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  • Schweizerische Volkspartei (SVP)
  • Köppel, Roger (svp/udc, ZH) NR/CN

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2019 setzten sich das Zentrum für Demokratie Aarau (ZDA) und die Tagespresse mit der Frage auseinander, ob sich die Demokratie als Staatsform, sowohl in der Schweiz als auch weltweit, in einer Krise befindet. Der Zustand der Demokratie wurde hierbei jeweils unterschiedlich bewertet:
Im Feuilleton der NZZ ging man der Frage nach, ob wir uns in einem postfaktischen Zeitalter befinden, in welchem die Wissenschaft an Geltung verloren habe, und ob als Folge daraus ein «Ende der Demokratien» resultieren könnte. Politik ohne Fakten, so ein Argument der US-amerikanischen Philosophin Seyla Benhabib, würde die für Demokratien essenzielle «Verständigungsbereitschaft» der Bevölkerung und damit die Diskursöffentlichkeit «torpedieren». Man könne tatsächlich annehmen, dass sich solcherart Zustände mehren würden, blicke man etwa auf die Präsidenten Jair Bolsonaro (BRA) oder Donald Trump (USA) als «militante oder habituelle Antiintellektuelle», doch sei dies nur ein Teil des Ganzen, wie Elena Wilhelm von der ZHAW in ihrem Kommentar entgegnete. Eine international durchgeführte Studie des Meinungsforschungs- und Umfrageinstituts Gallup, welches jährlich auch den World Happiness Report veröffentlicht, habe nämlich ergeben, dass 72 Prozent der Bevölkerung der Wissenschaft noch immer vertraue, allerdings öfters auch ihren Nutzen in Frage stelle – nur 41 Prozent der Befragten glaubten, dass die Wissenschaft der Bevölkerung zugutekomme. Der Glauben an Fakten sei folglich noch vorhanden. Wichtig sei deshalb, dass die «Diskursgemeinschaften» gestärkt würden, indem die Wissenschaft wieder vermehrt Debatten anstosse und so einen Mehrwert für Diskussionen böte und dem «Postfaktische[n]» etwas entgegenhalten könne.
Das ZDA fühlte der Demokratie mit dem im Herbst erschienenen Buch «Brennpunkt Demokratie» auf den Zahn. Ein Auszug des darin publizierten Artikels von Sarah Engler und Daniel Kübler wurde auch in der Aargauer Zeitung veröffentlicht.
Historisch betrachtet habe es noch nie so viele Demokratien gegeben wie heute: Über 60 Prozent aller Staaten seien Demokratien. Seit zehn Jahren sei aber eine Stagnation dieser Zahl festzustellen, was «Pessimisten» gerne dazu verleite, von einem Niedergang der Demokratie zu sprechen. Weltweit seien Bürgerinnen und Bürger «zunehmend unzufrieden und misstrau[t]en Parteien und Eliten», beispielsweise weil man sich missverstanden fühle oder Anliegen nicht ernstgenommen würden. Auf der anderen Seite seien teilweise Personen an der Macht, welche demokratische Grundprinzipien infrage stellten. Dies lege nahe, dass Populismus die Demokratie gefährde, gleichzeitig führe der Einzug von Populisten in die Regierung «nicht automatisch zu demokratischen Einbussen»; mit der SVP habe die Schweiz längst eine populistische Partei in der Regierung, doch seien hier derart unterminierende Tendenzen nicht zu beobachten.
Weitere Resultate, die auf den am ZDA entwickelten Demokratiebarometer zurückgehen, zeigten auf, dass auch insgesamt in Europa kein genereller «Qualitätsverfall der Demokratie» festzustellen sei. In einzelnen Staaten wie Griechenland und Spanien sei aufgrund der dortigen Wirtschaftskrise oder in Italien und Ungarn aufgrund der Einschränkung der Pressefreiheit aber ein deutlicher Rückgang demokratischer Parameter zu verzeichnen.
Ein letzter Aspekt wurde schliesslich zu Jahresende wiederum in der NZZ thematisiert: Hass, Sexismus und Drohungen seien in der Politik und gegenüber Journalisten häufiger geworden. So sah sich Marionna Schlatter (gp, ZH) während ihrer Kandidatur für den Ständerat mit Morddrohungen konfrontiert, Christoph Mörgeli und Roger Köppel (svp, ZH) seien verbal attackiert und in einem Zürcher Lokal mit Getränken überschüttet worden.
Frauen gegenüber, so die Soziologieprofessorin Katja Rost, sei der Hass vermehrt sexistischer Natur und persönlich gefärbt. Amtierende Politikerinnen seien sich daher einig, dass dies junge Frauen vom Einstieg in die Politik abhalten könnte, und Rost fügte hinzu, dass Hass dazu führe, dass sich Frauen nicht mehr vorbehaltlos kontrovers äussern könnten. Der Hass stelle aber insgesamt «eine Gefahr für die Demokratie» dar und treffe Politikerinnen und Politiker jedweder Gesinnung. Bei den «Hatern» handle es sich zwar nur um einen «marginalen Teil der Gesellschaft» – dieser hätte aber einen «extremen Effekt». Umso wichtiger, resümierte man in der Zeitung, sei es, dass man dem Hass nicht kampflos das Feld überlasse und sich für «Anstand in der politischen Debatte» einsetze.

Krise der Demokratie

Die SVP gewann bei den Ständeratswahlen 2019 ein Mandat (neu: 6 Sitze) hinzu und blieb damit die viertstärkste Kraft im Stöckli. Wie die NZZ schrieb, konnte die Partei ihren Aufstieg in den vergangenen Jahrzehnten nie in entsprechende Sitzgewinne im Ständerat ummünzen. Der Tages-Anzeiger nannte vier Ursachen für die Schwierigkeiten der SVP, ins Stöckli einziehen zu können. Erstens bekunde die SVP Mühe mit der Bildung und der Pflege von Allianzen. Diese seien aber wichtig, um zusammen mit anderen Parteien Tickets für den Ständerat zu formen. Zweitens setze die SVP auf polarisierendes Personal wie zum Beispiel Roger Köppel: Aggressiv auftretende Ständeratskandidierende holten kaum Stimmen ausserhalb des engsten Anhängerkreises und hätten damit geringere Chancen auf Erfolg. Drittens habe die SVP ein Geschlechterproblem: Die Partei schicke fast ausschliesslich Herren in gesetzterem Alter ins Rennen. So könne die SVP aber eine jüngere und weibliche Wählerschaft nicht mobilisieren. Viertens habe die SVP vor allem in der Romandie überproportional verloren: Hier seien klar die Grünen begünstigt worden.

Resultate der SVP bei den Ständeratswahlen 2019

Die Kampagne rund um die Selbstbestimmungsinitiative lief eigentlich schon seit der Lancierung des Begehrens Anfang 2015. Diverse Parteien und verschiedene Organisationen hatten sehr früh ihren Widerstand angekündigt. Schon im März 2015 hatte der Tages-Anzeiger getitelt «Alle gegen die Volkspartei»: Wirtschaftsverbände hatten Sorgen um Handelsverträge geäussert, Staatsrechtlerinnen und Staatsrechtler hatten einen Angriff auf die Menschenrechte befürchtet, Rechtshistorikerinnen und Rechtshistoriker hatten die Idee der «fremden Richter» bemüht, verschiedentlich war eine Instrumentalisierung des Initiativrechts moniert worden und vor den eidgenössischen Wahlen im Herbst 2015 hatte die Frage zur Beziehung von Völkerrecht und Landesrecht «unter Politikern für Polemiken und rote Köpfe» gesorgt (NZZ) – und das alles noch bevor die Initiative überhaupt zustande gekommen war. Die SVP wollte nach eigenem Ermessen Klarheit und Sicherheit hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Völkerrecht und Landesrecht herstellen, was freilich von den Gegnerinnen und Gegnern als «falsches Versprechen» (NZZ) oder «initiative simpliste» (Le Temps) bezeichnet und bestritten wurde. Rückenwind brachte die Initiative wohl auch ihrem Erfinder Hans-Ueli Vogt (svp, ZH), der während seines Ständeratswahlkampfes im Kanton Zürich für das Begehren geworben hatte.

Die Medienberichterstattung über die Selbstbestimmungsinitiative riss natürlich auch während ihrer parlamentarischen Behandlung 2017 und 2018 nicht ab. Diskutiert wurde dabei unter anderem auch schon früh über den Abstimmungstermin. Ob die SVP im Wahljahr 2019 von der Initiative profitieren könne oder nicht, hänge vor allem vom Arbeitstempo des Parlaments und davon ab, ob ein Gegenvorschlag ausgearbeitet würde oder nicht, berichtete die Presse. In den Medien wurden derweil auch verschiedentlich Fälle beschrieben, bei denen Gerichte internationalen Verträgen den Vorrang vor Verfassungsbeschlüssen gegeben hatten. Insbesondere die Ausnahmen, die in Einzelfällen bei der Anwendung des Ausführungsgesetzes zur Ausschaffungsinitiative gemacht wurden, waren ja auch Stein des Anstosses für die Selbstbestimmungsinitiative gewesen. Ob die Schweiz nun «Musterschülerin» sei (Tages-Anzeiger), die in vorauseilendem Gehorsam handle, oder sich als Vertragspartnerin an internationale Abkommen halten müsse, wie in der Presse ebenfalls argumentiert wurde, – die Diskussionen hielten die Selbstbestimmungsinitiative im Gespräch.

Bereits vor Abschluss der parlamentarischen Verhandlungen lancierten die Gegnerinnen und Gegner der Initiative Ende Mai 2018 mittels einer Medienkonferenz offiziell den Abstimmungskampf – obwohl dann noch nicht entschieden war, wann das Anliegen an die Urne kommen sollte. Unter dem Namen «Schutzfaktor M» – M stand bei der bereits 2013 ins Leben gerufenen Organisation für Menschenrechte – und der Bezeichnung «Allianz der Zivilgesellschaft» hatten sich laut Basler Zeitung über hundert Organisationen – darunter etwa der katholische Frauenbund, Pink Cross, Behinderten- und Jugendverbände oder Helvetas – und Tausende Einzelpersonen zusammengeschlossen. Vor der Presse bezeichneten verschiedene Vertreterinnen und Vertreter dieser Organisationen das SVP-Anliegen als «Selbstbeschneidungs-Initiative» oder «Anti-Menschenrechts-Initiative». Die ungewohnt frühe Organisation der Gegnerschaft sei mit der Bedeutung der Initiative zu erklären, aber auch damit, dass der «Abstimmungskampf kein Spaziergang» werde, so der Tages-Anzeiger. Darauf weise auch eine im März 2018 durchgeführte Umfrage hin, die zeige, dass 43 Prozent der Befragten die Initiative sicher oder eher annehmen würden und 48 Prozent dagegen oder eher dagegen seien.

Anfang Juli entschied der Bundesrat dann, die Abstimmung auf den frühest möglichen Zeitpunkt, den 25. November 2018, festzulegen. Anfang Oktober startete die SVP mit ihrem Abstimmungskampf, der zumindest hinsichtlich der verwendeten Bilder und verglichen mit früheren Kampagnen zur Minarett-, Ausschaffungs- oder Masseneinwanderungsinitiative etwa vom Sonntags-Blick als «völlig harmlos» bezeichnet wurden. Auf einem in orange gehaltenen Hintergrund hielten Personen ein Schild mit einem Ja «zur direkten Demokratie» und «zur Selbstbestimmung» in die Kamera. Das Logo der Partei war nicht sichtbar. Man habe die Botschaft bewusst simpel halten wollen. Eine aggressive Kampagne sei nicht nötig, weil die Botschaft klar sei, zudem wolle man einen sachlichen Abstimmungskampf führen, gab Kampagnenchef Thomas Matter (svp, ZH) zu Protokoll.

Die Gegnerschaft fuhr für ihre Kampagne schwereres Geschütz auf: So liess Economiesuisse 18 Frachtcontainer auf den Bundesplatz stellen mit dem Hinweis, dass darin 387 Tonnen Exportgüter Platz hätten, was der Menge entspreche, die von der Schweiz aus alle 10 Minuten in die Welt verkauft werde. Diese Ausfuhren seien aber bei einem Ja zur Selbstbestimmungsinitiative gefährdet. Nur dank zahlreicher internationaler Abkommen, die bei einem Ja alle auf der Kippe stünden, gehöre die Schweiz zu den 20 grössten Volkswirtschaften weltweit. Das «Gesicht der Operation Libero» (Blick), Flavia Kleiner, sprach von der «krassesten Initiative, über die wir je abgestimmt haben», mit ihr werde der Rechtsstaat fundamental angegriffen. Eine in den Medien häufig zu vernehmende Stimme gehörte Helen Keller, der Vertreterin der Schweiz am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Auch für sie entsprach die Initiative einem Angriff auf den Rechtsstaat und die Menschenrechte. Sie argumentierte, dass das Volksbegehren nicht hätte für gültig erklärt werden dürfen und fürchtete sich bei einer Annahme vor einer «Katastrophe», wie die Weltwoche ausführte. Plakate der Gegnerinnen und Gegner zeigten eine Kreissäge, die verschiedene Begriffe (z.B. Frauenrechte, Kinderrechte, Behindertenrechte) durchtrennte, verbunden mit dem Slogan «Nein zur Selbstbeschneidungsinitiative der SVP». In der Weltwoche wurden die Plakate als «krasser Ausdruck» von «Volksverachtung» bezeichnet, mit der die «antidemokratische Gesinnung der Selbstbestimmungsgegner» sichtbar werde. Volksentscheide würden mit «Kettensägenmassaker[n]» gleichgesetzt.
Auch auf Social Media hatten die Gegnerinnen und Gegner der Initiative «die Nase vorn» (Weltwoche). Mit einem Film zeigten sie als antike Soldaten verkleidete Mitglieder der SVP (Roger Köppel [ZH], Andreas Glarner [AG] und Magdalena Martullo-Blocher [GR]), die in einem Trojanischen Pferd versteckt das Bundesgericht entmachten wollten. Ein grosses Holzpferd wurde dann auch kurz vor dem Abstimmungstermin auf dem Berner Bahnhofsplatz präsentiert.

Die SVP – allen voran Christoph Blocher – verteidigte die Initiative mit dem Argument, dass die direkte Demokratie schleichend ausgehebelt werde. Bei der Abstimmung stünden nichts weniger als die Volksrechte auf dem Spiel. «Damit die Leute noch etwas zu sagen haben», müssten sie Ja stimmen, so der vom Blick als «SVP-Übervater» bezeichnete Blocher. Der alt-Bundesrat betrachtete die Selbstbestimmungsinitiative zudem als Vehikel, mit dem der EU-Rahmenvertrag verhindert werden könne. Sehr häufig trat auch Hans-Ueli Vogt vor die Medien, um «seine» Initiative zu verteidigen. Auch der «Architekt» des Begehrens, so die Aargauer Zeitung, argumentierte mit der Verteidigung der direkten Demokratie. Das Parlament setze angenommene Initiativen mit Verweis auf internationale Verpflichtungen nicht so um, wie dies von der Stimmbevölkerung verlangt werde. Mit der Initiative werde der Stellenwert der direkten Demokratie hingegen wieder gestärkt.

Für Wirbel sorgte ein Flyer, der von der SVP Mitte August 2018 an alle Schweizer Haushalte verteilt wurde. Darin trat alt-Bundesrätin Micheline Calmy-Rey als Kronzeugin für die Selbstbestimmungsinitiative auf: «Das Schweizer Recht schützt besser als das europäische. Ich bin entschieden dagegen, dass europäisches Recht sämtliche Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU regeln soll», wurde die ehemalige Magistratin zitiert. Diese Aussage hatte Calmy-Rey im Rahmen einer Diskussion um das EU-Rahmenabkommen gemacht. Von der SVP sei sie aber nicht angefragt worden, sie sei schockiert über dieses Vorgehen. SP-Parteipräsident Christian Levrat (sp, FR) sprach in diesem Zusammenhang von «Lügenpropaganda». Auch die «Buh-Rufe» und die «Schimpftiraden» (Aargauer Zeitung), die Bundesrätin Simonetta Sommaruga bei einem Podium in Suhr (AG) über sich ergehen lassen musste, zeugten von der immer aufgeheizteren Stimmung. Nicht nur die von der SVP immer wieder heftig attackierte Justizministerin, sondern auch die Bundesratsmitglieder Doris Leuthard, Alain Berset, Ignazio Cassis und Johann Schneider-Ammann engagierten sich mit verschiedenen Auftritten für die ablehnende Haltung des Bundesrates. Man habe Lehren aus dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative gezogen, bestätigte Simonetta Sommaruga der Aargauer Zeitung, und trete darum als Regierung stärker in Erscheinung.

Ende August zeigte eine Umfrage, dass zu diesem Zeitpunkt 53 Prozent der Befragten Nein zur Initiative gesagt hätten und 45 Prozent Ja. Als aussergewöhnlich wurde von den Befragenden der Umstand gewertet, dass das Ja-Lager über die Zeit nicht kleiner geworden sei; ein Muster, das sonst bei Initiativen im Verlauf einer Kampagne zu beobachten sei. Thomas Matter sprach bei seinem Kommentar zu diesen Zahlen in der Aargauer Zeitung von einem Kampf «David gegen Goliath». Er schätzte den finanziellen Aufwand der Gegnerschaft auf einen «zweistelligen Millionenbetrag». Die Gegnerinnen und Gegner führten eine «Märchenstundenkampagne mit unlimitierten Budgets», urteilte Matter. Die SVP selber habe weniger als CHF 3 Mio. ausgegeben. Eine Analyse von Media Focus ging hingegen aufgrund der gekauften Werbeflächen (Plakate, Inserate, Werbung auf Youtube) davon aus, dass das Befürworterlager mehr ausgegeben hatte als das Gegnerlager. Auch die APS-Inserateanalyse, mit der die Anzahl der in Printmedien geschalteten Inserate betrachtet wird, stellte ein grösseres Engagement der Befürwortenden- als der Gegnerseite fest. Zudem schalteten die Befürworterinnen und Befürworter deutlich mehr Inserate als noch bei der Masseneinwanderungs- oder der Durchsetzungsinitiative. Wer wie viel für den Abstimmungskampf ausgab, blieb zwar ein Geheimnis, die Kosten waren aber sicherlich überdurchschnittlich hoch.
Die Gegnerinnen und Gegner warnten aufgrund der Umfrageresultate davor, zu meinen, dass das Rennen bereits gelaufen sei. Demoskopen würden sich oft irren, so etwa der Blick. Als für das Nein-Lager nicht förderlich, wurde zudem die Absicht des Bundesrates bezeichnet, ausgerechnet kurz vor der Abstimmung eine Unterzeichnung des umstrittenen UNO-Migrationspaktes zu prüfen. Die Umfragen hatten zudem gezeigt, dass rund ein Drittel der FDP-Sympathisierenden die Initiative unterstützen würde. Auch die Ja-Parole der Jungfreisinnigen des Kantons Zürich zeige, dass durch den Freisinn ein Riss verlaufe, urteilte der Sonntags-Blick. Diesem wollte Parteipräsidentin Petra Gössi (fdp, SZ) auf Anfrage mit Aufklärung und Mobilisierung der eigenen Basis begegnen – so das Sonntagsblatt weiter.

Den «Rückenwind», den die Befürworterinnen und Befürworter durch die Debatte um den Migrationspakt noch einmal erhalten hatten, wie der Blick urteilte, versuchten sie kurz vor der Abstimmung dann noch mit «Brachial-Werbung» (Blick) zu verstärken. Auf der Titelseite der Pendlerzeitung «20 Minuten» warb das «Egerkinger Komitee» um Walter Wobmann (svp, AG) und Andreas Glarner (svp, AG) damit, dass mit der Annahme der Selbstbestimmungsinitiative der UNO-Migrationspakt verhindert werden könnte, dass hingegen bei einer Ablehnung die Minarett-Initiative wieder für ungültig erklärt werden würde. Eine Karikatur zeigte zudem Justizministerin Simonetta Sommaruga, die mit der Aussage «Hereinspaziert» an der Grenze Flüchtlinge in die Schweiz bittet.
Die heftige und ungewöhnliche lange Kampagne liess für den Abstimmungssonntag eine hohe Beteiligung erwarten.

Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» (BRG 17.046)

Die Bestimmung der Kommissionszusammensetzung nach eidgenössischen Wahlen ist ein für die Politikgestaltung in der Legislatur ziemlich entscheidendes, aber in den Medien selten ausführlich beleuchtetes Ereignis. Die je elf Kommissionen in beiden Kammern werden mit je 13 (Ständerat) bzw. je 25 (Nationalrat) Parlamentarierinnen und Parlamentariern besetzt. Wie viele Sitze die Parteien in diesen Kommissionen erhalten, ist erstens abhängig von den Mandaten. Bei der Verteilung der total 143 Mandate im Ständerat und der 275 Mandate im Nationalrat kommt es zweitens allerdings zu Restmandaten, die vom Büro-NR bzw. dem Büro-SR verteilt werden. Wie diese Verteilung aussieht, kann für die Politik der Kommissionen entscheidend sein. Dies war für die 50. Legislaturperiode insbesondere auch deshalb der Fall, weil die SVP und die FDP aufgrund ihrer Wahlgewinne in mehreren Kommissionen zusammen die Mehrheit haben werden. Ein provisorischer Verteilschlüssel wurde Mitte November vorgelegt. Welche Parlamentarierinnen und Parlamentarier Einsitz in welchen Kommissionen nehmen, bestimmen dann die Fraktionen selber. Die Kommissionspräsidien werden alle zwei Jahre neu besetzt. Die Wahl aller Präsidien und aller Kommissionsmitglieder fand dann am 10. Dezember statt.
In der Tat waren die SVP und die FDP in sechs (WAK-NR, SPK-NR, KVF-NR, SiK-NR, RK-NR, FK-NR) der elf Nationalratskommissionen in der Mehrheit und konnten so politischen Geschäften von Beginn weg ihren Stempel aufdrücken. Insbesondere die WAK, in der als Schnittstelle Geschäfte aus allen Bereichen behandelt werden, wird als wichtig erachtet.
Die SVP wird für die nächsten beiden Jahre die KVF-NR, die SPK-NR, die GPK-NR, die APK-NR und die WBK-NR präsidieren. Die SiK-NR und die SGK-NR werden von der FDP und die Urek-NR von der CVP geleitet. Die SP wird der WAK-NR, der FK-NR und der RK-NR vorstehen. Dies war für Susanne Leutenegger Oberholzer (BL) wichtig, da sie mit dem zu erwartenden Präsidiumssitz in der WAK auch ihren persönlichen Wahlkampf befeuert hatte.
Die Zuteilung der einzelnen Parlamentarierinnen und Parlamentarier zu den Kommissionen sei eine der undankbarsten Aufgaben eines Fraktionschefs, zitierte die BaZ SP-Sprecher Michael Sorg. Normalerweise müssen neu gewählte Parlamentsmitglieder warten, bis sie in ihre Wunsch-Kommission einsitzen können. Dies war nicht der Fall für Roger Köppel (svp, ZH), der in die APK gewählt wurde, und auch nicht für Magdalena Martullo-Blocher (svp, GR), die auf Anhieb in der prestigeträchtigen WAK sitzen wird. Auch Neo-Nationalrat Tim Guldimann (sp, ZH) durfte in seiner Wunschkommission, der APK, Einsitz nehmen.

Kommissionszusammensetzung