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Für einigen Presserummel sorgte die grüne Regierungsrätin des Kantons Aargau, Susanne Hochuli, die als Sozialdirektorin privat Asylsuchende bei sich beherbergte. Sie wolle nicht nur reden, sondern auch agieren. Weil der Platz in den bestehenden Unterkünften knapp geworden war, suchte der kantonale Sozialdienst mittels Inseraten nach Mietobjekten für die Unterbringung von Asylbewerbern. Hochuli wurde vorgeworfen, für ihr Engagement vom Staat Geld zu erhalten. Entgegen ihrer Partei empfahl die grüne Regierungsrätin zudem die GSoA-Wehrpflichtinitiative zur Ablehnung und sympathisierte mit der Asylgesetzrevision, die von der GP Schweiz zur Ablehnung empfohlen worden war.

Susanne Hochuli

Gleich zweimal wich im Berichtsjahr die Kantonalsektion Tessin bei der GP von der nationalen Parolenfassung ab: Für hohe Wellen sorgte dabei die Ja-Empfehlung der Tessiner Grünen zur Masseneinwanderungsinitiative gegen welche die Mutterpartei Anfang November 2013 in Zürich ein Nein empfohlen hatte (mit 136 zu 1 Stimme bei 1 Enthaltung). Auch mit ihrem Ja zur Pädophileninitiative wich die Tessiner Sektion von der nationalen Parole ab. Letztere war mit 120 zu 3 Stimmen bei 4 Enthaltungen an der Delegiertenversammlung in Ziegelbrücke Ende März gefasst worden. Die St. Galler-Sektion entschied sich hier für Stimmfreigabe. Freigabe beschlossen auch die Sektionen Graubünden und der beiden Appenzell bei der Mindestlohninitiative. Diese war an der Delegiertenversammlung in Ziegelbrücke Ende März auch als mögliche Lösung für die Probleme der Einwanderung diskutiert und mit 115 zu 7 Stimmen bei 7 Enthaltungen zur Annahme empfohlen worden.
Wie schon 2013 deckten sich alle nationalen Parolenfassungen mit den Empfehlungen der Sozialdemokratischen Partei Schweiz. So fassten etwa auch die Grünen ein einstimmiges Nein gegen den Kauf des Gripen (mit 121 Stimmen) und empfahlen ein Ja zum Gegenvorschlag zur Hausarztmedizin (mit 122 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen) sowie zur Einheitskrankenkasse (mit 93 zu 6 Stimmen bei 4 Enthaltungen). Mit 75 zu 10 Stimmen bei 4 Enthaltungen sprachen sich die Delegierten in Rotkreuz zudem wie die SP gegen die Gastroinitiative aus, und Mitte Oktober empfahlen die Delegierten der Grünen in Mendrisio (TI) die Initiative zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung mit 90 zu 2 Stimmen bei 6 Enthaltungen zur Annahme. Die Nein-Parole gegen die Gold-Initiative wurde dort einstimmig beschlossen. Bereits im November 2013 hatten die Grünen in Zürich – wiederum analog zur SP – ihre Unterstützung für FABI (mit 132 zu 1 Stimme bei 2 Enthaltungen) und einstimmig ihre Ablehnung gegen die Abtreibungsfinanzierungsinitiative signalisiert. Für viel parteiinterne Diskussionen aber letztlich ein klares (linkes) Votum sorgte die Ecopop-Initiative: Im August beschlossen die Grünen in Rotkreuz mit 106 zu 2 Stimmen bei 8 Enthaltungen ein Nein gegen die Initiative, die aus Umweltschutzgründen einen Einwanderungsstopp verlangt. Man müsse vielmehr den eigenen ökologischen Fussabdruck im Inland verkleinern, statt das Ausland auszugrenzen, argumentierte die Parteispitze. Die GP als weltoffene Partei setze sich für eine grüne und nicht für eine braune Politik ein.

GP Parolenfassung

Die GP erhoffte sich auch dank dem leichten Aufwärtstrend bei den kantonalen Wahlen für die eidgenössischen Wahlen 2015 eine Konsolidierung. Bei den Wahlen 2011 hatte die GP fünf von 20 Mandaten verloren, was man nicht nur auf die Konkurrenz durch die GLP oder den Umstand zurückgeführt hatte, dass sich die Mitteparteien einen ökologischen Anstrich gaben, sondern auch selbstkritisch mit eigener Bequemlichkeit erklärt hatte. Für die Wahlen 2015 wollen die Grünen auf die Energiestrategie und den Atomausstieg fokussieren. Allerdings müsse sich die GP nach dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative auch gegen die wachsende Isolation der Schweiz wehren; den Grünen käme hier eine besondere Rolle zu, weil ihre Anhängerschaft am deutlichsten gegen die Initiative gestimmt habe, gab Co-Präsidentin Adèle Thorens Goumaz in einem Interview mit „Le Temps“ zu Protokoll. Auch das Internet soll Thema der GP sein. Es biete eine Möglichkeit, um Mobilität einzusparen und habe deshalb viel ökologisches Potenzial. Zudem sei der GP der Datenschutz ein wichtiges Anliegen – so Co-Präsidentin Regula Rytz im „St. Galler Tagblatt“. Das Motto der GP wird sein: „Mehr Lebensqualität für alle“. In der Presse wurde allerdings auch geargwöhnt, dass bei den Wahlen wohl vielmehr die Europa- und Asylpolitik im Vordergrund stehen werde – Themen, bei denen die Grünen nicht federführend seien. Dass sich Umweltthemen etabliert hätten, sei zwar ein Verdienst der GP. Weil andere Parteien diese Themen deshalb auch in ihr Programm aufgenommen hätten, sei die GP aber sozusagen Opfer ihres Erfolges geworden. Um der ökologischen Sache zu dienen, wurden auch mögliche Listenverbindungen mit der GLP, die sich vor 10 Jahren von der GP abgespaltet hatte, diskutiert. Die Idee wurde in den Kantonen allerdings mit zurückhaltender Skepsis aufgenommen. Traditionellerweise verbindet sich die GP in den meisten Kantonen mit der SP. Erklärtes Ziel für die Wahlen 2015 war es, den Wähleranteil zu halten und nach dem Listenverbindungspech 2011 in einzelnen Kantonen wieder zuzulegen.

GP eidgenössischen Wahlen 2015

Die GP konnte bei den Gesamterneuerungswahlen für die kantonalen Exekutiven zwei ihrer gesamtschweizerisch neun Exekutivsitze erfolgreich verteidigen. Bernhard Pulver in Bern und Manuela Weichelt in Zug konnten ihre Wiederwahl feiern. Der Angriff der Grünen im Kanton Nidwalden, wo sie als Demokratisches Nidwalden zwischen 1998 und 2010 an der Regierung beteiligt gewesen waren, misslang hingegen. Mit total neun Sitzen in den kantonalen Exekutiven bleibt die GP Juniorpartnerin.

GP Gesamterneuerungswahlen für die kantonalen Exekutiven

Als Oppositionspartei nutzte die GP auch 2014 ausgiebig die direktdemokratischen Instrumente. So lancierten die Grünen im Berichtjahr ihre neue Fair-Food-Initiative. Bereits erfolgreich eingereicht hatte die GP ihre Atomausstiegsinitiative, die im Rahmen der Energiestrategie 2050 Ende Berichtjahr im Nationalrat behandelt und abgelehnt wurde. Die Initiative „Grüne Wirtschaft“, für die 2013 die nötigen Unterschriften gesammelt worden waren, wurde im Berichtsjahr vom Bundesrat behandelt. Die Regierung legte in ihrer Botschaft dar, dass sie das Anliegen, Grundlagen für eine Wirtschaft zu schaffen, die das Potenzial der natürlichen Ressourcen nicht beeinträchtigt, teile, die Initiative allerdings als nicht umsetzbar erachte. Zudem trugen die Grünen das Referendum gegen die zweite Gotthardröhre mit.

GP direktdemokratischen Instrumente

Nach seinem Umzug von Zug nach Bern plante der in seinem Heimatkanton 2011 abgewählte GP-Vizepräsident Josef Lang, für die Berner Grünen in die Nationalratswahlen zu ziehen. Die Grünen müssen in Bern um ihre drei Sitze fürchten, auch weil der Hauptstadtkanton für die eidgenössischen Wahlen einen Sitz weniger hat als bei den Wahlen 2011. Allerdings stellte sich die Berner Parteispitze quer und nominierte den prominenten GP-Politiker nicht für die Wahlen. Offizielle Begründung war, dass mit den drei Bisherigen die Stadt bereits breit auf der Liste abgedeckt sei und man lieber Grüne aus weniger urbanen Gebieten portieren wolle. Der Entscheid stiess auf relativ breites Unverständnis, ging man doch davon aus, dass Lang nicht wenige Stimmen im Grünen Lager hätte mobilisieren können. Lang selber fügte sich dem Entscheid.

GP Josef Lang

An der Delegiertenversammlung in Mendrisio (TI) bekräftigte die Co-Präsidentin der GP, Adèle Thorens, die Absicht der Partei, das Referendum gegen den Bau einer zweiten Gotthard-Strassentunnelröhre zu unterstützen. Mit einem Aktionsplan soll zudem der alpenquerende Güterverkehr eingedämmt werden, um die Verlagerung auf die Schiene voranzutreiben. Hierfür soll das geplante Kompetenzzentrum für transporteffizientes Wirtschaften in Altdorf Realität werden. Dieses soll die Transportlogistik analysieren und verbessern helfen. Eine weitere verkehrspolitische Forderung, die im Tessin beschlossen wurde, ist die Alptransitbörse, mit der die Zahl der Leerfahrten reduziert werden soll.

GP gegen den Bau einer zweiten Gotthard-Strassentunnelröhre

Auch die GP schaltete sich mit einem eigenen Vorschlag in die Diskussionen über die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative ein. Sie forderte eine EU-kompatible Umsetzung, da sich die Stimmbevölkerung am 9. Februar gegen die negativen Nebeneffekte der Zuwanderung geäussert, und nicht für eine bestimmte Zuwanderungsbeschränkung ausgesprochen habe. Eine Verfassungsänderung in Form einer neuen Abstimmung sei deshalb nicht nötig, weil man mit einer raschen Umsetzung der Fachkräfteinitiative die meisten Probleme beheben könne. Es solle eine kreative Umsetzungslösung – wie bei der Alpenschutzinitiative – gesucht werden.

Umsetzungsvorschlag der Grünen zur Masseneinwanderungsinitiative
Dossier: Masseneinwanderungsinitiative

Parteiintern wurde bei der GP im Vorfeld der Nationalratswahlen 2015 über mögliche Amtszeitbeschränkungen diskutiert, die in den Kantonen unterschiedlich gehandhabt werden. Die Grünen des Kantons Genf etwa beschränken die Amtszeit ihrer Mandatsträgerinnen und Mandatsträger auf drei Legislaturen. Dies hat zur Folge, dass der ehemalige Parteipräsident und Genfer Nationalrat Ueli Leuenberger – im Parlament seit 2003 – für die Wahlen 2015 nicht mehr antritt.

GP Amtszeitbeschränkungen

Ein ziemlich unsägliches Anschauungsbeispiel für die Sensationslust der hiesigen Medien und für die zunehmende Personalisierung und Boulevardisierung der Politik stellte 2014 die so betitelte „Nackt-Selfie-Affäre“ rund um den GP-Nationalrat und Stadtammann von Baden Geri Müller dar. Mitte August brachte die „Schweiz am Sonntag“ einen Beitrag, in dem eine Frau schwere Vorwürfe gegen Müller erhob: Dieser soll ihr unter anderem Nacktbilder von sich aus seinem Büro im Stadthaus Baden geschickt haben. Bei Beendigung der Affäre soll Müller die Frau unter Druck gesetzt haben, die Bilder zu löschen. Die Medien – und nicht nur die Boulevardmedien – nahmen die Geschichte ob des Sommerloches dankbar auf. Gar die NZZ rühmte sich, selber einen Nackt-Selfie-Skandal im Bundeshaus aufgedeckt zu haben. Die Badener Stadtexekutive stellte Müller auf die Meldung hin frei, während die Grünen die Sache zuerst untersuchen wollten, bevor sie Stellung nähmen. Die GP erinnerte daran, dass Persönlichkeits- und Datenschutz auch im Zeitalter der sozialen Netzwerke gälten. Am 19. August gab Müller eine Medienkonferenz, die wiederum grosse mediale Resonanz auslöste. Müller entschuldigte sich bei seinen Angehörigen für die Affäre, für die er sich schäme und bei der er erst zu spät bemerkt habe, dass sie irrsinnig sei, was er bereue. Gleichzeitig wurde auch die Frau von den Medien befragt. War zuerst von einer 21-Jährigen die Rede gewesen, wurde das Alter der Frau später auf 33 Jahre korrigiert. Die Fakten zeigten rasch, dass weder Amtsmissbrauch noch Nötigung – beides wurde Müller in den Medien vorgeworfen – vorlagen. Die GP gab in der Folge bekannt, dass für sie der Fall damit erledigt sei und Müller hundertprozentigen Support geniesse. Obwohl also eigentlich kein öffentliches Interesse am Fall bestand, liessen die Medien nicht davon ab. Dies auch deshalb, weil hinter der Geschichte Rachefeldzüge von Personen vermutet wurden, die Müller eher feindlich gegenüberstanden. So sollen Josef Bollag, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Baden, und FDP-Stadtrat Roger Huber, der bei der Wahl ins Stadtpräsidium Müllers Konkurrent gewesen war, aber auch CVP-Nationalrat Gerhard Pfister und ein Intimfeind von Müller, der PR-Berater Sacha Wigdorovits von der Frau kontaktiert worden sein. Sie habe den Männern illegale Tonaufnahmen von Gesprächen zwischen ihr und Geri Müller angeboten. Teile dieser Gespräche sollen auch Grundlage für die Enthüllungen in der „Schweiz am Sonntag“ gewesen sein. Die „Sonntags-Zeitung“ berichtete, dass sie von Wigdorovits und Bollag mit den Gesprächsaufnahmen der Frau kontaktiert worden sei. Der Versuch, Müller durch Instrumentalisierung der „Sonntagszeitung" zu diskreditieren, sei aber gescheitert, weil die Zeitung abgelehnt habe. Auch die „Weltwoche" und der „Blick" sollen ein Angebot aus rechtlichen Gründen abgelehnt haben. Die „Schweiz am Sonntag“, die das Angebot angenommen haben soll, rechtfertigte ihre Story, die auch eine Woche nach dem ersten Artikel die ersten beiden Seiten in Anspruch nahm, mit dem Hinweis, es gehe hier nicht um Privates, sondern um Politik. Es sei gefährlich, wenn sich ein Politiker mit Nacktfotos erpressbar mache. Die Bürgerschaft habe ein Recht auf die Aufdeckung undurchsichtiger Spiele rund um „Gerigate“, wie die Affäre mittlerweile in den sozialen Medien betitelt wurde.
Die Geschichte köchelte auch deshalb weiter, weil die bürgerlichen Badener Stadtparteien den Rücktritt von Müller forderten. Interessanterweise kippte die Stimmung aber nach und nach. Gegen die überschnelle Verurteilung und die Moralkeulen begann sich Widerstand zu regen. So versammelten sich etwa vor dem Stadthaus Baden mehrere Hundert Personen, die Selfies von sich machten, um ihre Solidarität auszudrücken. Sogar die „Weltwoche" sprang für Müller ein und sprach davon, dass die Medien ihm das Menschenrecht des Schutzes der Intimsphäre entzogen hätten. Dieser „Dammbruch“ schaffe „ein Klima von Bespitzelung und Denunziantentum“. Anfang September erklärte Müller, dass er im Amt bleiben wolle. Seine Ratskollegen blieben jedoch bei ihrer Rücktrittsforderung und entzogen Müller dessen Ressorts. Die „Aargauer Zeitung“ befragte ihre Leserschaft in der Folge, ob Müller zurücktreten solle. Das deutliche, aber wenig valide Ja fand in einem weiteren Artikel der "Schweiz am Sonntag" Niederschlag.
Anfang November erhielt Müller seine Mandate nach einem Mediationsverfahren wieder zurück – mit Ausnahme des Standortmarketings. In der Zwischenzeit hatte er Strafanzeige gegen die Frau wegen der illegalen Aufzeichnung der Gespräche eingereicht. Die Auswertungen des SMS-Verkehrs der Frau durch die Berner Staatsanwaltschaft hatten zudem den Verdacht erweckt, dass sie mit Josef Bollag und Sacha Wigdorovits Kontakt gehabt hatte und diese die Frau instruiert hatten, die Geschichte an die Medien weiterzugeben. Die „Sonntagszeitung" berichtete, dass Bollag der Frau dafür gar Geld bezahlt habe. In der Folge wurde die Strafanzeige auf Bollag und Wigdorovits sowie auf Patrick Müller, Chefredaktor der „Schweiz am Sonntag“ ausgeweitet. Noch im Februar war für Geri Müller klar gewesen, dass er für die Grünen noch einmal für den Nationalrat kandidieren wird; Anfang November gab er allerdings bekannt, dass er sich ganz auf sein Amt in Baden konzentrieren wolle und nicht mehr antrete. Dieser Entscheid habe aber nichts mit den jüngsten Vorfällen zu tun.
Von der ganzen Posse, die von den sensationslüsternen Medien als schlüpfrige Skandalgeschichte dankbar aufgenommen wurde, bleiben mindestens zwei Erinnerungen. Einerseits scheinen die Hemmungen der Medien gesunken zu sein, Privates von Politikerinnen und Politikern an die Öffentlichkeit zu zerren. Dies wäre freilich nur zulässig, wenn private Handlungen der Gemeinschaft Schaden zufügen würden. Andererseits zeigt die Geschichte aber auch, dass die Medien sehr wohl aus unterschiedlichen Blickwinkeln berichteten. Allerdings ist die Gewichtung der Berichterstattung mehr als erstaunlich: Die APS-Pressedokumentation weist aus, dass in den Monaten August bis Oktober mehr als doppelt so häufig über den Grünen Geri Müller im Speziellen als über die Grüne Partei im Allgemeinen berichtet wurde. Der „Skandal des Jahres“ – wie der „Sonntagsblick“ Ende Jahr titelte, hinterlässt also einen ziemlich schalen Nachgeschmack.

GP Geri Müller

Im Mai begann die GP mit der Unterschriftensammlung für ihre Fair Food“-Initiative". Das Begehren fordert, dass gesunde, umweltfreundliche und fair hergestellte Import-Produkte mit Zollerleichterung versehen werden, um zu vermeiden, dass der weltweite Handel mit Nahrungsmitteln die Qualitätsstandards in der Schweiz unterläuft. Zudem soll die Lebensmittelindustrie, die bei verarbeiteten Produkten immer häufiger auf billige Zutaten setzt, in die Pflicht genommen werden: Die aus ausländischen Produktionsstätten stammenden Zutaten genügten den qualitativen Ansprüchen, wie sie in der Schweizer Produktion Standard sind, häufig nicht. Dies soll geändert werden. Die GP-Delegierten hatten dem Vorhaben im Januar mit 132 zu 10 Stimmen bei 21 Enthaltungen ihren Segen erteilt. Vorbehalte meldeten damals vor allem die jungen Grünen an, die kritisierten, dass keine verbindlichen Ziele verlangt werden und befürchteten, dass im Wahljahr mit dem Vorhaben zu viele Ressourcen gebunden würden.

GP „Fair Food“-Initiative"

Für GP-interne Auseinandersetzungen sorgte die abweichende Parole der Tessiner Sektion bei der Masseneinwanderungsinitiative. Die Tessiner Grünen, die Mitte der 1980er-Jahre gegründet worden waren, hatten seit 2007 einige Erfolge auf kantonaler Ebene zu verzeichnen. Dies war auch dem Umstand geschuldet, dass sich die GP Tessin bei einigen Themen der Lega annäherte und rechts der SP politisierte. Dieser inhaltliche Umschwung wurde vor allem auf das ehemalige SP-Mitglied Sergio Savoia zurückgeführt, der die Verdi seit 2007 koordinierte. Allerdings erwuchs gegen Savoia zunehmend Widerstand innerhalb der eigenen Kantonalsektion. An der Delegiertenversammlung der nationalen GP in Mendrisio forderte Savoia in seiner Eröffnungsrede eine klarere Position der Parteispitze zur Zuwanderung. Man dürfe das Thema Migration nicht den rechten Parteien überlassen.

GP Tessiner Sektion

An der Delegiertenversammlung der GP Ende März in Ziegelbrücke (GL) wurde das Co-Präsidium aus Adèle Thorens und Regula Rytz sowie das Vizepräsidium aus Bastien Girod, Josef Lang und Robert Cramer für zwei weitere Jahre bestätigt. Für die jungen Grünen wurde Luca Maggi neu ins Präsidium gewählt.

GP Präsidium

Zusammen mit ihren deutschen und österreichischen Schwesterparteien wollte die GP die zukünftige Vergabe von olympischen Spielen kritisch beleuchten. Ein Dorn im Auge waren den Grünen die ökologisch und ethisch stark kritisierten Winterspiele im russischen Sotschi. In Zukunft müssten Vergaben auch auf ethische (Menschenrechte, Demokratiegrad, Korruption) und ökologische Standards (Umweltverträglichkeit, Bauaufwand, Nutzen für die ansässige Bevölkerung des Gastgeberlandes) achten. Mit einer entsprechenden Rangliste der Bewerberstädte für die Olympischen Winterspiele 2022 wollten die Grünen die Diskussion mit den Mitgliedern des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) der jeweiligen Länder suchen.

GP Vergabe von olympischen Spielen

Früh distanzierte sich die GP von der Ecopop-Initiative. Diese sei keine Umwelt-, sondern eine Abschottungsinitiative. Um gegen das Begehren anzutreten, lancierten die Grünen einen Tag nach dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative ein Bündnis für eine offene Schweiz, mit dem man gegen Ecopop ankämpfen wollte. Zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der Grünen distanzierten sich von Ecopop. Damit wollte man auch für die Basis ein Zeichen setzen, die sich – so die Befürchtung – durchaus Gedanken über die Umweltbelastung aufgrund von Zuwanderung macht. Dies war ein Argument, das auch als ein möglicher Grund für das Ja bei der Masseneinwanderungsinitiative betrachtet worden war. Anfang Dezember – kurz nach dem Nein zur Ecopop-Initiative – forderten die jungen Grünen des Kantons Aargau den Ausschluss des Ecopop-Geschäftsführers Andreas Thommen aus der GP.

GP Ecopop-Initiative

Die jungen Grünen kritisierten ihre Mutterpartei, weil diese eine Spende der Versicherungsgesellschaft AXA Winterthur über rund CHF 10‘000 angenommen hatte. Es sei sehr heikel, wenn es zu Firmensponsoring komme, weil damit eine Abhängigkeit entstehe, die es in der Politik nicht geben dürfe. Sauer stiess der Jungpartei insbesondere auf, dass die SP auf das gleiche Spendenangebot verzichtet hatte. Die Mutterpartei wehrte sich, die Annahme der Spende entspreche dem 2012 ausgearbeiteten Spendenreglement. Wenn eine Firma die Spende transparent mache und gutheisse, dass auch die GP die Spende veröffentliche, und wenn das Unternehmen bestimmte Anforderungen hinsichtlich der Politik der GP erfülle, dann nehme man die Spende an; die SP könne viel eher als die GP auch einmal auf eine Spende verzichten. Bereits 2012 war es zu parteiinternen Auseinandersetzungen gekommen, weil man bei den Grünen die Spenden von UBS und CS zwar ausgeschlagen, jene der Raiffeisenbank aber angenommen hatte.

Grünen Spende

Weil er dem Council of European Palestinian Relations (CEPR) angehört, wurde der Grüne Geri Müller (AG) Anfang 2014 laut einer israelischen Zeitung mit einem Einreiseverbot nach Israel belegt. Israel warf dem CEPR fehlende Abgrenzung zum Terrorismus vor und drohte mit Verhaftung dessen Mitglieder im Falle einer Einreise nach Israel. Müller war bekannt für seine israelkritische Haltung, so hatte er etwa 2012 Abgeordnete der Hamas im Bundeshaus empfangen oder war als Präsident der Aussenpolitischen Kommission an einer Kundgebung gegen die israelischen Militärschläge im Gazastreifen als Redner aufgetreten. Das Einreiseverbot gegen einen Parlamentarier wurde jedoch breit kritisiert. Die israelische Botschaft dementierte zwar den Zeitungsbericht, sagte aber, dass das Einreiseverbot den Hamas-Aktivisten im CEPR gelte – die es laut Müller aber gar nicht gebe.

Grüne Geri Müller Einreiseverbot nach Israel

Die Ökoliberale Bewegung Schaffhausen (ÖBS), eine der nationalen Grünen Partei angeschlossene Gruppierung, die im Schaffhauser Parlament vier Sitze hält, hatte im Vorjahr den Wunsch eines einjährigen Status als Beobachterin bei der GLP angemeldet. Die ÖBS blieb während dieses Jahres Mitglied der GP und entschloss sich Ende November definitiv im Schoss der Grünen zu bleiben. Allerdings sprach sich rund ein Drittel der ÖBS-Mitglieder gegen einen Verbleib bei der GP aus, weil diese zu weit links politisiere. Dieses Drittel – darunter auch zwei Kantonsräte – wollte fortan als GLP auftreten.

ÖBS entscheidet über Parteizugehörigkeit

Nach einem Jahr Beobachterstatus bei der GLP entschied sich die Ökoliberale Bewegung Schaffhausen (ÖBS), eine 1990 aufgrund eines Zusammenschlusses von Jungliberalen und Umweltgruppierungen entstandene, bisher der nationalen Grünen Partei angeschlossene Gruppierung, bei den Grünen zu bleiben und sich nicht der GLP anzuschliessen. Dieser Entscheid wurde allerdings nicht von allen Mitgliedern der ÖBS geteilt. Ein Teil der Anhängerschaft – darunter auch zwei der vier Schaffhauser Kantonsräte – wechselte zur GLP, die damit in Schaffhausen quasi aus dem Nichts zu zwei Sitzen kam.

ÖBS entscheidet über Parteizugehörigkeit

Mit der Wahl von Antonio Hodgers in den Genfer Staatsrat musste das Amt des Bundeshausfraktionspräsidenten neu besetzt werden. Drei der 15 National- und zwei Ständeräte kündigten eine Kandidatur für den Posten an: die 2013 amtierende Nationalratspräsidentin Maya Graf (BL), der seit 2011 im Nationalrat sitzende Balthasar Glättli (ZH) sowie Nationalrat Daniel Vischer (ZH), der von 1999 bis 2003 bereits die grüne Fraktion im Zürcher Kantonsrat präsidiert hatte. Die Fraktion entschied sich Ende November für Glättli, der sich vor allem hinsichtlich Netzpolitik, Datenschutz und Persönlichkeitsrechten einen Namen gemacht hat.

Wahl des neuen Bundeshausfraktionspräsidenten der Grünen

In der Verkehrspolitik wollten die Grünen ihre Position für weniger Mobilität verteidigen. Bereits im Januar kündigte Co-Präsidentin Regula Rytz an, ein Referendum zu unterstützen, sollte der Bau einer zweiten Gotthardröhre beschlossen werden. Das bis anhin von den Grünen besetzte VCS-Präsidium wollte man ebenfalls nicht kampflos der SP überlassen: neben der letztlich gewählten Evi Allemann (sp, BE) trat deshalb auch Aline Trede (gp, BE) an. Mitte April brachten die Grünen zudem die Idee eines Gelegenheits-Halbtax-Abonnements in die Diskussion um die Preise im öffentlichen Verkehr ein. Die „Bahnkarte 25“ soll für CHF 50 im Jahr die Bahnreisen um 25% verbilligen. Damit würden Anreize für Gelegenheitszugfahrer gesetzt, die vermehrt auf die Strasse ausweichen würden, gab Regula Rytz, Co-Präsidentin der Grünen in einem Interview zu Protokoll. Eine ähnliche Idee war in Deutschland mit einigem Erfolg im Jahr 2002 eingeführt worden. Schliesslich forderten die Delegierten im November in einer Resolution, dass bis 2050 nur noch Autos auf Schweizer Strassen fahren dürfen, die mit grünem Strom fahren. Dies soll durch eine Erhöhung der Auto-Importsteuer und der Umwandlung von Parkplätzen in Standplätze mit Ladestationen erreicht werden. Darüber hinaus müsse möglichst rasch ein verursachergerechtes Mobility-Pricing eingeführt werden.

Verkehrspolitik
Dossier: Mobility-Pricing

Im November des Berichtjahrs kündigten die Grünen an, eine Initiative im Bereich der Agrarpolitik lancieren zu wollen. Ziel der Initiative „für gesunde sowie umweltfreundlich und fair hergestellte Lebensmittel (Fair-Food-Initiative)“ ist die Förderung lokal und saisonal produzierter Lebensmittel. Importiert werden dürfen nur noch Lebensmittel, die nach Schweizer Vorschriften und Gebräuchen produziert wurden. Heute könne wegen fehlender Transparenz die Einhaltung von Umwelt-, Qualitäts- oder Tierschutzstandards nicht beurteilt werden. Auch gebe es keine Vorschriften für fairen Handel. Eine bessere Qualität der Produkte würde einen höheren Preis rechtfertigen. Das Begehren soll im Januar 2014 ausgereift sein und den Delegierten vorgelegt werden können.

Agrarpolitik

Die jungen Grünen wählten Ende September Ilias Panchard (GE) zum Co-Präsidenten. Dem dreiköpfigen Präsidium gehören neben Panchard auch Lena Frank (BE) und Andreas Lustenberger (ZG) an. Mit Panchard soll die französischsprachige Schweiz stärker eingebunden werden.

jungen Grünen

Mit ihrer im Oktober 2012 eingereichten Initiative „Für eine nachhaltige und ressourceneffiziente Wirtschaft (Grüne Wirtschaft) konnte die GP einen ersten Erfolg erzielen, reagierte doch der Bundesrat mit einem indirekten Gegenvorschlag mittels Revision des Umweltschutzgesetzes. Die Initiative verlangt die Reduktion des ökologischen Fussabdrucks der Schweiz von heute – hochgerechnet auf die Weltbevölkerung – 2,8 Erden auf 1 Erde im Jahr 2050. Ziel sei es, nur so viele natürliche Ressourcen zu verbrauchen, wie natürlicherweise hergestellt werden. Der Bundesrat befürwortete die Stossrichtung, erachtete das Ziel der Initiative aber als zu ehrgeizig. Mit dem Verweis auf ein Papier der Unternehmervereinigung „World Business Council of Sustainable Development“, der Firmen wie ABB, Novartis oder Toyota angehören und die in einer Vision 2050 mögliche Wege für eine Reduktion des Fussabdrucks auf 1,1 Erden aufzeigt, erhoffen sich die Grünen auch Unterstützung aus der Wirtschaft.

Initiative „Für eine nachhaltige und ressourceneffiziente Wirtschaft (Grüne Wirtschaft)“

An der Delegiertenversammlung in Visp (VS) beschlossen die Grünen in einer Resolution, dass die Bergregionen besser unterstützt werden sollen. Eine nachhaltige Entwicklung müsse in diesen Regionen mit einer besseren Unterstützung der naturnahen Landwirtschaft, aber auch mit einer Reduktion des CO2-Ausstosses gefördert werden. Die Einführung einer CO2-Taxe und die Ratifikation der Alpenkonvention seien deshalb vordringlich.

Resolution zum Schutz der Bergregionen