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  • Schweizerische Volkspartei (SVP)
  • Bregy, Philipp-Matthias (cvp/pdc, VS) NR/CN
  • Tuena, Mauro (svp/udc, ZH) NR/CN
  • Schwander, Pirmin (svp/udc, SZ) NR/CN

Prozesse

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Die in der Regel als relativ unbestritten geltenden Gesamterneuerungswahlen des Bundesgerichts wurden 2020 zur Vorlage für eine fast epische Diskussion um die Gewaltenteilung. Den Wahlen für die Amtsperiode 2021-2026 war nämlich die medial virulent diskutierte Ankündigung der SVP vorausgegangen, Yves Donzallaz, einen der SVP angehörenden Bundesrichter, nicht wiederzuwählen.
Ursprung der Weigerung der SVP war unter anderem ein Entscheid des Bundesgerichtes im Sommer 2019, einem Amtshilfegesuch Frankreichs zuzustimmen, das die Auslieferung von Bankkundendaten verlangte. In diesem Urteil hatte besagter Donzallaz laut Blick «das Zünglein an der Waage» gespielt, zum Unverständnis seiner Partei. In der Folge stellten SVP-Politiker in den Medien offen die Frage, «ob wir Bundesrichter unserer Partei wiederwählen wollen, wenn sie in keiner Weise unser Gedankengut vertreten» – so etwa Fraktionschef Thomas Aeschi (svp, ZG) in der Sonntagszeitung. Pirmin Schwander (svp, SZ) forderte in der gleichen Zeitung gar ein Amtsenthebungsverfahren gegen den eigenen Bundesrichter. Thomas Matter (svp, ZH) wiederum kündigte in der Liberté an, dass er den Namen dieses Richters bei dessen Wiederwahl sicher nicht vergessen werde. Donzallaz war laut der Basler Zeitung bereits 2015 von der Weltwoche als «Abweichler» bezeichnet worden, weil er mitentschieden hatte, dass das Freizügigkeitsabkommen mit der EU Vorrang vor der Masseneinwanderungsinitiative der SVP habe.
Gegen die Reaktion der SVP wurde in den Medien rasch Kritik laut. Sie wurde von vielen Kommentatorinnen und Kommentatoren als Angriff auf die Unabhängigkeit der Judikative oder als Respektlosigkeit gegenüber der Gewaltenteilung verurteilt. Diskutiert wurde in der Folge auch, ob Parteipolitik überhaupt einen Einfluss auf die Rechtsprechung haben dürfe – eine Frage, die auch mit der Justizinitiative einer Antwort harrt, die im Tages-Anzeiger als «grösste Profiteurin der Querelen» bezeichnet wurde. Auch die Weltwoche kritisierte einen Angriff auf die Gewaltenteilung, allerdings aus alternativer Perspektive: Die Judikative setze sich beim Urteil über die Herausgabe der Bankkundendaten im Verbund mit der Exekutive über die Legislative und den Souverän hinweg. Zu reden gab schliesslich auch der unmittelbar nach der SVP-Kritik gefällte Entscheid des SVP-Fraktionschefs Thomas Aeschi, in der Gerichtskommission Einsitz zu nehmen. Die SVP mache «die Richterwahlen zur Chefsache», urteilte die Aargauer Zeitung.

Kurz nach der Entscheidung des Bundesgerichtes im Herbst 2019 ebbte die entsprechende Diksussion zwar wieder ab, allerdings nur um rund ein Jahr später bei der Vorbereitung der Wiederwahl der Richterinnen und Richter des Bundesgerichts wieder sehr laut zu werden. Der Sonntagsblick berichtete rund drei Wochen vor der für die Herbstsession 2020 angesetzten Wahl von mehreren Quellen, die bestätigten, dass die SVP in der vorberatenden GK beantragt habe, Yves Donzallaz nicht mehr als Vertreter der SVP zu behandeln und ihn nicht mehr zur Wiederwahl zu empfehlen. Die Kommissionsmehrheit habe jedoch nicht auf die Forderungen eingehen wollen. In der NZZ gab Donzallaz zu Protokoll, dass die SVP seit Jahren versuche, die Justiz zu instrumentalisieren. Den Versuchen, das Recht einer politischen Ideologie zu unterwerfen, müsse aber entschieden entgegengetreten werden. Er sei nicht verpflichtet, gegenüber einer Partei Entscheidungen zu rechtfertigen. Zwar sei es legitim, die Rechtsprechung zu kritisieren, nicht aber Richterinnen und Richter persönlich anzugreifen. Donzallaz berichtete auch, dass er von keinen Druckversuchen durch andere Parteien wisse. «Ganz ehrlich glaube ich, es handelt sich dabei um ein spezifisches Problem der SVP», betonte er. In der Aargauer Zeitung bestätigte ein ehemaliger SVP-Bundesrichter, der jedoch nicht namentlich genannt werden wollte, dass Druckversuche der Volkspartei schon in den 1990er Jahren vorgekommen seien. Man habe sich aber stets auf den Standpunkt gestellt, dass man nicht auf das Parteibuch vereidigt worden sei.

Einige Wellen warf auch, dass Donzallaz von seiner eigenen Partei vor dem Wahlgeschäft zu einem Hearing eingeladen wurde. Der Bundesrichter selber sprach von einer «Gewissensprüfung». Er habe während der Diskussion vor der Fraktion ausgeschlossen, dass er beim Urteilen ein Parteiprogramm anwenden könne, da er nur Verfassung und Gesetz verpflichtet sei. Für die SVP-Fraktion argumentierte hingegen Gregor Rutz (svp, ZH), dass jede Richterin und jeder Richter eine politische Grundhaltung habe, die das eigene Urteil beeinflussen würde. Der Parteienproporz sei dazu da, dies zu berücksichtigen und auszugleichen. Wenn nun aber ein Richter die Grundhaltung «seiner Partei» nicht mehr teile, dann müsse Letztere korrigierend eingreifen. Laut Tages-Anzeiger machte die SVP ihrem Richter das Angebot, aus der Partei auszutreten. Als Parteiloser würde er auch von der SVP wiedergewählt, sei ihm beschieden worden.

Die politische Kritik am Verhalten der SVP wurde in der Folge lauter. Dass die Volkspartei die Institutionen nicht mehr respektiere, müsse Konsequenzen haben, forderte CVP-Präsident Gerhard Pfister (cvp, ZG) im Tages-Anzeiger. SP-Präsident Christian Levrat (sp, FR) forderte ein Nachdenken über ein neues Wahlsystem, wenn sich die SVP aus dem Konsens über einen freiwilligen Parteienproporz und die Unabhängigkeit der eigenen Richterinnen und Richter verabschiede. Diskutiert wurde etwa eine Wahl auf Lebenszeit, um Unabhängigkeit nach einer gewissen pluralistisch garantierten Wahl zu garantieren. Kritisiert wurden auch die Mandatssteuern, mit denen Richter zu stark an die eigene Partei gebunden würden. Zudem müsste auch eine Anzahl parteiloser Richter gewählt werden, vorgeschlagen etwa von einer unabhängigen Fachkommission. Freilich gab CVP-Bundesrichterin Julia Hänni im Blick zu bedenken, dass die Unabhängigkeit der Judikative in jedem System vor allem auch vom Respekt der Politik vor dieser Unabhängigkeit abhänge.

Am 9. September 2020 entschied die GK, alle wieder antretenden Bundesrichterinnen und Bundesrichter zur Wiederwahl zu empfehlen. Tags darauf gaben die Parteispitzen der CVP, FDP und SP bekannt, den eigentlich für die anstehende Herbstsession geplanten «Konkordanzgipfel», bei dem das Verfahren für die Besetzung des Bundesrats beziehungsweise die Suche nach einer neuen Zauberformel hätten diskutiert werden sollen, nicht durchführen zu wollen. Man könne mit einer Partei, welche die Institutionen geringschätze, nicht über Konkordanz diskutieren – so die Begründung. Die NZZ schlussfolgerte daraus, dass die SVP nicht nur die Unabhängigkeit der Justiz gefährde, sondern auch ihre eigene Position – auf dem Spiel stünden gar die eigenen Bundesratssitze. SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi wehrte sich gegen den Vorwurf, die Partei halte nichts von der Gewaltentrennung. Bei den Gesprächen mit Donzallaz habe sich gezeigt, dass dieser die Werte der SVP nicht mehr vertrete. Die Partei könne deshalb die Verantwortung für dessen Wahl nicht mittragen. Seine Weigerung, aus der Partei auszutreten, zeuge zudem von «Charakterschwäche». Über Konkordanz werde man so oder so wieder reden; die Absage des Gipfels sei wohl eher dem Umstand geschuldet, dass man dafür keinen geeigneten Termin gefunden habe.

Noch mehr Öl ins Feuer goss dann die SP mit der Forderung, die Richterwahlen zu verschieben. Fraktionschef Roger Nordmann (sp, VD) wollte einen entsprechenden Ordnungsantrag einreichen. Es sei vor der Wahl abzuklären, wie unabhängig die Richterinnen und Richter der SVP seien. Sollte dieser Antrag nicht durchkommen, drohte Christian Levrat im Sonntagsblick, würde er gegen die Wiederwahl aller SVP-Richterinnen und -Richter stimmen. Auch dies provozierte Kritik: So äusserte sich etwa der Grüne Ständerat Matthias Zopfi (gp, GL) im Tages-Anzeiger, dass die anderen Parteien die Richterwahlen nicht noch mehr «verpolitisieren» sollten. Für GLP-Präsident Jürg Grossen (glp, BE) wäre eine kollektive Nichtwahl eine weitere Schwächung der Institution. Man habe ja kein Problem mit dem Gericht, sondern mit der SVP.

Wie so vieles in der Schweizer Politik wurde dann auch die Wahl der Bundesrichterinnen und Bundesrichter parlamentarisch wesentlich weniger heiss gegessen als es im Vorfeld medial aufgekocht wurde. Freilich wurden am 23. September 2020 in der Vereinigten Bundesversammlung im Rahmen des Ordnungsantrags der SP-Fraktion nochmals die parteipolitischen Klingen gekreuzt. Daniel Jositsch (sp, ZH) führte für seine Partei aus, dass die SVP «den politischen Kampf aus dem Parlament hinaus ins Bundesgericht tragen» wolle. Die Abwahlempfehlung eines eigenen Bundesrichters werfe die Frage auf, ob andere SVP-Richterinnen und -Richter noch unabhängig urteilen würden, wenn sie eine Abwahl befürchten müssten. Die Frage nach der Unabhängigkeit der SVP-Richterinnen und -Richter müsse die GK ab sofort vor jeder Wiederwahl prüfen, weshalb die Wahlen auf die Wintersession verschoben werden sollten. Andrea Caroni (fdp, AR) fasste als Sprecher der GK das Prozedere zusammen: Weil bei keiner der 37 wieder kandidierenden Personen Hinweise auf Amtspflichtverletzung gefunden worden seien, würden auch alle zur Wiederwahl empfohlen – diese Überprüfung sei nota bene die einzige Aufgabe der GK. Alle Fraktionen hätten den Entscheid, alle Richterinnen und Richter zur Wiederwahl zu empfehlen, unterstützt – mit Ausnahme der SVP, die die Wiederwahl von Bundesrichter Yves Donzallaz nicht unterstütze. Man habe in der GK auch über eine Verschiebung der Wahl und eine Art Gewissensprüfung diskutiert, dies aber verworfen, eben gerade weil die Unabhängigkeit der Judikative geschützt werden müsse. Mit einer Verschiebung würden alle 37 Kandidierenden dem Generalverdacht ausgesetzt, «Parteisoldaten» zu sein. Andererseits sei kaum zu erwarten, dass sich aufgrund einer Gewissensprüfung jemand als «fremdgesteuerten Parteisoldat» bezeichnen werde.
In der Folge legte Thomas Aeschi für die SVP auch im Parlament noch einmal dar, weshalb sie ihren Bundesrichter nicht zur Wiederwahl empfehlen könne. «Nicht die SVP politisiert die Justiz; die Justiz hat begonnen zu politisieren», führte der Fraktionschef aus. Da dürfe es nicht verwundern, dass die Zusammensetzung des Bundesgerichtes zum Thema werde. Man befürchte insbesondere, dass EU-Recht über Schweizer Recht gestellt werde, wogegen sich die SVP vehement wehre. Wenn nun aber ein eigener Richter die Werthaltungen seiner Partei nicht mehr teile, dann könne die SVP die Verantwortung für ihn nicht mehr tragen. «Wenn Sie, die anderen Fraktionen, Yves Donzallaz wiederwählen, sind Sie verantwortlich für sein künftiges richterliches Wirken: Dann ist er Ihr Richter, dann ist es Ihre Verantwortung», so Aeschi zum Schluss.

In der Folge wurde der Ordnungsantrag der SP-Fraktion mit 42 zu 190 Stimmen (6 Enthaltungen) abgelehnt – Zustimmung fand er ausschliesslich bei den Mitgliedern der SP-Fraktion. Anschliessend wurden alle 37 Kandidierenden wiedergewählt. Da auf den Wahlzetteln alle 37 Namen standen und lediglich gestrichen werden konnten, interessierten natürlich die individuellen Resultate. Am wenigsten von den 239 möglichen Stimmen erhielt wie erwartet Yves Donzallaz. Seine 177 Stimmen lagen aber klar über den nötigen 120 (absolutes Mehr). Die restlichen Kandidierenden erhielten zwischen 197 (Andreas Zünd, SP) und 236 Stimmen (Luca Marazzi, FDP; Thomas Stadelmann, CVP).
Auch die zur Wiederwahl stehenden 12 nebenamtlichen Bundesrichterinnen und -richter schafften die erneute Wahl problemlos (mit zwischen 220 und 236 von 240 möglichen Stimmen). Für den zurücktretenden Ulrich Meyer (SP) wurde Christoph Hurni (GLP) zum ordentlichen Richter gewählt (mit 232 von 241 Stimmen; 9 Wahlzettel blieben leer). Und schliesslich barg auch die Ergänzungswahl von sechs nebenamtlichen Richterinnen und Richtern keine Überraschungen mehr. Auch hier erhielten alle mehr als 200 von 239 möglichen Stimmen.

Freilich – so schloss die NZZ bereits am Tag vor der Wahl – stand das Schweizer Justizsystem bei diesen Wiederwahlen auf dem Prüfstand, auch wenn der Wahltag selbst ohne Überraschung endete. Eine Justizreform sei unumgänglich, folgerte auch der Tages-Anzeiger. Der Angriff der SVP sei zwar gescheitert und ein «Psychodrama» sei verhindert worden – so auch Le Temps, Tribune de Genève und Liberté –, die Justiz stehe nun aber unter Spannung. Dafür, dass die Diskussionen um die Wahl von Richterinnen und Richtern nicht versandet, wird auf jeden Fall die Justiz-Initiative sorgen.

Bundesgericht. Gesamterneuerungswahlen für die Amtsperiode 2021-2026
Dossier: Unabhängigkeit der Judikative

In der Frühjahrssession 2021 folgte der Nationalrat mit 137 zu 49 Stimmen der Empfehlung seiner RK-NR und versenkte die parlamentarische Initiative der SVP, mit der diese Reformen hinsichtlich der Aufsicht über die Bundesanwaltschaft gefordert hatte. Konkret wollte die SVP die aktuelle Aufsichtsbehörde (AB-BA) mit einer durch das EJPD und das Bundesgericht geteilten Aufsicht ersetzen. Während das Departement die administrativen und arbeitsrechtlichen Aspekte beaufsichtigen könnte, läge die fachliche Überwachung beim höchsten Schweizer Gericht. Damit werde vor allem auch die politische Unabhängigkeit der Aufsicht gewahrt, was mit der AB-BA augenscheinlich nicht gelinge, wie die SVP in ihrer Begründung mit Seitenhieb auf die Causa Michael Lauber ausführte.
Das Parlament trage eine Mitverantwortung dafür, dass «das System verpolitisiert» sei, und dagegen müsse man etwas tun, warb Pirmin Schwander (svp, SZ) in der Ratsdebatte für die Initiative seiner Partei. Die AB-BA sei «offensichtlich ein Fehlschlag» und vermöge nichts am «strukturellen Problem bei der Bundesanwaltschaft» zu ändern, meinte auch Mauro Tuena (svp, ZH). Die Kommission, die sich relativ knapp mit 13 zu 12 Stimmen gegen Folgegeben ausgesprochen hatte, sei sich bewusst, dass Handlungsbedarf bestehe, führte in der Folge Sibel Arslan (basta, BS) als Kommissionssprecherin aus. Die bisherige Lösung scheine sich tatsächlich nicht zu bewähren. Während die eine Hälfte der Kommission aber durch eine Aufteilung der Aufsicht Verbesserungen erwarte, befürchte die andere Hälfte, dass die Kompetenzkonflikte bei der Aufsicht durch eine Aufteilung nur noch grösser würden. Immerhin sei man sich aber einig gewesen, dass die Ergebnisse einer Inspektion durch die GPK abgewartet werden sollten, mit der die Probleme bei der Aufsicht über die Bundesanwaltschaft untersucht würden. Dieser Meinung schien auch die Ratsmehrheit zu sein. Lediglich die 49 anwesenden Fraktionsmitglieder der SVP unterstützten den Vorstoss ihrer Fraktion.

Notwendige Reformen hinsichtlich der Aufsicht über die Bundesanwaltschaft (Pa.Iv. 19.479)
Dossier: Reformen der Bundesanwaltschaft
Dossier: Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA)

Ende November erschien das NZZ-Parlamentarierrating 2016 und bildete das erste Jahr nach den Wahlen 2015 ab. Der Rechtsrutsch der Wahlen zeichnete sich im Rating deutlich ab. Der Median der Positionen aller Parlamentarierinnen und Parlamentarier, die aufgrund paarweiser Vergleiche des Abstimmungsverhaltens während der vier vergangenen Sessionen errechnet werden, rückte auf der Skala von -10 (absolut links) bis + 10 (absolut rechts) von 0.8 (2015) auf 1.7. Gleich drei SVP-Fraktionsmitglieder nahmen die rechte Extremposition (10) ein: Marcel Dettling (SZ), Erich Hess (BE) und, wie bereits 2015, Pirmin Schwander (SZ). Lisa Mazzone (gp, GE) positionierte sich mit einem Wert von -9.6 am linken Extrempol.
Vom Rechtsrutsch habe – gemessen an der Anzahl gewonnener Abstimmungen im Rat – vor allem die FDP, kaum aber die SVP profitiert, so die Studie. Bei den Parteien zeigten sich insgesamt nur leichte Verschiebungen. So hatte sich die SVP noch einmal nach rechts verschoben und nahm insgesamt den Wert 8.0 ein (2015: 7.7.). Jean-Pierre Grin (VD) besetzte mit 6.3 die moderateste Position in der Volkspartei. Damit war er dennoch ziemlich weit vom am meisten rechts stehenden FDP-Fraktionsmitglied entfernt: Bruno Pezzatti (ZG) erreichte einen Wert von 3.4. Den linken Rand der FDP, die sich im Vergleich zu 2015 nicht verändert hatte und fraktionsübergreifend konstant bei 2.2 blieb, nahm erneut Christa Markwalder mit 1.4 ein. Damit war die Bernerin leicht linker positioniert als Daniel Fässler (AI), der mit 1.9 den rechten Rand der CVP besetzte. Den Gegenpol bei den Christlichdemokraten nahm Barbara Schmid-Federer (ZH) mit -0.9 ein. Auch die CVP blieb im Vergleich zu 2015 konstant bei 0.6. Innerhalb des Spektrums der CVP-EVP-Fraktion fand sich die BDP (0.9: Hans Grunder, BE bis -0.5: Rosmarie Quadranti, ZH), die leicht nach links gerutscht war (0.2). Deutlich am linken Rand der CVP-Fraktion positionierte sich die EVP mit Maja Ingold (ZH, -2.8) und Marianne Streiff-Feller (BE, -3.1). Einen Linksrutsch verzeichnete auch die GLP, die sich bei -2.7 positionierte und sich wie schon 2015 sehr geschlossen zeigte. Nur gerade 0.5 Skalenpunkte trennten Kathrin Bertschy (BE, -2.8) von Martin Bäumle (ZH, -2.3). Etwas geschlossener als 2015 zeigte sich auch die SP, die fraktionsübergreifend bei -8.3 zu liegen kam. Chantal Galladé (ZH, -6.6) fuhr dabei den sozialliberalsten Kurs. Gleich drei Fraktionsmitglieder positionierten sich beim linken Extremwert der SP, bei -9.1: Bea Heim (SO), Susanne Leutenegger Oberholzer (BL) und Silvia Schenker (BS). Die Grünen schliesslich positionierten sich insgesamt bei -9.0 und die Fraktionsmitglieder überlappten sich stark mit der SP: Daniel Brélaz (VD, -7.9) zeigte sich dabei sogar noch etwas rechter als die gesamte SP.
Die Forschungsstelle Sotomo, welche das Rating durchführte, wertete auch 2016 den Ständerat aus. Erneut zeigte sich eine geringere Polarisierung als in der grossen Kammer. Zwar lagen auch in der kleinen Kammer die Extremwerte weit auseinander, Lilian Maury Pasquier (sp, GE, -9.5) und Peter Föhn (svp, SZ, 9.8) fanden sich aber ziemlich alleine auf weiter Flur. Alle anderen Ständeratsmitglieder befanden sich zwischen -6.2 (Christian Levrat, sp, FR) und 7.3 (Hannes Germann, svp, SH).

Nationalratsrating

Im September präsentierte die NZZ das von Sotomo errechnete Parlamentarierrating 2015. Die ideologische Ausrichtung aller Parlamentsmitglieder wird mit Hilfe paarweiser Vergleiche aller Parlamentarierinnen und Parlamentarier hinsichtlich ihres Abstimmungsverhaltens berechnet. Die Skala reicht von -10 (ganz links) bis +10 (ganz rechts). Die rechte Extremposition wurde im Rating 2015 von Pirmin Schwander (svp, SZ) und Lukas Reimann (svp, SG) besetzt. Am linken Rand fand sich mit einem Wert von -9.5 Christine Häsler (gp, BE).
Am deutlichsten rechts und zwar ohne Überschneidung mit anderen Fraktionen stand die SVP, deren Mitglieder zwischen 6.3 (Jean-Pierre Grin, VD) und 10 positioniert wurden. Die FDP-Mitglieder schwankten zwischen 1.6 (Christa Markwalder, BE) und 4.1 (Hans-Peter Portmann, ZH) und überschnitten sich damit sowohl mit der BDP (0.9: Rosmarie Quadranti, ZH bis 2.1: Urs Gasche, BE) als auch teilweise mit der CVP, bei der Gerhard Pfister (ZG) und Ruedi Lustenberger (LU) mit dem Wert von 3.0 den rechten und Jacques Neirynck (VD) mit -1.6 den linken Rand abdeckten. Die beiden EVP-Vertreterinnen, die der CVP-EVP-Fraktion angehören, waren dabei pointierter links (-2.8) als der Rest der CVP-Fraktion. Die GLP-Fraktion zeigte sich ziemlich geschlossen und links der Mitte. Bei den Grünliberalen wurden die Extreme von Thomas Böhni (TG, -1.7) und Martin Bäumle (ZH, -1.2) eingenommen. In ihrem Gesamtwert von -8.0 deckungsgleich zeigten sich die Grünen und die SP. Während die Genossinnen und Genossen Extremwerte zwischen -9.1 (Carlo Sommaruga, GE und Susanne Leutenegger Oberholzer, BL) und -5.7 (Daniel Jositsch, ZH) einnahmen, fanden sich bei den Grünen Christine Häsler (-.9.5) und Yvonne Gilli (SG, -6.8) an den Fraktionspolen.
Der Median des gesamten Nationalrats lag bei 0.8; das Parlament politisierte also leicht rechts der Mitte. Die Studie stellte bei der Analyse der gesamten 49. Legislatur allerdings im Vergleich mit der 48. Legislatur einen Linksrutsch fest. Insbesondere in der Verkehrs- und Energiepolitik habe Mitte-Links erfolgreich koaliert.

Erstmals konnte aufgrund der neu eingeführten elektronischen Stimmanlage auch der Ständerat vermessen werden. Insgesamt zeigte sich in der kleinen Kammer eine wesentlich schwächere Polarisierung als bei der Volksvertretung. Zwar gab es auch im Ständerat Extrempositionen – Robert Cramer (gp, GE) mit -9.6 zur Linken und Peter Föhn (svp, SZ) mit 9.6 zur Rechten –, die überwiegende Mehrheit der Ständerätinnen und Ständeräte fanden sich aber zwischen den Werten -4 bis +5.

Nationalratsrating

Caspar Baader (BL) hatte nach zehn Jahren im Amt bereits 2011 seinen Rücktritt als Fraktionschef angekündigt. Seine Nachfolge wurde Ende Januar geregelt. Vier Nationalräte hatten Interesse am Fraktionspräsidium angemeldet: Adrian Amstutz (BE), Pirmin Schwander (SZ), Jürg Stahl (ZH) und Luzi Stamm (AG). Im Vorfeld war spekuliert worden, ob die von Christoph Blocher, Toni Brunner und dem abtretenden Caspar Baader geprägte Parteispitze nach der Wahlschlappe etwas moderater besetzt werden würde. Mit Stahl wäre dies der Fall gewesen, nicht aber mit dem letztlich gewählten Amstutz, der laut der Presse eher ein Hardliner-Image geniesst, auch schon als „Statthalter Blochers“ bezeichnet wurde und als Garant für die Weiterführung des bisherigen SVP-Kurses gilt. Allerdings brauchte es vier Wahlgänge für die Wahl des Berner Nationalrats, der im Schlussgang mit 28 gegen 23 Stimmen über Luzi Stamm obsiegte.

SVP Fraktionspräsidium

Le Conseil national s’est saisi du projet de loi relative à la vignette autoroutière. Après avoir rejeté une proposition de non entrée en matière du directeur de l’ASTAG, Adrian Amstutz (udc, BE), le plénum a refusé, par 98 voix contre 51, de renvoyer le projet au Conseil fédéral avec mandat d’y introduire une vignette électronique (e-vignette), comme le proposait une minorité rose-verte de la CTT-CN. Le conseiller fédéral Hans-Rudolf Merz et la majorité bourgeoise de la chambre basse y ont vu la première étape vers l’instauration d’un système de péage routier (Road Pricing), option qu’ils ont entendu exclure. Les députés ont également rejeté une proposition de renvoi Schwander (udc, SZ) visant à réinscrire dans la Constitution le montant maximal de CHF 40 pour l’achat de la vignette. Lors de la discussion par article, plusieurs propositions d’amendement ont été repoussées à de larges majorités. La chambre basse a ainsi balayé le triplement du prix de la vignette souhaité par le groupe écologiste. Elle a par ailleurs suivi le Conseil fédéral en acceptant de doubler le montant de l’amende (CHF 200), contre le camp rose-vert qui souhaitait la fixer à CHF 250 et le groupe UDC favorable au statu quo. Par 98 voix contre 78, le Conseil national a suivi la minorité rose-verte de la CTT-CN emmenée par Berberat (ps, NE) et a exclu la possibilité de déléguer à des tiers, par contrat, les contrôles et la poursuite pénale en procédure simplifiée à la frontière. La majorité, issue des rangs socialistes, écologistes et UDC, a en effet estimé que, la poursuite pénale étant une mission centrale de l’Etat, elle ne saurait être déléguée au secteur privé. Au vote sur l’ensemble, le projet amendé a été approuvé par 106 voix contre 50, malgré l’opposition quasi unanime du groupe UDC.

Nationalstrassenabgabegesetz (08.012)
Dossier: Elektronische Vignette (Nationalstrassenabgabe)

Heftig umstritten in der AUNS war, ob sie sich an dem von den Schweizer Demokraten, der Jungen SVP und der Lega ergriffenen Referendum gegen die Weiterführung und Ausweitung des Personenfreizügigkeitsabkommens mit der EU beteiligen soll. Nachdem sie zuerst eine Beteiligung angekündigt hatte, vollzog sie, wie auch die SVP, eine Kehrtwende. AUNS-Präsident Schwander (svp, SZ) beklagte sich in der Folge über den zu grossen Einfluss von SVP-Politikern im Vorstand der AUNS, welche auch verhindert hatten, dass den AUNS-Mitgliedern Unterschriftenbogen für das Referendum zugestellt wurden. Nachdem das Referendum ohne ihre Mithilfe zustande gekommen war, fasste die AUNS, wie später auch die SVP, die Nein-Parole zur Personenfreizügigkeit.

Personenfreizügigkeitsabkommens mit der EU

Dass der Nachfolger Schmids nicht aus der mit Eveline Widmer-Schlumpf bereits in der Regierung vertretenen kleinen BDP kommen würde, war klar. An sich sprach für die Vertreter von SP, FDP und CVP nichts dagegen, die SVP als stärkste Partei wieder in den Bundesrat aufzunehmen. Noch bevor Schmid seinen Rücktritt bekannt gab, machte sich allerdings der SVP-Präsident Brunner (SG) bereits für eine Kandidatur von alt Bundesrat Christoph Blocher stark. Nur dieser sei fähig, das VBS wieder in „Ordnung“ zu bringen. Der Plan der SVP-Parteileitung, Blocher als einzigen Kandidaten zu nominieren, stiess aber in der dafür zuständigen SVP-Fraktion auf Widerstand. Diese sprach sich zwar für eine Rückkehr in die Regierung aus, lehnte es aber knapp ab, sich auf Blocher als einzigen Kandidaten festzulegen. Die Medien waren sich einig, dass Blocher im Parlament keine echten Wahlchancen hatte und bezeichneten die SVP-Nationalräte Amstutz (BE), Baader (BL), Maurer (ZH) und Zuppiger (ZH) als aussichtsreichste Kandidaten. Obwohl FDP, CVP und SP mehrfach erklärt hatten, dass ihre Parlamentarier Blocher nicht wählen würden, nominierte ihn der Vorstand der SVP des Kantons Zürich mit 47 zu 1 Stimme zuhanden der Fraktion als Kandidat. Die Delegiertenversammlung der Zürcher SVP bestätigte diesen Beschluss mit einem weniger deutlichen Stimmenverhältnis (264 zu 45). Weitere von ihren Kantonalparteien an die Fraktion gemeldete Kandidaten waren die Nationalräte Amstutz und Aebi (beide BE), Schwander (SZ), Hurter (SH) und Baader (BL), Ständerat Germann (SH) und Regierungsrat Mermoud (VD); zudem nominierten die SVP-Frauen die Zürcher Regierungsrätin Fuhrer und die SVP-Bezirkspartei Hinwil (ZH) Nationalrat Zuppiger (ZH). Der Bauernverbandspräsident und Nationalrat Hansjörg Walter (TG), der dem gemässigten Flügel der SVP angehört, war ebenfalls im Gespräch gewesen, wurde aber von seiner Kantonalpartei nicht als Kandidat ins Rennen geschickt.

Der Fraktionsvorstand der SVP empfahl ein Zweierticket mit Blocher, ohne einen zweiten Namen zu nennen. Die Fraktion selbst hielt sich an diesen Vorschlag und stellte neben Blocher den Zürcher Nationalrat Ueli Maurer auf, der bis Ende Februar Parteipräsident gewesen war. Im Vorfeld der Wahlen zeigte sich, dass nicht nur die Linke, sondern auch wichtige Exponenten der CVP und zudem einige Freisinnige sich ebenso wenig für Maurer erwärmen konnten wie für Blocher. SVP-Präsident Brunner rief ihnen – und auch den eigenen Parteiangehörigen – kurz vor der Wahl noch einmal in Erinnerung, dass gemäss den neuen SVP-Statuten jeder automatisch aus der Partei ausgeschlossen würde, der als nicht offizieller Kandidat die Wahl zum Bundesrat annehmen würde.

Bundesratsersatzwahlen 2008 – Nachfolge von Samuel Schmid
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Der Versuch einer Palastrevolution in der vor zwanzig Jahren gegründeten AUNS scheiterte sang- und klanglos. Ein einzelnes Mitglied hatte in Zeitungsinseraten dafür geworben, dass sich die AUNS von ihrer engen Verbindung mit der SVP lösen solle. Der Kritiker hatte erfolglos zuhanden der Mitgliederversammlung vom 6. Mai eine Statutenänderung beantragt, welche die Wahl von Parteimitgliedern in den Vorstand untersagt hätte (zur Zeit gehören sowohl der Präsident Schwander (ZG) als auch der Geschäftsführer Fehr (ZH) der SVP-Nationalratsfraktion an).

AUNS