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Ende April 2022 kam das Referendum gegen die AHV21 zustande. Damit wurde an der Urne nicht nur über die Mehrwertsteuererhöhung um 0.4 Prozentpunkte respektive 0.1 Prozentpunkte und somit über eine Zusatzfinanzierung für die AHV von CHF 12.4 Mrd. bis 2032 abgestimmt – diese musste als Verfassungsänderung sowieso der Stimmbürgerschaft vorgelegt werden –, sondern auch über die übrigen Massnahmen des Reformprojekts. Dieses sah vor, das Rentenalter der Frauen in vier Schritten (2024 bis 2027) demjenigen der Männer anzupassen, wodurch die AHV bis 2032 CHF 9 Mrd. weniger ausgeben respektive mehr einnehmen sollte als bisher. Im Gegenzug sollten die ersten neun betroffenen Frauenjahrgänge Zuschläge zu ihren Renten oder günstigere Bedingungen beim Rentenvorbezug erhalten, die insgesamt CHF 2.8 Mrd. kosten sollten. Allgemein sollte der Start des Rentenbezugs flexibilisiert und neu zwischen 63 und 70 Jahren möglich werden – mit entsprechenden Abzügen und (teilweise) Gutschriften bei früherem oder späterem Bezug –, wobei die Rente nicht mehr nur vollständig, sondern auch teilweise bezogen werden kann. Dies würde bis 2032 etwa CHF 1.3 Mrd. kosten. Insgesamt könnten die AHV-Ausgaben bis ins Jahr 2032 um insgesamt CHF 4.9 Mrd. gesenkt werden.

Die Gegnerinnen und Gegner der AHV21-Reform wehrten sich vor allem gegen die Finanzierung der Reform auf dem «Buckel der Frauen» (Tages-Anzeiger), also durch die Erhöhung des Frauenrentenalters. Dadurch würde den Frauen faktisch die Rente gekürzt – ein Jahr weniger Rente entspreche CHF 26'000, rechnete das Referendumskomitee vor. Diese Reduktion würde noch nicht einmal für diejenigen Jahrgänge, welche Kompensationsmassnahmen erhielten, vollständig ausgeglichen. Besonders störend daran sei, dass Frauen noch immer einen deutlich geringeren Lohn für ihre Arbeit und einen Drittel weniger Rente als die Männer erhielten, während sie gleichzeitig sehr viel mehr unbezahlte Arbeit leisteten. Darüber hinaus erachtete die Gegnerschaft die Erhöhung des Frauenrentenalters auch als ersten Schritt hin zum Rentenalter 67, das sie jedoch unter anderem mit Verweis auf die schlechten Arbeitsmarktchancen älterer Arbeitnehmender sowie auf die Erhöhung der Langzeitarbeitslosigkeit und der Sozialhilfequote ablehnte. Schliesslich erachteten die Gegnerinnen und Gegner auch die aktuelle Situation der AHV als weniger gravierend als die Befürwortenden der Revision: Die AHV sei solide, werde aber immer durch dramatische Prognosen schlechtgeredet – diese seien bisher jedoch nie eingetroffen. Die Nein-Parole zu beiden AHV-Vorlagen gaben die SP, die Grünen, die PdA sowie die SD aus, sie wurden von den Gewerkschaften unterstützt.

Die Befürwortenden der Reform betonten, dass die AHV struktureller Reformen bedürfe, zumal sie ansonsten bereits in wenigen Jahren mehr ausgeben als einnehmen werde. Die AHV21-Reform führe durch Massnahmen sowohl auf Einnahmeseite – durch die Mehrwertsteuererhöhung – als auch auf Ausgabenseite – durch die Erhöhung des Frauenrentenalters – zu einer Verbesserung der AHV-Finanzen. Bezüglich des Arguments der Gegnerschaft, dass vor allem die Frauen für die Reform aufkommen müssten, verwiesen die Befürwortenden auf die «substanziellen Kompensationen», welche die Frauen der Übergangsgeneration erhielten. Zudem sei eine Rentenaltererhöhung der Frauen auf 65 Jahre gerechtfertigt, da sie einerseits als Teil der Gleichstellung erachtet werden könne und da die grossen Rentenunterschiede andererseits nicht aus der AHV, sondern aus der beruflichen Vorsorge stammten. Im Gegenzug forderten jedoch auch verschiedene Mitglieder der Pro-Komitees Verbesserungen für die Frauen in der zweiten Säule, vor allem beim Koordinationsabzug, welcher gesenkt werden sollte. Die Ja-Parole zu beiden Vorlagen gaben die SVP, die FDP, die Mitte, die GLP, die EVP und die EDU sowie etwa Economiesuisse, der Arbeitgeberverband, der Gewerbeverband und der Bauernverband aus.

In der medialen Berichterstattung stand vor allem die Frage nach den Auswirkungen für die Frauen sowie der Fairness ihnen gegenüber im Mittelpunkt. Im Zentrum des Interesses stand dabei der Bund Schweizerischer Frauenorganisationen, Alliance f. So zeigten sich die im Verband organisierten Frauen öffentlich gespalten: Selbst der Vorstand des Verbands bestand aus Befürworterinnen und Gegnerinnen der AHV21. Alliance f sei in einer «delikate[n] Ausgangslage», betonten folglich etwa die AZ-Medien. Als Konsequenz gab der Verband Stimmfreigabe heraus und schuf zwei Frauenallianzkomitees, ein befürwortendes und ein ablehnendes. Damit wolle man sich trotz unterschiedlicher Positionen in die Diskussion einbringen und somit verhindern, dass die Männer die Debatte um das Frauenrentenalter dominierten, betonte etwa Co-Präsidentin von Alliance f und Präsidentin des befürwortenden Frauen-Komitees, Kathrin Bertschy (glp, BE).

Zusätzliche Aufmerksamkeit erhielt die AHV21-Abstimmung Ende Mai, als das BSV die neuen Finanzperspektiven der AHV herausgab. So war der Bundesrat in der Botschaft zur AHV21 im August 2019 von einem negativen Betriebsergebnis der AHV im Jahr 2030 von CHF 4.6. Mrd. ausgegangen. Im Juni 2021 hatte das BSV für 2030 ein Defizit von CHF 3.7 Mrd. prognostiziert, in den neusten Finanzperspektiven Ende Mai 2022 war hingegen nur noch von einem Defizit von CHF 1.8 Mrd. die Rede. Das BSV erklärte diese Veränderungen mit dem guten Betriebsergebnis des AHV-Ausgleichsfonds 2021 sowie mit einem stärkeren Beschäftigungs- und Reallohnwachstum als erwartet. Diese Entwicklung zeige auf, dass die AHV in einer «systematische[n] Angstmacherei zulasten der Bevölkerung» schlechtgeredet werde, liess der SGB verlauten. Die NZZ erachtete diese Zahlen trotz der Korrekturen noch immer als schlecht, «die AHV [werde] so oder so ins Minus» rutschen.

Im Juni 2022 entschied die SGK-SR, dass ihr Entwurf zur Pensionskassenreform BVG21 noch nicht reif für die Behandlung in der Herbstsession 2022 sei. Die Gegnerinnen und Gegner der AHV21-Reform sahen darin einen Versuch, kritische Debatten zur BVG21-Reform vor der Abstimmung über die AHV21 zu verhindern. Doch auch Befürwortende der AHV21-Reform störten sich an diesem Vorgehen der Kommission, zumal man bei einer Behandlung der BVG21-Reform den Frauen hätte zeigen wollen, dass man als Ausgleich zur Rentenaltererhöhung wie mehrfach versprochen ihre Pensionskassenrenten erhöhen werde.

Zu medialen Diskussionen führten in der Folge auch die Vorumfragen. Bereits Anfang Mai berichtete die SonntagsZeitung mit Verweis auf eine Umfrage des Marktforschungsinstituts Demoscope, welche gemäss SonntagsBlick von den Befürwortenden in Auftrag gegeben worden war, dass sich 62 Prozent der SP-Sympathisierenden und 59 Prozent der Sympathisierenden der Grünen für die AHV21 aussprechen wollten. Insgesamt machte die Studie eine Zustimmung zur AHV21 von 55 Prozent aus. Darob publizierte jedoch der SGB die Resultate einer eigenen, zuvor beim Forschungsinstitut Sotomo in Auftrag gegebenen Studie, gemäss welcher die Sympathisierenden der SP die AHV21 zu 63 Prozent ablehnten, während der durchschnittliche Ja-Stimmenanteil über alle Parteien hinweg bei 48 Prozent zu liegen kam. Die Diskussion darüber, wie verlässlich Studien sind, welche von den Befürwortenden respektive der Gegnerschaft einer Vorlage in Auftrag gegeben werden, währte in den Medien jedoch nicht lange. Ab August konzentrierte sich die mediale Debatte auf die Vorumfragen von SRG/gfs.bern und Tamedia/Leewas, welche auf eine mehr oder weniger deutliche Annahme der zwei Vorlagen hindeuteten (Mehrwertsteuererhöhung: zwischen 54 und 65 Prozent, AHVG: zwischen 52 und 64 Prozent). Vor allem zeichnete sich in den Vorumfragen aber bereits ein deutlicher Geschlechtergraben ab, so sprachen sich beispielsweise Anfang August 2022 in der ersten Tamedia-Umfrage 71 Prozent der Männer für die Änderung des AHVG und somit für die Erhöhung des Frauenrentenalters aus, während diese nur 36 Prozent der Frauen befürworteten.

Hatten die Vorumfragen letztlich doch eine relativ deutliche Annahme beider AHV21-Vorlagen in Aussicht gestellt, wurde es am Abstimmungssonntag für die Gesetzesänderung sehr eng: Mit 50.55 Prozent Ja-Stimmen und gut 31'000 Stimmen Unterschied sprach sich die Stimmbürgerschaft für Annahme der Reform aus. Deutlicher fiel das Verdikt für die Zusatzfinanzierung über eine Mehrwertsteuererhöhung aus (55.07%).


Abstimmung vom 25. September 2022

Änderung des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG; AHV21)
Beteiligung: 52.2%
Ja: 1'442'591 Stimmen (50.5%)
Nein: 1'411'396 Stimmen (49.5%)

Bundesbeschluss über die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer
Beteiligung: 52.2%
Ja: 1'570'813 Stimmen (55.1%)
Nein: 1'281'447 Stimmen (44.9%)

Parolen:
-Ja: SVP, FDP, Mitte, GLP, EVP, EDU; Economiesuisse, SAV, SBV, SGV
-Nein: SP, GPS, PdA, SD; SGB, Travail.Suisse, VPOD
* in Klammern Anzahl abweichender Kantonalsektionen


«Männer haben Frauen überstimmt», titelte in der Folge der «Blick», von einem «eklatante[n] Geschlechtergraben, wie es ihn noch nie gegeben hat», sprach die WOZ. In der Tat zeigten verschiedene Nachbefragungen einen grossen Zustimmungsunterschied zwischen Frauen und Männern. In der Vox-Analyse lag die Zustimmung zur Gesetzesänderung bei den Frauen im Schnitt bei 38 Prozent, bei den Männern bei 64 Prozent – wobei die direktbetroffenen Frauen unter 65 Jahren der Vorlage nur mit 25 Prozent (18-39 Jährige) respektive mit 29 Prozent (40-64 Jährige) zustimmten, die Frauen im Rentenalter hingegen mit 63 Prozent. In der Folge kam es in Bern und anderen Städten zu Demonstrationen, in denen Teile der Gegnerinnen der Vorlage ihre Wut über das Ergebnis ausdrückten. In einer Rede zeigte sich Tamara Funiciello (sp, BE) gemäss Medien empört darüber, dass «alte, reiche Männer» entschieden hätten, dass «Kita-Mitarbeiterinnen, Nannys, Reinigungskräfte und Pflegefachfrauen» länger arbeiten müssten. Dies führte im Gegenzug zu Unmut bei Vertreterinnen und Vertretern der bürgerlichen Parteien, welche kritisierten, dass «die Linke» den Stimmentscheid nicht akzeptieren wolle. Zudem sprach Regine Sauter (fdp, ZH) Funiciello die Berechtigung ab, im Namen aller Frauen zu sprechen, zumal Frauen keine homogene Masse bildeten. Funiciello hingegen betonte gemäss Tages-Anzeiger, dass es «für Verbesserungen [...] den Druck von der Strasse und den Dialog im Bundeshaus» brauche.

Doch nicht nur zwischen den Geschlechtern, auch zwischen den Sprachregionen zeigten sich bereits am Abstimmungssonntag grosse Unterschiede. Sämtliche mehrheitlich romanischsprachigen Kantone lehnten die Reform ab, allen voran die Kantone Jura (29% Ja-Stimmen), Neuenburg (35%) und Genf (37%), während sich nur drei deutschsprachige Kantone mehrheitlich gegen die Reform des AHV-Gesetzes aussprachen (Basel-Stadt: 47% Zustimmung; Solothurn: 49.8%, Schaffhausen: 50.0%). Die höchste Zustimmung fand sich in den Kantonen Zug (65%), Nidwalden (65%) und Appenzell-Innerrhoden (64%). «Die Deutschschweiz sichert die AHV», bilanzierte folglich etwa die NZZ, während SGB-Präsident und Nationalrat Maillard (sp, VD) die Unterschiede zwischen den Sprachregionen kritisierte, neben dem Geschlechtergraben und dem Sprachgraben aber auch einen Einkommensgraben ausmachte. Diese Ergebnisse bestätigte später auch die Vox-Analyse, welche für Personen mit Haushaltseinkommen unter monatlich CHF 3'000 eine deutlich tiefere Zustimmung zur Gesetzesänderung ermittelte als für Personen mit höheren Haushaltseinkommen (unter CHF 3'000: 32%; CHF 3'000-5'000: 49%, CHF 5'000-9'000: 52%, CHF 9'000-11'000: 59%, CHF über 11'000: 60%). Dieselben Unterschiede waren jeweils auch bei der Mehrwertsteuererhöhung erkennbar, wenn auch in geringerem Ausmass.

Als Motive für ihren Stimmentscheid machte die Vox-Analyse bei den Befürwortenden die Notwendigkeit zur Stabilisierung der AHV aus – sowohl bei der Gesetzesänderung (41%) als auch bei der Mehrwertsteuererhöhung (64%) wurde dieser Punkt häufig genannt. Zusätzlich erachteten aber die Befürwortenden die Gesetzesänderung – also wohl vor allem die Rentenaltererhöhung – auch als Schritt hin zur Gleichberechtigung (45%). Die Gegnerinnen und Gegner erachteten sowohl die Gesetzesänderung als ungerecht (84%), insbesondere im Hinblick auf die Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern, als auch auf die Mehrwertsteuererhöhung (46%), die vor allem einkommensschwache Personen treffe und allgemein ein «schlechtes Finanzierungsmittel» (Vox-Analyse) darstelle.

Bereits am Tag nach der Volksabstimmung zur AHV21 schwenkte das mediale Interesse weg von der Reform der AHV hin zur BVG21-Reform. Denn nicht nur die Gegnerinnen und Gegner der AHV21-Reform, sondern auch weite Teile der Befürwortenden wiesen auf die Verpflichtung oder gar das «Versprechen» (AZ) hin, die mit dieser Annahme der Reform einhergingen: Im Gegenzug müsse das Bundesparlament die Benachteiligung der Frauen bei der Altersvorsorge im Rahmen der anstehenden BVG21-Reform korrigieren.

Reform «Stabilisierung der AHV (AHV 21)» (BRG 19.050)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter
Dossier: Erhöhung des Rentenalters

Anfang Dezember 2021 reichten Marco Chiesa (svp, TI; Mo. 21.4376) im Ständerat und die SVP-Fraktion im Nationalrat (Mo. 21.4364) zwei identische Motionen mit dem Titel «Keine Kandidatur für den UNO-Sicherheitsrat» ein, die den Bundesrat dazu aufforderten, auf die Schweizer Kandidatur für den nichtständigen Sitz im Sicherheitsrat zu verzichten. Die Motionäre begründeten ihr Anliegen damit, dass Kapitel VII der UNO-Charta nebst nichtmilitärischen Sanktionen auch militärische Interventionen vorsehe, welche durch die Sicherheitsratsmitglieder getragen werden müssten. Derartige Massnahmen seien weder mit der Schweizer Neutralität, noch mit ihrer Unabhängigkeit vereinbar. Darüber hinaus würde die spezielle Bedeutung der schweizerischen «Guten Dienste» untergraben und die Schweiz müsste sich zu komplexen Problemen äussern, zu deren Lösung sie ausserhalb des Sicherheitsrats mehr beitragen könne. Der Bundesrat beantragte die Ablehnung beider Motionen und argumentierte in seiner Stellungnahme, dass eine Sicherheitsratsmitgliedschaft im Interesse der Schweiz sei. Sie verschaffe der Schweiz Zugang zu wichtigen Regierungen, zudem könne man sich dadurch stärker für Frieden, Sicherheit und eine regelbasierte internationale Ordnung einsetzen. Das Mandat sei auch mit der Schweizer Neutralität vereinbar, weil der Sicherheitsrat keine Streitpartei sei und die Schweiz bereits als Nichtmitglied dessen Entscheide umsetzen müsse. Ausserdem eröffne die Mitgliedschaft neue Möglichkeiten, um Gute Dienste anzubieten wie die Beispiele Deutschlands und Schwedens gezeigt hätten.
Im Rahmen der ausserordentlichen Session zur UNO-Sicherheitsratskandidatur der Schweiz, die auf Antrag der SVP im März 2022 durchgeführt wurde, lehnte der Ständerat den Vorstoss von Chiesa mit 27 zu 11 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) ab. Nebst den Ratsmitgliedern der SVP stimmten auch einige Mitte-Politiker und Politikerinnen dafür. Ähnliches ereignete sich im Nationalrat, wo die Motion der SVP-Fraktion mit 125 zu 56 Stimmen (bei 8 Enthaltungen) abgelehnt wurde. Diese Abstimmungen stellten den Schluss der ausserordentlichen Session dar.

Keine Kandidatur für den UNO-Sicherheitsrat (Mo. 21.4364 und Mo. 21.4376)
Dossier: Schweizer Sitz im UNO-Sicherheitsrat

Zwischen April und Juli 2017 fand die Vernehmlassung zur Änderung des AHVG zur Modernisierung der Aufsicht in der 1. Säule und Optimierung in der 2. Säule der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge statt. 73 Organisationen, darunter alle Kantone sowie die KdK, vier in der Bundesversammlung vertretene Parteien sowie verschiedene Verbände der Wirtschaft, Fachverbände oder Durchführungsstellen, beteiligten sich an der Vernehmlassung, wie das BSV in seinem erst im August 2019 erschienenen Ergebnisbericht zur Vernehmlassung erklärte. Der Bundesrat definierte in seiner Botschaft vier Hauptpunkte der Revision: die risiko- und wirkungsorientierte Aufsicht, die Verbesserung der Governance in der 1. Säule, die Steuerung und Aufsicht über Informationssysteme und die punktuelle Optimierung der 2. Säule.
9 Kantone unterstützten die Änderungen zur 1. Säule grundsätzlich; 14 weitere Kantone fürchteten trotz ihrer eigentlichen Zustimmung um die kostengünstige Durchführung der Aufsicht. Die SP – und mit ihr der SGB und Travail.Suisse – hielt eine Anpassung des Systems insgesamt für angemessen, die CVP befürwortete eine Beschränkung der Gesetzesänderung auf alle Aspekte zur Modernisierung der Aufsicht. Die FDP und die SVP lehnten die Änderung ab, da sie punktuelle Korrekturen bevorzugen würden und die Kosten der Revision fürchteten. Letztere Ansicht teilten auch der Arbeitgeberverband und der Bauernverband, Centre Patronal und FER. Die Vorsorge- und Versicherungseinrichtungen forderten insbesondere eine Beibehaltung des bisherigen, dezentralen Systems. Zahlreiche unterschiedliche Organisationen (verschiedene Kantone, die FDP oder Mitglieder des SGV) kritisierten überdies die starke Konzentration der Vorlage auf operative Fragen. Grösstenteils auf Zustimmung stiessen hingegen die Massnahmen in der 2. Säule.

Aufsicht in der 1. Säule (BRG 19.080)

Die AUNS räumte ihren Sitz in Bern und zog nach Lauterbrunnen, wie die Presse im März 2019 berichtete. Damit wolle die Organisation Mietkosten sparen, wie Präsident Lukas Reimann (svp, SG) bekannt gab. Die Medien deuteten den Umzug der AUNS, die bereits seit einiger Zeit mit finanziellen Schwierigkeiten und Mitgliederschwund zu kämpfen hatte, unterdessen als «stille[n] Abschied einer notorisch laute[n] Organisation» (Sonntags-Blick) oder gar als «geordneten Rückzug» und drohenden «Abstieg in die Bedeutungslosigkeit» (Aargauer Zeitung).
Auf die Frage, ob es den Verband überhaupt noch brauche, gab sich Reimann gegenüber der Medien jedoch entschieden zuversichtlich: Der neue Sitz abseits von Bern passe sogar besser zum Verband, erklärte er, «wir gehen nun ins Réduit». Und dass die AUNS noch immer eine treibende Kraft hinter der SVP sei, so Reimann weiter, sehe man daran, dass ohne AUNS die Initiative gegen die Personenfreizügigkeit wohl kaum zustande gekommen wäre. Wenn es also darauf ankomme, «werde man von der AUNS hören» – auch wenn diese ihren Sitz von der Hauptstadt ins Berner Oberland verlagert hatte.

Die Auns schwächelt

Auf Vorschlag der Bundeskanzlei legte der Bundesrat den Abstimmungstermin für die Volksinitiative „AHVplus: für eine starke AHV“ auf den 25. September 2016 fest. Er entsprach damit nicht dem Wunsch der bürgerlichen Parteien, die Initiative möglichst früh an die Urne zu bringen, damit diese vor der Beratung der Reform der Altersvorsorge 2020 durch den Nationalrat vom Tisch gewesen wäre. Die Kommissionssitzungen zur Reform fanden folglich vor der Volksabstimmung über die Initiative statt, die Plenardebatte begann am Tag nach dem Abstimmungssonntag.

Auf der Befürworterseite formierten sich nebst dem lancierenden Gewerkschaftsbund die SP und JUSO, die Grünen, sämtliche anderen Gewerkschaftsorganisationen sowie verschiedene, jedoch nicht alle Senioren- und Seniorinnenverbände. Wichtigstes Argument der Befürworter war der Umstand, dass die Entwicklung der AHV-Renten nicht mit jener der Löhne Schritt halten könne und gleichzeitig die Lebenskosten, insbesondere für Mieten und Krankenkassen, angestiegen seien, weshalb es eines Ausgleichs bedürfe. Dieser Ausgleich sei mittels der AHV, im Gegensatz zur zweiten Säule, günstig und effizient vorzunehmen. Bei den Pensionskassen sei in den nächsten Jahren dagegen mit Rentenkürzungen von 15 bis 20% zu rechnen, ein weiterer Grund für eine Aufstockung der ersten Säule. Die AHV bezeichneten die Befürworter und Befürworterinnen als nicht nur das gerechteste, sondern aufgrund des Umlageverfahrens auch das sicherste Sozialwerk. An einer Medienkonferenz Ende Juni lancierte das Pro-Komitee seine Kampagne und kündigte an, bis zum Abstimmungstag eine grosse Auswahl an niederschwelligen Anlässen durchzuführen, um eine breite Mobilisierung zu erreichen.

Auf der Gegnerseite fanden sich neben den Bundesbehörden die bürgerlichen Parteien SVP, FDP, CVP, EVP, GLP und BDP sowie die Wirtschaftsverbände (Arbeitgeberverband, Gewerbeverband, Economiesuisse und Bauernverband). Sie warnten, angesichts der demografischen Entwicklung führe die Initiative zu Mehrkosten in unverantwortlicher Höhe und stünde damit vollkommen quer zu den tatsächlichen Entwicklungen. Bis ins Jahr 2030 wäre demnach bei Annahme der Initiative die Finanzierungslücke in der AHV fast doppelt so gross, wie sie es gemäss dem aktuellen Szenario ist, was auf Kosten der jungen Beitragszahlerinnen und -zahler gehen werde. Die Situation der Rentnerinnen und Rentner mit den tiefsten Einkommen würden zudem durch die Initiative kaum verbessert, weil diese ohnehin durch Ergänzungsleistungen unterstützt werden, welche bei einer Anhebung der AHV entsprechend gesenkt würden. Die Erhöhung der AHV sei nicht notwendig, da diese mittels des Mischindex' laufend an die Teuerung und damit an die Lohnentwicklung angepasst würde, und die Aussage der Initiantinnen und Initanten, die Renten der zweiten Säule würden stark sinken und es gelte daher die erste Säule zu stärken, entspreche nicht den Tatsachen. Überhaupt sei eine Gesamtreform der Altersvorsorge angezeigt; punktuelle Massnahmen wie die von der Initiative angestrebte Erhöhung seien keine Lösung. Auch das Gegenkomitee kündigte beim Start der Kampagne eine Reihe von Aktionen an.

Am Umstand, dass nebst den Parteien sämtliche grossen und viele mittlere und kleine Berufs- und Interessenorganisationen zur Initiative Stellung bezogen, lässt sich die zugeschriebene Wichtigkeit der Vorlage ablesen. Dies hängt zweifellos mit der parallel zum Abstimmungskampf im Parlament weiter diskutierten Reform der Altersvorsorge zusammen, deren durch den Bundesrat vorgesehener fein austarierter Massnahmenmix durch eine Annahme der Initiative auf den Kopf gestellt würde.

Im Juli bezog Bundesrat Berset im Namen des Gesamtbundesrates Stellung zur Initiative. Er wies auf die Konsequenzen einer Annahme für die Reform der Altersvorsorge hin, insbesondere da die Rentenerhöhung bereits per Anfang 2018 eingeführt werden müsste, womit wenig Zeit für eine Anpassung der Reform bliebe. Das Defizit der AHV würde rasch ansteigen. Der sozialdemokratische Vorsteher des Innendepartements erklärte an der Medienkonferenz explizit, er habe die Initiative dem Bundesrat zur Ablehnung empfohlen. Damit stellte sich Berset einmal mehr gegen ein Anliegen seiner eigenen Partei, und wiederum erhielt er von den Medien und vielen politischen Akteuren ein gutes Zeugnis für seine Ausführung dieser Aufgabe.

Die erste Tamedia-Umfrage, publiziert Mitte August, zeigte eine Zustimmung von 60% für die Initiative. Dieser hohe Wert überraschte; insbesondere gaben neben den Anhängerinnen und Anhänger des linken Lagers auch SVP- und CVP-Wählende mehrheitlich an, für oder eher für die Initiative zu sein. Auch die erste SRG-Umfrage, eine Woche später publiziert, zeigte einen Ja-Trend, wenn auch weniger deutlich. Die Zustimmung geriet in der Folge ins Bröckeln, womit sich Ende August ein enges Rennen abzeichnete. Die Anzahl der Unentschlossenen blieb vergleichsweise hoch. Mitte September wies die Tamedia-Umfrage ein Gleichgewicht zwischen Befürwortern und Gegnern aus, während die SRG-Umfrage ein Nein vorhersagte. Erstere zeigte zudem einen deutlichen Altersgraben: Während jüngere Stimmbürgerinnen und Stimmbürger der Initiative klar kritisch gegenüberstanden, gaben ältere ebenso klar an, sie annehmen zu wollen. Angesichts der Übermacht älterer Stimmender an der Urne war deshalb vereinzelt der Begriff der „Gerontokratie" zu vernehmen.

Am 25. September 2016 legten schliesslich bei einer als durchschnittlich einzustufenden Stimmbeteiligung rund 41% der Stimmenden ein Ja, 59% ein Nein in die Urne. Nur in den Kantonen Jura, Neuenburg, Genf, Tessin und Waadt traf die Initiative auf Zustimmung, womit sich annähernd ein Röstigraben ergab. Besonders deutlich wurde die Initiative in ländlichen Gebieten der Deutschschweiz abgelehnt. Das Nein der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger wurde im Allgemeinen als Anschub für die anstehende Rentendebatte gedeutet, wobei Uneinigkeit darüber herrschte, ob die Position der Linken dadurch geschwächt wurde.


Abstimmung vom 25. September 2016

Beteiligung: 43,13%
Ja: 921'375 (40,60%) / Stände: 5
Nein: 1'348'032 (59,40%) / Stände: 15 6/2

Parolen
– Ja: SP, GPS; SGB, Travail.Suisse
– Nein: SVP (1*), CVP, FDP, GLP, BDP, EVP; Economiesuisse, SGV, SAV
* In Klammern Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Volksinitiative „AHVplus: für eine starke AHV“

In ihrer ersten Sitzung nahm die nach den Nationalratswahlen neu zusammengesetzte SPK-NR den Entscheid ihrer Vorgängerin hinsichtlich der Regelung zur Bestimmung des Erstrates wieder zurück. Sie beugte sich damit dem Argument der ständerätlichen Kommission (SPK-SR), die gegen ein Folge geben der parlamentarischen Initiative der SVP-Fraktion eingetreten war. Das Begehren der Volkspartei will, dass nicht die Ratspräsidien abschliessend entscheiden, welcher Rat sich als Erstrat über wichtige Bundesratsgeschäfte beugt, sondern die Kommissionspräsidien und bei Uneinigkeit die Koordinationskonferenz. Die Kommissionsmehrheit empfahl ihrem Rat entsprechend, der parlamentarischen Initiative keine Folge zu geben. Die SVP machte sich in der nationalrätlichen Debatte, die zu Beginn der Sommersession 2016 stattfand, zwar noch einmal für ihren Vorschlag stark, stand allerdings mit 68 zu 122 Stimmen bei 2 Enthaltungen fast alleine da. Einzig Christian Lohr (cvp, TG) unterstützte zusammen mit der SVP-Fraktion den Minderheitsantrag.

Bestimmung des Erstrats

In der Maisession 2016 befasste sich der Nationalrat mit der parlamentarischen Initiative der SVP-Fraktion zur Erhöhung der Voraussetzungen für den AHV-Rentenbezug. Im Gegensatz zu ihrer ersten Beratung des Geschäftes empfahl die Mehrheit der SGK-NR mittlerweile, der Initiative keine Folge zu geben. Eine Minderheit Clottu (svp, NE) setzte sich für Folge geben ein. Der Fraktionssprecher der SVP verwies auf die Sozialsysteme anderer europäischer Länder, in der der Zugang zu einer Altersrente noch deutlich strikter geregelt sei, als dies der Vorstoss verlange. Zudem würden Menschen aus anderen Ländern nicht die Zurückhaltung der Schweizerinnen und Schweizer betreffend des Bezugs von Sozialleistungen kennen, was zu Problemen führe. Die Mehrheitssprecherin erklärte, aufgrund der Anwendbarkeit der beabsichtigten Regelung auch auf Schweizerinnen und Schweizer ergebe sich hier, im Gegensatz zu den beiden anderen Vorstössen des SVP-Dreierpakets (vgl. auch die Pa.Iv. 14.426 und 14.427), kein Konflikt mit dem Personenfreizügigkeitsabkommen. Jedoch halte dieses fest, dass Sozialversicherungsbeiträge, welche in einem der Vertragsländer geleistet wurden, in allen anderen angerechnet werden müssen. Da die allermeisten Eingewanderten aus der EU in ihrem früheren Aufenthaltsland bereits Beiträge bezahlt haben, wäre die Initiative wirkungslos, so die Ausführungen. Es wäre jedoch aufwändig, das Vorhandensein solcher früherer Zahlungen zu überprüfen, womit angesichts der sehr tiefen monatlichen Minimalrente von CHF 53 die Einsparungen rasch überkompensiert würden. Aus diesen Gründen empfahl die Kommission mit 14 zu 8 Stimmen, die parlamentarische Initiative abzulehnen. Dem folgte das Plenum mit 118 zu 72 Stimmen ohne Enthaltung, wobei sich die geschlossene SVP-Fraktion und eine kleine Minderheit der FDP-Liberalen Fraktion für den Vorstoss aussprach. Alle anderen Fraktionen stimmten geschlossen dagegen.

Voraussetzung für den AHV-Rentenbezug erhöhen

Die Entscheidung, welcher Rat in welchem Geschäft Erstrat sein soll, obliegt den beiden jeweiligen Präsidierenden der beiden Kammern. Die Zuweisung ist auch deshalb von Bedeutung, weil der Erstrat das Terrain für einen Entscheidungsprozess abstecken kann und der Zweitrat in der Regel hier nicht noch einmal alles neu definiert. In der Regel führen die Entscheidungen der Präsidien kaum zu Diskussionen. Eine Ausnahme bildete die Zuweisung der "Altersvorsorge 2020", die den Ständerat als Erstrat vorsah. Das politische Feld für die umstrittene Reform wird somit von Kommissionsmitgliedern abgesteckt, die seit längerer Zeit im Amt und dafür bekannt sind, sachpolitische Kompromisse vor Parteiideologien zu stellen. Zu diskutieren gab, dass der Ständerat die wichtige Reform noch vor den Wahlen diskutierte und sich hier einige altgediente – und für 2015 nicht mehr kandidierende – Ständeräte aus der Gesundheitskommission ein letztes Mal einbringen wollten.
Diese Ausgangslage veranlasste die SVP-Fraktion zu einer parlamentarischen Initiative, mit welcher sie verlangt, dass bei bundesrätlichen Beratungsgegenständen nicht mehr die Ratspräsidien alleine über die Vergabe des Erstrates entscheiden dürfen, sondern die Präsidien der entsprechenden Kommissionen konsultieren müssen. Auf Antrag der Kommissionspräsidentin oder des Kommissionspräsidenten müsste der endgültige Entscheid für die Bestimmung des Erstrats dann von der Koordinationskonferenz gefällt werden.
Während die SPK-NR der Initiative mit 12 zu 6 Stimmen bei 3 Enthaltungen noch Folge gab, lehnte ihre Schwesterkommission diese mit 11 zu 1 Stimmen und der Begründung ab, dass ein Einzelfall nicht genüge, um die bewährte Regelung zu ändern. Die Bestimmung des Erstrates müsse aufgrund der Belastung der Räte und Kommissionen entschieden werden und dürfe nicht "verpolitisiert" werden.

Bestimmung des Erstrats

Im Herbst 2015 befassten sich die beiden Kommissionen für soziale Sicherheit und Gesundheit mit einer parlamentarischen Initiative der SVP-Fraktion zur Erhöhung der Voraussetzungen für den AHV-Rentenbezug. Der Vorstoss war Teil eines Dreierpakets, mit welchem die SVP den Zugang von Ausländerinnen und Ausländern zu AHV, Invalidenversicherung und Ergänzungsleistungen erschweren wollte. Konkret forderte die parlamentarische Initiative, dass nur jene Personen eine ordentliche Rente der AHV beziehen können, welchen für mindestens zwei volle Jahre Einkommen, Erziehungs- oder Betreuungsgutschriften angerechnet werden können, sowie deren Hinterlassenen. Damit solle verhindert werden, dass Personen missbräuchlich kurz vor der Pensionierung in die Schweiz einwandern, um anschliessend vom gut ausgebauten Schweizer Sozialsystem zu profitieren, so die Begründung. Da die Regelung auch für Schweizerinnen und Schweizer gelten würde, verstösst sie im Gegensatz zu jenen der beiden anderen SVP-Vorstösse nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im Personenfreizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU. Ende August gab die SGK-NR der parlamentarischen Initiative Folge, im November verweigerte die SGK-SR jedoch ihre Zustimmung, womit das Geschäft ans Plenum des Nationalrats ging.

Voraussetzung für den AHV-Rentenbezug erhöhen

Die Vernehmlassung zur Reform der Altersvorsorge 2020 dauerte bis Ende März 2014. Am Vernehmlassungsverfahren beteiligten sich alle Kantone, alle grösseren Parteien, die eingeladenen Spitzenverbände der Wirtschaft und diverse Organisationen von Versicherten und Versicherern. Insgesamt gingen 168 Stellungnahmen ein. Ein Grossteil äusserte sich unter anderem zur Revision als Ganzes, wovon rund drei Viertel deren grundsätzliche Stossrichtung – eine gemeinsame Betrachtung der 1. und 2. Säule – begrüssen. Dazu gehören die bürgerlichen Mitteparteien mit Ausnahme der FDP und eine Mehrheit der Kantone, wobei einige jedoch starke Kostenfolgen befürchten. Der Freisinn beurteilt die Reform äusserst kritisch: Umfangreichen Mehreinnahmen stünden nur geringe Einsparungen gegenüber. Damit sei die Reform chancenlos. Ein ausgewogener Kompromiss hätte dagegen Erfolgschancen. Die SVP lehnt die Stossrichtung der Reform aus ähnlichen Überlegungen dagegen grundsätzlich ab und schlägt eine Aufteilung in drei Pakete vor. Arbeitgeberverband, Economiesuisse und Gewerbeverband kritisierten das Paket als überladen und zu stark auf Mehreinnahmen fokussierend; erstere forderten eine Erhöhung des Rentenalters, um die Rentenhöhe erhalten zu können. SP und Grüne sowie der Gewerkschaftsbund plädierten für eine Stärkung bzw. Erhaltung der 1. Säule; die Interessen der Versicherten müssten im Mittelpunkt stehen. Der Gewerkschaftsbund lehnt zudem eine Staffelung der Reform explizit ab, ebenso jegliche Erhöhungen des Rentenalters und die Senkung des Umwandlungssatzes in der 2. Säule. Weiter bemängelten linke Parteien, Gewerkschaften und Frauenorganisationen, die Einsparungen fielen einseitig zulasten der Frauen aus.
Die im Vernehmlassungsverfahren geäusserten Standpunkte entsprachen weitgehend den bereits zuvor öffentlich bezogenen Positionen. Die stark divergierenden Forderungen der verschiedenen Akteure führten rasch zur Befürchtung, die Reform werde im Parlament scheitern und damit weitere kostbare Zeit für eine Neuaufgleisung der Altersvorsorge ungenutzt verstreichen. Im Juni entschied der Bundesrat, das Reformpaket voranzutreiben und noch im Jahr 2014 eine Botschaft auszuformulieren. Dabei sollten einige kleinere Korrekturen zum Vernehmlassungsentwurf vorgenommen werden: Die Mehrwertsteuer-Erhöhung zugunsten der AHV soll auf maximal 1,5 anstelle von 2 Prozentpunkten beschränkt werden, die bereits seit 1999 erhobenen MWSt.-Anteile für die AHV sollen an diese zweckgebunden und der Bundesbeitrag im Gegenzug entsprechend gesenkt werden, und der Koordinationsabzug im obligatorischen Teil der 2. Säule soll abgeschafft werden. Der Bundesrat gab jedoch an, er wolle sich in der Botschaft in weiten Teilen an den Vorentwurf halten, was umgehend auf Kritik stiess. So soll insbesondere an der Behandlung der Reformen der 1. und 2. Säule in einem einzigen Paket festgehalten werden, ebenso an der Abschaffung von Witwenrenten für Frauen ohne minderjährige Kinder. In der Folge war in der Presse zunehmend von einer drohenden Rückweisung der Vorlage durch das Parlament an den Bundesrat die Rede, damit dieser sie in einzelne, kleinere Pakete aufteilen würde. Mitte November wurde bekannt, dass der Entwurf zuerst in den Ständerat kommen würde, was Innenminister Bersets Wunsch entsprechen dürfte. Während die rückweisungswilligen Parteien SVP, FDP und BDP im Nationalrat mehrheitsfähig sind, dürfte im Ständerat die in dieser Sache kompromissbereitere CVP eine Schlüsselrolle spielen. Zudem äusserten sich verschiedene Ständeratsmitglieder der Mitteparteien skeptisch gegenüber einer diskussionslosen Rückweisung, welche zu unnötigen Verzögerungen führen würde. Nichtsdestotrotz erklärten diverse Medien die Reformvorlage bereits für gescheitert, sprachen sich doch auch die bürgerlichen Sozialpolitikerinnen und -politiker im Ständerat für eine Auftrennung der Reform in ihre Bestandteile aus, wobei sie diese jedoch selbst vornehmen und nicht dem Bundesrat überlassen wollten. Einer ebenfalls Mitte November publizierten repräsentativen Umfrage zufolge, welche GfS Bern im Auftrag von Pro Senectute duchgeführt hatte, würden sich 62% der Stimmberechtigten (Stichzeitpunkt Ende September bzw. Anfang Oktober 2014) deutlich oder eher für die Rentenreform aussprechen und nur 28% klar oder eher dagegen.

Reform «Altervorsorge 2020» (BRG 14.088)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter
Dossier: Erhöhung des Rentenalters
Dossier: Koordinationsabzug und Eintrittsschwelle BVG

Auch aufgrund der Schwierigkeiten bei der Umsetzung verschiedener angenommener Initiativen dachte die SVP laut über die Lancierung einer Volksinitiative nach, mit der das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht zugunsten von letzterem definiert werden soll. Das Bundesgericht passe sich schleichend der internationalen Rechtsprechung an, liess sich Parteipräsident Brunner vernehmen. Deshalb müsse der Vorrang des direktdemokratisch legitimierten Schweizer Rechts verankert werden. Fremde Richter dürften nicht akzeptiert werden. Neben einer Volksinitiative könne sich die SVP auch vorstellen, mittels parlamentarischer Vorstösse eine Sistierung oder gar Kündigung der Europäischen Menschenrechtskonvention anzustreben. Ende April forderte die Partei, dass künftig die Bundesversammlung die Schweizer Vertretung am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nominieren solle. Mitte August präsentierte die SVP ein Positionspapier, in welchem die nicht vorhandene demokratische Legitimation des Völkerrechts als Grund für eine notwendige Reaktion auf den Trend der schleichenden Entmündigung des Schweizer Volkes angeführt wurde. Das Papier wurde parteiintern in die Vernehmlassung geschickt, um mögliche Massnahmen zu diskutieren.

Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht

Au mois de juin 1992, la Suisse refusait son entrée dans l’EEE avec 50.3% des voix. L’anniversaire de ce refus, célébré notamment par l’UDC, a été largement commenté dans les médias.

Anniversaire de la votation sur l’EEE

Der Nationalrat lehnte eine Motion der SVP ab, welche einen Austritt der Schweiz aus der OECD forderte, sofern diese das Einstimmigkeitsprinzip nicht achte. Das Begehren hatte jedoch ausserhalb der für die Motion verantwortlichen Partei keine Chance und wurde mit 114 zu 54 Stimmen verworfen.

Austritt der Schweiz aus der OECD

Im Zusammenhang mit dem Einsatz der Nato zum Schutz der Zivilbevölkerung in Libyen und auf Basis der Resolution 1973 des UNO-Sicherheitsrats, welche die Schweizer Landesregierung offiziell zur Kenntnis genommen hatte, erteilte der Bundesrat im März einem Konvoi von britischen Militärfahrzeugen die Erlaubnis zur Durchfahrt der Schweiz. Dies rief von seiten der SVP Kritik hervor, welche das Vorgehen des Bundesrats als Aushöhlung der Neutralität wertete. Die Landesregierung argumentierte, dass der Sicherheitsrat das Mandat für den Einsatz erteilt habe. Im selben Monat erteilte das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) der Nato auch die Erlaubnis zum Überflug des schweizerischen Territoriums.

Erlaubnis zur Durchfahrt für britische Militärfahrzeuge im Rahmen des NATO-Einsatzes in Libyen

In Baar (ZG) sprachen sich im August die Delegierten einstimmig dagegen aus, einen Teil der zukünftigen Nationalbankgewinne an die AHV fliessen zu lassen, wie dies die Kosa-Initiative verlangte. Auch die Ablehnung des Kinderzulagengesetzes, gegen welches der Gewerbeverband das Referendum ergriffen hatte, fiel mit 426:3 Stimmen sehr deutlich aus. Verabschiedet wurde ausserdem das Positionspapier „Zehn Gebote für einen gesunden Staatshaushalt“, das ein hartes Sparprogramm zur finanziellen Sanierung des Bundes und die Beschränkung der Tätigkeit des Bundes auf einige Kernaufgaben fordert.

SVP Parolen zu den eidgenössischen Abstimmungen vom 24.09.06

In der Sommersession behandelte der Nationalrat als erster das neue Bundesgesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit. Das Gesetz baut auf vier Pfeilern auf: Die Kantone sollen durch Delegation an die Gewerbepolizei oder die tripartiten Kommissionen Kontrollstellen schaffen; weiter soll die Koordination zwischen den Behörden verbessert werden; ferner müssen ertappte Arbeitgeber mit Sanktionen rechnen; letztlich sollen Erleichterungen für die Abrechnung der Sozialabgaben bei geringfügiger Beschäftigung in kleinen Firmen und Privathaushalten die Anreize zur Schwarzarbeit senken. In der Eintretensdebatte waren sich alle Parteien mit dem Bundesrat einig, dass Schwarzarbeit kein Kavaliersdelikt ist. Sie entzieht der AHV und anderen Sozialversicherungen Mittel, sie benachteiligt die ehrlichen Unternehmer, und sie höhlt den Schutz der Arbeitnehmenden aus. Gegen das neue Gesetz wandte sich nur die äusserste Linke, die sich für eine vollständige Regularisierung aller bisher schwarz Arbeitenden, insbesondere der so genannten Sans-papiers, aussprach. Doch mit 124 zu 4 Stimmen hatte der entsprechende Nichteintretensantrag Zisyadis (pda, VD) keine Chance. Erfolglos waren in der Detailberatung auch weniger weit gehende Massnahmen, welche den schwarz Arbeitenden die Durchsetzung von Lohnansprüchen im nachhinein erleichtert hätten. An der bürgerlichen Mehrheit scheiterte auch der Vorschlag der SP, Papierlose nach einem Jahr illegaler Arbeit in der Schweiz von einer Amnestie profitieren zu lassen.

Unbestritten war, dass Schwarzarbeit im Wiederholungsfall happig bestraft werden soll. Den fehlbaren Arbeitgebern droht Busse bis zu einer Mio. CHF und Gefängnis bis zu fünf Jahren. Am meisten zu reden gaben die etwas indirekteren zusätzlichen Sanktionen gegen fehlbare Arbeitgeber. Von den Vorschlägen des Bundesrates und der vorberatenden Kommission fand lediglich die Bestimmung bei der bürgerlichen Mehrheit Gnade, wonach Unternehmen, vor allem in der Baubranche, die «schwerwiegend» gegen das Gesetz verstossen, während fünf Jahren von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden können. In anderen Punkten gelang den Bürgerlichen hingegen eine Entschärfung des Entwurfs. Erstens sollten die von Aufträgen ausgeschlossenen Firmen nicht öffentlich genannt werden. Vergeblich argumentierte die SP, dass dadurch die Transparenz verschlechtert werde. Zweitens sollten Bauern, die illegal Personal beschäftigen, auch künftig keine Kürzung ihrer Subventionen zu befürchten haben. Ein erfolgreicher Minderheitsantrag aus der FDP begründete die Schonung der fehlbaren Landwirte damit, dass der Entzug der Subventionen für viele Bauernbetriebe «existenzbedrohend» wäre. Drittens sollten Firmen auch zukünftig kaum mit nachträglichen Lohnklagen illegal Beschäftigter rechnen müssen. Denn ein entsprechendes Klagerecht der Gewerkschaften, das die Kommission noch ins Gesetz eingefügt hatte, wurde im Plenum wieder gestrichen. Abgelehnt wurde aber auch der Antrag der SVP, dass die Steuer- und Sozialversicherungsbehörden schon bei einem blossen Verdacht auf illegalen Aufenthalt die Ausländerbehörde informieren müssen. Die Ratsmehrheit hielt dem erfolgreich entgegen, dass den Behörden damit Polizeiaufgaben aufgebürdet würden. Angesichts der mehrfach von Rechts und von Links geäusserten Unzufriedenheit wurde das Gesetz überraschend deutlich mit 128 zu 24 Stimmen verabschiedet.

Bekämpfung der Schwarzarbeit Verstärkung der Kontrollen Verschärfung der Sanktionen

Da es sich bei Mehrwertsteueranpassungen um Verfassungsänderungen handelt, unterstand der Finanzierungsbeschluss dem obligatorischen Referendum. Die Vorlage wurde dem Volk am gleichen Abstimmungswochenende wie die 11. AHV-Revision unterbreitet, gegen welche die Linke das Referendum ergriffen hatte. Obgleich die FDP-Fraktion der Finanzierungsvorlage als Teil eines ausgewogenen Ganzen zugestimmt hatte, bröckelte die freisinnige Zustimmung angesichts der Opposition der Wirtschaft in den Wochen vor der Abstimmung zusehends. Schliesslich gab die Partei die Nein-Parole aus. Als Hauptargument nannte sie ihre Ablehnung von „Steuern auf Vorrat“ sowie das Zustandekommen des Referendums gegen die 11. AHV-Revision. Beobachter bezeichneten die Begründung allerdings als etwas fragwürdig: Das Mehrwertsteuerprozent sollte erst erhoben werden, wenn es wegen der demographischen Entwicklung wirklich nötig ist. Zudem hätte die tatsächliche Einführung einen Parlamentsbeschluss benötigt, gegen den das Referendum hätte ergriffen werden können. Die SVP hatte von Anbeginn erklärt, dass sie die Mehrwertsteuererhöhung bekämpfen werde und zur Sicherung der AHV-Finanzierung auf das Nationalbankgold setzen wolle. Als dann auch noch ein Teil der Gewerkschaftsbewegung ein Fragezeichen hinter die „unsoziale“ Erhöhung der Mehrwertsteuer setzte, schien das Schicksal der Vorlage besiegelt. Es zeigte sich, dass es fatal gewesen war, die beiden Finanzierungsbeschlüsse zu AHV und IV nicht aufzusplitten, wie dies der Ständerat vorerst angeregt hatte; eine differenzierte Stimmabgabe war unter diesen Voraussetzungen nicht möglich.

11. AHV-Revision (BRG 00.014)
Dossier: 11. AHV-Revision (1991-2004; 2005-2010)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Nach dem Scheitern der Solidaritätsstiftung in der Volksabstimmung begann sofort der Wettbewerb der Vorschläge, wie die Erträge aus den Goldverkäufen der Nationalbank denn sonst zu verteilen und zu verwenden seien. Dabei tauchte die Idee einer Neuauflage der Solidaritätsstiftung nicht mehr auf. Die FDP, und nach einigem Zögern auch die CVP sprachen sich für die Anwendung der normalen Verteilungsformel für Nationalbankgewinne aus (zwei Drittel Kantone, ein Drittel Bund). Diese Position machte sich auch die Konferenz der Kantonsregierungen zu eigen und wurde von den Kantonen Jura, Obwalden und Solothurn mit Standesinitiativen bekräftigt. Nach Ansicht des Eidg. Finanzdepartements bräuchte es aber auch dazu einen speziellen referendumsfähigen Beschluss, da es sich um aussergewöhnliche Erträge handle. Im Parlament wurden in Bezug auf die Verwendung der Mittel verschiedene Vorstösse deponiert. So verlangten die Freisinnigen Merz (AR) und Favre (VD) in gleichlautenden Motionen in den beiden Räten, dass die Erträge zum Schuldenabbau verwendet werden müssen. Ein weiterer Freisinniger (Dupraz, GE) schlug hingegen mit einer parlamentarischen Initiative eine analoge Verteilung wie das eben abgelehnte Gegenprojekt vor, nur dass anstelle einer Solidaritätsstiftung ein Forschungsfonds alimentiert werden soll. Ebenfalls mit einer parlamentarischen Initiative forderte der Christlichsoziale Fasel (FR) die vollumfängliche Verwendung der Erträge durch den Bund für die Erhöhung der Kinderzulagen. Die SVP hielt an ihrer ursprünglichen Idee fest, primär die AHV zu begünstigen. Sie reichte eine parlamentarische Initiative ein, welche einen Drittel der Erträge den Kantonen und zwei Drittel der AHV zukommen lassen will. Eine identische Verteilung schlug der Genfer Nationalrat Grobet (alliance de gauche) ebenfalls mit einer parlamentarischen Initiative vor. Die SP hat sich noch nicht definitiv festgelegt; bevorzugt aber Lösungen, welche neben der AHV auch Forschung und Bildung von den Erträgen profitieren lassen. Schliesslich konnte ein vor allem von SP-Politikern getragenes Komitee, das in der Endphase der Unterschriftensammlung aktive Unterstützung durch die SP erhalten hatte, seine Volksinitiative für eine Zuweisung der ordentlichen Jahresgewinne der Nationalbank an die AHV (abzüglich eines Betrags von 1 Mia. Fr. für die Kantone) einreichen.

Indirekter Gegenvorschlag der Bundesversammlung „Gold für AHV, Kantone und Stiftung“ (BRG 00.042)
Dossier: Verwendung der nicht mehr benötigten Goldreserven der SNB

Le texte de l’initiative accepté aux chambres, le Conseil fédéral a inscrit au 3 mars 2002 la votation sur son objet. La campagne s’est ouverte sur l’annonce par le gouvernement d’un budget de 1,2 million de francs pour la promotion de l’initiative. Au même moment, il a publié comme promis la demande d’adhésion stipulant notamment que «la Suisse est un Etat neutre» et que «la neutralité d’un Etat membre est compatible avec les obligations de la Charte des Nations Unies». Du côté de l’économie, un front massif a réuni entre autres Economiesuisse et l’Union suisse des arts et métiers (USAM). En fin d’année, l’USS s’est prononcée en faveur de l’adhésion. Chez les opposants, l’UDC a pu s’appuyer sur le soutien de ses membres, refusant l’horizon onusien par 389 voix contre 44 lors de l’assemblée des délégués. Samuel Schmid, pour le gouvernement, a réfuté les arguments de Christoph Blocher selon lesquels une adhésion serait synonyme d’un alignement aveugle sur les actions militaires de l’ONU. Le président du parti, Ueli Maurer, a rappelé que la non-adhésion figurait au programme de l’UDC depuis des années.

Initiative populaire «pour l'adhésion de la Suisse à l'Organisation des Nations Unies (ONU)»
Dossier: UNO-Beitritt

Acceptée par le Conseil fédéral en 2000, l’initiative populaire «pour l’adhésion de la Suisse à l’Organisation des Nations Unies» a animé le débat politique suisse au cours de l’année. En première étape de consultation parlementaire, la nouvelle initiative a recueilli l’assentiment du Conseil des Etats. Un résultat tranché 37 oui, 2 non qui faisait écho au très net agrément, quelques jours plus tôt, de la commission des affaires extérieures de la même chambre 11 voix contre 1. A la Chambre des cantons, seules deux voix UDC ont rompu l’harmonie de l’ensemble. Dans la foulée de ce bon résultat, les milieux économiques se sont engagés derrière le Conseil fédéral pour le plébiscite d’une adhésion à l’ONU. Economiesuisse s’est présenté comme l’acteur principal de la campagne. Dans le camp des opposants, l’UDC a proposé au National un contre-projet à l’initiative populaire. Plaçant toujours la notion de neutralité en axiome helvétique indépassable, le parti a déposé un texte en deux propositions: inscrire dans la Constitution l’obligation pour la Suisse de défendre son indépendance aussi face aux organisations internationales, ce qui lui permettrait de revendiquer un statut à part à l’ONU, une adhésion partielle avec des prérogatives spécifiques. Seconde proposition, une adhésion sans obligation de participer à des sanctions militaires décidées par l’organisation contre un ou plusieurs pays. Les deux volets du contre-projet n’ont pas résisté au vote de la commission de politique extérieure du Conseil national, qui les a rejeté par 18 voix contre 4. Dans un débat fleuve 72 parlementaires inscrits pour prendre la parole, la chambre du peuple s’est montré dans son immense majorité favorable à l’initiative. Même l’UDC a dû compter sur quelques voix discordantes parmi ses représentants au parlement. Facteur de coopération internationale pour les promoteurs de l’adhésion ou spécificité intangible pour les opposants, le concept de neutralité a été au centre des débats, si bien que Joseph Deiss s’est engagé à publier avant le vote une déclaration claire et ferme sur le projet de neutralité suisse à inscrire au texte de la demande d’adhésion. Finalement, le oui l’a emporté par 153 voix contre 42.

Initiative populaire «pour l'adhésion de la Suisse à l'Organisation des Nations Unies (ONU)»
Dossier: UNO-Beitritt

Ende Oktober reichte die SVP ihre Volksinitiative „Überschüssige Goldreserven in den AHV-Fonds“ mit 125'372 gültigen Unterschriften ein. Die Initiative verlangt, dass die Erträge aus den 1'300 Tonnen Gold, welche die Nationalbank für ihre Geld- und Währungspolitik nicht mehr benötigt, der AHV zugute kommen. Laut SVP stünden bei der Annahme der Initiative der AHV Goldreserven von rund CHF 20 Mrd. zur Verfügung; daraus liesse sich ein jährlicher Erlös von CHF 1,5 bis 2 Mrd. erzielen. Der Bundesrat möchte 500 Tonnen Gold für die Solidaritätsstiftung reservieren und die restlichen 800 Tonnen vorerst alternativ für den Schuldenabbau oder für eine Bildungsinitiative einsetzen. Später sollen seiner Auffassung nach mit den Erträgen Härten aus der 11. AHV-Revision abgefedert werden.

Volksinitiative „Überschüssige Goldreserven in den AHV-Fonds“ (BRG 01.020)
Dossier: Verwendung der nicht mehr benötigten Goldreserven der SNB

Mit einem stillschweigend überwiesenen Postulat (00.3291) bat die SVP-Fraktion den Bundesrat, Möglichkeiten für eine Frühpensionierung von körperlich Schwerstarbeit verrichtenden Erwerbstätigen zu prüfen. Eine Motion Berger (fdp, NE), die verlangte, eine flexible Pensionierung ohne Leistungseinbusse sei nach 44 Beitragsjahren zu ermöglichen, da Personen, die früh in die Erwerbstätigkeit einsteigen, auch häufig jene sind, welche die härteste körperliche Arbeit verrichten, wurde hingegen vom Ständerat selbst in der vom Bundesrat angeregten Postulatsform aufgrund eines Antrags Spoerry (fdp, ZH) mit 19 zu 13 Stimmen abgelehnt. Spoerry argumentierte, der Vorschlag sei sowohl ausbildungs- wie frauenfeindlich. Bundesrätin Dreifuss konnte eine gewisse Sympathie für das Anliegen nicht verhehlen, verwies aber darauf, dass es in der Vernehmlassung zur 11. AHV-Revision mehrheitlich abgelehnt worden war, weshalb der Bundesrat diesen Weg in nächster Zukunft nicht weiter beschreiten möchte.

Postulat Frühpensionierung von körperlich Schwerstarbeit Motion flexible Pensionierung ohne Leistungseinbusse

An einem Sonderparteitag im März forderte die SVP eine finanziell tragbare Sozialpolitik. Parteipräsident Maurer führte an, dass trotz explodierender Beiträge die Sozialwerke fast ausnahmslos vor einem Schuldenberg oder leeren Kassen stünden. Die Lösung des Problems dürfe nicht der kommenden Generation auferlegt werden. Die Beitragsexplosion sei nicht zuletzt auf die Vollkaskomentalität vieler Versicherter zurückzuführen. Die Delegierten stimmten einem Grundsatzpapier zu, welches langfristig eine Ausgabenreduktion auf das Niveau von 1990 zum Ziel hat. Bei der AHV erachtet die Partei eine Erhöhung des Rentenalters für sinnvoll. Einer Flexibilisierung will sie nicht im Wege stehen, falls diese nicht zu Mehrausgaben führe. Schliesslich sollten die zur Verfügung stehenden Mittel (Nationalbankgold, Spielbankenerträge) besser genutzt werden.

SVP fordert eine finanziell tragbare Sozialpolitik

An einem Sonderparteitag verlangte die SVP eine radikale Neuausrichtung in der Sozialpolitik. Die Finanzierung der Sozialwerke müsse ohne neue Steuern und mit tieferen Lohnprozenten sichergestellt werden. Langfristig will die SVP die Sozialausgaben auf das Niveau von 1990 senken. Dabei sollen auch die Erhöhung des Rentenalters auf 68 Jahre und das Kapitaldeckungsverfahren für die AHV geprüft werden. Das Thesenpapier wurde von den Delegierten einstimmig angenommen. Bundespräsident Ogi distanzierte sich im Anschuss vehement von den Forderungen seiner Partei und meinte, es gehe nicht an, das Solidaritätswerk der AHV mutwillig zu zerstören; im gleichen Sinn äusserten sich auch die SVP-Kantonalsektionen GR und BE. Nachdem die Vorschläge auch innerhalb der Klientel der SVP Bestürzung ausgelöst hatten, präsentierte die Partei im Mai neue Vorschläge zur Sicherung der staatlichen Sozialwerke (AHV/IV/EO und Arbeitslosenversicherung). Durch Sparanstrengungen soll die AHV ohne Rentenkürzungen und ohne Steuererhöhungen auskommen. Mit Ausnahme der vollständigen Überführung des überschüssigen Nationalbankgoldes in den AHV-Fonds brachten die neuen Thesen nichts, was nicht schon vom Bundesrat mit der 11. AHV-Revision vorgeschlagen wird (Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre, Angleichung der Witwen- an die Witwerrente, Teuerungsanpassung nur alle drei Jahre). In der IV ortete die SVP ein grosses Missbrauchspotential und verlangte eine Untersuchung. Bei den Arbeitslosen will die Partei Leistungen abbauen, beispielsweise durch eine Karenzfrist von 30 Tagen vor Bezug eines Taggeldes.

radikale Neuausrichtung in der Sozialpolitik

Ende August lancierte die SVP die im Vorjahr von Nationalrat Blocher (svp, ZH) angekündigte und von den SVP-Delegierten im April beschlossene Volksinitiative zur Verteilung der von der Nationalbank nicht mehr benötigten Währungsreserven oder derer Erträge. Sie verlangt, dass diese in vollem Umfang in den Ausgleichsfonds der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) zu übertragen sind. Für die am 5. März 1997 vom Bundesrat angekündigte Solidaritätsstiftung würde dabei nichts mehr übrigbleiben. Auch die SP konkretisierte ihre Vorstellungen, was mit diesen Geldern anzufangen sei. Sie ging bei ihren Überlegungen davon aus, dass aus dem Verkauf der nicht mehr benötigten Goldreserven wesentlich mehr als bisher angenommen, nämlich rund CHF 24 Mia. zur Verfügung stehen werden. Davon möchte sie CHF 7 Mia. der Solidaritätsstiftung zuweisen und die restlichen CHF 17 Mia. für die AHV zur Finanzierung des flexiblen Rentenalters verwenden. Die FDP und die CVP stellten sich weiterhin hinter die Idee einer Solidaritätsstiftung, legten sich jedoch bei der Verwendung der restlichen Mittel noch nicht fest. Um ein Absacken des Goldkurses zu vermeiden, verpflichteten sich fünfzehn europäische Notenbanken auf gestaffelte und limitierte Verkäufe von Goldbeständen für die nächsten fünf Jahre, wobei die Verkaufspläne der SNB darin voll berücksichtigt sind und demnach dadurch nicht beeinträchtigt werden.

Volksinitiative „Überschüssige Goldreserven in den AHV-Fonds“ (BRG 01.020)
Dossier: Verwendung der nicht mehr benötigten Goldreserven der SNB