sozialdemokratie, auf den wir in der letztjährigen Jahreschronik eingegangen sind. Villard ist Exponent der avantgardistischen Sektion Madretsch, die ihre Aufgabe darin sieht, gegen das «sozialistische Establishment» in Biel (repräsentiert in den Sektionen Mett, Bözingen und Stadt Biel) und darüber hinaus in Kanton und Bund zu demonstrieren. Sie ist ein Sammelbecken sozialistischer Nonkonformisten verschiedenster Färbungen, auch Anhänger kommunistischer Varianten eingeschlossen.

Der im Dezember 1967 neu gewählte Präsident der Bieler Gesamtpartei möchte versuchen, die Konflikte, soweit sie persönlich bedingt sind, zu versachlichen. Dass Sachliches und Persönliches aber nicht leicht auseinanderzuhalten sind, zeigt etwa die fristlose Entlassung Ahmad Hubers (BE, sp) als Mitarbeiter beim sozialdemokratischen Bundesstadtpressedienst. Ahmad, früher Albert Huber, der unter dem Pseudonym Georg Berner in der Zürcher Woche gewirkt hatte, betätigt sich nun unter dem zweiten Pseudonym Urs Schweizer bei der National-Zeitung. Die Entlassung scheint bedingt durch seine satirischen Kommentare zu einer Artikelserie, in der sich die schweizerischen Parteien vorstellten. Sie erscheinen manchem Leser freilich weniger satirisch als zynisch.

An der Jahresversammlung der Schweizerischen Vereinigung für politische Wissenschaft vom 9. März 1968 bekannte der Direktor des sozialistischen Parteiorgans Peuple-Sentinelle, René Meylan (NE, sp), der Sozialdemokrat habe zwei Seelen in seiner Brust. Seiner ideologischen Herkunft entsprechend, wolle er die sozialistische Gesellschaftsordnung verwirklichen, seiner jetzigen politischen Stellung nach aber möchte er als Angehöriger einer mitverantwortlichen Regierungspartei dem bestehenden Staate dienen. Damit ist der tiefere Grund der Spannungen innerhalb der Sozialdemokratie in lapidarer Kürze formuliert worden.
Es ist derselbe Zwiespalt, der auch die Zürcher Sozialdemokratie bei den Kantons-, National- und Ständeratswahlen in eine offene Krise führte. Der kantonale Parteisekretär Ueli Götsch, der vielen doktrinär orientierten Sozialdemokraten bestenfalls als guter Liberaler gilt, und der Volksrechtredaktor Ulrich Kägi, der in einer Artikelserie «Sozialismus heute» den Kapitalismus als die dem Industriezeitalter am besten angepasste Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung bezeichnete und damit die Anerkennung der NZZ fand, wurden im «Profil» mit einem «Ordnungsruf von links» zurechtgewiesen. Götschs These von den wechselnden Wahlbedürfnissen, welcher der Weltwocheredaktor R. Bigler seine Nomination zum sozialdemokratischen Ständeratskandidaten verdankte, rief der Gegenthese Lienhards, die Sozialdemokratie habe eine «bewusste Alternative zur bürgerlichen Politik» zu bringen.
In der Westschweiz zeigte der linke Flügel der Sozialdemokratie eine gewisse Bereitschaft, den Bündnisangeboten der PdA in Genf, in der Waadt und in Neuenburg entgegenzukommen.
In Neuenburg führte die Offerte einer Listenverbindung zwischen POP und Sozialdemokratie zu heftigen Diskussionen am ausserordentlichen kantonalen Parteikongress. Sie wurde aber mit 49 gegen 45 Stimmen abgelehnt.

Sozialdemokratische Partei (SP) 1967

Die am sozialdemokratischen Parteitag in Lausanne revidierten Parteistatuten weisen in dieser Beziehung einige bezeichnende Neuerungen auf. Sie mildern die Bindung der Fraktion an Parteitagsbeschlüsse, vergrössern und verbreitern die Basis der Geschäftsleitung (Abkehr vom Vorortssystem) und verstärken die Unabhängigkeit der Presse (anstelle der förmlichen «Parteiblätter» treten «sozialdemokratische Zeitungen»). — Auch in der Art und Weise, wie Kandidaten aufgestellt und Parolen zu Abstimmungen ausgegeben wurden, zeigte sich der Wille der einfachen Parteibürger, ihr Mitspracherecht voll auszunützen.
So bemühten sich die Luzerner Konservativ-Christlichsozialen, den Delegierten vier verschiedene Regierungsratskandidaten zur Auswahl zu präsentieren. Bei der Aufstellung der sozialdemokratischen Regierungsratskandidaten im Kanton Zürich unterlag zunächst der vom Parteivorstand vorgeschlagene Parteisekretär Ueli Götsch. Auch nach dem späteren, unvermuteten Rücktritt seines Gegenspielers erhielt er sein Placet nur mit knappem Mehr. Der unerwartete Misserfolg des freisinnigen Kandidaten G. Schürch bei der bernischen Stadtpräsidentenwahl wurde von der Presse darauf zurückgeführt, dass die Anhänger des bei der parteiinternen Auswahl in Minderheit gebliebenen Konkurrenten nicht genügend Wahldisziplin gezeigt hätten.
Wie sehr Parteien umgekehrt berufen sind, natürliche Gegensätze des politischen Lebens in ihrem eigenen Schosse auszugleichen, das bewies etwa die lebhafte Diskussion am kantonalzürcherischen freisinnigen Parteitag, die der Parolenausgabe zum umstrittenen Gesetz über den interkommunalen Finanzausgleich voranging.

Einige Neuerungen am sozialdemokratischen Parteitag in Lausanne