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Die Grünen im Jahr 2023: Kurzüberblick

Die Grünen konnten im Frühling ihr 40-jähriges Jubiläum begehen, hatten im Berichtsjahr ansonsten aber nicht viel zu feiern. Bei den eidgenössischen Wahlen erlitten sie in beiden Räten deutliche Einbussen. Viele Medien sahen die Partei damit wieder in die Rolle einer Juniorpartnerin im linksgrünen Lager abrutschen, welche nach dem fulminanten Wahlerfolg 2019 in Frage gestellt war. Die Niederlage hatte sich in nationalen Umfragen und kantonalen Wahlen bereits abgezeichnet und wurde in den Medien oft damit erklärt, dass der Klimawandel angesichts neuer Krisen viele Leute nicht mehr gleich stark bewegt habe wie noch bei der «Klimawahl» 2019. Die Parteispitze betonte zwar, man stehe immer noch stärker da als vor 2019 und habe das zweitbeste Resultat der Parteigeschichte erzielt. Gleichwohl kam Parteipräsident Balthasar Glättli nach den Wahlen zum Schluss, er wolle der Partei einen Neubeginn ermöglichen und als «Gesicht des Misserfolgs» sein Amt im Frühling 2024 abgeben.
Im Wahlkampf sorgte eine Millionenspende, die die Grünen von einer Gönnerin erhalten hatten und für eine eigene App zur Mobilisierung ihrer Mitglieder verwendeten, für einiges Aufsehen. Inhaltlich setzten die Grünen im Wahlkampf vor allem auf ihre Kernthemen Klima und Ökologie sowie Gleichstellung. Passend dazu beschlossen sie im August die Lancierung einer neuen Volksinitiative, welche eine Pflicht zur Installation von Solaranlagen auf geeigneten Dächern und Fassaden bringen soll («Solar-Initiative»).
Ungeachtet ihrer geschwächten Position im Parlament wollten die Grünen im Dezember in den Bundesrat einziehen und griffen mit der Kandidatur des Freiburger Nationalrats Gerhard Andrey die beiden Bundesratsmitglieder der FDP an. Von einem in den Medien immer wieder erörterten Angriff auf ihre Partnerin und Konkurrentin im linksgrünen Lager, die SP, sahen die Grünen ab, nachdem sie einen solchen vorher lange nicht kategorisch ausgeschlossen hatten. Nach dem gemeinhin erwarteten Scheitern von Andreys Kandidatur äusserte sich Parteipräsident Glättli indessen erbost über den Umstand, dass Andrey wohl nur eine Minderheit der SP-Stimmen erhalten hatte; in Zukunft kämen für ihn deshalb auch Angriffe auf SP-Bundesratssitze in Frage.
Unerfreulich war für die Grünen 2023 auch eine Serie von Parteiaustritten von Kantonsparlamentarierinnen und -parlamentariern in vier verschiedenen Kantonen, wobei die Gründe sich von Fall zu Fall unterschieden.

Die Grünen im Jahr 2023: Kurzüberblick
Dossier: Kurzüberblick über die Parteien im Jahr 2023

Nachdem die Grünen im Vorjahr bereits Parteiaustritte mehrerer Kantonsparlamentarierinnen und -parlamentarier in den Kantonen Wallis und Glarus hatten hinnehmen müssen, setzte sich der Aderlass 2023 in vier weiteren Kantonen fort. Die Gründe unterschieden sich dabei von Fall zu Fall:

In Bern verliess im Februar der Grossrat Bruno Martin die Partei und die Fraktion. Als Beweggrund nannte der Biowinzer einen «persönlichen Werteentscheid», konkretere Angaben macht er öffentlich nicht. Martin trat vorerst keiner anderen Partei bei, im Berner Grossen Rat schloss er sich der EDU-Fraktion an.

In der Waadt begründete Grossrat und Biobauer Andreas Wüthrich seinen Parteiaustritt im August damit, dass für ihn in seinem Engagement stets ökologische Fragen an erster und soziale Fragen an zweiter Stelle gestanden hätten; bei den Grünen habe er hingegen eine zunehmende Umkehrung dieser Prioritätenordnung wahrgenommen. Zudem bedauere er die wachsende Polarisierung des Politikbetriebs und hoffe, als Parteiunabhängiger künftig auch ausserhalb des linken Lagers mehr Gehör für seine Argumente zu erhalten. Im Grossen Rat blieb Wüthrich in der Folge fraktionslos. Er schloss sich «Les Libres» an, die sich als Vereinigung für parteiunabhängige Bewegungen und Personen im Kanton Waadt verstehen und bereits zwei andere Grossratsmitglieder in ihren Reihen hatten. Wüthrich liess sich auch auf die Liste der «Libres» für die Nationalratswahlen 2023 setzen.

In Luzern gab im September Kantonsrat Urban Frye seinen Parteiaustritt bekannt. In der Luzerner Zeitung erklärte er, er könne die Positionierung der Grünen im Zusammenhang mit Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht mit seinen Werten vereinbaren: Anders als etwa die Grünen in Deutschland habe die Schweizer Partei die Zeichen der Zeit nicht erkannt und bleibe «in einer ideologischen pazifistischen Blase gefangen». Mit der strikten Ablehnung von Waffenlieferungen an die Ukraine spreche die Partei dem angegriffenen Land «faktisch das Recht zur Selbstverteidigung ab» und mache sich mitschuldig an Deportationen, Vergewaltigungen und Tötungen. Enttäuscht zeigte sich Frye auch über die parteiinterne Streitkultur: Er sei mit seinen Anliegen sowohl auf nationaler als auch auf kantonaler Ebene weitherum auf Desinteresse gestossen und der «angebliche Konsens» in der Partei scheine ihm «eher hierarchisch von oben nach unten durchgedrückt zu werden». Auch losgelöst von der Ukraine-Politik scheine ihm die links-grüne Politik manchmal realitätsfern, und sie stilisiere etwa Vermietende oder Polizeikräfte blindlings zu Feindbildern.
In einer Medienmitteilung verwahrten sich die Luzerner Grünen gegen den «Rundumschlag» ihres ehemaligen Mitglieds: Die Grünen seien eine Partei, in der Differenzen benannt und mit Respekt ausdiskutiert würden, um eine gemeinsame Haltung zu finden. Als einzige nationale Partei hätten die Grünen ihre Mitglieder das ganze Wahlprogramm «mitgestalten» lassen, bevor es schliesslich von der Delegiertenversammlung verabschiedet wurde; dies gelte auch für die darin enthaltenen Positionen zur Sicherheits-, Friedens- und Aussenpolitik. Im Übrigen setzten sich die Grünen «auf allen politischen Ebenen für die ukrainischen Geflüchteten und für ein Ende der Finanzierung der russischen Kriegsmaschinerie aus der Schweiz» ein.
Frye politisiert im Luzerner Kantonsrat als Partei- und Fraktionsloser weiter, nachdem Gespräche mit der GLP über einen Beitritt zu deren Fraktion zu keinem Ergebnis geführt hatten.

In Basel-Landschaft schliesslich verliess Landrätin Laura Grazioli die Grünen im Oktober. Sie war Vizepräsidentin der Kantonalpartei, Präsidentin der landrätlichen Finanzkommission und gemäss BLZ «lange [eine] grosse Hoffnungsträgerin der Baselbieter Grünen» gewesen, die auch als künftige Regierungs-, National- oder Ständerätin gehandelt worden sei. Als Grund für ihren Parteiaustritt nannte Grazioli in der BLZ, dass sie «über die letzten Jahre in wesentlichen Themengebieten von der Mehrheit der Fraktion und der Partei abgewichen» sei. Damit dürfte insbesondere ihre Ablehnung von Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie gemeint gewesen sein, hatte sie doch entgegen der Parteilinie etwa das Covid-19-Gesetz, die Einführung eines Impfzertifikats oder obligatorische Covid-Tests an Schulen abgelehnt. Im Frühling 2023 hatten die Grünen darauf verzichtet, Grazioli als Nationalratskandidatin aufzustellen, weil sie im Initiativkomitee der «Souveränitäts-Initiative» sass, die vor allem von massnahmenkritischen Organisationen wie Mass-voll und den Freunden der Verfassung getragen wird und verlangt, dass die Schweiz keine völkerrechtlichen Verpflichtungen eingehen darf, die in die Grundrechte eingreifen.
Anders als ihre ehemaligen Parteikollegen in Bern, Waadt und Luzern trat Grazioli gleichzeitig mit dem Parteiaustritt auch aus dem Kantonsparlament zurück, womit ihr Sitz bei der Grünen-Fraktion verblieb: Er ging an die Nächstplatzierte auf der Liste der Grünen, Dominique Zbinden vom «jungen grünen Bündnis Nordwest».

Parteiaustritte bei den Grünen

Nach dreijähriger Amtszeit demissionierte Julia Küng (ZG) per Januar 2023 als Co-Präsidentin der Jungen Grünen Schweiz. Damit war wenige Monate, nachdem Margot Chauderna als Co-Präsidentin gewählt worden war, auch der Deutschschweizer Sitz im Co-Präsidium der Jungpartei neu zu besetzen. In einer Kampfwahl setzte sich dabei Magdalena Erni (BE) gemäss Medienmitteilung «knapp» gegen Jasmin Bärtschi durch. Die 19-jährige Erni hatte Erfahrungen als Vorstandsmitglied und Mitglied der Wahlkampfleitung 2023 der Jungen Grünen Schweiz sowie als Co-Präsidentin der Jungen Grünen Bern vorzuweisen. Mit den Jungen Grünen Schweiz wolle sie dazu beitragen, «die Kämpfe gegen die Klimakrise, die sozialen Ungerechtigkeiten und die Diskriminierung» zu gewinnen.

Präsidium der Jungen Grünen Schweiz

Bei den Grünen Schweiz trat zu Jahresbeginn 2023 Rahel Estermann ihr Amt als Generalsekretärin an. Die 35-jährige Luzerner Kantonsrätin war seit 2020 bereits stellvertretende Generalsekretärin der Grünen gewesen. Während sieben Jahren hatte sie davor das Sekretariat der Luzerner Kantonalpartei geführt.
Nebst Estermanns Einsatz für klassische grüne Werte – eine klimafreundliche, ökologische und solidarische Gesellschaft – hoben die Grünen in ihrer Medienmitteilung auch Estermanns Expertise im Bereich der digitalen Grundrechte hervor; Parteipräsident Balthasar Glättli hoffte, sie werde damit die Grünen als «netzpolitische Avantgarde» positionieren können. Estermann ihrerseits attestierte ihrer Partei unter Verweis auf die geplante europapolitische Volksinitiative der Grünen mit der Operation Libero und auf die bereits lancierte Klimafonds-Initiative von Grünen und SP eine bereits grössere inhaltliche Vielfalt als noch vor einigen Jahren.
Estermann folgte als Generalsekretärin auf Florian Irminger, der seinen Posten nach einer Amtszeit von rund zwei Jahren aus familiären Gründen aufgab. Als Irmingers Vermächtnis hob Glättli unter anderem den «Ausbau der grünen Strukturen nach dem grossen Wahlsieg 2019» sowie seine Mitarbeit in der Entwicklung der grünen Positionierung in Zeiten der Covid-19-Pandemie und der grünen Aussenpolitik nach Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hervor.

Generalsekretariat der Grünen Schweiz

Im Kanton Glarus verloren die Grünen Ende 2022 zwei Aushängeschilder an die GLP: Bloss ein halbes Jahr nach den Landratswahlen traten die Landrätinnen Priska Müller Wahl und Nadine Landolt Rüegg zur GLP über. Als Begründung nannten sie an einer Medienkonferenz «unterschiedliche Ansichten betreffend Organisation, Ressourceneinsatz und demokratischen Entscheiden», ohne weiter ins Detail gehen zu wollen. Inhaltliche Differenzen seien jedenfalls nicht ausschlaggebend gewesen, wie auch die Grünen in ihrer Stellungnahme betonten. Die Kantonalpartei erklärte, dass die beiden altgedienten Ländrätinnen «offenbar den Generationenwechsel, der mit dem neuen Vorstand eingeleitet werden konnte, und den damit verbundenen neuen und pragmatischen Stil nicht mittragen wollten».
Im Glarner Kontext war der Schritt insofern ein Novum, als damit erstmals in dem Kanton grüne Amtsträgerinnen zur GLP wechselten: Anders als in anderen Kantonen war die Glarner GLP 2013 nicht als Abspaltung der Grünen gegründet worden, sondern durch «Christlichsoziale, die in der CVP offenbar keine Zukunft mehr sahen», wie die Glarner Nachrichten schrieben; auch danach sei es «bis jetzt nicht zu Übertritten von grünen Schwergewichten gekommen».

Die Landratsfraktion der Grünen schrumpfte mit dem Doppelwechsel von 8 auf 6 Mitglieder, die Vertretung der GLP wuchs hingegen von 3 auf 5. Die Glarner Grünliberalen konnten damit erstmals eine eigene Fraktion bilden, nachdem sie bei den Wahlen 2022 ihr erklärtes Ziel, Fraktionsstärke zu erreichen, noch verpasst und sogar einen Sitz eingebüsst hatten.
Mit dem Entstehen der neuen Fraktion hatte das Glarner Kantonsparlament zu entscheiden, wie mit zwei widersprüchlichen Vorgaben der Landratsverordnung umzugehen sei: Diese schreibt einerseits vor, dass in jeder Kommission jede Fraktion mit mindestens einem Sitz vertreten sein soll, andererseits sehen die Regeln eine Besetzung der Kommissionssitze lediglich zu Legislaturbeginn vor. Eine knappe Landratsmehrheit lehnte eine vorgezogene Neuverteilung der Kommissionssitze schliesslich ab; die Nein-Stimmen kamen von der SVP und der FDP, welche bei einer Neuverteilung Mandate hätten abgeben müssen. Damit blieben bis zum Ende der Legislatur 2026 zwei Kommissionen ohne Vertretung der Grünliberalen und eine Kommission ohne Vertretung der Grünen, weil die beiden Parteiwechslerinnen ihre Kommissionssitze von den Grünen zu den Grünliberalen mitnahmen.

Parteiaustritte bei den Grünen

Im August 2022 wurde Margot Chauderna (FR) zur neuen Co-Präsidentin der Jungen Grünen Schweiz gewählt. Die 27-jährige Freiburger Stadtparlamentarierin war davor stellvertretende Generalsekretärin der 4'500 Mitglieder zählenden Jungpartei gewesen. Gegenüber der Presse betonte Chauderna, sich in ihrem Engagement nicht auf ökologische Fragen beschränken zu wollen, denn «Klimagerechtigkeit» sei untrennbar mit sozialer Gerechtigkeit verbunden. So brauche es etwa mehr Inklusion und Rechte für LGBTQIA+-Personen, Menschen mit Behinderung sowie Migrantinnen und Migranten.
Chauderna löste Oleg Gafner (VD) ab, der seit 2020 Co-Präsident gewesen war und in der Presse die Lancierung der Umweltverantwortungsinitiative als Höhepunkt seiner Amtszeit nannte. Den zweiten Sitz im Co-Präsidium der Jungen Grünen behielt Julia Küng (ZG).
Sowohl Chauderna als auch Gafner wurden in den Medien nach ihrer Haltung zu den «Klimakleberinnen» und «Klimaklebern» befragt; beide erklärten dazu, dass sie selbst sich nicht auf Strassen festkleben, solche Aktionen aber unterstützen würden. Angesichts der Klimaerwärmung brauche es Engagement sowohl in den institutionellen Bahnen der Politik als auch auf der Strasse.
Gafner und Chauderna äusserten sich gegenüber der Presse auch zum Aufwand für das Amt: Während die finanzielle Entschädigung einer Anstellung von 20 Prozent entspreche, hatte Gafner nach seinen Angaben ein Pensum im Rahmen von 30 bis 40 Prozent für das Co-Präsidium eingesetzt, bei Chauderna seien es in den ersten Monaten ihrer Amtszeit über 50 Prozent gewesen.

Präsidium der Jungen Grünen Schweiz

Im Frühjahr 2022 mussten die Walliser Grünen innert weniger Monate die Parteiaustritte des Grossrats Frédéric Carron und dreier Grossrats-Suppleantinnen hinnehmen. Stein des Anstosses waren unterschiedliche Positionen zum Umgang mit der Covid-19-Pandemie. Während die Partei die Massnahmen des Bundes und des Kantons zur Eindämmung der Pandemie mehrheitlich befürwortete, lehnten die drei Dissidentinnen und Carron diese ab. Letzterer war auch Mitunterzeichner einer Motion im Walliser Parlament, die einen Entschädigungsfonds für Personen forderte, welche an Nebenwirkungen der Covid-19-Impfung litten. Die Partei warf ihrem Grossrat daraufhin vor, falsche Zahlen und Fakten zu verbreiten. Nach einer mehrere Monate dauernden Mediation kam es schliesslich zur Trennung. Gemäss den Darstellungen in der Presse hatte letztlich die Partei auf diesen Schritt gedrängt, während sich die Abweichlerinnen und Abweichler einen Verbleib in der Partei hätten vorstellen können, solange sie an ihren öffentlichen Positionsbezügen zur Pandemiepolitik hätten festhalten können.
Während zwei der Ausgetretenen auch als Suppleantinnen zurücktraten, hielten Carron und eine Suppleantin an ihren Ämtern fest und traten im Grossen Rat fortan als Fraktionslose auf. Ein Jahr nach ihrem Austritt bei den Grünen verhandelten sie über einen Anschluss als Parteilose an die SVP-Fraktion, der letztlich aber nicht zustande kam. Die beiden hatten eine Umbenennung der Fraktion beispielsweise in «SVP und Unabhängige» gefordert, sodass sie im Namen der Fraktion als separate Entität erkennbar würden. Die SVP-Fraktion wollte diese Bedingung jedoch nicht erfüllen, obwohl sie mit den beiden neuen Mitgliedern Anspruch auf zwei zusätzliche Kommissionssitze hätte erheben können.

Parteiaustritte bei den Grünen

Die sechs grössten Parteien der Schweiz verzeichneten 2020 und 2021 nach eigenen Angaben fast durchwegs einen deutlichen Mitgliederzuwachs, wie die Aargauer Zeitung im Januar 2022 berichtete. Die Zahlen sind zwar zu relativieren, weil nicht alle Parteien ein zentrales Mitgliederregister führen und die Parteien zudem unterschiedliche Kriterien dafür verwenden, ab wann sie jemanden als Parteimitglied zählen. Die Aargauer Zeitung und der von ihr befragte Politanalyst Mark Balsiger hielten einen Zuwachs indessen für plausibel. Als Erklärungsfaktoren nannten sie, dass in dem Zeitraum viele Bürgerinnen und Bürger durch die stark alltagsrelevante Covid-19-Pandemie, aber auch durch die intensivierte Diskussion um den Klimawandel und durch aussergewöhlich intensive Abstimmungskämpfe etwa zur Konzernverantwortungsinitiative im November 2020 und zu den beiden Covid-19-Gesetzesvorlagen im Juni und im November 2021 politisiert worden seien. Diese Politisierung sei noch verstärkt worden durch einen stark erhöhten Medienkonsum vieler Leute in den ersten anderthalb Jahren der Pandemie und zeige sich nebst den vermehrten Parteieintritten auch an den aussergewöhnlich hohen Beteiligungsraten bei den Volksabstimmungen seit Pandemiebeginn.
In absoluten Zahlen den stärksten Zuwachs meldete Die Mitte. Seit der Fusion von CVP und BDP (zuletzt 82'000 bzw. 4'000 Mitglieder) im Januar 2021 sei die Mitgliederzahl um 5'500 auf 91'500 gestiegen. Die Partei führte dies auch auf ihr Rebranding mit dem neuen Parteinamen zurück.
Einen nicht genauer bezifferten Nettozuwachs «im vierstelligen Bereich» meldete die SVP, deren Mitgliederzahl gemäss einer nicht datierten Angabe auf der Parteiwebsite 80'000 betrug. In jüngerer Vergangenheit sei die Mitgliederzahl nur nach der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative 2014 und nach der Nichtwiederwahl ihres Bundesrats Christoph Blocher 2007 noch stärker gestiegen. Der massnahmenkritische Kurs der Partei in der Coronapolitik führte gemäss ihren eigenen Angaben zwar zu Austritten älterer bisheriger Mitglieder, diese seien aber mehr als kompensiert worden durch jüngere Neumitglieder, die sich gerade von diesem Kurs angesprochen gefühlt hätten.
Die SP meldete 32'814 Mitglieder, was rund 1'400 Personen mehr seien als zwei Jahre zuvor. Es gebe aber schon seit 2015 einen kontinuierlichen Zuwachs. Ein Teil der Neumitglieder sei wegen der Coronapolitik zur SP gestossen, die Hauptgründe waren gemäss einer Neumitgliederbefragung aber Gespräche mit Bekannten, die bereits Parteimitglieder waren, und Ereignisse im Zusammenhang mit einzelnen Abstimmungen oder Wahlen.
Gar den grössten «Mitgliederboom» ihrer Parteigeschichte erlebten gemäss Parteipräsident Balthasar Glättli die Grünen: Die Mitgliederzahl sei in zwei Jahren um 2'300 auf 12'967 gestiegen, was wohl auf die Themenführerschaft der Grünen in der Klimapolitik zurückzuführen sei.
Am sechstmeisten Mitglieder hatte die GLP, die 6'800 Mitglieder meldete, was 1'700 mehr seien als zwei Jahre zuvor. Der starke Anstieg habe schon nach den für die GLP äusserst erfolgreichen Nationalratswahlen 2019 begonnen.
Keine Informationen zur aktuellen Mitgliederentwicklung hatte die FDP Schweiz. Man nehme aber «keine namhaften Schwankungen» wahr. Im Jahr 2019 hatte die Partei ihre Mitgliederzahl mit 120'000 beziffert.
Vergleicht man die gemeldeten Zahlen mit jenen aus dem Jahr 2013, so sind die Mitte und die SVP seither per Saldo geschrumpft, bei der FDP blieb die Mitgliederzahl stabil. Demgegenüber konnten die SP, die Grünen und die GLP ihre Mitgliederbasis seit 2013 verbreitern.

Mitgliederzahlen der Parteien

Anlässlich der Suche der FDP nach einer Nachfolge für Parteipräsidentin Petra Gössi fragte die Aargauer Zeitung im August 2021 die sechs grössten Parteien der Schweiz nach der finanziellen Entschädigung für die Parteipräsidien.
Ausser der SVP erhielt die Zeitung von allen Parteien Zahlen. Am wenigsten grosszügig war demnach die GLP: Ihr Präsident Jürg Grossen (glp, BE) erhielt den eher symbolischen Fixbetrag von CHF 2'500 pro Jahr und keine zusätzliche Spesenentschädigung. Gegenüber der Aargauer Zeitung gab Grossen an, die Finanzen der GLP liessen keine höhere Entschädigung zu und sein Lohn seien das Wachstum und die Sitzgewinne der Partei. Grossens Amtskollege Balthasar Glättli (gp, ZH) von den Grünen wurde mit CHF 28'000 pro Jahr entschädigt (CHF 16'480 Lohn und CHF 11'520 Spesen). Petra Gössis (fdp, SZ) Lohn bei der FDP betrug CHF 50'000 zuzüglich einer Spesenentschädigung in nicht genannter Höhe. Die SP liess sich ihr Präsidium insgesamt CHF 80'000 pro Jahr kosten, wobei auf Co-Präsidentin Mattea Meyer (sp, ZH) und Co-Präsident Cédric Wermuth (sp, AG) je CHF 35'000 Lohn und CHF 5'000 Spesen entfielen. Am grosszügigsten war schliesslich die Mitte: Ihr Präsident Gerhard Pfister (mitte, ZG) wurde von seiner Partei mit rund CHF 100'000 pro Jahr entschädigt; dieser Betrag setzte sich zusammen aus einer Grundentschädigung, einer Spesenvergütung und Sitzungsgeldern. Die Mitte war damit die einzige Partei, welche Sitzungsgelder ausrichtete. Mitte-Generalsekretärin Gianna Luzio erklärte gegenüber der Aargauer Zeitung, die Mitte gehe für ihr Präsidium von einem 60-Prozent-Job aus, und die Entschädigung für Pfisters Vorgänger Christophe Darbellay (cvp, VS) bei der damaligen CVP habe sich in einem ähnlichen Bereich bewegt.
Von der SVP erhielt die Zeitung bloss die Auskunft, dass Parteipräsident Marco Chiesa (svp, TI) keinen Lohn, aber eine Spesenentschädigung bekomme; deren Höhe nannte die SVP nicht. Laut der Aargauer Zeitung wird in der SVP allerdings gemunkelt, diese Spesenentschädigung sei so hoch angesetzt worden, dass sie für mehr als nur die Spesen reiche. Die Entschädigung ihres Präsidiums hatte bei der SVP – wie auch schon bei anderen Parteien – für Diskussionen gesorgt, als sie Kandidaturen für die Nachfolge von Albert Rösti suchte und schliesslich Chiesa fand.

Entschädigung der Parteipräsidien

Nach den Erfolgen sowohl in den National- als auch in den Ständeratswahlen 2019 forderten die Grünen in den darauffolgenden Bundesratswahlen einen Bundesratssitz. Zwar hatte Parteipräsidentin Regula Rytz (gp, BE) am Wahlsonntag der eidgenössischen Wahlen auf eine klare Aussage dazu verzichtet und lediglich angemerkt, dass die Verteilung der Bundesratssitze nicht mehr passe. Am 22. November 2019 gab Rytz jedoch ihre Kandidatur für die Bundesratswahlen offiziell bekannt. Man habe so lange mit dem Entscheid gewartet – die Ankündigung von Rytz kam fast einen Monat nach den Nationalratsergebnissen und drei Wochen vor den Bundesratswahlen –, da man in Gesprächen mit den anderen Parteien die Wahlchancen abzuschätzen versucht habe, erklärte Rytz gegenüber dem Tages-Anzeiger. Diese Gespräche seien positiv verlaufen, woraufhin die Grünen den FDP-Sitz von Ignazio Cassis angriffen. Die FDP sei im Bundesrat rechnerisch übervertreten, weshalb Rytz eine neue Zauberformel vorschlug, gemäss der die beiden grössten Parteien SP und SVP je zwei Sitze und FDP, CVP und die Grünen je einen Sitz haben sollten. Rytz betonte die Dringlichkeit einer Fortsetzung der Klimaschutzdiskussionen und die entsprechende Unterstützung in der Stimmbevölkerung. Aus diesem Grund sei der Anspruch der Grünen auf einen Bundesratssitz gerechtfertigt, obwohl mit Ignazio Cassis ein Vertreter einer sprachlichen Minderheit angegriffen werde. Man könne – so Rytz – nicht alle Ansprüche befriedigen.
Die Zeitungen kommentierte diese verspätete Kandidatur von Rytz und ihren Start in den Bundesratswahlkampf als misslungen. Die NZZ begründete die späte Bekanntgabe damit, dass Rytz ihrer Ständeratskandidatur Priorität eingeräumt habe und folglich bei einer Wahl in den Ständerat auf die Bundesratskandidatur verzichtet hätte. Stattdessen hätte sich Rytz aus dem Ständeratsrennen nehmen und sich auf die Bundesratswahl konzentrieren müssen – war sich die Presse einig. Als entsprechend klein schätzten sie auch ihre Chancen, gewählt zu werden, ein, betonten dabei aber vor allem die entscheidende Rolle der GLP-Fraktion auf einer Seite und der CVP-EVP-BDP-Fraktion auf der anderen Seite.

Am Tag der Wahl stellte sich neben den Grünen nur die Sozialdemokratische Fraktion offiziell hinter die Forderung, die Zauberformel zu ändern und die grüne Kandidatin Regula Rytz zulasten von FDP-Bundesrat Ignazio Cassis zu unterstützen. Im Rahmen der parlamentarischen Debatte betonte SP-Fraktionspräsident Roger Nordmann (sp, VD), dass die Zusammensetzung des Bundesrates mit einer Mehrheit von je zwei Bundesratssitzen der FDP und der SVP aufgrund der Wahlerfolge der Grünen nicht mehr repräsentativ sei für die Schweiz und das Parlament. Keine Unterstützung erhielt Rytz von den übrigen Parteien. Die Grünliberale Fraktion entschied sich zwar für Stimmfreigabe, was für einigen Unmut bei den Grünen sorgte. Einige GLP-Mitglieder äusserten sich diesbezüglich im Tages-Anzeiger und erklärten, dass sie sich eine gemeinsame Strategie mit den Grünen für einen Bundesratssitz gewünscht hätten. Absprachen diesbezüglich hätten jedoch nicht stattgefunden. Auch von der CVP-Fraktion erfuhren die Grünen keine Unterstützung, diese gab an, Ignazio Cassis zu unterstützen. Nach den Wahlen äusserte sich Balthasar Glättli im Sonntags-Blick kritisch gegenüber der CVP und stellte in Aussicht, dass die Grünen zukünftig auch den Sitz von Viola Amherd angreifen könnten, falls die CVP keinen Beitrag zu einer griffigeren Klimapolitik leiste. Da auch die FDP- und die SVP-Fraktion Ignazio Cassis unterstützten, setzte sich dieser mit 145 Stimmen durch. Regula Rytz erhielt 82 Stimmen, 11 Stimmen entfielen auf Verschiedene.

Im Zusammenhang mit der Forderung der Grünen nach einem Bundesratssitz berichteten die Medien ausgiebig über eine neue Zauberformel und somit über eine neue Zusammensetzung des Bundesrates. In einem Interview schlug SP-Parteipräsident Christian Levrat (sp, FR) vor, den Bundesrat auf neun Mitgliedern zu erweitern; dies gäbe mehr Spielraum, um die grossen Parteien angemessen in die Regierung zu integrieren, die Regionen wären besser vertreten und die Bundesräte würden entlastet. Altbundesrat Christoph Blocher schlug stattdessen vor, dass sowohl die SP als auch die FDP zukünftig nur jeweils einen Sitz haben und stattdessen auch die Grünen und Grünliberalen je einen Sitz erhalten sollten (sogenannte Formel Christoph Blocher: 2-1-1-1-1-1).

Forderung der Grünen um einen Bundesratssitz

An ihrer ersten Delegiertenversammlung nach den eidgenössischen Wahlen 2019 feierte die Grüne Partei in Bern vor allem ihre grossen Wahlerfolge. Noch nie habe eine Partei derart zugelegt wie die Grünen. Mit durchschnittlich 46 Jahren seien die Grünen die jüngste Fraktion und der Frauenanteil betrage 61 Prozent, so die Medienmitteilung nach der Versammlung. In ihrer Rede dankte die Präsidentin Regula Rytz (gp, BE) allen Anwesenden für das «überwältigende Ergebnis», das nur dank grosser Vorarbeit und guter Kampagne möglich gewesen sei. Die Erfolge würden aber auch hohe Erwartungen für die neue Legislatur wecken. Ziel müsse eine «umweltverträglichere» und «gerechtere» Politik sein, forderte Fraktionspräsident Balthasar Glättli (gp, ZH) in seinem Votum. Hierzu müsse man mit der SP und der Mitte Bündnisse finden. Der Rückenwind werde helfen, einen «sozialen und mehrheitsfähigen Klimaschutz» umzusetzen. Mit neuer «Ernsthaftigkeit», die laut Tages-Anzeiger die Partei erfasst habe, forderte die Präsidentin schliesslich einen grünen Bundesratssitz und eine neue Zauberformel. Entschieden wurde hierzu an der Versammlung freilich noch nichts. Das «neue Selbstverständnis», das die NZZ der Partei attestierte, liess die Präsidentin aber zur These verleiten, dass die Grünen wohl eher einen Regierungssitz erobert hätten, wenn Johann Schneider-Ammann und Doris Leuthard auf Ende Legislatur und nicht «taktisch» zurückgetreten wären. Rytz forderte ein Gesetz gegen Rücktritte während der Legislatur. Die neue «Volkspartei mit Bewegungscharakter» wie Regula Rytz das neue Selbstverständnis laut NZZ umschrieb, nutzte die Delegiertenversammlung schliesslich auch noch für die Parolenfassung für die Abstimmungen vom 9. Februar 2020: Einstimmig (1 Enthaltung) empfahlen die Abgeordneten ein Ja zur Volksinitiative «Für mehr bezahlbare Wohnungen» sowie ein Ja zur Änderung des Strafgesetzbuches («Diskriminierung und Aufruf zu Hass aufgrund der sexuellen Orientierung»).

Delegiertenversammlung der Grünen in Bern

2019 war das Jahr der Grünen: Nicht nur erreichte die Partei sehr gute Resultate in den kantonalen Erneuerungswahlen, sondern sie konnte mit 17 zusätzlichen Mandaten (neu: 28 Sitze) und einem Anstieg des Wähleranteils um 6.1 Prozentpunkte (neu: 13.2 Prozent) auch in den Nationalratswahlen 2019 einen grossen Sieg erzielen. Wie die NZZ berichtete, gewannen die Grünen in fast allen Kantonen – nur an den Innerschweizer Kantonen ging der Erfolg der Partei vorbei. In einem Interview im Blick Anfang Januar 2019 hatte sich Parteipräsidentin Regula Rytz (gp, BE) gewünscht, dass die Partei in den Nationalratswahlen vier oder fünf Sitze zulegen könnte; ein Ziel, das wider Erwarten gänzlich übertroffen wurde. Nicht überraschend zeigte sich die Parteipräsidentin folglich nach den Wahlen gegenüber den Medien extrem zufrieden und bedankte sich in einem NZZ-Interview bei den jungen Mitgliedern der Klimabewegung, die zur Politisierung der Jugend beitrügen.
Die positiven Resultate der Grünen brachten auch einen finanziellen Vorteil für die Partei mit sich: Wie der Tages-Anzeiger berechnete, erhält die Partei zukünftig bis zu CHF 600'000 mehr an Fraktionsbeiträ­gen. Hinzu kommen die Mandatsabgaben der Neu­gewählten – bisher CHF 9'000 für Nationalrätinnen und Nationalräte –, was wei­tere CHF 150'000 in die Kas­se spülen soll. Dies seien bedeutende Mittel bei einem Budget von bisher CHF 1.2 Mio., betonte die Zeitung.
Klima- und Frauenpolitik waren die zwei Hauptthemen der Grünen in der Wahlkampagne, Themen, die seit der Gründung der Partei schwerpunktmässig bewirtschaftet werden. Regula Rytz erklärte in einem Interview im April 2019, dass die Klima- und Frauenbewegung zu einer Politisierung von Wählergruppen führten, die bei den Wahlen derjenigen Partei ihre Stimme gaben, die diese Themen schon lange auf der Agenda haben - so eben die Grünen.
Wie eine statistische Analyse der Kandidaturen nach Geschlecht, Kanton und Partei im Auftrag der EKF zeigte, hatte die Partei das Thema der Gleichstellung auch bei den Wahllisten aufgenommen. Die Grünen zeigten den höchsten Frauenanteil unter den Kandidierenden: 55.4 Prozent der Kandidierende auf den Wahllisten waren Frauen. Insgesamt hatten die Grünen in 13 Kantonen eine Frauenmehrheit auf ihren Wahllisten und standen somit an der Spitze.
Während der Wahlkampagne der Grünen berichteten die Medien viel über die Kandidatur von Tamy Glauser – dem berühmten Schweizer Topmodel – für den Nationalrat. In einem Tages-Anzeiger-Interview machte Glauser klar, dass sie keine «One-Woman-Show» für die Partei sei, sondern dass sie sich für die Umwelt und die Rechte der LGBT+-Community einsetzen wolle. Für Furore sorgte Glauser in der Folge, als sie auf den sozialen Medien in einem Post erklärte, dass das «Blut von Veganern und Veganerinnen zum Beispiel Krebszellen töten kann», wie der Blick berichtete. Diese Aussage wurde in den Medien und in der Öffentlichkeit laut kritisiert. Dass eine solche Aussage über Veganismus und Krebs ihrerseits derartige Reaktionen auslösen könne, habe sie nicht erwartet, betonte Glauser. Diese Episode habe ihr gezeigt, dass sie für die Politik noch nicht bereit gewesen sei, wie sie auf Instagram schrieb. Aus diesem Grund zog sie ihre Kandidatur Ende Juli 2019 zurück. Für die Nationalratsliste der Grünen wurde daraufhin die Zürcher Kantonsrätin Esther Guyer (ZH, gp) nachnominiert.

Resultate der Grünen bei den Nationalratswahlen

Auch bei den Ständeratswahlen 2019 verzeichneten die Grünen positive Resultate: Die Partei gewann vier Mandate im Stöckli hinzu (neu: 5 Sitze). Der Ständerat wurde somit grüner und weiblicher, wie die NZZ berichtete. Gewählt wurden vier grüne Frauen (von insgesamt 12 Frauen im Ständerat) und ein grüner Mann (von insgesamt 34 Männern in der kleinen Kammer).
Im traditionell bürgerlich wählenden Kanton Glarus eroberte der grüne Kandidat Mathias Zopfi überraschend einen Sitz im Ständerat. Er holte 252 Stimmen mehr als der Bisherige Werner Hösli (svp, GL). Im den zweiten Wahlgängen gelang den Grünen, die in den Kantonen Bern und Zürich um einen weiteren Sitz kämpften, jedoch kein Sieg mehr: Die Kandidatinnen Regula Rytz (gp, BE) und Marionna Schlatter (gp, ZH) verpassten den Sprung ins Stöckli. Regula Rytz war rund 13'000 Stimmen von der Wahl entfernt und Marionna Schlatter lag 70'000 Stimmen hinter dem Bisherigen Ruedi Noser, der wiedergewählt wurde.

Resultate der Grünen bei den Ständeratswahlen 2019

Vor den eidgenössischen Wahlen erlebten verschiedene Parteisekretariate einige Personalwechsel. Die Co-Kampagnenleiterin der SP Corinne Grässle orientierte sich beruflich neu und verliess das SP-Generalsekretariat.
Bei der CVP kündigte der Kommunikationschef Manuel Ackermann seine Stelle im Generalsekretariat, um neu bei Santésuisse einzutreten. 2018 ersetzte die CVP auch ihre Generalsekretärin: Béatrice Wertli verliess das Sekretariat.
Auch die SVP stellte mit dem Freiburger Emanuel Waeber einen neuen Generalsekretär ein. Dessen Vorgänger Dominique Steiner hatte den Dienst nach knapp einer Woche wieder aufgegeben. Die Volkspartei bestimmte zudem eine neue Pressesprecherin, Andrea Sommer.
Fanny Noghero wurde zur neuen FDP-Kommunikationsverantwortlichen für die Romandie bestimmt, da ihre Vorgängerin zur FDP Wallis wechselte.
Keine Personalfluktuationen erlebten hingegen die Grünen. Acht der zehn Mitarbeitenden arbeiteten seit drei oder mehr Jahren im Generalsekretariat der Partei, die Hälfte sogar seit mehr als sechs Jahren.

Gemäss der neuen CVP-Generalsekretärin Gianna Luzio – zitiert in der Aargauer Zeitung – seien die Stellen in den Parteiensekretariaten «ein natürliches Sprungbrett». Die Angestellten im Sekretariat erhielten «relativ früh eine grosse Verantwortung, sie kommen in Kontakt mit spannenden und wichtigen Leuten in Politik, Verwaltung, Wirtschaft, sie können sich ein wertvolles Netzwerk aufbauen», was viele Jobmöglichkeiten (und höhere Löhne) eröffne. Wer laut der Aargauer Zeitung zum Beispiel zur Bundesverwaltung wechselt, bekommt ein höheres Gehalt als in den meisten Parteien. Nur die SP versuche Löhne auszuzahlen, die dem Vergleich von Bund und Privatwirtschaft standhalten. Dies auch um der Personalfluktuationen entgegenzuwirken und die Mitarbeitenden zu motivieren, längerfristig bei der SP zu bleiben.

Personalwechsel in den Parteisekretariaten

Die Ökoliberale Bewegung Schaffhausen (ÖBS), eine der nationalen Grünen Partei angeschlossene Gruppierung, die im Schaffhauser Parlament vier Sitze hält, hatte im Vorjahr den Wunsch eines einjährigen Status als Beobachterin bei der GLP angemeldet. Die ÖBS blieb während dieses Jahres Mitglied der GP und entschloss sich Ende November definitiv im Schoss der Grünen zu bleiben. Allerdings sprach sich rund ein Drittel der ÖBS-Mitglieder gegen einen Verbleib bei der GP aus, weil diese zu weit links politisiere. Dieses Drittel – darunter auch zwei Kantonsräte – wollte fortan als GLP auftreten.

ÖBS entscheidet über Parteizugehörigkeit

Nach einem Jahr Beobachterstatus bei der GLP entschied sich die Ökoliberale Bewegung Schaffhausen (ÖBS), eine 1990 aufgrund eines Zusammenschlusses von Jungliberalen und Umweltgruppierungen entstandene, bisher der nationalen Grünen Partei angeschlossene Gruppierung, bei den Grünen zu bleiben und sich nicht der GLP anzuschliessen. Dieser Entscheid wurde allerdings nicht von allen Mitgliedern der ÖBS geteilt. Ein Teil der Anhängerschaft – darunter auch zwei der vier Schaffhauser Kantonsräte – wechselte zur GLP, die damit in Schaffhausen quasi aus dem Nichts zu zwei Sitzen kam.

ÖBS entscheidet über Parteizugehörigkeit

Mit der Wahl von Antonio Hodgers in den Genfer Staatsrat musste das Amt des Bundeshausfraktionspräsidenten neu besetzt werden. Drei der 15 National- und zwei Ständeräte kündigten eine Kandidatur für den Posten an: die 2013 amtierende Nationalratspräsidentin Maya Graf (BL), der seit 2011 im Nationalrat sitzende Balthasar Glättli (ZH) sowie Nationalrat Daniel Vischer (ZH), der von 1999 bis 2003 bereits die grüne Fraktion im Zürcher Kantonsrat präsidiert hatte. Die Fraktion entschied sich Ende November für Glättli, der sich vor allem hinsichtlich Netzpolitik, Datenschutz und Persönlichkeitsrechten einen Namen gemacht hat.

Wahl des neuen Bundeshausfraktionspräsidenten der Grünen

Da die drei grossen bürgerlichen Parteien keine zentralen Mitgliederverzeichnisse führen, ist es praktisch nicht möglich, Entwicklungen hinsichtlich ihrer Organisationsstärke zu analysieren. International zeigt sich seit langem ein teilweise beträchtlicher Mitgliederschwund. Die SP, die ein zentrales Register führt, ist von dieser Entwicklung nicht ausgenommen. Zwischen 1992 und 2011 verloren die Sozialdemokraten rund 15% ihrer Mitglieder, wie der TA berichtete. Die SP wies 2011 noch 31'226 Mitglieder aus. Die von der FDP (120'000 Mitglieder), der CVP (100'000 Mitglieder) und der SVP (90'000 Mitglieder) auf Anfrage genannten Zahlen und insbesondere die Behauptung, dass diese über die letzten 20 Jahre stabil geblieben seien, wurden von Experten angezweifelt. Genauere Angaben lassen sich bei den kleineren Parteien machen, bei denen sich ein gegenteiliger Trend zeigt. Die Mitgliederzahl der Grünen nahm zwischen 2003 und 2012 von 4'779 auf 7'523 zu. Die BDP wuchs zwischen 2008 und 2012 von 3'500 auf 6'000 Mitglieder und die GLP hatte ihre Mitgliederzahl zwischen 2007 und 2012 verdreifacht (2012: 3'600 Mitglieder).

Mitgliederschwund

Die jungen Grünen wählten Ende September Ilias Panchard (GE) zum Co-Präsidenten. Dem dreiköpfigen Präsidium gehören neben Panchard auch Lena Frank (BE) und Andreas Lustenberger (ZG) an. Mit Panchard soll die französischsprachige Schweiz stärker eingebunden werden.

jungen Grünen

Im Kanton Zug wurde Josef Lang verabschiedet, der nach 41 Jahren seinen Rücktritt aus der kantonalen Politik bekannt gegeben hatte. Lang hatte die grüne Politik auch auf nationaler Ebene stark geprägt. Bei den Nationalratswahlen 2011 wurde er allerdings nicht wiedergewählt. Lang war auch durch sein grosses Engagement beim Sammeln von Unterschriften bekannt. Er erhielt deshalb im Rahmen der Feierlichkeiten von der GP-Co-Präsidentin Adèle Thorens den Titel „Roi des Signatures“ verliehen.

Verabschiedung von Josef Lang

Anfang November wurde die GP des Kantons Schwyz nach fünfjährigem Beobachterstatus als Vollmitglied der Grünen Partei Schweiz aufgenommen. Damit endete ein in den 1980er Jahren begonnener Prozess der Konsolidierung. Verschiedene Splittergruppen wurden im Verlauf der Jahre unter das Grüne Dach aufgenommen: etwa die verschiedenen Grünen Bündnisse in Luzern, St. Gallen und Bern, das Demokratische Nidwalden, die Grüne Freie Liste in Bern, die Alternativen Listen in Zug oder Basels starke Alternative (BastA) und die Parti écologiste Valaisan wurden in den letzten Jahren Vollmitglieder der GP.

Konsolidierung

Die Grünen waren – ähnlich wie die SP – gespalten in der Frage, ob sie Parteispenden von Firmen und Banken annehmen sollten. Die Raiffeisenbank, die Crédit Suisse und die UBS hatten Spenden in Aussicht gestellt. Die 60'000 Franken von der CS hätten immerhin 6% des Budgets der GP entsprochen. Noch im November 2011 hatten die Grünen zwar 17'000 CHF von der Raiffeisenbank angenommen, spätestens mit der Übernahme der Bank Wegelin durch die Raiffeisen sei diese Quelle aber infrage zu stellen, forderten einige Parteivertreter. Mitte November entschied die Parteileitung dann, keine Spenden der Grossbanken, wohl aber der Raiffeisenbank anzunehmen, wofür sie von den Jungen Grünen kritisiert wurden. In einem Parteispenden-Reglement schuf die GP zudem die Grundlagen für künftige Diskussionen über Parteifinanzierung. In diesem Reglement wurden drei Bedingungen an Spenden geknüpft: die Gewährleistung von Transparenz, das Verbot einer Tangierung der Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Partei und die Aufrechterhaltung der Glaubwürdigkeit der Partei. Die UBS-Spende wurde abgelehnt, weil sie an Bedingungen geknüpft war (Bekenntnis zur freien Marktwirtschaft) und bei Annahme der CS-Gelder hätte die Glaubwürdigkeit der Partei gelitten. Die Raiffeisenbank sei hingegen nie in den Strudel der Finanzkrise geraten, lokal verankert und genossenschaftlich organisiert.

Parteispenden

Am 21. April besetzten die Grünen in Carouge ihr Präsidium neu. Ueli Leuenberger (GE) – seit 2008 im Amt – hatte bereits früher seinen Rücktritt angekündigt. Nach den nationalen Wahlen 2011, die für die GP mit fünf Sitzverlusten zu einem eigentlichen Debakel geworden waren, wurde eine Neuausrichtung gefordert, die auch dank einer Verjüngung des Präsidiums und mit einer Frau an der Spitze erfolgen und zu alter Stärke zurückführen sollte. Verschiedene Szenarien wurden in Erwägung gezogen: ein Einerpräsidium mit einem mehrköpfigen Vizepräsidium oder ein Co-Präsidium aus einer Frau und einem Mann bzw. mit je einer Person aus der französisch- und deutschsprachigen Schweiz. Mit einer Statutenänderung wurde zudem die Möglichkeit geschaffen, mehr als zwei Vizepräsidien zu schaffen. Ende Januar hatten nicht weniger als 10 Personen ihre Ambitionen angemeldet: Als mögliche Nachfolgerinnen Leuenbergers wurden früh die Nationalrätinnen Adèle Thorens (VD) und Regula Rytz (BE) gehandelt. Vizepräsidentin Franziska Teuscher (BE), welche mit einem Sitz in der Berner Stadtregierung liebäugelte, sagte hingegen früh ab. Ihr Interesse an einer Mitarbeit im Präsidium kündigten hingegen die Nationalräte Bastien Girod (ZH) und Geri Müller (AG) an. Auch die frühere Baselbieter Landrätin Esther Maag reichte ihre Bewerbung für das Präsidium ein. Ausschliesslich für ein Vizepräsidium kandidierten Markus Kunz (ZH), ehemaliger Kantonalpräsident der Grünen des Kantons Zürich, Ständerat Robert Cramer (GE), der ehemalige Nationalrat Jo Lang (ZG) sowie Claudio Zanini (TI). Auch Aline Trede (BE) anerbot sich, im Präsidium mitzuhelfen, allerdings nur, wenn sie in den Nationalrat nachrutsche, also bei einer allfälligen Wahl Franziska Teuschers in die Berner Stadtregierung. Der scheidende Präsident Leuenberger warnte an der Delegiertenversammlung im Januar in Kriens vor einer Annäherung an die Mitte und einem Co-Präsidium. Die in den Medien dem rechten grünen Flügel zugeordneten Girod und Thorens würden den Richtungsstreit innerhalb der Partei nicht beenden und ein Co-Präsidium – Leuenberger hatte sich bei seiner Wahl dezidiert gegen ein solches zusammen mit Franziska Teuscher ausgesprochen – würde verhindern, dass die Partei mit einer Stimme spreche. Die Ende April in Carouge anwesenden Delegierten waren jedoch anderer Meinung und wählten mit Adèle Thorens und Regula Rytz zwei Frauen in ein Co-Präsidium. Bereits im ersten Wahlgang setzten sich die beiden mit 183 (Thorens) bzw. 127 Stimmen (Rytz) durch. Der drittplatzierte Girod erhielt 68 Stimmen. Mit Thorens und Rytz seien sowohl der junge, pragmatische wie auch der linke, etatistische Flügel der Partei abgedeckt, so die Einschätzung der Presse. Das Vizepräsidium wurde – um die Sprachregionen und die Geschlechter adäquat zu vertreten – neu mit Bastien Girod (ZH), Jo Lang (ZG), Robert Cramer (GE) und der Jungen Grünen Irène Kälin (AG) besetzt. Die Delegierten hatten zuvor entschieden, dass die Jungpartei ebenfalls im Vizepräsidium vertreten sein soll und wählten Kälin in stiller Wahl.

Neues Präsidium und mögliche Neuausrichtung der Grünen
Dossier: GPS-Präsidenten seit 2000

Formsache war die Wiederwahl des Fraktionspräsidenten der GP. Der Genfer Nationalrat Antonio Hodgers, der das Amt 2010 von Maya Graf (BL) übernommen hatte, wurde Ende Februar im Amt bestätigt. Auch das Vizefraktionspräsidium, bestehend aus dem Ständerat Luc Recordon (VD) und der Nationalrätin Yvonne Gilli (SG) wurde wiedergewählt.

Fraktionspräsidenten

Die Niederlage bei den nationalen Wahlen führte zu parteiinternen Diskussionen über eine mögliche Neuausrichtung der Partei. Man könne sich freuen, dass langjährige grüne Forderungen mehrheitsfähig geworden seien, was ja eigentlich das Ziel der GP sei, die nicht einfach zum Selbstzweck bestehe. Die Meinungen über das künftige Parteiprogramm, die anvisierten Wählersegmente und die personelle Zusammensetzung einer zukunftsfähigen Parteiführung gingen auseinander. Auf der einen Seite wurde davor gewarnt, von den bewährten Positionen abzurücken. Vielmehr müssten neue Wählersegmente, insbesondere junge Frauen, angesprochen werden. Auf der anderen Seite wurde eine Neuausrichtung Richtung Mitte, eine Profilierung in Nicht-Umweltschutzthemen und sogar eine Annäherung an die GLP verlangt. Gefordert wurde auch eine neue Generation an der Spitze der Partei. Der per April 2012 zurücktretende Präsident Leuenberger solle durch eine junge Frau aus der Deutschschweiz ersetzt werden.

Neues Präsidium und mögliche Neuausrichtung der Grünen
Dossier: GPS-Präsidenten seit 2000