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Akteure

  • Grüne Partei der Schweiz (GPS)
  • Grunder, Hans (bdp/pbd, BE) NR/CN
  • Sommaruga, Simonetta (sp/ps) BR EJPD / CF DFJP

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Der Abstimmungskampf zur Zersiedelungsinitiative startete relativ spät und verlief generell eher flau. Mitte Dezember präsentierte das gegnerische Komitee erstmals seine Argumente für ein Nein, danach blieb es bis Ende Jahr still um das Volksanliegen, das der Schweizer Bevölkerung am 10. Februar 2019 zur Abstimmung unterbreitet wurde. Gemäss Nein-Komitee sei die Initiative «überflüssig und unnütz», wie man bald darauf auch auf Abstimmungsplakaten lesen konnte. Sie schade der Wirtschaft und mit der ersten Teilrevision des Raumplanungsgesetzes (RPG) werde dem Anliegen bereits ausreichend Rechnung getragen. Die Forderung nach Einfrieren der Bauzonen sei zu starr und befeuere den Raumplanungswettbewerb zwischen den Kantonen. Auf der anderen Seite weibelten die Befürworterinnen und Befürworter mit eindrücklichen Zahlen zur fortschreitenden Überbauung für ihr Anliegen. Jeden Tag werde eine Grünfläche in der Grösse von acht Fussballfeldern verbaut, was einem Quadratmeter pro Sekunde entspreche. Die Initianten wehrten sich gegen das Argument, die vorgeschlagene Regelung sei zu starr; es sei durchaus möglich, neue Bauzonen einzuzonen, sofern andernorts eine Fläche derselben Grösse ausgezont würde. Aufgrund der Tatsache, dass die Raumplanung in erster Linie Sache der Gemeinden und Kantone ist, erachteten die Gegnerinnen und Gegner dies jedoch nicht als praktikable Lösung.
Generell stiessen die (jungen) Grünen mit ihrer Initiative nicht auf übermässige Unterstützung. Mit der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz beschloss eine Urheberin der Landschaftsinitiative, die bereits eine Einschränkung der Zersiedelung gefordert hatte und aufgrund der Annahme der ersten Teilrevision des Raumplanungsgesetzes schliesslich zurückgezogen worden war, Stimmfreigabe. Die Forderung nach Beschränkung der Bautätigkeit teile man zwar, erachte jedoch den strikten Plafond als nicht zielführend. Es sei wahrscheinlich, dass die Zersiedelung im ländlichen Raum, wo die überdimensionierten Bauzonen mehrheitlich liegen, gar fortschreite. Darüber hinaus sei man mit der ersten RPG-Teilrevision zufrieden und wolle durch eine Plafonierung der Bauzonen nicht deren Redimensionierung gefährden. Zu Letzterem waren Kantone mit speziell überdimensionierten Bauzonen im Rahmen der ersten RPG-Teilrevision aufgefordert worden. Ein ähnlicher Tenor war von der GLP zu vernehmen, die gar die Nein-Parole ausgab. Es sei abzuwarten, wie die erste RPG-Teilrevision umgesetzt werde und inwiefern in der zweiten Teilrevision das Bauen ausserhalb der Bauzonen eingeschränkt werde. Nicht zuletzt wiesen auch der fög-Abstimmungsmonitor und die APS-Inserateanalyse eine eher negative Medienresonanz sowie eine sehr einseitige, beinahe ausschliesslich vom gegnerischen Lager dominierte Inseratekampagne in den Printmedien nach, was das Bild der ungleich langen Spiesse im Abstimmungskampf verdeutlichte.
Dennoch äusserten verschiedene Akteure in den Medien auch Verständnis für das Anliegen und sogar die Gegnerschaft ging einig, dass der Kulturlandverlust gebremst werden müsse. Die bestehenden Bauzonen böten durchaus noch Platz für eine grosse Zahl neuer Bewohnerinnen und Bewohner, auch sei das Verdichtungspotenzial noch nicht ausgeschöpft, wurden verschiedene Studien in den Medien zitiert. Ein klares Ja fassten darüber hinaus die SP-Delegierten, obwohl sich eine nicht vernachlässigbare Minderheit ihrer Fraktion in den Räten enthalten hatte. Die SP zeigte sich jedoch im Abstimmungskampf in den Medien wenig präsent. Auch der Verband Pro Natura, ebenfalls Urheber der Landschaftsinitiative, gab die Ja-Parole heraus. Support erhielt die Initiative Ende Januar auch von den Architekten Mario Botta und Benedikt Loderer, sowie von einem Kollektiv aus weiteren, im Bereich Architektur und Raumplanung tätigen Personen. Auch die Kleinbauernvereinigung unterstützte, im Gegensatz zum Schweizerischen Bauernverband, das Volksanliegen.

In ersten, gegen Ende Dezember und in der ersten Januarhälfte durchgeführten Umfragen erhielt die Initiative noch Wohlwollen bei einer knappen Mehrheit der Befragten. In der dritten Umfragewelle, die Ende Januar publiziert wurde, hatte das Volksbegehren dann aber deutlich an Zuspruch eingebüsst. Die Medien schrieben dies dem Verdienst der neuen UVEK-Vorsteherin Simonetta Sommaruga zu. Ihr sei es mit diversen Auftritten gelungen, die Bevölkerung davon zu überzeugen, dass mit dem revidierten Raumplanungsgesetz bereits ein griffiges Instrument zur Eindämmung der Zersiedelung vorliege. Gemäss Autoren der Tamedia-Umfrage werde die Bundesrätin als glaubwürdig eingestuft. Vor ihrer Zeit als Bundesrätin war Sommaruga darüber hinaus Teil des Initiativkomitees der Landschaftsinitiative gewesen. Das Initiativkomitee der Zersiedelungsinitiative zeigte sich in Bezug auf die eigene Initiative nicht glücklich über die kürzlich erfolgte Departementsrochade. Mit Bundesrätin Sommaruga habe man eine starke Gegnerin im Abstimmungskampf. Darüber hinaus helfe es der Initiative nicht, dass sie von einer linken Bundesrätin bekämpft werde.

Volksinitiative "Zersiedelung stoppen – für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung (Zersiedelungsinitiative)"

Ende August 2018 legte der Bundesrat seine Botschaft zur eidgenössischen Volksinitiative «Für mehr Transparenz in der Politikfinanzierung (Transparenz-Initiative)» vor. Obwohl Umfragen verschiedentlich gezeigt hatten, dass das Anliegen bei der Bevölkerung auf Sympathie stösst und die Juso mit zwei inhaltlich ähnlich gerichteten kantonalen Initiativen in den Kantonen Schwyz und Freiburg Erfolg gehabt hatte – was in der Presse als «Sensation» bezeichnet worden war, weil in beiden Kantonen sowohl Regierung als auch Parlament das Begehren abgelehnt hatten –, empfahl der Bundesrat die Initiative ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung. Er argumentierte dabei ähnlich wie bei seinen Antworten auf die Kritik der GRECO an der Intransparenz der Politikfinanzierung in der Schweiz, dass nämlich Regeln zur Offenlegung von Parteispenden nicht mit dem politischen System der Schweiz vereinbar seien. Sie seien zudem auch deshalb nicht nötig, weil erstens die verschiedenen Institutionen der Machtteilung – Föderalismus, direkte Demokratie, Kollegialregierung, Milizsystem – verhinderten, dass Parteien einen zu grossen Einfluss ausüben könnten und zweitens Zweifel bestünden, dass Geld bei Abstimmungs- und Wahlkampagnen überhaupt eine entscheidende Rolle spiele. Der Bundesrat warnte zudem davor, dass die Regelungen hohe Kosten verursachen würden, da die Überprüfung und die Durchsetzung der Regeln wirksame Kontrollen benötigten. Die von der Initiative vorgesehenen Regelungen könnten zudem sehr einfach unterlaufen werden. In den Medien wurde auch die Rolle von Justizministerin Simonetta Sommaruga diskutiert, die die bundesrätliche Haltung in der Öffentlichkeit vertreten musste. Es stehe ihr ein unangenehmer Abstimmungskampf bevor, da die Partei der Magistratin für die Initiative kämpfe.

Eidgenössische Volksinitiative «Für mehr Transparenz in der Politikfinanzierung (Transparenz-Initiative)»
Dossier: Finanzierung der Politik
Dossier: Transparenzinitiative und Gegenvorschlag - Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte

Ranglisten haben etwas Eingängiges: Mit ihrer Hilfe lassen sich vermeintliche Unterschiede fest- und darstellen. So versuchen öfters auch die Medien Parlamentarierinnen und Parlamentarier einzuordnen und zu vergleichen. 2017 präsentierte die Sonntagszeitung ein Parlamentarierrating, mit welchem der Einfluss aller Parlamentsmitglieder gemessen werden sollte, und die NZZ wartete mit ihrem jährlichen Links-Rechts-Rating auf.
Der Einfluss wurde in der Sonntagszeitung anhand der Kommissionszugehörigkeit, der in den Räten vorgebrachten Voten, der Anzahl erfolgreicher politischer Vorstösse, der Ämter im Rat und in der Partei, der Medienpräsenz und dem ausserparlamentarischen Beziehungsnetz gemessen. Zwar wies die Zeitung nicht aus, wie sie diese Elemente miteinander verknüpfte und gewichtete, die Rangliste diente ihr aber als Grundlage für immerhin drei ganze Zeitungsseiten. Laut den Berechnungen war SP-Parteipräsident Christian Levrat (FR) in den Jahren 2015–2017 der einflussreichste Parlamentarier, gefolgt von Pirmin Bischof (svp, SO) und Gerhard Pfister (cvp, ZG). Die «Flop 15» – so die Sonntagszeitung – wurden angeführt von Géraldine Marchand-Balet (cvp, VS), Hermann Hess (fdp, TG) und David Zuberbühler (svp, AR). Die Rangierungen verleiteten die Zeitung zu weiteren Analysen: So sei der Einfluss der SVP und der FDP, gemessen am Anteil Fraktionsangehöriger unter den Top 50, verglichen mit dem Rating 2014 gestiegen und der Einfluss des Kantons Zürich gesunken. Mit einem Vergleich der Rangliste hinsichtlich Medienpräsenz und dem Gesamtrang konnte die Zeitung zudem «die grössten Blender» ausmachen. Zwar häufig in den Medien, aber sonst nur wenig einflussreich waren laut dieser Berechnung etwa Tim Guldimann (sp, ZH), Andreas Glarner (svp, AG) oder Benoît Genecand (fdp, GE). Einzelne Regionalzeitungen diskutierten in der Folge «ihre» kantonalen Vertreterinnen und Vertreter. Solche Ratings seien nicht entscheidend, aber es fühle sich immer gut an, wenn man vorne sei, beurteilte Christian Levrat die Auswertung.

Wichtigste Erkenntnis der von der NZZ präsentierten Links-Rechts-Positionierung, die seit 1999 jährlich auf der Basis von in den Räten durchgeführten Abstimmungen von der Forschungsstelle Sotomo durchgeführt wird – auch in der NZZ wurde die Methode zur Messung von Links und Rechts lediglich sehr kryptisch mit den Begriffen «D-Nominate» und «Alpha-Nominate» angedeutet und dem Hinweis versehen, dass diese Methode für den amerikanischen Kongress entwickelt worden seien und die ideologische Position der Abgeordneten messe –, war die zunehmende Fraktionsdisziplin. Der Druck, auf Fraktionslinie zu stimmen, habe dazu geführt, dass es kaum noch Überlappungen in der ideologischen Positionierung zwischen den einzelnen Parteien gebe. Vor allem die CVP – sie variiert auf der Gesamtskala von -10 (links) bis +10 (rechts) zwischen 0.2 (Gerhard Pfister) und -1.7 (Barbara Schmid-Federer, ZH) – sei wesentlich geschlossener als früher, als sie noch Fraktionsmitglieder gehabt habe, die sich am rechten Rand bei der Position von (linken) FDP- und SVP-Mitgliedern befunden und am linken Rand die «rechten Ausläufer der SP» berührt hätten. Die FDP-Mitglieder, die Positionen zwischen 0.3 (Christa Markwalder, BE) und 2.4 (Bruno Pezzatti, ZG) einnahmen, sowie die SVP-Mitglieder (Jean-Pierre Grin, VD: 6.1 bis Erich Hess, BE: 10.0) lagen ziemlich weit auseinander. Der Median des gesamten Nationalrats verlief genau zwischen der CVP und der FDP. Auf der Ratslinken gab es mehr ideologische Gemeinsamkeiten: Zwar war die SP insgesamt etwas linker als die Grünen – die Werte variierten bei den Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten zwischen -8.2 (Chantal Galladé, ZH) und -9.9 (Silvia Schenker, BS) und bei den Grünen zwischen -9.4 (Lisa Mazzone, GE) und -7.8 (Bastien Girod, ZH) –, aber die Durchmischung war wesentlich stärker als im Block der Bürgerlichen. Die grösste Geschlossenheit wies die GLP auf, bei der sich Kathrin Bertschy (BE) und Tiana Angelina Moser (ZH) mit einem Wert von -3.0 ideologisch nur marginal von Martin Bäumle (ZH, -2.7) entfernt positionierten. Die BDP wies mehr Varianz auf: Sowohl Rosmarie Quadranti (ZH, -1.6) als auch Hans Grunder (BE, -0.2) fanden sich ideologisch leicht links der Mitte. Interessant war, dass sich die Kleinstparteien am Rand ihrer Fraktionen ansiedelten. Sowohl die Lega und das MCG bei der SVP-Fraktion, als auch die EVP bei der CVP-Fraktion wiesen im Rating ideologische Differenzen zu ihrer Fraktion auf.
Im Ständerat waren zwar die verschiedenen Parteien ebenfalls voneinander getrennt, es kam aber zwischen CVP und FDP zu Überlappungen und die Gesamtvarianz der Positionen in der kleinen Kammer war geringer. Sie reichte von Liliane Maury Pasquier (sp, GE; -8.3) bis Peter Föhn (svp, SZ; 9.8), wobei sich Letzterer am rechten Rand ziemlich alleine auf weiter Flur befand, gefolgt von Werner Hösli (svp, GL; 7.6). Bei der FDP gesellten sich Fabio Abate (TI, -0.2) und vor allem Raphaël Comte (NE; -1.6) zum Lager der CVP, das von -2.4 (Anne Seydoux-Christe, JU) bis 0 (Isidor Baumann, UR) reichte. Am rechten Rand der FDP politisierte Philipp Müller (AG, 3.4) und lag damit nahe bei Thomas Minder (SH, 4.8), der als Parteiloser der SVP-Fraktion angehört. Von der SP sassen mit Pascale Bruderer (AG, -5.2) , Claude Janiak (BL, -5.5), Hans Stöckli (BE, -5.6) und Daniel Jositsch (ZH, -5.6) vier im Vergleich zum Nationalrat ziemlich gemässigte Genossinnen und Genossen in der kleinen Kammer.

Nationalratsrating

Noch vor den eidgenössischen Wahlen 2015 hatte die Grüne Fraktion zwei Motionen eingereicht, mit denen sie mehr Transparenz in der Parteien- und Abstimmungsfinanzierung forderte. Zum einen wurde die Kritik der Greco von 2011 an der nicht existierenden Transparenz bei der Parteienfinanzierung (Mo. 15.3715) als Begründung herangezogen: Parteien sollen mit der Motion verpflichtet werden, die Vergabe von Spenden, die einen zu bestimmenden Schwellenwert übersteigen, öffentlich zu machen. Diese Transparenz sei zum anderen auch nötig bei Abstimmungskampagnen (Mo. 15.3714), bei denen erschwerend hinzukomme, dass sie häufig nicht über eine Parteikasse, sondern über Abstimmungskomitees finanziert und organisiert würden. Auch diese parteiunabhängigen Akteure müssten zu einer Veröffentlichung von Zuwendungen verpflichtet werden.
Der Bundesrat zeigte in seiner Stellungnahme keine Absicht, bei der Parteien- und Abstimmungsfinanzierung für mehr Transparenz zu sorgen. Einerseits habe die Greco für Abstimmungen keine Handlungsempfehlungen gegeben und andererseits habe das Parlament erst kürzlich – die Regierung verwies auf eine parlamentarische Initiative der RK-NR – auf die Einführung von entsprechenden Massnahmen verzichtet. Zudem wären die Eigenheiten des politischen Systems mit einem Gesetz zu Partei- und Abstimmungsfinanzierung nicht vereinbar: privates Engagement im Rahmen des Milizsystems, die kantonale Autonomie in diesen Fragen, aber auch die direkte Demokratie, in deren Rahmen sich Parteien besonders stark auch finanziell betätigen müssten, würden durch mehr Transparenz eher behindert. Diese Ausführungen hatte der Bundesrat bereits bei seiner Antwort an die Greco verwendet.
In der Ratsdebatte machte Bundesrätin Simonetta Sommaruga zudem klar, dass die Idee bei den Parteien – mit Ausnahme der SP – auf wenig Gegenliebe stosse. Dies hätten die Von-Wattenwyl-Gespräche gezeigt, die 2014 mit den Parteien zu diesem Thema geführt worden waren. Die SP-Magistratin wies freilich auch auf die Transparenz-Initiative hin, die im April 2016 lanciert worden war und mit der es vielleicht möglich werde, dass die Bevölkerung über das Thema befinden könne. Die Nationalrätinnen und Nationalräte schienen in der Tat keine Lust zu haben, hier selber tätig zu werden. Beide Motionen wurden nur von 67 Stimmen aus den Fraktionen der GP, der SP, der GLP und der BDP (mit Ausnahme von Hans Grunder) und vereinzelten Stimmen aus der CVP unterstützt. Gegen mehr Transparenz bei der Parteienfinanzierung stimmten 122 Volksvertreterinnen und -vertreter (1 Enthaltung) und gegen ein Kampagnenfinanzierungsgesetz fanden sich 121 Stimmen (2 Enthaltungen).

Transparenz bei der Parteienfinanzierung (Mo. 15.3714)
Dossier: Finanzierung der Politik

Mit 60,4 Prozent Ja- gegenüber 39,6 Prozent Nein-Stimmen nahm das Schweizer Stimmvolk am 12. Februar 2017 die erleichterte Einbürgerung von Personen der dritten Ausländergeneration deutlich an. Die Stimmbeteiligung lag schweizweit bei 46,8 Prozent und schwankte zwischen 39 Prozent im Kanton Uri und rund 66 Prozent in Schaffhausen. Eher überraschend war das ebenfalls deutliche Ständemehr: 17 von 23 Ständen stimmten der Vorlage zu. Die auf frühere Abstimmungsergebnisse zur erleichterten Einbürgerung zurückgehenden Befürchtungen der Befürworter, am Ständemehr zu scheitern, wurden damit klar widerlegt. In den im Vorfeld des Urnengangs noch als „Swing States“ bezeichneten Kantonen resultierte überall ein Ja. Verglichen mit der Abstimmung von 1994, als das Anliegen am Ständemehr gescheitert war, wechselten somit die acht Kantone Luzern, Nidwalden, Solothurn, Aargau, Schaffhausen, Appenzell-Ausserrhoden, Tessin und Wallis auf die Befürworterseite, wobei es in Nidwalden, Appenzell-Ausserrhoden und Tessin ein enges Rennen war (NW 50,4%, AR 50,9%, TI 50,2% Ja-Stimmen). Die knappste Entscheidung überhaupt fiel im Kanton Thurgau, wo lediglich 24 Stimmen für die ablehnende Standesstimme ausschlaggebend waren. Ein ebenfalls hauchdünnes Nein resultierte in Glarus und St. Gallen mit Nein-Stimmenanteilen von 50,4 Prozent bzw. 50,2 Prozent. Demgegenüber stiess die Vorlage in sämtlichen Westschweizer Kantonen auf überdurchschnittlich hohe Zustimmung. Am deutlichsten stimmte der in Ausländerfragen ohnehin sehr offen eingestellte Kanton Neuenburg mit einem Ja-Stimmenanteil von 75,1 Prozent zu. Die höchste Ablehnung hingegen erfuhr die Vorlage in Appenzell-Innerrhoden, dessen Stimmbevölkerung zu 56,4 Prozent ein Nein einlegte. Augenfällig ist bei den Ergebnissen zudem das Gefälle zwischen Stadt und Land; so stimmte die Stadt Zürich zu 76 Prozent Ja (Kanton ZH: 63,2%) und die Stadt St. Gallen zu 65 Prozent (Kanton SG: 49,8%).

Bundesrätin Simonetta Sommaruga liess nach dem Urnengang verlauten, die Regierung nehme das Ergebnis „mit grosser Genugtuung“ zur Kenntnis und es stimme zuversichtlich „für weitere, ebenso umstrittene Vorlagen“. Darüber hinaus ermunterte sie junge Ausländerinnen und Ausländer der dritten Generation, nun „die Chance zu nutzen und ihre Heimat mitzugestalten“, und fügte an, die Erleichterung der Einbürgerung sollte voraussichtlich spätestens in einem Jahr in Kraft treten. Freude über den Entscheid herrschte auch beim SGB und bei der Operation Libero. Während Ersterer von einer überfälligen Reform sprach und ankündigte, nun auch die Anforderungen für andere Einbürgerungswillige senken zu wollen, sah Letztere in dieser Abstimmung einen „ersten, wichtigen Schritt zu einem liberalen Bürgerrecht“. Daran müsse man jetzt anknüpfen und beispielsweise auch die erforderliche Aufenthaltsdauer senken oder die Mindestwohnsitzfristen in den Gemeinden abschaffen. Wenig erfreut zeigte sich die SVP, die nach der Durchsetzungsinitiative und dem Asylgesetz mit dieser Abstimmung die dritte Niederlage in der Ausländerpolitik innerhalb eines Jahres hinnehmen musste. Als Kopf des Gegenkomitees und Initiator der umstrittenen Plakate machte Andreas Glarner (svp, AG) besonders die bereits Eingebürgerten für das Resultat verantwortlich und forderte die Abschaffung des Doppelbürgerrechts. Die SVP erklärte aber auch, das Verdikt von Volk und Ständen zu akzeptieren und die noch offenstehende Möglichkeit, das Referendum gegen die in dieser Sache beschlossene Gesetzesänderung zu ergreifen, nicht wahrnehmen zu wollen.


Abstimmung vom 12. Februar 2017

Beteiligung: 46,84%
Ja: 1'499'627 (60,4%) / Stände: 15 4/2
Nein: 982'844 (39,6%) / Stände: 5 2/2

Parolen:
– Ja: SP, FDP (1*), CVP (1*), Grüne, GLP, BDP (1*), EVP, Städteverband, Eidgenössische Migrationskommission, SGB, Travail.Suisse
– Nein: SVP, EDU (1*)
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

La Suisse doit reconnaître ses enfants (Iv.Pa. 08.432) / Erleichterte Einbürgerung der dritten Generation

Ende November erschien das NZZ-Parlamentarierrating 2016 und bildete das erste Jahr nach den Wahlen 2015 ab. Der Rechtsrutsch der Wahlen zeichnete sich im Rating deutlich ab. Der Median der Positionen aller Parlamentarierinnen und Parlamentarier, die aufgrund paarweiser Vergleiche des Abstimmungsverhaltens während der vier vergangenen Sessionen errechnet werden, rückte auf der Skala von -10 (absolut links) bis + 10 (absolut rechts) von 0.8 (2015) auf 1.7. Gleich drei SVP-Fraktionsmitglieder nahmen die rechte Extremposition (10) ein: Marcel Dettling (SZ), Erich Hess (BE) und, wie bereits 2015, Pirmin Schwander (SZ). Lisa Mazzone (gp, GE) positionierte sich mit einem Wert von -9.6 am linken Extrempol.
Vom Rechtsrutsch habe – gemessen an der Anzahl gewonnener Abstimmungen im Rat – vor allem die FDP, kaum aber die SVP profitiert, so die Studie. Bei den Parteien zeigten sich insgesamt nur leichte Verschiebungen. So hatte sich die SVP noch einmal nach rechts verschoben und nahm insgesamt den Wert 8.0 ein (2015: 7.7.). Jean-Pierre Grin (VD) besetzte mit 6.3 die moderateste Position in der Volkspartei. Damit war er dennoch ziemlich weit vom am meisten rechts stehenden FDP-Fraktionsmitglied entfernt: Bruno Pezzatti (ZG) erreichte einen Wert von 3.4. Den linken Rand der FDP, die sich im Vergleich zu 2015 nicht verändert hatte und fraktionsübergreifend konstant bei 2.2 blieb, nahm erneut Christa Markwalder mit 1.4 ein. Damit war die Bernerin leicht linker positioniert als Daniel Fässler (AI), der mit 1.9 den rechten Rand der CVP besetzte. Den Gegenpol bei den Christlichdemokraten nahm Barbara Schmid-Federer (ZH) mit -0.9 ein. Auch die CVP blieb im Vergleich zu 2015 konstant bei 0.6. Innerhalb des Spektrums der CVP-EVP-Fraktion fand sich die BDP (0.9: Hans Grunder, BE bis -0.5: Rosmarie Quadranti, ZH), die leicht nach links gerutscht war (0.2). Deutlich am linken Rand der CVP-Fraktion positionierte sich die EVP mit Maja Ingold (ZH, -2.8) und Marianne Streiff-Feller (BE, -3.1). Einen Linksrutsch verzeichnete auch die GLP, die sich bei -2.7 positionierte und sich wie schon 2015 sehr geschlossen zeigte. Nur gerade 0.5 Skalenpunkte trennten Kathrin Bertschy (BE, -2.8) von Martin Bäumle (ZH, -2.3). Etwas geschlossener als 2015 zeigte sich auch die SP, die fraktionsübergreifend bei -8.3 zu liegen kam. Chantal Galladé (ZH, -6.6) fuhr dabei den sozialliberalsten Kurs. Gleich drei Fraktionsmitglieder positionierten sich beim linken Extremwert der SP, bei -9.1: Bea Heim (SO), Susanne Leutenegger Oberholzer (BL) und Silvia Schenker (BS). Die Grünen schliesslich positionierten sich insgesamt bei -9.0 und die Fraktionsmitglieder überlappten sich stark mit der SP: Daniel Brélaz (VD, -7.9) zeigte sich dabei sogar noch etwas rechter als die gesamte SP.
Die Forschungsstelle Sotomo, welche das Rating durchführte, wertete auch 2016 den Ständerat aus. Erneut zeigte sich eine geringere Polarisierung als in der grossen Kammer. Zwar lagen auch in der kleinen Kammer die Extremwerte weit auseinander, Lilian Maury Pasquier (sp, GE, -9.5) und Peter Föhn (svp, SZ, 9.8) fanden sich aber ziemlich alleine auf weiter Flur. Alle anderen Ständeratsmitglieder befanden sich zwischen -6.2 (Christian Levrat, sp, FR) und 7.3 (Hannes Germann, svp, SH).

Nationalratsrating

Les quatre premiers points de la motion du groupe vert en réponse à la tragédie qui frappe les réfugiés en Méditerranée ayant été rejetés par le Conseil national, il a été question pour le Conseil des Etats de débattre des deux points restants lors de la session d'été 2016. Ces deux points demandaient une aide de la part de la Confédération pour les requérants d'asile en dehors des frontières suisses, à savoir dans les pays côtiers de l'Europe les plus touchés par les arrivées en Méditerranée (point 5) et dans les pays de provenance (point 6). Des voix du camp rose-vert ont exprimé leur regret face au sort des quatre premiers points et ont défendu les points cinq et six. Il a été plusieurs fois répété que la Suisse fournissait déjà une aide humanitaire dans le sens demandé par la motion. La question était désormais de savoir quel signal envoyait l'acceptation ou le rejet de ces deux points. Pour la majorité de la Commission souhaitant leur rejet, un vote en faveur de la motion serait signe d'un désaveu de la politique du Conseil fédéral par le parlement, qui voudrait alors que plus d'aide soit accordée aux différents pays touchés. Pour la minorité, au contraire, une acceptation signifierait un encouragement de la part des chambres fédérales à continuer la politique humanitaire de la Confédération. La conseillère fédérale Sommaruga a conclu le débat par son allocution, en repeignant le tableau de l'aide fédérale déjà allouée aux pays outre-Méditerranée, ainsi que son rôle dans le cadre des accords Dublin régissant l'accueil des réfugiés en Europe. Elle a également souligné que la contrepartie nécessaire de la Suisse à ces accords est la coopération des autres pays, notamment en ce qui concerne l'enregistrement des requérants au moment de l'arrivée. Enfin, les deux dernières demandes de la motion étant actuellement déjà remplies par la Confédération, il ne fait selon la ministre de l'asile peu de différence si l'objet est accepté ou non. Lors du vote, le point 5 (aide aux pays côtiers européens) a été accepté à 25 voix contre 17 et le point 6 (aide sur place aux réfugiés) refusé par 16 voix contre 26, les deux sans abstentions.

tragédie qui frappe les réfugiés en Méditerrannée
Dossier: Dublin-Verordnung

Im Herbst 2013 hatte der Bundesrat seine Botschaft zum ersten Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 sowie zur Volksinitiative „Für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie (Atomausstiegsinitiative)“ an das Parlament gerichtet. Die Energiestrategie 2050 wurde als indirekter Gegenvorschlag zur Atomausstiegsinitiative der Grünen vorgeschlagen. Zu den Grundsätzen der Energiestrategie 2050 gehört die sparsame und effiziente Nutzung jeder Energie, der wesentliche Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtverbrauch, sowie das Verursacherprinzip in der Kostenverteilung. Das erste Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 bringt eine Totalrevision des Energiegesetzes und Anpassungen an neun weiteren Bundesgesetzen mit sich.
Der Nationalrat nahm die Diskussion der Vorlage am 1. Dezember 2014 auf. Während die Mehrheit der UREK-NR das Eintreten auf die Vorlage beantragte, forderte eine Minderheit Knecht (svp, AG) Nichteintreten. Eine Minderheit I Rösti (svp, BE) verlangte die Rückweisung an den Bundesrat mit dem Auftrag, das erste und das zweite Massnahmenpaket gleichzeitig vorzulegen und aufzuzeigen, wie die Stromerzeugung aus Wasserkraft langfristig gesichert werden könne. Eine Minderheit II Wasserfallen (fdp, BE) beantragte die Rückweisung an den Bundesrat mit dem Auftrag, in einem Gesamtpaket die vollständige Strommarktöffnung, die Aufhebung aller Subventionen, Vorschläge zur ökologischen Steuerreform sowie eine umfassende Stromnetzstrategie darzulegen. Zudem sei eine Vorlage zur Energieeffizienz separat vorzulegen und die Atomausstiegsinitiative dem Volk vorzulegen. In einer langen Eintretensdebatte zeigten sich die Positionen der Parteien: Vertreter der SVP betonten, dass die Vorlage mit grossen Unsicherheiten behaftet sei und damit die Versorgungssicherheit gefährdet werde. Von Seiten der FDP wurde kritisiert, dass eine Abkehr von der Subventionierung erneuerbarer Energien noch nicht absehbar sei, weil das zweite Massnahmenpaket noch nicht vorliege. Zudem wurden von beiden Parteien hohe bzw. unbekannte Kosten moniert. Für Eintreten und gegen die Rückweisungsanträge waren die Fraktionen von CVP/EVP, BDP, GLP, GP und SP. Von Sprecherinnen und Sprechern dieser Parteien wurde die aufwändige Kommissionsarbeit gelobt, die Energiestrategie als ausgereift bezeichnet und die Energiewende als Notwendigkeit dargestellt. Während diese Parteien die Auslandsabhängigkeit der Schweiz in der Energieversorgung durch die Energiestrategie 2050 vermindert sahen, befürchteten Stimmen aus SVP und FDP, dass durch Marktverzerrungen und ungenügender Leistung der erneuerbaren Energien eine Versorgungslücke entstehen wird und diese nur mit Importen behoben werden könnte, was die Auslandsabhängigkeit der Schweiz erhöhen würde. Der Rat trat schliesslich mit 135 gegen 55 Stimmen bei zwei Enthaltungen auf die Vorlage ein (wobei die Gegenstimmen ausschliesslich aus den Fraktionen von SVP und FDP kamen). Mit 63 zu 33 Stimmen bei 96 Enthaltungen setzte sich die Minderheit II gegen die Minderheit I durch, nur um in der zweiten Abstimmung mit 108 gegen 81 Stimmen bei 3 Enthaltungen der Mehrheit zu unterliegen.
In der Detailberatung der Vorlage gab es insgesamt 115 Minderheitsanträge: SVP und FDP versuchten einerseits, die Ausbaupläne für erneuerbare Energien abzuschwächen und andererseits, die Fördermittel der KEV für weitere Nutzniesser zu öffnen, so etwa für grosse Wasserkraftwerke. Von SP und Grünen wurden hingegen Anträge eingebracht, welche die Zielsetzungen des Ausbaus der erneuerbaren Energien ambitionierter fassen wollten. Der Nationalrat erhöhte nach langer Diskussion den Netzzuschlag für die kostendeckende Einspeisevergütung KEV auf maximal 2,3 Rappen pro Kilowattstunde. Obschon sich die SVP gegen diese Erhöhung wehrte, gaben SVP-Vertreter den Anstoss, KEV-Beiträge auch für Grosswasserkraftprojekte, Holzkraftwerke und Biogasanlagen auszurichten. Mit Stichentscheid von Ratspräsident Rossini (sp, VS) wich die grosse Kammer vom Vorschlag des Bundesrats ab und nahm den Vorschlag ihrer Kommission an, Anreize zu schaffen, damit der Strom dann in das Netz eingespiesen wird, wenn der Bedarf am grössten ist. Die Höhe der Vergütung kann nach Lieferzeit differenziert werden. Der Vorschlag, die Nutzung von erneuerbaren Energien zum nationalen Interesse zu erklären, wurde von der SP und den Grünen mit einem Antrag auf Streichung bekämpft. Der Antrag wurde jedoch mit 135 zu 32 Stimmen bei 5 Enthaltungen abgelehnt. Damit können in einer Güterabwägung auch Energieprojekte in Landschaften von nationaler Bedeutung geprüft werden. Am dritten Tag der Debatte nahm der Nationalrat ein Bonus-Malus-System auf, welches den Netzbetreibern Zielvorgaben machen soll bezüglich des Stromverbrauchs der Endkunden. Mit einem Bonus aus dem Netzzuschlagsfonds sollen jene Netzbetreiber belohnt werden, welche die Verbrauchsziele erreichen, die anderen sollen mit einem Malus belastet werden. Sowohl der Antragsteller Grunder (bdp, BE), als auch Bundesrätin Leuthard drückten ihre Hoffnung aus, dass der Ständerat in seiner Debatte noch an diesem System feilen werde. Am vierten Tag der Debatte verschärfte der Nationalrat die CO2-Grenzwerte von Fahrzeugen: Bis 2020 sollen Personenwagen, welche neu in Verkehr gesetzt werden, durchschnittlich noch 95 Gramm CO2 pro Kilometer emittieren dürfen. Für Lieferwagen und leichte Sattelschlepper sollen Grenzwerte festgelegt werden. Der Rat erhöhte zudem die Mittel für Gebäudesanierungen: Statt 300 Millionen sollen neu bis 450 Millionen Franken aus der CO2-Abgabe für die Gebäudesanierungen eingesetzt werden dürfen. Die CO2-Abgabe soll jedoch vorderhand nicht erhöht werden. Am fünften Tag der Debatte sprach sich die grosse Kammer gegen generelle Laufzeitbeschränkungen von Atomkraftwerken aus. Ab vierzig Jahren Betrieb sollen die Betreiber aber Langzeitbetriebskonzepte vorlegen müssen. In der Gesamtabstimmung nahm die grosse Kammer das erste Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 mit 110 gegen 84 Stimmen bei einer Enthaltung an. Die Gegenstimmen kamen ausschliesslich aus den Fraktionen von SVP und FDP.

Stratégie énergétique 2050
Dossier: Ausbau und Erhalt von erneuerbaren Energien versus Umweltschutz

Die Stimmberechtigten befanden am 9. Juni über die Initiative für eine Volkswahl des Bundesrates. Das von der SVP lancierte Volksbegehren verlangte, dass die Schweizer Regierung nicht mehr von der Vereinigten Bundesversammlung gewählt, sondern durch die Wahlbevölkerung bestimmt wird. Die Wahl wäre zeitgleich mit den Gesamterneuerungswahlen für den Nationalrat und in gesamtschweizerischem Majorzverfahren mit einem Wahlkreis abzuhalten. Für die italienischen und französischen Sprachminderheiten würden insgesamt zwei Sitze reserviert. Im Vorjahr hatten sich Bundesrat und Parlament ziemlich eindeutig gegen das nach der Abwahl von Christoph Blocher aus dem Bundesrat 2007 aufgegleiste Begehren ausgesprochen, das schon bei den Verfassungsdiskussionen 1848 und 1872 und zwei Mal als Initiative der SP in den Jahren 1900 und 1942 keine Mehrheiten gefunden hatte. Die Initiative wurde von einem überparteilichen Komitee bekämpft, dem alle Parteien ausser der SVP angehörten. Sogar die Grünen, die als Oppositionspartei selber schon ähnliche parlamentarische Vorstösse lanciert hatten, sprachen sich gegen das Anliegen aus. Das Gegnerkomitee trat unter dem Motto an, dass Bewährtes nicht aufs Spiel zu setzen sei. Das aktuelle Gleichgewicht zwischen den Gewalten sei eine zentrale Determinante für die politische Stabilität und den Wohlstand in der Schweiz. Der von der SVP geforderte Systemwechsel sei kaum begründbar und beruhe auf populistischen Forderungen. Der Verweis auf die Kantone, wo die Volkswahl der Regierung funktioniere – das bedeutendste Argument der Initiativbefürworter – wurde von den Initiativgegnern abgewiesen, da ein Wahlkampf in den Kantonen mit einem Wahlkampf auf nationaler Ebene kaum vergleichbar sei. Ein solcher würde amerikanische Verhältnisse evozieren und die zeitlich bereits arg belasteten Bundesräte nicht nur zusätzlich unter Druck setzen, sondern auch in einen Dauerwahlkampf verwickeln, der eine Kollegialregierung verunmöglichen würde. Stille Schaffer hätten zudem gegen charismatische, medial taugliche Personen weniger gute Chancen und Geld würde eine noch grössere Rolle spielen als heute. Schliesslich wurde auch die Quotenregel für die sprachlichen Minderheiten kritisiert; die Wahrscheinlichkeit, dass die beiden Sitze an die Romandie gingen und der Kanton Tessin kaum mehr Regierungsvertreter stellen könnte, sei enorm hoch. Die SVP ihrerseits setzte sich überraschend lau für ihr Anliegen ein. Zwar wurde ein 2,8 Mio. Auflagen starkes Extrablatt in die Haushalte gestreut, in dem mit dem Untergang der Schweiz gedroht wurde, wenn den Mauscheleien im Bundesrat und den Hintertreppen-Absprachen bei Regierungswahlen nicht durch das Volk Einhalt geboten würden. Im Gegensatz zu anderen Parteien wolle man die Mitspracherechte des Souveräns stärken und nicht noch weiter abbauen. Zudem schaltete die Partei ein für SVP-Verhältnisse sehr unspektakuläres Text-Plakat („Dem Volk vertrauen!“). Wichtige Exponenten der Partei schalteten sich aber kaum in den Abstimmungskampf ein und nahmen teilweise gar demonstrativ Stellung gegen die Initiative. Die Kantonalsektion Thurgau empfahl gar die Nein-Parole und die SVP Unterwallis beschloss Stimmfreigabe bei der parteieigenen Initiative. Es wurde parteiintern auch befürchtet, dass sich eine Volkswahl zuungunsten der SVP auswirken könnte. Prominente Unterstützung erhielt die Idee der Volkswahl allerdings durch die ehemalige SP-Bundesrätin Micheline Calmy-Rey. Sie befand, dass die Volkswahl zu einer besseren Machtbalance zwischen Bundesrat und Parlament führe, weil die Regierung damit über mehr Legitimität verfügen würde. Erste Umfragen Anfang Mai liessen eine relativ geringe Begeisterung in der Bevölkerung für die Idee der Volkswahl erahnen. Tatsächlich wurde das Begehren Anfang Juni dann auch deutlich mit 76,3% Nein-Stimmenanteil und durch alle Kantone abgelehnt. In einigen Kantonen der Romandie (FR, NE, JU) lagen die Ja-Anteile gar unter 20%. Am höchsten war die Zustimmung im Kanton Tessin (32,2% Ja), was aufgrund der Debatten um den Minderheitenschutz etwas überraschend war. Die gesamtschweizerische Stimmbeteiligung lag bei 39,2%, was die laue Kampagne neben dem Umstand, dass die APS-Inserateanalyse einen absoluten Negativrekord hinsichtlich Anzahl Zeitungsinserate ausmachte, ebenfalls wiederspiegelt. Noch am Abend der Abstimmung äusserten sich die Parteipräsidenten zum Abstimmungsausgang. CVP-Präsident Darbellay wertete das Resultat als Zeichen nationaler Kohäsion, FDP-Präsident Müller war froh über die Wahrung der Konkordanz, die durch eine Volkswahl in Gefahr geraten wäre, und SP-Präsident Levrat freute sich, dass die „psychologische Verarbeitung der Abwahl Blochers“ nun zum Abschluss kommen könne. SVP-Präsident Brunner anerkannte zwar, dass das Thema vom Tisch sei, wehrte sich aber vorsorglich gegen künftige Beschneidungen der direkten Demokratie. Der Leidensdruck sei anscheinend momentan noch zu tief. Justizministerin Sommaruga sah im Resultat den Wunsch des Souveräns, die Demokratie vor Dauerwahlkämpfen zu schützen. Das deutliche Nein wurde in der Presse als Vertrauensbeweis in die Institutionen und insbesondere in den Bundesrat gewertet, man sah im Abstimmungsergebnis aber auch eine Ohrfeige an die SVP, die an einem wenig experimentierfreudigen Volk vorbeipolitisiert habe. Die noch im Vorjahr von Wermuth (sp, AG) eingereichte parlamentarische Initiative (12.489), die neben der Volkswahl auch einige zusätzliche Reformen wie die Aufstockung der Regierungsmitglieder auf neun oder die Transparenz der Wahlkampagnenfinanzierung gefordert hatte, wurde im Berichtjahr kurz nach dem abschlägigen Volksentscheid zurückgezogen.


Abstimmung vom 9. Juni 2013

Beteiligung: 39,5%
Ja: 480 291 (23,7%) / 0 Stände
Nein: 1 550 080 (76,3%) / 20 6/2 Stände

Parolen:
– Ja: SVP (2)*.
– Nein: FDP, CVP, SP, GP, GLP, BDP, EVP, CSP; SGV, Travail.Suisse.
* in Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen.

Initiative für eine Volkswahl des Bundesrates (BRG 12.056)
Dossier: Vorschläge für eine Volkswahl des Bundesrates
Dossier: 9 statt 7 Bundesratsmitglieder?

Im Februar kam die 2007 von verschiedenen linken Organisationen lancierte Volksinitiative «Für den Schutz vor Waffengewalt» zur Abstimmung. Die Initiative forderte ein Verbot der privaten Aufbewahrung von besonders gefährlichen Waffen, einen Bedarf- und Fähigkeitsnachweis sowie die Einführung eines nationalen Waffenregisters. Das Initiativkomitee, das das Sturmgewehr im Kleiderschrank als Relikt des Kalten Krieges ansah, erhoffte sich mit der Neuregelung eine verbesserte Suizid- und Gewaltprävention. Nachdem 2010 bereits beide Räte und der Bundesrat die Ablehnung der Initiative empfohlen hatten, bekämpfte eine breite bürgerliche Allianz aus SVP, FDP, CVP, BDP, EDU, Schweizer Demokraten, Gewerbeverband, Bauernverband und Schiessverband die Waffen-Initiative. Die Gegner der Initiative befürchteten vor allem die Opferung traditioneller Werte zugunsten einer Scheinsicherheit. Die Initiative würde Zeichen eines Misstrauens in die Verantwortlichkeit der Bürger darstellen. Getroffen würden zudem jene, die verantwortungsvoll mit Waffen umgingen – Verbrecher würden sich hingegen nicht an die Regelung halten. Der BDP-Präsident Hans Grunder sah in der Initiative sogar das versteckte Ziel der Abschaffung der Armee. Auch rechneten die Gegner mit erheblichen administrativen Mehrkosten.

Die Initiative wurde am 13. Februar 2011 an der Urne mit 56,3%-Nein-Stimmen bei einer Stimmbeteiligung von 49,2% verworfen. Dabei wurden die bereits im Abstimmungskampf sichtbaren Gräben bestätigt. Die grösste Zustimmung fand die Initiative in der Westschweiz: Genf (61%), Basel-Stadt (58,9%), Waadt (53,7%), Neuenburg (53,2%) und Jura (52%), aber auch Zürich (50,4%) nahmen die Initiative an. Die Gegner der Initiative konzentrierten sich in der Zentral- und Ostschweiz: Appenzell Innerrhoden (72,3%), Obwalden (71,9%), Schwyz (70,9%) und Uri (70,6%). Die Vox-Analyse zeigte, dass den Stimmbürgern die Entscheidung leicht fiel und viele sich früh positionierten. Dabei hing der Stimmentscheid stark von der politischen Ausrichtung und den politischen Wertevorstellungen ab: Personen, die für eine offene und moderne Schweiz sind, stimmten ebenso massiv Ja, wie jene, die eine verschlossene und traditionelle Schweiz vertreten, Nein sagten. Es gewann damit dieselbe Schweiz die Abstimmung, die sich bereits bei der Minarett- und der Ausschaffungsinitiative durchsetzte. Die drei Hauptargumente der Befürworter polarisierten laut der VOX-Analyse stark: Dass die Waffe zuhause gefährlich und unzeitgemäss sei und die Selbstmordrate erhöhe, wurde von den Gegnern strikt abgelehnt. Sie argumentierten ihrerseits mit einer bereits genügenden Gesetzeslage und der Wahrung der persönlichen Freiheit und der Eigenverantwortung. Die Diskreditierung des Milizsystems der Armee war das Hauptargument des überparteilichen Komitees der Gegner, dessen vom Werber Alexander Segert illustrierten Kampagne mit kaputten 1.-August-Lampions an die Emotion der Stimmbürger appellierte.


Abstimmung vom 13. Februar 2011

Beteiligung: 49,2%
Ja: 1'083'312 (43,7%) / 5 1/2 Stände
Nein: 1'395'812 (56,3%) / 15 5/2 Stände

Parolen:
– Ja: CVP-Frauen, CSP, EVP, Grüne, GLP, PdA, SP, SP-Frauen, GSoA, SEK, SGB, TravS, FMH.
– Nein: FDP-Liberale, FDP-Frauen, CVP (5)*, BDP, EDU, SVP, SVP-Frauen, AVF, JCH, SBV.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Volksinitiative „Für den Schutz vor Waffengewalt“ (09.098)
Dossier: Schutz vor Waffenmissbrauch: Volksinitiative 2011 und nachfolgende parlamentarische Vorstösse

Viel zu reden gab die Departementsverteilung, die erstmals seit 1960 mit einer sogenannten grossen Rochade und vier neuen Departementsvorstehern endete. Die Presse mutmasste, dass die Verteilung nicht sehr konsensual vonstattengegangen war. Es wäre nur teilweise nach dem Anciennitätsprinzip vorgegangen worden: Bundesrätin Calmy-Rey wollte nicht wechseln; Doris Leuthard wünschte einen Wechsel ins Uvek und Eveline Widmer-Schlumpf wollte das Finanzdepartement übernehmen. Beide Wünsche wurden gewährt. Da weder Didier Burkhalter noch Ueli Maurer wechseln wollten, blieben das Justiz- und Polizeidepartement und das Volkswirtschaftsdepartement übrig. Obwohl Simonetta Sommaruga laut ungeschriebenem Anciennitätsprinzip zuerst ihre Wünsche hätte äussern dürfen, wurde schliesslich Johann Schneider-Ammann das Volkswirtschaftsdepartement übergeben, da die bürgerliche Regierungsmehrheit dieses Departement nicht der ehemaligen Konsumentenschützerin hätte überlassen wollen. Obwohl sie als Nichtjuristin eher nicht in das JPD passen würde, hätte die neu gewählte Magistratin dieses nun übernehmen müssen. Die SP – allen Voran ihr Präsident Christian Levrat (FR) – reagierte sehr verärgert auf die Verteilung und warf den anderen Parteien einen Coup und eine Strafaktion gegen Sommaruga vor. Auch die SVP und die Grünen äusserten Unmut über die Departementswechsel. Ein Jahr vor den nationalen Wahlen Wechsel vorzunehmen, sei eine Zwängerei und demokratisch fragwürdig. Nur die FDP, die CVP und die BDP zeigten sich zufrieden mit der neuen Verteilung.

Bundesratsersatzwahlen 2010 – Nachfolge Moritz Leuenberger und Hans-Rudolf Merz
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008