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Den seit einiger Zeit anhaltenden Abwärtstrend bei den kantonalen Wahlen vermochte die SP im Berichtsjahr ein wenig aufzuhalten. Zwar mussten die Sozialdemokraten in drei Kantonen insgesamt sechs Sitzverluste hinnehmen, sie konnten aber bei den Gesamterneuerungswahlen in drei anderen Kantonen um acht Sitze zulegen (im Kanton Appenzell Innerrhoden trat die SP nicht an): Ein Sitzgewinn konnte im Kanton Appenzell Ausserrhoden verbucht werden. Die SP hielt hier neu fünf Mandate und verteidigte ihren Regierungssitz. Die grössten Erfolge konnte die SP im Kanton Freiburg feiern, wo der Schwung der herbstlichen Nationalratswahlen für die Mitte November stattfindenden kantonalen Gesamterneuerungswahlen mitgenommen werden konnte. Gleich vier zusätzliche Sitze konnten die Freiburger Genossen für sich beanspruchen. Mit neu 29 Mandaten und 24,3% Wähleranteil war man der CVP, die knapp stärkste Fraktion blieb, auf den Fersen. Im Staatsrat, der kantonalen Exekutive, konnte die SP ihren Sitz verteidigen. Zudem verhalf man den Grünen mit einer Listenverbindung zu einem Regierungssitz. Drei Parlamentssitze mehr durfte die SP auch im Kanton Luzern ihr eigen nennen, wovon einer von den Juso erobert wurde. Neu wussten die Luzerner Sozialdemokraten 11% der Wählerschaft hinter sich, die sie mit neu 16 Sitzen vertraten. Zudem konnte die Luzerner SP auch ihren Regierungssitz halten. Je einen Sitz verlor die SP in den Kantonen Basel-Landschaft und Zürich. Im Kanton Basel-Landschaft bedeuteten der Sitzverlust und der Verlust von einem Prozentpunkt bzw. die verbleibenden 22% Wählerstimmenanteil, dass die SP als stärkste Landratsfraktion von der SVP abgelöst wurde. Zwar konnte der einzige Regierungssitz im Regierungsrat gehalten werden, die anvisierte Eroberung eines zweiten Sitzes scheiterte aber deutlich. In Zürich verloren die Sozialdemokraten zwar nur 0,2 Prozentpunkte an Wählerstimmen (neu: 9,3%), dies war aber gleichwohl mit einem Sitzverlust verbunden (neu: 35 Sitze). Als Erfolg konnte man allerdings die Verteidigung der beiden Regierungssitze feiern, wobei der neu antretende Mario Fehr mit dem deutlich besten Resultat gewählt wurde. Federn lassen mussten die Genossen im Tessin, wo sie auf Kosten der Grünen und der kommunistischen Partei insgesamt vier Sitze verloren. Die Einbusse von 3,9 Prozentpunkten (neu: 15,1% Wähleranteil) bedeutete, dass die SP von der wiedererstarkten Lega überholt wurde und kantonsweit nur noch viertstärkste Kraft war. Allerdings konnte der Regierungssitz auch in der Südschweiz mit dem neu antretenden Manuele Bertoli verteidigt werden.

Das Abschneiden der SP bei kantonalen Wahlen 2011

Im September erklärte Bundesrätin Micheline Calmy-Rey ihren Rücktritt. Die SP konnte dadurch eine im Wahlkampf nicht unwichtige, verstärkte Medienaufmerksamkeit generieren, da das Karussell mit den potentiellen Nachfolgerinnen und Nachfolgern relativ rasch zu drehen begann. Früh gab die Partei bekannt, nur Kandidierende aus der lateinischen Schweiz zu berücksichtigen. Schliesslich entschied sich die Fraktion für ein Zweierticket mit dem Staatsrat Pierre-Yves Maillard aus dem Kanton Waadt und dem Freiburger Ständerat Alain Berset. Obwohl die SVP bei den Bundesratswahlen im Dezember schliesslich beide Sitze der SP angriff, wurden sowohl Simonetta Sommaruga im ersten Wahlgang bestätigt als auch Alain Berset bereits im zweiten Umgang gewählt. Sommaruga behielt das EJPD und Berset übernahm das EDI.

Wahlkampf und Resultate der SP bei den eidgenössischen Wahlen 2011
Dossier: Resultate der wichtigsten Parteien bei nationalen Wahlen 2011

Eher unerwartet konnte die SP auch bei den Ständeratswahlen zulegen. Die zwei Sitzgewinne in den Kantonen Aargau (Bruderer) und St. Gallen (Rechsteiner) und die Rückeroberung des Berner Sitzes (Stöckli), den die SP aufgrund der Ersatzwahl für Bundesrätin Sommaruga im Frühjahr noch an die SVP verloren hatte, sorgten dafür, dass die Sozialdemokraten die höchste Zahl an Ständeratsmandaten in ihrer Geschichte erreichten. Mit elf Mandaten war man in der kleinen Kammer neu sogar gleich stark wie die FDP. Die acht Sitze in den Kantonen FR (Berset), SO (Zanetti) BS (Fetz), BL (Janiak), VD (Savary), NE (Berberat), GE (Maury Pasquier) und JU (Hêche) konnten relativ problemlos verteidigt werden. Nur im Kanton Waadt musste die SP in einen zweiten Wahlgang. Ohne Erfolg blieben die Sozialdemokraten in den Kantonen ZH, LU, OW (mit der Juso), ZG, SH, TG, TI und VS.

Wahlkampf und Resultate der SP bei den eidgenössischen Wahlen 2011
Dossier: Resultate der wichtigsten Parteien bei nationalen Wahlen 2011

Ihr Abschneiden bei den eidgenössischen Wahlen wertete die SP als Erfolg. Im Vergleich zu den Wahlen 2007 büsste sie zwar bei den Nationalratswahlen erneut Wählerstimmen ein (-0,8 Prozentpunkte). Der Wähleranteil von 18,7% bedeutete das drittschlechteste Resultat in ihrer Geschichte. Nur 1987 (18,4%) und 1991 (18,5%) hatte sie schlechter abgeschnitten. Allerdings konnte sie die Verluste nicht nur begrenzen – bei den Wahlen 2007 hatten die Sozialdemokraten noch 3,8 Prozentpunkte eingebüsst – sondern dank Proporzglück auch in drei Sitzgewinne gegenüber 2007 ummünzen. Nimmt man die Anzahl Sitze unmittelbar vor den Wahlen als Ausgangspunkt, resultierte gar der Gewinn von fünf Mandaten. Während der Legislatur hatte die SP nämlich den Glarner Sitz des zurückgetretenen Werner Marti an die BDP verloren und einen Berner Sitz hatte sie aufgrund des Parteiaustritts von Ricardo Lumengo eingebüsst. Sitze gewinnen konnte die SP in den Kantonen Waadt (+2), Freiburg, Solothurn, und Wallis (je 1). Allerdings mussten die Genossen im Tessin und, wie erwähnt, in Glarus einen Sitzverlust hinnehmen. Insgesamt verfügte die SP damit im Nationalrat neu über 46 Mandate. An Wähleranteilen zulegen konnten die Sozialdemokraten insbesondere in den Kantonen Freiburg, St. Gallen und in der Waadt. Grössere Verluste musste die SP hingegen in den Kantonen Zug, Basel-Stadt, Graubünden und Jura hinnehmen. In vier Kantonen ging die SP als wählerstärkste Partei hervor: in Freiburg (26,7%), in Basel-Stadt (29,1%), in der Waadt (25,2%) und in Genf (19,1%). In der Romandie (23,2%) verfügte die SP denn auch über eine grössere Wählerschaft als in der deutsch- (17,6%) und in der italienischsprachigen Schweiz (16,8%).

Wahlkampf und Resultate der SP bei den eidgenössischen Wahlen 2011
Dossier: Resultate der wichtigsten Parteien bei nationalen Wahlen 2011

Das 2010 beschlossene Parteiprogramm, in dem unter anderem auch die Abschaffung der Armee, die Überwindung des Kapitalismus und der EU-Beitritt als Ziele formuliert sind, hatte einige Parteimitglieder verärgert, was sich in einem von rund 50 Sektionen unterstützten Rückkommensantrag manifestierte. Die Parteileitung entschied sich, diesen Antrag erst 2012 am ordentlichen Parteitag vorzulegen.

Das neue Parteiprogramm der SP

Bereits Mitte Januar schaltete sich die SP in die Diskussionen um den starken Franken ein. In einem Papier forderte sie dringende Massnahmen und prangerte die Passivität und den mangelnden Mut der bürgerlichen und rechten Parteien an. Die Regierung solle die Banken auf der Basis eines „gentleman agreement“ von der Spekulation mit der Schweizer Währung abhalten. Die Nationalbank solle mit Stützungskäufen den Euro-Franken-Kurs auf CHF 1.40 halten und so Arbeitsplätze und Wachstum sichern. Über Monate übte Parteipräsident Levrat harsche Kritik an Bundesrat Schneider-Ammann, indem er diesem in der Sache unhaltbare Untätigkeit vorwarf. An der Delegiertenversammlung in Biel kurz vor den nationalen Wahlen im Herbst verabschiedeten die Genossen einen Sozial- und Wirtschaftspakt, in dem eine Weissgeldstrategie und das Verbot von Investmentbanking gefordert wurden. Die Gehälter von Bankmanagern seien auf das Lohnniveau von vergleichbaren Positionen in staatsnahen Betrieben zurückzufahren. Mit Massnahmen gegen die Spekulation auf den starken Franken und einem Fonds sollten Arbeitsplätze in exportabhängigen Branchen gesichert werden.

SP-Wirtschaftspolitik im Jahr 2011

An der Delegiertenversammlung in Biel Anfang Oktober beauftragten die Parteimitglieder ihre Spitze, dafür zu sorgen, dass der Kampfflugzeugkauf mit einer Volksabstimmung entschieden werde, egal ob mittels Referendum oder Initiative. In der Folge sammelte die SP Unterschriften für eine Petition gegen neue Kampfjets.

Kampfflugzeugkauf

Die Nomination der Nationalratskandidaten im Kanton Zürich warf hohe Wellen. Insbesondere die Nichtnominierung der langjährigen Nationalrätin (1991–2007) Anita Thanei sorgte für Empörung. Die Zürcher Sektion hatte 2010 beschlossen, dass Amtsträger mit einer Amtszeit von mehr als zwölf Jahren eine Zweidrittelmehrheit der Delegiertenstimmen erhalten müssten, um wieder auf einen Listenplatz gesetzt zu werden. Während Thanei die geforderte Mehrheit nicht erreichte, gelang dies Andreas Gross, der die SP ebenfalls seit vier Legislaturen in Bern vertrat. Innerhalb der Partei regte sich Widerstand: Offene Briefe und eine Unterschriftensammlung sollten die Parteispitze zu einem Umdenken bewegen. Nach einigem Hin und Her verzichtete Thanei schliesslich auf eine mögliche Nachnomination. Verschiedene ehemalige SP-Grössen kritisierten in der Folge die Parteileitung scharf (Christine Goll) oder traten gar aus der Partei aus (Vreni Müller-Hemmi). Laut dem Zürcher Generalsekretär Daniel Frei verzeichnete die Zürcher Sektion zwischen Mai und Juni rund 50 Austritte.

SP-Zürich führt bedingte Amtszeitbeschränkung

In einer Medienkonferenz Ende Januar präsentierte die SP Forderungen für die Gesundheitspolitik. Ein nicht zu unterschätzendes Problem stelle der Nachwuchsmangel bei den Hausärzten dar. Da in den nächsten fünf Jahren rund die Hälfte der aktuell praktizierenden Hausärzte in den Ruhestand treten würde, müsse frühzeitig etwas für die medizinische Grundversorgung unternommen werden. Ein sichtbares Zeichen wollte die SP mit der Unterstützung der Initiative „Ja zur Hausarztmedizin“ setzen. Darüber hinaus müssten Gruppenpraxen und Gesundheitszentren gefördert, Hausarztstudiengänge an den Universitäten eingerichtet und die Anzahl der medizinischen Studienplätze aufgestockt werden. An der Delegiertenversammlung Ende Juni sagte die Partei zudem ihre Unterstützung für die Initiative für eine öffentliche Krankenkasse (Einheitskasse) zu.

Gesundheitspolitik

Seit jeher schwer tut sich die SP mit der Migrationspolitik. Ihre Bundesrätin und Vorsteherin des Justiz- und Polizeidepartements Simonetta Sommaruga sorgte allerdings mit Pragmatismus und viel Tatendrang dafür, dass sich die SP auch in diesem Politikfeld ins Gespräch brachte. Parteiintern nicht unumstrittenen waren die Lösungsansätze der Magistratin zur massiven Verkürzung der Asylverfahren. Trotz Widerstands gegen die Marschrichtung der Bundesrätin aus den eigenen Reihen, bezeichnete Präsident Levrat sie bezüglich der Flüchtlingspolitik als Glücksfall für die Partei.

Migrationspolitik

In der Energiepolitik, in der die SP mit der Cleantech-Initiative eine Führungsrolle beanspruchte, forderten die Sozialdemokraten mit Vehemenz den raschen Ausstieg aus der Atomenergie bis spätestens 2025. Dank effizienterer Energienutzung und der konsequenten Förderung erneuerbarer Energien – wie dies in der Roadmap Atomausstieg gefordert wurde – könne die Schweiz die AKWs schrittweise vom Netz nehmen.

Energiepolitik

Mit dem Slogan „Für alle statt für wenige“ läutete die SP Ende März ihren Wahlkampf ein. Die Wahlplattform der Sozialdemokraten umfasste zehn Punkte: Die durch den Ausstieg aus der Atomenergie und von der Cleantech-Initiative schon lange vor der Atomreaktorkatastrophe in Japan angestossene bedingte Konzentration auf erneuerbare Energien soll 100'000 neue Arbeitsplätze schaffen. Mit der Forderung nach einer Einheitskrankenkasse, preisgünstigen Wohnungen und existenzsichernden Mindestlöhnen wurde die Stossrichtung in der Sozialpolitik umrissen. Tagesschulen und bezahlte Weiterbildung sollen zu mehr Chancengleichheit führen. Zudem umfasste das Zehnpunkteprogramm die Einführung einer Erbschaftssteuer zur Finanzierung der AHV und ein Lebensarbeitszeitmodell zu deren langfristigen Sicherung. Schliesslich solle der Service Public flächendeckend erhalten und der Werkplatz Schweiz gestärkt werden. Letzteres bedinge auch eine strenge Regulierung des Finanzplatzes. Die Forderung nach einem EU-Beitritt fehlte jedoch auf der Wahlplattform 2011, welche an der Delegiertenversammlung nicht kritiklos verabschiedet wurde. Die im Vorjahr aufgrund des neuen Parteiprogrammes angestossene visionäre Aufbruchsstimmung sei im faden Wahlprogramm nicht zu finden, monierte etwa die Juso. Nachdem Parteipräsident Levrat die Genossen aufgefordert hatte, die Kräfte zu bündeln um dem „Kartell der Rechten“ die Stirn zu bieten, wurde die Plattform schliesslich gutgeheissen.

Wahlkampf und Resultate der SP bei den eidgenössischen Wahlen 2011
Dossier: Resultate der wichtigsten Parteien bei nationalen Wahlen 2011

Die SP äusserte ihre Wahlziele nach der empfindlichen Niederlage von 2007 eher verhalten. Man wolle schweizweit zulegen, aber keine unrealistischen Zahlen nennen, sagte Präsident Levrat im Januar. Er sei überzeugt, dass die Trendwende für die SP geschafft sei. Ziel sei eine Zunahme an Sitzen und an Wählerprozenten – so Generalsekretär Christen Anfang Februar. Man wolle sich für Leute mit kleinen Einkommen und die Mittelschicht stark machen. Als Kernthemen wolle die SP die Arbeitslosigkeit, die Altersvorsorge und das Gesundheitswesen hervorheben. Das Wahlkampfbudget wurde auf 1,5 Mio. CHF beziffert.

Wahlkampf und Resultate der SP bei den eidgenössischen Wahlen 2011
Dossier: Resultate der wichtigsten Parteien bei nationalen Wahlen 2011

Beim Start in die Frühlingssession Anfang März wollte sich die SP als Partei der Mieterinnen und Mieter profilieren. Sie forderte, dass dem Trend steigender Mieten und der dadurch drohenden „Sozial-Apartheid“ Einhalt geboten werden müsse. Aufgrund von Immobilienspekulation und der Einwanderung gut ausgebildeter Arbeitskräfte in die Schweiz seien die Mieten in Städten und Agglomerationen in den letzten zehn Jahren um fast 60% angestiegen. Mit der Schaffung spezieller Wohnzonen für Familien in Städten, der Nutzung von Industriebrachen für gemeinnützigen Wohnungsbau und einer Verstärkung des Mieterschutzes wollen die Sozialdemokraten erschwinglichen Wohnraum für alle erwirken. Darüber hinaus soll eine Grundstückgewinnsteuer eingeführt werden, um Spekulationsgewinne abzuschöpfen.

SP fordert bessere Bedingungen für Mieterinnen und Mieter

In einem Konzeptpapier zur Sozialpolitik der Zukunft, welches die SP-Spitze an Silvester 2010 in Bern präsentiert hatte, wurden neben der flächendeckenden Einführung von Tagesschulen auch höhere Stipendien und ein erleichterter Zugang zu bezahlten Weiterbildungsmöglichkeiten gefordert. Angestellte zwischen 40 und 50 Jahren sollten ein Recht auf eine berufliche Standortbestimmung bekommen. Darüber hinaus forderten die Sozialdemokraten eine in die obligatorische Krankenkasse aufzunehmende Lohnausfallversicherung bei Krankheit sowie die Möglichkeit, die Pensionierung nach 42 AHV-Beitragsjahren anzutreten. Der Sozialstaat müsse nicht nur soziale Reparaturwerkstätte sein, sondern Chancengleichheit fördern und zur Integration befähigen.

Sozialpolitik

Die Sozialdemokraten konnten den Solothurner Ständeratssitz, der nach dem Tod von Ernst Leuenberger vakant war, gegen die Angriffe von CVP und SVP verteidigen. Roberto Zanetti wurde im zweiten Wahlgang mit grossem Vorsprung gewählt. Bei den im Berichtsjahr in acht Kantonen (AI, BE, GL, GR, JU, NW, OW und ZG) abgehaltenen kantonalen Regierungswahlen konnte die SP Teilerfolge verbuchen. In allen Kantonen, in denen die Partei an der Regierung beteiligt war, konnte sie ihre Sitze verteidigen. Im Kanton Jura vermochte sie zudem auf Kosten der CSP einen zweiten Sitz zu erobern. Allerdings schaffte es die SP im Kanton Zug nicht, den vor vier Jahren an die ‚Alternative – die Grünen‘ verlorenen Sitz zurückzuerobern. In den Kantonen Nidwalden und Obwalden war die SP gar nicht erst zu den Regierungswahlen angetreten. In den letzgenannten drei Kantonen sowie in Appenzell Innerrhoden haben die Sozialdemokraten damit keine Regierungsbeteiligung.

Die Resultate der SP bei kantonalen Regierungs- und Ersatzwahlen 2011

Den Abwärtstrend bei den kantonalen Parlamentswahlen konnten die Sozialdemokraten anlässlich der Neubesetzung der Legislativen in den Kantonen BE, GL, GR, JU, NW, OW und ZG nicht stoppen. In allen Kantonen – mit Ausnahme des Kantons Jura – mussten sie Wählerverluste hinnehmen. In Bern sank der Wähleranteil um 5.2 Prozentpunkte. Weniger als ein Fünftel der Bernerinnen und Berner wählten die SP (18.9% Wähleranteil). Auch in Obwalden (-2.2 Prozentpunkte), Glarus (-0.8 Prozentpunkte) und Nidwalden (-1.0) büsste die SP Wähler ein. Im Kanton Zug stagnierte sie bei 9.1% Wähleranteil. Einzig im Kanton Jura war ein Aufwärtstrend zu verzeichnen: hier legte die SP um 1.3 Prozentpunkte zu (neu: 21.2% Wähleranteil). Dieser Zuwachs wirkte sich denn auch in einem Sitzgewinn im Jurassischen Parlament aus. Schweizweit verlor die Partei damit im Berichtsjahr zwölf kantonale Mandate. Sie konnte ihre Parlamentssitze zwar in Obwalden (6), Nidwalden (1) und Zug (8) halten, verlor aber Mandate in Bern (-7 Sitze / neu: 35 Sitze), Glarus (-4 / 8) und Graubünden (-2 / 12). Die SP scheint dabei insbesondere Wähler an die Grünen, aber auch an die BDP und die GLP verloren zu haben.

Das Abschneiden der SP bei kantonalen Parlamentswahlen 2011

Auch den Sachvorlagen, welche die Sozialdemokraten im Berichtsjahr an die Urne brachten, war wenig Erfolg beschieden. Die Partei feierte zwar im März die Ablehnung der Anpassung des BVG-Umwandlungssatzes, gegen welche die SP zusammen mit Gewerkschaften das Referendum lanciert hatte. Das deutliche Nein wurde von Parteipräsident Levrat als Motivationsspritze für die Wahlen 2011 betrachtet, denn seit sechs Jahren, also seit dem gewonnenen Urnengang zur 11. AHV-Revision, hatte die SP keinen Referendumserfolg mehr feiern können. Dieses Ergebnis sollte allerdings im Berichtsjahr die Ausnahme bleiben: Die SP scheiterte mit ihrem Referendum zur 4. Revision der Arbeitslosenversicherung, das sie Ende Februar, also noch vor Abschluss der Parlamentsdebatte, an der Delegiertenversammlung einstimmig beschlossen hatte. Ebenfalls keine Chance hatte die Partei mit der Steuergerechtigkeitsinitiative. Gleich nach der Abstimmungsniederlage kündigte die SP die Planung einer nationalen Erbschaftssteuerinitiative an.

Wenige Wahlerfolge für die SP im Jahr 2010

Nach zweitägiger Debatte am Parteitag in Lausanne, gab sich die SP schliesslich ein neues Programm. Gegen den Antrag der Parteileitung, die sich für den Begriff der Wirtschaftsdemokratie ausgesprochen hatte, blieben der demokratische Sozialismus und die Überwindung des Kapitalismus als Zielsetzungen bestehen. Ebenfalls gegen den Willen der Geschäftsleitung wurde beschlossen, die Abschaffung der Armee und das erwerbslose Grundeinkommen als Ziele ins Programm aufzunehmen. Nur knapp abgelehnt wurde die Idee einer Volkspension und der Abschaffung der zweiten Säule. Obwohl es viele kritische Stimmen gab, wurde auch am Ziel des EU-Beitritts letztlich nicht gerüttelt. Das Programm wurde mit 420 zu 5 Stimmen bei 15 Enthaltungen angenommen. Die Parteileitung muss künftig über den Umsetzungstand des Programms periodisch Rechenschaft ablegen. In der Presse wurde ausserordentlich lange über das neue Programm berichtet. Dass dieses nicht überall auf Wohlwollen stiess, zeigte der Rückkommensantrag zweier Berner Sektionen.

Das neue Parteiprogramm der SP

Viel zu reden gab das neue Parteiprogramm. Das alte war im November 1982 verabschiedet worden und galt in den Worten von Generalsekretär Thomas Christen als „nicht mehr zeitgemäss, ja hoffnungslos veraltet“. Allerdings stelle ein SP-Parteiprogramm immer einen Generationenauftrag dar und nicht ein kurzlebiges Bild aktueller Forderungen. Mit der Umsetzung der wissenschaftlichen Beiträge und der Resultate der Diskussionen mit der Basis wurde Hans-Jürg Fehr (SH) beauftragt. Dieser hatte bereits 2004 bei seinem Amtsantritt als Parteipräsident (bis 2008) auf die Dringlichkeit eines neuen Programms hingewiesen. Anfang April wurde ein erster Entwurf den Medien vorgestellt. Neben visionären Entwürfen für eine neue, demokratische Wirtschaftsordnung, – in den Medien als Aufruf zur Überwindung des Kapitalismus verbreitet – umfasste der Vorschlag auch konkrete Forderungen nach Mindestlöhnen, progressiven Steuern, der Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht oder einer Aufstockung der Bildungsausgaben. Darüber hinaus wollen die Sozialdemokraten ein Verfassungsgericht einführen und Kantonsfusionen fördern. Festgehalten wird am Ziel eines EU-Beitritts. In der anschliessenden Vernehmlassung zum Programm, die bis Ende Juli dauerte, wurde einige Kritik laut. Über 1000 Anträge wurden schliesslich eingereicht. Die Basis störte sich insbesondere an der nicht ganz zeitgemässen Sprache und der Länge des Textes. Gefordert wurden konkretere Positionen. Diskussionsbedarf bestand insbesondere zum Konzept der demokratischen Marktwirtschaft (Kapitalismus überwinden, zähmen oder tolerieren), zur Armee (abbauen, umbauen oder abschaffen), und zur Gewichtung des Ziels eines EU-Beitritts. Einzig die JUSO forderten eine noch stärkere ideologische Auseinandersetzung.

Das neue Parteiprogramm der SP

Eine Debatte innerhalb der Bundeshausfraktion löste das Verwaltungsratsmandat von Ex-Bundesrat Moritz Leuenberger der Baufirma Implenia aus. Als Verkehrsminister hatte Leuenberger die NEAT zu betreuen, an deren Erstellung die Implenia massgeblichen Anteil hatte. Während dem Ex-Magistraten auf der einen Seite mangelndes Fingerspitzengefühl, mangelnde Sensibilität und sogar Unanständigkeit vorgeworfen wurde, wollte sich die andere Seite nicht in die persönlichen Angelegenheiten des Ex-Ministers einmischen. Die Fraktion beschloss schliesslich Leuenberger zu rügen und ihn zu einem Verzicht aufzufordern.

SP-Fraktion rügt alt Bundesrat Leuenberger für Annahme eines VR-Mandat bei Implenia

Die SP des Kantons Zürich, die mit Christine Goll und Andreas Gross (beide seit 1991) und Anita Thanei (seit 1995) drei der dienstältesten Parlamentarierinnen nach Bern schickt, beschloss Ende November, ihren Delegierten mehr Mitbestimmungsrecht bei der Bestellung der Nationalratsliste zu geben. Künftig sollen diese den Kandidierenden die Listenplätze zuweisen. Zudem sollen National- und Ständeräte mit mehr als zwölf Amtsjahren nur dann wieder zur Wahl aufgestellt werden, wenn sie eine Zweidrittelmehrheit erhalten.

SP-Zürich führt bedingte Amtszeitbeschränkung

Für einen Eklat sorgte SP-Präsident Christian Levrat, der – unzufrieden mit der Departementsverteilung nach den Bundesratsersatzwahlen – den Präsidenten der FDP Fulvio Pelli der Lüge bezichtigte. Die FDP hätte versprochen, dass sie einen Departementswechsel der Bundesräte Maurer und Widmer-Schlumpf verhindern würde und einer Sitzverteilung nach dem Anciennitätsprinzip nicht entgegenstehen würde, unter der Bedingung, dass die SP den FDP-Bundesratssitz unterstützte. Beide Versprechen hätten die Freisinnigen nicht eingehalten. Die grosse Rochade bei der Departementsverteilung hatte zur Folge, dass die SP nicht nur das Uvek an die CVP abgeben musste, sondern auch, dass Bundesrätin Sommaruga als Konsumentenschützerin nicht das Volkswirtschaftsdepartement erhielt, sondern als Nichtjuristin das EJPD übernehmen musste. Pelli seinerseits kündigte eine Verleumdungsklage gegen Levrat an. Die Causa Levrat-Pelli beschäftigte die Presse einige Tage lang, bevor der Streit Mitte Oktober mit einer dürren Medienmitteilung beigelegt wurde.

Streit zwischen SP und FDP bei Departementsverteilung

Der Rücktritt von Bundesrat Moritz Leuenberger kam für die meisten Beobachter überraschend, war doch erwartet worden, dass der SP-Magistrat 2011 noch ein weiteres Jahr als Bundespräsident amtieren würde. Die SVP kündigte sofort an, den SP-Sitz attackieren zu wollen. In der SP positionierten sich vier Frauen als potentielle Nachfolgerinnen. Der Baselstädter Regierungsrätin Eva Herzog und der St. Galler Nationalrätin Hildegard Fässler wurden lediglich Aussenseiterchancen eingeräumt. Schliesslich nominierte die SP-Fraktion Anfang September ein Zweierticket bestehend aus Nationalrätin Jacqueline Fehr (ZH) und Ständerätin Simonetta Sommaruga (BE). Bei den Bundesratsersatzwahlen setzte sich Simonetta Sommaruga im dritten Wahlgang gegen Jacqueline Fehr und im vierten Wahlgang gegen den SVP-Herausforderer Jean-François Rime durch. Einziger Wermutstropfen der Wahl der Berner Ständerätin war der drohende Verlust des Ständeratssitzes ihrer Partei.

Sommaruga wird Nachfolgerin des abtretenden Bundesrat Leuenberger

Ihre Position zum Islam in der Schweiz umriss die SP-Bundeshausfraktion in einem Papier, das sie im Juli verabschiedete. Gefordert wurde beidseitige religiöse Toleranz, was die Bildung von Parallelgesellschaften verhindern helfe und Hasspredigern die Gefolgschaft entziehe. Ein explizites Verbot von Burka oder Kopftuch lehnt die SP ab, hält aber fest, dass die Ganzkörperverhüllung aus westlicher Sicht eine Menschenrechtsverletzung darstelle, dass das religiös begründete Tragen von Kopftüchern im öffentlichen Dienst nicht angebracht sei, und dass die Dispensierung von Schulkindern für einzelne Stunden oder Veranstaltungen aus religiösen Gründen unerwünscht seien.

Die Position der SP zum Islam